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Der Dokumentarfilm ab 27. JULI 2016 22:45 Uhr DasErste.de
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Der Dokumentarfilmab 27. JULI 2016

22:45 Uhr

DasErste.de

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Der DokumentarfilmDeutschland 2016

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Dokumentarfilm im ErstenDokumentarfilm im Ersten

VORBEMERKUNG Seite 6

SCHATTENWELT BND – WIEVIEL GEHEIMDIENST BRAUCHT DEUTSCHLAND? Seite 7Film von Rainald Becker und Christian H. Schulz Sendung am 27. Juli 2016, 22:45 Uhr, Das Erste (Erstausstrahlung am 19. Juli 2016, 20:15 Uhr auf Arte)

PRINZ HOLLYWOOD – FREDERIC VON ANHALT Seite 11Film von Nicola GraefSendung am 17. August 2016, 22:45 Uhr, Das Erste

RITTERBLUT – VERLIEBT IN EINEN KNACKI Seite 15Film von Sigrid Faltin Sendung am 31. August 2016, 22:45 Uhr, Das Erste

LEBEN AM LIMIT: EXTREMSPORTLER Seite 19Film von Sascha Köllnreitner Sendung am 7. September 2016, 22:45 Uhr, Das Erste

IMPRESSUM/PRESSEKONTAKT Seite 24

INHALT

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Martina Zöllner, Leitung HA Film und Kultur

Dokumentarfilme sind Unikate, das Gegenteil von Formatfernsehen. Jeder Dokumentarfilm hat seine eigene, dem Inhalt angemessene Form und Erzählweise und Ästhetik. Auch in diesem Jahr sind die Dokumentarfilme, die der SWR ins Erste bringt, höchst unterschiedlich – reichen von einer emotionalen Langzeitbeobachtung („Ritterblut – Verliebt in einen Knacki“) über das retrospektive Porträt („Prinz Hollywood“) bis hin zur produktions­technisch aufwändigen Beobachtung – hier des Abenteuers Extremsport („Leben am Limit“).

Dokumentarfilme haben Spielfilmlänge; sie nehmen sich Zeit, spannen erzählerisch einen großen Bogen: über ein Leben, über menschliche Be­ziehungen und Verflechtungen – oder ein Stück bundesdeutsche Zeitge­schichte, wie „Schattenwelt BND“. Sie sind einerseits ganz der Realität verpflichtet, andererseits auch Kunstwerke, die die Realität mit filmischen Mitteln interpretieren. Dokumentarfilm ist mindestens so sehr Ausdruck wie Mitteilung.

Seit vielen Jahren bringt der SWR im Jahr mindestens acht Dokumentarfil­me ins Erste, auch 2016, in diesem Sommer sind es vier, die wir Ihnen nach­folgend vorstellen möchten. Uns ist die Pflege des Genres Dokumentarfilm wichtig. Warum? Weil wir es neben aller journalistisch­aktuellen Bericht­ erstattung auch als öffentlich­rechtliche Kernaufgabe verstehen, die Zu­schauer zu einem anderen, aktiveren Sehen zu verführen. Sich einlassen, sich Zeit lassen, sich seine eigenen Gedanken machen, sich einer Atmo­sphäre, einer Geschichte zu überlassen, sich bewegen lassen. Und immer: etwas zu lernen, über unsere Gegenwart, unsere Geschichte, über Menschen. Wer nicht wegzappt, kann all das von diesen Dokumentar­ filmen haben.

VORBEMERKUNG

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Dokumentarfilm im Ersten

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INHALT

Es ist eine gigantische Geheimbehörde, ein Dienst, der vollkommen im Verborgenen operiert: der Bundesnach­richtendienst (BND). Er setzt tausende Beamte mit fal­schen Namen und falschen Pässen ein, um an fremde Staatsgeheimnisse zu kommen und an Informationen, die in keiner Zeitung zu lesen sind: Wie kämpft der Islamische Staat? Was sind Putins Pläne? Was kommt als Nächstes auf Deutschland zu? Solche Fragen sollen

die Agenten für das Kanzleramt beantworten. Ihre Auf­klärungsaufträge erhalten sie aus dem Verteidigungs­ministerium, aus dem Auswärtigen Amt oder aus anderen Ministerien. Die Spione sind der sechste Sinn der Regierung.

Doch der BND steckt tief in einer Vertrauenskrise. Ein Ab hörskandal nach dem anderen erschüttert den

SCHATTENWELT BND – WIEVIEL GEHEIMDIENST BRAUCHT DEUTSCHLAND?Ein Film von Rainald Becker und Christian H. Schulz

Dienstag, 27. Juli 2016 um 22:45 Uhr im Ersten (Erstausstrahlung, 19. Juli 2016 um 20:15 Uhr auf Arte)

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Dienst. Nichts und niemand scheint vor der Neugier der Spione sicher zu sein: Ohne jeden Anlass wurden Emails und Telefonate deutscher Bürger überwacht. Die deutschen Agenten haben ihren US­Kollegen von der NSA geholfen, Firmen in Deutschland auszuspä­hen, sie haben Hillary Clinton und Kofi Annan abgehört und sogar vor deutschen Diplomaten nicht halt ge­macht. Ist der Dienst aus dem Ruder gelaufen?

Gerade erst musste Präsident Gerhard Schindler seinen Posten räumen. Wurde er geschasst, weil der BND Feh­ler machte oder ist er in Ungnade gefallen, weil er mehr Transparenz versprach? Gerhard Schindler war der ers­te BND­Präsident, der zugab, dass sein Dienst zu weit gegangen ist. In einem Exklusivinterview für diesen Film sagt Schindler: „Ich finde, die Diskussion über den Bundesnachrichtendienst, die zur Zeit in breiter Masse stattfindet, über seine Befugnisse, aber auch über sei­ne Grenzen, ist längst überfällig.(…) Ich finde, eine effi­ziente Kontrolle schadet uns nicht, sondern sie nutzt uns.“

Musste Schindler wegen solcher Bekenntnisse gehen? Wenige Wochen nach diesem Interview wird er vom Kanzleramt gezwungen, sein Amt aufzugeben. Den Autoren Rainald Becker und Christian H. Schulz ist es gelungen, Gerhard Schindler nach seiner Entlassung noch einmal zu sprechen. Die Autoren interviewen auch Peter Altmaier, den Chef des Bundeskanzler­amtes. Ihr Film geht der Frage nach: Wer bändigt die­

sen Spionagebetrieb mit seinen gewaltigen Abhöran­lagen und seinem Datenhunger?

Einige wenige Bundestagsabgeordnete sollen den Ge­heimdienst kontrollieren und prüfen, ob sich die deut­schen Spione an das Grundgesetz halten. In „Schatten­welt BND“ bekennen die Parlamentarier offen wie nie zuvor, dass die Mission der Kontrolleure gescheitert ist. Hans Christian Ströbele (B’90 / Grüne), räumt im Inter­view ein: „Ich bin jetzt seit 16 Jahren dienstältestes Mit­glied in dem parlamentarischen Kontrollgremium. Ich habe auch an dem Gesetz für das Kontrollgremium mit­gewirkt und muss ganz klar sagen: nein. Wir können die Geheimdienste – die können wir nicht kontrollieren.“

Das Problem: Die Abgeordneten können nur Unterla­gen prüfen, die der BND ihnen zur Verfügung stellt. Sie haben keinen Anspruch auf volle Akteneinsicht. Was dem BND zu heiß ist, kann er also jederzeit zurückhal­ten. Und wenn der Dienst falsch informiert oder lügt, hat das Parlament keine Handhabe dagegen. Wie soll da eine Kontrolle möglich sein?

Was leistet der BND? Welche Rolle spielt er für die Politik und wo sollen die Grenzen für den Geheimdienst sein? Diesen Fragen gehen die Autoren nach und erhalten spannende Antworten.

Eine Produktion der Ventana­Film Berlin in Koproduk­tion mit SWR, RBB, DW, in Zusammenarbeit mit Arte

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Dokumentarfilm im Ersten

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Aktualität scheint unter Dokumentarfilmern ein Reiz­wort zu sein. Wenn ich das A­Wort in Gegenwart ge­standener Dokumentaristen ausspreche, werde ich an­geschaut, als hätte ich etwas Unanständiges gesagt. Schließlich wollen sie doch nicht Ereignissen hinterher hecheln, sondern hinter die Kulissen schauen, mit dem zweiten Blick, ausgeruhter und tiefgründiger als die Kollegen von den Nachrichten. Andererseits ist es gera­de für eine Langzeitbeobachtung gut, wenn viel pas­siert. Das gibt Drive und macht den Film dynamischer. Aber es ist anstrengend, die aktuelle Entwicklung jederzeit im Blick zu haben und das Konzept für den Film immer wieder nachzujustieren. Bei „Schattenwelt BND“ war das permanent so.

Als ich im März 2014 mit der Redaktion für den Film betraut wurde, lautete unser Arbeitstitel noch „Opera­tion Umzug – Der BND erfindet sich neu“. 28 Monate später wird der Film gesendet, aber der BND ist immer noch nicht von Pullach nach Berlin umgezogen. Diese Dynamik war ungefähr so groß wie beim Bau des neu­en Berliner Flughafens. Der Umzug musste also für den Film immer unbedeutender werden.

Umso spannender waren dagegen die Entwicklungen in der Weltpolitik. Sie überschlugen sich: Russische Soldaten marschierten auf der Krimhalbinsel ein. Das Auftreten von Präsident Putin und die Reaktionen aus dem Westen lassen plötzlich einen neuen Kalten Krieg befürchten. Seit 2015 hält eine ungeahnte Flüchtlings­welle Europa in Atem. Und der BND? Ein Skandal nach dem anderen erschüttert den Auslandsgeheimdienst. Enthüllung folgt auf Enthüllung. Immer mehr Geset­ zesübertretungen kommen an die Öffentlichkeit. Der Geheimdienst gerät ins grelle Rampenlicht der Nach­richten und ins Kreuzfeuer seiner Kritiker. Als bekannt wird, dass der Dienst sogar einen deutschen Diplo­maten abhörte, wächst der Druck. Der „Spiegel“ sieht

den BND in seiner tiefsten Krise. Und dann, Monate spä ter – der Film war gerade fertig, wir wollten noch ein paar Einzelheiten im Manuskript besprechen – platzt die Bombe: BND­Präsident Gerhard Schindler wird abberufen.

Für diesen Film mussten wir auf die aktuellen Ereig­nisse eingehen, aber eben immer mit der Tiefenschärfe der Dokumentaristen. Wir waren gezwungen, schnell zu reagieren, immer wieder zu aktualisieren und gleichzeitig mehr Analyse und beständigen Hinter­grund zu liefern als die vielen Nachrichten­ und Magazinberichte.

Gerhard Schindler ist Hauptprotagonist des Films und hatte uns bereits zwei Exklusivinterviews gegeben. Das ist schon ungewöhnlich für einen Geheimdienstchef. Aber jetzt brauchten wir auch noch ein Drittes. Würde der Ex­BND­Präsident kurz nach seiner Abberufung ein drittes Mal vor unsere Kamera gehen? Und der Mann, der ihn entlassen hat, Peter Altmaier, Chef des Bundes­kanzleramtes? Auch er musste jetzt noch ein zweites Mal vor unsere Kamera. Das waren wir der Aktualität des Films und unserem journalistischen Anspruch schuldig. Und es hat tatsächlich geklappt.

Die Leistung, einen politisch aktuellen Dokumentar­film über einen Geheimdienst zu drehen, der gerade an vielen Fronten kämpft – diese Leistung haben die Auto­ren erbracht: Rainald Becker, der Geheimdienstexperte der ARD und Christian H. Schulz, ein ausgezeichneter Dokumentarfilmer. Den beiden und ihrem Produzen­ten Hans Robert Eisenhauer ist es gelungen, mit der Ausdauer der Dokumentaristen und der Schärfe kriti­scher Journalisten mehr über den Geheimdienst her­auszufinden, als ihm lieb ist und aufzudecken, warum es so schwierig ist, den BND zu kontrollieren.

DER DOKUMENTARFILM UND DIE AKTUALITÄT

Redakteur Thomas Reutter (SWR) über den Film

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RAINALD BECKER

Rainald Becker ist ARD­Chefredakteur sowie ARD­Koordinator Politik, Gesellschaft und Kultur. Seit 2009 ist Becker (55) der Geheimdienst­ und Terrorismusexperte der ARD. Den Zuschauerinnen und Zuschauern ist er unter ande­rem als einer der Moderatoren des „Bericht aus Berlin“ und akzentuierter Kommentator in den „Tagesthemen“ bekannt. Becker begann seine Karriere 1982 als Fernsehjournalist beim WDR und wechselte 1986 als Innen­politikredakteur zum damaligen SDR nach Stuttgart. Ab 1990 arbeitete er in der Auslandsredaktion des SDR, ab 1993 als leitender Redakteur und Moderator. Von 1995 bis 1999 war er stellvertretender Leiter der Weltspiegelre­daktion in Stuttgart. Von 1999 bis 2006 arbeitete Rainald Becker als Fernsehkorrespondent im ARD­Hauptstadt­studio Berlin, bevor er als stellvertretender Abteilungsleiter Fernsehen Ausland und Europa sowie Leiter der Redaktion Welt spiegel zum SWR zurückkehrte. Ab 2009 arbeitete Becker als stellvertretender Chefredakteur Fernsehen im ARD Hauptstadtstudio Berlin.

CHRISTIAN H. SCHULZ

Christian H. Schulz ist seit über 20 Jahren freier Journalist und Filmemacher. Der studierte Slawist arbeitete von 1997 bis 2000 als Korrespondent in Moskau für verschiedene TV­Sender. Seitdem hat er als Autor und Regisseur über 50 lange Filme (Reportagen, Dokumentationen, Doku­Dramen) vorwiegend für ARD, Arte, ZDF, RTL, NatGeo u. a. realisiert. Schwerpunkte seiner Arbeiten sind Themen aus DDR­ und bundesdeutscher Zeitgeschichte und Zeitgeschehen sowie aus Osteuropa und der ehemaligen Sowjetunion. 2006 wurde er für den Grimmepreis nomi­niert.

VENTANA FILM GMBH

Die Ventana Film­und Fernsehproduktionsgesellschaft von Robert Eisenhauer und Theo Baltz produziert Doku­mentarfilme für nationale und internationale Fernsehsender und fürs Kino. Hans Robert Eisenhauer arbeitete bis 2005 als Stellvertretender Programmdirektor bei Arte, anschließend bis 2011 beim ZDF. Für mehr als 60 große internationale Dokumentarfilme war er als Executive Producer tätig. Zu den von ihm produzierten Dokumentar­filmen gehört der vielfach ausgezeichnete Film „Homs – Ein zerstörter Traum“ (OT: „Return to Homs“) des syrischen Regisseurs Talal Derki.

STAB

Autoren Rainald Becker Christian H. SchulzFachberater Erich Schmidt-EenboomKamera Frank Lehmann Sebastian HattopTon Oliver LumpeSchnitt Martin SchröderSprecher Jörg Hartmann

Produzent Hans Robert Eisenhauer Produktion Ventana Film Berlin in Koproduktion mit SWR (federführend), RBB und DW in Zusammenarbeit mit ArteRedaktion Simone Reuter (SWR) Thomas Reutter (SWR) Gabriele Conrad (RBB) Hans-Christian Ostermann (DW)

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Dokumentarfilm im Ersten

INHALT

„Ich wollte mir einen echten Hollywood­Star angeln“. Mit dieser Absicht machte sich Prinz Frederic vor mehr als 30 Jahren auf den Weg nach Amerika. Heute lebt er seinen Traum im feinen Bel Air, in einem Anwesen, das immer noch der Geist des alten Hollywood um­weht. Frederic von Anhalt sucht immer wieder das grelle Scheinwerferlicht. Was aber viele nicht wissen: Nacht für Nacht pflegt er seine schwerkranke Frau

Zsa Zsa Gabor und dreht sie alle zwei Stunden, gibt ihr zu trinken, ist für sie da.

Der Weg nach Hollywood war weit. Doch Hans­Robert Lichtenberg, so sein Geburtsname, wollte er es allen zeigen. Als eines von fünf Kindern einer nicht gerade wohlhabenden Familie aus Wallhausen im Hunsrück musste er mit anpacken: Um 4 Uhr morgens aufste­

PRINZ HOLLYWOODFREDERIC VON ANHALTEin Film von Nicola Graef

Dienstag, 17. August 2016 um 22:45 Uhr im Ersten

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hen, los auf den familieneigenen Weinberg, um pünkt­lich um 7 Uhr zum Gottesdienst in der Kirche zu sein. Als ihn seine Eltern nach der Schule zu einer Kondito­renausbildung zwingen, fasst er einen Entschluss: „Ich habe mir gesagt, irgendwann kommst du aus der Nummer raus und dann machst du es besser, dann willst du allen zeigen, dass du besser bist. Du wirst dann mehr Geld verdienen wie dein Vater, du wirst ein größeres Auto fahren wie dein Vater, du wirst mehr Macht haben wie dein Vater und mehr Macht wie alle anderen Kinder.“

Hans­Robert Lichtenberg ist sehr geschäftstüchtig, er­öffnet eine Sauna­Kette, kommt zu Geld und macht sich auf den Weg in die Münchner Schickeria. „Ich hoff­te, dass ich dort anerkannt werde, dass man mich be­wundert.“ Durch den Titelverkäufer Consul Weyer ver­schafft er sich einen neuen Namen und einen Adelstitel. Hans­Robert Lichtenberg heißt ab sofort Frederic von Anhalt. Das klingt nach was, damit kann man auch in Amerika Karriere machen. In einem Land, in dem Roy­als, die man selbst nicht hat, verehrt werden. Genau diesen Plan verfolgt der neue Prinz und schafft es schneller, als er sich das je hat träumen lassen: „Ich quartierte mich im besten Hotel in Beverly Hills ein, fragte, wo die wichtigste Party des Abends stattfinden würde. Da ich ja keine Einladung hatte und niemanden kannte, stattete ich mich mit Bodyguard, Fahrer, Uni­form und Rolls Royce aus. Das Spiel begann. Ich fuhr an dem Haus von Sydney Sheldon vor und ich wurde durchgewunken. Wenig später stand ich neben Zsa Zsa Gabor, die mich gleich als ihren guten Freund aus Deutschland vorstellte. Ich hatte sie nie zuvor gesehen. Gut, dachte ich, wenn das hier so funktioniert, dann spiele ich eben mit. Am nächsten Tag rief sie mich im Hotel an und fragte mich, ob ich nicht zu ihr ins Haus in Bel Air kommen wolle. Das war der Beginn unserer Be­ziehung. Vier Jahre lang legte sie mir die Welt zu Füßen. Ich traf alle Hollywoodstars, ich war beim amerikani­schen Präsidenten zuhause. Ich hatte es geschafft.“

Die beiden erlebten zusammen als Paar die absurdes­ten Geschichten. Beide liebten das Scheinwerferlicht, beide liebten es, der Presse das zu geben, was sie haben wollte: gute Geschichten. „Das Leben hier war einfach verrückt. Alleine die Geschichte, als Zsa Zsa einen Poli­

zisten ins Gesicht schlug, weil er sie in ihrem Auto an­hielt. Es kam zum Prozess, weil ich ihr geraten hatte, auf keinen Fall zu zahlen. Wir machen ein großes Ding aus der Sache und so kam es auch. Mit einem schicken Kostüm zog sie für ein paar Tage ins Gefängnis ein. Die Yellow Press stand Schlange vor der Polizei. 200 Men­schen, drei Tage vor dem Polizeigebäude“. Doch auch der Prinz, genauer gesagt, der falsche Prinz, ist selbst immer gut für eine Schlagzeile, ob es um seine adop­tierten Kinder geht, um Scheidung, um Affären, Pin­kelszenen – der Prinz liebt das Scheinwerferlicht – mag es noch so grell sein.

Wenn man heute nach Wallhausen fährt und nach dem Prinzen fragt, erntet man sehr viel Zurückhaltung und Skepsis. Die Menschen hier sind bodenständig, Hollywood ist weit weg. Warum aus Hans­Robert Lichtenberg Prinz Frederic von Anhalt wurde, verste­hen die wenigsten. Sein Bruder erinnert sich: „Die Wallhäuser haben auch gelacht über ihn. Ich muss sa­gen, ich habe ihn da immer bewundert, wenn ich Bil­der gesehen hab mit dem Ronny Reagan oder wie sie alle heißen.“

Frederic ist in Hollywood geblieben, auch dank seiner Heirat: „Mit Zsa Zsa Gabor ist man nicht einfach so zu­sammen. Und so wurde ich Ehemann Nummer acht. Aber ich bin am längsten dabei geblieben und werde auch der letzte Mann an ihrer Seite sein.“ Inzwischen ist die 99­jährige Zsa Zsa Gabor ein Pflegefall, der auf Betreuung rund um die Uhr angewiesen ist. Der Prinz pflegt sie seit zehn Jahren nachts, hat sich von den Ärz­ten alles erklären lassen, nimmt Blut ab, dreht sie, füt­tert sie. Dennoch lebt er sein Hollywood­Dasein mit den berühmten Stars so intensiv weiter, wie es möglich ist, jeden Abend ist er unterwegs. Doch wer ist dieser adoptierte falsche Prinz wirklich? Wer ist dieser exzen­trische und vermeintlich von der eigenen Hybris getrie­bene 72­jährige? „Hollywood ist ein absoluter Bluff“, das sagt er selbst, um direkt im nächsten Satz über sein Foto mit Julia Roberts von den Globes zu schwärmen. Wie nah liegen Ruhm und Bedeutungslosigkeit, Illusi­on und Wirklichkeit in der Traumfabrik beieinander?

Eine Produktion von Lona Media im Auftrag des SWR

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Als Regisseurin und Produzentin von Dokumentarfil­men haben mich schon immer in erster Linie Menschen interessiert. Vor allem dann, wenn ich sie zunächst nicht verstehen kann. Wenn mir ihr Tun oder ihr Wesen erst einmal fremd sind. Das betrifft Künstler genauso wie Boulevard­Figuren. Mich interessiert der Blick in die Innenwelt eines Menschen, das, was ihn wirklich ausmacht, das, was die Außenwelt nicht zu sehen bekommt.

Frederic von Anhalt fand ich immer peinlich, eigenartig, lächerlich, bisweilen bemitleidenswert. Das war der Anfang. Warum ist dieser Mann so, wie er ist? Wie funktioniert diese Boulevard­Welt, nach welchen Gesetz mäßigkeiten? Ist Frederic von Anhalt ein moder­ner Felix Krull, ist er einfach nur geschickt und schlau oder besitzt er die perfekten Marketingstrategien?

Ich wurde neugierig und schrieb ihn auf Facebook an. Ziemlich prompt antwortete er. Wir telefonierten viele Male und ich musste feststellen, dass es da noch eine ganz andere Seite gab an diesem Menschen. Eine Seite, die mit seiner Vergangenheit zu tun hatte, mit seiner Kindheit. Ich fragte ihn, ob er sich für einen Film bereit erklären würde, aber einen, der anders als alles sein würde, was er die vergangenen Jahrzehnte gemacht hatte. Ehrlich und offen. Er stimmte zu.

Unser erstes Treffen in Hollywood glich selbst einer typi­schen Hollywood­Geschichte. Er lud mich zum Essen ein in sein Stammlokal, einem Italiener am Rodeo Drive. Dort saß ich dann, bestellte Wein und Pasta, um festzu­stellen, dass außer mir alle Frauen nur Wasser tranken und eher Salat als Kohlehydrate zu sich nahmen. Neben uns saß Kevin Bacon, zwei Tische weiter Andie MacDowell. Ich war zugegebenermaßen beeindruckt. Doch die Krönung sollte noch folgen: Wenig später kam Elton John in das Lokal, mit seiner Entourage steuerte er direkt auf unseren Tisch zu, plauderte mit dem Prinzen, gab mir die Hand. Das also war Hollywood.

Erst viel später habe ich begriffen, dass es in dieser Welt immer nur darum geht, sein Gesicht zu zeigen, dass der

kurzen oberflächlichen Plauderei so gut wie nie ein tie­feres Gespräch folgt. Die Partys beginnen meist um 17 Uhr und enden selten nach 22 Uhr. Die Golden Globes waren glamourös, die Roben der Schauspielerinnen ein Traum, die Ausstrahlung der Männer famos, doch wenn die Fotos auf dem roten Teppich gemacht sind, war es das. Das Leben ist ein Job in Hollywood.

Im Laufe der Monate habe ich Frederic von Anhalt als einen Mann kennengelernt, der meist auf der Hut ist, oft misstrauisch, vorsichtig. Der mich auch mal sitzen ließ, wenn ich mit meinem Team einen Dreh verabredet hatte und er dann wieder selbst Ideen hatte, wo wir ihn begleiten könnten. Der erst nicht verstand, dass wir kei­ne Szenen stellen wollten, sondern einfach „nur dabei waren“. Doch in den Gesprächen kam es dann vor, dass er sich öffnete, von seiner schwierigen Kindheit erzähl­te, nachdenklich wurde. Ein auch einsamer Mensch. Immer auf der Suche nach einem anderen Ich.

So zeigte sich für mich erneut: Es gibt immer einen Menschen hinter dem Menschen, ob es Hollywood ist oder eine andere Welt. In jedem Leben stecken viele Welten. Man muss sie nur suchen.

ÜBER DEN FILM

Von Nicola Graef

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NICOLA GRAEF

Nach dem Studium der Germanistik, Theaterwissenschaft und Philosophie in München und Paris folgten zwei Jahre in London, um dort einen Master of Arts in Theatre Studies zu absolvieren und frei für das Studio London des ZDF und des NDR zu arbeiten. Zurück in Deutschland folgte ein Volontariat beim NDR in Hamburg. Im An­schluss arbeitete sie mehrere Jahre als Redakteurin und Reporterin im NDR Fernsehen, bei den Kulturmagazinen, den Vorabendprogrammen und schließlich bei der politischen Satiresendung extra 3. 2001 gründete sie die Film­produktion Lonamedia mit Susanne Brand. 2001 gründete Nicola Graef außerdem den Kunstraum plan b in Hamburg, ein Forum für Ausstellungen zeitgenössischer Kunst, das sie bis 2005 auch leitete. Von 2003 bis 2006 moderierte sie den 90­minütigen Live­Talk Westart am Sonntag im WDR Fernsehen. Seit vielen Jahren realisiert Nicola Graef weiterhin Projekte als Kuratorin (u. a. „Queensize“ im me Collectors Room in Berlin, 2015) und arbei­tet als Moderatorin und Autorin im Kunstbereich.

LONAMEDIA

produziert mit den Geschäftsführerinnen Susanne Brand und Nicola Graef seit über 15 Jahren Dokumentationen, Reportagen, Portraits, und Dokumentarfilme für das öffentlich­rechtliche Fernsehen, das Kino und den inter­nationalen Markt. Darunter sind 90­minütige geförderte Dokumentarfilme fürs Kino oder Fernsehdokumentar­filme, dokumentarische Reihen, Porträts großer Persönlichkeiten, historische Sujets, kulturelle Phänomene, ob gesellschaftspolitische, soziale Fragestellungen sowie Reportagen. Besonders interessiert sie sich für das, was auf den ersten Blick nicht sichtbar ist, einzigartige Schicksale, packende Ereignisse und faszinierende Menschen aus Kultur und Wissenschaft.

STAB

Regie Nicola GraefKoregie Thomas RistKamera Thomas RistTon Martin EhlebenSchnitt Ronald RistGraphikdesign Frank Linnenschmidt

FILMOGRAFIE (AUSWAHL)

2015 „Wir sind Fashion!“, 52 Min., Arte2014 „Das ,Bel Ami‘ – Eine Ehe im Rotlicht“, 80 Min., ARD RBB/ SWR2014 „Oskar Schlemmer – Menschenbilder“, 52 Min., SWR/Arte2015 „Kunst sammeln ... mit Reinhold Würth“, 30 Min SWR/Arte2015 „Kunst lieben – Kunst hassen“ , 4X30 Min, ZDF/Arte2014 „Paul Sahner – Geschichten eines Promireporters“, 45 Min., ARD/SWR

Producer Julia ZinkeProduzenten Susanne Brand Nicola GraefProduktion LonamediaRedaktion Gudrun Hanke-El Ghmori (SWR) Kai Henkel (SWR)

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INHALT

Eine Frau verliebt sich in einen Verbrecher; be sucht und kämpft für einen Mann, den sie erst hinter Gittern kennengelernt hat. Dieses Phänomen kennt man in allen Gefängnissen. Die Geiselnehmer aus Gladbeck haben beide im Gefängnis geheiratet – und sich wieder scheiden lassen. Anders Behring Breivik wird in seiner Zelle mit Kontaktangeboten überschüttet, der legendäre Prostituiertenmörder Jack Unterweger hatte

eine Beziehung zu seiner Rechtsanwältin. Die aller­meisten dieser Beziehungen scheitern. Wenn nicht noch im Gefängnis, dann spätestens nach der Entlas­sung. Männer, die sich in inhaftierte Frauen verlieben, sind nahezu unbekannt. Was zieht die Frauen an, die sich in einen „Knacki“ verlieben?

Es gibt wenige Frauen, die sich überhaupt trauen, da­

RITTERBLUTVERLIEBT IN EINEN KNACKIVon Sigrid Faltin

Dienstag, 31. August 2016 um 22:45 Uhr im Ersten

Dokumentarfilm im Ersten

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rüber zu sprechen. Noch seltener gibt es Frauen, die das auch noch vor einer Kamera tun. Und eine absolute Ausnahme sind Frauen wie Marion, die sich im Laufe des Kennenlernen­Prozesses von einer Kamera beglei­ten lassen.

Marion (48) lebt in Norddeutschland. Sie ist Kranken­schwester, geschieden, ihre Tochter studiert in einer anderen Stadt. Immer wieder hatte sie längere und kürzere Beziehungen. Jetzt ist sie schon seit längerem wieder allein. An Neujahr hat sie deshalb einen Brief an Gott geschrieben. Er möge ihr einen Mann schicken, der sie beschützt und liebt. „Einen, der noch Ritterblut in sich trägt und der ein gutes Herz hat und mich liebt, wie ich es verdiene, geliebt zu werden.“

Wenige Wochen später sieht sie im Fernsehen einen Dokumentarfilm über Gefängnisse, kurz darauf eine Talkshow über das gleiche Thema. Sie erfährt, dass viele Gefangene Kontakt nach außen suchen, weil sie im Knast allein sind. Am Bildschirmrand wird einge­blendet, wie man Kontakt zu Gefangenen bekommen kann: über jailmail.de, eine Website, die Kontaktanzei­gen von Gefangenen veröffentlicht. So stößt Marion auf Rudi (48). Sie schreibt ihm einen kurzen Brief, es kommen zehn Seiten zurück. Nach mehreren Briefen besucht sie ihn in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal. 600 Kilometer entfernt von ihrem Heimatort, acht Stunden Fahrt. Nach vier Besuchen und fast hundert

Briefen sagen beide: Es ist Liebe. „Ich habe so eine tiefe Verbundenheit zu ihm. Und es tut mir gut“, sagt sie. „Aber ich konnte es bislang nicht ausleben.“ Für Rudi steht fest: „Für mich ist es die absolute Traumfrau.“

Insgesamt 23 Jahre hat er wegen verschiedener Delikte hinter Gittern verbracht. Jetzt hat er noch knapp anderthalb Jahre im Gefängnis vor sich. Wenn er entlassen wird, so beschließen die beiden, wird er zu ihr ziehen. Marions Eltern, ihre Tochter, ihre Freundin sind entsetzt. Sie haben Angst um sie. „Wer weiß, wen Du Dir da ins Haus holst“, warnen sie sie.

Der Film begleitet das Paar über anderthalb Jahre, vom Gefängnis in die und in der Freiheit: beim Besuch hinter Gittern, wenn Rudi zum ersten Mal Ausgang hat, beim Hafturlaub, wenn die Probleme beginnen. Wird er vor­zeitig entlassen, oder schmeißt er alles hin und geht freiwillig vom offenen zurück in den geschlossenen Vollzug? Dort hätte er wieder eine Einzelzelle und weni­ger beruflichen Stress, aber er und Marion könnten sich viel seltener sehen. Wie ist es, wenn Liebe, die hinter Gittern begann, auf Wirklichkeit stößt? Kann er ihren Ansprüchen im Alltag gerecht werden? Wird sie genü­gend Geduld aufbringen, wenn er sich mit seiner wie­dergewonnen Freiheit anfreundet? Auf welche Proble­me und an welche Grenzen werden die beiden stoßen?

Eine Produktion des SWR

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Es ist immer ein schwieriger Entschluss, sich Filmema­chern und deren Kamera anzuvertrauen. Für Rudi und vor allem für Marion war es besonders schwer. Wer erzählt schon gerne in der Öffentlichkeit über seine Gefühle? Wer lässt sich schon gerne bei einem so ris­kanten Unterfangen mit einem so unbekannten Aus­gang begleiten – einer Liebe, die im Knast begann und die sich in der Freiheit bewähren muss? Umso dank­barer sind wir für das Vertrauen, das Marion und Rudi dem Kameramann Ingo Behring und mir geschenkt haben. Wir hoffen sehr, dass die Zuschauer erkennen, dass die Veröffentlichung dieser Geschichte ein großer Schatz ist, ein Geschenk an uns alle, die wir uns viel zu selten Gedanken machen über das Leben und Schick­sal von Gefangenen. Wir möchten mit diesem Film dazu beitragen, Menschen hinter Gittern zu entdämo­nisieren. Das war auch das Motiv von Rudi und Mari­on, bei dem Film mitzumachen. Wir wünschen uns, dass Marion, die in einer Kleinstadt in Norddeutsch­

land lebt, für ihre Liebe nicht verurteilt, sondern für ihr großes Herz für Menschen am Rande der Gesell­schaft bewundert wird. Das hat sie meiner Meinung nach verdient. Was sie macht, ist Sozialarbeit aus Lie­be, eine unglaubliche Leistung, bei der sie keinerlei Unterstützung durch die Bewährungshilfe, Sozialar­beiter oder Psychologen erfährt. So zeigt der Film auch, wie Entlassene in der Freiheit allein gelassen werden. Kein Wunder, dass viele von ihnen bald wie­der rückfällig werden, wenn sie niemanden wie Marion an ihrer Seite haben.

Wir haben im Laufe der Dreharbeiten erschreckt fest­stellen müssen, wie stigmatisiert Gefangene sind – wenn sie nicht Uli Hoeneß heißen. Niemand aus Ma­rions Freundes­ und Verwandtenkreis, fast niemand von Rudis professionellen Betreuern wollte vor die Ka­mera. Umso mehr wünschen wir den beiden von Her­zen alles Gute für ihre Zukunft.

23 JAHRE HINTER GITTERN – IST DIESER MANN RESOZIALISIERBAR?

Anmerkungen der Filmemacherin Sigrid Faltin

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SIGRID FALTIN

Dr. Sigrid Faltin, Jahrgang 1956, studierte Englisch, Germanistik und Geschichte in Bonn und Freiburg. Nach einem journalistischen Volontariat war sie Freiburger Regionalkorrespondentin beim SWF und moderierte im Hörfunk und Fernsehen. Seit über zwanzig Jahren arbeitet sie als Film­ und Buchautorin und als Produzentin mit ihrer eigenen Produktionsfirma White Pepper Filmgesellschaft für Dokumentationen und Dokumentarfilme. Sie gewann verschiedene internationale Preise, unter anderem 2005 in New York für ihren international produzier­ten Film über Hilla von Rebay, die Gründerin des Guggenheim Museums, über die sie auch eine vielbeachtete Biografie schrieb. 2008 kam Faltins international prämierter Dokumentarfilm „La Paloma“ in die Kinos, zu dem sie ebenfalls ein Buch veröffentlichte. Mit dem Buch „Scheiterst du schon oder schraubst du noch“, das sie parallel zu ihrem Film „Der Kunde als Knecht“ (SWR, 2008) schrieb, kam sie auf die Spiegel­Bestsellerliste. Ihr Film „Letzte Saison“ (SWR 2011) wurde mit der Richard­von­Weizsäcker­Medaille in Gold und dem Europäischen Journalisten­preis ausgezeichnet. Zuletzt wurde ihr Film „Kinder! Liebe! Hoffnung!“ (SWR 2013) mehrfach preisgekrönt.

STAB

Regie Sigrid FaltinKamera Ingo Behring, Mark KlotzTon Catarina Chakrabarty, Tobias Schächtele, Jessica Schlenker, Simon Schneckenburger, Alexander Schröder

FILMOGRAFIE (AUSWAHL)

2014 Erika Pluhar. Trotzdem. Mein Leben. 90/45 Min., Koproduktion von White Pepper Film und Epo Film Wien mit HR, SWR

2013 „Kinder! Liebe! Hoffnung! – Ein dramatisches Jahr mit einer Patchworkfamilie“, 90 Min., SWR. 2011 „Letzte Saison – Wenn es Zeit ist zu sterben“, 90 Min, SWR2008 „La Paloma. Sehnsucht. Weltweit.“, 93 Min. Eine Koproduktion von White Pepper Film und Seppia

Sàrl Strasbourg mit NDR/WDR/ZDF in Zusammenarbeit mit Arte 2005 „Die Baroness und das Guggenheim – Die Geschichte der Hilla von Rebay“ 76 Min., Koproduktion

White Pepper Film mit ZDF/Arte

Schnitt Isabelle AllgeierFilmmusik Nils KacirekRedaktion Gudrun Hanke-El Ghomri (SWR)

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INHALT

Sie fliegen schroffe Felsklippen entlang, tauchen ohne Sauerstoffgeräte in die Tiefen des Meeres hinab und tre­ten während unvorstellbar strapaziösen Radtouren den Beweis der ungeahnten Leistungsfähigkeit des mensch­lichen Körpers an. Moderne Helden unserer Zeit.

Menschen, die durch besondere Fähigkeiten und außerordentliches Abenteurertum die physische wie

mentale Grenzüberschreitung wagen und sich so von der bloßen Masse abheben: Es sind Ausnahmeathleten im alles abverlangenden Feld des Extremsports. Der Film begleitet den französischen Weltmeister im Ap­ noe tauchen, Guillaume Néry, den norwegischen Wing­suit­Flyer Halvor Angvik und den Extremradfahrer Ger­hard Gulewicz aus Österreich bei ihren ehrgeizigen Kampf an der sportlichen Weltspitze und setzt sich in­

LEBEN AM LIMIT: EXTREMSPORTLERFilm von Sascha Köllnreitner

Dienstag, 7. September 2016 um 22:45 Uhr im Ersten

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tensiv mit ihren Lebenswelten auseinander. Anhand der Geschichten dieser drei außergewöhnlichen Män­ner wirft der Film einen eindrucksvollen Blick auf die immer extremer werdenden Ausprägungen unserer modernen Gesellschaft.

Durch die erfolgreiche Inszenierung ihrer Höchstleis­tungen mit Hilfe moderner Verbreitungskanäle sind die Protagonisten des Films nicht nur sportaffinen Menschen bekannt, sondern auch zu umkämpften Werbeplattformen globaler Unternehmen geworden. Doch welche Biografien, Motive und Gedanken ließen sie zu sogenannten „Helden der Neuzeit“ werden? Wel­che soziologischen Rahmenbedingungen begünstigen die massenhafte Faszination gegenüber Individuen, die sich außergewöhnlichen Risiken aussetzen und somit zu solchen Helden werden? Der Film begleitet diese Athleten bei dem Versuch, durch vollkommene physische wie mentale Hingabe die Grenzen der Leis­tungsfähigkeit neu zu definieren, um sich dabei selbst zu finden. Welche Ereignisse, Gedanken und Ziele lie­ßen aus Menschen Abenteurer werden? Und sind diese Heroen tatsächlich so selbstbestimmt, wie es auf den ersten Blick scheint? Während der Verfolgung ihrer Zie­le lernt der Zuschauer das Umfeld, die Begleiter, sowie die Kritiker kennen. Gleichzeitig deutlich werden aber auch die Schwierigkeiten des ökonomischen Über­lebens und die damit verbundene Notwendigkeit der zeitgemäßen, medialen Stilisierung.

Die Maschinerie hinter dem Populärphänomen, dem Wirtschaftsfaktor Heldenmythos wird nicht nur be­leuchtet, sondern auch kritisch hinterfragt. Die Athle­ten werden begleitet und zeigen die persönlichen Sei­ten eines modernen Helden. Der Film zeigt auch die Wünsche und Ängste der Familie. Und wagt durch den engeren Freundeskreis einen weiteren Schritt in die Psyche der Sportler. Dabei wird auch der Frage nach der Besonderheit dieser Menschen nachgegangen. Essen, trinken, leben Helden anders? Und welche unausge­sprochenen Beweggründe sind maßgebend für den freiwilligen „Tanz auf der Klinge“? Ist es die bloße Gier nach Ruhm? Nach Unsterblichkeit? Nach der absoluten Lebenserfahrung? Oder verlangt eine immer lauter und schneller werdende Welt nach Extremen?

Als theoretisches Fundament kommen Sportmediziner und Experten zu Wort, wie z.B. Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann, der sich dem Thema Extremsport philoso­phisch nähert, Ines Geipel, ehemalige Leistungssport­lerin in der DDR, Philosophin und Soziologin, sowie der populäre „Bergarzt“ des Wingsuit­Mekka Lauterbrun­nen/Schweiz, Dr. Bruno Durrer.

Eine Produktion der Adrialpe­Media Filmproduktions GmbH, unterstützt durch das Österreichische Film­institut, das ORF Film­/Fernsehabkommen und den Filmstandort Austria (FISA)

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Höher, schneller, weiter … und in unserem Fall auch tiefer. Dies ist ein Urantrieb des menschlichen Wesens. Mit der filmischen Aufarbeitung des Extremsports und einer kritischen Auseinandersetzung mit seinen Ausformungen glauben wir, den Nerv einer Zeit zu treffen, in der Superlative in immer rascherem Rhyth­mus durch die Medien gejagt werden und über diverse Social Media­Plattformen geradezu in Lichtgeschwin­digkeit ihre Verbreitung finden. Untenstehende Schlag­worte sind beispielgebend hierfür:

Guillaume Néry – World Champion unter den Apnoe­ Freedivern. Seine persönliche Bestleistung: 125m in die Tiefe und sieben Minuten mit einem Atemzug ohne Hilfsmittel unter Wasser. Sein Youtube­Video „Dean’s Blue Hole“ wurde bis jetzt über 24 Mio. mal gesehen.Mit 250 Stundenkilometern fliegt Halvor Angvik in einem fledermausartigen Anzug unter den Baumkro­nen am Erdboden entlang. Gerhard Gulewicz braucht für 4.800 km von der US­West­ zur Ostküste weniger als neun Tage – mit einem Schlafpensum von insgesamt ca. sechs Stunden.

Mit diesen mir einprägsam in Erinnerung gebliebenen „first impressions“ trat Sascha Köllnreitner im Januar 2011 mit der Bitte an mich heran, einen – so seine da­maligen Worte – „etwas anderen“ Film über den in den letzten 15 Jahren so intensiv gehypten Themen­kreis Extremsport zu produzieren, der auch eine durch­aus kritische Herangehensweise erlauben sollte. Als ich mir die oben angeführten Schlüssel­Daten nur an­satzweise durch den Kopf gehen ließ, war mir klar, dass Sascha Köllnreitners Vorschlag nur sehr schwer eine realistische filmische Umsetzung finden würde. Als einer, der bislang dieser Thematik grundsätzlich in einer eher abwehrenden Haltung gegenüber gestan­den hatte und der ein solches Unterfangen sicherlich primär unter dem versicherungstechnischen Aspekt betrachtete, ließ ich mich trotzdem überreden, den Extremradfahrer Gerhard Gulewicz zu einem Erst­gespräch zu treffen. Zu meiner großen Überraschung trafen wir eine sehr strukturierte Persönlichkeit, welche sich mit geradezu wissenschaftlicher Akribie

auf den „Race Across America“ 2011 vorbereitete. Nach diesem Gespräch entschloss ich mich in weiterer Folge, Guillaume Néry in Nizza zu treffen und wurde abermals in meinen Vorurteilen massiv widerlegt. Uns stand kein schrulliges, nur in seiner sportlichen Disziplin existierendes Individuum gegenüber, son­dern ein ausgesprochen lockerer und polyglotter Sympathieträger, der im Großteil des Gesprächs auf ökologische Probleme der Meere verwies. Ab diesem Zeitpunkt dachte ich nun konkreter an eine Ver­filmung der Idee von Sascha Köllnreitner, da es sich bei den Protagonisten doch um sehr viel komplexere und vielschichtigere Persönlichkeiten handelte, als ur sprüng lich angenommen.

Ein Schwerpunkt der Produktion wurde naturgemäß schon durch die außergewöhnlichen und verschie­denartigen Motive in eine äußerst anspruchsvolle und herausfordernde Bildgestaltung gelegt, die den Film erst zu einem richtigen Kinoerlebnis machen.

So glaubten wir, tatkräftig unterstützt durch die Kame­rafrau Julie Gautier, im Bereich der Unterwasserfoto­grafie bahnbrechende Bilder auf die Leinwand bringen zu können. Sie stellte uns in großzügiger Weise spekta­kuläre Bilder aus ihrem Kurzfilm „Narcose“ zur Ver­fügung. Im Bereich der Flugaufnahmen kam uns die aktuelle und fulminante Entwicklung der Mikrokame­ras sehr gelegen. Dadurch entstanden Bilder, die in die­ser Form im Kino noch nicht zu sehen waren. Es ist uns in spannender Art und Weise gelungen, das Für und Wider extremsportlicher Ausübung in einem ausge­wogenen dramaturgischen Bogen filmisch aufzuarbei­ten und überzeugend darzustellen.

P.S.: Der guten Ordnung halber sei erwähnt, dass wir schon an einen weiteren Film denken, wobei als Schwer punkt eine Gegenüberstellung der beiden Welt­klasse­Bergsteigerinnen Nives Meroi und Gerlinde Kal­tenbrunner stattfinden soll. Beide Protagonistinnen wurden bereits in umfangreicher Art und Weise doku­mentarisch von uns erfasst.

ÜBER DEN FILM

Von Carl Hollmann

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SASCHA KÖLLNREITNER

wurde 1984 in Oberösterreich geboren. Seit 2004 lebt er in Wien, wo er seine filmische Karriere begann. Von der Organisation bis hin zur Postproduktion arbeitete er bei zahlreichen Werbe­, TV­, und Spielfilmproduktionen mit. Neben der Arbeit als Kameramann für Dokumentarfilme faszinierte ihn die Tätigkeit als Cutter für Werbefilme und die tieferen Einblicke in Mensch und Materie, die sich damit boten. Erste, preisgekrönte Regiearbeiten im Werbebereich öffneten ihm die Türen zu spannenden und stetig größer werdenden Projekten. Seit mehreren Jahren arbeitet er als freischaffender Regisseur im Bereich Werbung, Musikvideo & TV: „Attention – A Life in Extremes“ (TV: „Leben am Limit – Extremsportler“) ist Sascha Köllnreitners erste Kinoarbeit. Derzeit bereitet er sein Spielfilmdebüt vor.

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Buch und Regie Sascha Köllnreitner Kamera Viktor Schaider Ton Michael Krischan Schnitt Jörg Achatz Musik Anna Müller Dramaturgische Beratung Ines Häufler und Klaus Hundsbichler Produzent Carl HollmannProduktion Adrialpe-Media Filmproduktions GmbH

ADRIALPE MEDIA

2002 wurde die Adrialpe Media Produktionsfirma von Carl Hollmann gegründet. Die Firma mit Sitz in Wien, Triest und seit 2013 auch in London produzierte Dokumentarfilme wie „Pasoloni Code“ (2006), „Carl Djerassi­Vienna‘s lost Son“ und „New York November“.

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Daniela KressSWR PresseTel.: 07221/929-23800E-Mail: [email protected]

Bei Bildanfragen: Rosi CoelhoTel.: 07221/929-23876E-Mail: [email protected]

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