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DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE - dunlop.eu 2002_2003_tcm430-32088.pdf · 3 W as macht...

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DER BESTE PLATZ IST IMMER GANZ VORNE www.dunlop.de ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT. Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge als Erster zu sehen, bedeutet die Strecke auswendig zu kennen und auch bei 290 km/h nicht die Nerven zu verlieren. Man handelt instinktiv und verlässt sich ganz auf Wagen und Reifen. Und wer in der DTM fährt, hat auch allen Grund dazu. Denn Dunlop rüstet die DTM exklusiv mit Reifen aus. Rennreifen, seit Jahren im Motorsport getestet und weiter entwickelt. Immer mit derselben Überzeugung: Jeder Rekord kann gebrochen werden.
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DER BESTE PLATZIST IMMER GANZVORNE

www.dunlop.de

ERSTER: DER PLATZ MIT DER SCHÖNSTEN AUSSICHT.

Wer einmal ganz oben war, weiß: Die Zielflagge als Erster zu sehen,bedeutet die Strecke auswendig zu kennen und auch bei 290 km/h nichtdie Nerven zu verlieren. Man handelt instinktiv und verlässt sich ganzauf Wagen und Reifen. Und wer in der DTM fährt, hat auch allen Grunddazu. Denn Dunlop rüstet die DTM exklusiv mit Reifen aus. Rennreifen,seit Jahren im Motorsport getestet und weiter entwickelt. Immer mitderselben Überzeugung: Jeder Rekord kann gebrochen werden.

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Was macht eigentlich der Böh-ringer, der alte Greger oder derLinge? Solche Fragen, gestellt

von Fans und Freunden, geisterten im-mer wieder durch die Gegend. Antwor-ten wusste meist niemand, es sei denn,man machte sich gezielt ans Recherchie-ren. Aus dieser Ratlosigkeit heraus ent-stand vor gut vier Jahren die Idee, eineSerie über die Befindlichkeit unse-rer Rennsporthelden, Managerund Macher der 60er-, 70er-und 80er-Jahre dauerhaft zuplatzieren. Mit kurzen, kna-ckigen Texten und Fotos vondamals und heute.

Bei den Kollegen von«MOTORSPORT aktuell»habe ich für die Idee auf

Anhieb viel Begeisterungvorgefunden – und schonwar die Serie «Hallo, wiegeht’s?» geboren. SeitJanuar 2000 sind exakt182 Folgen erschienen,in den beiden ersten Jahren begleitetvon Bilstein, danach bis heute von Part-ner und Präsenter Dunlop. Der HanauerReifenhersteller passt mit seiner über100-jährigen Motorsporttradition so-wieso bestens zu unseren Serienhelden,von denen viele ihre Siege und Meister-titel auf Dunlops schwarzem Gold erzielthaben. Bereits seit letztem Jahr könnenübrigens alle «Hallo, wie geht’s?»-Fol-gen auch im Internet über die Home-page www.dunlop.de aufgerufen undheruntergeladen werden.

Die unverändert gute Resonanz hatdafür gesorgt, dass die Serie beiden Fans fast schon Kultstatus hat

und dank Dunlop und MSa nun ins fünf-te Jahr durchstarten kann. Dunlop undMSa präsentieren überdies hiermit auchdie vierte Auflage des beliebten Sonder-drucks mit allen bisher erschienenen182 Einzelbeiträgen.

Trotz zeitraubender Kleinarbeitbeim Recherchieren der Wohnorteund Telefonnummern sowie bei der

Beschaffung alter und neuer Fotos istder Spassfaktor für mich als Autor un-verändert gross. Wenn man die meistenKarrieren derer selbst miterlebt hat, dieman jetzt zu ihrer Befindlichkeit aus-fragt, ist schon allein das Gespräch ein

Erlebnis. Vergleichbar mit einer kur-zen Reise in eine Rennsportzeit,

die sicher nicht die schlechtestewar. Der Motorsport hat mit undvon den Helden von damals gutgelebt, verdammt gut sogar.Deshalb haben sie es auch

nicht verdient, in Vergessen-heit zu geraten.

So ist diese Serie fürmich im Laufe derZeit auch zu einer

Art Verpflichtung gewor-den, die Erinnerung anjene wach zu halten, dieuns seinerzeit viel Freude

auf und neben der Rennpiste bereitethaben. Zusammen mit unseren PartnernDunlop und der Messe Essen wurde des-halb auch das jährliche «Klassentref-fen» initiiert, zu dem alle vorgestelltenehemaligen PS-Fürsten am zweitenSamstag der Motorshow nun schon zumvierten Mal nach Essen kommen. DerZuspruch ist ernorm, die Wiedersehens-freude gross. Vor allem bei denen, diesich 30 Jahre und länger aus den Augenverloren hatten. Allgemeiner Tenor:«Eine wunderbare Gelegenheit, wenigs-tens einmal im Jahr alte Freunde zu tref-fen. Und weitaus besser, als sich immernur aus traurigem Anlass auf diversenFriedhöfen über den Weg zu laufen.»

Fans, Freaks und Freunden von«Hallo, wie geht’s?» wünsche ichauch mit der vorliegenden 4. Auf-

lage des Nostalgie-Booklets viel Spass.Rainer Braun

Helden vergisstman nicht …

Vorwort des Autors

MSa-Jahrgang 2002

Behrmann, Klaus: Höhen und Tiefen 98Beule-Mühren, Marion: Madame Courage 99Braun, Hans: Karriere im Käfer 100Bross, Helmut: Der Vau-Fighter 101Cassani, Manfred: Schrott und Siege 102Danco, Fritz: Der alte Fritz 103Dauer, Jochen: Power mit Dauer 104Dongus, Lothar: Der Fitness-Freak 105Engeman, Liane: Der blonde Engel 106Eppelein, Heinz: Der BMW-Pionier 107Eymann, Dr. Dieter: Zurück ins Leben 108Fischhaber, Toni: Tölzer Triumphator 109Fuchs, Heinz: Der Formel-Fuchs 110Hähn, Helmut: Ein Leben für Alfa 111Hardt, Dieter: Der Öl-Baron 112Hegels, Dieter: Der stille Meister 113Hero, Manfred: Manfred the Hero 114Huhn, Robert F.: Sieg für die Airline 115Klapproth, Günther: Der Perfektionist 116König, Kurt: Fränkisches Fahrtier 117Kremer, Erwin: Doppel-Jubiläum 118Leinenweber, Fritz: Porsche-Jünger 119Lins, Rudi: Der Gipfelstürmer 120Loos, Georg: Der Porsche-König 121Maas, Alfred: Chef-Zeitnehmer 122Mantzel, Wolf Dieter: Der Totgesagte 123Maring, Ernst: Pilot und Erbauer 124Mertel, Rainer: Der Ring-Kämpfer 125Mezger, Hans: Der Powermann 126Müller sr., Siegfried: Gentleman Driver 127Müller, Fritz: Der Mann mit Hut 128Ortner, Johann: Der Abarth-Bändiger 129Reisenbichler, Lili: Lili und die Machos130Schimpf, Eckhard: Herr der Moneten 131Schmarje, Christian: Der Mini-Mann 132Schneider, Gerhard: Frust statt Lust 133Stenzel, Reinhard: Jubel & Tragödien 134Stockmar, Jürgen: Quattro-Künstler 135van Lennep, Gijs: Hollands Bester 136v. Brauchitsch, Manfred †: Silberpfeil-Idol 137Waldhier, Franz: Der schöne Franz 138Walter, Heini: Schweizer Legende 139Waxenberger, Erich: Super-Stratege 140Weisheidinger, Johann: Untergrund-Mann 141Wendlinger sr., Karl: Ein Idol aus Tirol 142Wilcke, Wolfgang: Löwe von Zolder 143

MSa-Jahrgang 2003

Akersloot, Han: Spass und Spiele 144Becker, Heinz: Der Cup-Spezialist 145Besier, Günther: Ein flinker Kater 146Blank, Arthur: Mister Powerslide 147Braungart, Martin: Der Vordenker 148Christmann, Werner: Der Terminator 149Damler, Dieter: Das ZDF-Urgestein 150Eggenberger, Ruedi: Titel-Architekt 151Faltz, Rüdiger: Racer mit Herz 152Flohr, Wolfgang P.: Grosser Zampano 153Frère, Paul: Leben voller Autos 154Furtmayr, Ernst: Der Alleskönner 155Gäb, Hans Wilhelm: Der Sportmanager 156Gartmann, Dieter: Der Capri-Drifter 157Glotzbach, Dieter: Dunlops Frontmann 158Haider, Sepp: Der Driftkönig 159Hetzer, Heidi: Berlins PS-Lady 160Heuser, Charlotte: Treue Toyota-Seele 161Kling, Alfred: Der DKW-Schwabe 162Koch, Gerhard: Flotter Spediteur 163König, Willy: Der Überflieger 164Konrad, Anton: Der Vau-Mann 165Linzen, Peter: Rallye-Botschafter 166Lotterschmid, Kurt: Der Dickschädel 167Lyding, Wilhelm: Macher & Mentor 168Noell, Alfred: Alis 7. Sinn 170Oebels, Hubert: Trips-Weggefährte 171Pauli, Peter: Ring-Zeitnehmer 172Piedade, Domingos: Multi-Manager 173Pon, Ben: Der Weinkönig 174Rosche, Paul: Der Nocken-Paule 175Ruch, Gerd: Mustang-Reiter 176Schoppe, Urban: Das Kraftpaket 177Schornstein, Dieter: Der Markentreue 178Seegers, Heinz: Der scharfe Hund 179Singer, Norbert: Porsche forever 180Steckkönig, Günter: Flotter Ingenieur 181Steinmetz, Klaus: Der Italien-Fan 182Stureson, Per: Stiller Schwede 183Teves, Thomas: Kekes Teamkollege 184von Bayern, Poldi: Prinz Vollgas 185von Gundlach, Horst: Mr. Unverwüstlich 186v. Hohenzollern, Ferfried: Prinz Vollgas II 187v. Kahlen, Sigismund: Der Sportpolitiker188Wallrabenstein, Günther: Bananenbieger 189Werner, Michael: Das ewige Talent 190

Inhaltsverzeichnis

98

Behrmann, Klaus (MSa 41/2002)

Klaus Behrmann kann als einer der frü-hen Mercedes-Botschafter im Touren-

wagensport gelten. Zwischen 1960 und1971 wuchtete der Automobilkaufmannaus Norderstedt vor den Toren Hamburgsseine 220 SE, 300 SE und 300 SEL über diedamals reichlich vorhandenen Flugplätzeund Rallyepfade. Professionelle techni-sche Vorbereitung, eine ausgeprägte Lie-be zum Detail und seine fahrerischen Mög-lichkeiten liessen Behrmann eine Ausnah-meposition bei den Privatiers einnehmen.

Technik-Transfer durch Mercedes-MannErich Waxenberger und den jungen HansWerner Aufrecht sorgte auch dafür, dassBehrmann im 6,3-Liter-SEL schliesslich al-les in Grund und Boden fuhr. Zuletzt don-nerte der Autohausbesitzer sogar mit 7,2Liter Hubraum und annähernd 400 PSdurch die Gegend. Nur zwei Punkte fehl-ten ihm 1966 zum Gewinn der Rundstre-cken-Meisterschaft, und bei den 6 Stun-den von Paul Ricard 1971, einem EM-Lauf,wurde er zusammen mit Jean-Pierre Ja-bouille und José Dolhem Gesamtvierter.Der Gesamtsieg bei der Sachs-Baltic-Ral-lye 1965 und drei norddeutsche Meisterti-tel runden die Bilanz ab. Der Tod seinerMutter und die daraus resultierenden ge-schäftlichen Verpflichtungen bewogen ihnEnde 1971, den Rennsport aufzugeben.

Aus dem Hobby-Rennfahrer ist inzwi-schen ein Multi-Geschäftsmann gewor-den. Neben dem Mercedes-Autohaus zäh-len ein Hotel, mehrere Restaurants undein Reiterhof zu seinem kleinen Imperi-um. Als Hobby leistet er sich eine Enten-zucht mit ca. 50 verschiedenen Enten-und Gänse-Arten. Mit Hilfe seiner KinderAxel (43), Anette (40) und Anja (35)kümmert sich Behrmann (68) um allesselber, «sonst würd’s in meinem Leben jalangweilig».

Dieses hatte für ihn und seine FrauChristel, mit der er seit 44 Jahren verhei-ratet ist, nicht nur Erfolg und Wohlstandparat: Um zwei Krebserkrankungen «mitLebensmut und eisernem Willen» zu besie-gen, musste er insgesamt acht Operatio-nen über sich ergehen lassen. Und kaumwar das geschafft, war seine Frau mit ei-ner komplizierten Lungen-Operation ander Reihe. «Wir denken positiv und lassenuns nicht unterkriegen», lautet die Devi-se der beiden.

Seinen 300 SEL im furchterregendenLook von ’71 hegt und pflegt er noch im-mer – trotz traumhafter Kaufofferten ausaller Welt. «Dieses Auto ist unverkäuflich»,tut Behrmann kund. «Es erinnert mich je-den Tag aufs Neue an die schönsten Jah-re meiner Rennsportzeit.»

Höhen und Tiefen

Optischer Leckerbissen: Behrmanns 300 SEL 7,2 V8 in Paul Ricard 1971

Gegner besiegt: Behrmann 1971 Krebs besiegt: Behrmann heute

99

Beule-Mühren, Marion (MSa 48/2002)

Marion Beule hatte schon als 14-Jährigeim Kart gelernt, sich gegen die Macho-

Männer durchzusetzen. Dass die Herrenmit schneller weiblicher Konkurrenz nichtimmer galant umspringen, gehört mit zuden ältesten Erkenntnissen des Renn-sports. Mit Kampfstärke und gutenResultaten brachte es die Schwester derKart-Spitzenfahrer Achim und Rainer «Zor-ro» Beule bis zum Junioren-WM-Kader derNationalmannschaft. Dass sie ausgerech-net bei der Kart-Weltmeisterschaft 1980,wo sie nach zweitbester Trainingszeit ausder ersten Startreihe ins Rennen ging, von«irgendeinem wildgewordenen Kerl» ander ersten Ecke abgeschossen wurde, ge-hört zu den eher leidvollen Erfahrung ausdieser Zeit.

Umso reizvoller schien ihr die Heraus-forderung, ab 1983 im Ford Fiesta LadiesCup «mal nur gegen Frauen anzutreten».Die Damen-Rennserie befand sich geradeim zweiten Jahr, als die couragierte Kart-Pilotin die Fronten wechselte. Besondersgesittet ging’s allerdings auch hier nichtzu, denn die Akteurinnen droschen mitidentischen Fiesta XR 2 Sport gnadenlosaufeinander ein. Obwohl die Werbefach-frau aus Hagen fast immer in der Spitzen-gruppe zu finden war, schaffte sie denTitelgewinn erst drei Jahre später. Lang-

streckenpokal und Formel Opel waren dienächsten Stationen, bevor Marion Beulegleichermassen Motivation und Fahrspassabhanden kamen. Deshalb zog sie 1991den Schlussstrich unter die Rennerei undheiratete wenig später mit dem WegbergerAutomobilkaufmann Konrad Mühren jenenMann, den ihr der bekannte Fussball-Ma-nager Norbert Pflippen sieben Jahre zuvorbeim Ladies-Cup-Lauf in Zolder erstmalsvorgestellt hatte.

Heute lebt die inzwischen 38 Jahre alteEx-Rennfahrerin mit ihrem Ehegatten (dersein Autohaus verkauft hat und stattdes-sen Motor-Yachten vertreibt) unverändertin Wegberg bei Mönchengladbach und hatnahezu jeden Kontakt zum Rennsport ver-loren. Selbst die Fernsehübertragungenvon der Formel 1 und der DTM schaut siesich nur sehr unregelmässig an. Dafür en-gagiert sie sich im gemeinsamen Boots-geschäft, pflegt mit Begeisterung den Gar-ten und kümmert sich um Schäferhund«Farus». Seit ein paar Monaten hat sie mitregelmässigem Jogging angefangen, «weilman was für die Gesundheit tun muss, ummobil und fit zu bleiben». Und irgend-wann, wenn es die Zeit erlaubt, würde sichMarion gerne der modernen Malerei wid-men. «So richtig mit Farbe und Leinwandund vielen Klecksen.»

Madame Courage

Frauenpower im Ladys-Cup: Marion Beule 1983 als eine von 20 Fiesta-Damen

Karriere mit Ford: Marion Beule 1983 Haushalt und Hund: Marion Beule 2002

100

Braun, Hans (MSa 06/2002)

Hans Braun war der wohl spektakulärsteVW-Käfer-Pilot der 60er-Jahre. Unver-

wechselbar seine ausserirdischen Drifts,leicht verwechselbar hingegen sein Name.Denn zu dieser Zeit tobten übrigens nochdrei weitere, ziemlich erfolgreich rennendeBrauns mit dem Vornamen Hans über dieRennstrecken: Einer aus Nürnberg im Mer-cedes 220 SE, einer aus Wiesbaden im AlfaRomeo Giulia TI und einer aus Rüsselsheimim Glas 600.

Keiner allerdings fuhr so brutal quer wieder «Käfer-Braun» aus Lüftelberg beiBonn. Der Design-Ingenieur mit beruf-lichen Stationen bei Ford, Porsche und biszu seiner Pensionierung bei BMW bürstetemit seinem VW 1200 Standard und spätermit dem Oettinger-VW-Okrasa 1500 auf derRundstrecke, bei Bergrennen und Rallyesganze Legionen prominenter Zeitgenossenab und holte sich 1960 den ONS-Pokal fürAusweisfahrer.

Als absolutes Highlight seiner Karrieregelten die beiden Gesamtsiege bei derRallye Hanseat, wo er 1962 beispielsweisedas Top-Trio Rudi Golderer (Mercedes 220SE), Bernhard Grab (Ford 17 M) und GünterWallrabenstein (Porsche 1600 S) mitseinem 30-PS-Käfer auf die Plätze verwies.Auch am Steuer anderer Marken gehörteder Alleskönner immer zu den Besten. So

erkämpfte er sich 1963 im NSU-Prinz beider Tourenwagen-EM den Rang des Klas-senprimus bis 600 ccm, gehörte im Ford12 M zusammen mit Jochen Neerpasch unddem amerikanischen Haudegen Bob Bon-durand zur Kölner Werksmannschaft undsteuerte für den Nürburgring-Rennstallvon Willi Martini oft und erfolgreich einen700er-BMW.

Heute lebt Hans Braun zusammen mitseiner Frau, mit der er seit 32 Jahren ver-heiratet ist, als umtriebiger Pensionär ab-wechselnd in München und auf derKanareninsel Lanzarote, pflegt sein HobbyAstronomie, baut alle Ferrari-F1-Renn-wagen ab Baujahr 1953 als 1:24-Modelledetailgenau nach und beteiligt sich seit25 Jahren mit sehr viel Engagement undBegeisterung an historischen Veranstal-tungen. Dafür stehen dem inzwischen 66-Jährigen gleich vier kostbare Sportgerätezur Verfügung: ein Porsche Coupé, einPorsche Roadster, ein Stanguellini-For-mel-Junior sowie eine Einzylinder-MotoGuzzi Falcone.

Formel-1- und DTM-Übertragungen sindfür den Ferrari- und Porsche-Fan absolutesFernseh-Pflichtprogramm, ansonsten ge-niesst er das milde Klima der kanarischenInseln und «freut sich über jeden Tag, denich gesund erlebe».

Karriere im Käfer

Winker (Kreis) statt Blinker: Brauns gefürchteter Käfer 1960 in Action

Wilder Drifter: Hans Braun 1963 Stiller Geniesser: Braun heute

101

Bross, Helmut (MSa 37/2002)

Helmut Bross und die wunderbar wildeFormel-V-Zeit. Obwohl er mehr als 30

Rennjahre erlebt hat und auch mit neu-zeitlichen Formel- und Sportwagen reich-lich Erfolg einfuhr, landet das Gespräch im-mer wieder dort, wo alles anfing. «Die For-mel V war das Grösste, wir haben zu viertim Einzelzimmer gepennt, Kameradschaftund Spass waren alles. Dein Konkurrentwar damals noch dein Freund, heute ist erdein Feind. Der Verfall dieser Werte ist er-schreckend.»

Bross wuchs Ende der 60er-Jahre mit derverrücktesten Renn-Clique aller Zeitenauf, seine Gegner hiessen Marko, Pankl,Schurti, Luyendyk, Trint & Co. Drei Titel-gewinne in der Formel V 1300 und eineMeisterschaft in der 1,6-l-Super V mach-ten ihn zu einem der erfolgreichsten Ver-treter seiner Zunft. Jener «Komet», derihm 1972 den Super-V-Titel bescherte, warübrigens eine Porsche-Konstruktion, dieWeissacher Renningenieure für ihre Kum-pels Günther Steckkönig und EberhardBraun gebaut und mit Drehstab- statt Spi-ralfederung versehen hatten. «Es gab nurzwei Exemplare», erinnert sich Bross, «dasDing war ein echter Hammer.»

Mehrfach trat der Formel-V-Frontmannauch mit einer Europa-Auswahl bei den be-rüchtigten Vergleichskämpfen gegen die

US-Boys in Daytona und Sebring an undkehrte einmal als Dritter und einmal alsFünfter zurück.

Wundersamer Weise überstand Brossanders als manche Kollegen die V-Ära ohnegrösseren Unfall, dafür erwischte es ihn1980 im Chevron-Formel 2 auf der Nord-schleife gewaltig. «Wegen eines Felgen-bruchs flog ich 400 Meter weit. Das Autowar platt, mir ist fast nichts passiert.»

Lange startete der Veteran noch in derInterserie (einmal Meister, viermal Vize),bevor er seine aktive Laufbahn vor dreiJahren ausklingen liess und seinen Renn-autobestand verkaufte. Noch hält der Her-renberger regelmässig Kontakt mit Schwa-ben-Spezi Roland Asch, ansonsten sitztder 63-Jährige oft auf dem Rennrad undkämpft gegen die Pfunde. Vor allem findeter jetzt die Zeit, sich seiner Familie (Le-bensgefährtin Petra, zwei Söhne, 14 und11, eine Tochter, 7) zu widmen. Nebenbeikümmert sich der Ex-Speditionskaufmannund -Ölgrosshändler um seine Vertriebsfir-ma für sportliches Autozubehör.

Bis aufs Übergewicht fühlt sich HelmutBross gesund und fit. Und er arbeitet «kon-sequent und gezielt» an der Realisierungeines lang gehegten Traums: «In ein paarJahren will ich auf den Kanaren leben –bis zum Abwinken.»

Der Vau-Fighter

Super-V-Nationencup Sebring 1971: Helmut Bross neben Polesitter Scott

Racing und Spass: Bross 1969 Rennrad und Kids: Bross heute

102

Cassani, Manfred (MSa 19/2002)

Manfred Cassani, Motorsport-Fan undMarkisen-Hersteller aus München,

leistete sich zwischen 1978 und 1980 denLuxus eines eigenen Rennstalls. Mit Top-piloten wie Manfred Winkelhock, AxelPlankenhorn, Hans Stuck, Manfred Schur-ti oder Christian Danner traten Cassani-Autos in der Formel-2-EM, der BMW-M1-Procar-Serie und der Deutschen Renn-sport-Trophäe (DRT) an. Der Teamchefselbst, aus eigener aktiver Zeit als Hobby-Rennfahrer mit einigen Formel-V- und F3-Erfolgen gesegnet, erlebte oft genug einWechselbad der Gefühle. Mal produziertenStuck und Winkelhock beim Procar-Rennenin Monaco Totalschäden, mal standen sei-ne Piloten als Sieger auf dem Podium.

Christian Danner, der als Talent-Importaus dem R5-Pokal bei Cassani 1980 seinerstes Profi-Jahr mit dem M1 in der DRTerlebte, ist voll des Lobes: «Der Cassanihat sein letztes Hemd verkauft, um dasAuto schneller und seine Fahrer glücklichzu machen. Ohne ihn hätte es den Renn-fahrer Danner nie gegeben.»

Die grössten Erfolge feierte das Teammit Platz 3 beim Formel-2-EM-Lauf auf derNürburgring-Nordschleife durch Winkel-hock, dem Gewinn der Procar-Privatfahrer-wertung durch Stuck sowie des DRT-Vize-titels durch Danner. Zum Nürburgring hat-

te Cassani ohnehin eine besondere Bezie-hung – resultierend aus einer vier Jahreandauernden Liaison mit der Chefin desbekannten Hotels und Restaurants «Pis-tenklause». Während dieser Zeit verlegteder Verliebte sogar seinen Wohnsitz nachNürburg – für einen Verfechter bayerischerLebensart vermutlich die Höchststrafe. Zu-mindest die Übernachtungsfrage war fürdas Team bei Eifel-Starts sinnvoll und kos-tensparend geklärt …

Seit 20 Jahren lebt Cassani (56) wiederin München, ist seit 1986 bei Ehefrau Dia-na in festen Händen und produziert nachwie vor Markisen. Besonders stolz ist erauf seine Söhne Max (12) und Moritz (14).Der Jüngere ist auch daran schuld, dassdas Lager der gefürchteten Rennfahrer-Vä-ter Verstärkung bekommen hat. Denn Maxgibt in der Bambini-Kart-Meisterschaft or-dentlich Gas und gilt dort als eine ArtShooting-Star. «Der Junge hat wirklich Ta-lent», vermeldet der Herr Papa als Mana-ger und Mechaniker in Personalunion,«deshalb möchte ich aus ihm einen gutenRennfahrer machen.» Danner zweifeltnicht daran, dass das Vorhaben gelingt:«Wenn der Bub wirklich gut ist und derAlte noch den gleichen Ehrgeiz wie früherhat, wird’s dem Junior an nix fehlen. Nurfahren muss er halt selbst.»

Schrott und Siege

Procar-Schlacht 1979 in Hockenheim: Stuck im Cassani-M1 im Dreck

Cassani: Da gab’s wohl Schrott … Stolzer Renn-Papa: Cassani heute

103

Danco, Fritz (MSa 05/2002)

Fritz Danco war in seiner mehr als 40-jährigen Reporterzeit beim Südwest-

funk (früher SWF, heute SWR) «der Mannfür den Motorsport». Mit Elan, Begeiste-rung und seiner unverwechselbar festenStimme brachte der Radio- und TV-Jour-nalist weit über 1000 Renn-Beiträge aufden Sender. Auch die ARD klinkte sich oftein in seine Reportagen vom Nürburgring,von den Flugplatzrennen Trier und Mainz-Finthen, der Hunsrück-Rallye oder aus Ho-ckenheim. Die Rennsportereignisse imBundesland Rheinland-Pfalz und den an-grenzenden Randgebieten waren DancosJagdrevier, der Nürburgring seine zweiteHeimat.

Wenn der grossgewachsene Mainzeratemlos, mit gehetztem Blick undschnellen Schrittes über den Rennplatzeilte, im Vorbeiflitzen ungeduldig State-ments abfragte oder in der Pressestellehektisch Informationen einsammelte, warjedem klar, was die Stunde geschlagenhatte – der Sendetermin rückte gnadenlosnäher. «Fast immer wurde uns die Zeit zuknapp», erinnert sich der altgedienteReporter. «Es musste viel improvisiert wer-den, und die Beiträge wurden oft erst aufden letzten Drücker überspielt.»

Inoffiziell schon seit 1996, endgültigaber erst seit 1998 ist der heute 70-jäh-

rige frühere Chefreporter des Mainzer SWR-Landesstudios in den wohlverdienten Ru-hestand getreten. Es gab wirklich nichts,was der stämmige Mann nicht übertragenhätte: Formel-1-WM, Formel 2-EM, Deut-sche Rennsport-Meisterschaft, Sportwa-gen-WM, DTM, Rallyes, Bergrennen.

Auch ausserhalb seiner ParadedisziplinMotorsport meldet sich Fritz Danco in Funkund Fernsehen regelmässig zu Wort. ObBundesliga-Spiele des 1. FC Kaiserslau-tern, regionale Grossereignisse oder derRosenmontagsumzug – der stämmigeMann aus Mainz galt im Sender als stra-pazierfähige Allzweckwaffe. «Es gibt ei-gentlich nichts, was ich nicht gemachthabe», blickt der Ruheständler zufriedenzurück, «aber die Rennerei hat mich immerbesonders in ihren Bann gezogen.»

Triumph und Tragik von Jochen Rindt,Rolf Stommelen und Stefan Bellof sind demgestandenen Reporter besonders tief unterdie Haut gegangen. Wenn Fritz Danco undseine Frau Brigitte, die seit 38 Jahren un-erschütterlich an seiner Seite steht, zurAbwechslung mal nicht gerade auf Reisensind oder mit dem Luxusliner «MS Akona»in der Karibik kreuzen, sitzt der «alte Fritz»zu Hause vor dem Fernseher und gucktFormel 1. «Denn das», lässt er wissen,«fasziniert mich immer noch.»

Der alte Fritz

Infos von der Basis: Fritz Danco mit Jochen Mass 1990 am Nürburgring

Reporter mit Herz: Danco 1970 Reisen statt rasten: Danco heute

104

Dauer, Jochen (MSa 09/2002)

Jochen Dauer war schon immer Berufs-optimist. Ein Beisser, der auch bei

strammem Gegenwind nie aufgab. Mit denabenteuerlichsten Finanzkonstruktionenzog er seine chronisch unterfinanziertenF3- und F2-Projekte durch, dito die Touren-wagenzeit im BMW und im Zakspeed-Ford-Capri Turbo sowie den Wechsel in die Sport-wagenszene mit der Übernahme des Por-sche-962-Bestands von John Fitzpatrick.

Die Porsche-Starts markierten «dieschönste und erfolgreichste Zeit meiner30-jährigen Rennlaufbahn». Die endete1990 nach mehr als 500 Starts und rund100 Siegen. Danach blieb Dauer als Team-chef und Geschäftsmann im Gespräch. Soinszenierte er 1991 den Start der Gross-familien Andretti und Unser auf seinenAutos bei den 24 Stunden in Daytona. DerGeniestreich wuchs sich freilich zumfinanziellen Desaster aus. Wegen desGolfkriegs sprangen ihm fast alle US-Sponsoren kurz vorm Start ab und rissenein Loch von fast zehn Millionen Dollar indie Rennkasse.

Dauer wäre nicht Dauer, hätte er sichnicht auch aus dieser bedrohlichen Situa-tion befreit. Schon bald überraschte erFreund und Feind mit einem neuen Coup:Seit 1992 lässt er in seiner Firma «DauerSportwagen GmbH» den von ihm heissge-

liebten Porsche 962 als GT-Auto mit Stras-senzulassung bauen. Sein «Dauer 962 LeMans» in GT-Ausführung siegte 1994 nichtnur an der Sarthe, sondern wurde fortanauch für Ölscheichs und Königshäuser zumObjekt der Begierde.

Elf der edlen Stücke zu je 900 000 Eurosind weltweit verkauft, allein drei hat derSultan von Brunei. Der steinreiche Herr-scher des Golfstaats übertrug dem Nürn-berger Autobauer auch gleich den tech-nischen Service des royalen Fuhrparks mitmehr als 3000 Luxuskarossen.

Während die Rennkarriere des heute 50-jährigen Junggesellen seit 12 Jahren Ver-gangenheit ist, sieht der Tausendsassa ge-schäftlich noch viele Optionen. «Ein neuesGrossprojekt steckt schon in der Pipeline,das wird ein Riesenknaller.» Abseits desGeschäfts mit den schnellen Autos hatJochen Dauer ein neues Hobby entdeckt.Mit seinen vier Riesenschnauzern («allesDeckrüden») räumt er bei Hundeausstel-lungen gross ab. «Aber nicht in der Pro-vinz, sondern auf EM- und WM-Niveau»,stellt Dauer klar.

Unter die Rennerei hat er einenSchlusspunkt gesetzt – sogar auf denBesuch seines Heimrennens auf demNorisring verzichtet er standhaft. «Was ichsehen will, sehe ich im Fernsehen.»

Power mit Dauer

«Meine schönste Zeit»: Jochen Dauer 1988 im geliebten Porsche 962

Dauer 1979: Wilde F3-Jahre Heute: Wenn der Sultan ruft …

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Dongus, Lothar (MSa 38/2002)

lothar Dongus kann es in Sachen Fitnessund Kondition noch mit manch jüngerem

Zeitgenosse locker aufnehmen. Immerhinwird der Stuttgarter demnächst 72. Wasder Ex-Leiter der Porsche-Sportfahrerschu-le und Organisator zahlreicher Porsche-Sportevents (Golf, Tennis, Rad) abspult,würde dem einen oder anderen aktuellenRennprofi zur Ehre gereichen. So sitzt ertäglich auf dem Rennrad oder dem Moun-tainbike und spult so «mehrere 1000 Ki-lometer im Jahr» ab. Sollte es dennoch einpaar Stunden Leerlauf geben, wird schnelleine Runde Golf (Handicap 12) eingelegt.Das Tennisspielen musste er allerdingsnach einer Meniskus-OP ebenso reduzierenwie das Skifahren.

So konsequent, wie der Schwabe seinIdealgewicht von 70 Kilogramm pflegt,war er auch als Motorsportler. Ob Rallye,Berg- oder Rundstrecke – im Porsche 356war Dongus immer ein Siegkandidat. Vorallem der legendäre Porsche Super 90 trugihn von Erfolg zu Erfolg. S90-Privatiersrückten Mitte der 60er in Kompaniestärkean und sorgten vor allem auf den zahlrei-chen Flugplatzkursen für Markenpokal-Feeling. Die Gegner von damals hiessenDieter Glemser, Günther Schwarz oder HansWernle. Gelegentliche Ausflüge in die For-mel V bescherten ihm 1965 den vielbeach-

teten Triumph im chaotischen Regenren-nen auf der Stuttgarter Solitude und wei-tere Topresultate im badewannenähnli-chen «Beach-Car» aus «Huschkes Formel-V-Wanderzirkus».

Schliesslich beendete er 1969 seine ak-tive Zeit mit dem 2,4-Liter-911er, um sichden beruflichen Aufgaben bei Porsche zuwidmen. So zählte Dongus 1985 zur Grün-der- und Organisations-Truppe des 944-Turbo-Cup, aus dem schliesslich der Carre-ra-Cup hervorging.

Trotz offiziellem Ruhestand war der lei-denschaftliche Sportfreak bis vor ein paarJahren mit einem Porsche-Beratervertragausgestattet. Seit er in Naples/Floridawohnt und nur noch im Sommer nachDeutschland kommt, sieht er die alten Por-sche-Kumpels selten. Wenn er aber im Lan-de ist, zieht’s ihn zum Porsche-Carrera-Cupnach Hockenheim oder an den Nürburg-ring. Dort wird er stets mit grossem Hallound den Worten «Was siehst du unver-schämt gut aus» begrüsst.

Wie lautet das Erfolgsrezept des über-zeugten Junggesellen für so viel Fitness,Elan und Gesundheit im fortgeschrittenenAlter? Dongus: «Ausgewogene Ernährung,immer in Bewegung bleiben, positive Le-benseinstellung und von allem nicht zuviel und nicht zu wenig.»

Der Fitness-Freak

Gewohntes Bild: Dongus führt die S90-Meute 1965 in Mainz-Finthen an

Strahlender Sieger: Dongus 1965 Fit in Florida: Dongus mit 72

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Engeman, Liane (MSa 39/2002)

Liane Engeman erschien der rennendenMännerwelt nur auf den ersten Blick als

blonder Engel. Wer es auf der Piste mit ihrzu tun bekam, wurde rasch mit der Reali-tät konfrontiert. Die Holländerin fackeltenicht lange, gab höllisch Gas und pflegteeine unnachgiebige Infight-Strategie. Sogalt sie in den acht Jahren ihrer Karriere(1966–1974) neben Christine Beckers alsdas Beste, was die Niederlande an Vollgas-Ladys jemals zu bieten hatten. Vor allemauf ihren Lieblingsstrecken Zandvoort undSpa-Francorchamps setzte Liane im AlfaGTA, Capri RS, Ford Escort RS und Abarth-Spider Sternstunden.

Zuvor hatte sie schon die Monoposto-Klassen Formel Vau, Formel Ford und For-mel 3 mit Bravour gemeistert. So hielt siein Thruxton sechs Monate lang den For-mel-Ford-Rundenrekord, bevor ihn ein ge-wisser Brasilianer namens Emerson Fitti-paldi unterbot. Am wohlsten aber fühltesie sich im Tourenwagen. Im goldfarbenenKent-Capri RS etwa kämpfte die hübscheBlondine mit Kalibern wie Stuck, Fritzin-ger und Joisten und holte sich 1972 imPremiererennen der DRM auf der Nord-schleife hinter den drei Stars einen sensa-tionellen vierten Platz. Von Alfa Romeo be-kam sie einen Werksvertrag für die Touren-wagen-Europameisterschaft. Hochzeit,

Schwangerschaft und die Geburt der Zwil-linge setzten der Rennerei ein Ende.

Inzwischen ist Liane Engeman (55) wie-der Single und hat ihren Wohnsitz vonniederländischen Haarlem ins spanischeMarbella verlegt. Dort hilft sie den Kindernbei der täglichen Bewältigung des kauf-männischen Parts. Michael (28) ist Betrei-ber einer Grossraum-Disco (Fassungsver-mögen: 1500 Gäste), Eline nennt ein Bou-levard-Café ihr Eigen. «Wir haben rund umdie Uhr zu tun», vermeldet die Ex-Renn-fahrerin. «Für Jet-Set und Faulenzen bleibtkaum Zeit.» Sogar ihr geliebtes Golfenmusste sie aufgeben, nachdem ihre Schul-ter bei einem Autounfall arg in Mitleiden-schaft gezogen wurde.

Trotz eingeschränkter Bewegungsfrei-heit fühlt sie sich topfit. Mit den Wegge-fährten aus alten Renntagen hat sie kei-nen Kontakt mehr, nur Ex-Ford-Teamma-nager Frans Lubin trifft sie gelegentlich.Aber im Fernsehen schaut sie sich von derFormel 1 bis zur DTM regelmässig die gan-ze Bandbreite des aktuellen Rennsportsan. Am meisten fasziniert sie die Formel1. Sobald die Kids die Hilfe der Mutter inMarbella nicht mehr unbedingt brauchen,möchte Liane das Versäumte nachholen:«Viele Reisen unternehmen und meineLieblings-Grands-Prix besuchen.»

Der blonde Engel

Heimspiel in Zandvoort: Liane 1973 im rechtsgelenkten Ford Escort RS

1970: Der hübsche Schein trügt Dame von Welt: Engeman heute

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Eppelein, Heinz (MSa 11/2002)

Heinz Eppelein darf als gutes StückBMW-Sporthistorie gelten. Mit Alex

von Falkenhausen und Paul Rosche ge-hörte der Diplomingenieur zu den Männernder ersten Sportstunde in München.Multitalent Eppelein, Motor- und Chassis-Konstrukteur, Leiter des Fahrwerksver-suchs und Rennfahrer in Personalunion,pilotierte den legendären BMW 700 in derBerg-DM zu einem fürs Unternehmen da-mals enorm wichtigen Titelgewinn. ZehnLäufe, zehn Siege und zehn Mal Klassen-bestzeit lautete die Bilanz.

Etwa zur gleichen Zeit gab der leiden-schaftliche Motorsportler den Anstoss fürdie Schaffung eines BMW-Sportpokals, derdie erfolgreichsten Piloten der Weiss-Blauen jeweils am Saisonende mit Sach-und Geldpreisen bedachte. Erster Gewin-ner war übrigens 1963 Dieter Quester – undden Sportpokal gibt es immer noch. Ques-ter übrigens auch …

Nachdem Eppelein 1964 mit dem 1800TI nochmals Deutscher Vizemeister amBerg wurde, löste er ein Versprechen ein,das er seiner Freundin Edith gegeben hat-te: «Ich habe ihr gesagt, dass ich sofortaufhöre, wenn wir heiraten.» Beides ge-schah vor 37 Jahren.

Gerne blickt der 73-jährige Pensionärauf seine 34 BMW-Jahre zurück. Nicht nur

der Sport (so gewann er mit Hubert Hahneim 2000 TI das 12-h-Rennen auf demNürburgring) hat ihn fasziniert, sondernvor allem die Technik. So absolvierte er beiTests für den Fahrwerksversuch binnen dreiJahren rund 100 000 Nordschleifen-Kilo-meter. Seine grosse Liebe galt aber demBerg. Dort mochte er den Schauinsland mitseinen 178 Kurven besonders. «Die ulti-mative Herausforderung für jeden Berg-piloten, der was auf sich hielt.»

Heute betrachtet Eppelein das renn-sportliche Treiben meist vor dem Fernseherdaheim in Neufahrn bei München und ver-folgt die Husarenritte seines altenArbeitgebers in der Formel 1. Gerne würdesich der BMW-Pionier auch noch vor Ort imFahrerlager umsehen, «aber dazu müsstemich schon einer einladen. Den Kartenmag ich wirklich nicht mehr nachrennen.»Vielleicht hat bei BMW da ja mal jemandeine Idee …

Ansonsten geniessen die Eppeleins dasLeben, sind oft wochenlang mit ihrerMotoryacht im Mittelmeer unterwegs undfreuen sich über die zwei Enkelkinder ihrerTochter, die als Staatsanwältin arbeitet.Und der 33-jährige Sohn ist als Diplom-ingenieur in der BMW-Fahrwerkskonstruk-tion bereits in die Fussstapfen des HerrnPapa getreten.

Der BMW-Pionier

Zehn Läufe, zehn Siege: Berg-König Eppelein 1963 im Werks-BMW 700

Damals: Unschlagbar am Berg Heute: Spass auf dem Wasser

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Eymann, Dr. Dieter (MSa 24/2002)

Dr. Dieter Eymann war einer der vielsei-tigsten Hobby-Rennfahrer der 60er-

und 70er-Jahre. Bei Bergrennen eine si-chere Bank, eine makellose Rundstrecken-Bilanz und obendrein blitzsaubere Rallye-Auftritte (u. a. 12 Monte-Starts und Drit-ter der Rallye-DM). Unvergessen seine wil-den Ritte in einem der optisch schönstenBuckel-Volvo der damaligen Zeit, ein-drucksvoll auch die Auftritte im 4,7-Liter-Mustang, den der Zahnarzt aus Pirmasensvon Jacky Ickx übernommen hatte. Als erdie Rennerei nach knapp 20 Jahren «mitreichlich Siegen und besten Erinnerun-gen» beendete, nahm er die nächste He-rausforderung an.

Ab 1980 verschrieb er sich der Sport-fliegerei, wurde Deutscher Motorflugmeis-ter und sah «die halbe Welt aus luftigerund faszinierender Perspektive». Nimmtman seine Rennfahrer-Jahre, die Zeit alsSportflieger und dazu die Motorrad-Exkur-sionen, dürfte Dieter Eymann der sport-lichste und schnellste Dentist der Pfalz ge-wesen sein. Dass er dieses Prädikat nichtmehr vollumfänglich für sich in Anspruchnehmen kann, liegt an gesundheitlichenSchicksalsschlägen, die den heute fast 67-Jährigen in rascher Folge trafen. 1994 er-litt er binnen einer Woche vier schwereSchlaganfälle, kurz darauf mussten ihm in

einer hochkomplizierten Herzoperationvier Bypässe gelegt werden.

Mit reichlich Glück, guten Ärzten, eiser-nem Willen und dem Rückhalt durch seinezweite Frau Irene überlebte er den gesund-heitlichen Supergau. Halbseitig gelähmtund an den Rollstuhl gefesselt, schaffte erüber viele schlimme Monate in Rehabili-tations-Zentren den beschwerlichen Wegzurück in ein einigermassen normales Le-ben. Heute steht und bewegt er sich aufseinen eigenen Füssen, treibt Sport, spielttrotz Restlähmung Golf und geht halbtagsin seine Praxis, wo ihm ein Kollege assis-tierend zur Seite steht.

Sogar seinen heissgeliebten 400-PS-Pontiac Firebird mit 5,7-Liter-Chevy-Alu-Motor bewegt er wieder selbst, allerdingsgeht’s nur noch mit Automatic. «Nicht übelfür jemand, der medizinisch gesehen ei-gentlich seit acht Jahren tot sein müss-te», sagt Eymann stolz, «aber mit der Flie-gerei und dem Motorrad fahren ist es lei-der vorbei.»

Kontakt zum Rennsportgeschehen hälter über alte Kumpels wie Helle Bein oderPeter Linzen, am TV sind Formel 1 und NAS-CAR angesagt. «Mein Leben könnteschlimmer aussehen», sagt er fast dank-bar, «ich geniesse jeden Tag, an dem ichmich frei bewegen kann.»

Zurück ins Leben

Wunderschöner Buckel-Volvo 544: Eymann beim Wasgau-Bergrennen ’64

Siegesserien: Eymann 1965 Rückkehr ins Leben: Eymann heute

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Fischhaber, Toni (MSa 40/2002)

Toni Fischhaber hat es in 28 Rennjahren(1959–87) zu einem der erfolgreichsten

bayerischen Motorsportler gebracht. SechsBerg-Europameisterschaften, einen deut-schen Berg-Titel und gut 200 Einzelsiegehat der kleine, zerbrechlich wirkende Mannaus Bad Tölz mit allen möglichen Touren-wagen, GT-Autos und Sportwagen errun-gen. Dabei fiel sein erster Antritt 1959 amWallberg völlig frustrierend aus: Otto Sens-burg, legendärer Rennleiter und Sportchefdes ADAC Südbayern, liess den damals 18-Jährigen wegen seines jugendlichen Altersund der schmächtigen Statur erst gar nichtzum Start zu. Dass es ausgerechnet Sens-burg war, der dem «kleinen Buben» in derFolge für seine Siege auf nahezu allen bay-erischen Bergpisten jahrelang Siegerkrän-ze umhängen musste, entbehrt nicht einergewissen Komik.

BMW 700, Alfa Zagato, Lotus-BMW, Ab-arth und die gesamte Porsche-Palette biszum 8-Zylinder-Berg-Spider markiertenFischhabers glanzvolle Jahre am Berg undauf der Rundstrecke. Im Porsche-Werks-team wurde er Teamkollege von GerhardMitter, bei Abarth kämpfte er an der Sei-te von Hans Herrmann. Fischhaber erle-digte alle Jobs mit Ruhe und Routine,machte wenig kaputt und sah fast immerdas Ziel. Die wohl schönsten Rennen und

atemberaubendsten Duelle lieferte er sichaber Anfang der 60er als Privatier mit sei-nem Münchner Dauerrivalen und FreundErnst Furtmayr. Was die zwei in ihren AlfaZagato auf deutschen und österreichi-schen Flugplätzen aufführten, war oft soaufregend, dass gelegentlich die Begleite-rinnen am Streckenrand in Ohnmacht fie-len. Mit 48 beendete Fischhaber seineLaufbahn.

Mit 62 sieht er fast ebenso jugendlichund spitzbübisch aus wie früher. Seit 1993zum zweitenmal verheiratet, drei erwach-sene Töchter, drei Enkel. Statt auf der Pis-te gibt er rund um Bad Tölz geschäftlichVollgas: Zwölf Mietobjekte mit mehr als 60Mietparteien, zwei Geschäftshäuser undacht verpachtete Gastronomie-Betriebehalten ihn auf Trab. Alte Kontakte gibt esnur noch zu Eckhard Schimpf und MarioKetterer, sonst ist Rennsport Nebensache.Dafür spielt er Eishockey im Seniorenteam,war 14 Jahre Vorsitzender des EC Bad Tölzund steht seit acht Jahren in gleicherFunktion an der Spitze des örtlichen Kon-kurrenzklubs. Einmal im Monat trifft sichder gesamte Fischhaber-Clan in Kompanie-stärke zum Essen. «Die Grossfamilie zu-sammenzuhalten und Gesundheit für alle,ist mein grösster Wunsch für die Zukunft»,sagt der Familienmensch.

Tölzer Triumphator

Erster Titel: Im BMW 700 wurde Fischhaber 1962 Deutscher Bergmeister

Grosse Rennen: Fischhaber 1965 Gute Geschäfte: Fischhaber 2002

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Fuchs, Heinz (MSa 21/2002)

Heinz Fuchs und seine Formel-V-Autoszählten zwischen 1965 und 1975 zum

Bild jeder Rennstrecke. Vor allem in derAnfangszeit der grossen deutschen V-Be-wegung hatten die Monoposti des schwä-bischen Rennwagenbauers ihre bestenAuftritte. Zwar regierte auch mal das Chaos, und manch mutiger Fuchs-Pilot ver-zweifelte gelegentlich an der Technik deseigenwilligen Konstrukteurs. Aber trotz-dem hatten die schlanken und formschö-nen Renner im Streit mit den Kaimann-,Olympic- und Austro-V-Werksteams dieNase oft genug vorne.

Alles in allem rund 100 Siege erreich-ten Fuchs-Piloten in aller Welt. HelmutBross, Werner und Roland Müller, der Bel-gier Willy Braillard und der Österreicher Lo-thar Schörg gehörten zum engeren Kader.Zu seinem Lieblingspiloten hatte der ChefWerner Müller erhoben: «Er war mein ers-ter und bester Fahrer.» Rund 120 Formel V1300 und 50 Super V wurden bei Fuchs inRutesheim bei Leonberg gebaut, dazu jedeMenge Kits.

Als der V-Boom Ende der 70er-Jahrenachliess und auch VW Interesse und En-gagement zurückschraubte, beendeteHeinz Fuchs das Kapitel ziemlich frustriert.Danach arbeitete er in der Präzisionstei-lefertigung verstärkt mit der Porsche-Renn-

abteilung zusammen. Zusätzlich eröffneteer mit dem Slogan «Fuchs Powerbikes –Kompetenz auch auf zwei Rädern» neuePerspektiven durch Konstruktion und Bauhochwertiger Fahrräder mit handge-schweisstem Alurahmen.

Noch heute baut Fuchs, mittlerweile 68und Pensionär, für alte Freunde und guteKunden «das eine oder andere Rad nachderen speziellen Vorstellungen». Mit sei-nen Piloten aus der Formel-V-Zeit hat erkaum noch Kontakt, über den aktuellenRennsport informiert er sich am TV. Manch-mal setzt er sich auch in Hockenheim aufdie Tribüne oder wandert unerkannt durchsFahrerlager. Technik fasziniert ihn nochimmer, er gilt als ausgewiesener Porsche-und Oldtimer-Fan, liebt seinen 930 Turboüber alles.

Gesundheitlich geht’s ihm «bis auf dasübliche Zwicken in meiner Altersklasseganz ordentlich». Vor kurzem hat ihn dieältere der zwei Töchter (33, 30) erstmalszum Opa gemacht – er selbst ist nach 25-jähriger Ehe seit 1987 geschieden. Alsnächstes Ziel hat sich Fuchs die Restaurie-rung einiger seiner alten Formel V vorge-nommen. Grosse Wünsche hat er nichtmehr: «Wenn ich meine Autos und Fahrrä-der um mich habe, geht’s mir gut. Mehrbrauch’ ich nicht.»

Der Formel-Fuchs

Eigenwillig: Vollverkleideter Fuchs-Super V (Nr. 56) 1972 in Hockenheim

Kreativer Zeichner: Fuchs 1966 Technik-Liebhaber: Fuchs heute

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Hähn, Helmut (MSa 31/2002)

Helmut Hähn ist mit fast 71 Jahren nichtnur Deutschlands ältester aktiver Alfa-

Händler, sondern auch Ziehvater dreiergrosser Renntalente. In den Alfa-Touren-wagen des Mannheimers starteten GerdSchüler und Jochen Mass ihre Karrieren,später stiess auch Harald Ertl (starb ’81 beieinem Flugzeugabsturz) zur Hähn-Truppe.Alle drei gehörten zur jener wilden Mann-heimer Clique der 60er-Jahre, die das Berg-rennen Eberbach sowie alle Hockenheim-Events ihres örtlichen MotorsportclubsMHSTC quasi vor der Haustür zu ihrem all-jährlichen Happening machten.

Mit den Hähn-Giulia Super TI und GTAdriftete Schüler regelmässig zu Klassensie-gen, betreut von Mechaniker Mass. Derwiederum nervte seinen Chef so lange, biser endlich selbst ans Lenkrad durfte undfortan Schrott und Siege in buntem Wech-sel ablieferte. Noch heute bekommt Hähnglänzende Augen: «Der Schüler fuhr rundund abgeklärt, der Mass wild und risiko-reich, der Ertl wie ein Wahnsinniger. Mitden Drei habe ich die schönste Zeit imRennsport erlebt.»

Auf rund 120 Einzelsiege kann der Team-chef zurückblicken, dazu einen Berg-Titel(Schüler auf der Giulia TI) und eine Vize-meisterschaft (Reinhard Stenzel/AlfaGTA). Oft und gerne zwängte sich der Chef

auch selbst in die Cockpits seiner Autos,aber als Tuner und Techniker war er ein-deutig besser.

Es geht ihm gut, er ist gesund, werkeltnach wie vor «von 8 bis 8 im Geschäft»,in dem er seit 1958 Alfa Romeo verkauftund repariert. Noch immer unterzieht der70-Jährige jedes Auto nach erfolgter Re-paratur persönlich einer Probefahrt. Ehe-frau Ilse, seit 50 Jahren an seiner Seite,erledigt die Buchhaltung, Tochter Elke(34) hilft ebenfalls mit. «Ohne meine bei-den Mädels», stellt Hähn klar, «hätte ichdas nicht so lange durchgehalten.» Diezwei Enkel (16, 11) sollen später mal dasGeschäft übernehmen. Urlaub und Krank-heiten bezeichnet das Mannheimer Origi-nal als Fremdwort, seine Hobbys bestehenaus drei A – «Alfa, Autos, Arbeit».

In diesem Jahr schlendert der alte Herrwieder verstärkt durchs Fahrerlager: Er hatsich überreden lassen, nach langer Renn-pause ein Auto im neuen Alfa-Romeo-147-Diesel-Cup einzusetzen. «Aber das istnicht mehr meine Welt», stellt HelmutHähn fest. «Das ist mir alles zu ernst, zuhektisch und zu unpersönlich geworden.»Einzig das grosse Alfa-Gästezelt lässt ihnstrahlen: «Hier triffst du alte Freunde undkriegst auch noch was Gescheites zu es-sen und zu trinken.»

Ein Leben für Alfa

Heimspiel in Hockenheim: Harald Ert 1971 im Hähn-Alfa Romeo GTAM

Autos und Arbeit: Hähn 1968 Autos und Arbeit: Hähn heute

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Hardt, Dieter (MSa 27/2002)

Dieter Hardt war allein wegen seinerstattlichen Körpergrösse von knapp

zwei Metern kaum zu übersehen. Und werauf die begehrten Sponsorgelder des Öl-Multis Castrol scharf war, bekam es auto-matisch mit dem PR-Direktor des Unter-nehmens zu tun. Hardt erinnert sich ger-ne der Zeit, als die grosszügig ausgestat-teten Renndienstbusse der führenden Mi-neralöl-Firmen wie Aral, elf, BP, Veedol,Caltex oder Shell die Fahrerlager wie eineWagenburg einrahmten.

Hardts Kundschaft der 70er- und 80er-Jahre gehörte zu den Top-Adressen derBranche – die Zakspeed-Escort in derRennsport-Meisterschaft, die BMW-CSL-Coupés im Europa-Championat oder dasTeam Toyota Europe in der Rallye-WM.Volkswagen Motorsport war ein weiterer,langjähriger Castrol-Partner: Formel SuperVW, Golf-GTI-Rallyeprogramm und alle VW-Markenpokale präsentierten sich mit demLogo des Unternehmens.

Als Hardt 1988 in die Vorstandsetageder Burmah Oil Holding (zu der auch Cas-trol und Veedol gehörten) aufrückte undmit der Neuausrichtung der Konzern-Stra-tegien betraut wurde, bedeutete dieszwangsläufig den beruflichen Schluss-strich unter das Kapitel Motorsport.«Trotzdem bin ich ein Fan geblieben, weil

ich dort nur Positives erlebt habe.» Zwarblieb Castrol, wenn auch eingeschränkt,weiter im Sport präsent, aber mit HardtsAbgang endete eine Ära.

Mit einem Festabend in der Semper-Oper zu Dresden wurde der lebensfroheHamburger vor sechs Jahren mit 65 vonseinem Arbeitgeber in den Ruhestand ver-abschiedet. Zeitgleich heiratete er «nach23-jähriger Probezeit» seine Lebensge-fährtin Jutta. Inzwischen 71, erfreut sichHardt nicht nur bester Gesundheit, son-dern brilliert mit erstaunlichen Bestleis-tungen in der Leichtathletik-Seniorenklas-se «M70». So unterbot er kürzlich mit11,83 Meter den elf Jahre alten Hamburg-Rekord im Kugelstossen, machte zum 28.Mal das Goldene Sportabzeichen, läuft die3000 Meter noch immer in 15 Minuten unddie 100 Meter in 14,2 sec.

Überdies engagiert sich der Musik- undLiteratur-Liebhaber im Naturschutz lei-denschaftlich für die Erhaltung von Stör-chen und Kranichen. Mit dem Motorsportverbindet er heute neben dem Fernsehge-rät vor allem die Freundschaft zum ehe-maligen Zakspeed-Chef Erich Zakowski.Nur zu gerne erinnert sich Hardt an ge-meinsame Escort-Jahre: «Das war für michmenschlich und sportlich gesehen dieschönste Zeit.»

Der Öl-Baron

Farben des Erfolgs: Hans Heyers Zakspeed-Escort aus dem Jahre 1976

Ein echter Rennfreak: Hardt ’82 Fit und fesch: Dieter Hardt heute

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Hegels, Dieter (MSa 32/2002)

Dieter Hegels zählte zu den eher Stillen,Unauffälligen. Nach drei Motorrad-

sport-Jahren stieg der Rheinländer 1966um und trat als Privatier erst im VW Käfer,dann mit einem Simca und schliesslich vor-zugsweise mit selbstpräparierten BMW-Tourenwagen an. Und als die Rivalen imRundstrecken-Pokal 1970 langsam begrif-fen, dass der Kfz-Meister aus Ratingen mitdem Alpina-BMW auf Titelkurs fuhr, war’szu spät. Hegels sicherte sich als Nachfol-ger Dieter Glemsers mit der höchstenPunktzahl in der 1600er-Klasse den Titel,ohne dass die gelackmeierten Werkspilo-ten anderer Hubraumklassen beim Finalein Hockenheim hätten kontern können.«Für mich eine tiefe Genugtuung», erin-nert sich der BMW-Mann, «weil mich kei-ner so richtig auf der Rechnung hatte.»

Nach dem Triumph stand der BMW-Pri-vatfahrer auch in den Oberligen Renn-sport-Meisterschaft und Tourenwagen-EMseinen Mann, erreichte achtbare Resulta-te und brachte so manchen Star in Verle-genheit. Weil seine BMW-Werkstatt mit an-geschlossenem Tuning-Betrieb ihm immerweniger Zeit für die Rennerei liess, been-dete Hegels 1984 schweren Herzens seineLaufbahn.

Ironie des Schicksals: Seinen bislangeinzigen bösen Unfall hatte der 62-Jähri-

ge nicht auf der Rennstrecke, sondern fastvor der Haustür. Im Februar 2002 krachteer «ohne Vorwarnung auf Blitzeis» mit ei-nem BMW 318 breitseits gegen einenBaum. «Ich konnte mich nicht rühren, wareingeklemmt und musste aus dem Autorausgeschnitten werden.» Per Hubschrau-ber wurde er in die Klinik geflogen, wo manneben bösen Prellungen zwei gebrocheneRückenwirbel diagnostizierte. Fast zweiMonate lag er im Spital, es folgten einelangwierige Rehabilitation und immer wie-der Arztbesuche.

Die Tuning-Werkstatt, als Einmann-Be-trieb voll auf ihn fixiert, musste währendder Rekonvaleszenz schliessen. «Das wa-ren bittere Wochen, sowohl vom Heilungs-verlauf her wie auch finanziell.» Dabei hat-te er Glück – der Horrorcrash hätte viel üb-ler ausgehen können.

Aber schon schmiedet er wieder benzin-geschwängerte Pläne. So möchte Hegels,seit 37 Jahren mit Marlies verheiratet undkinderlos, einen 70er-Chevy Camaro fürden Einsatz im historischen Sport aufbau-en. Auch für den aktuellen Rennsport in-teressiert er sich unverändert, am Fernse-her gibt er sich «das volle Programm vonFormel 1 über NASCAR, V8STAR und DTM».Und wenn noch Zeit bleibt, frönt er sei-nem Hobby als Sportschütze.

Der stille Meister

Der Meister-Privatier: Hegels 1970 auf Siegesfahrt um die Nordschleife

In stiller Freude: Hegels 1970 Glück im Unglück: Hegels 2002

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Hero, Manfred (MSa 33/2002)

Manfred Hero war zumindest für seinesaarländischen Fans in dem Moment

ein echter Hero, als ihm 1982 bei der zuDM und EM zählenden «Saarland-Rallye»ein Sieg über den grossen Walter Röhrl imLancia 037 gelang. Diesen Triumph überden Topstar kostete der Porsche-Pilot auswie kaum einen anderen und bezeichnetihn noch heute «als das Grösste meinerKarriere».

Fast 20 Jahre lang donnerte der Kfz-Meister aus Schmelz als Privatier überDeutschlands Rallyepfade, schrammtezweimal knapp am Gewinn des DM-Titelsvorbei und erkämpfte sich bei der «Mon-te» sogar die Position des besten deut-schen Teilnehmers. Mit Porsche 911, OpelManta 400, Lancia Delta Integrale undBMW M3 sowie den Co-Piloten Klaus Hop-fe, Dietmar Müller und Guido Horsch erleb-te Hero zwischen 1967 und 1990 nahezualle Höhen und Tiefen. Zu den Highlightsgehörte der oben beschriebene Sieg überRöhrl, zu den Tiefen zählten drei Total-schäden (zwei Porsche, ein Manta) und dieverlorene Meisterschaft 1981. Als Tabel-lenführer kam er zum Finale nach Strau-bing, wo ein Getriebeschaden alle Titel-hoffnungen zerschlug.

Aufgehört hat er schliesslich, weil dieKluft zwischen Privat- und Werksfahrer im-

mer grösser wurde. «Wenn mir Leute wieWinfried Matter nicht geholfen hätten,wäre viel früher Ende gewesen.» Stattdes-sen kümmerte er sich verstärkt um seinePorsche-Werkstatt und die Betreuung derRallyekunden.

Inzwischen hat der 53-Jährige mit gros-sem Erfolg ein weiteres Geschäftsfeld er-schlossen. Am Ufer der MoselgemeindenMinheim und Klüsserath betreibt er zweiWohnmobil-Parks mit insgesamt 470 Stell-plätzen. Beide Areale sind vom ADAC be-reits mehrfach ausgezeichnet worden undliegen im Einzugsbereich einiger Sonder-prüfungen, die beim WM-Lauf im Augustgefahren werden. «Das wird ein Riesen-fest», schwelgt Hero in Vorfreude auf dendeutschen Rallye-Gipfel. «Wir werden kei-ne Minute versäumen.»

Wir – das sind seine Frau Anny, mit derer seit 32 Jahren verheiratet ist, und sein30-jähriger Sohn Marco, der als Rechtsan-walt arbeitet. Zweimal pro Jahr gönnensich Vater und Sohn eine gemeinsame Rei-se: Im Wohnmobil geht’s zur Rallye Mon-te Carlo und zur Tour de France. Denn dasRennrad ist Heros zweite grosse Passion.Spätestens mit 60 soll beruflich Schlusssein, «dann machen wir eine Europatourim Wohnmobil – und hinten drauf natür-lich das Rennrad».

Manfred the Hero

Echtes Prachtstück: Manfred Heros 3,3-Liter-Turbo-Porsche anno 1983

Knapp am Titel vorbei: Hero 1981 WM-Lauf-Vorfreude: Hero heute

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Huhn, Robert F. (MSa 42/2002)

Robert F. Huhn gelang vor gut 40 Jah-ren, worum ihn heute jeder Teamchef

beneiden würde: Der Hobbypilot konntedie Deutsche Lufthansa als Sponsor be-geistern. Der Hotelkaufmann aus Oberwin-ter bei Bonn, selbst im Flugunternehmenals Manager tätig und für Aufbau und Per-fektion des Bord-Service zuständig, konn-te im Juli 1961 voller Stolz die «ScuderiaLufthansa» samt Bewerberlizenz als ein-getragenen Verein präsentieren. «Ein har-tes Stück Überzeugungsarbeit», erinnertsich der erfolgreiche Porsche-Pilot und Ge-schäftsführer der Scuderia. «Das Top-Ma-nagement stand der Idee zunächst sehrskeptisch gegenüber.»

Dank der Siege von Huhn, Hans Werle,Hans Dieter Dechent und Günther Schwarzavancierte die Lufthansa-Truppe bald zurerfolgreichsten deutschen Privatrennge-meinschaft der 60er-Jahre. Dazu kamenGastfahrer vom Schlage eines ReinholdJoest, Udo Schütz oder Rolf Stommelen.Die Kranich-Männer bevorzugten durch-weg Porsche – vom Super 90 über den le-gendären Carrera 1,6 bis zum 906 und 910war alles dabei, was die Stuttgarter so imAngebot hatten.

Huhn hatte seine besten Jahre im Por-sche 914/6 und 356er-Carrera. Für den«persönlich wertvollsten Sieg» beim GT-

Rennen im Rahmen des Deutschland-GP1963 auf der Nordschleife hängte ihm so-gar der grosse Juan Manuel Fangio denKranz um den Hals. 1972 wurde das Kapi-tel «Scuderia Lufthansa» geschlossen, dasich die meisten Gründungs- und Stamm-fahrer vom aktiven Sport zurückzogen. 62Siege, 84 zweite und 50 dritte Plätze aus280 Starts hatten die Lufthansa-Pilotenbis dahin erreicht.

Mit Gattin Inge, mit der er seit 45 Jah-ren verheiratet ist, lebt Huhn als Ruhe-ständler in seiner Heimatstadt Oberwinter.Langeweile ist für den jugendlich wirken-den 70-Jährigen ein Fremdwort. Die Pfle-ge seiner Oldtimer, Gartenarbeit, Wande-rungen durchs Siebengebirge und Reisenhalten ihn auf Trab. Die beiden Töchter(41, 40) arbeiten als Stewardessen – na-türlich bei der Lufthansa. Sein Sohn (39)ist bei DaimlerChrysler ins Smart-Pro-gramm eingebunden.

Seinen geliebten Nürburgring, auf demer in 25 Jahren rund 60 000 km abgespulthat, besucht er nach wie vor gerne, wenn-gleich der aktuelle Rennsport hauptsäch-lich vorm TV-Gerät stattfindet. Mit seinenMannheimer Ex-Weggefährten Werle undDorner pflegt er regelmässig Kontakt. Ge-sundheitlich geht’s ihm prima. «Dafürmuss man in meinem Alter dankbar sein.»

Sieg für die Airline

Im Dienste des Kranichs: Huhn im 914/6 beim 1000-km-Rennen 1970

Respektabler Raser: Huhn 1967 Rüstiger Rentner: Huhn 2002

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Klapproth, Günther (MSa 07/2002)

Günther Klapproth hatte einen gutenGrund, als Copilot dem heissen Rallye-

Sitz adieu zu sagen: «14 Jahre und 168Rallyes ohne Unfall waren genug – manmuss es ja nicht übertreiben.» Der Hanno-veraner war bei vielen Rallyestars derruhende Pol im Cockpit, galt als geradezupedantischer Perfektionist in Vorbereitungund Handling der Fahrtunterlagen. Mitsicherer Ansage dirigierte er seine Chauf-feure zu rund 70 Goldmedaillen, 18 Ge-samt- und 32 Klassensiegen.

Besonders gerne und lange fuhr er ander Seite von Herbert «Ernie» Kleint. Diebeiden wurden in den 60er-Jahren vorallem im Ford-Werksteam zur festen Grös-se. Unvergessen sind die Monte-Starts imschwachbrüstigen Taunus 12M, die Ma-rathon-Fahrt London–Sydney im biederenFord 20M RS oder der Gesamtsieg bei derTour d’Europe 1970. Umso betroffener warKlapproth, als sein Freund und Wegge-fährte 1989 beim Absturz seines Privat-flugzeugs ums Leben kam.

Um diese Zeit war Kleints Ex-Co schonfast 15 Jahre Rennsekretär des ADAC Nie-dersachsen und wachte dort als Chef-Administrator über die Durchführung derhauseigenen Motorsport-Events mit demtraditionsreichen Flugplatzrennen Wuns-torf als Saisonhighlight. «Trotz ständiger

Sicherheitsdebatten und Anfeindungendurch Naturschutzverbände, hatten wir vorallem während der grossen DTM-Ära einewunderbare Zeit», resümiert Klapproth.Als sich 1998 in Wunstorf nach der 34.Auflage letztmals die Zielflagge senkte,fiel auch dem altgedienten ADAC-Mann derAbschied schwer. «Wunstorf wird es leidernie mehr geben, das war einfach nichtmehr bezahlbar.»

Seit Juli 2001 ist Klapproth Rentner.Sein Lebensmittelpunkt sind jetzt dieFamilie sowie «Tessa». Mit dem Rauhaar-dackel, der jüngst die Begleithundprüfungbestanden hat, unternimmt er Streifzügedurch die Umgebung. Herr und Tier sindschliesslich auf Materialsuche für einheimatkundliches Buch. Titel: «Gedenk-steine im Deister» (bewaldeter Höhenzugwestlich von Hannover).

Trotzdem kommt der Motorsport nichtzu kurz; die Rallye-WM und die Formel 1sind TV-mässig die Favoriten. Dazu gibt’spro Jahr zwei bis drei DTM-Besuche undden Grand Prix in Hockenheim. Verblüffenddie Aussage des 65-Jährigen zum ThemaGesundheit: «Ich habe noch nie eineArztpraxis von innen gesehen, habe keinenHausarzt und fühle mich noch immergesund und fit.» Der Traum einer jedenKrankenkasse…

Der Perfektionist

Dream-Team: Klapproth (l.) und Kleint im Ford 12M bei der Monte 1966

Siege mit Kleint: Klapproth 1969 Spass mit Hund: Klapproth heute

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König, Kurt (MSa 08/2002)

Kurt König zählte in den 20 Jahren seinerRennkarriere zu den originellsten Er-

scheinungen der Szene. Als klassischerPrivatfahrer präsentierte sich der schwer-gewichtige Riese mit dem schütterenHaupthaar stets locker und lustig. SeinMarkenzeichen war die glimmende Zigaret-te, auf der Piste gab er sich unnachgiebig,schnell und kampfstark. «Ein Fahrtier derbesonderen Sorte», so porträtierte ihnfrüher mal ein Kollege.

Nach ersten Erfolgen am Berg und ei-nigen Jahren im VW-Golf-Cup setzte sichder Lange aus dem fränkischen Schwabachvornehmlich mit BMW-Tourenwagen inSzene. Schon in der alten DRM machte erim selbst präparierten M1 den Stucks,Questers und Henzlers das Leben schwer.In der DTM der 80er-Jahre zählte er zumunverzichtbaren Inventar der Privatiers,drosch meist sponsorlose 635 CSi-Coupéund M3 durchs Feld, sammelte bei 111Starts knapp 500 DTM-Punkte und schloss1986 inmitten aller Werkspiloten alsGesamt-Dritter ab.

Neben dem Prädikat des besten Zwei-liter-Fahrers in der Tourenwagen-EM 1978und dem Vizetitel in der Rennsport-Trophäe 1981 freute sich König vor allem1982 über den M1-Klassensieg beim 1000-km-Rennen auf dem Nürburgring.

Da seine Hausmarke BMW das DTM-En-gagement 1992 stoppte, verabschiedetesich König aus dem Rennsport. Dafür knie-te er sich gemeinsam mit Bruder Uwe indie Führung des BMW-Autohauses mit rund50 Mitarbeitern. Das Sportgeschehen inaller Welt hat er aber nie aus den Augenverloren. Im Fernsehen wird «alles ver-schlungen, was an Racing über den Bild-schirm geht». Bis zu drei F1-GP pro Saisongönnt er sich ebenso wie den jährlichenPflichtbesuch am Norisring, «um alteFreunde zu treffen».

Auch bei der Top-10-Rennserie ist erneuerdings häufiger präsent, um nachseinem Schützling Daniel la Rosa (16) zusehen. Der Nachwuchsmann steigt von derFormel König in die Formel VW auf und wirdvon dem Ex-DTM-Piloten gefördert. «Mitdem Jungen möchte ich erreichen, was mirselbst versagt blieb – einen Meistertitel.»

Auch aus dem Privatleben meldet derheute 48-Jährige nur Erfreuliches: «Seitacht Jahren bin ich verheiratet, meine Fa-milie mit den zwei Kids (4 und 5) ist meingrösstes Glück.» Hin und wieder gönnt ersich eine Auszeit mit Powerboot-Fahrenvor Mallorca, fühlt sich ansonsten «sehrgesund, aber mit 110 kg leicht überge-wichtig». Und die Zigarette schmeckt ihmnoch immer …

Fränkisches Fahrtier

Schrecken der sogenannten Superstars: Kurt König 1984 im BMW M1

Treuer BMW-Kunde: König 1989 Spass im Powerboat: König heute

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Kremer, Erwin (MSa 15/2002)

Erwin Kremer kann sich 2002 gleich aufzwei Geburtstage freuen – er selbst wird

im Juni 65, und sein berühmter Rennstallfeiert im Oktober 40-jähriges Bestehen.«Leider sind wir ja in Deutschland fast inVergessenheit geraten», bedauert er mitdem selben Dackelblick, mit dem er schonvor 30 Jahren die Gesprächspartner fixier-te, wenn’s ums Geld ging. Und schiebt trot-zig hinterher, dass «es uns noch gibt».

Allerdings ist im Gegensatz zu denGlanzzeiten des Kölner Teams vieles nichtmehr so, wie’s mal war. Bruder Manfred(62), als Techniker und Tüftler eine dertragenden Säulen der Kremer-Erfolgsstory,hat sich 1998 in den Ruhestand verab-schiedet und lebt nun in Spanien. Undstatt der Traditionsmarke Porsche renntseit drei Jahren ein Lola B98-Roush unterKremer-Flagge – «Trotzreaktion gegenübergewissen Porsche-Entscheidungen».

Dabei haben die Kremer-Brothers mitPorsche 35 Jahre lang gut gelebt und einesensationelle Erfolgsbilanz hingelegt:Porsche-Cup-Rekordsieger (11 Mal), je vierEuropa- und Interserie-Titel, DeutscheRennsportmeisterschaft, Erfolge bei den24-Stunden-Klassikern in Le Mans, Dayto-na und Spa. Dazu 30 Le-Mans-Teilnahmenin Folge (1970 bis 1999). Mehr als 300Fahrer aus aller Welt sassen bis heute in

den Cockpits der Kremer-Rennwagen. Aberes gab auch traurige Momente – ManfredWinkelhock (Mosport 1985) und Jo Gartner(Le Mans 1986) starben in den Porsche 962aus Köln, Kris Nissen wäre 1988 in Fujibeinahe verbrannt.

Erwin Kremer, selbst zehn Jahre lang mitdem 911er erfolgreich und 1971 sogarPorsche-Cup-Gewinner, ärgerte das Por-sche-Werksteam oft genug mit revolutio-nären Eigenentwicklungen. Dazu gehörteauch der 935 K3, mit dem Klaus Ludwig1979 in der Deutschen Rennsport-Meister-schaft alles in Grund und Boden fuhr.

Unvergessen sind die Pisten- und Wort-gefechte der 70er-Jahre mit dem kon-kurrierenden Kölner Porsche-Stall vonGeorg Loos. Man jagte sich die Fahrer ab,Beschimpfungen, üble Nachrede undGerichtstermine garnierten die wildenJahre, über die Kremer sagt: «Eine harte,aber schöne Zeit. Manchmal wünsche ichmir, die Uhr zurückdrehen zu können.»

Demnächst denkt auch der alte Fah-rensmann daran, kürzer zu treten und dasLeben zu geniessen. Mit Gattin Christine(40 Jahre verheiratet, kinderlos) erholt ersich immer öfter auf der KanareninselFuerteventura. «Wir haben dort ein Häus-chen, das auch mal unser Altersruhesitzwerden soll.»

Doppel-Jubiläum

Siegesserie mit Eigenentwicklung: 1979/80 räumte der 935 K3 alles ab

Tolles Haardesign: Kremer 1969 «Es gibt uns noch»: Kremer heute

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Leinenweber, Fritz (MSa 20/2002)

Fritz Leinenweber war 15 Jahre lang ei-ner der treuesten Porsche-Kunden im

Rennsport. So erzielte er seine rund 90 Sie-ge ausschliesslich mit Stuttgarter Pracht-exemplaren wie 356 B und 911, Spyder RSKund Abarth-Carrera, 904 GTS, Carrera 906und Carrera 910. Wo immer der Herrenfah-rer aus dem pfälzischen Pirmasens zwi-schen 1956 und 1970 antrat, hatten dieGegner nichts zu lachen. Siege waren dieNorm, zweite Plätze ein Grund zum Lamen-tieren und dritte eine mittlere Katastro-phe. Die Gegner hiessen Rolf Stommelen,Reinhold Joest, Ben Pon oder Joakim Bon-nier; wunderbare Flugplatzkurse wie Trier,Pferdsfeld, Erbenheim oder Innsbruck sa-hen Leinenweber-Festspiele.

In seinen Anfangsjahren musste ermanchmal unter Pseudonym antreten, weildie Wolfsburger VW-Manager ihm den Ent-zug der VW-Vertretung androhten, falls ersich weiter am Rennsport beteiligt. Einenseiner wertvollsten Erfolge erzielte derPfälzer 1961 im Abarth-Carrera beim GT-Lauf im Rahmen des F1-GP auf der Nord-schleife: Sieg und Rundenrekord, dazu Po-kal und Kranz aus der Hand von Prof. Fer-ry Porsche. «Das war ein Riesenerlebnis»,schwärmt Leinenweber. «Davon zehrt manein ganzes Rennfahrerleben.» Obwohl erseine Einsätze immer häufiger an den Berg

verlagerte, blieben die Auftritte im gelieb-ten Paris-Montlhéry jährliches Pflichtpro-gramm. Allein hier feierte der Porsche-Pi-lot 15 Siege. 1972, exakt an seinem 40.Geburtstag, hängte Fritz Leinenweber denHelm an den Nagel.

Offiziell ist der mittlerweile 70-jährigeIngenieur schon seit fünf Jahren Rentner,das Autohaus (15 Jahre VW, danach nochweitere 15 Jahre Renault) ist längst ver-kauft. Die zwei Söhne (46, 40) haben so-lide Existenzen (Rechtsanwaltskanzlei,Automobilhandel). Trotzdem sitzt er wei-ter unverdrossen in seinem PirmasenserKfz-Sachverständigen-Büro, das Scha-dens- und Schätzgutachten für Versiche-rungen erstellt.

Gutes Essen, ein ordentlicher TropfenPfälzer Wein und Wanderungen durchs hei-matliche Gelände stehen heute für Leinen-weber im Vordergrund. Zwar plagen ihn Ar-throse, Bandscheiben- und Wirbelsäulen-Probleme, aber deshalb mag er weder aufBewegung verzichten noch wehklagen:«Wenn ich morgens aufwache und eszwickt nicht an einer neuen Stelle, bin ichschon zufrieden.» Neuerdings lässt auchdas Gehör nach, was bei seiner Gattin Ma-rion, mit der er seit 47 Jahren verheiratetist, den Verdacht nährt, «dass er nur nochhört, was er hören will …».

Der Porsche-Jünger

Lieblingsstrecke: Leinenweber-Sieg 1969 in Montlhéry auf Porsche 910

Porsche-Star: Leinenweber 1962 Manchmal zwickt’s: Fritz L. heute

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Lins, Rudi (MSa 43/2002)

Rudi Lins war für die kleine Motorsport-nation Österreich in seinen besten Jah-

ren ein Aushängeschild wie Helmut Mar-ko, Dieter Quester oder Jo Gartner. Teilsals Privat-, teils als Werksfahrer sammel-te er zwischen 1965 und 1971 mit allenerdenklichen Porsche-Typen speziell amBerg Erfolge. Im legendären Carrera 6 drif-tete der Vorarlberger 1967 zum Berg-EM-Titel, im Carrera 10 wurde er ein Jahr spä-ter im selben Championat Vizemeister.Gleich viermal in Folge sicherte sich derstets still und bescheiden auftretende Por-sche-Sportler die österreichische Staats-meisterschaft.

Dabei war Lins nicht nur am Bergschnell: Auch in Le Mans, bei der Targa Flo-rio und anderen Langstrecken-Klassikernder Sportwagen-WM zählte der Kfz-Meis-ter aus Bludenz mit Partnern wie Marko,Gerard Larrousse, Vic Elford oder Dick Att-wood zu den Besten. Die Porsche-Rennge-neräle Huschke von Hanstein (für Stutt-gart) und Ferdinand Piëch (für PorscheAustria) schätzten vor allem die Ruhe undZuverlässigkeit des Österreichers.

Mit einem letzten Start in seinem Lieb-lings-Porsche, dem 910, verabschiedetesich Rudi Lins beim 1000-km-Rennen aufdem Nürburgring 1971 vom aktiven Sport.Um sich gleich der nächsten Herausforde-

rung zu stellen: Zusammen mit Freund undLandsmann Gerhard Plattner und vorzugs-weise in Porsche- und VW-Automobilenbrach er zu immer neuen Extrem-Weltre-kordfahrten auf. Ob Weltumrundung, Sa-hara-Durchquerung oder Polarkreis-Rund-reise – am Ende blieben nur wenige Län-der, die von den Abenteurern nicht durch-quert wurden.

Gattin Christine, zwei Söhne (32, 22),zwei Töchter (31, 28) und die 65 Mitar-beiter der beiden Lins-Autohäuser in Blu-denz und Schruns (Porsche, VW, Audi,Seat) freuen sich jetzt über die permanen-te Anwesenheit des Chefs, der das Tages-geschäft zusammen mit seinem jüngerenBruder Fritz erledigt. Rennverläufe und Er-gebnisse des aktuellen Sportgeschehensverfolgt der Hobby-Golfer (Handicap 28)in den Printmedien und, wenn noch Zeitbleibt, als TV-Zuschauer.

Persönlich hat er sich seit seinem Rück-tritt an keiner Rennstrecke mehr sehen las-sen, «weil mir dazu einfach die Zeit fehlt».Auch die alten Weggefährten sieht er kaumnoch, bestenfalls trifft er den einen oderanderen zufällig beim Skilaufen. Geschäft-lich geht es Lins bestens, auch gesund-heitlich kann er nicht klagen. Nur die Haa-re sind ihm im Laufe der Zeit ein wenigabhanden gekommen.

Der Gipfelstürmer

Mit jedem Porsche schnell: Lins 1970 im Werks-908 am Nürburgring

Siege gefeiert: Rudi Lins 1969 Haare gelassen: Rudi Lins heute

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Loos, Georg (MSa 10/2002)

Georg Loos und sein Porsche-Rennstallsorgten immer für Gesprächsstoff. Sei

es durch sportlichen Erfolg, Dauerzoff mitdem Kölner Lokalrivalen Kremer oderfeuchtfröhliche Feste nach gewonnenenRennschlachten. Gierig zückten Journalis-ten ihre Notizblöcke, um die neusten Loos-Storys ins Blatt zu heben. Am Steuer vonFerrari-, Porsche- und McLaren-Sportwa-gen sammelte der Immobilien-Kaufmannvon 1967 bis 1973 zunächst selbst Erfolge,ehe er sein eigenes Team «Gelo Racing»gründete und bis zu drei Porsche 935 Turboeinsetzte.

DRM, Le Mans und Sportwagen-WMwaren seine Spielplätze, zu denen er nichtselten mit dem eigenen Heli einschwebte.Auf dem Fahrermarkt bediente er sich nurvom Feinsten; Topstars wie Rolf Stomme-len, Toine Hezemans, Klaus Ludwig, DerekBell und John Fitzpatrick gewannen mitseinen Autos bis auf Le Mans fast allewichtigen Rennen. So beendete die Loos-Truppe als einziges Privatteam der Weltdrei Mal das 1000-km-Rennen auf der Nür-burgring-Nordschleife als Gesamtsieger.Und Stommelen sicherte Loos in einemhochdramatischen Finale gegen Kremer-Mann Bob Wollek 1977 den Titel in derDeutschen Rennsport-Meisterschaft. ZumShowdown der verfeindeten Kölner Teams

pilgerten trotz strömenden Regens 30 000Fans an die Betonschleife des Rings.

Die Loos-Piloten verdienten gutes Geld,mussten sich aber dem Diktat des Team-chefs bedingungslos unterwerfen. So gingkeiner ins Training, bevor der Boss nichtpersönlich vor Ort das Kommando über-nahm. Und die Teilnahme an der abend-lichen Siegesfeier war sowieso Pflicht. Wernicht parierte, flog raus.

Ab Mitte der 80er-Jahre wurde es sport-lich still um die schillernde Figur GeorgLoos. Dafür machten wilde Gerüchte überfinanzielle Probleme die Runde. Erst vorzwei Jahren prangte auf der Titelseite des«Kölner Express» die Schlagzeile «Por-sche-König auf der Flucht». Loos, inzwi-schen 58 Jahre alt und Privatier mitWohnsitzen in Deutschland und derSchweiz, mag über solche Latrinenparolennur müde lächeln. «Alles kompletterUnsinn, ich kann in Köln oder sonst wo aufder Welt unbehelligt mein Bier trinken.»

Der Kontakt zum Rennsport ist abge-rissen, nur mit seinem alten Kölner KumpelRüdiger «Meck» Hagen trifft er sich nochregelmässig. Von der Lebensqualität imAlter hat Loos klare Vorstellungen: «EinPlatz an der Sonne, faulenzen, Blick aufsMeer, und im Hafen-Bistro mit den Einhei-mischen gemütlich beim Rotwein sitzen.»

Der Porsche-König

Nürburgring 1977: Tim Schenken im Loos-935 auf dem Weg zum Sieg

Ein Chef mit Macken: Loos 1978 Sonne und Meer: Loos heute

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Maas, Alfred (MSa 16/2002)

Alfred Maas und seine engagierte Trup-pe von der Frankfurter «Sport Zeitmess

GmbH» haben im deutschen Motorsportzweifellos einen Wendepunkt markiert.Mitte der 70er-Jahre etablierten sie dievollelektronische Zeitnahme. Zur Freudevon Veranstaltern, Fahrern, Boxencrewsund Journalisten hatte das stundenlangeWarten auf hand- oder maschinenge-schriebene Renn- und Trainingsresultateein Ende.

Riesige Mengen an Durchlaufdaten aufmeterlangen Listen, manuelle Rechenver-fahren und mühsames Herausfiltern derRundenzeiten durch Subtrahieren der Dif-ferenzwerte aus jeweils zwei Durchlaufzei-ten ersetzten Computer, Bildschirme undblitzschnelle Ausdrucke. Einer, der damalsschon zur Maas-Mannschaft gehörte, istder heutige DTM-Zeitnahmechef Alex Ti-scher. «Bevor die Computer bei uns Ein-zug hielten, haben wir oft bis in die Nachthinein gerechnet. Es war die Hölle.»

Während Maas nach 27 Zeitnehmer-Jah-ren dem Motorsport aus privaten Gründen1987 adieu sagte, erlebte Tischer in derFolge die rasante Entwicklung der elektro-nischen Zeitmess-Systeme hautnah. Vorallem das Kölner Unternehmen WIGE Me-dia AG profilierte sich mit immer perfek-terer Technik als internationaler Marktfüh-

rer. Längst gelten die WIGE-Spezialpro-gramme nicht nur an den Rennstrecken,sondern auch bei anderen Sport-Eventsweltweit als Massstab.

Zeitnahme-Pionier Maas, zwischen-durch auch als Gastronom tätig, ist heute67 Jahre alt und lebt als Rentner-Single inFrankfurt. Zwei gescheiterte Ehen mit ins-gesamt acht Kindern und eine Bypass-Ope-ration am offenen Herzen haben sein Le-ben nicht leichter gemacht. Mit viel Be-geisterung hat er sich der Öl- und Aqua-rell-Malerei zugewandt. «Das Malen ist soruhig und friedlich, daraus schöpfe ichKraft und Zufriedenheit.» Rund 25 Bilderhat er verkauft, viele aber auch einfachverschenkt.

Obwohl er seit 15 Jahren keine Renn-strecke mehr betreten hat, sind Interesseund Kontakt zum Motorsport immer nochda. Via Fernsehen und Telefonate mit sei-nem Bruder Helmut, der beim ADAC Mün-chen als Betreuer der Ressorts Automobil-sport und Kart wirkt, informiert er sichüber den aktuellen Stand der Dinge. Dem-nächst plant Alfred Maas das hektischeFrankfurt zu verlassen: «Ich will mir einenruhigen Platz fürs Alter suchen und einletztes Mal in diesem Leben umziehen.Vielleicht nach Münster, wo ich geborenund aufgewachsen bin.»

Chef-Zeitnehmer

Bitte ein Pils: Alfred Maas 1989 als Gastwirt in seiner Frankfurter Kneipe

Jung-Zeitnehmer: Maas 1962 Hobby-Maler: Alfred Maas heute

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Mantzel, Wolf Dieter (MSa 14/2002)

Wolf Dieter Mantzel galt in den 60ernam Steuer infernalisch schneller DKW-

F11 und F12 als klassischer Albtraum allerTourenwagenpiloten. Vorzugsweise dieHerrschaften in den grossen Hubraum-klassen sahen des Öfteren nicht so gut aus,wenn Mantzel im selbstgetunten 100-PS-DKW doppelt und dreifach so starke Jaguar,Mercedes und Alfa in Verlegenheit brachte.Nase und Ohr des Betrachters am Pisten-rand wurden derweil arg strapaziert, dennder Dreizylinder-Zweitaktmotor stank undlärmte bestialisch.

An die 100 Siege gelangen dem stillenKfz-Meister am Berg und auf der Rundstre-cke. Titelgewinne waren für ihn zweit-rangig: «Ich bin immer da gestartet, woordentlich Konkurrenz war und ich dieGrossen so richtig ärgern konnte.» DenBergparcours von Eberbach und dieNordschleife erhob er zu seinen Lieblings-Rennstrecken.

Als Mantzel sich jedoch bei einem Aus-flug in die Formel 3 mit seinem Lola-DKWauf der Nürburgring-Südschleife über-schlug und der Monoposto kopfüber aufeinen Baumstumpf krachte, war Schlussmit Lustig. Der Unfall war so horrormässig,dass kurz darauf via Radio der Tod desRennfahrers aus dem badischen Ofters-heim vermeldet wurde. «Daher staunte

meine Familie nicht schlecht, als ich amAbend in der Tür stand», schmunzelt ernoch heute. «Die dachten, ein Geist seierschienen. Wäre ich jedoch vor dem Auf-prall nicht aus dem Cockpit geflogen undziemlich weich gelandet, hätte ich keineChance gehabt.»

Im späteren Berufsleben machte sichMantzel zusammen mit Partner HelmutKissling einen Namen als Opel-Tuner. Ab1983 gingen beide getrennte Wege;Mantzel konzentrierte sich in Oberhausenaufs Strassentuning, während Kissling imRennsport blieb. Bis vor sechs Jahren tratder Ex-DKW-Supermann mit seinem krei-schenden Zweitakter noch gelegentlich beihistorischen Rennen an, heute erlebt erals interessierter Betrachter Formel 1, DTMund DTC vor dem Fernseher und simuliertdas eine oder andere Rennen auf derPlaystation.

Seit ein HWS-Syndrom den 61-Jährigenzur Aufgabe des intensiv betriebenen Rad-sports zwang, ist er oft zu Fuss mit seinemSchäferhund unterwegs. Überhaupt sindHunde eins seiner grossen Hobbys, dazunatürlich die Familie. Ehefrau Irmi ist seit30 Jahren an seiner Seite. Mantzels Fazit:«Dafür, dass man mich schon mal für toterklärt hat, geht’s mir ganz gut. Ich hoffe,das bleibt auch noch lange so.»

Der Totgesagte

Der Albtraum der «Grossen»: Mantzels unschlagbarer DKW F12 von 1964

Mantzel 1964: Nichts als Siege Heute: Totgesagte leben länger

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Maring, Ernst (MSa 29/2002)

Ernst Maring gilt als erster offizieller Ti-telträger in der jüngeren Geschichte der

Deutschen Formel-3-Meisterschaft. Mitseiner Eigenkonstruktion Maco (Ma fürMaring, co für Construction) mit Toyota-Motor errang der Braunschweiger ’75 als39-Jähriger (!) das Championat durch re-gelmässige Zielankünfte. Seine Maco-Rennwagen machten überall eine guteFigur – neben der F3 auch in der FormelSuper VW und sogar in der Formel 2.Insgesamt 23 Chassis baute und verkaufteMaring zwischen 1969 und 1982. Promi-nente Piloten wie Marc Surer, Arie Luyen-dyk oder Giorgio Francia zählten zu seinenKunden. Neben seiner LieblingskategorieFormel 3 trat der Chef natürlich auch alsChauffeur in den Disziplinen Formel 2 undSuper VW an.

So sammelten die Maco-Rennwagen amBerg und auf der Rundstrecke viel Erfolgund Anerkennung. «Marc Surer hat mirsogar ein Dankschreiben geschickt», er-zählt Maring stolz. Für die deutsche Fan-gemeinde ist der Mann ein echtes Urge-stein aus der Frühzeit der F3, die damalsnoch mit einem Saisonetat von rund75 000 Euro zu bewältigen war. «Ernst hatgrundsolide Autos gebaut und mit wenigAufwand viel erreicht», weiss sein Titel-nachfolger Bertram Schäfer. «Ausserdem

war er ein fairer und angenehmer Zeit-genosse.» Da dem kühlen Rechner aber mitder Zeit alles zu teuer wurde, beendete er1982 seine Rennfahrer- und Konstruk-teurs-Laufbahn.

Heute ist Maring 66 Jahre alt und führtzusammen mit Ehefrau Marion noch immerseinen Neuwagen- und Reparaturbetrieb.Mit Alfa Romeo arbeitet er unverändert zu-sammen, von Jaguar hat er sich letztesJahr verabschiedet. «Allerdings», gibt erzu, «würde ich das Autohaus gerne ver-kaufen, wenn sich ein ernsthafter Interes-sent findet.» Denn in absehbarer Zeitmöchte er sich aus der Hektik des Tages-geschäfts zurückziehen und in erster Liniedrei Dinge tun: «Endlich mal Urlaubmachen, viel reisen und einige Formel-1-Rennen besuchen.»

Mit Joggen und Wandern hält er sich fit,eine Bandscheiben-Operation vor vierJahren hat er gut überstanden und fühltsich auch ansonsten gesund und munter.Mit der «Braunschweiger PS-Fraktion» KurtAhrens und Eckhard Schimpf erörtert ernoch regelmässig die aktuelle Lage imRennsport. Dazu versäumt er keine Formel-3-Übertragung im DSF. Sein Urteil überseine Nachfolger: «Spannende Rennen,tolle Fahrer, technisch hochwertige Autos– aber alles viel zu teuer.»

Pilot und Erbauer

Hier fährt der Chef: Maring im Maco-Toyota auf dem Weg zum F3-Titel

F3-Titel mit 39: Maring 1975 F3-Fan mit 66: Maring heute

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Mertel, Rainer (MSa 04/2002)

Rainer Mertel gerät ins Schwärmen, wennman ihn auf seine Zeit als Direktor des

Nürburgrings (1984–1994) anspricht.«Obwohl ich erst nie in die Eifel wollte,habe ich hier die besten zehn Jahre meinesLebens verbracht. Ich möchte keine Minu-te missen.» Der Ex-Chef der Eifelrennstre-cke, unter dessen Aufsicht als Ministerial-rat des Wirtschafts- und Verkehrsministe-riums in Mainz der Umbau in einen hoch-modernen Grand-Prix-Kurs ablief, hat nochimmer Blickkontakt auf die Höhenzügeseiner alten Wirkungsstätte.

Im Kurort Bad Neuenahr, am Fusse derEifel, leitet Mertel als Vorstand der «AGBad Neuenahr» den Kur-, Gesundheits-und Bäderbetrieb. In seinen Verantwor-tungsbereich fallen auch die Ahr-Thermen,das Steigenberger-Kurhotel und kulturelleEinrichtungen wie Theater und Fachklinik.

Seinen Vertrag am Ring hat er auf eige-nen Wunsch nicht mehr verlängert, Nach-folger wurde Dr. Walter Kafitz. «Ich habedie Rennstrecke auch in schwierigemFahrwasser am Leben erhalten», blicktMertel zurück, «und bei meinem Abschiedein gesundes Unternehmen übergeben.»

Die Tatsache, dass der Eifelkurs vorallem durch die dauerhafte Präsenz derFormel 1 heute besser denn je dasteht,ringt ihm Respekt und Freude ab. «Wenn

es dem Ring gut geht, wenn er blüht undgedeiht, dann ist das ein Segen für dieRegion und den deutschen Motorsport.Alles andere wäre ein einfach nur schade.»

Dass es Mertel in seiner Amtsperiodenicht geglückt ist, die Formel 1 nach denbeiden ersten Gastspielen 1984 und 1985dauerhaft auf dem neuen Ring zu halten,hatte «ausschliesslich kaufmännischeGründe. Im Interesse unserer Werbepart-ner blieb mir keine andere Wahl. BernieEcclestone hat Forderungen gestellt, aufdie ich mich damals beim besten Willennicht einlassen konnte.»

Noch heute hat er Kontakt zu seineralten Ring-Crew, schaut sich alle wichtigenRennsport-Events im TV an. Aber privatgibt es andere Schwerpunkte – Lesen,Kunst und Kultur bestimmen die Freizeitdes Mannes, der einmal Deutschlands tra-ditionsreichste Rennstrecke dirigiert hat.Sogar ein kleines Kunstmuseum mit Bil-dern und Grafiken nennt er sein Eigen. Der56-Jährige lebt in Bad Breisig, ist seit 33Jahren verheiratet und fühlt sich «gesund-heitlich und jobmässig» pudelwohl.

Ein Ziel hat Mertel sich für die nächstenJahre gesetzt: «Ich will den Laden aufmö-beln und Bad Neuenahr zum führendenKurbadort Deutschlands machen. Dafürwerde ich arbeiten und kämpfen.»

Der Ring-Kämpfer

Schöne Zeit in der Eifel: Mertel mit Lauda und Ex-BMW-Sportchef Flohr

Der King am Ring: Mertel 1986 Kurbad-Chef: Rainer Mertel 2001

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Mezger, Hans (MSa 13/2002)

Hans Mezger ist genau der Richtige fürFolge 100 von «Hallo, wie geht’s?».

Rekordverdächtig ist er sowieso: Von 1962bis 1993 hat der einstige Motoren-Kon-strukteur für Porsche alle Renntriebwerkeerdacht, entwickelt und mit seinem Teamgebaut. Vom ersten 2-Liter-Aggregat imElfer über den kernigen 8-Zylinder im 907und 908, vom 12-Zylinder-1100-PS-Turbo-Ungetüm im 917er-CanAm über den unver-wüstlichen 6-Zylinder-Turbo im 956/962,von der 700 PS-Indy-Maschine bis zumTAG-Turbo-F1-Kraftpaket.

Mezgers Motoren brachten Porsche indiesem Zeitraum fünf Marken- und Team-WM-Titel, fünf Fahrer-Weltmeisterschaf-ten, 43 Siege in WM-Läufen, sechs LeMans-Siege, vier IMSA-Titel und 52 IMSA-Einzelerfolge. Phasenweise zeichnete derDiplom-Ingenieur sogar für die Entwick-lung der Chassis verantwortlich. Jede sei-ner Kreationen war gut genug für mindes-tens einen Titelgewinn.

Der grösste Geniestreich gelang ihm mitdem für TAG und McLaren gebauten Por-sche-F1-Turbo-Motor, der im ersten vollenJahr (1984) 12 von 16 Grands Prix gewann,mit Niki Lauda (1984) und Alain Prost (’85/’86) drei Weltmeisterschaften und 25 GP-Siege einfuhr. Damit wurde Mezger end-gültig zur Legende. Überhäuft mit interna-

tionalen Auszeichnungen wie «TrofeoColin Chapman», «Casco d’Oro» oder «FürstMetternich Preis», trat er 1993 von derRennsport-Bühne ab.

Als persönlich wertvollste Erfolge nenntMezger die Premierensiege des 917ers1970 in Le Mans und des TAG-F1-Motors’84 in Rio. Als grösste Enttäuschung emp-fand er die unrühmliche F1-Partnerschaft1991 mit Arrows. «Das hatte dieser wun-dervolle Motor nicht verdient.»

Gesund, munter und bester Dinge ver-bringt Mezger in Freiberg bei Ludwigsburgseine Tage als Pensionär, pflegt neben demFamilienleben (seit 44 Jahren verheiratet,eine Tochter, 42, ein Sohn, 38) vor allemseine Hobbys Musik und Malerei. Von Kol-legen wird der inzwischen 72 Jahre alteExperte gerne mal telefonisch oder auchschriftlich um Rat gefragt, ausserdemerreichen ihn regelmässig Einladungen alsReferent für Fachseminare.

Der Motorsport hat ihn nicht losgelas-sen, «die Faszination ist noch immer da».So versäumt er keinen Grand Prix amFernseher, wo er sich bevorzugt auch überWintersport und Leichtathletik informiert.Und gerne würde er mal ein Buchschreiben. Titel: «Motorenentwicklung imRennsport». Diesem Mann wird’s mitSicherheit niemals langweilig.

Der Power-Mann

Mezgers Meisterstück: Der 1,5-l-V6 Turbo von 1984 im Lauda-McLaren

Titel und Triebwerke: Mezger ’70 Musik und Malerei: Mezger heute

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Müller, Siegfried sr. (MSa 49/2002)

Siggi Müller kam über den Motorrad-Ge-ländesport in den frühen 60er-Jahren

zur Rallye und auf die Rundstrecke. NachLehrjahren im Mini Cooper, im Alfa GTA undim Capri RS wechselte der Geschäftsmannaus Hagen ins Lager der BMW-Privatfahrerund wählte als vorrangiges Einsatzgebietdie Tourenwagen-EM. Dort präsentierte ersich am Steuer eines Alpina CSL Coupé mitallen Merkmalen eines klassischen Herren-fahrers. Was nichts anderes hiess als Spasssowie Geselligkeit – und Siege nicht umjeden Preis. Der schlaue Rheinländer holtesich Alain Peltier ins Auto und errang mitdem belgischen Profi 1975 den EM-Titelund dazu den BMW-Sportpokal.

1981, als Sohn Siggi jr. längst erfolg-reicher Nachwuchsrennfahrer war, beende-te Müller sr. seine aktive Zeit. Allerdingsnicht, ohne sein letztes Rennen, einen EM-Lauf in Zolder, zusammen mit den Juniorzu fahren. «Leider», klagt der Senior, «hatmein talentierter Herr Nachwuchsrennfah-rer den Escort RS kurz vor Schluss rausge-feuert.» Als persönliche Highlights blei-ben neben dem EM-Titel drei Brünn-Siegeund 110 Einzelerfolge in bester Erinne-rung. Dass Sohn Siggi 1980 ebenfalls Tou-renwagen-Europameister wurde und heutevielbeschäftigter Rennstallbesitzer (F3,F3000) ist, sei nur am Rande erwähnt.

Seit 1987 lebt der mittlerweile 71-Jährige «ohne motorsportlichen Rückfall»in Kressbronn am Bodensee im Ruhestand.Seine Firmenanteile an einem Unterneh-men für Elektrotechnik hat Müller ver-kauft, «um wirklich nur noch Privatmannzu sein.» Aber ganz ohne Challenge gehtes bei ihm doch nicht – Hochseefischenheisst sein neues Hobby. Der bislang gröss-te Fang war ein «Blue Marlin», den er nach90-minütigem Kampf ins Boot zog. Aufdem Bodensee wirft er überdies dreimalpro Woche die Angel nach Barschen aus.Und schliesslich muss er auch noch seineForellenzucht (drei Teiche mit je 5000Jungfischen) pflegen. «Langeweile ist fürmich ein Fremdwort», vermeldet der um-triebige Pensionär, «und im Winter istSkilaufen angesagt, die Alpen sind jagleich nebenan.»

Über die Geschehnisse im aktuellenRennsport hält ihn sein Sohn auf demLaufenden. Der konnte erst kürzlich be-richten, dass nun auch die dritte Müller-Generation auf der Piste rumtobt. Der 19-jährige Siggi Müller jr. jr., bisher in derJvO-Kart-Serie unterwegs, absolvierteAnfang September sein Debütrennen in derFormel König. «Schneller Sohn, schnellerEnkel – da freut sich jeder Renn-Opa»,schmunzelt der alte Müller am Bodensee.

Gentlemen-Driver

Im BMW CSL Coupé zum EM-Titel: Müller/Peltier 1975 auf dem Nürburgring

Grosse Siege: Siggi Müller 1975 Dicke Fische: Siggi Müller 2002

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Müller, Fritz (MSa 44/2002)

Fritz Müller und sein unübersehbaresMarkenzeichen, der schwarze Cowboy-

hut. Ohne war Müller nicht Müller, zumin-dest nicht an der Rennstrecke. Ursprüng-lich als Schutz vor Kopfgrippe gedacht,wenn er mit verschwitzten Haaren ausseinem BMW oder Porsche kletterte, ge-hörte die Texaner-Kopfbedeckung seit1977 zu seinem Outfit. Als das gute Stückbei einer wilden Party nach einem Avus-Rennen zu Bruch ging, schenkte ihm einrennbegeisterter Ami gleich Ersatz. DerHut ist noch immer da, auch sieben Jahrenach dem letzten Rennen zaubert ihn derWeissbierbrauer aus Pfaffenhofen mitschnellem Griff hervor.

In seinen 21 aktiven Jahren (1974–1995) war Müller ein stets froh gelaunterHobby-Pilot, der im BMW 635 CSi Coupézum Stammpersonal der DTM gehörte. Dieganz grosse Nummer gelang ihm allerdingsim Langstreckensport: Beim 24-h-Klas-siker auf dem Nürburgring schaffte er zu-sammen mit Herbert Hechler im PorscheCarrera den bislang einzigen Hattrick – dreiGesamtsiege hintereinander (1977–79).Einen vierten legte er 1981 im Döring/Gartmann-Ford Capri nach. Zwar zogen imLaufe der Jahre der Belgier Marc Duez undPeter Zakowski mit ebenfalls je vier Siegengleich, aber der Hattrick gelang nicht. Falls

Zakowski allerdings auch 2003 wieder ge-winnt, wäre der Rekord geknackt.

Heute kümmert sich der 61-jährigeMüller nur noch um Gattin Tanja, die 17-jährige Tochter und den 15-jährigen Sohnsowie das Geschäft. Das Weissbier bei«Müllerbräu» wird nach alter bayerischerTradition gebraut, mit 40 Mitarbeiternschafft der 1775 gegründete Familien-betrieb einen Ausstoss von gut 20 000 Li-tern täglich. Müllers Weissbierkundschaftfindet sich hauptsächlich im regionalenBereich und in Italien. Nach den Vor-stellungen des Firmenoberhaupts soll seinSohnemann irgendwann das Unternehmenführen, «sofern er sich dafür überhauptinteressiert – momentan allerdings tobt ervoll Begeisterung mit unseren Autos durchden Hof.»

Die Rennerei verfolgt Fritz Müller nochimmer gerne am Fernseher, vor allem DTM,Formel 1 und NASCAR lässt er sich nichtentgehen. Überdies pflegt er regelmässigKontakt mit der Münchner Renn-Clique.Und einmal pro Jahr erscheint er persön-lich vor Ort, mal am Noris-, mal am Nür-burgring. Dann aber nie ohne Hut. Sonstwürde ihn ja auch keiner erkennen. Zumaler letztes Jahr mit dem Rauchen aufgehörtund danach punkto Körpergewicht ganzordentlich zugelegt hat.

Der Mann mit Hut

Hoch das Bein: Müllers CSi-Coupé 1987 beim DTM-Lauf Mainz-Finthen

1981: Müller mit Markenzeichen 2002: So sieht er ohne Hut aus

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Ortner, Johann (MSa 52/2002)

Johann Ortner hat als Rennfahrer einStück österreichischer Motorsportge-

schichte mitgeschrieben. Mit dem Steyr-Puch-Pistenfloh 650 TR eilte er ab 1958bei Rallyes und Rennen von Sieg zu Sieg,danach gewann er als Werkspilot mit denSportwagen des exzentrischen WienersCarlo Abarth zwei Europa-Bergtitel undvier österreichische Staatsmeisterschaf-ten. Der gross gewachsene, strapazierfä-hige Kfz-Meister aus Villach war wohl auchder einzige Rennfahrer, der mit Abarthacht Jahre lang offenbar problemlos zu-rechtkam. Viel länger als jeder andereKollege ertrug er Abarths Wutanfälle, wennein Streckenrekord knapp verfehlt wurdeoder einer der roten Renner als Schrott-haufen neben der Piste endete. Und Ortnerbrachte seinen Chef oft genug in Rage: Malfeuerte er sein feuerrotes Spielmobil inden Wald, mal rollte er zu spät zum Startund vergab damit einen schon sicher ge-glaubten Sieg.

Sowieso waren grundsätzlich die Fahrerschuld, wenn Abarth-Werksautos nicht ge-wannen. «Und damit hatte der Alte», soOrtners späte Einsicht, «eigentlich sogarmeist recht.» Anderseits sparte der strengeTeamchef, der auch an der Rennstrecke nurim piekfeinen Outfit, hellen Schweinsle-derhandschuhen und mit exakt gescheitel-

tem Haupthaar auftrat, auch nicht mit Lob.Etwa dann, wenn Ortner bei einer Ver-anstaltung gleich mit drei verschiedenenAbarths in drei Kategorien antrat und auchdreimal siegte. «Disziplin und Erfolg warenbei ihm alles», erinnert sich sein treuesterAngestellter. «Abarth liebte zuerst seineAutos, dann sich selbst und danach seineFahrer. Trotzdem habe ich viel bei ihm ge-lernt.» Als Abarth seinen Turiner Rennstall1971 auflöste, beendet auch Ortner mit 36Jahren seine Karriere und eröffnete inVillach eine Alfa-Romeo-Vertretung.

Seit 1995 lebt der 67-Jährige Pensionärin Pörtschach am Wörthersee. EhefrauIrmtraud führt noch das Autohaus inVillach, der 27-jährige Sohn leitet einezweite Ortner-Firma, die Sportboote ver-treibt. Das aktuelle Rennsportgescheheninteressiert den ehemaligen Abarth-Starnur noch am Rande, selbst die Wegbe-gleiter aus alten Renntagen hat er aus denAugen verloren. Stattdessen pflegt er neueHobbys: Motorbootfahren und Fliegen. Nurmit dem Tennispielen klappt’s nicht mehrso richtig, weil der Meniskus Ärger macht.In Ortners Hinterkopf gibt es noch einenTraum, den er sich in naher Zukunft gerneerfüllen möchte: «Ein Winterquartier in derKaribik oder auf den Bahamas wäre erstre-benswert. Wir arbeiten dran.»

Der Abarth-Bändiger

Wilde Jahre: Ortner im Abarth-Prototyp 1968 beim 500-km-Rennen Nürburgring

Furchtloser Abarth-Pilot: Ortner 1967 Nur Fliegen ist schöner: Ortner 2002

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Reisenbichler, Lili (MSa 18/2002)

Lili Reisenbichler galt im Rennsport der70er-Jahre als Frontfrau. Mit Mut und

Selbstvertrauen trat die geborene Slowe-nin von 1974 bis 1987 in fast allen Tou-renwagen-Kategorien an. Die Dame mitdem rollenden R, der rauchig-verruchtenStimme und dem gewinnenden Lächelnliess sich weder von abschätzigen Männer-blicken noch fiskalischen Rückschlägenbeirren. Ihrem Gatten, einem Mercedes-Ingenieur, gab sie wegen des Rennsportsden Laufpass, Löcher im Rennbudget bes-serte sie mit allerlei lukrativen Nebenjobsauf, und mit ihrem entwaffnenden Lächelnknackte sie so manche Sponsorenkasse.

Und das alles schaffte die Wormserinohne Luder-Liga, ohne Bett-Episoden.«Obwohl es genügend Offerten gab, habeich meinen Sport stets mit weisser Westebetrieben.» Im NSU TT, Audi 50 und derFord-Palette vom 1,3- bis zum 2-Liter-Es-cort fuhr sie auf der Rundstrecke und amBerg, in der DRT, DRM und in der EM. Krö-nung waren die Einsätze im BMW M1 undim Zakspeed-Turbo-Capri sowie ein Ford-Werksvertrag.

Besonders stolz ist die gelernte Foto-grafin auf ihren Klassensieg 1981 beim1000-km-Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife, wo sie sich mit Dieter Selzereinen Escort 2000 RS teilte. Ungern erin-

nert sich Lili hingegen an den sechsfachenÜberschlag 1979 in Zandvoort: Im Kampfum Platz 2 drängte sie ein Konkurrent aufden letzten Metern brutal ins Gras, woraufihr Audi 50 aufstieg und kopfüber durchsZiel polterte. «Damals gab es viele Ma-chos», lächelt sie. «Die haben nur schwerverdaut, dass ich auch mal besser war alssie.» Ganz abgesehen davon, dass dieschnelle Lady auch PR-mässig die Nase oftgenug weit vorne hatte.

Seit 1986 lebt die 53-Jährige als Single(«bin aber noch zu haben, wenn der Rich-tige kommt») in Kirchheim vor den TorenMünchens, besitzt eine eigene Immobili-en-Firma, eine Film- und Video-Produkti-on und ist nebenbei auch Vorstandsmit-glied der «Münchner Motor Presse». Siespricht sechs Sprachen, schreibt und foto-grafiert für Lifestyle-Magazine und hat so-gar noch genügend Zeit für ihre HobbysGolf (Handicap 23), Tennis, Motorradfah-ren und Skilaufen. Als nächstes würde sieganz gerne ihren Pilotenschein für Sport-flugzeuge machen, «weil ich unheimlichgerne fliege».

Ansonsten weiss die überzeugte MSa-Leserin nur Erfreuliches zu berichten: «Mirgeht’s richtig gut, ich geniesse das Lebenin vollen Zügen, bin total happy und rund-um zufrieden.»

Lili und die Machos

Karriere-Highlight: Reisenbichler 1982 im 700-PS-Zakspeed-Capri Turbo

Schnelle Lady: Reisenbichler 1981 Elegante Lady: Reisenbichler heute

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Schimpf, Eckhard (MSa 26/2002)

Eckhard Schimpf war für jeden Rennfah-rer ein besonders begehrter Gesprächs-

partner. Der Braunschweiger Journalist,Cousin von Jägermeister-Chef GüntherMast, platzierte 30 Jahre lang die Spon-sorgelder des Kräuterlikör-Herstellers ausWolfenbüttel bei siegfähigen Piloten undRennställen. «Da brauchte man schon einbisschen Durchblick», erinnert sichSchimpf an zähe Verhandlungen, «sonstwurde man gnadenlos über den Tisch ge-zogen. Täglich hing die Rennprominenzam Telefon, und alle wollten Kohle.»

Hilfreich im Umgang mit der trickrei-chen Klientel war für Schimpf auch, dasser als Hobby-Pilot mit Porsche und BMWüber 20 Jahre bei Rennen und Rallyes flottund erfolgreich unterwegs war. Kaum einSponsor-Repräsentant war so dicht am Ge-schehen wie der Jägermeister-Mann, des-sen Taktik stets lautete: «Je länger du war-test, desto preiswerter kannst du am Endeabschliessen.» So trieb er seine Verhand-lungspartner zwar regelmässig zur Ver-zweiflung, bekam aber seine Wunschkan-didaten oft genug für die Hälfte der an-fangs aufgerufenen Summe.

Schriftzug, Hirschgeweih und die Jäger-meister-Hausfarbe Orange prangten aufHans-Joachim Stucks March-Formel-1-und Formel-2-Rennwagen ebenso wie auf

Niki Laudas Alpina-BMW. Dazu kamen dieKremer-Porsche 935 von Rolf Stommelen,John Fitzpatrick und Bob Wollek, der C100-Ford von Klaus Ludwig, der BMW 320 vonMarkus Höttinger, das BMW-Coupé vonHarald Grohs oder der Brun-Porsche 956von Stefan Bellof. Alles in allem rund 120Fahrer und Teams. Das vorerst letzte Jä-germeister-Engagement gab es 2000 imersten Jahr der neuen DTM mit Eric Hela-ry im Opel. Schimpf: «Seither machen wirPause und beobachten den Markt. EineRückkehr will ich nicht ausschliessen.»

Obwohl er im Juli 64 wird, ist der Ru-hestand kein Thema. Als stellvertretenderChefredakteur der «Braunschweiger Zei-tung» (der er seit 1958 angehört) schreibter politische sowie regionale Leitartikelund hat sich auch als Buchautor einen Na-men gemacht. Zehn Titel sind bisher er-schienen, darunter der Bestseller «KlinterKater» (ein Braunschweig-Sachbuch mitmehr als 100 000 verkauften Exemplaren).Seit 39 Jahren ist er mit seiner Jugendlie-be Heidi verheiratet, Sohn Oliver (38) ar-beitete sich beim Helmhersteller Schu-berth bis zum Entwicklungschef empor. Fürdie Zukunft wünscht sich «Ecki» mehr Zeitfür die Bücher, die er noch schreibenmöchte. «Denn auch Bücher können Freun-de fürs Leben sein.»

Herr der Moneten

Glanzvolle Jägermeister-Jahre: Stucks March 1974 beim Deutschland-GP

«Alle wollten Kohle»: Schimpf ’74 Politik und Bücher: Schimpf heute

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Schmarje, Christian (MSa 23/2002)

Christian Schmarje hat keine guten Erin-nerungen an jenen September-Sonntag

1968, an dem in Hockenheim die Titelent-scheidung im Deutschen Rundstrecken-Championat anstand. Mit seinem Mini Cooper S hatte der Hamburger bis dahinin der sonst von Alfa GTA Junior und NSUTT beherrschten 1,3-Liter-Klasse nur Sie-ge erzielt. Eine Etage höher, bei den1600ern, war der Berliner Herbert Schult-ze im Alfa GTA ebenfalls ungeschlagen. Solagen beide vor dem Finale punktgleich ander Tabellenspitze, andere Titelkandidatengab es nicht mehr.

Dass dem Mini-Mann die Meisterpartyverhagelt wurde, lag am Auftauchen einerganzen Armada von Werks-Alfa. Die wun-dersame Vermehrung hatte der damaligeAlfa-Deutschland-Chef de Bona arrangiert.Ziel der Aktion: Schmarje sollte bei den1300ern von einem Alfa besiegt werden,damit Schultze mit einem weiteren Erfolgbei den 1600ern den dritten Titel in Fol-ge einfährt. Dem untadeligen Sportsmannaus Berlin, der 1971 tödlich verunglück-te, war das Szenario damals übrigens eherpeinlich.

Das Motodrom glich einem Hexenkessel,als der Mini brutal in die Zange genommenwurde und dabei zwei Alfa aufs Dach pur-zelten. Trotzdem verlor Schmarje sowohl

Endlauf als auch Titel an die Alfa-Konkur-renz. «Es war so ziemlich das Deprimie-rendste, was ich in zehn Jahren Rennsporterlebt habe.»

Später sah man Schmarje noch in einem2-Liter-Escort BDA im Clinch mit Stuck,Mass, Ertl & Co., bevor er 1972 aufhörte.«Meine Schwester war bei einem Verkehrs-unfall ums Leben gekommen», begründetder stille Norddeutsche. «Ich habe das alsWink des Schicksals verstanden und einenradikalen Schlussstrich gezogen.»

Er übersiedelte auf die Insel Sylt, bau-te sich im 1200-Seelen-Örtchen Morsumein Häuschen und möchte hier auch denRest seines Lebens verbringen. TochterClarissa (27) erinnert den heute 62-Jähri-gen an eine kurze Ehe-Episode, die er raschwieder beendete, «weil ich mich eingeengtfühlte».

Bis 1990 war Schmarje Mitinhaber desKampener Szene-Lokals «Pony». Dort re-gelte er das Kaufmännische, verschwandaber regelmässig, wenn abends die erstenGäste anrückten, «weil ich den Promi-Rummel nicht mochte». Stattdessen ver-brachte er die Zeit mit seinen Hobbys Golf(Handicap 11), Aquarell-Malerei und demalten Jaguar MK 2. «Mir geht’s prächtig,ich bin kerngesund und fühle mich alsRentner-Single unverschämt gut.»

Der Mini-Mann

Kleines Auto, grosse Siege: Schmarje im fast unschlagbaren Mini Cooper S

Dauersieger: Schmarje 1968 Rentner-Single: Schmarje heute

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Schneider, Gerhard (MSa 36/2002)

Gerhard Schneider überlegt keine Sekun-de, um auf die Frage zu antworten, mit

welchen seiner vielen Top-Piloten er dieschönste Zeit im Rennsport verbracht hat:«Markus Höttinger und Hans-Georg Bürger.Das waren richtig gute Jungs, für mich fastwie Söhne.» Beide verunglückten 1980 in-nerhalb von drei Monaten in der Formel 2tödlich. Beide fuhren im GS-Sport-Renn-stall des Freiburger Geschäftsmanns BMW-320-Tourenwagen in der DRM sowie BMWM1 in der Procar-Serie.

Das GS-Team galt von 1970 bis 1981 alsfeste Grösse im deutschen Rennsport. Tou-renwagenstars wie Dieter Basche, HansStuck, Albrecht Krebs oder Jörg Obermo-ser siegten mit Schneiders BMW 2002 und320. Hans Heyer führte das GS-Lancia-Pro-jekt auf Anhieb zum DRM-Titelgewinn.Stuck und Nelson Piquet gewannen mit ei-nem GS-BMW-M1-Prototyp 1981 das 1000-Kilometer-Rennen auf dem Nürburgring.Solide Sponsoren wie BASF, Fruit of theLoom, Warsteiner oder Jägermeister sorg-ten für eine gesunde wirtschaftliche Basisdes Rennstalls.

Dennoch musste das Team verkauft wer-den, als Schneiders Imperium (BMW-Auto-haus mit Tuningbetrieb, Autovermietung,Winnebago-Wohnmobile, Sportartikelver-trieb) Anfang der 80er-Jahre in finanziel-

le Schieflage geriet. Der heute 66-Jährigestand vor einem Scherbenhaufen undtauchte frustriert in die Türkei ab. Selbstengste Wegbegleiter wie der FreiburgerRennfahrer Mario Ketterer wussten jahre-lang nicht, wo sich der ehemalige Renn-stallbesitzer und Vorstand des Fussball-clubs FC Freiburg aufhielt.

Inzwischen ist Schneider wieder in sei-ner Heimatstadt gelandet, lebt dort stillund zurückgezogen als Pensionär mit sei-ner zweiten Frau Serife und Tochter Jas-min (16). Es geht ihm «den Umständenentsprechend gut, nur der Blutdruck ist einbisschen hoch». Selbstkritisch steht er zuFehlern. Aber er stellt auch klar: «Ich warzu gutgläubig für das HaifischbeckenRennsport, man hat mich zuletzt scham-los ausgenutzt.»

So ist er tief enttäuscht von seinen Ex-Piloten: «Einige haben sich sehr schlechtbenommen, als es zu Ende ging. Was ichda erlebt habe, war ernüchternd.» Die weitüber 100 Siege seiner Autos sind für ihnebenso passé wie der Rennsport an sich.Bestenfalls sieht er sich mal F1 oder DTMim TV an. «Das Thema ist erledigt, ich habeeinen hohen Preis bezahlt und weiss jetzt,was ich mit dem Rest meines Lebens an-zufangen habe. Alles, was mit Autos zu tunhat, gehört sicher nicht dazu.»

Frust statt Lust

«Er war für mich wie ein Sohn»: Schneider 1980 mit Hans-Georg Bürger

Siege am Laufmeter: Schneider 1971 Lebt zurückgezogen: Schneider 2002

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Stenzel, Reinhard (MSa 22/2002)

Reinhard Stenzel zählte zu den Porsche-Piloten, die in den 60er- und 70er-Jah-

ren die Szene aufmischten. Kaum ein Berg-oder Flugplatzrennen, das der MünchnerHoteliersohn nicht zumindest als Klassen-sieger verliess. Zwischendrin gab’s einmehrjähriges Engagement als Werkspilotfür Alfa Romeo Deutschland. Die GTA wur-den von AutoDelta angeliefert und vomMannheimer Alfa-Händler Helmut Hähnbetreut. Zu den Highlights aus den Alfa-Jahren zählt der Gesamtsieg mit PartnerHerbert Schultze im GTA 1300 beim ver-regneten 300-km-Rennen 1971 auf derNürburgring-Nordschleife.

Als Schultze vier Monate später beim GPTourenwagen tödlich verunglückte, stopp-te Alfa Deutschland die Werkseinsätze. Mitdem Beginn der DRM-Ära erschien der stetsfröhliche Bayer im eigenen Carrera undbrachte die Werksteams von Ford und BMWöfter ins Grübeln. Sein sensationeller Ge-samtsieg beim DRM-Finale ’73 öffnete dieTür zum Reutlinger Porsche-Profiteam«Max Moritz». Dort blieb er bis zum Lauf-bahnende 1977 und sicherte sich mit 241Meisterschaftspunkten, 427 Führungskilo-metern und 147 Führungsrunden Platz 15der ewigen DRM-Bestenliste.

An die 200 Siege hat Stenzel in 18 Jah-ren zusammengefahren, «aber zum Schluss

wollte ich nicht mehr, weil Stress undDruck zu gross wurden». Auf der Liste derNegativ-Erinnerungen steht neben demTod Schultzes ein dreiwöchiger Klinik-Auf-enthalt in Freiburg, nachdem er den Elferam Schauinsland mit dem Dach voraus aneinen Baum gefeuert hatte.

Geschäftlich kämpfte sich der jetzt 61-Jährige genauso konsequent vor wie imMotorsport. Das Hotel in München ist seit1980 verkauft, dafür stieg er in den Im-mobilien-Markt ein und erzielt heute mitseinem Vermögensverwaltungs- und Bau-träger-Unternehmen «Stewoh» glänzendeBilanzen.

Einmal im Jahr geht’s an den Norisring,ansonsten finden Formel 1, NASCAR undDTM vor dem Fernsehbildschirm statt. ZumFreizeitprogramm gehören Golf (Handicap11), Mountainbike und Rennrad plus vier-mal pro Woche Fitnessstudio. «Mit 73 kghabe ich fast noch mein altes Kampfge-wicht», erzählt er stolz, «und meine Frauist auch noch dieselbe.» Mit Peggy ist erseit 1968 verheiratet, die Söhne (33, 31)unterstützen ihn in der Firma. Trotz zwei-er Bandscheiben-Operationen ist Stenzelmit sich und der Welt zufrieden: «Ich hab’eine gesunde Familie und ein schönesHäuschen am Englischen Garten. Mehrbrauch’ ich wirklich nicht.»

Jubel & Tragödien

Schrieb im Carrera DRM-Geschichte: Reinhard Stenzel 1976 in Diepholz

1973: Rennfahrer Stenzel (32) 2002: Kaufmann Stenzel (61)

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Stockmar, Jürgen (MSa 1–3/2002)

Jürgen Stockmar kann diebische Freudenicht verhehlen, wenn die Rede auf die

alte DTM kommt. Dem einstigen Leiter derTechnischen Entwicklung bei Audi fällt daauf Anhieb der V8 quattro ein. «Erst habenuns alle wegen des bulligen Autos ausge-lacht», schmunzelt der leidenschaftlicheTechniker. «Aber als Stuck dann 1990 imersten Anlauf den DTM-Titel geholt hat,war das ein ganz persönlicher Triumph.»Auch als Allrad-Fan Stockmar ab 1994 beiOpel das Vorstandsressort Technische Ent-wicklung übernahm und damit in Rüssels-heim die Motorsportrichtung vorgab, trieber unbeirrt die Renneinsätze des Sorgen-kinds Calibra voran.

Erneut musste er so manchen Spott übersich ergehen lassen. Der Gewinn des ITC-Titels 1996 durch Manuel Reuter bestätig-te ihn abermals in seiner Überzeugung,«dass man mit dem Allrad-Konzept letzt-lich nur gewinnen konnte». Der findigeDiplom-Ingenieur setzte seine Ideen undVisionen stets konsequent um. So ver-passte er als junger Versuchsingenieur desNeusser Vergaser-Unternehmens SolexEnde der 60er-Jahre dem Koepchen-BMW2002 von Hans-Joachim Stuck eine revo-lutionäre Vergasertechnik, die den 18-Jährigen prompt zum Dauersieger machte.Nächster Geniestreich war der Bau eines

eigenen Sportwagens. Die Stockmar-Krea-tion «REX» verfügte über einen 2-Liter-Ford-Cosworth-Motor und erreichte mitHarald Ertl immerhin zwei Siege. Gele-gentlich griff der Renn-Freak auch malselbst ins Lenkrad, so etwa beim berühmt-berüchtigten «Akademischen» in Hocken-heim. Aktenkundig wurde er dort vor allemdurch eine Punktlandung im 700-PS-IMSA-Audi auf der Leitschiene …

Mittlerweile klappt die Rennerei desheute knapp 60-Jährigen, der auch alsEntwicklungsvorstand bei Steyr-Daimler-Puch und Chefredakteur der Kölner «AutoZeitung» wirkte, wesentlich besser. In derFerrari-Challenge und in der GTP-Serie ge-langen ihm in Spa und Mugello zwei Siege.«Darauf bin ich richtig stolz. Endlich habeich Zeit, Rennautos ohne Stress zu bewe-gen.» Stockmar lebt mit seiner Familie inIngolstadt, unter der Woche schätzt manseine Dienste im Vorstand des Zulieferers«Magna International» in Oberwaltersdorfbei Wien.

Nach wie vor verfolgt er vor dem TV-Bildschirm die wichtigsten Rennevents.Seine persönliche Hitliste: «Die Formel 1gefällt mir am besten, die DTM ist gut, aberdie Schneider-Mercedes-Dominanz ziem-lich deprimierend. Und aus der urigen V8-STAR kann was wirklich Gutes werden.»

Quattro-Künstler

Techniker mit Visionen: 1972 baute Stockmar seinen eigenen Sportwagen

Fan und Freak: Stockmar 1973 Karriere-Mann: Stockmar heute

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van Lennep, Gijs (MSa 45/2002)

Gijs van Lennep brach ’66 wie ein Don-nerschlag ins Rennsport-Oberhaus ein.

Als Frischimport aus der 50-PS-Formel Vsetzte ihn Förderer und Freund Ben Pon ineinen seiner 250-PS-Carrera 6. Dasschmächtige Bürschlein aus Bloemendaalbei Zandvoort lernte rasch – so rasch, dasser schon nach ein paar Monaten Öster-reichs Nationalidol Jochen Rindt auf des-sen Heimterrain in Wien-Aspern nach mit-reissendem Zweikampf niederrang, mitgleichen Waffen notabene.

Das war sein Durchbruch, der schnells-te Holländer aller Zeiten hatte vor nichtsund niemand mehr Respekt. Bis ihn 1967in Spa der einzige Highspeed-Crash ereil-te: Als sich die Heckverkleidung löste, hobder Carrera 6 ab. «Mein Glück war», erin-nert sich van Lennep, «dass es damals nochkeine Gurte gab und ich beim ersten Auf-prall aus dem Cockpit ins Gelände geflo-gen bin. Jo Siffert fand mich, ohne Hose,ohne Schuhe. Das Wrack lag 200 Meter wei-ter.» Ein Handbruch und schwere Prellun-gen erzwangen zwei Monate Pause, bevorsich der Shooting-Star in alter Form zu-rückmeldete.

Nach weiteren Siegeszügen (auch inFormel 5000 und F3) stiess er zum Por-sche-Werksteam, siegte 1971 mit HelmutMarko im 917er in Le Mans und beendete

mit einem zweiten LM-Sieg (im 936 mitIckx) 1976 seine Traumkarriere. Der ’71er-Siegerschnitt (5335,313 km, 222,304km/h) bleibt wegen diverser Kursumbau-ten wohl ein Rekord für die Ewigkeit. So-gar acht Starts in der Formel 1 und zweiWM-Punkte waren ihm vergönnt.

«Ohne Ben Pon», gibt van Lennep zu,«hätte es mich als Rennfahrer wohl nie ge-geben. Denn ich hatte nichts ausser mei-nem Talent.» Aufgehört hat er, «weil ichim Leben noch was anderes tun und denrechtzeitigen Absprung nicht verpassenwollte. Der zweite Le-Mans-Sieg war derrichtige Zeitpunkt.»

Beruflich und privat geht’s dem 60-Jäh-rigen heute prächtig, in Holland leitet erdas Fahrsicherheitstraining für Audi undPorsche. Zuvor war er ins Fahrer-Coachingdes Citroën- und Golf-GTI-Cups involviert.«Durch meine Nachwuchsarbeit in Hollandhabe ich rund 200 Jungs im Rennsport eta-bliert», sagt er stolz. Seit 25 Jahren istder Kleinwild-Jäger und Hobby-Golfer(Handicap 12,6) mit Jenny verheiratet,Kinder gibt es keine. Beide leben in Blari-cum in der Provinz Utrecht und sindwunschlos glücklich. «Fast», ergänzt vanLennep, «ich würde gern noch besser Golfspielen und mal die historische RallyeMonte Carlo fahren.»

Hollands Bester

Rekordfahrt in Le Mans 1971: Der Porsche 917 von Marko/van Lennep

A star was born: van Lennep 1966 Noch immer Idol: van Lennep 2002

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von Brauchitsch, Manfred † 2003 (MSa 17/2002)

Manfred von Brauchitsch, im August1905 in Hamburg geboren, ist einer

der wenigen noch lebenden deutschenVorkriegsrennfahrer. Nur gut zehn Jahredauerte seine wilde, mit Höhen und Tie-fen durchsetzte Zeit unter Mercedes-Renn-leiter Alfred Neubauer, bevor der Kriegs-ausbruch 1939 seine Karriere und alle Mer-cedes-Renneinsätze beendete. Bis dahinhatte der ungestüme von Brauchitsch erstals Mercedes-Privatier, schon bald aber als-Werkspilot 14 GP-Siege eingefahren und45 Mal auf dem Podest gestanden. Über-haupt ist der Begriff «Silberpfeil» und dieoft zitierte Geschichte, wie es dazu kam,eng mit seinem Namen verbunden.

Denn er war es, der 1934 beim Eifelren-nen auf dem Nürburgring mit dem erstenSieg des nicht mehr weissen, sondern ausGewichtsgründen bis aufs silbergraueBlech vom Lack befreiten W25-GP-Renners(3,3-Liter-V8-Kompressor, 315 PS) die Le-gende vom Silberpfeil begründete. Wohldeshalb pflegen die Stuttgarter den Kon-takt zu dem alten Herrn mit besonders vielHingabe. So fehlte er bis vor zwei Jahrenkaum bei einer Motorsport-Schlussfeierdes Unternehmens und war oft Gast beiHistoric-Events.

Das Reisen allerdings fällt ihm zuneh-mend schwerer, nur selten verlässt der fast

97-Jährige sein Haus in Gräfenwarth beiSchleiz. Nach drei schweren Operationenwacht seine Frau Liselotte streng darüber,dass sich ihr Liebster nicht zu viel zumu-tet. So lässt die Chefin im Hause von Brau-chitsch heute kaum noch jemand an daseinstige Rennidol ran, «weil er keinenRummel und keine Interviews mehrbraucht und in Ruhe leben soll».

Trotzdem lässt es sich der Mann, dervom SSKL und W25 über den W125 bis hinzum W154 in fast allen Vorkriegs-Merce-des-Grand-Prix-Autos gesiegt hat, nichtnehmen, auch die moderne Formel 1 vordem Fernsehgerät zu verfolgen. Nebendem Abschneiden der modernen Silber-pfeile von McLaren-Mercedes interessiertsich von Brauchitsch noch immer fürs re-gionale Tagesgeschehen, politische Strö-mungen und Weltereignisse. «Er ist da vollauf der Höhe», weiss Daimler-Museums-chef Gerrit von Pein, der als einer der we-nigen Privilegierten noch regelmässigKontakt zu ihm hat.

Sein letztes Rennen fuhr von Brau-chitsch übrigens in Belgrad und ist nochheute sauer, dass er durch «eigene Dumm-heit» nur Zweiter hinter dem Italiener Ta-zio Nuvolari im Auto Union wurde. An je-nem 3. September 1939 nahm das Unheildes 2. Weltkriegs seinen Lauf …

Das Silberpfeil-Idol

Sein letztes Rennen: Von Brauchitsch im 12-Zylinder-W154 mit 500 PS

Ungestüm: Von Brauchitsch 1936 Heute: Mit 96 voll auf der Höhe

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Waldhier, Franz (MSa 25/2002)

Franz Waldhier verband schon immer ger-ne das Angenehme mit dem Nützlichen.

Als er 1974 von seinem damaligen Arbeit-geber Audi zu einem fünfjährigen Grie-chenland-Aufenthalt abkommandiert wur-de, nutzte er die Gelegenheit zur Fortset-zung einer erfolgreichen Rennlaufbahn.Mit seinem Audi 50 rasierte er die griechi-schen Sportsfreunde am Berg nach Belie-ben. Zuvor hatte Waldhier im NSU-TTSschon hierzulande ordentlich abgeräumt.Klassengegner wie Willi Bergmeister, JoeWeber oder Thomas Ammerschläger muss-ten oft grimmig miterleben, wie ihnen der«schöne Franz» die Siege vor der Nase weg-schnappte.

Seine Erfolgsserie gipfelte 1971 im Ge-winn der Berg-DM in der Kategorie Spezi-al-Tourenwagen. Überdies holte er sich imselben Jahr den NSU-Sportpokal. Zwarfühlte er sich auf Bergstrecken wie Ross-feld, Schauinsland oder Eberbach amwohlsten, was ihn aber nicht davon ab-hielt, den TTS auch auf der Nordschleifefliegen zu lassen. So sprengten er und SigiSpiess 1972 beim 6-h-EM-Lauf bei den1300ern die Werksteams von Autodelta(Alfa) und Trivellato (Fiat). Die Underdogsbelegten als beste Privatiers neben Klas-senrang 3 einen vielbeachteten zehntenPlatz im Gesamtklassement.

Ab 1980 fand Waldhier in der MünchnerBMW-Zentrale beruflich eine neue undendgültige Heimat. Als Vertriebsleiter fürdas M1-Geschäft, im Marketing, in der Mo-torsport-Kommunikation und sogar alskurzzeitiger Interims-Einsatzleiter derBMW-Streitmacht des DTM-Jahres 1989hat er auch im Sport-Management Duft-marken hinterlassen.

Offiziell lebt der leidenschaftliche Gol-fer, Ski- und Mountainbike-Fahrer seit Ap-ril letzten Jahres in Olching bei Münchenschon im Ruhestand, «aber mit 63», soWaldhier, «kannst du doch den Tag nichtnur mit Faulenzen verbringen». Also stehter BMW weiter als Freier Mitarbeiter zurVerfügung und begleitet Händler- und For-mel-1-Events als Moderator des VIP-Pro-gramms. Nebenbei kümmert er sich nochum seinen langjährigen Schützling Alex-ander «Sandy» Grau.

Dass Waldhier, seit 1965 mit seiner FrauJutta verheiratet, auch im fortgeschritte-nen Alter topfit ist, belegt die Tatsache,dass er noch vor einigen Jahren allePflichtdisziplinen fürs DLV-Sportabzei-chen erfüllt hat. Besonders stolz ist er,wenn sich die Leute beim Alter in diefreundliche Richtung verschätzen. «Allesunter 60 ist ein Kompliment, das ich im-mer gerne annehme.»

Der schöne Franz

Galafahrt am Ring: Waldhier/Spiess mischten 1972 im NSU die Alfa auf

Am Berg gefürchtet: Waldhier ’72 Flotter Sechziger: Waldhier 2002

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Walter, Heini (MSa 46/2002)

Heini Walter erreichte in den 20 Jahrenseiner Rennfahrerzeit in diversen

Sportwagen zwischen 1947 und 1967 soviele Siege und absolvierte so viele Starts,dass er irgendwann mal aufgehört hat zuzählen. Das übernahm sein Freund und FanRemo Bader umso genauer mit dem Buch«Heini Walter – eine Schweizer Rennfah-rerlegende».

Nach Anfängen mit Bugatti und BMWbegleitete die Marke Porsche den gelern-ten Fahrrad- und Motorrad-Mechaniker ausAesch bei Basel ab 1955 fast durchgängig,nur kurz ging er später noch mal fremd mitFerrari. Gleichermassen schnell in allenDisziplinen, liebte er den Kampf am undgegen den Berg mehr als jedes Rundstre-ckenrennen. So brachten ihm seine Siegeam Rossfeld, Gaisberg, Mont Ventoux,Schauinsland, Timmelsjoch oder in Sest-riere gleich drei Europa-Championate undfünfmal in Folge den Titel des SchweizerSportwagenmeisters ein.

Die herausragenden Autos beim Einsam-meln der Titel waren dabei die Porsche-Ty-pen RS, RSK und 904 GTS. Geradezu «die-bische Freude» empfand der Sportwagen-Hero 1959 ob der Tatsache, dass er alsSchweizer den Titel «Int. Deutscher Renn-sportmeister» errang. Seine Gegner warenimmerhin so schwere Kaliber wie Edgar

Barth, Gerhard Mitter, Hans Herrmann oderWolfgang Graf Berghe von Trips.

Sogar der Traum von einem Formel-1-Einsatz erfüllte sich für den eidgenössi-schen Tausendsassa: Im 4-Zylinder-Por-sche der Scuderia Filipinetti qualifiziertesich Walter beim Grossen Preis vonDeutschland 1962 für die vierte Startrei-he neben den Ferrari-Piloten Baghetti undPhil Hill und erreichte im strömenden Re-gen einen achtbaren 14. Platz.

Sein letztes Rennen fuhr der SchweizerRekordmeister im Oktober 1967 beim Na-tionenpreis in Hockenheim im Porsche 910– Platz 2 war sein Abschied von der Renn-sportbühne. Fortan kümmerte sich Waltervor allem um sein Restaurant in seinemHeimatort Aesch. Der 75-Jährige ist bisheute überzeugter Junggeselle, freut sichüber jeden Kontakt mit seinen ehemaligenKollegen und besucht gerne mal den einenoder anderen Oldtimer-Event. Vor demFernsehgerät verfolgt er regelmässig dieSportwagenrennen der American Le MansSeries und die DTM-Läufe.

Eine Darmoperation vor 12 Jahren hater gut überstanden, fühlt sich längst wie-der gesund und fit. «Viel Bewegung, häu-fige Spaziergänge und wenig Alkohol»,lautete sein ganz persönliches Rezept fürein langes Leben.

Schweizer Legende

Sein Lieblingsberg: Heini Walter 1961 im Porsche RSK am Schauinsland

Schnelles Leben: Walter 1961 Normales Leben: Walter heute

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Waxenberger, Erich (MSa 28/2002)

Erich Waxenberger eilte ein Ruf wie Don-nerhall voraus. Als Einsatzleiter von

Mercedes in den Rallye-WM-Jahren 1978bis 1980 gelangen ihm mit Stars wie HannuMikkola oder Björn Waldegaard Erfolge, vordenen sich die versammelte PS-Zunft ehr-furchtsvoll verneigte.

Der gebürtige Bayer, seit 1954 als Ver-suchsingenieur bei Mercedes in Diensten,dirigierte seine schweren 450 SLC wie einFeldherr und packte am Servicepoint auchselbst mit an, wenn Not am Auto war. Sei-ne Truppe führte er «mit Kompetenz undMenschlichkeit», sagt Ex-Weltmeister Wal-degaard, seine Rallye-Autos waren rollen-de Mess- und Versuchslabore. «Wir habendamals alles probiert, was technisch mach-bar war», schwärmt Waxenberger, «sogardie Premiere der Telemetrie mit Helikop-ter-Relaisstation ist uns bei der Safari-Ral-lye gelungen.»

Die knüppelharte Bandama-Rallye (El-fenbeinküste) beendeten seine 450 SLCauf den Plätzen 1 bis 4, obwohl ihm haus-intern ein Startverzicht nahe gelegt wur-de, weil man im afrikanischen Busch kei-ne Siegchance für die V8-Coupés sah. Abergerade solche Herausforderungen machtenihn erst richtig heiss. «An diesem Mann»,schrieb Herbert Völker 1980, «ist ein Fer-rari-Rennleiter verloren gegangen.»

Konstrukteur, Techniker und Rennfahrermit jeder Faser seiner kräftigen Statur,zwängte sich Rundstrecken-Fan Waxenber-ger gern auch mal selbst ins Cockpit, ob-wohl ihm das offiziell untersagt war. 1968wuchtete er beim 6-Stunden-Rennen vonMacau einen rechtsgesteuerten 300 SEL6.3 des Mercedes-Importeurs von Hong-kong zum Sieg, nachdem der einheimischeChauffeur kurzfristig ersetzt werden muss-te. Auf dem Höhepunkt der Rallye-Erfolgs-serie beschloss Mercedes Ende der Saison1980 aus Kapazitätsgründen das Ende al-ler Sportaktivitäten. Waxenberger ging alsAbteilungsleiter «Vorentwicklung und Ver-such» 16 Jahre später mit 65 in den Ru-hestand.

Seitdem pendelt der begeisterte Skiläu-fer und Segler mit seiner Frau Ute, mit derer seit 44 Jahren verheiratet ist und zweiZwillingstöchter sowie fünf Enkel hat, zwi-schen dem schwäbischen Heimatort Neu-hausen (Frühjahr), Segelschiff auf demBodensee (Sommer) und Winterquartier inKlosters-Davos. Den Motorsport verfolgtder heute 71-Jährige noch immer sehr ge-nau: «Nie hätte ich geglaubt, dass sichMercedes so für den Sport öffnen und mitNiederlagen so locker umgehen würde.Wenn wir mal verloren haben, gab’s im Vor-stand gleich eine Krisensitzung.»

Der Super-Stratege

Bandama-Rallye: Wenns sein musste, packte Waxenberger selbst mit an

1980: Rallyechef und Rennfahrer 2002: Hobbysegler im Ruhestand

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Weisheidinger, Johann (MSa 35/2002)

Johann Weisheidinger gehörte zu denurigsten Typen, die in den 70er-Jahren

am Berg und auf der Rundstrecke erstklas-sige Unterhaltung boten. Der gebürtigeÖsterreicher, von Freunden nur «Wastl» ge-nannt, gilt als einer der frühen Vorkämp-fer in Sachen Opel-Motorsport. Obwohl erbis 1971 bei Opel in der Fahrzeug-Kon-struktion arbeitete und noch immer in Rüs-selsheim wohnt, blieb er stets ein lupen-reiner Privatfahrer. Seine Darbietungenfielen in eine Zeit, in der sich Opel mit of-fiziellen Motorsporteinsätzen noch ziem-lich schwer tat. Die Rüsselsheimer Sport-Clique lebte ihre Begeisterung damalsmehr im Untergrund aus.

Umso bemerkenswerter, wie «Wastl» mitden schweren Limousinen Commodore 2.8GSE und Monza-Coupé seine ganz persön-lichen Grenzbereiche der Fahrphysik zele-brierte und 1976 sogar Deutscher Rund-streckenmeister wurde. Sein Kumpel Diet-mar Hackner, Opel-Versuchsingenieur undPartner bei den Langstreckenrennen, sorg-te dafür, dass so manches Ersatzteil aufunkompliziertem Weg in die Renn-Coupésgelangte. Auch der heutige Formel-3-Prä-sident Helmut «Helle» Bein, damals Opel-Sportbeauftragter mit Mini-Etat, zählte zuWastls Sympathisanten und öffnete somanch inoffizielle Tür.

Notgedrungen arbeitete Weisheidingermit Minimal-Aufwand. 25 000 Euro proSaison mussten reichen. Herrlich seine Er-innerungen an die 24 Stunden von Spa-Francorchamps 1979: «Da sind der Hack-ner und ich mit einer Kiste Ersatzteile hin-gefahren und haben den Monza mal ebenauf Gesamtrang 3 geprügelt.» Und dannwettert er gleich noch über die Zuständeim Rennsport heute: «Schlimm, dass mannur noch mit Rechtsanwalt, Therapeut undManager im Schlepptau fahren kann.»Wastl W. pur – er hat schon immer laut ge-sagt, was andere nur leise dachten.

Der 57-Jährige, seit 27 Jahren mit Re-nate verheiratet, eine Tochter (23), einSohn (17), ist leitender Kfz-Sachverstän-diger bei der Allianz. Seit Ende seinersportlichen Laufbahn 1985 hat er keineRennstrecke mehr besucht, konsumiertaber alles vor dem Fernsehbildschirm. Sei-ne persönliche Hitliste: Motorrad-WM(«bin ein absoluter Rossi-Fan»), Formel 1,DTC, V8STAR, DTM. Grosses Hobby sind vierhistorische Motorräder (Kawasaki Z 900,250er-BMW, zwei 250er-Adler) und ein 30Jahre alter Opel GT 1900. Wenn dann nochZeit bleibt, begleitet er die Tochter zu Reit-turnieren. «Dass ich mal mit dem Pferde-anhänger durch die Gegend gondeln wür-de, hätte ich auch nie gedacht.»

Untergrund-Mann

Herrliche Zeiten: Wastls Commodore GSE 1976 vor Karl Mauers Escort

1976: Opel-Fan Weisheidinger 2002: Rossi-Fan Weisheidinger

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Wendlinger, Karl sr. (MSa 47/2002)

Karl Wendlinger war in den 60er- und70er-Jahren im österreichischen Tou-

renwagensport eine sichere Bank. So etwaeine gute Mischung aus Hans Heyer undDieter Glemser – trickreich, schnell, starkim Nahkampf und abonniert auf Meister-titel. Mehr als 100 Mal stand der Kfz-Meis-ter aus Kufstein unterm Lorbeerkranz undräumte im Steyr-Puch 650 TR, Abarth 1000TC und Alfa GTA vier ÖM-Titel ab.

Auch den internationalen Vergleichbrauchte der populäre Tiroler nicht zuscheuen. Wenn er bei den Tourenwagen-EM-Läufen in Monza, Brünn oder Spa imselbst präparierten GTA die Alfa-Werkscli-que aus Milano aufmischte, guckten selbsthartgesottene Typen wie Andrea de Ada-mich, Theodore Zeccoli oder Ignazio Giun-ti am Ende recht konsterniert. Sogar derspätere Formel-1-Superstar Gerhard Ber-ger musste in besten Alfasud-Cup-Tagenerkennen, dass Landsmann Wendlinger einverdammt harter Brocken war.

Auch bei den Ausflügen in die FormelSuper V rang das Allround-Talent seinenGegnern Respekt ab. Drei Jahre tobte ermit Kurt Bergmanns Kaimann-Truppe überEuropas Rennstrecken. Noch heute be-scheinigt Konkurrent Manfred Trint: «Erwar verdammt schnell, obwohl sein Kai-mann damals gegen unsere ATS-Lola kaum

Chancen hatte.» Wendlinger selbst erin-nert sich vor allem gerne an die Flugplatz-rennen Innsbruck, Klagenfurt, Aspern undTulln: «Das war die absolut schönste Zeitmit dem meisten Spass und der besten At-mosphäre.»

Als Sohnemann Karl 1984 als 16-Jähri-ger mit Kartfahren begann, beendete derVater seine aktive Karriere und kümmertesich fortan um die Betreuung seines hoff-nungsvollen Juniors, der anfangs mit Be-geisterung in Gerhard Bergers abgelegtenRennoveralls antrat. Die väterliche Beglei-tung endete nach der Formel-Ford- undFormel-3-Zeit. Dr. Helmut Marko übernahmdas Management, der Senior konnte sichwieder vorrangig um sein Autohaus (Alfa,Peugeot) kümmern.

Weil Karli jr. kein Interesse an der Über-nahme des väterlichen Autohandels zeigt,soll das Geschäft verkauft oder verpachtetwerden. Denn für 2004 strebt der heuteknapp 60-Jährige Wendlinger den Ruhe-stand an, um zusammen mit seiner FrauWaltraud vor allem viele Reisen zu unter-nehmen und seine Hobbys Ski- und Rad-fahren zu pflegen.

Dafür, dass die Verbindung zur Renne-rei nicht abreisst, sorgen neben dem Ju-nior auch die Herren Berger und Stuck, dieim Tiroler Umfeld zu Hause sind.

Ein Idol aus Tirol

Umtriebe im Alfasud: Wendlinger (vorne) balgt sich mit Berger und Co.

Siegabonnement: Wendlinger ’70 Heute rast der Sohn: Wendlinger

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Wolfgang Wilcke und seine Zolder-Para-deveranstaltung «Bergischer Löwe» –

stets ein geschichtsträchtiges Ereignis imdeutschen Motorsport. 25 Mal dirigierteder Solinger seit 1969 im Stil eines Kolo-nialherrn den alljährlichen Saisonstart derDRM und DTM auf dem Traditionskurs naheHasselt.

Alle hatten Respekt vor ihm – die trä-gen belgischen Funktionäre genauso wiedie Piloten. Berühmt-berüchtigt seineFahrerbesprechungen: Wenn der «Löwevon Zolder» die Vollgas-Gemeinde in ge-fährlicher Stimmlage mit seinen Durchfüh-rungs- und Sonderbestimmungen konfron-tierte, waren Einsicht und Wohlverhaltenempfehlenswert. Wer dennoch aufbegehr-te oder gar eine Diskussion um Sachfragenanzuzetteln wagte, wurde vom Ober-Lö-wen in der Regel barsch abgebürstet undgab für den Rest des Wochenendes garan-tiert Ruhe.

Lange blieb der Saisonstart in Zoldereine Festung im deutschen Rennkalender.Als ’95 aber erstmals kein DTM- und F3-Prädikat an den «Motorsportverband Ber-gischer Löwe im AvD» vergeben wurde, be-kam das Traditionsrennen einen Knacks.Überdies musste Wilcke die Rennleiter-funktion aus gesundheitlichen Gründen1996 an seine Tochter abgeben, die ihrem

Vater bis dahin als Stellvertreterin zur Sei-te gestanden hatte. Im April 2002 starte-te Dr. phil. Karin Wilcke, im Hauptberuf Li-teratur-Dozentin an der Uni Düsseldorf,die 33. Auflage des «Bergischen Löwen».Vor spärlicher Kulisse fuhren Benelux-Rennserien und Youngtimer-Trophy. DieZukunft der Veranstaltung, die in ihrenbesten Zeiten bis zu 80 000 Zuschauer sah,ist mangels wirtschaftlicher und sportli-cher Perspektiven eher ungewiss.

Der fast 73-jährige Wilcke, selbst vieleJahre aktiver Rallyefahrer und 1981 Ge-winner des ONS-Senioren-Cups, lebt heu-te als Pensionär in seiner Heimatstadt So-lingen. Die letzten Jahre waren vonSchicksalsschlägen geprägt: Erst starb sei-ne Frau Charlotte, mit der er seit 1957 ver-heiratet war. Dann trafen ihn ein Herzin-farkt und zwei Schlaganfälle. «Aber daswirft mich nicht um», trotzt der Ober-Lö-we. «So schnell lässt sich ein Wilcke nichtaus dem Verkehr ziehen.»

Die beiden Töchter, ausser Karin (44)noch Gabriele (43), sehen den Unterneh-mungsgeist des angeschlagenen Familien-oberhaupts mit Sorge und mahnen ein-dringlich zu ruhigerer Gangart. «Aber ei-gentlich», so Karin resignierend, «ist eswie all die Jahre in Zolder – er duldet kei-nen Widerspruch.»

Löwe von Zolder

Immer Flagge zeigen: Zolder-Rennleiter Wilcke 1979 in typischer Pose

Autoritätsperson: Wilcke 1977 Herz macht Sorgen: Wilcke heute

Wilcke, Wolfgang (MSa 34/2002)

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Han Akersloot nahm das Rennfahrerle-ben so wie es gerade kam: Siege nicht

um jeden Preis, Spass auf jeden Fall. ImVerbund mit Ford-Weggefährte Ernst Bergund Manager Frans Lubin funktionierte dervierfache holländische Tourenwagen-Champion (1970 im Alfa GTA, 71/72/73 inFord Escort und Capri RS) jedes Fahrerla-ger in eine «Spass- und Spiele-Arena» um.

Während sich die erfolgsbesessene Kon-kurrenz mit Fitness abmühte und früh zuBett ging, liess es die holländische Spass-Fraktion erst richtig krachen. Im Nobel-club «Jimmy’z» in Monaco galten sie alsdie wildesten und besten Tänzer, keineDisco war vor ihnen sicher. «Wir hatteneine wunderbare Zeit», erinnert sich derfröhliche Blondschopf. «Vor allem die Ren-nen mit Ford waren ein Traum.»

Trotz aller Blödeleien stand Akerslootjedoch immer seinen Mann, wenns auf derPiste ernst wurde. In der Tourenwagen-EMder 70er-Jahre teilte er sich das Cockpitbisweilen mit Top-Partnern wie John Fitz-patrick, Tom Walkinshaw oder Gerry Bir-rell. Werkseinsätze mit Teamchefs wie Car-lo Chiti (Alfa) oder Jochen Neerpasch undMike Kranefuss (Ford) genoss er ebensowie die Starts im holländischen Frami-Team. Für das Ende seiner Laufbahn sorg-ten 1975 die Hochzeit mit Corinna sowie

das Angebot, Marketing- und Sportdirek-tor von Renault Holland zu werden.

Zwölf Jahre blieb er bei Renault, erleb-te die verrückten R5-Pokal-Jahre, freutesich über eine starke Holland-Equipe imEuropacup und dirigierte Jan Lammerstrickreich zu zwei Titelgewinnen. Und ge-legentlich durfte er auch noch seinen al-ten Kumpel Berg, inzwischen auch im R5-Cup gelandet, nach dessen nächtlichen Es-kapaden bei der monegassischen Polizeiauslösen. Einem siebenjährigen Intermez-zo bei Lancia folgte der Ruf von Alfa Ro-meo Holland, wo er seit 1993 als Verkaufs-direktor amtiert.

Mehr als Rennsport interessieren denmittlerweile 58-Jährigen aus Aerdenhoutvor den Toren Zandvoorts heute vor allemGolf (Handicap 15) und Fussball («ich binein grosser Fan von Ajax Amsterdam»).Sein 19-jähriger Sohn ist auf dem Weg zumGolf-Profi, während die beiden Töchter(25, 22) Medizin und Jura studieren. Ge-legentlich fährt der ehemalige Tourenwa-gen-Star noch historische Rallyes mit sei-nem 58er-Alfa Spider oder ist Instruktorbei Fahrerlehrgängen für Alfa-Kunden.

Für die Zukunft hat sich Akersloot vor-genommen, «möglichst viele junge Leutezum Golfsport zu bringen und sie als Pro-moter zu unterstützen».

Auf Titelkurs: Akersloot im rechtsgesteuerten Escort 1972 in Zandvoort

Siege mit Ford: Akersloot 1971 Spass mit Golf: Akersloot heute

Akersloot, Han (MSa 31/2003)

Spass und Spiele

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Auch Überflieger stolpern mal: Dreifacher Becker-Salto 1982 in Zolder

Harter R5-Fighter: Becker 1981 Multiunternehmer: Becker heute

Heinz Becker genoss als Renault-Cup-Frontrunner das Privileg des grössten

Schlitzohrs im Feld. Ob nationaler R5-Po-kal, R5-Turbo-, Alpine-V6- oder R21-Tur-bo-Europacup – der Hagener brachte inden 80er-Jahren Gegner und Kommissaregleichermassen ins Grübeln. Dabei beteu-ert der Schlaufuchs, «dass ich nie wegeneines faulen Autos disqualifiziert wordenbin». Unvergessen bleibt für die deutscheRenault-Cup-Führung der Becker-Auftrittdes Jahres 1983, als er zum Entsetzen dervöllig genervten Chefetage ein Rennennach dem anderen gewann. «Obwohl wirdas Auto mehrmals in alle Einzelteile zer-legt haben», so Technikchef Weishaupt,«fand sich absolut nichts. Ich hätte echtgerne gewusst, wie er uns geleimt hat.»

Becker, der die peniblen Kontrollen zu-meist grinsend verfolgte, kommt aus ei-nem Umfeld, dem Cleverness und Einfalls-reichtum keineswegs fremd sind: VieleJahre Kartsport, Nationalmannschaft mitHans Heyer, viermal Europameister, an die70 Siege. Trotz der beiden deutschen R5-Titel 1982/83 fand er den meisten Spassim Europacup. «Da ging’s richtig rund»,schwärmt der Monaco-Sieger 1988. «An-ders als im deutschen Cup war da fast je-des Auto faul. Die Schlimmsten waren üb-rigens Heyer, Schütz und Strycek.»

1991 gönnte sich Hobby-Pilot Beckernoch eine DTM-Saison im eigenen FordMustang, allerdings geriet das Projekt zumtechnischen Fiasko. «Das war Frust pur, ichkam kaum zum Fahren, weil der Motor nurrumkotzte. Wir sind da wohl zu blauäugigrangegangen.» Mit 45 beendete der Unter-nehmer («Märkische TransportbetonGmbH», fünf Betonwerke, 50 Silo-LKW,Meierling Anhängerbau, Kartbahn Hagen,weitere Firmen-Beteiligungen) seine Pis-ten-Präsenz.

Zehn Jahre später tritt Becker kürzer,zumal verengte Herzkranzgefässe undBluthochdruck nach Auszeiten verlangen.So legen er und Frau Ilse öfter mal Kurz-urlaube im Haus an der Ostsee ein. SohnMichael (29) ist in den Betrieb eingestie-gen, nachdem die eigene Rennkarriere(Kart, Formel König, F3, DTC) nicht nachWunsch verlief. Tochter Nicole (34) istHausfrau und Mutter, die den Eltern be-reits ein Enkelkind (3) bescherte.

In MSa und am TV informiert sich derEx-Meister regelmässig über das aktuelleRenngeschehen, aber bis auf die altenWeggefährten Rolf Rummel und Hans Hey-er gibt es kaum Szene-Kontakte. Zukunfts-pläne? «Gesund bleiben und den Betriebirgendwann in gutem Zustand an meinenNachfolger übergeben.»

Becker, Heinz (MSa 43/2003)

Der Cup-Spezialist

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Besier, Günther (MSa 07/2003)

Günther Besier gehört zu jener legendä-ren Wiesbadener Rennfahrer-Clique, die

dem Motorsport speziell in den 50er- und60er-Jahren durch Engagement und Erfol-ge auch in der hessischen Landeshaupt-stadt zu gesellschaftlicher Akzeptanz ver-half: Zusammen mit schillernden Typenwie Peter Lindner, Egon Vomfell, Leopoldvon Zedlitz, Horst Wilhelm oder Hans Weh-ner beteiligte sich der Rennfan am Aufbauder beiden grossen Wiesbadener AvD-Clubs«HMSC» und «WAC», die sich mit ihrenFlugplatzrennen in Mainz-Finthen, Pferds-feld und Erbenheim, dem Taunus-Bergren-nen Lorch oder der Rallye Wiesbaden ei-nen guten Namen machten.

Wegen eines deftigen Abflugs am Nür-burgring und daraus resultierender Endlos-Diskussion mit der Familie startete Besierbald nur noch unter dem Pseudonym «HansKater». Dies geschah allerdings auch mitRücksicht auf seinen Unternehmer-Status(mehrere Foto-Fachgeschäfte in Wiesba-den und Mainz).

Seinen ersten Sieg errang Besier 1956im BMW 502 V8 am Berg, danach folgtenseine wildesten Jahre im BMW 700. Kaumweniger gesittet trieb es der fröhliche Hes-se vorzugsweise am Steuer von diversenLeichtbau-Carreras und 911 aus dem Hau-se Porsche. Fast wäre er als GT-Dauersie-

ger mit dem 911 gar Rundstrecken-Cham-pion geworden – nur Udo Schütz im Car-rera 6 vereitelte beim Finallauf 1966 denTitelgewinn. Sein letztes Rennen bestrittBesier ein Jahr später im 911 S mit SeppGreger als Partner in Sebring. Danach hat-te der Aufbau seines innovativen Farbbild-Projekts «Meisterfoto» mit eigenen Gross-laboren Vorrang.

Nach einer komplizierten Herzoperati-on mit fünf Bypässen musste Besier ab1992 vieles ruhiger angehen lassen. Beidieser Gelegenheit aktivierte der passio-nierte Hochwild-Jäger seine Liebe zum Au-tomobilsport erneut und ist seit Jahren re-gelmässiger Teilnehmer bei grossen Oldti-mer-Events. Mit seinen beiden Schmuck-stücken, einem Mercedes 300 SL und ei-nem Porsche Speedster, erscheint der heu-te 68-Jährige besonders gerne bei der Mil-le Miglia und der Alpenfahrt.

Seit vier Jahren lebt der Jagdkumpelvon Ex-Dunlop-Rennchef Gerhard Weberim Ruhestand, die Fotogeschäfte hat SohnMichael (37) übernommen. Der zwei Jah-re ältere Stefan ist Fotograf in den USA,die 18-jährige Tochter steht vor dem Abi-tur. Einen persönlichen Traum möchte Be-sier in naher Zukunft realisieren: «Ein Startbei der historischen Carrera Panamericanain Mexiko – das wäre das Allergrösste.»

Ein flinker Kater

Ehrenrunde nach dem Sieg: Der heisse Kater 1966 im 911 am Norisring

Elan und Erfolge: Besier 1961 Jagd und Oldtimer: Besier 2003

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Wilder Bursche: Arthur Blank 1965 im Lotus Cortina in Wien-Aspern

Cortina-Star Arthur Blank 1965 DTM-Fan Arthur Blank heute

Arthur Blank hat dem Motorsport, spe-ziell in der Schweiz, zwischen 1959 und

1976 so einiges gegeben: Siege als Pilotaller möglichen Touren-, GT- und Sportwa-gen, wilde Ritte im Lotus-Cortina, dreiMeistertitel, eine eigene Creation des VW-Käfers (Blank RS).

Und vor allem den MSa-Vorläufer Power-slide. Der Monatstitel galt für damaligeVerhältnisse als Premium-Magazin: Hoch-glanzformat, faszinierende Fotos, tolleStorys, Top-Autoren. Das erste Heft kamAnfang 1963 unter der Regie von Blank alsVerleger und Finanzier in Personalunion.Mitstreiter der ersten Stunde waren RicoSteinemann (Chefredakteur) und RenéSchöni (Grafik und Karikaturen). Die Po-werslide-Macher installierten die Redakti-on in Blanks Privatwohnung in der ZüricherFlorastrasse 45. «Dort hatten wir ständigBesuch von allen möglichen Formel-1-Pi-loten», erinnert sich der Ex-Verleger. «JackBrabham und John Surtees waren oft da,Jo Siffert fast jede Woche.»

Dieter Stappert und Fritz Reust ver-stärkten im Laufe der Jahre das Redakti-onsteam. 1967 wechselte Powerslide denBesitzer, Blank verkaufte für 100 000 Fran-ken an den Marx-Verlag Zürich – der Erlösentsprach in etwa der Höhe des Schulden-stands. Acht Jahre später wurde aus Po-

werslide die Motorsportbibel MOTORSPORTaktuell.

Heute lebt Arthur Blank, der in seineraktiven Zeit exakt 32 verschiedene Renn-autos höchst erfolgreich bewegt hat, im«Teil-Ruhestand» in Feldmeilen bei Zürich.Im Oktober wird der Ex-Rennfahrer und Po-werslide-Erfinder 70. Der Vater eines 34-jährigen Sohnes, seit 1974 in zweiter Eheverheiratet mit Eliane, fühlt sich «absolutfit und gesund». Immer häufiger zieht esihn an den Zürichsee, um die Freizeit zuverbringen. Am Ufer steht sein Wochen-endhäuschen, auf dem Wasser ankert sei-ne kleine Yacht. Aus seinem Messebau-Un-ternehmen möchte sich Arthur Blank lang-sam zurückziehen, «um mehr Zeit fürs Fau-lenzen und Schiffchenfahren zu haben».

Vom Motorsport kommt er aber trotz-dem nicht los: Regelmässig gönnt er sichden Monaco-GP mit Freunden live vor Ort,DTM und Tourenwagen-EM verfolgt er imFernsehen, und bei diversen Sportfahrer-lehrgängen wirkt er nach wie vor als In-struktor mit.

Apropos DTM: Gerne würde er auf sei-nem Lieblingskurs, dem Nürburgring, nochmal ein Rennen von der Box aus erleben –«am liebsten bei Abt, weil ich mit dem Se-nior früher wüste Kämpfe ausgefochtenhabe». Also dann, bis bald am Ring.

Mister PowerslideBlank, Arthur (MSa 33/2003)

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Braungart, Martin (MSa 12/2003)

Martin Braungart galt eigentlich immerals Branchen-Primus – ob als Student,

als Rallye-Copilot, als Ingenieur bei Ford,als Konstrukteur bei BMW oder als Techni-scher Leiter beim Felgenhersteller BBS.«Martin denkt, Dieter lenkt» – unter die-sem Motto hatten Dieter Glemser und seinKumpel zwischen 1961 und 1965 eine tol-le Rallyezeit bei Mercedes. Parallel dazuabsolvierte Braungart ein technisches Stu-dium an der Uni Stuttgart. «Die Mischungaus Studieren, Rallyefahren und Geld ver-dienen war damals wie ein Sechser im Lot-to», erinnert sich Braungart.

Als Jochen Neerpasch die Ford-Rennab-teilung 1969 neu strukturierte, folgte derTechniker ebenso wie Freund Glemser demRuf nach Köln. Beide bestritten im Ford 26M RS nochmals den Marathon London–Syd-ney, bevor Braungarts grosse Zeit als Fahr-zeug-Ingenieur begann. So brachte er demEscort TwinCam (laut Gerd Schüler «amBerg zunächst unfahrbar») Manieren bei,stellte den legendären Capri RS auf die Rä-der und wurde zusammen mit Kollege Tho-mas Ammerschläger zum technischen Fix-punkt der Kölner Rennaktivitäten.

Jenes Bild veränderte sich allerdingsschlagartig, als Neerpasch, Braungart undToppilot Hans Stuck 1972 im Dreierpack zuBMW überliefen. In München vollbrachte

der schwäbische Vordenker sogleich neueGlanztaten: Er perfektionierte das CSLLeichtbau-Coupé (das dann prompt dieCapri in der Tourenwagen-EM schlug), kon-struierte den M1-Sportwagen und verliehdem Procar-M1 die Rennreife.

Nach sieben BMW-Jahren lockte eineneue Herausforderung beim renommiertenFelgenhersteller BBS in Schiltach: Braun-gart trat als Gesellschafter und Techni-scher Vorstand in die Geschäftsführungein. Inzwischen ist er dort fast 25 Jahrean Bord, betreut aktuell die Ressorts Mo-torsport, Engineering und Lizenznehmer.Der 61-Jährige gibt am Schreibtisch nochimmer Vollgas («von 8 bis 8 ohne Mittags-pause, nur ein Becher Joghurt») und willerst dann in den Ruhestand gehen, wennihm der Spass am Job abhanden kommt.

Neben dem Rennsport fasziniert ihnheute die Fliegerei. Oft klemmt er sichselbst ans Steuer einer Cessna 340, an-sonsten bleibt kaum Zeit für weitere Hob-bys. Das will der Familienvater (seit 35Jahren verheiratet mit Inge, ein Sohn, 29,eine Tochter, 21) aber nachholen, wennmal die Zeit des Ruhestands gekommen ist.Dann stehen neben Fliegen noch Boots-touren auf dem Bodensee, Skilaufen unddie Pflege seines M1-Oldtimers auf Braun-garts Freizeit-Programm.

Der Vordenker

Akropolis ’65: Glemser/Braungart (250 SL) fahren bei König Konstantin vor

Felgen & Fliegen: Braungart heuteStudium & Rennerei: Braungart ’64

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Christmann, Werner (MSa 47/2003)

Werner Christmann hatte zwar keinGeld, aber die Gabe, verdammt schnell

Autofahren zu können. Deshalb betrat erzwischen 1968 und 1973 meist dann dieRennsportbühne, wenns eng wurde. Ent-weder brauchte man im Team einen, dermal richtig Gas gab. Oder der zahlendeStammfahrer musste pausieren, da die fäl-lige Rate nicht eingegangen war. Das wardann die Stunde des hageren, grossge-wachsenen Tischlers aus Lippstadt. WederTod noch Teufel fürchtend, klemmte sichder Kamikaze-Pilot wild entschlossen hin-ters Lenkrad und erledigte den Job im Sti-le eines Terminators. Die Fans hatten anden Umtrieben des Westfalen zwar ihrenSpass, aber die Begeisterung der Team-chefs (u.a. Steinmetz, Gerstmann, Zak-speed) hielt sich mitunter in Grenzen.

Denn neben Siegen fabrizierte Christ-mann nur allzu häufig auch Schrott. Soflog er mit dem vollgetankten Gerstmann-Capri in Spa über die Leitschiene, das Autoging in Flammen auf und brannte völligaus. Auch Opel-Tuner Steinmetz kann vonverbogenen GT 1900, Ascona und Commo-dore berichten. Andererseits gelang es ihmaber auch, an einem Tag gleich zweimalaufs Podium zu fahren.

Als Christmann sich Anfang der 70er-Jahre, kurz vor einem Vertragsabschluss

mit Zakspeed stehend, auf eine «verhäng-nisvolle Affäre» mit der damaligen Ehefraudes Teampatrons einliess, war der Skandalperfekt. «Ich werde dafür sorgen», liessein empörter Erich Zakowski verlauten,«dass der Kerl nie mehr in einem siegfä-higen Rennauto sitzt.» Tatsächlich wardieses Ereignis der Anfang vom schlei-chenden Ende der Karriere Christmanns,«denn Erichs Einfluss war nun mal gewal-tig».

Nach elf Jahren trennten sich beide wie-der, seitdem lebt der heute 64-Jährige al-lein in Lippstadt, treibt viel Sport und hatnoch immer sein altes Kampfgewicht von60 kg. Wirtschaftlich geht’s ihm dagegennicht so gut, nachdem sein Autohandel1986 Konkurs anmelden musste. «Aber ichkomme über die Runden und will nicht kla-gen, Hauptsache, man ist gesund.»

Seit 28 Jahren freut sich Christmann je-den Dienstag auf die neue MSa-Ausgabe,und vorm TV gibt er sich zusätzlich die vol-le Renn-Dröhnung («täglich bis zum Ab-winken»). Deshalb wäre es für den Mann,der bei 85 Starts in elf verschiedenen Au-tos 34 Siege erreichte, auch ein Traum, ir-gendwann alle DTM- und F1-Rennen imWochenturnus mit dem Wohnmobil abzu-fahren. «Wenn ich das noch hinkriege, binich glücklich und zufrieden.»

Der Terminator

Da tobte Steinmetz: Christmanns zerlegter GT 1900 am Nürburgring 1972

Ruhiges Leben: Christmann heuteWilde Auftritte: Christmann 1972

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Damler, Dieter (MSa 50/2003)

Dieter Damler hat 33 Jahre lang beimZDF die Themen Rennsport und Auto

auf den Bildschirm gebracht. Als Mann derersten TV-Stunde des Mainzer Senders ge-hörte der Autofan zur legendären Gründer-mannschaft der ZDF-Sportredaktion, diedamals scherzhalber «Tele-Sibirsk» hiess,weil die Sportsendungen zunächst ausarmseligen Baracken im TaunusstädtchenEschborn abgesetzt werden mussten. Dam-ler, Karl Senne und Rainer Günzler galtenbeim Sender als die Motorsportexperten,deren Beiträge aus F1, F2, Sportwagen-und Rallye-WM das ZDF-Sportprogrammbereicherten. Dabei liess Damler seine Ka-meraleute mit Vorliebe hinter die Kulissenblicken und formte aus den Erkenntnissenoft preisgekrönte Filme (u.a. die weltbes-te Sport-Dokumentation 1973).

Als besonders eindrucksvoll sind seineFilmberichte von der Rallye Monte Carlo inbester Erinnerung. Auch die ZDF-Parade-sendungen Sport Reportage, Sportspiegel,und Tele-Motor wurden durch seineBeiträge aus der Welt des Autos geprägt.Dass ausgerechnet seine LieblingssendungTele-Motor, die er lange im Wechsel mitSenne moderierte, 1996 dem Rotstift zumOpfer fiel, hat Damler nur schwer ver-kraftet. Als auch noch ein Herzinfarkt dazukam, nahm er beide Negativereignisse zum

Anlass, sich mit 63 Jahren in den Ruhe-stand zu verabschieden.

Der leidenschaftliche Filmemacher zogsich zusammen mit Ehefrau Karla (einSohn, 28) auf seine Lieblingsinsel Mallorcazurück, wo er schon seit seiner Studenten-zeit stolzer Besitzer einer Finca bei Cap-depera ist. «Damals haben die Grundstückedort fast nichts gekostet», freut sich derTV-Mann über sein frühes Schnäppchen.Die Ferieninsel ist Damler im Laufe der Zeitso ans Herz gewachsen, dass er einen Rat-geber für Mallorca-Residenten und -Neu-bürger geschrieben hat («Mallorca – Ihrezweite Heimat», ISBN 3613504308, 256Seiten, 22 Euro). Das Werk ist im März er-schienen und enthält nützliche Tipps, u.a.zu den Themen Land & Leute, gesetzlicheZuzugsbestimmungen und Kauf von Grund-stücken und Immobilien.

Der mittlerweile 70-Jährige braust trotzangeschlagener Gesundheit (Diabetes,drei Herzinfarke) mit seiner 1000er-BMWnoch immer gerne zu Erkundungsfahrtenüber die Insel. Und nur ein paar Kilometerentfernt wohnt sein alter ZDF-Kollege Sen-ne. Obwohl er seit 1987 nie mehr an einerRennstrecke war, würde Damler gerne nochmal die schönsten Drehorte, Hotels undRestaurants der früheren Jahre besuchen.«Wäre schön, wenn ich das hinbekäme.»

Das ZDF-Urgestein

Damler in seinem Element: ZDF-Übertragung 1965 aus Hockenheim

Autor und Geniesser: Damler 2003ZDF-Pionier: Dieter Damler 1963

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Eggenbergers WM-Quartett 1987: Soper, Ludwig, Niedzwiedz, Dieudonné

WM mit Ford: Eggenberger 1987 Heute: «Das Kribbeln ist weg»

Ruedi Eggenberger darf man getrost zuden erfolgreichsten Teamchefs Europas

zählen. Was dem stillen Schweizer vor al-lem mit den Marken BMW, Volvo und Fordgelang, ist bemerkenswert: Mit allen dreiHerstellern erreichte er in den 70er- und80er-Jahren wenigstens einen Tourenwa-gen-EM-Titel, mit BMW sogar drei und mitFord zusätzlich einen WM-Titel. Schon be-vor der Mann aus Lyss 1977 auf die Seiteder Teameigner wechselte, war er als Renn-fahrer erfolgreich. So gelangen ihm in ei-ner Saison 32 Siege bei 35 Starts, und miteinem Renault R8-Gordini schaffte er es biszum Vizemeister.

Die blitzsauber vorbereiteten Eggenber-ger-BMW wurden schon im ersten Jahr zumSchrecken der Konkurrenz. Lieblingspilotdes strengen Teamchefs, für den nur Leis-tung zählte, war anfangs Helmut Kelleners.«Der hat uns zu BMW-Zeiten richtig wei-tergebracht.» Später, als Eggenberger mitFord zusammenarbeitete, lagen zunächstKlaus Ludwig und später Klaus Niedzwiedzin der Gunst des Chefs ganz vorn.

Die Jahre mit Ford (1986–1989) betrach-tet der Schweizer als «die schönste Zeitüberhaupt», der Sierra 500 RS avanciertezu seinem absoluten Lieblingsauto. Aller-dings bereitete ihm ein anderes Kölner Pro-dukt auch die ärgsten Kopfschmerzen: «Der

STW-Mondeo hat uns an den Rand der Ver-zweiflung gebracht, das war einfach nurnoch grauenvoll.»

Weil er als Teamchef keine Perspektivenmehr sah, beendete er mit Ablauf der Sai-son 1995 sein Engagement im Rennsportund baute sich in der Folge mit einem Mit-subishi-Autohaus eine neue Existenz auf.Seit diesem Jahr wurde der 14-Mann-Be-trieb in Lyss um die Marke Alfa Romeo er-weitert. Eggenberger Racing ist aufgelöst,die Räume sind an das Formel-Renault-Team von Andreas Jenzer vermietet.

Auch sein Privatleben hat Eggenberger,der jetzt in Magglingen bei Biel wohnt, neugeordnet. So trennte sich der heute 64-Jäh-rige von seiner zweiten Frau Rosi und hei-ratete die Kamerunerin Christelle (35), mitder er eine gemeinsame Tochter (4) hat.Sohn Thomas (37), kurzzeitig Formel-Ford-Pilot ohne greifbaren Erfolg, stammt nochaus erster Ehe. Zur Rennstrecke kommt derEx-Teamchef nur noch selten, dafür guckter im Fernsehen regelmässig Formel 1 undDTM. «Das grosse Kribbeln», meint Eggen-berger, «ist aber nicht mehr da.»

Derzeit ist der Titel-Architekt restlosglücklich und zufrieden, spielt neuerdingsGolf und joggt, so oft es geht. «Schliess-lich hab’ ich eine junge Frau», schmunzelter. «Da sollte ich schon fit bleiben …»

Eggenberger, Ruedi (MSa 28/2003)

Der Titel-Architekt

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Faltz, Rüdiger (MSa 21/2003)

Rüdiger Faltz schwärmt noch immer vomdenkwürdigen DRM-Jahr 1977. In der

kleinen Division bis 2 Liter herrschte da-mals Kriegszustand: Die wilden BMW-Ju-nioren Surer, Cheever und Manfred Winkel-hock (†) gegen die Ford-Routiniers Hey-er/Hahne – und mittendrin der orangeneFaltz-Alpina-BMW 320 mit dem jungenRaufbold Harald Grohs. Die Essener Allianzwirbelte das BMW- und Ford-Staraufgebotkräftig durcheinander und sorgte für somanche Sensation. «Unser Wagen warnicht schlechter als die Werksautos», re-kapituliert Teamchef Faltz voller Stolz,«und Harald hat mit seinem spektakulärenFahrstil sowieso alle erschreckt.»

In der Tat fuhr Grohs den Superstarsständig in die Parade, nachdem er zuvorim Faltz-CSL-Coupé wüste Umtriebe imPorsche- und Capri-Feld veranstaltet hat-te. Die wildsaumässigen Auftritte seinesLieblingspiloten kamen den Chef freilichteuer zu stehen: «Harald war der erste, dernichts fürs Fahren zahlen musste – dafürlieferte er Schrott wie kein anderer …»

Für Faltz, Fahrzeug-Ingenieur und In-haber einer BMW-Alpina-Niederlassung inEssen, war Rennsport immer eine Herzens-angelegenheit. Der erfolgreiche Ex-Renn-fahrer (u.a. Siege beim 24-h-Rennen) prä-sentierte ab 1968 sein eigenes Team.

Klangvolle Namen, darunter der unverges-sene Hans-Peter Joisten (†), beschertendem Rennstall reichlich Siege und sogareinen EM-Titel.

Zugunsten seines Autohaus-Neubausbeendete Faltz Ende 1978 das KapitelRennsport. Bis vor drei Jahren war er BMW-und Alpina-Händler. «Leider fiel der Be-trieb dann der Verschlankung des Händler-netzes zum Opfer, wobei ich mir bei derVertragsauflösung mehr Stil und Kultur ge-wünscht hätte», blickt der Essener ent-täuscht zurück.

Notgedrungen beschäftigt sich der 61-Jährige jetzt mit der Vermittlung von Fahr-zeugen aller Art sowie Immobilien. «Ichgehöre zu denen, die weder mit dem Renn-sport noch mit sonst was reich gewordensind.» Seine erste Ehe zerbrach am Motor-sport, seit 1996 ist er zum zweiten Malverheiratet. Fast alle alten Rennsport-Ver-bindungen sind gekappt, lediglich mitGrohs und Wige-Chef Peter Geishecker gibtes gelegentlich noch Kontakt.

Zwar informiert sich Faltz immer nochgerne via Fernseher über Formel 1 und DTM,«aber das Thema ist für mich grundsätz-lich erledigt, Rückfallgefahr besteht nichtmehr». Ersatzweise kommen dafür nun ver-stärkt seine Hobbys Golf, Cross-Trainer,Skifahren und Schwimmen zum Zuge.

Racer mit Herz

Wilde Ritte: Harald Grohs im Faltz-BMW 320 1977 auf der Nordschleife

Goldene BMW-Jahre: Faltz 1968 Rückfall ausgeschlossen: Faltz ’03

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Gewiefter Stratege: Flohr mit Heger, Linder, Danner und Vogt 1987 in Spa

Weggefährten: Berger und Flohr 1985 Der Ruheständler: Flohr heute

Wolfgang Peter Flohr zählte als BMW-und Opel-Sportchef sowie Zakspeed-

Geschäftsführer zu den trickreichsten Ma-chern der Rennszene. Und er polarisiertewie kaum ein anderer: Für die einen warer der grosse Zampano, für die anderen eindurchtriebener Blender. Fest steht, dassBMW unter seiner Regie mit dem CSi-Coupéund dem M3 jede Menge Lorbeeren einfuhrund Opel mit dem Calibra 1996 den bis-lang einzigen DTM/ITC-Titel gewann. Undfest steht auch, dass Flohr mit strategisch-diplomatischem Geschick im Verbund mitkernigen Verbal-Auftritten so manchenAmtskollegen glatt an die Wand spielte.

Da konnte es schon mal passieren, dasseine Runde gestandener Sportkommissarevor seinen Argumenten kapitulierte – wiebei den 24 Stunden Spa 1986 nach einemFehltritt seines Piloten Altfrid Heger. «Un-ser Auto war eigentlich schon disqualifi-ziert», erinnert sich der Essener. «Aber derFlohr hat uns wieder rausgepaukt und denschon verloren geglaubten Sieg gerettet.»

Nach der nicht ganz freiwilligen Tren-nung von BMW kam eine gewisse Hektik inFlohrs Berufsleben: In rascher Folge wech-selten Engagements bei AvD, Fiat, Zak-speed und Opel. Die letzte Station war derVorsitz der Geschäftsführung im Spediti-onsbetrieb seines Kumpels Gerhard Berger.

«Im Grunde war ich BMW-Mann mit gan-zem Herzen», sagt Flohr, der 1954 als jun-ger Maschinenschlosser zu den Weiss-Blauen kam. In München legte er als Ma-nager eine Traumkarriere hin, in dessenVerlauf ihm der Gesamtvertrieb USA, derweltweite Kundendienst und schliesslich1985 die Leitung der damaligen Motor-sport GmbH anvertraut wurden. «Ich hat-te 34 grandiose BMW-Jahre», zieht FlohrBilanz. «So was ist nur noch sehr schwerzu toppen.»

Beruf und Rennsport sind Vergangen-heit, der fast 66-Jährige lebt jetzt als Pen-sionär wechselweise in München, Öster-reich und Spanien. Gesundheitlich geht’sihm nach einer Herzoperation (ausgelöstdurch einen verschleppten Infarkt in derOpel-Zeit) wieder ganz gut. Deshalb stehtjetzt die Lebensqualität im Vordergrund:Viel Sport, Golf und Fischen. Die beidenTöchter orientieren sich beruflich auchschon in Richtung Auto – Patricia (22) ar-beitet bei der Hamburger Rennsportagen-tur «Speedpool» als Medienkauffrau, Ste-fanie (20) ist Automobil-Kauffrau.

Zwar gibt es noch viele Kontakte zu al-ten Weggefährten, aber persönliche Renn-besuche verkneift sich Flohr: «Ohne Auf-gabe fühlst du dich im Fahrerlager wieFalschgeld.»

Grosser ZampanoFlohr, Wolfgang Peter (MSa 34/2003)

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Frère, Paul (MSa 09/2003)

Paul Frère scheint unverwüstlich, durchnichts und niemanden einzubremsen,

noch immer genialer Autofahrer, scharferAnalytiker, kompetenter Journalist und er-folgreicher Buchautor. 86 Jahre ist derMann gerade geworden, der nach wie vorjenen überschäumenden Spass am Auto-fahren hat und vermittelt, der ihn schonin seinen Rennfahrerjahren zu einem derSchnellsten und Besten seiner Zunft ge-macht hat. Es gibt fast nichts, was der bel-gische Tausendsassa nicht im Renntempobewegt oder getestet hätte.

In Le Mans startete er so lange, bis ernach zwei zweiten Plätzen 1960 mit Lands-mann Olivier Gendebien im Ferrari 250 TRendlich gewann. In der Formel 1 gab ernicht eher Ruhe, bis er 1956 bei seinemHeim-GP in Spa mit Platz 2 im Ferrari end-lich seinen ersten und einzigen Podiums-platz erreichte. GT-Autos, Touren- undSportwagen – nichts und niemand war vorihm sicher, kaum ein Siegerpodest, aufdem er nicht schon mal gestanden hätte.

Der Übergang vom Rennfahrer zum Mo-torjournalisten blieb fliessend, oft tat erbeides zusammen. Noch vor seiner Haus-strecke in Spa nennt er den Nürburgringals Lieblingskurs, obwohl er hier 1956 imWippermann einen Jaguar zertrümmerteund 1963 im Fiat 2300 S nach langer Füh-

rung in der letzten Runde mit lächerlichen2,2 sec ein 12-Stunden-Rennen gegen denLindner/Nöcker-Jaguar MK II verlor.

Le Mans fasziniert Paul Frère noch im-mer. Das von ihm und den Kollegen Moityund Teissedre seit 1978 herausgegebeneJahrbuch über den Klassiker gilt bei Fansals Dauer-Bestseller. Nach wie vor er-scheint der 86-Jährige persönlich am Ortseines grössten Triumphs, besucht die 24Stunden von Spa und geht von seiner Woh-nung in Monaco zu Fuss zum Grand Prix.Er bleibt auf Ballhöhe mit der Rennszene,testet weiter schnelle Autos und ist stän-diger Mitarbeiter mehrerer Fachzeitschrif-ten. Seine Autobiographie «My life full ofcars» ist nur einer von mehr als 20 Buch-titeln, die Frère auch als Autor berühmtgemacht haben.

In Monaco zittert Gattin Susanne (samtdrei Töchtern, fünf Enkeln und zwei Uren-keln) nahezu täglich um ihren wilden Paul.«Mit dem 911er lassen sie mich ja nochfahren», vermeldet er leicht genervt, «aberdie 600er-BMW haben sie konfisziert.» Ausgutem Grund, denn bei einem Sturz bracher sich vor zwei Jahren das Knie. Wunsch-los glücklich? Nicht ganz: «Ich möchte we-nigstens noch einmal mit einem richtigenRennauto auf der Rennstrecke rumtoben.»Der Mann ist einfach sensationell.

Leben voller Autos

Elf Starts, elf WM-Punkte: Frère ’55 im Ferrari auf seiner Hausbahn Spa

Belgischer Tausendsassa: Frère ’59 Lässt’s noch heute krachen: Frère

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Abarth-Demo 1967 am Nürburgring: Furtmayr, Ahrens, Hezemans, Bitter

Alfa und Abarth: Furtmayr 1968 Fitness und Firma: Furtmayr heute

Ernst Furtmayr konnte man jedes Auto indie Hand geben – er gewann immer. Das

galt für seine Zeit als Abarth- und Alfa-Werkspilot genauso wie für die gemeinsa-men BMW-Jahre mit seinen Freunden Josefund Herbert Schnitzer. Souverän und be-sonnen erledigte der Chef eines Unterneh-mens für Schweisstechnik seine Aufgabenan der Rennstrecke. Ab 1959 mischte ermit allen erdenklichen Alfa-Typen die Sze-ne auf. Titel am Berg und auf der Rund-strecke waren die logische Konsequenz.

Mitte der 60er-Jahre holte ihn Carlo Ab-arth ins Werksteam, wo er ebenfalls Siegeeinfuhr. Dabei hatte es der Münchner nichtleicht: Erst bescherte ihm Alfa-KollegeToni Fischhaber ein faszinierendes Dauer-duell, dann folgte die Auseinandersetzungmit Abarth-Stars wie Toine Hezemans, Jo-hannes Ortner, Erich Bitter oder Kurt Ah-rens. Und schliesslich der nervige Image-krieg mit Sepp Greger um die Nummer 1 inMünchen. Diesen Status beanspruchteBergkönig Greger wie selbstverständlich.«Fremde Götter», ätzt Furtmayr, «duldeteder Sepp neben sich nicht.»

Als schönste Zeit seiner Karriere be-zeichnet Furtmayr die Jahre bei Schnitzer.Dreimal in Folge holte er mit den Autosder Freilassinger BMW-Tüftler die Berg-Europameisterschaft für Tourenwagen.

Von Motorengenie Josef Schnitzer (verun-glückte 1979 auf der Autobahn tödlich)hatte Furtmayr eine besonders hohe Mei-nung: «Der konnte zwei Minuten vor demStart die Haube aufreissen und die Verga-serbestückung ändern. Und er lag mit sei-nen Blitzideen immer richtig.»

Nach 13 Jahren beendete Ernst Furt-mayr 1972 seine Laufbahn, um sich mit al-ler Kraft dem Ausbau seiner Firma zu wid-men. 20 Jahre später wurde er rückfälligund kehrte mit 55 noch mal zum Langstre-ckenpokal an den Nürburgring zurück.«Einfach so zum Spass», ergänzt er. Heu-te ist Furtmayr 64, kerngesund und nochimmer topfit. Bis zu 250 km strampelt erpro Wochenende auf seinem Rennrad.

Seine Firma läuft prima, er selbst hatallerdings einen schweren Schicksals-schlag wegstecken müssen: Seine zweiteFrau starb im vorletzten Jahr an Krebs.«Jetzt bin ich halt wieder Single», sagt ertraurig. «Das ist zwar nicht sehr schön,aber da muss ich durch.»

Seine beiden Töchter (37, 33), der Sohn(35) und die vier Enkel haben ihm über dieschlimmen Monate hinweggeholfen.«Jetzt geht’s wieder, ich häng’ mich in mei-ne Firma rein und finde hier neue Motiva-tion. Rumhängen und Nichtstun sind fürmich noch längst kein Thema.»

Der AlleskönnerFurtmayr, Ernst (MSa 13/2003)

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Rennexperten unter sich: Gäb, Braun, Gerhard Mitter, Karl von Wendt ’67

Journalist mit Visionen: Gäb 1969 Manager mit Idealen: Gäb heute

Hans Wilhelm Gäb war und ist für dendeutschen Sport ein Glücksfall. Für den

Sport im Allgemeinen, für das Tischtennisim Besonderen, für den Motorsport im Spe-ziellen. Schon früh erlag der engagierteSportjournalist, mehrfache deutscheTischtennis-Meister und -Nationalspielerder Faszination des Automobilrennsports.Als Reporter für «Welt», «Sport-Illustrier-te» und «Düsseldorfer Mittag» besuchte erfast alle grossen Rennen und zog mitFreund und BMW-Tuner Hans-Peter Koep-chen von Piste zu Piste. Ende 1968 grün-dete er mit ein paar Gleichgesinnten inKöln die «Deutsche Auto Zeitung» und warerster Chefredakteur des Wochenblatts mitgrossem Motorsportteil.

Ob später als Vorstand bei Ford, in glei-cher Funktion bei Opel oder als Vizepräsi-dent von GM Europe – Rennsport war im-mer ein Thema. So rettete Gäb mit demCalibra-Marschbefehl Ende ’93 den Fortbe-stand der alten DTM – und besiegelte dreiJahre darauf deren Ende. In Absprache mitAlfa zog der GM-Manager den Stecker, «dadie Kosten aus dem Ruder liefen und dieWerke durch Ecclestone nur zur Kasse ge-beten wurden. Die Bühne war nicht mehrnach unseren Vorstellungen nutzbar.»

Für Gäb galt stets die Devise: «Makel-loser Sportauftritt, gesundes Kosten-Nut-

zen-Verhältnis, Akzeptanz beim Publi-kum.» In diesem Sinne hat der Düsseldor-fer das Opel-Sportsponsoring in Tennis,Fussball, Schwimmen und Tischtennis per-fektioniert. Im Nationalen OlympischenKomitee stieg er bis ins Präsidium auf undgalt sogar als Nachfolger von NOK-ChefWilli Daume.

Doch die Manager-Karriere des stetigenKämpfers für Fairness im Sport (Leitsatz:«Lerne mit Anstand zu verlieren und in Be-scheidenheit zu gewinnen») war plötzlichnebensächlich, als er wegen einer schwe-ren Lebererkrankung dem Tod ins Auge sah.Nur eine Organtransplantation rettete1994 in letzter Minute sein Leben.

Heute geht es dem Träger des Bundes-verdienstkreuzes wieder gut, seit ein paarJahren ist der jetzt 67-Jährige selbststän-diger Unternehmensberater (u.a. für Daim-lerChrysler), gehört zum Verwaltungsbei-rat des FC Bayern München, ist Vorstands-mitglied der Stiftung Deutsche Sporthilfeund Ehrenpräsident des Deutschen Tisch-tennis Bundes (DTB). Seinen «Halbruhe-stand» geniesst er mit Ehefrau Hella (seit41 Jahren verheiratet, ein Sohn, 37, eineTochter, 35, drei Enkelkinder) im Taunus-städtchen Eppstein. Und seine Meinungzur neuen DTM? «Ich sehe gute Ansätze,aber vieles wirkt noch zu künstlich.»

Der SportmanagerGäb, Hans Wilhelm (MSa 16/2003)

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Dreamteam: Die Capri-Zwillinge Gartmann (l.) und Döring 1983 (Norisring)

1979: So lachen Sieger 2003: Comeback am Ring?

Dieter Gartmann und sein Capri 3.0 S ge-hörten von 1978 bis 1984 zum Besten,

was der Serien-Tourenwagensport zu bie-ten hatte. Mit seinem Team- und Marken-kollegen Helmut Döring ergab das eine fastunbezwingbare Konstellation. Die «Capri-Zwillinge» von Ford-Tuner Helmut Eich-berg lieferten sich wilde Duelle und ge-wannen ihre Rennen fast nach Belieben.

Dabei verkörperte der wohlgenährte,fast gemütlich wirkende Gartmann mitdem weissen Haupthaar noch nicht malden Typus des durchtrainierten Sports-manns. Doch hinterm Lenkrad wurde erzum gnadenlosen Fighter, zirkelte wüsteDrifts auf die Piste und gab sich, wennüberhaupt, bestenfalls seinem Teamkolle-gen geschlagen.

«Wenn unsere Rennen gestartet wur-den, brannte die Luft», blickt der Osna-brücker fast wehmütig zurück. «Wir habenuns bekämpft bis aufs Blut und warentrotzdem dicke Freunde – so was gibt’sdoch heute gar nicht mehr.» Das Capri-Duofeierte auch als Team oft genug Erfolge undholte sich 1981 den Gesamtsieg bei den24 Stunden am Nürburgring.

Mit demselben Gruppe-1-Capri gewannGartmann ein Jahr später unter tatkräfti-ger Mithilfe der «Ford-Kläuse» Ludwig undNiedzwiedz zum zweiten Mal. Den fast per-

fekten dritten Sieg vereitelte 1984 eintechnischer Defekt. Nachts blieb der Cap-ri mit stattlichen acht Runden Vorsprungeinfach stehen. Als der wackere Capri-Mann 1987 den Helm «aus Alters- und Kon-ditionsgründen» an den berühmten Nagelhängte, hatte er bei rund 250 Starts diestolze Bilanz von 130 Siegen erreicht.

So oft es geht, besucht der 64-Jährigenoch immer gerne die Schauplätze des ak-tuellen Rennsports. Den Rest verfolgt erim TV, «da gebe ich mir das volle Programmvon der Formel 1 über die DTM bis zur DTC».

Trotz seines schon fortgeschrittenen Al-ters möchte der ehemals selbstständigeInstallateur-Meister noch längst nicht ansRentnerdasein denken. Mit viel Engage-ment leitet er in der Reha-Klinik seinesHeimatorts Bad Iburg den Bereich Haus-technik. Mit Ehefrau Helga freut er sichauf den ersten Enkel, den die 32-jährigeTochter demnächst zur Welt bringt. DerSohn (25) hat zwar schon erfolgreich Kart-Luft geschnuppert, eine Rennkarriere abernicht weiterverfolgt.

Dafür hat der Herr Papa noch einen gros-sen Traum: «Ein stressfreies Senioren-Team im Langstrecken-Pokal, am liebstenmit meinen alten Freunden Döring undNiedzwiedz. Da würde sich so mancherJung-Rennfahrer noch wundern.»

Der Capri-DrifterGartmann, Dieter (MSa 17/2003)

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BMW-IMSA-Projekt 1974: Dieter Glotzbach mit Neerpasch und Braungart

Beruf und Berufung: Glotzbach ’70 Unruheständler: Glotzbach heute

Dieter Glotzbach war 40 Jahre lang Dun-lop-Reifentechniker mit Leib und See-

le. Im Motorsport erlebte der Hesse an derSeite von Renndienstchef Gerhard Weberein Highlight nach dem anderen: Die For-mel-2-Zeit mit BMW, die Siegeszüge desPorsche-Werksteams, die Anfangsjahre derDRM mit Ford, BMW und privaten Porsche-Teams sowie das Debüt des Porsche 959bei der Rallye Paris–Dakar. In diese Zeitfielen Hunderte von Siegen, kaum ein Jahrohne Titelgewinn – und jede Menge Spassobendrein.

Und wenn sich nach dem Training zweiMänner auf ihre Rennräder schwangen,dann handelte es sich mit einiger Sicher-heit um Glotzbach und seinen ebensorennradverrückten Kumpel Rolf Stomme-len. Die durchschnittliche «Jahresstram-pelleistung» des Dunlop-Reifenexpertenlag damals so bei 5000 km, heute sind essogar deutlich mehr, «weil ich jetzt als Vor-ruheständler genügend Zeit dafür habe».Glotzbach ohne Rad – undenkbar. Schlimmgenug, dass er mit zwei gebrochenen Len-denwirbeln drei Monate pausieren musste,weil er einen Tag nach seinem 58. Geburts-tag auf dem Dach seines Hauses rumklet-terte und prompt runterfiel.

Von den unzähligen Einsätzen an derRennfront mochte Glotzbach den Norisring

«wegen der einzigartigen Atmosphäre»besonders gerne. Mit den Top-PilotenStuck, Bellof, Stommelen, Schurti undWollek verband ihn eine enge Freund-schaft. «Ein Jammer», so der Hanauer,«dass drei von diesen wirklich guten Ty-pen nicht mehr leben.»

Zusammen mit Frau Heike (seit 42 Jah-ren verheiratet, ein Sohn, 41, eine Toch-ter, 39, drei Enkelkinder) lebt der Sport-freak in Maintal bei Hanau und inszeniertständig neue Aktivitäten. So war er erstkürzlich mit seinem Sohn für vier Wochenin der algerischen Wüste, um mit einemOffroader die ehemaligen Sonderprüfun-gen der Paris–Dakar abzufahren. Renn-sport war für Glotzbach mehr als nur Job:«Ich habe das mit Leib und Seele gemachtund keine Minute bereut.» So gibt’s nochimmer enge Kontakte mit den Ex-Dunlop-Kollegen Weber und Knospe, auch TV-mäs-sig zieht er sich das ganze Programm vonF1 über DTM bis Paris–Dakar rein.

Damit nicht genug: Eben hat der 61-Jährige die Rennlizenz neu gemacht, weiler mit dem Porsche 904 GTS eines Freun-des Oldtimer-Events fahren möchte. «DasAuto muss bewegt werden», versucht erdem Besitzer klar zu machen. «Vom Rum-stehen in der Garage wird es ja nicht bes-ser.» Wetten, er kriegt den Mann rum?

Dunlops FrontmannGlotzbach, Dieter (MSa 18/2003)

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Die Lust am Querfahren: Haider/Hinterleitner 1989 im Opel Kadett GSi

Frontmann bei Opel: Haider 1989 Fahrlehrer bei Audi: Haider 2003

Sepp Haider hat den Rallyesport immerals «gelebte und erlebte Fahrfreude»

empfunden. Und so präsentierte sich derÖsterreicher bei den WM-, EM- und DM-Läufen auch seinem Publikum: WildeDrifts, Pistengaudi ohne Ende. Ob im Kä-fer, Kadett, Audi, Escort oder Peugeot –die Show war stets perfekt. Trotz der atem-beraubenden Ritte fühlten sich die Copi-loten an Haiders Seite immer sicher. Diesgalt für Jörg Pattermann genauso wie fürdie Herren Hinterleitner, Wendel oderGeistdörfer. Dass sein Freund Ferdi Hinter-leitner, mit dem er 1989 für Opel den DM-Titel und zuvor sogar einen WM-Lauf inNeuseeland gewann, ausgerechnet alsFussgänger in Wien tödlich verunglückte,hat ihn tief schockiert. Erst ChristianGeistdörfer gelang es, Haider aus dem psy-chologischen Tief herauszuholen und neuzu motivieren. Die beiden kehrten alsbaldauf die Siegerstrasse zurück.

Der Hotelier aus Saalbach brachte dieunmöglichsten Sachen fertig. So prügelteer bei seiner Rundstrecken-Premiere 1986in Wunstorf einen 190er-Mercedes zur Ver-blüffung altgedienter DTM-Profis an dieSpitze des Feldes. «So quer hab’ ich nochnie ein DTM-Auto um die Ecken fliegen se-hen», gab Rover-Pilot Kurt Thiim damalskonsterniert zu Protokoll. Der Däne war es

auch, der die Haider-Show mit einem un-beabsichtigten Nahkampf-Rempler vorzei-tig stoppte. Gegen Ende seiner Karriereanimierte Haider 1997 Peugeot zu einemEngagement in Österreich und wurde mitdem 306 Kit-Car prompt erneut Meister.Obwohl er seit 1999 nicht mehr angetre-ten ist, schliesst er eine Rückkehr auf dieSchotterpiste nicht aus: «Kann jederzeitpassieren – am liebsten mit einem Heck-triebler. Damit kann man so schön querfahren.»

Gleichzeitig aber fände er es «sehr be-unruhigend, wenn meine Söhne Rallyesfahren wollten». Die vier Buben (22, 14,6, 4) schenkten ihm drei verschiedene Da-men, von denen der Spassvogel «momen-tan aber keine heiraten» will. Der 49-jäh-rige lebt jetzt in Zell am See, das Hotel inSaalbach führt sein jüngerer Bruder Wolf-gang. Seit sechs Jahren arbeitet er als In-struktor im «Audi Driving ExperienceTeam». Regelmässig trifft er noch die al-ten Opel-Spezis Röhrl, Kleint und Berger,ansonsten spielt er Golf (Handicap 4),läuft Ski, radelt auf seinem Mountainbikeoder geht Surfen.

Eines will der Haider Sepp unbedingtnoch loswerden: «Ich bin sehr traurig überden Niedergang des Rallyesports in Öster-reich und Deutschland. Wirklich schade.»

Der DriftkönigHaider, Sepp (MSa 22/2003)

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Grosse Sprünge: Hetzer mit Kadett GS/E in der Rallye-EM der 70er-Jahre

1975: Spass bei Rallyes Heute: Spass mit Oldtimern

Heidi Hetzer – ein Name, der zugleichProgramm ist: «Seit 40 Jahren hetze

ich durch die Welt», meldet die BerlinerPowerfrau, «und ich bin glücklich dabei.»Ihre Liebe ist der Rallyesport, den sie fastdrei Jahrzehnte vorzugsweise mit der gan-zen Opel-Palette der 60er-, 70er- und80er-Jahre (Kadett, Ascona, Manta, Ome-ga, Calibra) höchst erfolgreich betriebenhat. Neun Starts bei der Tour d’Europe, jedeMenge nationale und internationale Ral-lyes, hin und wieder auch mal ein Rennen– wie etwa jenes auf der Avus mit einemV8-Opel-Diplomat-Vorführwagen aus demväterlichen Autosalon. Dabei ist die Ur-Berliner Kodderschnauze und Chefin einesder grössten Opel/GM-Autohäuser nie umTitel und Pokale gefahren und hasste Da-menwertungen wie die Pest.

Sie hat in ihrem Sport so ziemlich alleserreicht und viel erlebt: Tolle Erfolge,schmerzliche Niederlagen, heftigsteCrashs. Eine zertrümmerte Kniescheibe er-innert sie noch heute an die übelsten Ein-schläge – Frontalknall in der Türkei, 80-Meter-Sturz in einen guatemaltekischenAbgrund, Überschlag in Spanien. Die ge-lernte Kfz-Mechanikerin war nie zimper-lich, immer hart im Nehmen und schraubtnoch heute mit Begeisterung selbst an ih-ren Oldtimern. Davon hat sie jede Menge:

23 wertvolle Einzelstücke vom Opel-Dok-torwagen (1909) über den Hispano Suiza(1921) bis zur 57er-Chevy Corvette. «Ohnemeine Autos», sagt die Frau mit Benzin imBlut, «fühle ich mich amputiert.»

Auch beruflich gibt Heidi Hetzer mäch-tig Gas. Pro Jahr verkaufen ihre BerlinerFilialen rund 1200 Neuwagen (Opel, Che-vrolet, Cadillac) und 1000 Gebrauchte. 130Mitarbeiter stehen stramm, wenn die quir-lige Madame Vollgas (Motto: «Geht nichtgibt’s nicht») nach dem Rechten sieht.Trotz des zeitraubenden Jobs findet sienoch Platz für ihre Hobbys: Oldtimer-Events, Tauchen, Skilaufen. «Ich würdegerne noch viele mehr verrückte Sachenmachen, wenn ich nur Zeit dazu hätte.»Ihrem Mann, einem Amerikaner, gab sienach 24-jähriger Ehe 1990 genervt denLaufpass, «weil er nur Golf spielen undnicht im Geschäft mithelfen wollte». Umsoengagierter zeigt sich Tochter Marla (34)im Betrieb, während Sohn Dyllen (31)Techniker mit Leib und Seele ist.

Am 20. Juni feiert Heidi Hetzer ihren66. Geburtstag, aber ein Ende der Hetz-jagd ist nicht abzusehen. Schon reifenneue Pläne: «Ich will die Carrera Paname-ricana bestreiten und mit dem Auto nachPeking fahren sowie einmal die Welt um-runden. Und zwar in dieser Reihenfolge.»

Berlins PS-LadyHetzer, Heidi (MSa 24/2003)

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Jenseits von Afrika: Denker/Heuser 1970 bei einer Rallye in Südafrika

Frühe Toyota-Jahre: Heuser 1976 Sportlicher Single: Heuser heute

Charlotte Heuser gehört zu den rekord-verdächtigen Rallye-Copilotinnen. Fast

30 Jahre lang nahm sie auf dem heissenSitz Platz, startete erst an der Seite ihresGatten, später bevorzugt mit Oda Denker,Heidi Hetzer oder Heide Utz bei DM-, EM-und WM-Läufen, bei der Tour d’Europe undin der südafrikanischen Meisterschaft. Als1975 ihre Ehe zerbrach, zog sie von Wies-baden nach Köln und fand bei ToyotaDeutschland eine neue berufliche Heimat.

Das damals noch junge Unternehmenwurde für das Organisationstalent Charlot-te Heuser zur grossen Herausforderung. AlsFrau der ersten Stunde half sie PressechefAdolf Hüngsberg, dessen Assistentin Jut-ta Sein und PR-Dame Marion Bell (heuti-ge Ehefrau von TTE-Boss Ove Andersson)beim Aufbau der hauseigenen Sportabtei-lung, hob den Starlet-Cup als ersten Mar-kenpokal im Rallyesport mit aus der Tau-fe und betreute Toyotas zunächst beschei-dene Aktivitäten in der Rallye-DM. Wennmal ein Copilot fehlte, sprang sie freudigein, und wenn keiner fürs Serviceauto dawar, übernahm sie auch diesen Job.

Der Sport lief bei ihr allerdings nur ne-benbei als «Berufshobby». Ihre eigentli-che Tagesarbeit bestand in der Verwaltungvon Toyotas Testwagen-Fuhrpark. Der um-fasste in guten Zeiten bis zu 140 Autos.

Als die flotte Charlotte nach 25 Toyo-ta-Jahren 1990 in den Vorruhestand ging,verloren die «Kölschen Japaner» eine ih-rer treuesten Mitarbeiterinnen. «Sie warToyotas gute Seele», erinnert sich MSa-Rallye-Experte Rolf F. Nieborg. «Immer an-sprechbar, immer hilfsbereit und niemalsübellaunig.»

Heute lebt Charlotte Heuser (67) alsSingle in Frechen bei Köln. Ihren Ruhe-stand nutzt sie zu zahlreichen Sportakti-vitäten, darunter Mountainbiking, Segeln,Schwimmen und Wandern. Die Mutter vonzwei Söhnen (48, 43) und einer Tochter(44) ist fest davon überzeugt, «dass Be-wegung gerade im Alter wichtiger ist alsalles andere». Übrigens freut sie sich auchnoch über sieben Enkelkinder im Alter zwi-schen 1 und 18 Jahren.

Ihren geliebten Motorsport hat sie kei-neswegs aus den Augen verloren. Als Co-pilotin von Heidi Hetzer startet sie nochoft bei historischen Rallyes, und einmal imMonat trifft sie sich zum Stammtisch mitder alten Kölner Rallye-Zunft. Damit es ihrnicht langweilig wird, plant sie als nächs-tes eine Reise nach Südamerika und Aust-ralien. Und dann ist da noch was: «Ichträume davon, mit einem Boot um die Weltzu segeln. Wenn ich das auch noch hin-kriege, bin ich glücklich.»

Treue Toyota-SeeleHeuser, Charlotte (MSa 39/2003)

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Eingespieltes Duo: Kling (r.) und Falk im DKW 1000 S vor der Monte 1959

Karriere im DKW: Kling 1967 Hotelier und Jäger: Kling heute

Alfred Kling aus dem schwäbischenSchömberg zählte zum Kreis der

grossen Tourenwagen-Akteure der 50er-und 60er-Jahre. Der Kfz-Meister und Ho-telier gehörte zur berühmten «Pforzheim-Connection», die mit Kurt Geiss, Fred Katzund Roger Schweickert vor allem bei dendiversen Bergrennen kräftig abräumte.Kling, der seine Rennwurzeln im Motorrad-sport hatte, galt mit seinen selbst vor-bereiteten DKW F11, F12 und 1000 S alsversiertester und schnellster Mann inner-halb des Pforzheimer Quartetts. Zwei Berg-und ein Rallye-Titel sowie weit über 100Siege dokumentieren seine Extraklasse.

Bis auf ein kurzes Gastspiel im Merce-des-Werksteam vertraute Kling haupt-sächlich auf die Ingolstädter Marke DKW.«Meine selbst gemachten Motoren», stelltder Zweitaktspezialist klar, «waren oftmalsschneller als die vom Werk.»

Der ehemalige Porsche-Rennleiter PeterFalk, seit den 50er-Jahren einer von Klingsengsten Freunden, hatte seinerzeit mit-geholfen, dem Klingschen DKW Beine zumachen: «Der Alfred war ein ebenso guterTechniker wie Rennfahrer», erinnert sichFalk. «Wir sind oft als Team bei Rallyes an-getreten.» Der Porsche-Mann macht auchkeinen Hehl daraus, «dass ich dem AlfredKling beruflich sehr viel zu verdanken

habe». Der Stuttgarter Eberhard Mahle alseiner der Spitzenpiloten aus der Kling-Äraspart ebenfalls nicht mit Lob: «Er warimmer ein strammer Konkurrent im Titel-kampf, vor allem aber ein gemütlicher undüberaus fairer Zeitgenosse, der niemals aufdie Idee gekommen wäre, gegen einenKonkurrenten zu protestieren.»

Der einstige DKW-Star Alfred Kling istmittlerweile beinahe 78 Jahre alt und lebtunverändert in seinem Heimatdorf Schöm-berg. Gegenwärtig erholt er sich noch vonden Folgen eines vor zwei Jahren erlitte-nen Schlaganfalls. Seine Gemahlin Lotte,die seit 50 Jahren unerschütterlich anseiner Seite ist, sowie die ältere der beidenKling-Töchter führen das 60-Betten-Fami-lienhotel «Krone». Der Genesungsprozessdes Hausherrn macht so gute Fortschritte,dass er schon wieder im Hotel mithelfenund seinem grossen Steckenpferd, derKleinwild-Jagd im Gemeinderevier, nach-gehen kann.

Auch den traditionellen «StuttgarterMotorsportstammtisch» steuert er nachwie vor gerne an, um seine alten Weg-gefährten zu treffen. Besonders stolz istder Altmeister auf seine sportiven TöchterKarin und Susanne, die als Damenteamschon so manchen Rallyepokal mit nachHause gebracht haben.

Der DKW-SchwabeKling, Alfred (MSa 27/2003)

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Goldene 60er-Jahre: Gerhard Koch im Porsche 908 auf dem Norisring

Die Gegner besiegt: Koch 1966 Den Krebs besiegt: Koch heute

Gerhard Koch ist einer der klassischenVertreter jener Porsche-Carrera-Clique,

die in den 60er-Jahren die Siege im GT-Sport unter sich aufteilte. Im wilden Car-rera-Club um Herbert Linge, Paul-ErnstSträhle, Ben Pon, Udo Schütz oder Gijs vanLennep fühlte sich der Juniorchef einerNeusser Grossspedition so richtig wohl. Je-der schlug jeden, man focht hochdramati-sche Kämpfe untereinander und gegen dieFerrari 250 GTO und Abarth 2000 aus.

Dabei hat speziell die Zeit mit dem ele-ganten, lang gestreckten Abarth-Carreraihren Platz in der Historie des Grand-Tou-rismo-Sports. Der baumlange Koch hattestets seine liebe Not, seine 1,94 Meter imCockpit des ultraflachen Abarth-Carrerazusammenzufalten. Was ihn nicht daranhinderte, 1962 den Titel im deutschen GT-Rundstrecken-Championat einzufahren.

Weil der coole Rheinländer als sichereBank für Siege galt, holte ihn Porsche fürvier Jahre ins Werksteam, wo er Bekannt-schaft machte mit dem 904 GTS, dem Car-rera 6 und dem offenen 908. Als wertvolls-ten Erfolg bezeichnet er den zusammenmit Toni Fischhaber im 904 GTS erkämpf-ten zweiten Platz in Le Mans. Am Ende sei-ner 11-jährigen Erfolgslaufbahn standenfür Koch rund 150 Siege aus 450 Rennenzu Buche. Der Abschied von der Rennerei

ergab sich notgedrungen, als sein Vaterplötzlich starb: «Ich musste die Verant-wortung für die Spedition und 500 Lkwübernehmen – da kann man sich nichtmehr unbelastet in ein Rennauto setzen.»

Mit Frau Marie-Luise, die er 1962 am Tagseines Titelgewinns auf der Solitude ken-nen lernte, lebt der 67-Jährige heute inRemscheid. Die Tochter (33) ist Tierärztin,der Sohn (31) Unternehmensberater. DieSpedition hat Koch vor zehn Jahren ver-kauft, nachdem eine Krebserkrankung an-dere Prioritäten erzwang. Trotz acht Ope-rationen und unsäglicher Leidenszeit überviele Jahre hat er die Krankheit mit eiser-nem Willen und Disziplin besiegt.

Die permanente Angst vor einem Rück-fall verdrängt er jeden Tag aufs Neue. «Mirgeht’s wieder gut, ich geniesse mein zwei-tes Leben und pflege mein Hobby.» Das istdie Hochwild-Jagd im eigenen Revier beiBitburg sowie der sonntägliche Jäger-stammtisch. Alle zwei Jahre gönnt er sicheinen Ausflug zur Grosswildjagd nach Af-rika. Leerlauf gibt es für ihn aber auch zwi-schen den Jagdausflügen nicht: «Seit mei-ne Frau von ihrem Vater zwei VW-Betrie-be, ein Audi- und ein Skoda-Zentrum inRemscheid übernommen hat, helfe ich einbisschen mit. Denn nur Faulenzen ist auchnicht mein Ding.»

Flotter SpediteurKoch, Gerhard (MSa 15/2003)

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Da verzweifelte sogar Greger: König ’68 im Ferrari 275 am Schauinsland

Ferrari-Fan: Willy König 1962 Bayern-Fan: Willy König heute

Willy König liess die Herzen deutscherFerrari-Fans in den 60er-Jahren höher

schlagen. Nachdem der Münchner Verlags-kaufmann zuvor schon mit einem Borg-ward Isabella TS Berge und Flugplätze un-sicher gemacht hatte, gab es im Ferrari 250GT kein Halten mehr: Im bildschönen Ber-linetta-Coupé stürmte der Bayer derartflott über die Bergkurse, dass der Konkur-renz nur noch Resignation blieb. Selbst derlegendäre Berg-Papst Sepp Greger und seinfast unschlagbarer Porsche Carrera wurdenvom Lokalrivalen gnadenlos verblasen –und das ausgerechnet auf Gregers Haus-strecke am Gaisberg. Dort verpasste ihmKönig satte zehn Sekunden. Krönung desRekordjahres 1962 war für den Mann imsilbergrauen Ferrari der Gewinn des deut-schen GT-Bergtitels. Nach vielen weiterenerfolgreichen Auftritten zog er sich 1968vom aktiven Sport zurück, um sich seinenGeschäften zu widmen.

Fast 20 Jahre später kam es zum Rück-tritt vom Rücktritt. Mit beinahe 50 Jahrenklemmte sich der inzwischen etablierteAutoveredler und -Tuner wieder hintersLenkrad, um sich mit schweren Kalibernwie etwa Porsche 962, Porsche 935 Turbooder BMW M1 auszutoben. Nach neuer Sie-gesserie folgte im Oktober 1990 derSchock: Bei einer Testfahrt auf dem alten

Österreichring bekam sein Porsche 935 K3am Sprunghügel vor der Rindt-Kurve Un-terluft. Das 800-PS-Geschoss stieg mit gut250 km/h auf, rasierte im Vorbeiflug inacht Metern Höhe ein TV-Stahlgerüst abund überschlug sich dann mehrmals.«Wäre nicht zufällig ein Arzt vor Ort ge-wesen, hätte ich den grausamen Crashnicht überlebt.» Eine Notoperation an Ortund Stelle rettete ihn, an die zehn weite-re Eingriffe folgten im Laufe der Jahre.

Noch heute leidet König an den Spät-folgen seiner Brüche und Verletzungen,darunter ein Bauchvenenriss und eine per-forierte Lunge durch eingedrungene Rip-pen. «Aber es geht mir wieder ganz gut»,vermeldet der mittlerweile 65-Jährige. Zu-sammen mit seiner Frau Rosi (seit 1966 anseiner Seite) und den Söhnen Walter (36)und Oliver (32) teilt er sich die Führungdes Verlags- und Tuning-Betriebs.

Von der Rennerei hat König nun end-gültig genug, aber PS-starke Sportwagenbleiben dennoch seine heimliche Liebe.Das gilt übrigens auch für seine HeimatBayern: «Ich bin fest verwurzelter Münch-ner mit Leib und Seele. Hier möchte ichden Rest meines hoffentlich noch langenLebens verbringen. Bayern ist viel schö-ner als Malta oder Mallorca.» So sprichteben ein wahrer Patriot.

Der ÜberfliegerKönig, Willy (MSa 37/2003)

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Flotter Formel-V-Racer: Konrad 1969 im Austro V 1300 in Hockenheim

PR-Macher bei VW: Konrad 1972 Berater bei Sachs: Konrad heute

Anton Konrad geht bei jenen, die ihnnicht näher kennen, rein optisch leicht

als Finanzbeamter oder Buchhalter durch.Doch dieser Eindruck trügt gewaltig. DerMann hat dem internationalen Motorsportmit der Rennwagenklasse «Formel V» eineArt Massenbewegung beschert. Als Gene-ralsekretär des in München stationiertenund von Volkswagen gestützten Verbandes«Formel V Europa» lenkte der gelernteJournalist die VW-Monopostoklasse mitstrammem Management in ebenso geord-netes wie professionelles Fahrwasser. Zwi-schen 1968 und 1972 machte er aus derFV 1300 einen weltweiten Markenartikelund bereitete parallel dazu die Vermark-tung und Einführung der Formel Super V1600 vor.

«Das war eine irre Zeit», schwärmt Kon-rad mit glänzenden Augen, «der Umgangmit den jungen Wilden wie Rosberg, Mar-ko, Lauda oder Pankl war faszinierend undaufregend zugleich. Mit denen habe ich soirre Sachen erlebt – das glaubt mir heutekein Mensch mehr.» Zwischendurch zwäng-te sich der Macher und Manager selbst insFV-Cockpit, startete sogar mal neben Lau-da in Hockenheim aus der ersten Reihe undgalt als kompetenter Racer.

Das änderte sich auch nicht, als ihn VW1972 nach Wolfsburg berief, um erst die Lei-

tung der Motorpresse und später die Kon-zern-Kommunikation zu übernehmen.Highlight seiner rennsportlichen Ausflügewar 1976 der Gewinn des Europatitels fürSerien-Tourenwagen gemeinsam mit Audi-Ingenieur Hans Nowak in einem Audi 80 GT.

Heute lebt der inzwischen 65-jährigeKonrad, seit 37 Jahren verheiratet mit Ehe-frau Bettina (zwei Töchter, zwei Enkel), alsselbstständiger Industrie-PR-Berater inHamburg. Einer seiner wichtigsten und bes-ten Kunden ist ZF-Sachs. Der Job für denStossdämpfer- und Kupplungs-Spezialistenhat die Verbindung zur Rennszene wiedervertieft. Mit wachem Geist und scharfemBlick beobachtet und analysiert er das ak-tuelle Geschehen.

So ist ihm auch nicht entgangen, «dassdie neue Formel VW zwar technisch top ist,aber Rennverläufe und Atmosphäre nur einmüder Abklatsch der 70er-Jahre sind».Wann immer er zum Ring kommt, gönnt ersich im Leihwagen eine flotte Nordschlei-fen-Runde, «weil das einfach sein muss».Genauso wie seine Hobbys Golf (Handicap24), Fahrrad fahren und Joggen.

Deshalb fühlt er sich auch topfit unddenkt vorerst nicht ans Aufhören: «Solan-ge ich in 50 Minuten um die Alster joggenkann, kann ich auch guten Gewissens nocharbeiten.»

Konrad, Anton (MSa 06/2003)

Der Vau-Mann

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Über Stock und Stein: Das Erfolgsduo Hainbach/Linzen 1977 im Escort RS

Trickreicher Copilot: Linzen 1977 Noch immer Rallye-Fan: Linzen ’03

Peter Linzen wies 15 Jahre lang seinenPiloten als professioneller Beifahrer

den rechten Weg auf Europas Rallyepfa-den. Mit fester Stimme dirigierte der stäm-mige Autoverkäufer (Porsche und Merce-des-Lkw) Topleute wie Gerd Raschig, Wal-ter Schewe oder Reinhard Hainbach routi-niert und trickreich auf Erfolgskurs. ObBMW, Irmscher-Opel, Porsche 911 oderFord Escort RS – wo Linzen drin sass, wa-ren Sieg- und Titelchancen meist intakt.

Als Höhepunkte seiner Copiloten-Karri-ere gelten der Gewinn der Deutschen Ral-lye-Meisterschaft ’78 mit Hainbach undder Gesamtsieg bei der Hunsrück-Rallyeebenfalls mit Hainbach über einen Gross-teil der damaligen Weltelite. Und natürlichdie sensationelle Vorstellung bei der RAC-Rallye mit Schewe im Porsche 911. Aller-dings gab’s auch einen Tiefpunkt: «Wenndu in zehn DM-Läufen zehn Mal mit Tech-nik-Defekt ausfällst», erinnert sich Linzenan eine Katastrophensaison mit Gerd Ra-schig im 6er-BMW, «ist das wirklich nichtmehr zum Lachen.»

Dabei waren es gerade der Spass, diegute Laune und die kernigen Sprüche, mitdenen Linzen seine Mitbewerber oft genugverunsicherte. «Das gehörte bei ihm zurpsychologischen Kriegsführung», wisseneinstige Gegner, denen die derben Auftrit-

te des Osnabrückers noch gut im Gedächt-nis sind. Mit der stolzen Bilanz von rund100 Siegen aus etwa 400 Starts beendeteLinzen 1978 seine aktive Laufbahn. «DieLuft war einfach raus, neue Herausforde-rungen haben gefehlt.»

Die gab es alsbald bei der ONS (heuteDMSB): Linzen wurde als Fahrervertreter indie Sportkommission berufen, reiste nochbis 1998 als Rallye-Observer und Sport-kommissar zu DM-, EM- und WM-Läufenund führte den deutschen Rallyesport auchdurch schwierige Zeiten. «Vor allem die Zu-sammenarbeit mit dem damaligen ONS-Ge-schäftsführer Siggi von Kahlen war eben-so angenehm wie konstruktiv.»

Mittlerweile ist Linzen 58 Jahre alt, lebtmit Ehefrau Margret und den Kindern (ein16-jähriger Sohn, eine 11-jährige Tochter)als Vorruheständler in seiner HeimatstadtOsnabrück. Gesundheitlich ist bis auf eineDiabetes fast alles im grünen Bereich.

Geblieben ist natürlich die Liebe zumRallyesport. So geht’s noch immer einmalpro Jahr zur Monte, die restlichen WM- undDM-Rallyes verfolgt er im Fernsehen.«Schade nur, dass man so wenig Kontaktmit den alten Weggefährten hat», beklagtLinzen. Wir empfehlen den Besuch desnächsten «Klassentreffens» am 6. Dezem-ber in Essen.

Rallye-BotschafterLinzen, Peter (MSa 20/2003)

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Titel bei den «Kleinen»: Lotterschmids Lotec-C-Junior in der DRM 1982

Kampf ums Recht: Lotterschmid ’82 Kampf um Kunden: Lotterschmid ’03

Kurt Lotterschmid ist ein Prachtexemp-lar aus der Abteilung «bayerischer Dick-

schädel». Hatte sich im Kopf des ehrgei-zigen Kfz-Meisters und Konstrukteurs ausKolbermoor bei Rosenheim eine Idee fest-gesetzt, zog er sie auch gnadenlos durch.Das war schon so, als er in der Formel-V-Blütezeit Ende der 60er-Jahre als Nobodygegen vermeintlich unschlagbare Super-stars antrat – und gewann. Weder am Bergnoch auf Rundstrecke konnten die Eta-blierten vor ihm sicher sein. Das blieb auchso, als er später mit der LOTEC-BMW-Eigen-konstruktion Sportwagenrennen bestrittund zwei Interserie-Titel einfuhr. Einerseiner wichtigsten Förderer und Sponso-ren war der heutige ADAC-SportpräsidentHermann Tomczyk (HERTO-Schuhe).

Sogar in der Topliga Rennsportmeister-schaft setzte sich Lotterschmid als Gewin-ner der Subwertung «Gruppe C Junior»durch. Seine DRM-Auftritte nutzte der Ge-rechtigkeitsfanatiker auch dazu, gegen-über einem namhaften Porsche-Team sei-ne Vorstellung von der Einhaltung gelten-der Reglements durchzusetzen. «Ich lass’mich von denen nicht verarschen», polter-te der Bayer damals und zog das Protest-verfahren über sämtliche Instanzen durch.Das beklagte Porsche-Team wurdeschliesslich neben einer Geldstrafe von

10 000 Mark zu einer Sperre verdonnert.Noch 20 Jahre später erinnert sich Lotter-schmid mit Schaudern: «Ich wurde ano-nym mit Mord bedroht und habe monate-lang nur mit dem Revolver unterm Kopf-kissen geschlafen.»

Solche Ängste muss der 62-Jährigelängst nicht mehr ausstehen. Seine LOTECGmbH hat sich als Spezial-Unternehmenfür Karosserieumbauten und Sonderkon-struktionen einen Namen gemacht. Unterder weltweiten Kundschaft befindet sichauch Scheich Al Maktoum in Dubai, demLOTEC einen 5,6-Liter-Mercedes V8 mitzwei Turbos und 850 PS lieferte. Das ehr-geizigste LOTEC-Projekt aber ist der «Siri-us». Eckdaten des Mittelmotor-Sportwa-gens: Knapp 1000 PS, 6-Liter-V12-Doppel-turbo, 400 km/h, ca. 850 000 Euro. Ge-plant ist eine Kleinserie von fünf Autos.«Ich gebe erst Ruhe, wenn der Sirius rolltund seine Kundschaft gefunden hat.»

Damit haben sich wohl auch Frau Rena-te (seit 1985 an seiner Seite), die zweiTöchter (16, 11) und der Sohn (18) abge-funden. Im Alter von 60 Jahren hat Lot-terschmid übrigens das Kartfahren ent-deckt, mit einem Schaltkart macht er In-und Outdoor-Bahnen unsicher. Das Kart-fieber grassiert sogar im Urlaub: «Wohn-wagen am Gardasee, Kart nebenan.»

Lotterschmid, Kurt (MSa 35/2003)

Der Dickschädel

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Praxistest: Lyding im Opel Commodore bei der Rallye Monte Carlo 1976

Aktiver und Förderer: Lyding 1960 Bonsaipflanzer: Lyding heute

Wilhelm Lyding muss zum kleinen Kreisjener Männer gezählt werden, die im

deutschen Motorsport wirklich grosse Din-ge bewegt haben. So gelangen dem frühe-ren ADAC-Sportchef, ONS-Präsidenten undFIA-Vize Projekte wie etwa die Realisie-rung der ONS-Formel-3-Nachwuchsförde-rung (mit Michael Schumacher, Jörg Mül-ler und Heinz-Harald Frentzen), die Eta-blierung des Supertourenwagen-Cups(STW) oder die Rückkehr der Formel 1 zumNürburgring.

Kontakt zur Basis und Praxisnähe be-stimmten das Handeln des ADAC-Mannes,der in seiner Jugendzeit als Motorrad- undAutomobilsportler selbst jahrelang aktivund erfolgreich war. Immerhin reichte eszum Klassensieg bei der Rallye Monte Car-lo und zu achtbaren Resultaten bei ande-ren Rallyes und Rennen.

1997 hat Lyding, ausgezeichnet mitdem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse unddem Bayerischen Verdienstorden, alle Äm-ter aus Altersgründen niedergelegt. «Manmuss auch loslassen und Platz für Jünge-re machen können», begründet der heutefast 75-Jährige. Aber auch als Pensionärbeschäftigt sich Lyding noch hobbymäs-sig mit seinem Lieblingsthema Nach-wuchsförderung. So gelang es ihm, die«ADAC Stiftung Sport» als finanziell gut

ausgestattetes neues Instrument für dieFörderung von talentierten Motorrad- undAutomobilsportlern erfolgreich auf denWeg zu bringen.

Zusammen mit Ehefrau Irmelin (die bei-den sind seit beinahe 50 Jahren verheira-tet und haben drei Töchter, 47, 46, 38)lebt Lyding gesund und putzmunter inPuchheim bei München. Sein Verlagsbürohat er verkauft. An Langeweile oder garVereinsamung leidet der einstmals mäch-tigste Mann des deutschen Motorsportsjetzt aber keineswegs. So erscheint er hinund wieder persönlich an den Rennpisten,«um mich über den Leistungsstand desdeutschen Nachwuchses zu informieren».Zusätzlich gönnt er sich pro Jahr mindes-tens einen Formel-1-GP und einen DTM-Lauf live vor Ort. Der grosse Rest findet zuHause vorm Fernsehgerät statt, darunterregelmässig die Rallye- und Motorrad-WM.

Und wenn ihm dann noch immer freieZeit bleibt, kümmert er sich um seineselbstgezogenen Bonsai-Bäumchen oderschreibt an weiteren Kapiteln für sein ge-plantes Buch (Arbeitstitel: «Die Geschich-te des deutschen Motorsports nach dem 2.Weltkrieg»). Lydings grösster Wunsch fürdie Zukunft: «Dass möglichst bald ein neu-er Schumacher oder Waldmann aus derADAC-Sport-Stiftung hervorgehen möge.»

Lyding, Wilhelm (MSa 41/2003)

Macher & Mentor

Seit Generationen vertrauen Rennprofisdem ADAC. Und sind damit am Ring immer sehr gut gefahren.

Für Rennprofis eine gute Tradition

Motorsport im ADAC

www.adac.de/motorsport e-mail: [email protected]

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Noell-Weggefährte und -Freund: Rauno Aaltonen 1971 am Col de Turini

Rallye-Freak: Ali Noell anno 1970 Noell heute: Für den 7. Sinn geehrt

Alfred Noell war und ist auch mit fast 70noch Filmemacher aus Leidenschaft.

Schon in den frühen 60er-Jahren brach erals Chef der TV-Produktionsfirma «Cine Re-lation» im Januar regelmässig zur RallyeMonte Carlo auf, um als Kameramann undReporter in Personalunion von den Glanz-taten der Herren Aaltonen, Hopkirk, Carls-son & Co. zu berichten.

Bei seinen «Drehs» suchte er stets dasmaximal Machbare. So liess sich «Ali», wieihn seine Freunde noch heute nennen, öf-ter auf der Motorhaube eines Begleitautosfestzurren, um besonders eindrucksvolleDrifts einzufangen. Hunderte von Beiträ-gen über die Monte, die Safari und ande-re Motorsport-Grossereignisse hat der Köl-ner im Laufe der Jahre bei seinem Haus-sender WDR und den ARD-Paradesendun-gen Tagesschau und Sportschau platziert.

Parallel zu seinen leidenschaftlichenSport-Reportagen entwickelte der umtrie-bige TV-Mann den Dauerbrenner «Der 7.Sinn». Die ARD-Sendereihe mit nützlichenTipps für den Verkehrsalltag ist seit 1966bundesweit mehr als 1400 Mal ausge-strahlt worden. Seit 36 Jahren läuft Folgefür Folge mit dem gleichen Team: AlfredNoell als Regisseur und Autor, Egon Hoe-gen als die Stimme aus dem Off. WeitereTV-Formate (unter anderem auch im ZDF)

mit Schwerpunkt Verkehrssicherheit ka-men im Laufe der Jahre hinzu. Honoriertwurden die Produktionen des Rheinländersmit über 50 Auszeichnungen, darunter dasBundesverdienstkreuz, acht Christopho-rus-Preise und die Graf-Berghe-von-Trips-Medaille.

Heute residiert Alfred Noell mit seinemUnternehmen «Cine Relation» und Lebens-gefährtin Angela Recino (die zugleichauch als CR-Geschäftsführerin agiert) inBergisch Gladbach. «Ein beruflichesEnde», vermeldet der kerngesunde Fast-Siebziger, «ist für mich nicht absehbar.»Will heissen: Weiter 7. Sinn, weiter sozia-les Engagement für den von ihm gegrün-deten Verein HVK (Hilfe für das verkehrs-geschädigte Kind), weiter Beiträge überOldtimer-Events.

Ohnehin zählt die historische Szene zuseinen Hobbys; ein Fiat Dino Coupé undein Mercedes 280 SL wollen in Schuss ge-halten und bewegt werden. Noch heutepflegt er freundschaftliche Kontakte zuHans Herrmann, Rauno Aaltonen und denalten Kölner Ford-Seilschaften. Für denFall, dass es doch mal eine Art Ruhestandgeben sollte, schwebt ihm Konkretes vor:«Eine Weinplantage in Südafrika oder denUSA mit Anbau eines guten Tropfens – ambesten weiss und trocken.»

Noell, Alfred (MSa 04/2003)

Alis 7. Sinn

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Früheres Oebels-Reich im Fahrerlager: Servicebus und Sieger-Oldtimer

Des Grafen Begleiter: Oebels 1960 Wird hoffentlich auch 100: Oebels

Hubert Oebels hat ein ebenso aufregen-des wie vielseitiges Motorsportleben

hinter sich. Der heute 80-Jährige aus Dü-ren erlebte die 50er- und 60er-Jahre alserfolgreicher Rennfahrer (Porsche, Borg-ward, Volvo, BMW), kurbelte als erster Im-porteur das Geschäft mit Rennkarts inNordrhein-Westfalen an, war einer derengsten Wegbegleiter von Wolfgang GrafBerghe von Trips, gehörte zu den Grün-dungsmitgliedern der berühmten «Scude-ria Colonia» und leitete 22 Jahre lang denValvoline-Renndienst. Diesen Job erledig-te der rüstige Rennsport-Freak bis zu sei-nem 75. Lebensjahr, bevor er sich endgül-tig in den Ruhestand verabschiedete.

Als ehemaliger Präsident und Ehrenprä-sident des von seinem Freund Trips initi-ierten SC-Colonia-Rennfahrerclubs pflegter noch immer den Mythos des Renngra-fen in Gestalt des Rennsport-Museums«Villa Trips» auf Burg Hemmersbach in Ker-pen-Horrem. Oebels gilt als einer der Letz-ten, mit denen Trips noch kurz vor demverhängnisvollen Grossen Preis von Itali-en in Monza am 10. September 1961 ge-sprochen hat. Bei der Kollision mit JimClark in der Startrunde kamen neben demWM-Leader 13 Zuschauer ums Leben. Ausden gemeinsamen Jahren besitzt der Trips-Freund neben zahlreichen Fotos auch noch

mehr als 3000 Meter Super-8-Filmmateri-al, das von Experten als besonders wert-voll und exklusiv eingeschätzt wird.

Durch sein Engagement bei Valvolinewurde der stets froh gelaunte Rheinländerspeziell im Breitensport zu einer festenGrösse und zum kompetenten Ansprech-partner im Fahrerlager. «Vor allem die For-mel-Ford-Zeit mit den vielen jungen Talen-ten der 80er-Jahre gehören zu meinenschönsten Erinnerungen», schwärmt derehemalige Valvoline-Mann. «Aber auch mitmeiner übrigen Kundschaft hatte ich vielFreude und Spass.»

Deshalb macht er sich auch heute nochhin und auf zum Nürburgring oder nachZolder, um Rennluft zu schnuppern und mitalten Weggefährten zu plaudern. Überdiesstartet Oebels öfter mal bei Oldtimer-Ral-lyes im Porsche Speedster seines FreundesEberhard Hess. Nach wie vor lebt «Hubsi»mit seiner Frau Irmgard (eine Tochter, 37,ein Enkel, 6) in seiner Heimatstadt Dürenund will dort uralt werden.

An diesem Vorhaben sollen ihn aucheine Herzoperation mit drei Bypässen so-wie ein Herzschrittmacher nicht hindern.«Ich habe das neueste US-Modell, beson-ders gross und besonders stark. Und aus-serdem: Mein Grossvater wurde 106, mei-ne Grossmutter 102, meine Mutter 100.»

Oebels, Hubert (MSa 45/2003)

Trips-Weggefährte

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Ein bissl Spass muss sein: Paulis «blinde» Zeitnehmertruppe ’87 am Ring

Zeitnehmer am Ring: Pauli 1975 Pensionär in Bonn: Pauli heute

Peter Pauli arbeitete stets nach demGrundsatz: «Ein guter Zeitnehmer sieht

weder Freund noch Feind, sondern nurStartnummer und Zeit.» Dieses Motto ab-soluter Neutralität und Unbestechlichkeitbegleitete ihn 50 Jahre lang bei mehr als1000 Einsätzen. 1948 trat er erstmals alsAushilfsrechner im Zeitnahmeteam desDieburger Dreiecksrennens an, 1998 beimhistorischen 750-Meilen-Rennen auf demNürburgring hatte er den letzten Einsatz.

Speziell die Eifelrennstrecke vor den To-ren seiner Heimatstadt Bonn hatte es ihmangetan, hier absolvierte er die meistenEinsätze, hier wurde er vorrangig für denADAC Nordrhein zum unverzichtbaren Part-ner. Pauli hat die zuerst schleppende, dannfast stürmische Entwicklung der Zeiterfas-sung im Rennsport in jeder Phase miter-lebt – von der simplen Stoppuhr bis zurcomputergesteuerten Zeitmessung viaTransponder.

Als Elektronik und Computer in der Zeit-erfassung noch Fremdwörter waren, tatsich Pauli bereits mit innovativen Ideenals Spezialist für das Errechnen von Durch-schnittsgeschwindigkeiten hervor. Als Be-rühmtheit gilt sein ein Meter langer Re-chenschieber, mit Hilfe dessen er die Stun-denmittel der Rundenzeiten bis auf eineStelle hinter dem Komma ermittelte. Und

das Nachkontrollieren von Hand liess ersich selbst in den Jahren mit modernstemEquipment nie nehmen («Elektronik istgut, Kontrolle noch besser»). Wo andereKollegen reklamierenden Teamchefsbarsch die Tür wiesen, nahm sich Pauli Zeitund Ruhe, um der Beschwerde nachzuge-hen. «Denn auch Computer», realisierte ervöllig frei von Arroganz und Selbstherr-lichkeit, «werden von Menschen gefüttert– und die machen gelegentlich Fehler.»

Im Dezember feierte Peter Pauli seinen80. Geburtstag. Zusammen mit seiner FrauHannelore (45 Jahre verheiratet, keineKinder) lebt der ehemalige Ring-Zeitneh-mer in einer gemütlichen Penthouse-Woh-nung am Bonner Markt mit Blick auf dashistorische Rathaus und das tägliche Trei-ben der örtlichen Obst- und Gemüsehänd-ler. Frische Ware und günstige Angeboteerspäht er von seinem Balkon aus. «Ichhab’s hier wirklich gut und geniesse meinZuhause in vollen Zügen.»

Auf grössere Reisen muss er allerdingsinzwischen verzichten, weil ihm eine alteKriegsverletzung und Knochenprobleme zuschaffen machen. Trotzdem ist er mit sichund der Welt zufrieden: «Jeden Tag einbisschen frische Luft schnappen, gut es-sen gehen und gelegentlich Skat spielen –was will man mehr.»

Pauli, Peter (MSa 14/2003)

Ring-Zeitnehmer

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Piedade, Domingos (MSa 52/2003)

Domingos Piedade betreute zwischen1970 und 1990 hochkarätige Renn-

profis, vorzugsweise aus Südamerika. Starswie Emerson Fittipaldi oder Ayrton Sennagehörten zu den Klienten des smartenPortugiesen, der in Köln residierte und alsFan von Rolf Stommelen 1965 zur Rennereikam. Geschick und Sachverstand zeichne-ten seine Arbeit aus. Bald machten sichauch europäische Piloten und Teams wieWalter Röhrl, Willi Kauhsen, Hans Heyer,Reinhold Joest, Pedro Lamy oder MicheleAlboreto die Qualitäten und Verbindungendes Super-Managers zunutze. Piedade, dersechs Sprachen plus Kölsch fliessendspricht und als Endzwanziger aussah wieein Zwillingsbruder des früheren saudi-schen Ölministers Scheich Ahmed Jamani,denkt besonders gerne an die unbeschwer-ten Kölner Jahre zurück. «Mit Fittipaldi,Stommelen und Co. gab es Spass ohneEnde. Was wir da alles aufgeführt haben,glaubt uns heute sowieso kein Menschmehr.» Obwohl er mit dem Managementseiner Piloten und Teams eigentlich schonrestlos ausgelastet war, schaffte es Multi-Talent Domingos auch noch, für den por-tugiesischen TV-Sender RTP regelmässigdie Formel 1 zu kommentieren.

Gegen Ende der 80er-Jahre ergab sichdurch Heyer ein Kontakt zu AMG. «Ich kam

als Kunde zu Hans Werner Aufrecht undging als Angestellter.» Der AMG-Chefengagierte den graduierten Wirtschafts-Ingenieur für die Ressorts Marketing undVerkauf. Piedade, im Auftritt stets adrettund weltmännisch, passte zur EdelmarkeAMG wie die Faust aufs Auge. Und als sich1999 die Umwandlung von AMG in einehundertprozentige Mercedes-Tochter voll-zog, wurde Piedade zu einem von drei Ge-schäftsführern berufen. Der Job forderteallerdings seinen Preis – für den geliebtenRennsport blieb immer weniger Zeit. Trotz-dem hat er noch zwei grosse Ziele: «Ichmöchte die DTM und die Rallye-WM nachPortugal zurückbringen.» Wer den Mannkennt, weiss, dass es ihm damit ernst ist.

Seit 1988 ist Piedade in zweiter Ehe mitder portugiesischen TV-Moderatorin undPsychologin Ana-Paula verheiratet. Sieschenkte ihm zwei Söhne (14, 12). DieSöhne aus erster Ehe haben sich bereits zuerfolgreichen Managern hochgearbeitet:Marc (32), zur Zeit der alten DTM Logistik-Chef im Team Joest, führt zusammen miteinem Partner eine Entertainment-Agen-tur in Lissabon, Guido (29) ist Assistentim F1-Team von BAR-Chef David Richards.Weitere Piedades sind schon unterwegs –demnächst erwartet «Opa Domingos» dieAnkunft der Enkel Nr. 3 und 4.

Multi-Manager

Kurz vor der Tragödie in Imola: Ayrton Senna und Piedade im Frühjahr 1994

Direktor bei AMG: Piedade heutePortugiese in Köln: Piedade 1973

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Solitude 1965: Die Porsche-904-Meute mit Pon, Schütz und Stommelen

Porsche und Partys: Ben Pon 1965 Wein und Wohlstand: Pon 2003

Ben Pon, korrekter Vorname Bernardus-Marinus, war schon zu seiner grossen

Zeit als Porsche-Sportwagen- und -GT-Pi-lot zwischen 1959 und 1969 ein Genuss-mensch. Dass aus seiner Vorliebe für gu-tes Essen und feine Weine einmal eines dergrössten Weingüter Kaliforniens mit ange-schlossenem First-Class-Hotelbetrieb undmehrfach preisgekröntem Feinschmecker-Restaurant werden würde, konnte damalsfreilich niemand ahnen.

Zumal der niederländische VW- und Por-sche-Generalimporteur aus Amersfoort ei-gentlich nur für den Rennsport zu lebenschien. Seine Welt waren die Cockpits vonPorsche 911, Abarth-Carrera, Carrera 6,904 GTS und Carrera 10, in denen er vonSieg zu Sieg driftete. Der Begründer des«Dutch Racing Teams», Förderer Gijs vanLenneps und vieler anderer niederländi-scher Jungtalente, fuhr wild und quer,hielt nichts von Fitness, ass und trank, wasihm gerade schmeckte. Und trotzdem prä-sentierte sich der kleine, wohlgenährteund lebensfrohe Mann stets in Topform.

Wenn es bei ihm freilich mal krachte,dann gleich richtig. So überschlug er sichbei seinem ersten und einzigen Formel-1-Einsatz 1962 in Zandvoort im Porsche derEcurie Maarsbergen nach nur zwei Rundenund verwandelte nebenbei, wie sich Pon

grinsend erinnert, «auch ein paar 904 GTSund Carrera 10 zu Totalschäden». Als seinVater starb und der Junior den VW- undPorsche-Betrieb übernehmen musste, be-sann er sich seiner Verantwortung und be-endete 1969 seine Rennfahrer-Karriere.

Der heute 66-Jährige hat sein Lebenlängst neu geordnet, das Auto-Geschäftverkauft und sich im kalifornischen CarmelValley einen persönlichen Traum erfüllt.Sein Hotel «Bernadus Lodge» (57 Zimmerund Suiten, Preise von 245 bis 1800 Dol-lar pro Nacht) gehört zu den besten undteuersten Adressen der Westküste, das in-tegrierte «Marinus Restaurant» ist mehr-fach preisgekrönt, und sein Weingut «Ber-nardus Winery and Vineyard» produziertpro Jahr rund 600 000 Flaschen Chardon-nay, Sauvignon Blanc und Pinot Noir.Trotzdem hat Pon auch noch Zeit zum Gol-fen (Handicap 5) oder für die Grosswild-jagd in Afrika.

Zwar versäumt der bekennende Nür-burgring-Fan noch heute kein F1-Rennenam TV, aber bis auf seinen alten Freundvan Lennep gibt es kaum noch Kontaktezu den ehemaligen Porsche-Weggefährten.Ben Pon ist seit 40 Jahren verheiratet, dieEhe blieb aber kinderlos. Der Edel-Gastro-nom sieht’s pragmatisch: «Keine Kinder,kein Ärger.»

Pon, Ben (MSa 01-03/2003)

Der Weinkönig

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Einer von Rosches grössten Würfen: Weltmeister-Turbo 1983 mit Piquet

BMW-Erfolgsgarant: Rosche 1982 Flucht vor Hausarbeit: Rosche ’03

Paul Rosche war als oberster BMW-Mo-torenmann eine Art Galionsfigur – ohne

ihn ging bei den Weiss-Blauen nichts. Dergemütlich wirkende Mann mit ausgepräg-ter Vorliebe für Weissbier und bayerischeLebensart gilt als Architekt des gesamtenBMW-Motorsports und als Personifizierungdes Münchner F1-Engagements. Jede sei-ner Kreationen wurde zum Hit – egal obim 700er oder in den 2-Liter-Tourenwagen,im legendären CSL Coupé, M1 oder M3, imF2-March oder im F1-Brabham.

Aber nicht alles, was «Nocken-Paule»und seine ihm treu ergebenen Männer kon-struierten und initiierten, hatte offiziel-len Segen der Vorstandsetage. So musstenneue Projekte oft genug auf eigene Faustvorangetrieben werden, die Untergrundar-beit wurde sogar zur einer Art Rosche-Spe-zialität: «Wir wurden so oft dazu gezwun-gen, dass wir im Laufe der Zeit eine ge-wisse Routine entwickelt haben», erinnertsich der PS-Guru grinsend vor allem an die70er- und frühen 80er-Jahre.

Die Situation besserte sich erst, als erin BMW-Marketing-Mann Karl-Heinz Kalb-fell einen dauerhaften Verbündeten fand.Unermüdlich schoben sie neue Ideen an,so auch den erfolgreichen neuen F1-V10-Motor. Ende 1999 wurde Rosche in den Ru-hestand verabschiedet. Als absolute High-

lights seiner fast 40 BMW-Jahre gelten derFormel-1-WM-Titel 1983 mit dem bären-starken Turbo, der 2-Liter-4-Zylinder-F2-Motor (129 Rennsiege, 6 EM-Titel) und der6-Liter-V12-Sauger mit zwei Le Mans-Er-folgen (1995, ’99).

Rosche, inzwischen 69, ist BMW nachwie vor als Berater verbunden und flüch-tet mit Vorliebe in seine «Dienstvilla»,wenn Gattin Hildegard (fast 40 Jahre ver-heiratet; Tochter Susanne, 32, arbeitet beiBMW im Marketing), ihn zur Haus- und Gar-tenarbeit verpflichten will. Oder er schiebtwichtige Oldtimer-Events vor, wie Mille Mi-glia, Silvretta- oder Ennstal-Classic. Natür-lich verfolgt er alle F1-GP und freut sichüber jeden Sieg der BMW-Truppe. Vor Ortist er selten, «weil man sich da ohne Jobso komisch vorkommt». Da fühlt er sich imBiergarten bei Weissbier und Brotzeit vielwohler. Auch gesundheitlich geht’s ihmgut – «bis auf das übliche Alterszwicken».

Wer mehr über «Nocken-Paule» wissenmöchte, kann sich auf eine demnächst inder Buchreihe «BMW Portraits» erschei-nende Biographie freuen. Das Werk er-scheint unter dem Titel «Ein genialer Mo-toreningenieur – Geschichten zur Ge-schichte», 160 Seiten, 29,90 Euro, Autor:Kalli Hufstadt, Herausgeber: BMW MobileTradition.

Rosche, Paul (MSa 32/2003)

Der Nocken-Paule

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Wenn er kam, wackelte die Bude: Gerd Ruch 1993 in seinem V8-Mustang

Publikumsliebling: Gerd Ruch 1993 Nur Fliegen ist schöner: Ruch heute

Gerd Ruch und sein feuerspeiender FordMustang – für Fans und Freaks waren

sie eines der grossen Highlights der altenDTM. Und die gelegentlichen Auftritte vonBruder Jürgen in einem zweiten Mustangverstärkten den Sympathie-Effekt nochzusätzlich. Gerd, von der Statur her genau-so bullig wie sein 550-PS-Bolide, avancier-te trotz aller Superstars zum Publikums-liebling, weil er als Underdog eine tolleShow lieferte. Genau dieses Sympathie-Element, meinen eingefleischte Edelfans,würde auch der neuen DTM ganz gut tun.Der Mustang-Reiter bestätigt das: «Nochimmer kriege ich jede Menge Fanpost, dieLeute wollen, dass ich zurückkomme.»Diesbezüglich macht er keine Hoffnung:«Ich hatte eine unvergesslich schöne DTM-Zeit, dabei soll’s bleiben.»

Jede Zielankunft seiner 89 Starts mitdem US-Exoten wurde damals lautstark be-jubelt. Und als er 1995 seine letzte Sai-son in einem AMG-Mercedes bestritt, wa-ren die Fans teilweise richtig sauer und be-zichtigten ihn des Verrats an der Mustang-DTM-Tradition. Zum Thema Nordschleifegesteht der gewiss nicht zimperliche Ber-liner übrigens offen: «Nach dem erstenLauf hatte ich nur noch nackte Angst. Umnicht zum zweiten Durchgang antreten zumüssen, habe ich einen Defekt vorge-

täuscht. Der Mustang war dort absolut un-fahrbar.» 101 Starts, vier Punkte und jedeMenge tolle Erinnerungen – Ruchs persön-liche Bilanz aus acht DTM-Jahren.

Mit dem Gewinn der BPR-Trophy im Por-sche 911 GT2 zog der Berliner Ende 1996unter das Kapitel Rennsport einen Schluss-strich. Seine neuen Hobbys sind die Flie-gerei und Golf. So oft wie möglich geht der49-jährige Lockenkopf mit seiner Cessna210 in die Luft. «Solange ich mir das leis-ten kann, werde ich die genialen Ausbli-cke geniessen», schwärmt Ruch, dessenHeizungsbau-Betrieb ebenso unter der Re-zession leidet wie andere Unternehmen.«Gerade bei uns in Berlin ist die Geschäfts-lage nicht berauschend, Aufträge werdenzögerlich vergeben, alle wollen sparen.»

Nur selten lässt er sich an den Renn-strecken sehen, versäumt aber keine DTM-Übertragung im Fernsehen. Sein Eindruckvon der neuen DTM: «Am Anfang war’s echtätzend, aber langsam wird’s besser.» Ge-legentlich telefoniert er noch mit seinemDEKRA-Kumpel Sigi Berner, ansonsten gibtes keine Kontakte mehr zur alten DTM-Truppe. Lebensmittelpunkte sind für Gerdmehr denn je seine Lebensgefährtin Petra,seine 19-jährige Tochter und sein Flug-zeug. «Ich vermisse nichts, bin gesund,und mir geht’s gut.»

Ruch, Gerd (MSa 19/2003)

Mustang-Reiter

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Flugplatz Achum 1965: Schoppe (Abarth Carrera) in Linges Windschatten

Porsche und Pokale: Schoppe 1965 Firma und Fitness: Schoppe heute

Urban Schoppe – ein Kerl wie ein Baum,strotzend vor Kraft, topfit wie ein Leis-

tungssportler und unverschämt gesund.Man schätzt ihn auf höchstens 55, tat-sächlich ist er 62. Fitness und Sport sindfür ihn unverzichtbare Lebensinhalte. Ha-rald Grohs kann ein Lied davon singen, wases heisst, mit Schoppe Sport zu treiben.«Als ich Harald in den 70er-Jahren kennenlernte», erinnert sich das Kraftpaket, «hat-te das Bürschchen konditionell nichtsdrauf. Wir haben dann gemeinsam ein har-tes Programm durchgezogen.» Und Grohs,der anfangs oft kraftlos aus dem BMW-Cockpit torkelte, ist dem Fitnessfreak nochheute dankbar. «Der hat mich ganz schönrangenommen, aber ohne seine Schleife-rei wäre ich als Rennprofi wahrscheinlichgescheitert. Das war verdammt hart, aberwas fürs Leben.»

Urban Schoppe ist nicht nur stolz aufseinen Schützling Grohs, sondern auch da-rauf, zu den frühen Mitbegründern der Es-sener Motorsportkultur gehört zu haben.Zusammen mit Gleichgesinnten wie Rüdi-ger Faltz, Otto Lux, Friedhelm Slowik, Die-ter Fröhlich, Fritz Striewisch oder Horstund Ursula von Gundlach verschaffte er zuBeginn der 60er-Jahre dem Rallye- undRennsport in der Messestadt Akzeptanzund Medieninteresse. Bei den Lehrgängen

der Scuderia Hanseat lernte Schoppe allesüber Kurventechnik und Ideallinie – seinInstruktor war damals der rennfahrendeZDF-Mann Rainer Günzler. Schon bald steu-erte der Essener im Porsche S90 seinen ers-ten Titelgewinn an – den «ONS Pokal fürGT-Wagen 1962», eine Kombination ausRallyes, Slaloms und Rennen. Mit Carrera2, 911 und BMW 1800 TI folgten weiteresiegreiche Jahre. Aber auch die schmerz-hafte Seite lernte der Erfolgsverwöhntekennen: Bei einem Mega-Unfall auf derNordschleife, ausgelöst durch Radverlust,erlitt er einen Schädelbasisbruch und ver-lor linksseitig das Gehör. «Aber das Ohr»,feixt Schoppe, «ist noch da.»

Heute fordert der Karosseriebau- undLackierbetrieb des Junggesellen (dreimalverheiratet, keine Kinder) mit 16 Mitarbei-tern alle Kraft und Konzentration. Dieknappe Freizeit ist für sportliche Aktivitä-ten reserviert: Golf (Handicap 13), ver-schärftes Skilaufen, Rennrad, Joggen, Fit-nessstudio. Auch der Kontakt mit der Es-sener Rennclique funktioniert noch präch-tig. Und wenn sein Freund Wolfgang Schöl-ler im Vorfeld der Motorshow Hilfe braucht,ist Schoppe zur Stelle und unterzieht dieFun-Cars einer Schnell-Restaurierung, diein verrostetem oder beschädigtem Zustandangeliefert wurden.

Schoppe, Urban (MSa 46/2003)

Das Kraftpaket

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DRM Hockenheim 1982: Schornstein im farbenfrohen Joest-Porsche 935

Flotter Radler: Schornstein 1979 Flotter Rentner: Schornstein heute

Dieter Schornstein gehörte zu den Spät-startern im Rennsport. Erst mit 35 be-

gann der Aachener im Porsche Carrera dieersten Erfolge einzufahren. Seine bevor-zugten Spielplätze waren die Sportwagen-WM sowie die Deutsche Rennsportmeister-schaft (DRM). In den zehn Jahren seinerPrivatfahrerlaufbahn blieb er dabei stetsseiner Lieblingsmarke Porsche treu – demCarrera folgten der 935 Turbo in allen Va-riationen und der 956. «Ausser Porsche»,versichert er stolz, «habe ich nie ein an-deres Rennauto angerührt.»

Als Partner und Sponsor für sein Teamkonnte er die Aachener VEGLA-Glaswerkebegeistern. Während er selber sich immerals Amateur verstand, waren Vollprofis alsVerstärkung stets willkommen. Gastpilo-ten wie Walter Röhrl, Harald Grohs oderVolkert Merl sorgten gemeinsam mit demChef für bemerkenswerte Erfolge. Als High-light in der Geschichte des «VEGLA-TeamSchornstein» gilt der DRM-Titel ’82 durchBob Wollek im Porsche 936. Mit ReinholdJoest, auf dessen technischen BeistandSchornstein oft und gerne setzte, teilte ersich in der Langstrecken-WM 1983 dasCockpit eines 956.

Insgesamt sieben Mal startete Schorn-stein in Le Mans – die Anreise dorthin dau-erte übrigens mal ganze fünf Tage, weil er

und Freund Wollek die Strecke ab Aachenzusammen auf Rennrädern zurücklegten.«Aber nur one way, zurück war uns dasAuto dann doch lieber.»

Mammuttouren auf dem Rennrad unter-nimmt der inzwischen 63-Jährige zwarnoch immer («jedes Jahr im Sommer ein-mal mit Freunden von Aachen nach Tirolund zurück»), aber ansonsten geniesst erzusammen mit Lebensgefährtin Helga seitzwei Jahren die Vorzüge eines sorgenfrei-en Rentnerlebens. Im Winter Skifahren inÖsterreich, im Frühjahr und Herbst Faulen-zen auf Mallorca, im Sommer Natur pur aufdem Landsitz in Niederforsbach bei Aa-chen. Auf dem grosszügigen Grundstücktummeln sich Gänse, Hühner, Schafe, Zie-gen und sonstiges Kleingetier. Die Leitungseines Betriebs für Metallbau-Konstrukti-onstechnik hat er 2001 an seinen 33-jäh-rigen Sohn übergeben: «Ich habe mein Le-ben lang hart gearbeitet und nie richtigUrlaub gemacht. Es war einfach an der Zeit,mehr Wert auf Lebensqualität zu legen.»

Dabei achtet er weiterhin auf Fitnessund Gesundheit, ist ständig in Bewegung,spielt Fussball bei den Senioren von Ale-mania Aachen und neuerdings auch nochGolf. Stolz vermeldet er: «Mein Kampfge-wicht beträgt immer noch 69 Kilo – wie zubesten Porsche-Zeiten.»

Schornstein, Dieter (MSa 29/2003)

Der Markentreue

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Da zitterten die Schlawiner: Seegers 1967 bei der «Harz-Winter-Fahrt»

2003: Pensionär mit Power

Heinz Seegers sorgte 40 Jahre lang alsTechnischer Kommissar bei Rallyes und

Rennen für die buchstabengetreue Einhal-tung der Regelwerke – und nicht seltenauch für Wirbel und Endlos-Diskussionen.Vor allem die Rallye-Zunft bekam regel-mässig Bauchweh, wenn der ehemaligeMarine-Offizier die Technische Abnahmeleitete. Da blieben auch schon mal Autoseinfach stehen, weil man sich über Detail-fragen nicht einig werden konnte.

Der kleine Mann (Markenzeichen:stramme Haltung, militanter Auftritt) liesssich auch von grossen Namen nicht ein-schüchtern. Dabei biss er sich gerne anKleinigkeiten fest und trieb die Betroffe-nen mitunter bis an den Rand der Verzweif-lung. Galten bei den Rallyes vorzugswei-se Art und Anbringung von Zusatzlampenals sein Lieblingsthema, fahndete er beiRundstreckenrennen mit Vorliebe nachstrittigen Distanzscheiben und sonstigenGrauzonen.

Gelegentlich gipfelte der Zorn auf dengestrengen Diplom-Ingenieur gar in wüs-ten Drohungen. «Wenn ich Sie mal auf derStrasse finde», liess ihn etwa die wüten-de Frau eines Wettbewerbers wissen,«dann überfahre ich Sie, ohne mit der Wim-per zu zucken.» Aber das hielt den Hüterkorrekter Technik keineswegs davon ab,

seinen strengen Kurs unverdrossen beizu-behalten. «Der Mann war schon ein schar-fer Hund und trieb uns oft bis zum Wahn-sinn», erinnert sich Rallye-Profi Peter Lin-zen an hochdramatische Abnahme-Sze-nen, «aber er lag meistens richtig. Werpampig wurde, hatte ganz schlechte Kar-ten. Mit Diplomatie und Höflichkeit kamman mit ihm noch am besten zurecht.»

Der mittlerweile fast 78-Jährige erfreutsich bester Gesundheit, treibt regelmässigSport und geht oft zum Segeln. Mit Ehe-frau Gisela (40 Jahre verheiratet, der 38-jährige Sohn hat eine eigene Zahnklinik)lebt Seegers in Hannover. Offiziell als Pen-sionär, tatsächlich jedoch noch genausoumtriebig wie eh und je. Gleich nach sei-ner Pensionierung 1990 eröffnete er einIngenieurbüro, wurde Industrie-Berater,half dem ADAC als TK der Formel-BMW-Ju-nior und überwachte kürzlich die Volkswa-gen-Weltrekordfahrten mit dem W12. Zu-dem kümmert er sich um die Ausbildungjunger TK-Anwärter nach dem Motto: «Jegewissenhafter die Abnahme vor der Ver-anstaltung, desto weniger Proteste undÄrger gibt es danach.»

Sollte es im Leben des Heinz Seegerswirklich mal ein bisschen ruhiger zugehen,träumt er von einer Kreuzfahrt rund um dieWelt. Aber das kann noch dauern …

Seegers, Heinz (MSa 10/2003)

Der scharfe Hund

1956: Ingenieur mit Inbrunst

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Die Väter des Erfolgs: Bischof, Singer, Bott und Falk 1983 in Le Mans

Le-Mans-Experte: Singer 1973 Der Ruhestand naht: Singer 2003

Norbert Singer ist einer der letzten Mo-hikaner aus Porsches Rennsport-Glanz-

zeiten der 70er-, 80er- und 90er-Jahre.Seine alten Weggefährten Helmut Bott undHuschke von Hanstein leben nicht mehr,Peter Falk, Hans Mezger und andere sindschon pensioniert. Und auch der Rennin-genieur mit Halbbrille als Markenzeichenwird Ende nächsten Jahres mit 65 in denRuhestand gehen.

Im beruflichen Leben des engagiertenDiplomingenieurs gab es nichts anderes alsPorsche, Porsche und nochmals Porsche. Erhat alle 16 Le-Mans-Siege der Stuttgartermiterlebt – den ersten 1970 mit dem 917genauso wie den letzten 1998 mit demGT1. Als «schönstes Erlebnis überhaupt»gilt für ihn der grandiose Dreifachsieg desnagelneuen 956 gleich beim ersten Le-Mans-Antritt 1982. Der 956 und das Nach-folgemodell 962 gehörten ebenso zu sei-nen Lieblingsautos wie der 2-Liter-«Baby-Porsche 935» von ’77. Als grösste Enttäu-schung nennt er das werkseigene Indy-Projekt, das letztlich politischen Querelenim eigenen Haus zum Opfer fiel.

Von den zahlreichen Werkspiloten be-eindruckten ihn besonders die unverges-senen Bob Wollek und Stefan Bellof. «Bobwar ein zäher Arbeiter am Auto, Stefan einbegnadetes Fahrtalent vom anderen Stern.

Ihr Tod hat bei uns allen tiefe Wunden hin-terlassen.»

Seit Porsche keinen Werkssport mehrbetreibt, findet man Singer nur noch ander Rennstrecke, wenn private Porsche-Teams ihn anfordern. Dort sind sein Rat,sein Wissen und seine strategischen Tricksnach wie vor gefragt – vor allem in Le Mans.Offiziell ist er bei Porsche noch immer«Leiter für Werkssport und Einsätze». Ob-wohl er notgedrungen die meiste Zeit imBüro verbringt, bleibt er immer auf Ball-höhe mit dem aktuellen Rennsportgesche-hen. So sind Formel 1, ALMS und FIA-GT-Serie für ihn an den Wochenenden Pflicht-sendungen im TV. Und wenn er mal per-sönlich an der Piste aufkreuzt, gibt’s meistein fröhliches Wiedersehen mit Freundenaus früheren Jahren. «Die kommen dannaus allen Ecken und sagen Hallo.»

Zusammen mit seiner Familie (beste-hend aus Gattin Doris, Sohn Andy, 22, undTochter Conny, 18) lebt Singer in Vaihin-gen. Gesundheitlich bewegt er sich «bisauf ein Zwicken im Kreuz» auf der Sonnen-seite. Zu seinen Hobbys Fotografie, Filmenund Garten soll nach der Pensionierung einweiteres kommen: «Dann will ich meinRennarchiv mit mehreren tausend Fotossichten und ordnen.» Da wäre wohl jederechte Porsche-Fan gerne dabei.

Singer, Norbert (MSa 23/2003)

Porsche forever

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84-h-Ring-Marathon 1970: Porsche-914-Dreifachsieg mit Steckkönig (2)

Haar ja, Bart nein: Steckkönig ’73 Bart ja, Haar nein: Steckkönig ’03

Günter Steckkönig verstand die Weltnicht mehr, als ihn sein damaliger Boss

Ferdinand Piëch nach einem gewonnenenRennen anknurrte: «Gute Rennfahrer kannich überall kaufen, gute Techniker nicht.Sie sollten sich mehr um ihren Job küm-mern.» Tatsächlich sah es der Porsche-Chefnie gerne, wenn seine Ingenieure neben-bei Rennen fuhren. «Das betraf mich ge-nauso wie Herbert Linge», erinnert sich derFahrwerks-Entwickler aus der WeissacherRennabteilung. «Statt Gratulationen gab’sregelmässig was auf den Deckel.»

Dabei machte Steckkönig aus der Noteine Tugend und fuhr immer dann bei an-deren mit, wenn’s nichts kostete. EigeneMittel hatte der ebenso schnelle wie ta-lentierte Renningenieur nicht anzubieten– seine Mitgift war sein technisches Wis-sen. So gab es kaum ein Porsche-Modell,das der Schwabe nicht im Renntempo be-wegt hätte – und wenn es nur auf der Test-strecke in Weissach war.

Zwischen 1963 und 1988 startete er beinahezu allen Klassikern: Le Mans, Dayto-na, Sebring, Targa Florio. Sein Lieblings-auto war der Porsche 908/3. Die erfolgrei-che Karriere endete erst, als ohne Geldselbst bei den Kundenteams nichts mehrging. Noch dicker kam’s ’92, als es Porschewirtschaftlich nicht gut ging. Zusammen

mit 70 Kollegen musste sich Steckkönignach 35 Porsche-Jahren notgedrungen inden Vorruhestand verabschieden. «Das warder traurigste Moment in meinem Porsche-Leben, als wir zum letzten Mal durch dasWerkstor in Weissach gingen.»

Die freie Zeit wurde rasch mit neuen Ak-tivitäten belegt. Er fand Gefallen am Se-gelfliegen (Ultraleicht-Motorsegler), in-tensivierte sein Fitnessprogramm (Renn-rad, Mountainbike) und frönte seiner Lei-denschaft für Jazz, in dem er alle erreich-baren Konzerte besucht. Ausserdem ist ernoch immer ein gefragter Instruktor beiFahrsicherheitslehrgängen, wo er seinWissen als Fahrer und Techniker an die Por-sche-Kunden weitergibt.

Wie sein Ex-Mitstreiter Norbert Singerlebt Steckkönig mit Ehefrau Ellen (seit1965 verheiratet, zwei Töchter, 35, 31) inVaihingen/Enz. Der mittlerweile 67-Jähri-ge ist nach wie vor Racing-Fan, schaut ger-ne Formel 1 und DTM im Fernsehen undhält regen Kontakt mit alten Wegbeglei-tern wie Herbert Linge, Roland Asch, Paul-Ernst Strähle oder Dunlop-Renndienst-mann Gerd Knospe. Stolz berichtet Steck-könig von seinem neuesten Hobby: «StattPowerslide mit dem Auto mach’ ich jetztPowerwalking mit meiner Frau. Das istauch Competition und hält obendrein fit.»

Steckkönig, Günter (MSa 44/2003)

Flotter Ingenieur

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Flugplatz Ulm 1967: Steinmetz im legendären BMW-«Monti»-Sportwagen

Abarths Multitalent: Steinmetz ’65 «Wahl-Italiener»: Steinmetz 2003

Klaus A. Steinmetz kann auf eine beweg-te Motorsportkarriere zurückblicken.

Der gelernte Diplomingenieur erlebte die60er-Jahre bei Abarth und BMW als Pilot,Rennleiter und Technikchef in Personal-union. An die 100 Siege in Sport- und Tou-renwagen fuhr Steinmetz am Berg und aufder Rundstrecke zusammen. Den Touren-wagen-EM-Titel verpasste er im 1000er-Abarth nur, weil er sich an die Stallregiezugunsten von Giancarlo Baghetti hielt.

Dann wurde Opel für ihn zum Dreh- undAngelpunkt, das Unternehmen «SteinmetzOpel Tuning» zum Mekka für Kadett-, As-cona-, Commodore- und GT-1900-Fans.Auch auf der Piste verschaffte sich derOpel-Tuner mit eigenem Rennstall Akzep-tanz. Das jähe Ende für den Tuningbetriebkam im Gefolge der Benzinkrise von 1973:Viele Tuning-Unternehmen gerieten da-mals ins Trudeln, darunter auch Steinmetz.

Erst 1993 wurde der Name Steinmetz-Opel von der Aachener Kohl-Gruppe wie-derbelebt, allerdings ohne den Gründerva-ter, der sich Mitte der 70er neu orientierthatte. Die wichtigsten Stationen: Eröff-nung eines Ingenieurbüros für Industrie-anlagen, Sportdirektor bei Alfa RomeoDeutschland und Leiter der Alfasud-Cups,DMV-Sportpräsident, Mitglied der ONS-Sportkommission, FIA-Delegierter für

Rennstrecken- und Fahrzeugsicherheit.Die DTM bot ihm als ITR-Vize und Alfa-Ko-ordinator zwischen 1993 und 1996 dieletzte sportliche Bühne.

Heute lebt der Italien-Fan, der fliessendItalienisch und Englisch sowie ordentlichFranzösisch spricht, in Bietigheim beiStuttgart und ist Vorsitzender der «Inte-ressengemeinschaft Fördertechnik AG».«Eigentlich wollte ich mit 65 Schluss ma-chen, aber das ist mir leider nicht gelun-gen», sagt der geschiedene Familienvater(zweimal je 20 Jahre verheiratet, zweiSöhne, 42/40, zwei Töchter, 26/17).

Bis auf ein Augenleiden (das ihn schonseit Abarth-Zeiten begleitet) und die ein-geschränkte Beweglichkeit der linkenHand (die ihm bei einem Verkehrsunfall1993 halb abgerissen und wieder angenähtwurde) geht es dem jetzt 68-Jährigen ge-sundheitlich «ganz ordentlich». Was mo-torsportlich interessiert, sieht er sich imTV an. F1 und V8STAR hat er zu Pflichtsen-dungen erhoben, der neuen DTM stand erlange skeptisch gegenüber: «Aber seit demWahnsinnsrennen letztes Jahr am A1-Ringhabe ich meine DTM-Einstellung in den po-sitiven Bereich verschoben.»

Für die Zeit seines Ruhestands hofft er,«das Meer mal vor mir zu sehen, und wennsirgendwie geht, in Italien».

Steinmetz, Klaus (MSa 30/2003)

Der Italien-Fan

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Schweden-Hammer: Per Stureson im Volvo 240 Turbo 1986 auf der Avus

Schneller Amateur: Stureson 1979 Noch heute ein DTM-Fan: Stureson

Per Stureson gehörte zu den prägendenFiguren der frühen DTM-Jahre. 1985

stieg der Inhaber eines Malerbetriebs miteinem Volvo 240 Turbo des IPS Teams indie deutsche Parade-Rennserie ein und ge-wann auf Anhieb den Titel. Teamchef warjener Ingmar Persson, der in der aktuellenDTM für Mercedes drei CLK einsetzt. Derstill und unauffällig agierende Schwedechauffierte den schweren Volvo souverändurch die Saison. Zwar machten ihm sei-ne härtesten Konkurrenten – Olaf Mantheyim Rover V8 und Harald Grohs im BMW 635CSi – das Leben nach Kräften schwer, aberletztlich setzten sich Turbo-Power undschwedische Nervenstärke durch.

Die beiden folgenden Volvo-Jahrebrachten dann nur noch die DTM-Ränge 4und 6, «was für mich eine Riesenenttäu-schung war, denn als Titelverteidiger hät-te ich einfach besser sein müssen». DerFrust wurde noch gesteigert durch eineverkorkste Mercedes-Saison, die Sturesonzum Anlass nahm, seine Rennkarriere 1988nach insgesamt 16 Jahren zu beenden. Inden DTM-Bestenlisten verewigte sich derschwedische Schweiger mit 350 Punkten,209 Führungskilometern, zwei Siegen undvier Poles.

Sohnemann Johan, mit 10 Jahren schonKart-Meister, sorgte dafür, dass der Vater

eine neue Aufgabe an der Rennstrecke be-kam. Als Betreuer und Berater seines Ju-niors erlebte der Ex-Champion, wie Johanzum Frontrunner in der Formel BMW undder Deutschen Formel-3-Meisterschaftwurde. Für dieses Jahr nimmt Stureson jr.,inzwischen 29, mit Seat das schwedischeTourenwagen-Championat ins Visier.

Und der Herr Papa, Vorsitzender derschwedischen Malermeister-Innung, kannes auch noch nicht so richtig lassen. «Nurso zum Spass» startet er gelegentlich miteinem Renault-Spider oder einem Porsche968 bei diversen Langstreckenrennen imHeimatland.

Im März wird Per Stureson 55, ist seit33 Jahren verheiratet mit Anita und hatneben Johan noch eine 27-jährige Toch-ter, die ihren Sport vorzugsweise auf demRücken der Pferde ausübt. Über Satellitsieht er sich zu Hause jedes DTM-Rennenan, dazu natürlich die Formel 1 und einpaar andere PS-Leckerbissen. Mit seinenfrüheren DTM-Weggefährten Ingmar Pers-son und Roland Asch hat er noch heute re-gelmässig Kontakt.

Schon jetzt freut er sich auf das nächs-te «Hallo wie geht’s»-Klassentreffen am 6.Dezember anlässlich der Motorshow Essen,«weil das die einzige Möglichkeit ist, vie-le alte Freunde wieder zu sehen».

Stureson, Per (MSa 08/2003)

Stiller Schwede

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Teves, Thomas (MSa 49/2003)

Thomas Teves lässt keinen Zweifel daran,was ihm in seinen zehn Rennjahren den

meisten Spass gebracht hat: Die Saison1975 mit Keke Rosberg und Poldi vonBayern in der Formel Super VW. Im Teamdes Sylter Boutiquen-Königs Uwe Jürdens(«Uwe’s Mode Racing») genossen die dreiKumpels in jenem Jahr nicht nur die Profi-Unterstützung des Kaimann-Chefs KurtBergmann, sondern liessen es auf und ne-ben der Piste auch richtig krachen. «Kekewar noch der Vernünftigste von uns», er-innert sich Teves feixend. «Poldi und ichwaren mehr für den Blödsinn zuständig.»Die Rollenverteilung führte zwangsläufigdazu, dass Teamleader Rosberg meistenssiegte und auch den Titel des deutschenSuper-VW-Meisters einfuhr.

Der Enkel des Gründers der Teves-Firmengruppe (u.a. Ate Bremsen, 1968verkauft an ITT, jetzt Continental-Teves)hatte seine Laufbahn als Hobby-Renn-fahrer zusammen mit Prinz Poldi 1965 imMini-Cooper-Team von Don Wooding be-gonnen. Weil der schnauzbärtige Hesseziemlich flott unterwegs war, durfte er alsdamals jüngster Lizenzfahrer Deutsch-lands mit 18 Jahren schon einen Werks-BMW bei der Rallye Monte Carlo steuern.Aber seine Liebe gehörte eindeutig denFlugplatzrennen, wo er in Minis, Alfas und

Porsches wüste Drifts zelebrierte. Eindeu-tig gehörte die Frohnatur zur Kategorie derSpass-Piloten. Als aber der erste Familien-zuwachs kam, war Schluss mit Racing – mitAblauf des Super-VW-Jahrs 1975 beendeteTeves seine motorsportlichen Exzesse.

Die wilde Zeit im Rennauto ist genausoVergangenheit wie die häufigen Woh-nungswechsel. Nach Bad Homburg, Sylt,Hamburg und München hat der mittlerwei-le 56-jährige Diplom-Ingenieur zusammenmit seiner Frau Karin im TaunusstädtchenFriedrichsdorf seine endgültige Heimat ge-funden. Die drei erwachsenen Kinder (zweiSöhne, 27/25, eine Tochter, 21) steckennoch im Studium. Golfen und Radfahrensind zwar die neuen Hobbys des Familien-vorstands, aber der Motorsport ist nochimmer ein Thema. So verbindet ihn mitPoldi und Keke nach wie vor eine engeFreundschaft, man sieht sich regelmässig.Und wenn er mal die DTM besucht, steuerter zielstrebig das Rosberg-Motorhome an.

Die Karriere von Kekes Sohn Nico faszi-niert ihn. «Der Bursche ist so gut wie seinalter Herr damals», glaubt Teves, «genaudas gleiche Kaliber.» Dass es nicht mehrso locker und lustig wie vor 30 Jahren zu-geht, hat auch Kekes alter Gefährteerkannt. «Gerade deshalb sind wir froh,diese wunderbare Zeit erlebt zu haben.»

Kekes Teamkollege

Frühliches Super-VW-Trio: Die Kaimann-Asse Teves, Rosberg und Poldi 1975

Fan: Teves 2003 bei der DTMFahrer: Teves 1975 im Kaimann

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von Bayern, Leopold Prinz (MSa 26/2003)

Leopold Prinz von Bayern, von den Renn-Kumpanen kurz und respektlos Poldi ge-

nannt, hat sein schnelles Hobby immerhin35 Jahre lang ziemlich konsequent und er-folgreich betrieben. Die Begeisterung derköniglichen Familie hielt sich zwar in Gren-zen, aber der Vollgas-Prinz zog sein Dingdurch. Nach wilden Jahren im Mini CooperS in den 60er- und der Formel Super VW inden 70er-Jahren fand Poldi seine dauer-hafte Heimat als Profi bei BMW.

Als er sich mit 55 anlässlich des STW-Laufs im Oktober 1998 am Nürburgring alsRennfahrer verabschiedete, hatte er rund25 BMW-Jahre in allen möglichen Rennse-rien auf dem Buckel. Für die Weiss-Blauenfuhr er alles, was wichtig war und gute PRbrachte: DRM mit dem Gruppe-5-320, DRTmit dem M1, DTM mit dem M3, japanischeund deutsche STW mit dem 320i.

Dramatische Zwischenfälle gab es kaum– nur zweimal hat’s ihn arg gebeutelt.Beim Bergrennen Zotzenbach flog er samtMini Cooper «in den ersten Stock eines Ap-felbaums». Und 1994 bei den 24 Stundenam Nürburgring überholte er des Nachts,in Führung liegend, Jockel WinkelhocksBMW im freien Flug über dessen Dach undriss dem Schwaben dabei sogar die Schei-benwischer ab. Poldis M3 war platt, derChauffeur verletzt im Adenauer Spital.

«Aber am schlimmsten war», jammert er,«dass es mir beim Anprall meine goldeneRolex vom Arm gerissen hat und das teu-re Teil nie mehr aufgetaucht ist.» Was dasbayerische Blaublut sonst noch so alles er-lebt und angestellt hat, ist in seinem Best-seller «Ein Prinz erzählt» nachzulesen.

Am Samstag, den 21. Juni, feiert PrinzPoldi seinen 60. Geburtstag. SeitdemSchluss ist mit der professionellen Renne-rei, sehen ihn seine Gemahlin Uschi (dieer 1977 geheiratet hat), seine beiden Söh-ne Manuel (30) und Constantin (16) sowiedie Töchter Pilar (25) und Felipa (22) auchöfter mal zu Hause in Berg am Starnber-ger See.

Fad wird’s ihm trotzdem nie: Für BMWist Poldi als Botschafter unterwegs, ingleicher Mission repräsentiert er die Deut-sche Bank und Löwenbräu. Zu ein paar Old-timer-Events reicht die Zeit auch noch, da-runter die Mille Miglia als jährlichesPflichtprogramm (diesmal im BMW 328 mitCarl Gustav von Schweden als Co). Im Üb-rigen dürfte sein jüngster Spross dafür sor-gen, dass der Rennsport im Hause des Bay-ern-Prinzen ein Thema bleibt: «Der Con-stantin», erzählt Poldi stolz , «ist sehr ta-lentiert und lässt es im Kart richtig kra-chen. Ich hoffe, er wird auch mal BMW-Werkspilot.»

«Prinz Vollgas»

Das erklärte Lieblingsauto seiner Königlichen Hoheit: Poldi 1982 im M1

«Ein Prinz erzählt»: Poldi 2003Au weia: Poldi ’73 im Hippie-Look

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Freut sich auf möglichst viele «Klassentreffen»: Horst von Gundlach (90)

Presse-Pionier: von Gundlach ’62 Erstes Fachblatt: Automobilsport

Horst von Gundlach, engagierter Renn-und Rallyefahrer aus Essen und zwi-

schen 1953 und 1965 neunmal Sieger derRallye Wiesbaden, hat auf seine Art deut-sche Rennsport-Historie geschrieben. Dererfolgreiche Mercedes-300-SL-Pilot be-scherte dem Zeitschriftenmarkt ab März1961 mit dem Titel «Automobilsport» daserste Fachblatt in Deutschland.

Zusammen mit seiner ebenfalls rallye-fahrenden Ehefrau Ursula stand der adeli-ge Sportsmann der Monatspublikation alsFinanzier, Verleger, Herausgeber, Anzei-genakquisiteur und Chefredakteur in Per-sonalunion vor. Mitstreiter der erstenStunde waren überdies der Essener Hobby-Rennfahrer Friedhelm Slowik und ein be-geisterter Jung-Journalist.

Der Verkaufspreis betrug eine Mark, Um-fang und Anzeigenaufkommen warendünn, Papier- und Fotoqualität dürftig.Egal: Deutschland hatte seine Fachzeit-schrift. Obwohl das Blatt von der Fange-meinde gierig verschlungen wurde, stan-den die Erträge von Anfang an in krassemMissverhältnis zu den Kosten. Trotzdemhielt Initiator von Gundlach solange tap-fer durch, bis der Titel 1967 vom Dobler-Verlag übernommen und mit dem Fach-blatt «Rallye und Racing» verschmolzenwurde. In voller Schärfe entbrannte nun

auch die Kiosk-Schlacht mit dem MOTOR-SPORT-aktuell-Vorläufer «Powerslide» umdie Gunst der Leser.

Die Trennung von «seinem Blatt» warfür den Essener Pionier zwar schmerzhaft,aber viel schlimmer hatte ihn zuvor derUnfalltod seiner Frau getroffen. Trotzdemblieb er dem Sport als gefragter Instruk-tor und Referent treu. Der Nürburgringwurde für ihn zur zweiten Heimat – hierfeierte er seinen 80. Geburtstag, und hierwird der unverwüstliche Rennsportfan inein paar Wochen auch den 90. begehen.

Neben vielfältigen Engagements rundum den Rennsport arbeitete von Gundlachbis zu seiner Pensionierung vor 15 Jahrenals Automobilkaufmann im Essener VW-und Audi-Zentrum Schultz. Bis vor kurzemhat er sogar noch für seinen alten Arbeit-geber Autos überführt und ausgeliefert –quasi als Beschäftigungstherapie. Der rüs-tige Rentner lebt seit dem Tod seiner Fraualleine.

Nachdem sich eine neue Herzdame kurznach der Hochzeit als stramme Lesbierinoutete, schmiss er sie raus und beschloss,sein Leben fortan ohne weiblichen Bei-stand zu verbringen. Jetzt hat von Gund-lach nur zwei Wünsche: «Gesund bleibenund möglichst viele ‹Hallo, wie geht’s?-Klassentreffen› erleben.»

von Gundlach, Horst (MSa 11/2003)

Mr. Unverwüstlich

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von Hohenzollern, Ferfried Prinz (MSa 48/2003)

Ferfried Prinz von Hohenzollern, vonseinen Freunden kurzerhand «Pfaff» ge-

nannt, war neben Leopold Prinz «Poldi»von Bayern der zweite Vertreter des deut-schen Hochadels im Rennsport. Wie Poldibegann auch Blaublutkollege Ferfried Mit-te der 60er-Jahre mit seinen Umtriebenam Steuer von vorzugsweise BMW- undPorsche-Rennautos. Überhaupt haben diezwei Vollgas-Prinzen diverse Gemeinsam-keiten: Zum Beispiel das gleiche Geburts-haus in Umkirch bei Freiburg, eine gutePortion Fahrtalent, der ausgeprägte Hangzum Blödeln und eine ziemlich lockereEinstellung zu ihrem Sport. Wenn so einSpassvogel dann auch noch mit einemUrviech wie dem Österreicher Gerold Pankleine Fahrerpaarung im Werks-Alpina BMW2002 bildet, kann der Teamchef eigentlichnur noch resignieren und dem Unheilfreien Lauf lassen. Genau das hat Alpina-Chef Bovensiepen damals gemacht.

Und siehe da – die Spasstruppe gewann1971 die zweite Auflage der 24 Stundenam Nürburgring. «Was doch ein ziemlichklarer Beweis dafür ist», so der schnellePrinz, «dass hochgradiger Blödsinn denErfolg nicht unbedingt ausschliesst.» Unddavon hat der Hohenzollern-Spross inseiner relativ kurzen Laufbahn erstaunlichviel eingefahren, insgesamt rund 50 Siege.

Am wohlsten fühlte er sich auf Flugplätzenund in Hockenheim, wo er auch dengrössten Teil seiner Siege erkämpfte.Zugunsten von Studium und Beruf ver-abschiedete sich der Münchner 1972 fürimmer aus der Rennsport-Szene.

Seit 13 Jahren lebt der gelernte Juristin Berlin. Dort hat er 1999 zum dritten Malgeheiratet (seine erste Frau Angela lief zuSchauspieler-Freund Fritz Wepper über)und sich im Event-Marketing eine neueberufliche Existenz geschaffen. Seine viererwachsenen Kinder (drei Töchter, einSohn) haben ihn schon zum zweifachenGrossvater gemacht. Seine Frau Maja (32)hält ihn ordentlich auf Trab und lässt denPrinzen vergessen, dass er im Frühjahr2004 schon 61 wird. Trotz neuer Hobbys(Golfen und Kochen) ist die Rennerei nachwie vor ein Thema, wenn auch nur nochvor dem Fernseher.

Dort nimmt der Hausherr immer Platz,wenn Formel 1 und NASCAR zur Aufführungkommen. «Leider», bedauert er, «gibt eskaum noch Kontakt zu den Rennkumpanenvon früher.» Deshalb kann er es auch kaumabwarten, wenn sich die alte Garde am 6.Dezember zum Dunlop-MSa-Happening inEssen trifft. «Ich werde da sein», ver-spricht der Prinz, «und wenn ich auf allenvieren dorthin kriechen muss.»

Prinz Vollgas II

Triumph bei den 24 h Nürburgring: Hohenzollern/Pankl 1971 im Alpina-BMW

Kochen & Golf: von Hohenzollern 2003Racing & Fun: von Hohenzollern 1971

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Kontakt zur Basis: von Kahlen (2.v.l.) 1966 mit Weber, Schütz, Glemser

Sportpolitiker: von Kahlen 1966 CDU-Politiker: von Kahlen 2002

Sigismund von Kahlen prägte 34 Jahrelang als Lenker und Denker den deut-

schen Automobilsport. In die Amtszeit desehemaligen Geschäftsführers der Frankfur-ter ONS/DMSB-Zentrale fielen Aufbau undRealisierung so erfolgreicher Projekte wieDeutsche Rennsport-Meisterschaft (DRM),Olympia-Rallye, Formel-3-DM, Rettungs-Staffel, ONS-Nachwuchsförderung, DTModer die Modernisierung der angestaubtenMeisterehrung. Seit vier Jahren lebt der67-Jährige im Ruhestand und verfolgt dasnationale Renngeschehen aus seinem Hei-matstädtchen Auringen bei Wiesbaden viaFernseher und Printmedien.

Dabei ist ihm der klare Blick für die Rea-litäten als Pensionär keineswegs abhan-den gekommen. «Meinen Nachfolger beimDMSB beneide ich derzeit nicht unbe-dingt», gesteht von Kahlen. «Der Motor-sport befindet sich mal wieder in schwie-rigem Fahrwasser. Bis auf die DTM krän-keln fast alle deutschen Rennserien.»

Die Gründe für den Teilnehmer- und Zu-schauerschwund sieht der frühere Sport-politiker in der desolaten Wirtschaftslage,in Sparzwängen bei Industrie, Sponsorenund zahlendem Publikum und daraus re-sultierender Geldnot der Veranstalter. «Eingefährlicher Teufelskreis, der uns wohlnoch lange zu schaffen machen wird.»

Der CDU-Mann hat während des Ruhe-stands seine kommunalpolitischen Ambi-tionen wieder reaktiviert. Als CDU-Vorsit-zender und ehemaliger Bürgermeister vonAuringen steht er jetzt seinem Sohn Ale-xander (29) mit Rat und Tat zur Seite. Dennder Junior ist seit zwei Jahren ebenfallsOrtsvorsteher der 3000-Seelen-Gemeinde.Ehefrau Gerti, die ihren Sigismund 1970als ONS-Sekretärin schätzen und liebenlernte, wechselte nach der Hochzeit sinn-vollerweise den Arbeitgeber und ist seitmittlerweile einem Vierteljahrhundert Ge-schäftsstellenleiterin bei der Polizeige-werkschaft GdP.

Sorgen macht nur die Gesundheit desFamilienoberhaupts, der sich, kaum pen-sioniert, einer Bypass-Operation an derHalsschlagader und kurz darauf einerhochdramatischen Not-Operation (perfo-rierte Aorta in der Bauchhöhle) unterzie-hen musste. «Das war ziemlich knapp, umein Haar hätte mich der Sensenmann ge-schnappt.»

Inzwischen blickt von Kahlen mit neu-em Mut in die Zukunft. Traurig stimmt ihnindes die Tatsache, dass sich aus der DMSB-Zentrale seit Jahren keiner mehr meldet.Und Einladungen zur alljährlichen Meister-ehrung erreichen ihn auch nicht mehr –ein wahrlich schwaches Bild.

von Kahlen, Sigismund (MSa 36/2003)

Der Sportpolitiker

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Porsche über alles: Wallrabenstein (r.) 1963 mit dem 1600er-Carrera

1967: Erfolg in Rallyes und Rennen 2003: Erfolg in Bananen und Börse

Günther Wallrabenstein kann mit Rechtbehaupten, die schönsten und unbe-

schwertesten Jahre des Rallyesports mit-erlebt zu haben. Zusammen mit seinen Co-Piloten Exner, Stock, Herborn und Säckelerschreckte der Limburger GeschäftsmannDeutschlands und Europas Rallye-Elitezwischen 1960 und 1970 vorzugsweise inPorsche Carrera und 911ern. Zwischen-durch gab es auch Abstecher ins BMW-Werksteam und zu Oettinger-VW.

Die Ausbeute dieser zehn Jahre konntesich sehen lassen: Deutscher GT-Meister1962, Mitropa-Cup-Champion. Monte-Car-lo-Klassensieger im VW-Käfer, dreimal Ge-samtsieger der Semperit-Rallye und zwei-mal Gewinner der berüchtigten österrei-chischen Alpenfahrt.

Obwohl Wallrabenstein vom damaligenBMW-Sportchef Helmut Bein sogar ins Ral-lye-Werksteam berufen wurde und dortauch seine Karriere beendete, galt seinegrosse Liebe stets der Marke Porsche. Soholte er sich den grössten Teil der rund100 Siege am Steuer seiner insgesamt fünf911 und drei Carrera. Über ein ärgerlichesMissgeschick lamentiert der Hesse aller-dings noch heute: Bei der Rallye Genf zer-legte er auf der Mont-Blanc-Prüfung denbildschönen 904 GTS, mit dem Böhringer/Wütherich bei der denkwürdigen Rallye

Monte Carlo 1965 im Tiefschnee sensatio-nell auf den zweiten Rang gefahren waren.

Auch Berg- und Flugplatzrennen nahmder «Bananenbieger» (so sein Branchen-spitzname) mit Begeisterung und Erfolg inAngriff. Besonders wohl fühlte sich derChef eines der grössten Bananen-Reiferei-Betriebes Deutschlands auf der Nürburg-ring-Nordschleife. «Das ist was für richti-ge Männer, nix für Weicheier.»

Inzwischen hat sich FamilienmenschWallrabenstein, seit über 40 Jahren ver-heiratet, zwei erwachsene Töchter, zweiEnkelkinder, längst der Fliegerei verschrie-ben. Regelmässig geht er mit seiner grün-gelb lackierten «Beach Bonanza» in dieLuft. Und von Ruhestand noch keine Spur– noch immer leitet der heute 70-Jährigegemeinsam mit seinem Bruder die Ge-schäfte (pro Woche reifen in seinem Be-trieb bis zu 300 Tonnen grün angelieferteBananen aus Mittel- und Südamerika).

Kontakt zum Rennsportgeschehen hälter über die Giessener Rallye-Clique und denehemaligen Dunlop-Renndienstchef Ger-hard Weber. Neben der Fliegerei ist die Bör-se übrigens sein zweites grosses Hobby.Beinahe triumphierend stellt der alteSchlaufuchs klar: «Mein Aktiendepot hab’ich noch rechtzeitig geleert, bevor diegrosse Talfahrt begann.»

Wallrabenstein, Günther (MSa 05/2003)

Der Bananenbieger

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«Zwischen Entsetzen und Gottesfurcht»: Werner/Feltz ’81 im Taunus 3.0S

Immer voller Einsatz: Werner 1981 Drucken statt Driften: Werner ’03

Michael Werner hat nie seine Enttäu-schung darüber verheimlicht, dass er

im Rallyesport gerne weiter vorgekommenwäre. Sein Pech war, dass bei Ford Kölnstets mit schmalem Budget und kaum sieg-fähigen Autos operiert wurde. Sein Glück,dass es unter den Sportchefs Mike Krane-fuss und Lothar Pinske in den 70er- und80er-Jahren überhaupt Rallyeprogrammegab. Anfangs diente Werner als Copilot,danach prügelte er 13 Jahre als «ewigesTalent» fast die ganze Ford-Palette überStock und Stein. «Nur der Transit blieb mirerspart», merkt er sarkastisch an.

Seine Copiloten mussten nervenstarkeTypen sein, schon allein wegen der zahl-reichen Landungen im Abseits. «Aber ichhabe weniger Autos platt gemacht als AriVatanen», stellt Werner klar. Vier Beifah-rer wiesen ihm den Weg, darunter ArwedFischer, der unvergessene Egon Meurer undRechtsanwalt Matthias Feltz. Letzterer er-zählt noch heute respektvoll von Wernersakrobatischen Künsten mit dem schwerge-wichtigen Taunus 3.0 S, auf dessen Dachmal aus Jux ein Taxischild prangte. «MeinGemütszustand schwankte meistens zwi-schen Entsetzen und Gottesfurcht», soFeltz. «Gelegentlich war ich mir nicht si-cher, ob ich meine Kanzlei noch mal le-bend sehen würde.»

Immerhin gelangen dem Duo mit demunhandlichen Schlachtschiff verschiedeneGruppen- und Klassensiege. Seine gröss-ten Erfolge feierte Werner mit den Escort-Typen RS2000, RSi und RS Turbo, dazu er-reichte er die Vizemeisterschaft in der Ral-lye-Trophäe und Platz 3 in der DM. Im Jah-re 1989 beendet der Kaufmannssohn ausdem oberpfälzischen Kemnath seine Ral-lye-Laufbahn, nachdem sein Vater plötz-lich starb und Werner nun die elterlicheDruckerei übernehmen musste.

Heute kümmert sich der 49-Jährige «alsImpressario um alles» in dem kleinen Fa-milienbetrieb, den er komplett umgekrem-pelt und modernisiert hat. Die knappe Frei-zeit verbringt er mit seiner Lebensgefähr-tin Susanne und gelegentlichen Konzert-und Theaterbesuchen. Aus Zeitmangelkann er sich pro Saison nur ein bis zweiRallyes persönlich vor Ort ansehen, für dengrossen Rest müssen der Fernseher undMOTORSPORT aktuell herhalten.

Ein Gehfehler als Spätfolge eines drei-fachen Überschlags im Taunus 3.0 S beider Rallye Vorderpfalz 1981 erinnert ihndauerhaft an seine wilden Rallye-Jahre.Aber Michael Werner hadert nicht: «Es gibtnichts zu bereuen, ich habe Ford viel zuverdanken und meine Möglichkeiten ge-nutzt, so gut es eben ging.»

Werner, Michael (MSa 40/2003)

Das ewige Talent

Winkelhock(folgt seperat)


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