+ All Categories
Home > Documents > Der Engel des Grauens

Der Engel des Grauens

Date post: 04-Jan-2017
Category:
Upload: phamnga
View: 221 times
Download: 0 times
Share this document with a friend

If you can't read please download the document

Transcript

Mac KinseyBand 11Norman ThackeryDer Engel des Grauens

Dracula und Woods rsteten zum entscheidenden Kampf gegen mich. Heimlich, wie es ihre Art war. Und sie schufen den Engel des Grauens. Dieser legte eine blutige Fhrte fr mich aus. Ahnungslos verfolgte ich diese entsetzliche Spur und merkte nicht, da sie mich genau in eine teuflische Falle fhrte. Als ich den Braten endlich roch, hatte ich nicht nur die Untoten von London auf dem Hals, sondern auch meine beiden Erzfeinde. Die hielten alle Trmpfe in der Hand. Mein Leben war weniger wert als eine gezwickte Fahrkarte vom vergangenen Jahr.Gespenstisch bleich war Rebecca Gallingers Gesicht, als sie durch das Fenster hinausblickte. Die Dmmerung senkte sich aufs Land, die Nacht kam, und mit ihr kehrte die Angst ein.Ob heute wieder der Totenvogel mit langsamen Schwingenschlgen ber den alten Friedhof hinstrich? Jetzt war seine Zeit. Um diese Stunde tauchte er auf. Seit drei Abenden.Sie legte die Stirn gegen die Scheibe. Die Trme der Abtei von Waltham versanken im Grau der Dmmerung. Die Schatten der Nacht krochen zwischen die schiefen Leichensteine und breiteten sich aus, bis sie wie ein Totentuch alles dort drauen zudeckten.Rebecca frchtete sich vor diesem Friedhof gleich hinter dem Garten. Er erinnerte sie zu sehr an die Vergnglichkeit alles Lebendigen und vor allem daran, da sie selber nur noch ein Gastspiel auf Erden gab, das jederzeit durch eine hhere Macht beendet werden konnte.Mit jedem vergehenden Tag kam sie dem Ende ihres Pfades einen Schritt nher. Unabnderlich, unwiderruflich.Dem Doktor, der jeden zweiten Tag vorbeikam und krampfhaft bemht war, Zuversicht zu verbreiten, glaubte sie schon lange nicht mehr. Er war ein barmherziger Lgner, mehr nicht.Sie sah ja selber, was mit ihr los war. Sie wute es seit jenem Tag vor drei Jahren, als sie in einem weien Bett erwacht war, umgeben von rzten und Schwestern, die alle den lstern-wissenschaftlichen Blick hatten.Rebeccas Finger krallten sich in die Decke ber den Knien.Basil umgab sie mit rhrender Frsorge, schleppte Bcher, Magazine und Zeitschriften heran, um ihr Ablenkung zu verschaffen. Es war ein kmmerlicher Ersatz fr das Leben, das an ihr vorbeiging. Die Bcher und Zeitschriften vertrieben nicht die Einsamkeit und nicht die Angst, Basil knnte eines Tages nicht mehr nach Hause kommen.Er hatte ein Mdchen fr den Haushalt und zur Pflege eingestellt. Eine berragende Pflegerin war Dolly Bacon nicht, mehr ein schwatzhaftes Ding, das den ganzen Tratsch von London zu kennen schien.Aber Dolly brachte Leben ins Haus, darum ertrug Rebecca das Geplapper, das von frh bis spt durch die Rume tnte. Selbst jetzt noch, obgleich sich Dolly fr den Heimweg rstete. Sie wohnte in einem anderen Viertel und blieb nie lnger als bis acht Uhr.Ihre leichten Schritte klapperten die Treppe herab. In der Diele verstummten sie.Huh! machte Dolly. Sitzen Sie wieder am Fenster? Sie sollten Licht machen. Es ist nicht gut, in der Dunkelheit zu grbeln.Lassen Sie nur, Dolly! sagte Rebecca rasch, als die energischen Schritte des Mdchens wieder klapperten. Ich liebe es so.Na, ich wei nicht! Das Licht, das aus der Diele hereinfiel, wurde dunkler. Dolly Bacon war in den Trrahmen getreten. Sehen Sie sich lieber das Fernsehprogramm an. Nachher ist eine bertragung aus der Albert Hall. Sie mssen mehr Zerstreuung suchen. Ihr Mann sagt das auch. Also, ich wre dann fertig, Mistress Gallinger, ich gehe jetzt. Haben Sie noch einen Wunsch? Angerufen hat Ihr Mann nicht, er wird also pnktlich heimkommen.Nein, danke, Dolly, Sie knnen nichts fr mich tun. Rebecca wandte den Kopf. Im selben Moment erschauerte sie. Ein unheimliches Schwirren drang von drauen herein.Selbst Dolly, die weit vom Fenster entfernt stand, vernahm es. Was ist denn das? fragte sie furchtsam.Das Schwirren war genau vor dem Fenster. Es verstummte. Dafr knisterte es wie trockenes Gras unter Schuhen.Rebecca hatte den Kopf wieder herumgeworfen und schaute aus angstgeweiteten Augen aus dem Fenster. Drauen war die Nacht und nichts zu erkennen. Nicht einmal mehr die alten schiefen Leichensteine.Vielleicht der Totenvogel! wisperte sie und sprte ihr Herz bis zum Hals hinauf schlagen. Mein Totenvogel!Der was? O Gott, Mistress Gallinger, so etwas drfen Sie nicht sagen! Das darf man nicht beschreien, es bringt Unglck ins Haus! Vielleicht ist ein Hund im Garten. Oder der Wind raschelt in den Bschen.Nein, nein! Rebecca Gallingers Stimme war nur ein Hauch. Es ist mein Totenvogel. Er besucht mich. Seit drei Abenden fliegt er hier vorbei. Ich wei schon, was das zu bedeuten hat!Dolly lief es eiskalt ber den Rcken. Mrs. Gallinger war ja etwas wunderlich, doch daran hatte sie sich schon gewhnt. Da sie aber nun solche seltsamen Sachen sagte, beunruhigte sie.Ob sie nicht besser Mr. Gallinger anrief?Er hatte ihr eindringlich ans Herz gelegt, ihn sofort in Scotland Yard anzurufen, wenn mit seiner Frau etwas sein sollte.Dabei hatte er bestimmt nicht Todesahnungen im Sinn gehabt. Wie es aussah, hatte Mrs. Gallinger aber solche Ahnungen.Das kommt davon, da Sie lieber in der Dunkelheit sitzen! sagte Dolly und schttelte das eigene Unbehagen ab. Es ist nicht gut, wenn Sie immer auf den alten Friedhof sehen. Resolut knipste sie das Licht im Wohnraum an.Dabei berlegte sie, da ein Anruf bei Scotland Yard jetzt zwecklos war. Mr. Gallinger befand sich bestimmt schon auf der Heimfahrt.Vielleicht bleibe ich besser hier, bis Ihr Mann kommt!Rebecca Gallinger starrte immer noch hinaus. In der Scheibe sah sie nur noch ihr eigenes bleiches Spiegelbild. Aber keine Leichensteine mehr. Keinen Nachthimmel. Und keinen Totenvogel.Nein, nein, Sie brauchen nicht zu bleiben, Dolly. Mit zitternder Hand fuhr sie sich ber die Augen. Es geht schon wieder, ich bin in Ordnung. Vielleicht war es wirklich ein Hund.Das sage ich doch. Dolly Bacon atmete auf. Dann also bis morgen frh. Ich bringe mit, was wir zum Kochen brauchen. Gute Nacht, Mistress Gallinger.Gute Nacht, Dolly. Und passen Sie auf sich auf.Das Hausmdchen kehrte in die Diele zurck und zog den leichten Mantel an. Ein paar Augenblicke spter klappte die Haustr zu.Rebecca hrte die leichten Schritte ber den Plattenweg davoneilen, der den Vorgarten teilte. Ein Neidgefhl gegen Dolly begann an ihrer Seele zu nagen und lie sie mit dem Schicksal hadern.Dolly konnte die Beine gebrauchen, sie nicht.Eine Weile lauschte Mrs. Gallinger mit schrggeneigtem Kopf, bis sie absolut nichts mehr hren konnte.Tiefe Stille herrschte.Mit der Stille kroch die Einsamkeit aus allen Winkeln des Hauses.Ich wollte, ich wre tot, murmelte die Frau. Sie griff an die Rder des Rollstuhles und fuhr vom Fenster weg zum Lichtschalter. Die Helligkeit schmerzte in ihren Augen.Sie lschte das Licht und rollte zurck zum Fenster. Mochte Dolly auch sagen, was sie wollte irgendwo dort drauen war der Totenvogel, und sein Besuch galt ihr. Sie sprte es.Die schreckliche Stille steigerte Rebeccas Furcht.Deshalb fuhr sie heftig zusammen, als irgendwo im Haus ein Balken knackte. Mit angehaltenem Atem lauschte sie.Waren das nicht schleichende Schritte? Streifte da nicht ein Gewand an der Wand entlang?Es war nichts.Meine Nerven, dachte Rebecca. Ich bilde mir Dinge ein, die es nicht gibt. Womglich sogar den Totenvogel!Ein winziges Gerusch lie sie den Kopf zum Fenster wenden. Im selben Augenblick lie sich wieder das unheimliche Schwirren vernehmen. Dann ein Rauschen wie von mchtigem Flgelschlag.Er ist da, hmmerte es in Rebeccas Kopf. Der Vogel ist wieder da!Sie starrte angestrengt hinaus.Vor dem hellen Nachthimmel flatterte ein mchtiger schwarzer Vogel ber den Friedhof heran. Er kam aus der Richtung der Abtei.Die Abende davor war er in umgekehrter Richtung geflogen.Rebeccas Augen weiteten sich vor Grauen, als sie sah, wie gro und gewaltig das Tier war. Weit spreizte es die mchtigen Schwingen und segelte immer nher. Pltzlich lie es sich langsam nieder.Im selben Moment war der alte Friedhof von einem geisterhaften Licht erfllt, als wrde der Mond auf die Leichensteine scheinen.Da war der gewaltige Totenvogel wieder!Gerade lie er sich auf einem Grabstein nieder. Unverwandt schaute er herber, als wte er, da Rebecca hinter dem dunklen Fenster sa und sich vor Entsetzen nicht rhren konnte. Seine Augen begannen in einem unheimlichen Feuer zu glimmen.Er plusterte sein Gefieder auf.Und mit einem Male war es Rebecca, als wrde er grer. Immer grer.Ein gequltes Sthnen entrang sich ihrer Brust. Sie schlo die Augen. Sie konnte den Anblick nicht lnger ertragen.Minutenlang verharrte sie so.Bis sie drauen ein anderes Gerusch hrte. Ein Schlurfen zuerst, dann ein unheimliches Kichern.Sie ri die Augen auf.Der Friedhof lag noch immer von gespenstischem Licht bergossen. Aber vor den bleichen Leichensteinen wankte eine Gestalt nher. Eine menschliche Gestalt. Mit groen zusammengelegten Schwingen und einem vogelhnlichen Kopf.Rebeccas Zhne schlugen wie im Fieber aufeinander.Sie krampfte die Hnde um die Armlehnen des Rollstuhles und schaute aus hervorquellenden Augen auf die nherkommende Schreckensgestalt.Das ist der Totenvogel! hmmerte es in ihrem Kopf. Ein Spuk! Ein Unhold! Ein bser Geist!Sie hoffte, da die grausige Erscheinung am hinteren Zaun stehenblieb.Aber das schwingenbewehrte Wesen schritt einfach durch den Zaun hindurch. Es berquerte den Rasen. Seine Augen begannen strker zu glhen.Nein! schrie Rebecca auf. Nein! Weiche von mir! Abwehrend hielt sie den linken Arm vor sich.Das grauenvolle Ding blieb genau vor dem Fenster stehen. Es begann aus sich selber zu leuchten. Genauso bleich und unwirklich wie die Leichensteine. Langsam beugte es sich nach vorn und schaute herein.Wie gelhmt hing Rebecca Gallinger im Rollstuhl, unfhig, etwas zu tun. Eine geheimnisvolle Kraft bannte sie fest.Sie wollte schreien und brachte keinen Laut ber die Lippen. , Das grauenvolle Ding vor dem Fenster war kein Vogel. Niemals. Es hatte auch keinen Vogelkopf. Es war der Kopf eines Menschen.Rebecca fragte sich nur, wie das mglich war. Hatte sie sich so getuscht und einen Menschen fr einen Vogel gehalten? Oder hatte sich das Wesen verwandelt? War es zuerst doch ein Vogel gewesen?Sie zweifelte an ihrem Verstand. Mit eigenen Augen hatte sie doch eben gesehen, wie das Ding durch den festen Zaun ging, als sei es nichts.Das Gesicht drauen kam dem Fenster nher und verharrte kaum armlang entfernt.Eine unbekannte Kraft prete Rebecca das Herz zusammen.Sie atmete keuchend und stoweise, als sich das Gesicht zu einem Grinsen verzerrte.Ein Mnnergesicht!Die Zge drckten Grausamkeit und die glhenden Augen Bsartigkeit aus. Die Lippen zuckten, der Mund bewegte sich und formte Worte.Und dann klafften die Lippen weiter auseinander. Fingerlange, dolchspitze Zhne wuchsen aus dem Mund des Ungeheuers.Ein Vampir stand vor dem Fenster!Rebecca sprengte den fremden Bann, der sie umfing.Sie packte die Griffringe an den Rollstuhlrdern, schleuderte das Fahrzeug herum und gab ihm soviel Schwung, da es mit ihr bis in die Diele scho.Kme doch nur Basil! hmmerte es in ihrem Kopf. Warum ist er noch nicht da? Wer hilft mir denn?Nur ein Gedanke hatte noch Raum. Sie mute die Haustr ffnen und schreien, was die Lungen hergaben! Die Nachbarn, Passanten, irgendwer wrde es hren.Als die die Hand nach der Klinke ausstreckte, hrte sie ein grausiges Lachen hinter ihrem Rcken. So nah, so klar und deutlich, als stnde der schreckliche Vampir schon im Wohnzimmer.Das Entsetzen war so gro, da Rebecca neben die Trklinke griff und um ein Haar aus dem Rollstuhl strzte.Die Angst peitschte sie. Keuchend richtete sie sich auf, schaute ber die Schulter und sah nichts als Schwrze und eine undeutliche Bewegung. Vielleicht noch vor dem Fenster, vielleicht schon im dunklen Zimmer.Zu einer klaren berlegung war sie nicht mehr fhig.Sie fate die Klinke, ri die Tr auf und warf sich mit einem gellenden Schrei zurck.Der Vampir stand schon vor der Haustr!Sein totenbleiches Gesicht schimmerte gespenstisch, seine langen scharfen Zhne blitzten drohend. Er schttelte seine zusammengelegten Flgel, da es raschelte und schabte und Rebecca die Eisesklte bis ins Mark jagte.Er trat einen Schritt auf sie zu, er wollte ins Haus.Rebecca stie beide Arme nach vorn gegen die Tr, schmetterte sie zu und strzte mitsamt dem Rollstuhl um. Dabei schrie sie, was ihre Lungen hergaben.

*

Ein hhnisches Grinsen verzerrte das Gesicht der Gestalt vor der Tr. Verzckt lauschte der Vampir den gellenden Schreien.Dann hob er den Kopf. In der Nachbarschaft wurde es laut. Auenbeleuchtungen wurden eingeschaltet, besorgte Stimmen drangen heran.Der Vampir kicherte zufrieden.Das war der erste Schritt, es lief alles nach Plan. Diesmal jedenfalls. Und wenn schlielich die Falle zuklappte, sa sein Erzfeind Mac Kinsey darin, darauf wollte er tausend schwarze Eide schwren.Wenn Likkat und die Schwarzwelt zu dumm waren, den verhaten Gespenster- und Dmonenjger zur Strecke zu bringen, dann mute er das eben selber in die Hand nehmen und den Jger in die unauslotbaren Tiefen der Verdammnis hinabschicken.An den Ort, von dem es keine Wiederkehr gab.Schritte nherten sich dem Haus der Gallingers. Der Vampir glitt lautlos von der Haustr fort und schlpfte ungesehen durch die Bsche auf die Rckseite des Anwesens.Vor dem Fenster des Wohnzimmers stand eine andere dunkle Gestalt mit zusammengeklappten Flgeln und sphte immer noch durch die Scheibe ins Hausinnere.Es gengt, Woods, sagte er. Die halbe Strae hrt die Frau schreien. Gallinger drfte auch bald eintreffen. Ich sehe unseren Feind schon, wie er mit offenen Augen in die Falle tappt.Hoffentlich, Frst, hoffentlich! erwiderte Woods, ehemals Inspektor bei Scotland Yard und jetzt Untoter und Vampir und treuester Gefolgsmann von Dracula, dem Frsten und Herrscher aller Blutsauger.Aber ich wrde auch mit der Frau vorliebnehmen. Ich habe Durst. Ich brauche Blut.Nicht diese Frau, sagte Dracula in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. Mich verlangt es auch nach Blut, aber ich kann mich bezhmen, und dir rate ich das auch. Wir drfen keinen Fehler begehen. Kinsey wartet nur darauf. Eine winzige Unvorsichtigkeit, und er ist gewarnt. Gerade du mtest das wissen, Woods!Der Untote senkte schuldbewut den Kopf.Ich habe alles versucht, murrte er. Der Kerl ist einfach zu gerissen.Das beweist nur seine Gefhrlichkeit, Woods. Dracula legte leicht den Kopf auf die Seite. ber das Hausdach hinweg hrte er aufgeregte Stimmen von Mnnern und Frauen. Und aus der Ferne das Brummen eines Automotors. Es kam rasch nher.Er kicherte auf eine mitleidlose Art. Holen wir uns die andere Frau. Dieses Hausmdchen. Mit der habe ich besondere Plne.Kein Blut? machte Woods enttuscht.O doch, wir nehmen ihr Blut, mein Freund. Aber ich hauche ihr kraft meiner Macht dmonisches Leben ein. Ich erhebe sie zum Engel des Grauens. Sie wird uns stndig frisches Blut in Gestalt von Opfern zufhren. Wir werden vor Kraft strotzen, wenn wir Kinsey zum letzten Kampf stellen.Das hrte Woods gern. Frisches Blut ist immer gut, Frst. Er lachte leise. Engel des Grauens das hrt sich vielversprechend an.Es klang wie eine Herausforderung.Dann holen wir sie uns! Worauf wartest du noch? Dracula trat einige Schritte in den Garten hinein und breitete die mchtigen Schwingen aus.Mit einem gewaltigen Flgelschlag erhob er sich in die Luft.Woods leckte begehrlich die Lippen. Dabei schielte er auf das Fenster. Dort drinnen war Mrs. Gallinger, und er brauchte nur das Fenster einzudrcken, um sich zu holen, wonach ihn drstete und was ihm Kraft gab. Bis die Leute etwas merkten, war alles vorbei. Selbst wenn Basil Gallinger in dem heranbrummenden Auto sa.Aber wenn er gegen Draculas ausdrcklichen Befehl handelte, war das Auflehnung.Woods erschauerte. Lieber fgte er sich. Er wute, wie der Frst der Vampire Aufrhrer bestrafte. Dagegen waren die Qualen der Hlle gar nichts.Er versagte sich den Wunsch, mit Gewalt ins Haus einzudringen. Draculas Ziel, diesen verdammten Kinsey zu vernichten, der immer wieder ihre Plne durchkreuzte, erschien auch ihm wichtiger.Woods huschte vom Haus weg, nahm einen Anlauf, breitete die Schwingen aus und erhob sich mit rauschendem Flgelschlag in die Nacht.Noch whrend er den Randbezirk des alten Friedhofes bei der Abtei berflog, schrumpfte seine Gestalt, bis nur noch ein groer schwarzer Vogel am Nachthimmel dahinstrebte und Anschlu an einen anderen Vogel suchte, der etwas Vorsprung hatte.

*

Ich wartete seit Tagen auf den groen Paukenschlag. Selbst mit einem Blitz aus heiterem Himmel wre ich zufrieden gewesen. Vorausgesetzt, der Blitz brachte mir die Erleuchtung ber den Zufluchtsort von Dracula und Woods und wer sich noch inzwischen um diese beiden Statthalter des Schreckens geschart hatte.Aber rein nichts passierte. Und das nervte mich.Ich sprte mit allen Fasern eines Krpers, wie die zwei Erzhalunken drauen in der Riesenstadt London ihre Netze spannen. Ich konnte nicht einmal ausschlieen, da sie sich ber meine Ungeschicklichkeit ins Fustchen lachten.Sie lachten so leise, da ich es nicht hrte. Ein wahrer Jammer, denn ich htte ihnen gerne was bergebraten und vor allem den Krif an ihnen ausprobiert, die uralte Waffe der Druiden.Ich konnte nicht einmal vermuten, wo meine beiden Erzfeinde steckten.Ich kannte aber Orte, wo sie ber kurz oder lang auftauchen muten. Friedhfe nmlich.Denn Dracula und Woods besaen noch steinerne Kpfe jener Ungeheuer aus der Baugrube in Finsbury. Ich war berzeugt, da sie diese restlichen Steinkpfe in Srge gerade Verstorbener praktizieren wrden wie unlngst auf dem Brompton-Friedhof.Die Frage war nur, wo sie ihre Zombie-Saat aufgehen lassen wollten. Wo mittels eines teuflischen Magiertricks Verstorbene zu untotem Leben erweckt wurden, um sich in die Gefolgschaft Draculas einzureihen.Den richtigen Friedhof zu finden war so aussichtslos wie die Hoffnung am Samstagabend auf den Haupttreffer in der Lotterie. Ich jedenfalls habe nie das richtige Los. Aber einmal fast. Da war ich nur etwas mehr als zweihundert Nummern entfernt.Damit es mir mit Woods und Dracula und den von ihnen fortgeschleppten Steinkpfen nicht wie bei der Lotterie erging, hatte ich in enger Zusammenarbeit mit der Stadtpolizei und mit Scotland Yard ein Beobachtungs- und berwachungssystem fr alle Londoner Friedhfe eingerichtet. Es arbeitete rund um die Uhr. Bei jedem Wetter.Der Yard und Polizeichef Newman hatten sich nicht allein deshalb zur Mitarbeit bereit erklrt, weil ich nun ausgerechnet zum Secret Service gehre und dort meine eigene Mini-Abteilung habe mich selber nmlich.Was das betrifft, blicken sie eigentlich ziemlich scheel auf den Service, weil sie uns dunkle Machenschaften und so ziemlich alles Schlechtes zutrauen.Aber seitdem bekannt ist, da ich mich der Aufhellung bersinnlicher Geschehnisse und eigentlich unaufklrbarer Verbrechen widme, ist doch ein gewisses Wohlwollen seitens des Yard und der Stadtpolizei festzustellen.Denn erstens kann ich Erfolge vorweisen und belegen.Und zweitens hatte gerade der Yard ein gewaltiges Problem mit seinem Inspektor Woods, der sich zu den Untoten geschlagen hatte und Dracula stndig am Rockzipfel hing.Inzwischen hatte sich beim Yard schon eine Art Woods-Komplex eingestellt. Man brauchte den Namen nur zu erwhnen, dann zuckten alle zusammen und kriegten den stieren Blick.Und da in der Not der Teufel bekanntlich Fliegen frit, hatte der Superintendent vom Yard beschlossen, es lieber mit mir zu versuchen, statt unttig und mit dem Daumen im Mund dazustehen und dem untoten Treiben von Woods zuzusehen.Was den Sachverhalt auch nicht richtig trifft. Denn wenn Woods zulangte, gab's keine Zeugen, die hinterher noch den Mund aufmachten. Die einzige Ausnahme bin ich. Mich hatte der Kerl nicht abservieren knnen. Trotz mehrfacher Versuche.Im allgemeinen fand man Hinweise auf Woods erst, wenn er bereits zugeschlagen hatte. Deshalb war's mit dem Zusehen Essig. Ich wollte auch keinem geraten haben, das zu versuchen.Das war ein Unternehmen auf Leben und Tod. Dabei kam nur ein Begrbnis heraus. Und bestimmt nicht das von Woods. Ich wei, wovon ich rede. Woods hatte sich den dunklen Mchten verdingt, er hatte sich dem Bsen verkauft. Dafr geno er den Schutz des gesamten schwarzen Gesindels. Und das machte kurzen Proze mit neugierigen Leuten.Aus diesem Grunde hatte ich auch den Polizisten und den Freunden vom Yard eingeschrft, nichts auf eigene Faust zu versuchen, wenn sie den Verdacht hatten, Dracula oder Woods wrden sich auf einem Friedhof zu schaffen machen. Sie sollten sofort Alarm schlagen. Alles danach war dann meine Aufgabe.Auf den Alarm wartete ich vergebens. Und das machte mich unruhig. Etwas braute sich zusammen.Sir Horatio, mein Chef, sagte mir vertraulich, ich laufe herum wie ein Hund mit Flhen gereizt nmlich und bissig.Und Barbara Hicks, die unverwstliche eiserne Jungfrau im Vorzimmer des Chefs, hatte sich in sprachliche Tiefen herabgelassen und voll schadenfroher Hoffnung Auskunft darber erbeten, ob sich vielleicht Ameisen oder Hummeln in meinem Anzug einquartiert htten, weil ich gar so hitzig herumsause.ber solche dummen Witze konnte ich mich gar nicht freuen. Ich blieb der wackeren Barbara sogar die Antwort schuldig. Das ist bei mir stets ein schlechtes Zeichen.Ein weiteres Indiz fr meine hochgespannten Nerven war die Tatsache, da ich immer noch an meinem Bericht ber die Vorgnge in Bardon Mill herumwerkelte. Dort war ich in der vergangenen Woche gewesen, und ich war auf einen Brunnen gestoen, bei dem durch die Jahrhunderte ahnungslose Menschen von einem Dmon umgebracht worden waren, wobei der finstere Geselle die Kpfe seiner Opfer auf Pfhle spiete und dieses ganze grausige Szenarium bei Bedarf erscheinen lie oder es in der Unsichtbarkeit seiner Welt verborgen hielt.Sir Horatio hatte schon verhalten nach meinem Bericht gefragt. Ich mu ihn aber derart grimmig angesehen haben, da er fix das Thema wechselte.Ewig konnte ich den Mann aber ja nicht warten lassen. Also nahm ich mir vor, heute den Bericht zu einem Ende zu bringen. Vielleicht schaute ich dann spter noch in meinem Stammpub vorbei. Oder ich ging mit Kathleen essen. Seit ich aus Bardon Mill zurck war, hatte ich sie nicht gesehen. Nur telefoniert hatte ich mit ihr. Wie ich sie kannte, betrachtete sie das als uerst bescheidenen Ersatz. Sie hatte am anderen Ende der Leitung auch so komisch gefaucht, was allemal kein gutes Zeichen war.Also richtete ich mich hinter meinem Schreibtisch ein, guckte eine Weile auf die Lichter von Whitehall hinaus und gab mir dann innerlich einen sanften Futritt, damit ich endlich zur Sache kam.Genau in diesem Moment schrillte das Telefon.Ich hatte den Hrer schneller am Ohr, als jemand zwinkern kann. Kinsey, ja?Erst hrte ich nur ein Rauschen. Ich begriff, der Anruf kam ber Autotelefon. In mir spannte sich alles. Dann meldete sich eine blecherne und etwas verlegene Mnnerstimme: Policeman Hornblower, Sir, ich bin auf dem Paddington-Friedhof eingeteilt, Sie wissen schon. Ich htte da eine Beobachtung zu melden.Legen Sie nur los, Hornblower, Sie sind an der richtigen Adresse!Endlich! Ich lie Dampf ab. Diese ewige Anspannung htte ich nicht mehr lange ausgehalten.Ja, also die Sache ist die, Sir, da ich auch die Leichenhalle kontrolliere, wie es verlangt wird. Zwischen vier und sechs Uhr sind sieben Srge hergebracht worden, die Beisetzungen sollen morgen stattfinden. Ich stand beim Abladen daneben. Da war noch alles in bester Ordnung. Wie ich nun vorhin meinen Kontrollgang mache, ist ein Sarg offen, und die Leiche daraus fehlt. Sir, also ganz wohl ist mir bei der Sache wirklich nichtDas konnte ich ihm nachempfinden. blich ist es schlielich nicht, da ein Sarg aufgeht und eine Leiche Ausflge unternimmt.Sind Sie allein, Hornblower?Im Moment ja, Sir. Unser Wagen steht vor dem Tor gegenber der Kirche an der Salusbury Road. Mein Kollege Jackson ist in der Nhe der Leichenhalle geblieben. Fr alle Flle. Sollen wir den Friedhof absuchen?Das lassen Sie schn bleiben! stie ich hervor. Sie drfen nichts riskieren. Jackson soll sich aus der Nhe der Leichenhalle zurckziehen. Ich komme. Bis dahin unternehmen Sie gar nichts. Falls noch eine Leiche davonspaziert, dann gehen Sie ihr aus dem Weg, klar?Noch eine? chzte Hornblower. Machen Sie keine schlechten Scherze!Wre ja mglich, schwchte ich ab. Der leere Sarg schien ihm ganz schn auf den Nerv gegangen zu sein. Wer lag in dem Sarg? Mann oder Frau?Sie machen mir Laune! knurrte er mich an. Wie soll ich das wissen? Auf der Kiste steht nur 'ne Nummer.War ja auch blo eine Frage, dmpfte ich seinen Unmut. Anhand der Nummer lie sich ja feststellen, wer in dem Sarg gelegen hatte. Gibt es einen Leichenwrter? Der Mann mte ebenfalls aus dem Gefahrenbereich weggeholt werden.Gibt es keinen, sagte Hornblower. Den Schlssel fr die Halle habe ich.Hten Sie ihn gut. Bis gleich. Ich unterbrach das Gesprch, aber ich legte den Hrer nicht auf. Ich war ja nicht von gestern.Mit einem Anruf hatte mich Woods schon einmal geleimt. Ich mute mich erst vergewissern, wer wirklich auf dem Paddington-Friedhof gerade Dienst versah.Darum whlte ich das Polizeiquartier an. Newman hatte dafr gesorgt, da die berwachung der Friedhfe, soweit sie von seinen Polizisten bestritten wurde, im Hauptquartier koordiniert wurde und nicht bei einer Wache.Ich lie mir die entsprechende Stelle geben und fragte, wer jetzt gerade Dienst auf Paddingston machte.Ach, Sie sind das, Kinsey? drhnte mir eine Mnnerstimme ins Ohr wie die Posaune vom Jngsten Gericht. Hornblower und Jackson sind drauen. Erfahrene Leute. Da kam vor ein paar Minuten ein Alarm herein.Wei ich, darum auch mein Anruf. Ich will nicht in eine Falle tappen.Falle?Ich hielt rasch den Hrer weit vom Ohr weg, weil ich um mein Trommelfell frchtete. Der Mann regte sich offensichtlich auf.Erzhle ich Ihnen ein andermal. Ich legte auf und langte schon mit der anderen Hand nach meiner Utensilientasche neben dem Schreibtisch.Seit ich den Krif besa, das uralte Drei-Klingen-Beil, kam ich mir nicht mehr gar so hilflos im Kampf gegen die finsteren Mchte vor. Das Ding war eine gute Waffe. Besonders benagten mir seine magischen Krfte, ber die ich leider verteufelt wenig wute.Ich berzeugte mich, da der Krif auch wirklich in der Tasche steckte. Samt der anderen Gertschaften, die vielleicht von Nutzen waren.Den unfertigen Bericht ber Bardon Mill und den Brunnen des Schreckens feuerte ich in die Schublade und sauste aus dem Bro.Um diese Tageszeit weilte nur noch die Stallwache im Gebude. Die Kollegen, die unbedingt da sein muten fr den Fall, da es irgendwo im Knigreich etwas geradezurcken gab.Die Aufzge standen mir darum zur Verfgung.Ich schwebte in einer Kabine hinunter, sprintete zu meinem MG, packte die Tasche auf den Beifahrersitz und brauste los.Der Paddington-Friedhof liegt oben im Nordwesten im Stadtteil Kilburn, das sind satte drei Meilen von Whitehall aus. Falls ich im Verkehr hngen blieb, konnte es eine Stunde dauern, bis ich Hornblower und Jackson Verstrkung brachte.Deshalb sann ich rechtzeitig auf einen Umweg, schnurrte den Birdcage Walk hinauf und am Sdflgel vom Buckingham-Palast vorbei, weil ich so am ehesten die Park Lane am Hyde Park entlang erwischte.Es klappte. Ich kalkulierte nur noch eine halbe Stunde ein.Und selbst die unterbot ich. Wenn auch nur um zwei Minuten.Als ich hinter dem Polizeiwagen an der angegebenen Stelle stoppte, stiegen zwei Bobbies aus dem Fahrzeug und kreisten mich ein. Sie schienen keinem Menschen zu trauen. Das war gut so.Knnten Sie sich nicht einen anderen Parkplatz suchen, Sir? fragte mich einer und schielte mitrauisch auf meine Tragetasche, mit der ich ausstieg.Ich traute ihm und seinem Kollegen auch noch nicht. Ich beguckte mir die zwei erst mal im Laternenlicht, das eine Straenlampe spendete.Die typische Blsse der Untoten hatten sie nicht. Bimale am Hals entdeckte ich auch keine. Ich atmete auf.Kinsey, stellte ich mich vor. Ich bekam vorhin den Anruf. Wer ist Hornblower?Ich, Sir! sagte der Bobby aufatmend, der mir einen anderen Parkplatz empfohlen hatte. Was bin ich froh, da Sie da sind.Kann ich mir schon denken. Geben Sie mir den Schlssel fr die Leichenhalle.Wollen Sie da allein reingehen? Hornblowers Gesicht drckte allergrtes Unbehagen aus. Mann, Sie haben vielleicht Nerven! Er drckte mir einen komplizierten Schlssel in die Hand. Dann kratzte er sich unentschlossen am Kinn. Ist berhaupt so ein Ding, Sir, wie die Leiche verschwunden ist.Ja?Die Tr war nmlich fest verschlossen! Hornblower schaute unbehaglich, und sein Kollege Jackson wandte sogar den Kopf, als knnte die verschwundene Leiche unverhofft hinter ihm stehen.Ich htte ihnen beiden eine Menge Dinge aufzhlen knnen, was Untote sonst noch alles konnten. Durch verschlossene Tren zu gehen war eine der leichtesten bungen.Aber ich wollte ihre Nerven nicht noch mehr strapazieren und hielt darum den Mund. Mglicherweise wurden sie fr weitere berwachungseinstze gebraucht.Das schmiedeeiserne Tor gegenber der Kirche war nur angelehnt. Es kreischte erbrmlich in den Angeln, als ich es aufdrckte.Aus einem nahen Gebsch schimpfte ein verschlafener Nachtvogel ungehalten ber die Strung.Ich war erst mal beruhigt. Inzwischen wute ich, da Tiere die Nhe von Untoten mieden. Zumindest hier vorne spukte die verschwundene Leiche also nicht herum.Leichtsinnig war ich dennoch nicht.Ich langte die Taschenlampe heraus und leuchtete die Umgebung ab. Denn an die Londoner Friedhfe hatte ich hchst ungute Erinnerungen.Aber kein bronzenes Grabmal drohte mir auf die Birne zu kippen. Keine Knochenhand fingerte aus einem Grabhgel und winkte mir drohend zu.Den Rundgang ber den Friedhof hob ich mir fr spter auf. Wenn ich ganz gewissenhaft vorging, wrde das ein nachtfllender Job. Die Leichenhalle war wichtiger.Sie war in der Verlngerung der Kirche mitten in den Friedhof hineingebaut. Ein breiter Kiesweg fhrte mich hin.Die groe Tr stand spaltweit auf. Hornblower oder Jackson hatten in dem Mordsschrecken wohl vergessen, sie zuzuklinken.Drinnen war es finster wie in einer wasserdichten Totenkiste. Ich zog die Tr ganz auf und leuchtete hinein. Leere Stuhlreihen sah ich, sonst nichts. Hier fanden die Gedenkgottesdienste und Aussegnungen statt.Zgernd trat ich ein. Mein Lampenstrahl ri die Ecken aus der Dunkelheit. Niemand verbarg sich, ich weilte allein im Raum.Von der Seite nherte ich mich dem Vorhang, der den Raum abteilte. Ich hob ihn mit einem Ruck an und leuchtete dahinter.Der Vorhang verbarg lediglich zwei Totenbahren und zwei Sargwagen. Die Wagen wurden dazu bentzt, die Srge zum Grab zu rollen. Im Hintergrund entdeckte ich eine Tr.Sie war nicht verschlossen. Ich gelangte in einen kurzen Flur, von dem zwei Tren abzweigten. Eine dritte Tr befand sich am gegenberliegenden Ende. Und die stand weit auf.Ich widerstand der Versuchung, einfach dort einzutreten. Ich wollte niemand in meinem Rcken wissen, der mir eventuell den einzigen Fluchtweg abschnitt; einen Untoten schon gar nicht.Darum inspizierte ich die Rume hinter den Tren rechts und links.Das eine war der Gerteraum. Er gab nichts her.Gegenber lag das Bro des Friedhofswrters. Im wesentlichen bestand es aus einem Schreibtisch und ein paar Regalen und einem Kleiderstnder. Auf der zerkratzten Schreibplatte sah ich so etwas wie eine Liste liegen. Zusammengeheftete Formulare jedenfalls.Mein Lichtstrahl wanderte weiter. Ein winziger Teil des Bros schien den Geistlichen als Umkleideecke zu dienen. An einem Wandbrett hingen dunkle Gewnder und Umhnge.Drei Paar schmutzige Halbschuhe standen darunter auf dem Boden.Ich nickte dster. Erde von einem Friedhof, egal wo er liegt, schien immer besonders hartnckig am Schuhwerk zu haften. Selbst die Geistlichkeit blieb nicht verschont.Mir fiel ein, da Hornblower am Telefon etwas von einer Sargnummer erwhnt hatte.Vielleicht gab die Liste auf dem Schreibtisch Auskunft. Sie hatte einen amtlichen Eindruck gemacht. Auerdem war's nur logisch, da sie hier Unterlagen darber brauchten, wer in seiner letzten engen Wohnung angeliefert worden war. Damit es zu keinen peinlichen Verwechslungen kam.Ich wandte mich dem Schreibtisch zu.Eine Bewegung in der Tr lie mich erstarren.Ich hatte eine mchtig lange Schrecksekunde. Dann dachte ich, da mir vielleicht Hornblower gefolgt war. Oder Jackson.Ich richtete den Lichtstrahl voll auf die Tr.Mir gefror fast das Mark in den Knochen.In der Tr stand ein Mann. Im weien Totenhemd.Seine Hnde und Fe sahen aus, wie Hnde und Fe aller Toten aussehen bleich, fast wachsen.Nur mit seinem Gesicht stimmte etwas nicht.Die Augen lebten. Und wie!Sie glhten in einem dsteren bsartigen Feuer.Und das Gesicht war eine grauenvolle Fratze. Eine Dmonenvisage.Bei mir fiel der Penny.Dracula hatte wieder einmal seine Zombie-Saat ausgelegt. Hier in diesem Leichenhaus. Er hatte Kpfe seiner versteinerten Monster in wenigstens zwei Srge geschmuggelt, und die Saat des Bsen war aufgegangen.Denn Tote waren zu untotem Leben erweckt worden.Eine Leiche war ja schon aus dem Sarg geklettert und verschwunden.Und mir gegenber stand noch eine. Oder handelte es sich um jene, die Hornblower vermit hatte?Ich hatte keine Gelegenheit, das Zombie-Quiz zu spielen. Denn der Untote setzte sich in Bewegung. Er kam auf mich zu.Wei der Teufel, wie Dracula es machte, jedenfalls stlpten sich seine Monsterschdel ber die Totenkpfe und verdeckten deren wahres Aussehen. Das hatte ich bereits in jener Schreckensnacht auf dem Brompton-Friedhof erfahren, als ich zum ersten Male mit seiner Zombie-Saat Bekanntschaft machte.Ich schttelte meine Erstarrung ab.Es war auch allerhchste Zeit, denn der Zombie im Totenhemd war keine fnf Schritte mehr entfernt.Die Taschenlampe! funkelte es in meinem Verstand. Der Untote orientiert sich nach der Lichtquelle!Ich wich zurck und stie mit der Tragetasche den Kleiderstnder um.Das Gepolter hrte sich schaurig an. In meinen Ohren jedenfalls. Ob es der Zombie hrte, konnte ich nicht sagen. Jedenfalls zeigte er sich durch den Lrm nicht die Bohne beeindruckt.Ich stieg rckwrts ber den Standes hinweg. Und da kam mir so eine Idee. Ich stie den Kleiderstnder mit einem Futritt dem Untoten vor die Fe.Er sollte darberstrzen.Den Gefallen tat er mir nicht.Er stieg darber mit der Sicherheit eines Hochseilartisten.Verdammt, es sah ganz so aus, als mte ich den Krif auspacken und die Waffe dem Zombie auf den Schdel hauen!Ich wich blitzschnell nach der Seite aus, hastete am Schreibtisch vorbei und fischte mir die Liste von der Schreibplatte. Mit zwei langen Schritten erreichte ich die Tr.Der Untote war schon wieder hinter mir. Und nicht einmal langsam. Seine nackten Fe erzeugten klatschende Laute auf dem Steinboden.Ich flitzte auf den Flur.Noch schneller prallte ich zurck.Da hatte ich mich vielleicht auf etwas eingelassen!Auf dem Flur entdeckte ich Untote. Rechts und links. Vier oder fnf. Aber die Zahl spielte auch keine Rolle. Sie hatten mir den Fluchtweg abgeschnitten.Das Bro des Friedhofswrters besa nicht mal ein Fenster. Auerdem tappte der Untote darin herum.Ich steckte in der Klemme.

*

Dolly Bacon hastete der Bushaltestelle zu.Totenvogel! dachte sie. Sie hat selber einen Vogel! Warum sitzt sie auch immer am Wohnzimmerfenster und starrt stundenlang hinaus, ohne ein Wort zu sagen? Immer diesen alten grlichen Friedhof vor Augen, das hlt ja kein Kopf aus! Und gerade sie, das kann ja nicht gutgehen! Ich mu es wohl doch Mr. Gallinger sagen. So geht es jedenfalls nicht weiter!Sie berholte ein lteres Ehepaar.Als sie schon zwanzig Schritte weiter war, hrte sie einen erschreckten Ruf und dann eine rgerliche Mnnerstimme: Was hat denn das zu bedeuten? Hast du schon mal derart unverschmte Nachtvgel erlebt?Vgel? dachte Dolly. Schon wieder? Mir scheint, die Leute sind heute allesamt nicht in guter Verfassung! Erst redet Mrs. Gallinger von einem Totenvogel, jetzt der alte Mann da hinten von Nachtvgeln! Es mu wohl an der Jahreszeit liegen, da sie alle so wunderlich sprechen!Sie hastete weiter. Aber dann war ihre Neugierde grer als ihre Meinung, alle Menschen auer ihr htten heute Abend eine Meise oder sonstwas unter dem Pony. Sie wandte den Kopf.Zwei hliche schwarze Vgel flogen mit trgem Flgelschlag in geringer Hhe ber der Strae. Als suchten sie etwas.Komische Tiere! murmelte Dolly und eilte weiter.Seltsam fand sie es schon, da Vgel so langsam und so dicht ber der Strae flogen. Ihr war das nie aufgefallen. Aber besonders darauf geachtet hatte sie auch nicht.Ein paar hundert Schritte weiter bog sie in eine andere Strae ein. Das war der krzeste Weg, sie hatte es ausprobiert.Ihre Gedanken kreisten um Mrs. Gallinger. Mit der Frau stand es nicht gut, im Gegenteil, es wurde stndig schlimmer statt besser. Sie lie sich zu sehr hngen. Sie hatte vor ein paar Wochen sogar den Mann, der ihr die Prothesen anmessen wollte, aus dem Haus gewiesen.Damals hatte Dolly gemerkt, da Mrs. Gallinger irgendwie schwermtig zu werden begann. Die Bcher und Zeitschriften, die Mr. Gallinger heranschaffte, rhrte sie kaum noch an. Sie interessierte sich nicht mehr dafr.Ist andererseits auch ein erbrmliches Leben mit den Beinen, dachte Dolly. Was heit Beine? Wenn sie nur welche htte?Ein eigenartiges Knarren lie sie erschauern.Himmel, das war doch genau das Gerusch, das sie vorhin hinter dem Haus der Gallingers gehrt hatte und das sie einem Hund oder dem Wind zuschrieb.Dolly schaute zurck.Die Strae war menschenleer, nicht mal ein Auto kam.Ein Fensterladen wird's gewesen sein, beruhigte sich Dolly. Oder eine alte Jalousie! Ich lasse mich doch nicht von den trben Gedanken anstecken und werde auch so wunderlich wie Mrs. Gallinger!Aber unbewut beschleunigte sie die Schritte.Ein kurzes Stck weiter vernahm sie erneut das befremdliche Gerusch. Jetzt war sie sicher, da es weder von einen Fensterladen noch von einer altersschwachen Jalousie herrhrte. Sie hob den Kopf.Ihr Herzschlag setzte fr einen Augenblick aus.Die zwei unheimlichen schwarzen Vgel waren immer noch da. Sie flogen langsam und niedrig. Gerade, als folgten sie ihr.Dolly empfand pltzlich Angst.Vergessen war der Vorsatz, sich nicht von den dsteren Gedanken von Mrs. Gallinger anstecken zu lassen. Die Furcht stieg aus den Tiefen ihrer Seele auf. Sie hatte keine Macht darber.Einer Eingebung folgend, begann Dolly zu laufen.Nach einem kurzen Wegstck bekam sie Seitenstechen und auch kaum noch Luft. Sie blieb keuchend stehen. Ihr Blick ging in die Hhe.Die unheimlichen Vgel waren immer noch da. Viel niedriger jetzt sogar.Dolly trat in einen Hauseingang und lehnte sich an die Wand.Vielleicht war alles nur ein dummer Zufall. Etwas mochte die Vgel aufgeschreckt und aus ihrem Schlafbaum vertrieben haben. Oder sie hatten sich verirrt. Das kam sicher auch bei Tieren vor.Allmhlich kam sie wieder zu Atem und beruhigte sich.Sie lauschte, ob wieder das eigentmliche Knarren zu hren war.Die unwirkliche Stille auf der Strae ging ihr an die Nerven. Sonst waren um diese Zeit immer Leute unterwegs, und gerade in dieser Strae war sie sogar schon einigemal dumm angequatscht worden. Von Mnnern. Die schienen sie fr wei Gott was gehalten zu haben!Sie wnschte, so ein unverschmter Kerl kme jetzt daher.Aber keine Schritte tackten, kein Auto schnurrte vorbei.Das Knarren allerdings wiederholte sich auch nicht.Vorsichtig schob sie den Kopf vor und sphte um die Kante.Sie zuckte zusammen.Keine zwanzig Schritte entfernt hockten die beiden unheimlichen Vgel auf dem Brgersteig. Am Rande des Lichtkreises einer Straenlaterne, wo die Helligkeit mit der Dunkelheit kmpfte.Die Tiere schienen genau zu wissen, wo sie sich versteckt hatte. Sie schauten exakt in ihre Richtung.Dolly konnte sich nicht entsinnen, je hlichere Vgel gesehen zu haben. Sie sahen wie gerupfte Geier aus. Nur kleiner. Aber dafr hatten sie Augen wie glhende Kohlen.Mit rechten Dingen ging das nicht zu.Husch, verschwindet, haut ab! rief Dolly und begleitete eine heftige Handbewegung mit einem rgerlichen Zischen.Die Vgel dachten berhaupt nicht daran, die Platte zu putzen. Sie guckten nur noch aufdringlicher her.Dolly erwog, auf die Klingelknpfe neben der Tr zu drcken. Egal, wer dann ffnete oder nachschauen kam. Hauptsache, sie war nicht allein mit diesen Vgeln.Die Tiere schienen zu spren, was sie vorhatte. Mit mitnendem Krchzen erhoben sie sich und flatterten die Strae hinab.Verdutzt lauschte Dolly ihnen nach.Es hrte sich fast so an, als wrden die Tiere nicht nur krchzen, sondern auch kichern. Hhnisch und spttisch irgendwie.Jetzt ist's aber gut! schalt Dolly sich selber. Jetzt drehe ich auch schon fast durch! Das fehlt noch!Energisch fate sie den Riemen der Schultertasche und trat auf den Brgersteig hinunter. Und als sei der Bann gebrochen, tauchten zwei Autos auf und fuhren die Strae herab. Aus einem Haus voraus kamen sogar drei junge Leute. Die kmmerten sich aber gar nicht um sie. Sie berquerten die Strae und machten sich an Motorrdern zu schaffen.Na also! murmelte Dolly Bacon.Nach kurzer Zeit hrte sie das Drhnen schwerer Motoren. Die jungen Leute sausten auf den Motorrdern vorbei.Sie hatte noch zwei Straen zu gehen, bis sie an die Bushaltestelle kam. Auf dem kurzen Wegestck wrde kaum noch etwas passieren. Dennoch schaute sie prfend in den Nachthimmel hinauf.Ihr Herz schlug bis zum Hals hinauf, als sie die dunklen Vgel wieder sah. Sie waren da. Sie hatten irgendwo in aller Ruhe auf sie gewartet!Jetzt strichen sie wieder tief ber der Strae daher. Dolly vernahm ein unheimliches Schwirren und Rauschen. Sie dachte nichts anderes, als da die Vgel sie angreifen wollten. Schtzend hob sie einen Arm ber den Kopf und begann wieder zu rennen.Das Schwirren und Rauschen war genau ber ihr.Ein eisiger Luftzug wehte ber sie hin.Dann waren die Vgel vorbei und flatterten die Strae hinab, wo die Motorradfahrer und Autos verschwunden waren.Dolly war drauf und dran, umzukehren und Mr. Gallinger zu bitten, sie heimzufahren. Er mute inzwischen aus London herausgekommen sein. Sie hatte ihn noch nie um eine Geflligkeit gebeten. Die Bitte wrde er ihr nicht abschlagen. Bestimmt nicht.Er war ein ernster und ziemlich wortkarger Mann, aber nicht unhflich. Seiner Frau erfllte er jeden Wunsch.Dolly war schon ein paar Schritte in Gegenrichtung unterwegs, als ihr Bedenken kamen. Was wrde Mr. Gallinger blo von ihr denken? Da sie eine Schraube locker hatte, ganz gewi.Das konnte Folgen haben. Am Ende kam er zu der Ansicht, da sie nicht die geeignete Haushaltshilfe und Gesellschafterin fr seine Frau war. Dann war sie den Job los und die fnfundzwanzig Pfund ebenso, die er ihr pro Woche bezahlte.Das Geld brauchte sie. Und heutzutage eine Anstellung im Haushalt zu finden, war schier unmglich. Wer einen Job hatte, mute froh darber sein. Es gab eine Menge Mdchen, die in einer weniger glcklichen Lage waren.Dolly hngte den Trageriemen auf die andere Achsel und strebte wieder der Bushaltestelle zu. Es war wohl besser, wenn sie mit Brian ber die Sache sprach statt mit Mr. Gallinger.Brian Hedges wohnte zwei Huser von ihr entfernt und stieg ihr nach. Der Bursche sah gut aus. Es gefiel ihr, da er hinter ihr her war. Aber sie wurde den Verdacht nicht ganz los, da seine Zuneigung mehr ihrem Geld galt.Denn seit er wute, da sie eine feste Anstellung hatte, kam er fast jeden Abend vorbei. Er nahm sie auch schon mal in eine Spielhalle mit. Oder in eine Kneipe. Sie mute dann aber fr sich und ihn bezahlen.Und sobald Brian das Geld anderer Leute ausgeben konnte, war er nicht zimperlich.Dolly berlegte, da er sich nun auch mal ntzlich machen konnte, statt nur gut auszusehen und sie als Zahlesel in seine Lokale mitzunehmen.Wenn er wirklich auf sie stand und etwas fr sie brig hatte, dann sollte er sie mal ein paar Abende lang bei den Gallingers abholen. Falls er dazu keine Lust versprte, sollte er sich zum Teufel scheren.Sie sah auch gut aus, und sie konnte sich nach einem anderen umtun. Es mute nicht gerade Brian Hedges sein.Bldsinnigerweise hing sie an dem Kerl. Selbst wenn sie wtend auf ihn war, brauchte er sie mit seinen braunen Augen nur anzublicken, und schon verrauchte ihr rger.Brian konnte sie um den Finger wickeln, Er ntzte das weidlich aus.Dabei hatte er noch mit keinem Wort erklrt, welche Plne er fr die Zukunft hatte. Sie htte schon gerne gewut, woran sie war. Wie es aussah, betrachtete er jeden Tag als Sonntag und lie den lieben Gott einen guten Mann sein.Je lnger Dolly nachdachte, desto mehr gewann sie die berzeugung, da dies die Gelegenheit war, Brian auf Herz und Nieren zu prfen. Sie mute es ihm nur richtig beibringen.Entweder holte er sie knftig ab, oder er konnte in den Wind schieen!Sie war so richtig dabei, sich mit Brian zu zanken. Sie geno es, da er ihr nicht widersprechen konnte; er war ja nicht zugegen. Deshalb fuhr sie gewaltig zusammen, als die unheimlichen schwarzen Vgel wieder in der Strae auftauchten. Sie kamen ihr entgegen. Dolly sah sie durch die Lichtkegel der Straenlaternen fliegen.Einer lie sich hchstens zwanzig Schritte vor ihr nieder und beguckte sie aufsssig. Der andere strich haarscharf ber ihren Kopf hinweg. Wieder streifte sie ein eiskalter Luftzug.Erschreckt schaute sie hinter sich. Der andere Vogel landete auf einer Mlltonne, hpfte herab und reckte den mageren Hals, als sei er mit der Aussicht nicht zufrieden.Im nchsten Augenblick torkelte Dolly wie betrunken an die nchste Hauswand, so sehr schttelte sie das Entsetzen.Sie weigerte sich einfach, zu glauben, was sie sah.Beide Vgel hpften kichernd und heiser krchzend naher, bis sie beide im Blickfeld hatte. Und jetzt begannen sie sich auf grauenhafte Weise zu verwandeln. Sie wuchsen.Sie wurden immer grer!Die hlichen Vogelkpfe nahmen das Aussehen von Menschenkpfen an. Die schwarzen Schwingen schrumpften. Die gedrungenen Vogelkrper streckten sich in die Lnge. Das Gefieder verwandelte sich in Kleidung, die stelzenartigen Greifwerkzeuge in richtige Beine.Dolly atmete keuchend und verfolgte aus hervorquellenden Augen das entsetzliche Schauspiel.Sie wollte schreien, doch die Kehle war ihr wie zugeschnrt. Als wrde eine unsichtbare eiskalte Hand den Hals zusammenpressen.Die grauenvolle Verwandlung der beiden Vgel dauerte nur wenige Herzschlge lang. Und doch kam es Dolly fast wie eine ganze Ewigkeit vor.Ihr Entsetzen schlug in Panik um, als sie zwei ausgewachsene Mnner vor sich stehen sah. Nichts erinnerte mehr an die unheimlichen Vgel mit Ausnahme der glhenden Augen.Nein, das gibt es nicht, dachte Dolly. Das ist nicht wahr! Ich trume schlecht! Ich habe Einbildungen! Mrs. Gallinger hat mich angesteckt!Zitternd und bebend prete sie die Schultern gegen die rauhe Hauswand. Langsam streckte sie beide Arme abwehrend aus.Nein! brach es mhsam aus ihr heraus. Nein, lassen Sie mich in Ruhe! Tun Sie mir nichts, bitte!Das Licht der nchsten Laterne reichte gerade aus, sie die beiden Mnnergesichter erkennen zu lassen. Bla waren die, unheimlich und bengstigend bla! Als seien die Mnner lngst tot.Sie rochen auch so seltsam. Wie Moder und alter Stoff und feuchte Erde zusammen.Die Gesichter verzogen sich hhnisch. Der eine Mann war etwas grer. Sein lngliches Gesicht und sein glattes schwarzes Haar lieen ihn wie einen Sdlnder aussehen.Um den Mund hatte er einen grausamen Zug.Seine dnnen blassen Lippen klafften auseinander. Sicher lassen wir dich in Ruhe, Dolly wenn du mit uns gehst. Ich habe groe Plne mit dir. Komm nur, komm! Gib deinen Widerstand auf, lehne dich nicht gegen das Schicksal auf. Gib dich ganz hin.Wer wer sind Sie? keuchte Dolly. Sie drehte fast durch. Wie redete denn der Kerl? Der hatte doch eine Macke. Wie der andere auch. Der grinste nmlich auch so eigenartig Wer ich bin, Dolly? Dein neuer Gebieter bin ich, sagte der sdlndische Typ und brachte ein liges Lcheln zustande. Aber eines ohne Freundlichkeit.Wie ein bser Hund, der gleich zubeit und gar nicht erst knurrt, zuckte es Dolly durch den Kopf. Die zwei Kerle sind ja gemeingefhrlich! Die mssen aus einer Klapsmhle ausgekniffen sein! Gebieter der Bursche tickt ja nicht richtig!Ein eigenartiges Gefhl kam Dolly Bacon an. Ihr Verstand sagte ihr, sich zu wehren und diesen zwei schrgen Gestalten die Schultertasche um die Ohren zu hauen, da die Fetzen flogen.Zugleich sprte sie, wie etwas Unsichtbares sie einzulullen begann. Wie Watte, in die sie verpackt wurde. Es ergriff von ihrem ganzen Krper Besitz.Gib dich ganz hin, Dolly, strube dich nicht, lockte der totenbleiche Sdlnder. Du wirst es gut bei uns haben.Und er hat doch einen Sprung in der Schssel, dachte Dolly. So redet kein normaler Mensch!Das Herz blieb ihr fast stehen, als sie wieder den dnnen Mund des Mannes sah. Jetzt ganz nah.Die Lippen waren welk und blutleer. Sie zogen sich zurck und entblten die Zhne.Dolly zerri den unerklrlichen Bann, der sich ber sie zu breiten im Begriff war. Sie stie einen gellenden Schrei aus. Denn aus dem Mund des grlichen Kerls wuchsen lange messerspitze Zhne.Sie wute nicht, was das zu bedeuten hatte. Sie begriff nur instinktiv, da das eine schlimme Bewandtnis hatte. Richtigen Menschen wuchsen nicht in Sekundenschnelle solche Zhne aus dem Mund!Sie stie dem Kerl beide Fuste vor die Brust und schleuderte ihn zwei Schritte zurck.Die Berhrung whrte krzer als ein Augenzucken, und doch war ihr, als wrde Eisesklte aus dem Krper des Mannes in ihre Fuste berstrmen.Der Bursche fing sich. Seine Augen begannen gefhrlicher zu glhen. Sein Gesicht drckte jetzt sadistische Freude aus.Auch gut, wenn du dich auflehnst, sagte er langsam und ohne fremdlndischen Dialekt. Aber es ntzt dir nichts. Wen ich dazu ausersehen habe, in mein Gefolge einzutreten, der hat zu gehorchen. Bei den letzten Worten wurde seine Stimme scharf wie ein Messer.Er nickte seinem Begleiter zu.Und dann schleuderten sie beide die Hnde nach vorn und packten Dolly Bacon.Das Mdchen strampelte und trat und wehrte sich verzweifelt. Die Mnner schienen ber Satanskrfte zu verfgen. Dolly konnte sich nicht befreien.Eine eiskalte Hand legte sich auf ihren Mund und erstickte ihren Hilfeschrei brutal.Wie eine Totenhand, dachte Dolly noch.Dann sah sie das Gesicht des anderen Mannes ganz dicht vor sich. Das Grinsen raubte ihr vollends den Nerv. Sie bi zu.Klte drang in ihren Mund.Der Mann schien gar nicht zu spren, da sie die Zhne in seine Hand grub. Oder wenn er es sprte, schien es ihm auch noch Spa zu machen. Sein Grinsen wurde breiter und selbstgeflliger. Und dann ffnete auch er den Mund.Fingerlange Zhne schoben sich an seinen drren Lippen vorbei.Dolly drohten die Sinne zu schwinden.Die beiden Mnner waren keine normalen Menschen. Das waren Monster. Irgendwelche grauenvollen Wesen aus einer anderen Welt!Das Mdchen fhlte sich gegen die Hausmauer gedrckt. Die eisigen Totenhnde nagelten sie frmlich fest. Dolly sprte rechts und links am Hals die nadelspitzen grauenhaften Zhne in ihre Haut fahren.Es schmerzte unsagbar.Dann sprte sie, wie mit jedem Herzschlag von den beiden Unheimlichen das Blut aus ihrem Krper gesaugt wurde.

*

Inspektor Basil Gallingers Magen zog sich mit einem Ruck zu einem harten Klumpen zusammen, als er eine Menschenansammlung vor seiner Haustr sah.Als Leiter einer Mordkommission von Scotland Yard waren ihm solche Auflufe bekannt. Die waren nie ein gutes Zeichen.In, seinem Haus brannte Licht. Jedenfalls in der Diele. Es schimmerte aus dem kleinen Fenster neben der Tr.Er kurvte hart vor die Garage seines kleinen Hauses, das ihm sein Vater vererbt hatte. Er mochte es nicht besonders wegen der Nhe zum alten Friedhof der Abtei, aber Huser waren teuer. Sogar hier drauen.Und Mietwohnungen kosteten ein Sndengeld.Wegen Rebecca war er hier wohnen geblieben. Das Leben in der Stadt htte sie nur noch mehr deprimiert. Hier drauen hatte sie Grn ums Haus und frische Luft und fr die Hausarbeit und Handreichungen und zur Zerstreuung das Hausmdchen.Irgend etwas war im Haus passiert.Gallinger feuerte den Wagenschlag zu und hastete quer ber die Blumenbeete des Vorgartens. Jetzt erkannte er Nachbarn, die ihm besorgt und ratlos entgegenschauten.Aus den Augenwinkeln sah er weitere Anwohner aus der Nachbarschaft herzueilen.Seine kriminalistische Erfahrung sagte ihm, da eben erst in seinem Haus etwas geschehen war, was immer es sein mochte.Machen Sie Platz! sagte er rauh. Lassen Sie mich durch! Er suchte nach dem Hausschlssel in den Taschen.Ihre Frau, Inspektor Gallinger! sagte der Nachbar von gegenber aufgeregt. Sie hat ganz furchtbar geschrien. Gerade jetzt. Aber sie macht nicht auf.Umstehende nickten bekrftigend.Gallinger schaufelte sich durch. Sie wuten, wer und was er war. Sptestens seit dem Tag vor drei Jahren, als die Autobombe in seinem Wagen explodiert war und seiner Frau beide Beine abgerissen hatte.Eine alte Rechnung, die eigentlich ihn hatte treffen sollen. Zufllig hatte seine Frau an dem Abend noch wegfahren wollen. Da war es passiert. Sie war das Opfer geworden, nicht er.Seit dem Tag hate Gallinger alles, was nach Verbrechen roch. Mit der ganzen Kraft seiner Seele und seines Herzens. Seitdem eilte ihm der Ruf voraus, der unerbittlichste Mann vom ganzen Yard zu sein.Er fand den Schlssel und spurtete auf die Haustr zu.Zwei, drei Nachbarn folgten ihm auf dem Fu. Gallinger wute, da es nicht Neugierde war, sondern Anteilnahme, mit seiner Frau und ihrem Schicksal.Soweit, sie zu pflegen und ihr Handreichungen zu machen, war die Anteilnahme allerdings nicht gegangen, als er sich in der Nachbarschaft nach ein paar guten Seelen umgehrt hatte. Weder damals noch spter. Darum hatte er Dolly Bacon angeheuert. Deren Alten kannte er. Ein Gauner von der alten Garde war das gewesen. Der einzige Lichtblick in der Familie war Dolly. Die wollte raus aus dem tristen Milieu. Ohne Hilfe schaffte sie das allerdings nicht.Er hatte ihr die Chance geboten, und Dolly hatte sie genutzt. Er hatte noch nie einen Grund zur Klage gefunden. Auch seine Frau nicht, die manchmal wirklich schwierig war.Haben Sie noch etwas gehrt? fragte Gallinger rauh, whrend er den Schlssel ins Trloch schob.Nichts. Sie hat nur ganz furchtbar geschrien.Ein anderer Nachbar versuchte Klimmzge am kleinen Fenster, um einen Blick in die Diele tun zu knnen.Gallinger merkte gleich, da die Tr nicht abgeschlossen war. Das war sie ja auch nie. Dolly Bacon zog die Tr immer hinter sich zu, wenn sie das Haus verlie. Der Inspektor lie die Tr aufschnappen. Er konnte sie aber nicht weiter ffnen. Drinnen sperrte etwas.Rebecca? fragte er, und nun bekam er es mit der Angst zu tun.Aus dem Haus antwortete nur beklemmende Stille.Gallinger stemmte sich gegen die Tr. Er war ein krftiger Mann. Ein betrchtlicher Teil der Londoner Unterwelt konnte ein Klagelied davon singen. Denn wenn einer dem Inspektor dumm kam, hakte es bei Gallinger allzuschnell aus. Dann langte er hin. Das war der Grund, weshalb er noch nicht zum Oberinspektor befrdert war. Dem Leiter einer Mordkommission stand diese Stufe zu.Aber Gallinger handelte leider oft sehr impulsiv. Er leitete zwar eine Mordkommission, aber mehr war nicht.Er prete die Schulter gegen die Tr und warf sich mit seinem Krper dagegen. Ruckweise lie sich die Tr aufschieben. Als der Spalt gro genug fr Gallingers dicken Kopf war, sphte er um die Kante.Sein Herz tat ein paar berlaute Schlge.Rebecca lag hinter der Tr, vom umgestrzten Rollstuhl eingeklemmt.Die Sorge um sie brachte ihn fast um den Verstand. Er dachte an einen berfall. Da jemand sie verletzt hatte.Blut sah er nicht. Auch keine Wunde.Er wandte rasch den Kopf. Die Nachbarn standen dichtgedrngt wie eine Mauer. In den Gesichtern entdeckte er nur mehr bloe Anteilnahme, sondern auch Sensationsgier. Die Leute wollten wissen, was passiert war.Es ist schon in Ordnung! knurrte Gallinger. Es war Absicht, da seine Stimme drohend klang.Er schob mit der Schulter die Tr weiter auf, bis er sich hineinzwngen konnte.Bevor einer der Nachbarn den Kopf durch den Trspalt brachte, drckte er die Tr zu. Sofort beugte er sich ber Rebecca und hob den Rollstuhl von ihr herunter.Seine Hand griff zur Halsschlagader.Rebecca lebte. Das Herz schlug regelmig, der Puls war schon wieder ganz in Ordnung.Er nahm seine Frau auf die Arme und setzte sie in den Rollstuhl. Dabei lauschte er in das dunkle Haus hinein.Seine Sinne waren alarmiert und geschrft. Rebecca hatte so dicht hinter der Tr gelegen, da ein Eindringling nicht durch die Vordertr hatte entwischen knnen.Entweder war er hinten hinaus. Oder er steckte noch im Haus.Gallinger trug keine Waffe bei sich. Jetzt war er nicht im Dienst. Er verlie sich auch im Ernstfall lieber auf seine Fuste. Die machten nicht viel Lrm und waren meist wirkungsvoller als eine Kanone.Rebecca war noch ohne Besinnung. Er konnte sie nichts fragen. In der Diele war sie im Augenblick am sichersten aufgehoben. Darum lie er den Rollstuhl hier stehen und hastete zum Wohnzimmer, dessen Tr weit auf stand.Er griff um die Kante und knipste das Licht an. Eine etwas unkluge Handlung, falls der Eindringling hier steckte und bewaffnet war.Aber Gallinger befand sich in einer Stimmung, in der er auch mit blanken Fusten auf einen hungrigen Eisbren losgegangen wre.Der Inspektor warf einen Blick ins Wohnzimmer und hinter die Tr, und der gengte ihm schon.Die Tr zum Garten war zu, Das Fenster geschlossen, die Blumen auf der Fensterbank standen wie immer. Da war nichts verrckt und nichts verndert.Er hastete ins Obergescho hinauf.Dolly hatte gebgelt. Der typische Geruch hing noch in der Luft. Was auch nur bewies, da kein Fenster offen stand.Gallinger kontrollierte die Rume, ohne auch nur den Hauch eines Hinweises auf das Eindringen einer fremden Person zu entdecken. Im Erdgescho knpfte er sich die Kche und den kleinen Abstellraum vor.Ebenfalls mit negativem Ergebnis.Danach war er ziemlich ratlos, und wenn er sich recht besann, eigentlich zum ersten Male in seinem Leben.Wie es aussah, war berhaupt niemand im Haus gewesen. Keine fremde Person jedenfalls.Warum hatte denn Rebecca so laut geschrien, da die Nachbarschaft zusammengelaufen war? Und warum war sie mit dem Rollstuhl genau hinter der Haustr umgestrzt?Gallinger schob Rebecca ins Wohnzimmer und kehrte zur Vordertr zurck. Drauen hrte er noch die Leute murmeln. Klar, sie warteten auf ihre Sensation, sie wollten unbedingt wissen, warum aus dem Haus Schreie gedrungen waren.Er berlegte kurz und scharf. Dann ri er mit einem Rck die Tr auf.Die Nachbarn guckten ihn etwas seltsam an.Er zwang sich zu einer freundlichen Miene.Wieviel Zeit ist denn nach Ihrer Meinung zwischen dem Schreien und Ihrem Erscheinen vergangen? fragte er.Fast gar keine, Inspektor, sagte der Nachbar von gegenber. Wie ich es hrte, bin ich sofort rausgelaufen. Ist das wichtig?Die Umstehenden spitzten augenblicklich die Ohren.Dann knnten Sie doch jemand gesehen haben, der hier vor der Tr gestanden hat und vielleicht weglief, oder?Der Nachbar dachte nach.Also, wenn da jemand gewesen wre, htte ich ihn sehen mssen. Da war aber niemand, Inspektor, und es ist auch niemand weggelaufen.Hinter das Haus vielleicht?Der Nachbar lie sich nicht beirren. Vor den hellen Blumen htte ich ihn auch gesehen. Er schttelte den Kopf. Und das htte ich auch gehrt. Er htte durch die Bsche gemut.Der Mann hatte recht. Und Gallinger wute es. Der Vorfall wurde immer rtselhafter.Eine Frau fragte ngstlich: Treibt sich etwa ein Einbrecher in unserer Gegend herum? Das fehlte noch.Ein Idiot, da er gerade das Haus vom Inspektor erwischt, steuerte eine andere Frau ihre Meinung zu diesem Thema bei.Eine allgemeine Hysterie kam Gallinger ungelegen.Auf einen Einbrecher weist berhaupt nichts hin, also beruhigen Sie sich bitte. Gallinger verzog das Gesicht und verschwand hinter der Tr.Mit seiner Theorie, da vielleicht jemand vor der Tr gestanden hatte und Rebecca derart darber erschrocken war, da sie samt dem Rollstuhl strzte und unglcklicherweise die Tr blockierte, war es auch Essig.Er brachte keine Ordnung und kein System in die Ungereimtheiten.Da der Nachbar von gegenber sich verguckt haben knnte, schlo er aus. Der Mann sah alles, eigentlich zuviel, denn die meiste Zeit lag er im Fenster und verfolgte, was auf der Strae los war. Nur im Winter hielt er sich hinter dem geschlossenen Fenster auf.Aber auch dann kriegte er alles mit. Es sei denn, etwas passierte genau in dem Moment, in dem der Mann mal seinen Ausguck am Fenster aus zwingenden Grnden verlie.Vielleicht eben auch.Gallinger schaute nach Rebecca. Sie atmete gleichmig, war aber noch nicht bei Bewutsein.Er holte die Taschenlampe aus dem Abstellraum, ffnete die Hintertr und schaute sich drauen um.Er fand keine Spuren, keine Abdrcke, keine genickten Zweige und abgerissenen Mtter.Nachdenklich kehrte er ins Haus zurck und dmpfte die Beleuchtung. Rebecca hatte es nicht gern hell.Er zog sich einen Stuhl heran, ergriff ihre Hand und begann sie zu streicheln und zu ttscheln.Es dauerte eine Weile, bevor Rebecca tief einatmete und dann Anzeichen frs Erwachen aus der Besinnungslosigkeit erkennen lie.Gallinger wute, wie schreckhaft sie war und wie sie manche Nacht aus tiefem Schlaf hochfuhr. Deshalb begann er leise und sanft zu sprechen, damit sie sich nicht zu Tode erschreckte, wenn sie ihn pltzlich neben sich sitzen sah und auf Anhieb nicht erkannte.Ihr Atemzug ri jh ab. Mit einem Ruck entzog sie ihm die Hand.Basil? Ihre Stimme drckte Panik und Entsetzen aus.Ja, Darling, ich bin's. Es ist alles in Ordnung, sprach er freundlich.Als er danach wieder nach ihrer Hand griff, hatte sie nichts mehr dagegen.Er lie ihr Zeit, sich zurechtzufinden. Ihr letzter Eindruck rhrte von etwas bei der Vordertr her. Natrlich war es ein Schock, da sie sich nun erwachend im Rollstuhl sitzend und im Wohnzimmer wiederfand. Sie mute erst einen gedanklichen Zusammenhang herstellen.Hast hast du ihn noch gesehen, Basil? fragte sie.Wen? Er sprte, wie ihre Hand heftig zitterte.Also nicht, sagte sie chzend. Dann brauche ich dir auch wohl nicht erst von ihm zu erzhlen, du knntest mir doch nicht glauben.Mchtest du nicht erst darber sprechen, bevor wir zu einem Urteil kommen? Er also ein Mann?Mit Flgeln, Basil! Schau mich nicht so vorwurfsvoll an, es ist so, wie ich sage. Erst stand er hinten am Fenster, dann vorn vor der Tr, und er ist mitten durch den Zaun gekommen. Basil, kann ein normaler Mensch durch einen Zaun gehen?Basil Gallinger erwog alle denkbaren Mglichkeiten, was in seine Frau gefahren sein konnte. Etwas seltsam war sie in den letzten Tagen ja schon gewesen, das war nicht zu leugnen. Ganz sicher handelte es sich um eine Nervenkrise. Die rzte hatten sie ihm in Aussicht gestellt frher oder spter.Es sah ganz so aus, als sei der Zeitpunkt gekommen.Er beobachtete sie scharf. Sie war bla und aufgeregt. Kein Wunder nach dem Sturz. Eine weitere Aufregung verschlimmerte den Zustand wohl nur.Besser, er widersprach nicht, sondern ging auf sie ein.Na, ich wrde sagen, ein Mensch kann das wirklich nicht. Durch welchen Zaun ist er denn gekommen?Durch unseren. Den da hinten zu dem grlichen Friedhof hin. Und zuerst war's ja auch kein Mann, sondern ein Totenvogel. Seit drei Abenden kam er schon. Immer um dieselbe Zeit. Das habe ich auch dem Mdchen gesagt.Das war noch hier? Gallinger fhlte ein unbehagliches Gefhl aufsteigen. Dolly Bacon stammte zwar aus einer Familie mit uerst zweifelhaftem Ruf, aber da das Mdchen unglaubwrdig war oder gar eine Lgnerin, konnte und wollte er nicht behaupten.Was ist denn das fr eine dumme Sache mit einem Totenvogel? fuhr er brummend fort. Irgend ein Nachtvogel. In der alten Abtei drben werden eine Menge Tiere nisten.Nein, nein. Basil, es ist kein normaler Nachtvogel. Es ist mein Totenvogel. Er kommt, das gilt mir. Das ist ein Zeichen. Und das Knarren und Rauschen und Schwirren hat Dolly auch gehrt. Sie hat aber gemeint, es knnte auch ein Hund sein, der drauen im Garten streunt. Basil, ich habe Angst.Die hatte Gallinger auch. Aber um seine Frau und ihren Nervenzustand. Totenvogel? Zeichen? Wo gab's denn so was? Er mute mit Dolly reden. Morgen. Er mute es einrichten, da er frher nach Hause kam. Oder er legte ihr einen Zettel hin, wo Rebecca ihn nicht fand. Oben am besten.Mit dem Doktor mute er auch reden. Ganz dringend.Du glaubst mir kein Wort, nicht wahr? fragte seine Frau in seine berlegungen hinein.Er brummte ausweichend.Ich kenne dich, Basil, vor mir kannst du dich nicht verstellen. Es klingt ja auch zu unwahrscheinlich. Aber es stimmt jedes Wort.Zumindest ist es eine nicht alltgliche Geschichte, rumte er ein. Dieses Zugestndnis kostete ihn eine Menge berwindung.Vielleicht half er Rebecca, wenn er sich fr ihr Problem interessierte, wenn er sie erzhlen lie und ein geduldiger Zuhrer war. Also, wie war das nun? Drei Abende ist dieser komische Vogel schon dagewesen? Was hat er mit dem Mann mit den Flgeln vor der Tr zu tun?Du denkst immer noch, es wre pure Phantasterei von mir, Basil!Erzhle nur. Wir reden danach ber deine Beobachtung. Er whlte mit Bedacht dieses Wort, um ihr zu suggerieren, da er glaubte, sie htte wirklich etwas gesehen.Vor drei Abenden ist dieser unheimliche Vogel aufgetaucht. Er flog ber unser Haus weg, ich sa am Fenster. Er berquerte den Friedhof.Und ist zur Abtei geflogen?Nein, es war nicht genau diese Richtung. Er knnte auch zu diesem unheimlichen alten Haus auf dem Hgel hinter dem Friedhof geflogen sein. Du weit schon, welches ich meine. Wo noch nie ein Licht gebrannt hat.Das Talgarth-Haus. Da kann auch kein Licht brennen. Es ist seit vielen Jahren unbewohnt.Mglich, Basil. Jeden Abend ist der unheimliche schwarze Vogel in diese Richtung geflogen. Immer ber unser Haus hinweg. Ich kenne viele Vgel, die nach Einbruch der Dmmerung unterwegs sind, so einen habe ich nie zuvor gesehen. Heute abend kam er aus der falschen Richtung. ber den Friedhof zu uns. Ich sprte sofort, das galt mir.Sie zitterte wieder verstrkt.Er drckte ihre Hand. Unsinn. Das war ein Zufall.Nein, Basil, und du wirst das gleich verstehen. Pltzlich war drauen ein unheimliches Rauschen und Knistern zu hren. Da kam gerade das Mdchen herunter. Es knipste das Licht hier drinnen an, aber ich sagte, ich mchte das nicht haben. Dolly ist dann gegangen. Als ich wieder zum Friedhof rbergesehen habe, lag ein seltsames Licht auf den Totensteinen. Direkt unheimlich. Wie Mondschein. Aber der Mond steht gar nicht am Himmel. Ist das nicht eigenartig?Schon. Und was war dann?Der Totenvogel hat sich auf einem Grabkreuz niedergelassen. Er hat genau zu mir hergeschaut. Mit glhenden Augen. Basil, ich bin fast vergangen vor Angst! Pltzlich ist er von dem Kreuz herabgehpft. Und da ist etwas Unglaubliches mit ihm passiert er hat sich verwandelt. Er sah wie ein Mensch aus und war genausogro. Und er marschierte einfach auf unseren Zaun zu und ging mitten hindurch, als gbe es keinen Zaun.Basil beobachtete die groen Augen seiner Frau. Sie fieberten etwas. Aber diese Augen logen nicht. Ein Frsteln berlief ihn.Er kam bis dicht ans Fenster. Er hat sich herabgebeugt. Ich hatte seinen Kopf auf Armlnge vor mir, nur die Scheibe war dazwischen. Erst war es noch ein Vogelkopf, aber der nahm immer mehr hnlichkeit mit einem Menschenkopf an. Nur die Augen glhten weiter wie Kohlen. Ich war erst gar nicht fhig, mich zu rhren. Er stand drauen und hatte seine Flgel auf dem Rcken zusammengeklappt. Ich denke, er hat berlegt, wie er ins Haus kam, ohne viel Lrm zu machen.Rebeccas Atem ging keuchend und stoweise. In einer solchen Erregung hatte Basil Gallinger seine Frau noch nie gesehen.Himmel, dachte er beklommen, sie spielt mir nichts vor, sie glaubt wirklich diesen Unsinn! Sie geht voll und ganz mit und steigert sich in die Sache hinein!Schon gut, er ist ja nicht hereingekommen, sagte Gallinger trstend.Aber fast! erwiderte seine Frau heftig. Ich war erst wie gelhmt vor Angst. Ich glaube, etwas hat mich auch im Rollstuhl festgehalten. Eine fremde Kraft. Unsichtbar. Ich wei nicht, wie ich es geschafft habe, aus dem Wohnzimmer zu kommen. Ich wollte Dolly zurckrufen, sie konnte noch nicht weit sein. Als ich die Haustr ffnete, stand das grliche Wesen schon da. Ein Mann, Basil, ich schwre es dir. Er hatte die Flgel. Aus seinem Mund wuchsen fingerlange scharfe Zhne. Da wute ich, was er ist. Ein Vampir. Vampire verwandeln sich, und sie haben solche Zhne. Und fliegen knnen sie auch. Ist etwas?Jetzt keuchte Basil Gallinger.Vampir! Lange Zhne! Er dachte an den Kollegen Peter Woods vom Yard, der angeblich ein Vampir und Untoter geworden war. Lieber Himmel, ernsthafte Leute hatten Woods so gesehen, an seiner neuen Existenzform war nicht zu zweifeln.Und so ein Kerl hatte vor der Tr gestanden!Nein, nein, es ist schon gut. Und was geschah dann?Rebecca umklammerte seine Hand. Er wollte ins Haus. Ich habe die Tr zugeworfen, aber er hat dagegengedrckt. Ich glaube, ich habe dann furchtbar geschrien, und ich wollte ihn nicht hereinlassen, ich hatte doch eine solche Angst. Eigentlich immer noch. Es ist gut, da du da bist.Die Trnen stiegen ihr in die Augen.Basil lie ihr Zeit, sich zu fangen. Es hatte keinen Sinn, wenn er sie jetzt drngte.Er zweifelte auch kaum noch am Wahrheitsgehalt ihrer Schilderung, seit er ber das neue Aussehen von Woods einiges gehrt hatte.Ein Vampir in diesem Viertel! Vor seinem Haus! Das hielt er fast im Kopf nicht aus. Auch noch einer mit Flgeln! Er hatte vor einigen Monaten in einem Mordfall ermittelt, und da war auch ein geheimnisvoller Kerl mit Flgeln drin vorgekommen. Selber gesehen hatte er ihn nicht, aber der Hauptverdchtige im Mordfall Frstin Renata de Angelis hatte Stein und Bein geschworen, dieser geflgelte Kerl htte die Frstin umgebracht und nicht er.Was sich spter dann auch tatschlich als die richtige Version herausgestellt hatte.Dieser Kinsey vom Secret Service hatte seinerzeit den Fall bernommen und abgeschlossen.Den Knaben knnte ich vielleicht anspitzen und mit Rebeccas Problem bekanntmachen, berlegte Basil Gallinger. Der kennt sich mit Geistern und Gespenstern und so mchtig gut aus, was man so hrt. Der Alte vom Service hat ihm doch wahrhaftig eine eigene Abteilung gegeben. Da mu also schon was dran sein, denn Sir Horatio Merriman ist kein Spinner und noch weniger ein Spavogel!Mit leiser Stimme fuhr Rebecca nach einer Weile fort: Ich hatte nur noch den einen Gedanken du darfst ihn nicht ins Haus hereinlassen, sonst hat er dich! Als er wieder gegen die Tr drckte, bin ich aus dem Stuhl gefallen. Aber die Tr habe ich noch zubekommen.Das hast du, lobte Basil. Und es war ganz richtig, da du laut gerufen und geschrien hast. Die Nachbarn sind sofort gelaufen gekommen.Haben sie den grlichen Vampir auch gesehen? fragte Rebecca bang.Nein. Es ist auch nicht wichtig. Ich bin froh, da dir nichts zugestoen ist. Ich rufe jetzt Doktor Abraham an, er soll nach dir sehen. Nach dem Schreck machst du doch die ganze Nacht kein Auge zu.Ich will keine Spritze haben, ich kann Spritzen nicht mehr sehen, Basil. Ich will mich nicht mehr qulen lassen.Er soll dir keine Spritze geben, er soll nur nach dir sehen. Er wird dir ein Schlafmittel dalassen.Rebecca schwieg trotzig. Basil Gallinger rief den Hausarzt an, der seine Frau seit langem betreute.Abraham versprach, sofort vorbeizukommen. Er nahm am Schicksal von Rebecca regen Anteil; und nicht aus beruflichen Grnden.Basil schnappte sich noch einmal die Taschenlampe und schaute sich drauen um. Jetzt hatte er ja Anhaltspunkte. Auch wenn es ihm schwerfiel, alles unbesehen zu glauben, was seine Frau ihm berichtet hatte.Unter dem Fenster war der Rasen etwas zerdrckt.Das war zwar kein sicheres Indiz, aber immerhin besser als gar nichts. Fuumrisse konnte er nicht feststellen.Den Zaun begutachtete er besonders sorgfltig. Der war jedoch vllig unversehrt. Es gab keine Lcke, keine Bresche, und er war auch nicht umgedrckt.Gallinger leuchtete auf den alten Friedhof hinber, vor dem sich Rebecca gruselte. Die Leichensteine schimmerten nur geisterhaft, wenn er sie in den Lichtkegel bekam. Von einem Totenvogel oder gar von dem verdammten Vampir war nichts zu sehen.Gallinger war fest entschlossen, mit Kinsey zu sprechen. Er hoffte, da der Rat wute. Gleich morgen rief er ihn an, das nahm er sich vor.

*

Ungerupft kam ich nicht aus dem Bau der Leichenhalle heraus, wie es aussah.Hinter mir rckte der Zombie im Totenhemd heran. Und vor mir versperrten weitere Untote den einzigen Fluchtweg. Auch sie besaen diese scheulichen Monsterfratzen.Ich wute, da darunter ganz normale Totengesichter waren. Nur half mir das im Moment berhaupt nichts. Sie rckten mir alle auf den Pelz. Sie wollten mich haben.Wer ihnen diesen Befehl gegeben hatte, war mir klar. Dracula hatte mir wieder mal eins ausgewischt. Meine vielfltigen Aktivitten waren einem Erzgauner wie ihm nicht verborgen geblieben. Der Kerl hrte sogar die Wasserflhe husten.Ziemlich viel Wind mit meinem berwachungssystem fr alle Londoner Friedhfe, auf denen bestattet wurde, hatte ich ja gemacht. Unfreiwillig. Diese Art Geschft vertrgt keine Publicity. Aber ich hatte ja eine Menge Leute einspannen mssen. Und da wird selbst ein todsicheres System undicht. Irgendwo beginnt es herauszutrpfeln.Die nackten Fe hinter mir patschten auf dem Steinboden nher.Ich griff in die Tragetasche und angelte nach dem Krif. Es half alles nichts, das Drei-Klingen-Beil mute mich aus der Patsche retten, bevor mich die Untoten in der Luft und bei lebendigem Leib zerrissen.Die Umgebung war besonders makaber. Falls ihnen ihr Vorhaben gelang, brauchte der Totengrber meine berreste nicht weit zu tragen. Ich hoffte, der Mann wute das zu wrdigen, falls es dazu kam, und er behielt mich in guter Erinnerung.Ich sprte den Stiel der Waffe zwischen den Fingern und wollte gerade eine gnstige Gefechtsposition einnehmen, als ich einen Sto zwischen die Schulterbltter bekam, da ich dachte, mir kommt vorne was aus der Brust herausgeflogen.Der Zombie in meinem Rcken war schneller gewesen, als ich ausgerechnet hatte. Er hatte mich getroffen.Ich flog den anderen Untoten frmlich in die Arme hinein.Zum Glck wollte jeder mich packen, und auerdem drngten sie gerade zur Tr herein.Ich kriegte zwar ein paar harte Pffe ab, und ich hrte auch, wie meine Jacke zu knirschen begann, aber um meinen Hals legte sich keine Totenhand.Von mir aus sollte die Jacke zum Teufel gehen, Hauptsache, ich blieb einigermaen in einem Stck.Ich prallte mit der Schulter frmlich in einen Untoten hinein. Im herumzuckenden Licht meiner Taschenlampe kriegte ich mit, wie er rcklings ber den Flur segelte und gegen die gegenberliegende Wand krachte, da der ganze Bau verhalten drhnte.Ein lebender Mensch htte sich dabei das Rckgrat gebrochen. Der Untote rappelte sich jedoch behend wieder auf und strzte sich mit flatterndem Totenhemd ins Getmmel.Die ganze grausige Mannschaft war aus der eigentlichen Leichenhalle gekommen, das war mir klar. Und das bewies auch, da dort etliche Steinmonsterkpfe in diverse Srge geschmuggelt worden waren. Wie krzlich schon mal.Wie die Untoten allerdings lautlos aus den Srgen gekommen waren, gab mir Rtsel auf. Es sei denn, die waren schon vor meinem Erscheinen aus den Totenkisten gestiegen und hatten in endloser Geduld auf mich gewartet.Und nichtsahnend war ich hier hereingetappt und ihnen in die Falle gegangen.Ich brllte pltzlich auf. Ein Schraubstock hatte meinen rechten Arm zu packen bekommen. Zumindest empfand ich solche Schmerzen.Ich ri meinen Arm frei. Ein Zombie prallte gegen mich. Eine Frau, wie ich an den Ausbuchtungen des Totenhemdes feststellen konnte. Sie hatte Krfte wie zehn Mnner. Das war die dmonische Macht, mit der Dracula mittels der Monsterfratzen sie beseelt hatte.Der mrderische Griff verstrkte sich. Ich frchtete schon, mir wrden die Knochen brechen wie mrbes Brot.Klar, in der rechten Hand hielt ich die Tragetasche und den Griff des Drei-Klingen-Beils. Die Untoten schienen zu spren, welche Krfte in der Waffe schlummerten. Unter allen Umstnden wollten sie verhindern, da ich die Waffe einsetzte.Ich flog von dem Anprall gegen den Trstock, kassierte zwei mchtige Hiebe, die mir fast den Kopf von den Achseln rissen, und erwischte auch noch einen Tritt gegen das Schienbein.Zwei Zombies rannten blindlings gegen mich an. Sie versuchten, mich von der Tr wegzubringen. Tiefer in den Raum hinein, aus dem es fr mich kein Entweichen gab.Ich konnte den Ansturm gar nicht richtig abfangen und torkelte rckwrts. Wahrscheinlich wre ich auf den Rcken gestrzt, wenn ich nicht pltzlich so halb auf dem Schreibtisch des Friedhofswrters gesessen htte.Ohne lange zu berlegen, verlngerte ich die unfreiwillige Landung, rollte ber den Schreibtisch wie ein Sack Kartoffeln und plumpste auch so auf der anderen Seite hinunter. Aber wenigstens hatte ich fr den Augenblick Luft.Und das war eine ganze Menge.Geistesgegenwrtig knipste ich die Taschenlampe aus, weil ich annahm, die Untoten knnten mich nun nicht mehr sehen und htten Mhe, mich zu finden.Ich hrte sie dafr. Mit den nackten Fen tappten sie ganz schn laut herum. Auerdem waren sie sich stndig selber im Weg, und die Totenhemden knisterten, da mir ganz anders wurde.Ich bekam Assoziationen und dachte an einen Ball im Leichenhaus. Dracula hatte nur vergessen, die Musik zu bestellen.Ich fummelte den Krif aus der Tasche, fdelte die Trageschlaufen der Tasche in meinen Hosengrtel und wappnete mich fr den Ausbruch. Die Tasche mit dem Inhalt wollte ich keinesfalls im Stich lassen.Die Rechnung hatte ich mal wieder falsch zusammengezhlt. Die Untoten kriegten ein anderes Ergebnis heraus als ich, sie schienen mich zu sehen, denn anders konnte ich mir nicht erklren, da sie ber den Schreibtisch stiegen.Das Mbelstck chzte bedenklich. Ich war mit einem gewaltigen Sprung hinten an der Wand und schaltete die Lampe wieder ein.Zwei Untote waren schon auf meiner Seite. Zwei standen auf dem Schreibtisch. Die anderen kamen drum herum.Mir richtete es die Haare auf. Die rettende Tr war weiter entfernt denn je.Wenn jetzt der Krif versagte, wenn irgend etwas Unvorhergesehenes passierte, tat ich meinen letzten Schnaufer.Ich dachte an Miriam, die Hexe. Ich mte ganz fest an die Macht des Krif glauben, hatte sie mir auf die Seele gebunden. Ich drfte nicht zweifeln.Das war eine lbliche Empfehlung, aber Miriam hatte bestimmt nicht bedacht, da mich eine Gruppe Untoter in die Zange nehmen knnte. Da hrt die klare berlegung auf, da will man die nackte Haut retten und sonst nichts.Die Zombies gaben jetzt eigenartige Laute von sich. Es klang wie Kindergreinen, aber viel zorniger.Das hatte ich schon mal gehrt. Deshalb kippte ich vor Schreck auch nicht aus den Schuhen. Totenstimmen hren sich frchterlich an. Man denkt, man mte darber den Verstand verlieren.Und vor allem rechnet man ja nicht damit, da Untote sich irgendwie uern knnen.Aber sie knnen es, leider.Und meine Angreifer drckten Zorn und Wut und rger mit ihrem schaurigen Chorgesang aus. Ich machte ihnen Arbeit. Damit hatten sie offensichtlich nicht gerechnet.Die Frau, die mich schon am Arm zu packen bekommen hatte, sprang mich mit einem entsetzlichen Geheul an. Wei der Teufel, ich glaube, meine Hand zitterte ganz lieblich. Darum verfehlte ich auch die grliche Monsterfratze, die sich auf geisterhafte Weise ber ihren Kopf gestlpt hatte.Eine Klinge des Krif fuhr ihr in die Achsel.Ich hatte es fast erwartet, und doch traf mich der Anblick wie ein Hammerschlag in den Magen. Aus der Wunde spritzte schwarzes Blut!Ich schnellte mich beiseite, um nicht davon getroffen zu werden.Schwarzes Blut ist pures Gift fr einen Lebenden. Es kann ihn zerfressen bei lebendigem Leib. Es kann ihn auch verwandeln, so da er zu einem Geschpf der dsteren Welten jenseits unseres Lebens wird. Es vermag auch eine reiende Bestie aus ihm zu machen oder ein Gerippe, da herumwandelt und mit seinem Geklapper die Leute zu Tode ngstigt.Ich verzichtete gern auf diese vielfltigen Mglichkeiten.Ein Zombie-Mann sauste gerade in meine Richtung. Ich versuchte ihn mit dem Lampenstrahl zu blenden. Selbst das funktionierte nicht. Mit einem weiteren Satz brachte ich mich noch einmal in relative Sicherheit. Relativ insofern, als mich der Untote nicht sofort zu einem Putzlumpen zerpflcken konnte. Seine vorschnellenden Hnde stieen ins Leere.Ich streifte ihn mit dem Krif auch nur, aber ich hatte die Genugtuung, da ich die mit schwarzem Blut beschmierte Klinge an seinem Totenhemd abwischte.Er greinte, da mir die Ohren weh taten. Und die anderen fielen in den entsetzlichen Chor wieder ein.Nur die Frau nicht. Sie sank gerade zu Boden. Ich hatte sie anscheinend doch schwerer getroffen, als es zunchst aussah. Aus der Wunde spritzte es nicht mehr. Aber der Boden war na und bestimmt auch glitschig.Darauf mute ich besonders achten.Ich hob den Krif, als ich nun wirklich in der uersten Ecke eingekeilt war und in keine Richtung mehr ausbrechen konnte.Die anrckende Front lie meinen Magen hochschnellen. Die Monsterfratzen waren ein Bild des Grauens, die Stimmen klangen zum Steinerbarmen, und die Absichten der Untoten waren eindeutig.Ich stie mich von der Wand ab, sprang den Gestalten entgegen und schlug zu.Dieser Hieb war ein voller Treffer. Das Drei-Klingen-Beil sauste auf einen Monsterschdel nieder.Es klang, als wrde Stein zerspringen. Die schauderhafte Fratze zerplatzte in tausend Stcke, die eiserne Klinge drang noch tiefer und erreichte den eigentlichen Schdel des Untoten.Wie vom Blitz gefllt strzte die Gestalt nieder.Der entsetzliche Chorgesang brach ab. Ich schtzte, da die Untoten mchtig verblfft waren. Lange hielt dieser vorteilhafte Zustand leider nicht an.Bevor ich mich ber meinen Erfolg richtig freuen konnte und auf gedanklichem Weg einen heien Hndedruck an Miriam schickte, strzten sich die brigen Zombies mit geisterhaftem Wutgeheul auf mich.Jetzt war mir alles gleichgltig. Jetzt kam auch Piett nicht mehr in Betracht. Ich kmpfte ums Leben.Mit dem nchsten Hieb fllte ich einen Zombie-Mann, der nach seinen runzeligen Beinen zu schlieen siebzig oder mehr Jahre zu Lebzeiten auf dem Buckel gehabt hatte.Als die Monsterfratze wie eine Maske von seinem Gesicht wegplatzte, kam darunter ein altes runzeliges Mnnergesicht zum Vorschein, ber dem ein Schimmer von Frieden lag.Ich htte in diesem Augenblick Dracula liebend gern den Hals umgedreht. Es war schier unvorstellbar, was er den Toten angetan hatte.Aber wann htten ihn je Skrupel geplagt? Er wollte sich wieder eine Gefolgschaft schaffen, nachdem ich ihm seine erste gewaltig dezimiert hatte. Und er nahm, was er kriegen konnte. Junge, Alte, Mnner, Frauen, Hauptsache, er konnte sie zu untotem Leben erwecken und fr seine finsteren Rnke einspannen.Besonders deprimierend war, da ihm Woods wacker dabei half. Die zwei klebten ja inzwischen zusammen wie Pech und Schwefel. Falls dem einen eine Schlechtigkeit gerade nicht einfiel, hatte bestimmt der andere eine parat.Drei Untote hatte ich bereits in Tote zurckverwandelt. Das gab mir Luft. Ich konnte mich besser bewegen.Die Treffer mit dem Krif allein machten den Erfolg nicht aus. Denn ein Geschpf, das bereits tot ist, kann man nicht noch einmal tten. Es widerspricht sogar der dmonischen Logik, obwohl die alles andere als logisch ist.Teuflisch ist vielleicht der treffendere Ausdruck.Nein, was meinen Erfolg ausmachte, waren die Krfte des Guten, die in den Krif gebannt waren. Seit jenen grauen Tagen der Vorzeit, als die Vter der Druiden und die guten Gtter gegen die Heerscharen des Bsen gekmpft und gesiegt hatten.So gesehen war der Krif eine magische Waffe. Blo sah man es ihm nicht an. Weder auf den ersten noch auf den zweiten Blick. Er wirkte eher wie ein fast vorsintflutliches und etwas absonderliches Kriegsbeil, an dem sich ein prhistorischer Schmied mit knstlerischer Ader und mchtiger Freude am Gestalten ausgetobt hatte.Barbara, der Vorzimmerdrachen vom Chef, hatte die Waffe ja auch auf Anhieb fr ein Kriegsbeil gehalten und mit spitzen Bemerkungen mein Zartgefhl verletzt.Die drei Klingen in einer Ebene hatten einen wichtigeren Zweck, als nur als Schlaginstrument zu dienen. Ich schtzte, jede Klinge stellte fr sich ein ganz bestimmtes Symbol dar, obschon sie sich nicht voneinander unterschieden. Und alle drei zusammen machten die magische Wirkung aus.In dieser Richtung hatte ich bei Miriam schon auf dem Busch geklopft, aber die Hexe hatte geschwiegen wie eine frische Auster. Dieses Geheimnis hatte sie mir nicht anvertraut.Vielleicht war es auch eines der Mysterien vom Hexenstein von Llanwellyn.Mir war in erster Linie ntzlich, da der Krif seine Wirkung tat und die Erwartungen erfllte, die ich in ihn setzte.Ich fllte mit einem genau gezirkelten Schlag den Zombie, der mir den mrderischen Sto ins Kreuz verpat hatte.Die Steinfratze zerspritzte frmlich. Darunter kam ein entstelltes Gesicht zum Vorschein. Ein Unfallopfer, wie ich unschwer erkannte.Whrend ich den Untoten den Preis fr mein Leben diktierte, machte ich eine Entdeckung. Nur die Zombie-Frau, der ich den Krif in die Achsel geschmettert hatte, hatte geblutet.Die anderen hatten nicht einen Tropfen Schwarzblut vergossen.Es mute damit zu tun haben, da ich auf die bergestlpten Steinfratzen zielte und die auch traf.Zwei Hiebe waren tiefer gegangen, wie ich im Lampenschein sah. Die Schdel zeigten eindeutige Spuren. Aber dort sickerte kein Blut heraus. Was mir bewies, da die Untoten wirklich nur noch Tote waren und da Dracula und sein Zauber keine Macht mehr ber die Leichen hatten.Drei Untote standen mir noch gegenber. Wobei das eine milde Untertreibung ist. Sie standen nmlich nicht, sondern hechteten frmlich auf mich los.Einen traf ich noch im Flug auf den Kopf.Er fiel mir genau vor die Fe, sein hageres Gesicht zu mir emporgewendet, nachdem die Fratze zerbrochen war.Die anderen zwei packten mich. Und wie! Ich frchtete, mir wrde die Seele aus dem Leib fahren, so hart krachten sie gegen mich und keilten mich fest.Ich versuchte, von oben mit dem Krif auf sie einzuschlagen. Aber sie hatten die Gefahr erkannt. Sie packten beide meinen erhobenen rechten Arm und quetschten ihn gegen die Wand.Ich konnte gerade noch die Hand bewegen. Aber lange bestimmt nicht mehr. Meine Rippen knackten schon verdchtig, und der mrderische Druck gegen meinen Krper verstrkte sich. Die Zombies verfgten ber Titanenkrfte. An mir lieen sie sie aus.Ich brachte den Krif in eine halbwegs erfolgversprechende Stellung, ffnete die Hand und lie die Waffe einfach fallen.Ich hatte Glck, einer der Untoten nicht. Er kriegte den Krif auf die Birne.Mit einem scheppernden Ton zersprang die Monstermaske, und der Zombie sackte zusammen. Und damit war es auch vorbei mit dem Zombie-Dasein. Ein toter junger Mann lag vor mir.Der letzte Zombie hatte sich in mich frmlich verkrallt. Mit einer Hand drckte er immer noch meinen Arm hoch oben gegen die Wand, er hatte noch gar nicht begriffen, da er damit nichts mehr erreichte. Mit der anderen Hand umfate er meinen Hals.Er war im Begriff, mir den Kehlkopf einzudrcken.Himmel, ich kam an den Krif nicht heran! Der lag auf dem Boden.Bevor mir der Atem so knapp wurde, da ich gar nichts mehr an Gegenwehr zu bieten hatte, versuchte ich eine Finte und wollte blitzschnell wegtauchen.Fast htte ich mir selber den Kopf ausgerenkt. Ich hatte das schmerzliche Gefhl, da mein Hals aufs Doppelte der ursprnglichen Lnge gezogen wurde.Verzweifelt ri ich das rechte Knie hoch. Es ntzte auch nichts. Der Zombie empfand keine krperlichen Schmerzen.Ich lehnte mich ganz dicht an die Wand, brachte wieder das rechte Knie hoch und stemmte es mit viel Glck zwischen den Untoten und mich.Jetzt gelang es mir, ihn etwas auf Distanz zu drcken.Gleichzeitig ri ich den festgepreten rechten Arm an der Wand herab. Ich opferte eine Menge Haut, aber der Zombie lie los und suchte eine neue Chance.Bevor er die fand, entlud sich meine Angst und mein Zorn fast explosionsartig. Ich konnte den Zombie endlich fast zwei Schritte weit zurckschleudern. Noch lieber htte ich es gesehen, wenn er auf den Hintern gefallen wre.Keuchend rang ich nach Atem, griff mit der linken Hand, in der ich die Taschenlampe hielt, nach meinem Kehlkopf und sprte unter dem Daumen, da mein Kehlkopf noch intakt war. Zugleich rutschte ich an der Wand herab wie ein Bild ohne Haltehaken.Ich bekam den Krif eher zu fassen, als der Zombie zur Stelle war.Von unten heraus wehrte ich seinen blitzschnellen Angriff ab, traf aber seinen linken Arm. Genau in dem Sekundenbruchteil, als seine Hand in meine Jacke auf dem Rcken packte und ihr vollends den Garaus machte.Ich hrte die Nhte aufkrachen.Mit einem verzweifelten Ruck schnellte ich mich aus dem Bereich des spritzenden schwarzen Blutes. Ich hatte den Arm glatt durchtrennt.Der Untote verschwendete nicht einmal einen Blick an den verstmmelten Arm. Er warf sich nach vorn. Er wollte mich unter sich begraben und noch tten, bevor ihn die magische Kraft des Krif zurckstie in den Zustand des Toten.Instinktiv begriff ich sein Vorhaben. Ich fand irgendwo Halt fr meine Fe, stie mich ab und kam gerade noch unter ihm weg, bevor er mit seinem ganzen Gewicht auf mich krachte.Keuchend blieb ich liegen. Ich mute erst mal mit dem schrecklichen Erlebnis fertig werden.Als es mir einigermaen besserging, lauschte ich, ob da nicht noch andere Untote im Anmarsch waren.Aber ich konnte nichts vernehmen.chzend richtete ich mich auf. Und erstarrte: Etwas baumelte auf meinem Rcken!Mir lief es eiskalt herauf und hinunter. Die Hand!Ich hatte Hand und einen Teil vom Unterarm dem Zombie abgetrennt, und die Hand hatte sich in meine Jacke gekrallt gehabt in diesem Moment.Mit einem Ruck hatte ich die Jacke herunter, als sei sie in Brand geraten.Und noch schneller langte ich mit dem Krif zu. Die Hand hatte sich wahrhaftig wie ein Stahlhaken in den Jackenstoff geklammert. Sie fiel unter der Berhrung des Krif auf den Boden.Im Schein der Taschenlampe machte ich Inventur. Das nackte Grausen kam mich an. Sieben Untote waren auf der Strecke geblieben. Zwei trugen noch die Monsterfratze. Was bedeutete, da sie wieder zu untotem Leben erwachen konnten, sobald es Dracula gefiel oder wenn sein Zauber wieder stark genug war.Die Steinfratzen waren das Geheimnis. Die mute ich zerstren, dann war auch das bse Bann gebrochen.Ich zertrmmerte die Monstermaske des Zombies, der mich zuletzt angegriffen hatte. Danach zerstrte ich die Maske der Frau, der ich die Waffe in die Achsel geschmettert hatte.Sie war jung gewesen und jung gestorben, das sah ich jetzt. Sie dauerte mich. Ebenso wie die anderen, die hier im Raum lagen.Doch fr Besinnlichkeiten hatte ich keine Zeit.Ich mute erst einmal sehen, ob in der Leichenhalle nicht noch weitere unangenehme berraschungen warteten.Die Liste steckte ich vorsichtshalber ein, und beim Verlassen des Raumes, in dem ich verbissen und mit Glck mein Leben verteidigt hatte, pate ich auf, da ich nicht in d


Recommended