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denkmal aktiv - leseprobe.buch.de · Arbeitshefte des Brandenburgischen Landesamtes für...

Date post: 26-Aug-2019
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denkmal aktiv 2015–2017 Arbeitshefte des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologischen Landesmuseums 2017 Fotoreportagen von Schülerinnen und Schülern der Medienschule Babelsberg Eine Dokumentation der Ausstellungen im Archäologischen Landesmuseum Brandenburg 46
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denkmal aktiv 2015–2017

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2017

Fotoreportagen von Schülerinnen und Schülern der Medienschule Babelsberg

Eine Dokumentation der Ausstellungen im Archäologischen Landesmuseum Brandenburg

46

Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum

Fotoreportagen von Schülerinnen

und Schülern

der Medienschule Babelsberg

denkmal aktiv 2015–2017

Arbeitshefte des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologischen Landesmuseums, Nr. 46 (2017)

Diese Publikation zeigt die Ergebnisse von Schüler projekten, wir bitten etwaige Unstimmigkeiten als Teil des Lernprozesses zu entschuldigen.

Titelbild Die historische Glocke und Kreuze des Hinter eingangs der Alten Neuendorfer Kirche (Fotografie von Monica Palau-Tribo)

Rückseitenbild Das Lichtspieltheater »Scala« in Werder (Fotografie von Till Hintersdorf )

Herausgeber Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum Landeskonservator Dr. Thomas Drachenberg Wünsdorfer Platz 4 – 5 D – 15806 Zossen (Ortsteil Wünsdorf )

Redaktion Thomas Hammer und Jorinde Bugenhagen

© 2017 Sandstein Verlag, Dresden www.sandstein-verlag.de

Printed in EU

ISBN 978-3-95498-355-1

Inhalt

5 Vorwort Landeskonservator Dr. Thomas Drachenberg, Schulleiter Dirk Randolff

Fotoreportagen 2015 – 2016: Suburban Tales – Denkmalgeschichten aus der VOR stadt

8 Die Ruinen-Landschaft Beelitz-Heilstätten

12 Das ehemalige Konzentrationslager Ravensbrück

16 Das Olympische Dorf 1936

20 Die Patent-Papierfabrik in Hohenofen – Ein magischer Ort

24 Das Alte Wasserwerk in Berlin Köpenick

28 Ein Kleinod – Die evangelische Kirche in Helle

32 Der Bücker Flughafen Rangsdorf

36 Das »Scala« Kino Werder – Ein Denkmal mit Zukunftsplänen

40 Das Schloss Bagenz

44 Der ehemalige Hauptbahnhof von Neuruppin

48 Die Stadtkirche Ludwigslust

52 Die Dresdner Schwebebahn

Fotoreportagen 2016 – 2017: Gotteshäuser und sakrale Denkmale

56 Viel guter Holunder – Die Feldsteinkirche in Bestensee

60 Die Zionskirche in Berlin

64 Die Rumpiner Dorfkirche – Eine Kirche mit Geschichte

68 Die Dorfkirche zu Göhlsdorf

72 Die Kirche in Basdorf

76 Das Buddhistische Haus in Berlin

80 Das Zisterzienserkloster Neuzelle

84 Eine Reise in die Vergangenheit – St. Sebastian Kirche in Baruth

88 Die St. Johanniskirche in Brandenburg an der Havel

92 »Graffiti mal anders« – Die Kirche Meßdunk

96 Die Nikolaikirche in Forst (Lausitz)

100 Das Wunder von Potsdam – Die Alte Neuendorfer Kirche

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Das Olympische Dorf 1936Fotoreportagen 2015 – 2016: Suburban Tales – Denkmalgeschichten aus der VORstadt

Der 28. 10. 2015 ist einer der letzten wunderschönen Herbsttage des Jahres, ich fahre in das kleine Städtchen Elstal in der havelländischen Gemeinde Wustermark. Nur Wenige wissen, dass sich hier einer der ge-schichtsträchtigen Orte des Deutschen Sports befindet: Das Olympische Dorf von 1936. Es ist nahezu ausgestor-ben, als ich das 540 000 m² große Gelände des Olym-pischen Dorfes betrete. Seit 2004 steht es unter Denk-malschutz, es wurde von der DKB Stiftung gekauft. Das Olympische Dorf war von Beginn an für zwei Zwecke geplant: Zunächst war es eine Unterkunft für die Sport-ler der Olympischen Sommerspiele von 1936, scheinbar ein Ort des Olympischen Geistes und der Völkerverstän-digung und später eine Infanterieschule und Unterkunft des Lehr regimentes der Reichswehr.

Noch ehe ich mir weitere Gedanken zum Dorf machen kann, beginnt auch schon die Führung durch das Gelän-de, mit Bernd Redder. Nach der Wende hat er begonnen, sich »ausführlich mit dem Thema zu beschäftigen, um sich seine eigenen Gedanken über diesen Bau und die Ent wicklung des Dorfes zu machen und die damit ver-bundene Frage nach einer sinnvollen Nachnutzung zu klären«. Er wünscht sich, dass das Olympische Dorf so erhalten bleibt, der Zuspruch sei sehr gut und er sei stolz darauf, immer wieder Führungen machen zu dürfen. Wir erkunden das Gelände und beginnen im Norden an der Turnhalle, über die Sportlerunterkünfte im Zentrum des Dorfes, der Schwimmhalle, dem Hindenburghaus über die Bastion zum Speisehaus der Nationen im Nordwes-ten. Vieles steht nicht mehr, unter anderem das Emp-

fangs gebäude an der ehemaligen Reichsstraße, der See, wo einst importierte Wasservögel aus dem Berliner Zoo schwammen, ist längst verlandet. Das Dorf wurde vom Architekten Werner March entworfen und innerhalb von zwei Jahren gebaut. Die Sportlerunterkünfte erhielten Namen Deutscher Städte, im Gelände ausgerichtet an der Geographie des Deutschen Reiches. 100 000 m3 Erd-reich wurden verschoben, tausend Kiefern, Eichen und Birken verpflanzt.

Die Spiele fanden vom 1. bis zum 16. August 1936 mit 4 000 Teilnehmern aus 50 Nationen statt. Das Dorf war eine kostengünstige Unterkunftsmöglichkeit für die männlichen Sportler. Die strengen Moralvorstellungen untersagten es jeder Frau, das Gelände zu betreten. Die mehreren hundert Sportlerinnen wurden deshalb unweit des Olympiastadions untergebracht. Herr Redder erzählt mir, dass das Dorf ziemlich modern war: man konnte nicht nur »in alle Welt telefonieren. Man hatte hier die erste Fernsehstube, die es in Deutschland zu der Zeit gab.«

Die schon mitgeplante Nachnutzung sei auch der Grund für die Standortfrage gewesen, »eine militärische Einrich-tung in der Nähe des Olympiastadions würde mit den Statuten einer olympischen Anlage nicht übereinstim-men«.

Beim Anblick des leeren Dorfes frage ich mich, wie es hier weitergehen soll. Man hat vor, die noch verbliebenen Gebäude des historischen Olympischen Dorfes zu erhal-ten. Im Speisehaus der Nationen sollen Eigentums-wohnungen eingebaut werden, der Charakter und die Ansicht sollen dabei erhalten bleiben. Um das Speisehaus herum sollen weitere Wohnblöcke aufgebaut werden. Aufgrund des Denkmalschutzes wird es jedoch keine tief-greifenden Veränderungen der ursprünglichen Gebäude geben, um diesen geschichtsträchtigen Ort zu erhalten.

Das Olympische Dorf 1936

Fotoreportage von Rebecca Freund

Haus der Nationen: Innenhof

Olympisches Dorf: die Sportlerheime »Dessau«, »Dresden«, »Schandau« und »Zittau«

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Das Olympische Dorf 1936Fotoreportagen 2015 – 2016: Suburban Tales – Denkmalgeschichten aus der VORstadt

Die Schwimmhalle wurde 1993 durch Brandstiftung stark beschädigt

Die Sporthalle

Speisehaus der Nationen: einer von 38 Speisesälen

Herr Redder führt ehrenamtlich Gruppen durch das Olympische Dorf

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Das »Scala« Kino Werder – Ein Denkmal mit Zukunftsplänen Fotoreportagen 2015 – 2016: Suburban Tales – Denkmalgeschichten aus der VORstadt

»Scala«, das ist ein Ort mit einer Bühne für Kultur: The-ater, Musik und Film.

Gösta Oelstrom, Berliner, und sein Bruder Timo Stücker, Hamburger, haben es in der Hand, das »Scala« Kino in Werder. Ein Kulturpalast als Satellit unweit von Pots-dam.

Die beiden Brüder hauchen dem 75 Jahre alten Kino mit einer Menge Ideen und Engagement einen zeitgenössi-schen Geist ein. Erbaut wurde es 1940 von den Natio-nalsozialisten vor allem als Propaganda-Instrument. Es hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich und steht unter Denkmalschutz, weil es bemerkenswert vollständig original erhalten ist.

Das »Scala« Kino Werder – Ein Denkmal mit Zukunftsplänen

Fotoreportage von Till Hintersdorf

Oelstrom meint zu mir beim Kaffee im werdenden »Me-diencafé«, dem alten Kinofoyer: »Man muss ganze Dach-balken austauschen und Grundmauern sanieren und es wird sich nie rechnen im Endeffekt.« Er schmunzelt da-rüber und erzählt mir von dem Liebe-auf-den-ersten-Blick-Moment, als er den alten Kinosaal zum ersten Mal betrat. Man kann zwar von einem neuen guten Segen sprechen, der nun in das Haus Einzug genommen hat, doch auch mit rosaroter Brille erkennt man die marode Bausubstanz. Aber das war den Brüdern von vornherein klar. So merkt man schon auf der zweiten Stufe der Frei-treppe am Eingang zum Foyerbau: hier tut sich was! Seit zwei Jahren hängen hier wieder ak tuelle Plakate für Kon-zerte, Kinoabende, gemeinsames Tatort-Gucken auf der großen Leinwand, Brunch, Geburtstagsfeiern und vieles

mehr. »Das Programm ist lang, jedoch fällt es uns noch schwer, unser Kino in kurzer Zeit in Werder zu etablie-ren«, so Stücker, der sich vor Kurzem in einer kleinen Wohnung in Werder eingemietet hat. Oelstrom und des-sen Freundin wollen ebenfalls schnell nach Werder um-siedeln. Schließlich ist Oelstrom nur auf das »Scala« ge-stoßen, weil er mit seiner Freundin nach einem neuen Wohnsitz mit Platz für Nachwuchs gesucht hatte. Als die Brüder im Juli 2015 das Kino von einem ehemaligen Kinotechniker gemietet haben, ging es daran, Startkapi-tal zu sammeln. Oelstrom gründete eine Firma, um För-derungen zu erhalten und von der Stadt Unterstützung zu bekommen. Jedoch kann die Stadt Werder keine pri-vatwirtschaftlichen Unternehmen sponsern. Auch das Crowdfunding-Filmprojekt war weniger erfolgreich, als gedacht. Schlechte Aussichten für die Brüder in Werder, wo neben der Baumblüte ein mageres Kulturprogramm vorherrscht. Trotzdem gibt es einen Lichtblick, wie Oel-strom in einem Telefonat vor unserem Gespräch erfahren hatte. Da eine hohe Zuzugsrate in Werder verzeichnet

wird, sind die meisten Angebote für Kinder häufig aus-gebucht und überlaufen. Was bedeutet, dass die Stadt Werder den »Scala« Kulturpalast für Kinderprogramme subventionieren möchte. Somit ist das Startkapital da, um Dinge wie einen dringlich notwendigen 50 000 Euro teuren Beamer zu finanzieren, sobald sich alles eingepe-gelt hat. Schließlich steckt eine Menge Potenzial in dem ehemaligen »Fontane Lichtspiele«. Der Keller ist bis zur Decke mit alten Filmrollen gefüllt, welche nur darauf warten, restauriert zu werden. Der alte Kinosaal ist mit den bequemen Originalsitzen und den mit Samt bespann- ten Saalwänden erhalten.

Das Lichtspieltheater »Scala« in Werder

Der Kinosaal mit originalem Interieur

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Das »Scala« Kino Werder – Ein Denkmal mit Zukunftsplänen Fotoreportagen 2015 – 2016: Suburban Tales – Denkmalgeschichten aus der VORstadt

Timo Stücker und Gösta Oelstrom, die stolzen Betreiber des »Scala« Kinos

Eine der 6 Logen mit bequemen Samtsesseln

Filmrollen über Filmrollen

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Das Schloss Bagenz Fotoreportagen 2015 – 2016: Suburban Tales – Denkmalgeschichten aus der VORstadt

Im Südosten Brandenburgs, von tiefen Wäldern und weitem Weideland umgeben, liegt der Ort Bagenz. Dort befindet sich, ein wenig versteckt und abseits der Dorf-straße gelegen, ein altes Herrenhaus, welches von den Bagenzern und Bewohnern der umliegenden Dörfer schlicht, aber liebevoll »Das Schloss« genannt wird. Fragt man die Anwohner nach dem Gebäude und der Lage, so fällt oft das Wort »märchenhaft«; ein Ausdruck, der es tatsächlich gut trifft. Den Charme des alten Gebäudes spürt man schon vor den schweren Toren, welche zusam-men mit verwitterten Mauern und wilden Sträuchern das Anwesen schützend um geben. Hinter dem Herrenhaus befindet sich der weitläu fige Park, in welchem alte Ei-chen und Kastanien wachsen, manche schief von starken Stürmen, manche höher als die Türme des Gebäudes.

Das gesamte Anwesen umgibt einen Charme der Ver-wahrlosung, welcher paradoxerweise auf seine ganz eige-ne, verlorene Weise anmutet. Und dennoch … vor nicht allzu langer Zeit war es ein sehr lebhafter Ort und ein beliebtes Ausflugsziel. Sieht man genau hin, so findet man in jedem Winkel Fragmente von der wechselvollen Historie des Gebäudes. Bruchstücke der vergangenen Stilepochen vermischen sich zu einem kleinen Zeugnis eines ganzen Jahrhunderts; von Art Déco-Stuckleisten und bunten Bleiglasfenstern über 60er-Jahre Buffets, bis hin zu modernstem Gastronomiezubehör erzählt jedes der über 50 Zimmer des Hauses seine eigene Geschichte.

Im Auftrag des pommerschen Adelsherrn Otto von Rhein wurde das Herrenhaus im Jahr 1910 im neobaro-

cken Stil erbaut. Zeitgleich wurden Teile des Waldes ge-rodet und ein Schlosspark angelegt. Der spätere Besitzer, auch ein Herr von Rhein, war seinerzeit ein bekannter Tuchmacher und gab in den vielen mit kunstvollen Stuckarbeiten und aufwendigen Wandmalereien ausge-statteten Zimmern und Salons der unteren Etage groß-zügige Gesellschaften. Da die Familie von Rein jüdischer Herkunft war, flüchteten sie vor dem NS-Regime, was ihre Enteignung und einen vorübergehenden Leerstand zufolge hatte. Danach wurde das Herrenhaus zu einem Müttererholungsheim für gutbetuchte Frauen umfunk-tioniert. Ein erheblicher Teil des Umbaus und des Inven-tars aus dieser Zeit ist noch erhalten. So befinden sich in der zweiten Etage zum Beispiel in der Wand eingearbei-tete Schränke aus Zedernholz, in denen bis heute weiße Laken und Dienstbotenkleider lagern, einst liebevoll ge-ordnet und dann vergessen. Eveline, meine Begleiterin, erklärte mir, dass – so man genügend Geld dafür aufbrin-gen konnte – man zu damaligen Zeiten häufig Zedern-

holz für Schränke verwendete, da es zeitlos und resistent gegen Feuchtigkeit ist. Einige Jahre später wurde es zu einem öffentlichen Hotel. Nach dem Mauerfall im Jahr 1989 beherbergte das Schloss bis Anfang der 2000er-Jah-re eine Gaststätte. Nach deren Auszug begann der lang-same Verfall des Anwesens und des Schlossparks. Halb heruntergerissene Tapeten mit großen Mustern hängen vergilbt von den feuchten Wänden, manche Teile des oberen Stockwerkes darf ich mir nur von weitem aus ansehen, zu groß wäre die Einsturzgefahr. Mit jedem Re-gen und jedem Winter stirbt das Märchen ein bisschen mehr, denke ich, als ich gehe.

Das Schloss Bagenz

Fotoreportage von Amy Weißköppel

The Estate

[ohne Titel] Stored Memories

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Das Schloss Bagenz Fotoreportagen 2015 – 2016: Suburban Tales – Denkmalgeschichten aus der VORstadt

Low and Moody

Room with a View

Sin and Redemption

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Fotoreportagen 2016 – 2017: Gotteshäuser und sakrale Denkmale

Die Zionskirche in Berlin

Fotoreportage von Franziska Schubbe

Vor wenigen Minuten noch im aufgewühlten Trubel von Berlin, treibt es mich weiter zum Zionskirchplatz, und ich erblicke die zweifarbige Ziegelstein-Fassade der Zions kirche. Es handelt sich um einen kreuzförmigen Kirchenbau, geprägt durch den Stil der Neoromanik. Der Architekt ist August Orth. Der Hügel, auf dem sie 1873 erbaut wurde, war im 17. Jahrhundert eine der höchsten Erhebungen Berlins, ein alter Weinberg.

Ich trete über die Schwelle der Zionskirche. Gegen die Eingangspforte gelehnt, lasse ich etwas Tageslicht in den dunklen Eingangsbereich, in dem Bücher, Brötchen und selbstgemachte Marmelade verkauft werden. Ich gehe weiter, öffne die Tür zum Kirchenschiff und es offenbart sich mir eine hell erleuchtete, prachtvolle Räumlichkeit. Mit Bedacht schreite ich durchs Mittelschiff. Mir fallen die massiven, dunklen Bänke mit roten Kissen ins Auge, die sich von der sonst so hellen Kirche abheben. An den massiven Wänden erleuchten die bunten Maßwerkfens-ter den Raum. Nicht nur die prunkvollen Farben, die die Sonne durch die gigantischen Fenster im Innern erstrah-len lässt, sondern auch die sechs Türen, von denen der Raum umgeben ist, verleihen ihm eine dynamische Weite. Die maroden Wände, konträr zur frisch sanierten grünen Decke, machen die zwei Jahrhunderte, die mich von ihrer Erbauungszeit trennen, sichtbar. Und so scheint der Putz schon beim bloßen Betrachten abzubröckeln. Auch die zwei Brandbomben, die im Zweiten Weltkrieg einschlugen und Altar sowie Orgel zerstörten, hinter-ließen ihre Spuren.

Heute steht die Zionskirche unter Denkmalschutz und erhielt 2015 von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD) bereits ihren siebten Fördervertrag.

Mein Schritt verlangsamt sich und endet schließlich vor dem Altar und der Kanzel, eine Stelle, so sagt man mir, an der schon Rockmusiker aufgetreten sind. Den Kir-chenraum entlang läuft eine Empore, die Studenten ge-rade als Kulisse für ihren Film nutzen. Außerdem entde-cke ich eine Ausstellung von Portraits und nicht zuletzt

die große Orgelempore. Beeindruckt von der Architektur vergesse ich fast, dass die eigentliche Faszination vor al-lem auch ihrer politischen Geschichte geschuldet ist. Man erzählt mir, die Zionskirche diente als Sprachrohr der Presse und Meinungsfreiheit zu DDR-Zeiten. Unter ihren scheinbar fragilen Deckengestellen war die einzige Druckerei untergebracht, welche keinerlei staatlicher Kontrolle unterworfen war. Hier wurden in der DDR verbotene Schriften und Flugblätter gesammelt und be-reitgestellt.

Ich steige die fast senkrechte Wendeltreppe des 67 m ho-hen Kirchturms empor. Er dient als Aussichtspunkt. Von hier oben habe ich nicht nur einen herausragenden Blick auf die drei Straßen, die sich am Zionskirchplatz bün-deln, sondern auch auf die Oberseite der beeindrucken-den Deckengewölbekonstruktion.

Die Zionskirche ist eine evangelische Kirche in der »Rosenthaler Vorstadt« in Berlin. Sie gehört zur Kirchengemeinde am Weinberg. Ein Kreuz aus Schatten.

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Die Zionskirche in BerlinFotoreportagen 2016 – 2017: Gotteshäuser und sakrale Denkmale

Ein Blick von der Empore.

Die eingewölbte Decke mit ihrer gut erkennbaren Sternstruktur.

Die Konstruktion der Kirchendecke von oben. Erreichbar durch eine kleine Wendeltreppe, die zum Kirchturm führt.

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Fotoreportagen 2016 – 2017: Gotteshäuser und sakrale Denkmale

Die Kirche in Basdorf

Fotoreportage von Jonas Goldmann

Die Dorfkirche in Basdorf befindet sich am Ende des Dorfes und liegt dort ganz unscheinbar auf einem Anger. Sie ist für mich ein »Haus Gottes« mit persön-licher Bedeutung, denn dort wurde ich auf meine Konfirmation vorbereitet und besuchte zahlreiche Gottesdienste. Dass ich mich schließlich für dieses Gebäude als Beitrag für das Projekt »denkmal aktiv« entschied, liegt, denke ich, auf der Hand. Es war so-zusagen ein Heimspiel. Ich kannte mich bestens aus und hatte somit schon eine genauere Vorstellung be-züglich der Umsetzung der Reportage. Als ich auf mei-ne Anfrage hin eine positive Rückmeldung aus dem Pfarrbüro der Gemeinde erhielt, stand der Sache also nichts mehr im Weg.

Ich wusste, dass ich von außen unbedingt den neugoti-schen Staffelgiebel, den Kirchturm mit geschweifter Ba-rockhaube und das geschichtsträchtige Kirchenschiff zeigen wollte.

Innen gab es jedoch weitaus mehr interessante Kirchen-bestandteile, die ich mir festzuhalten vorgenommen hat-te. Zum einen gab es da den kleinen aber beschaulich verzierten Altar und die ebenso unscheinbare, dennoch besondere Orgel, zum anderen gab es die Kirchenglocken im sanierten Kirchturm, zu dem der Zutritt für normale Besucher verboten ist.

Die in dem seit 2011 eingebauten Falkenhorst nistenden Turmfalken waren der Grund für die Auszeichnung »Le-bensraum Kirchturm« durch den NABU .

Ich genoss das Privileg, den Turm betreten zu dürfen, allerdings nur in Begleitung der Küsterin der Gemeinde Basdorf. Sie war es auch, die mir die Erlaubnis und Mög-lichkeit gab, die Kirche zu fotografieren. Und über sie habe ich auch einen Termin bekommen, an dem ich den Pfarrer portraitieren konnte.

Technische Probleme gab es dank meiner zu diesem Zeit-punkt neu erworbenen Ausrüstung nicht, ganz im Ge-

genteil: ich wurde bei dieser Aufgabe in Erstaunen ver-setzt, als mir die Möglichkeiten klar wurden, die mir diese Kamera bietet.

Alles in allem hat es mir viel Spaß gemacht, die schönen und interessanten Facetten meiner Dorfkirche foto-grafisch festzuhalten. Ich hoffe, ich bringe sie Ihnen in dieser Fotoreportage etwas näher.

Die Ostseite der Kirche Neugotischer Staffelgiebel

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Die Kirche in BasdorfFotoreportagen 2016 – 2017: Gotteshäuser und sakrale Denkmale

Der barocke Altar

Im Kirchturm

Pfarrer Preisler

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Die Nikolaikirche in Forst (Lausitz)Fotoreportagen 2016 – 2017: Gotteshäuser und sakrale Denkmale

Die Nikolaikirche in Forst (Lausitz)

Fotoreportage von Anuugin Anna Dolores Schendel

Die Fotoreportage sollte die Thematik »Gotteshäuser« behandeln. Zunächst war ich sehr enttäuscht darüber, aber meine Meinung hat sich im Laufe des Projektes ge-ändert.

Ich habe mich mit der evangelischen Stadtkirche in Forst (Lausitz), meiner Heimatstadt, auseinandergesetzt. In der Folge habe ich Kontakt mit der Kirchengemeinde in Forst aufgenommen und wurde zu Herrn Christoph Lange, dem Pfarrer der Kirche, weitergeleitet. Wir haben schnell einen Termin für das Fotografieren und für ein Interview vereinbaren können.

An einem Samstagmorgen war es dann so weit, und Herr Lange und ich haben uns in der Kirche getroffen. Ob-wohl ich in Forst aufgewachsen bin und die Kirche schon sehr lange kenne, war ich tatsächlich noch nie innerhalb des Gebäudes.

Ich war erstaunt über den schönen, großen Innenraum. Wir haben das Projekt mit einer Führung durch die gan-ze Kirche begonnen, wobei ich viele interessante Dinge erfahren habe, zum Beispiel, dass es dort mehrere Grüfte gibt, zwei sind zugänglich: Man kann sich die Ruhe-stätte des Heinrich von Brühl und derer von Bieberstein

ansehen. Eine der Ruhestätten ist sogar unterirdisch und wird einmal im Jahr geöffnet. Außerdem ist hinter dem Altar der einzigartige Vorhang aus Glas zu finden, wel-cher mit drei Fensterscheiben zusammen vom zeitgenös-sischen Künstler Helge Warme gefertigt wurde. Die far-bigen Altarfenster zeigen Tuchmotive und sollen an den Wohlstand und Reichtum erinnern, die durch den Gra-fen von Brühl mit der Tuchherstellung in die Stadt ge-bracht wurden.

Der Vorhang besteht aus 144 verschiedenen Glasplatten, die versetzt von der oberen Goldstange herabhängen, womit Bewegung in die Fläche gelangt. Das Licht wird unterschiedlich reflektiert und gespiegelt. In dem Vor-hang sind Glas, Metall und 25 Karat Blattgold eingear-beitet und er besitzt ein goldenes Tuch aus Messing mit Echtvergoldung.

Eine andere Besonderheit der Nikolaikirche ist die Eule- Orgel, welche 1958 zunächst ohne Rückpositiv in Be-

trieb genommen wurde. Im Jahr 1960 wurde das Instru-ment um ein Rückpositiv erweitert. Bei der Generalüber-holung im Jahre 2002 erfuhr die Orgel weitere Verände-rungen und wurde 2006 durch den Einbau zweier elek-tronischer Tremulanten für das Schwellwerk des Rück-positivs nochmal erweitert. Ihre besondere Wirkung entfaltet die Eule-Orgel nicht nur wegen ihrer Klangviel-falt, sondern auch durch die Form des Kirchenschiffes und die daraus entstehende gute Akustik. Außerdem verfügt die Kirche über eine Schwerhörigenanlage.

Viele Teile des Gebäudes wurden aufwendig moderni-siert und restauriert, da die Kirche insgesamt sechs Brän-den zum Opfer fiel. Der mittelalterliche Vorgängerbau stammt aus der Mitte des 13. Jahrhunderts. Der heute noch vorhandene Bau entstand um 1400 und die letzte Erneuerung geschah in Form der Neugestaltung des Al-tarraums im Jahr 2013. Trotz vieler Schicksalsschläge wurde die Kirche stets mit großer Sorgfalt behandelt und erblüht nun in ihrer vollen Pracht.

Die Kirche als Zentrum der Stadt

Blick zur Orgel

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Die Nikolaikirche in Forst (Lausitz)Fotoreportagen 2016 – 2017: Gotteshäuser und sakrale Denkmale

Der Altar

Ruhestätte derer von Bieberstein Der Pfarrer

9 783954 983551

Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hat im Rahmen des denkmal aktiv Schulprogramms von 2015 bis 2017 Projekte der Medienschule Babels-berg gefördert. Der vorliegende Bildband präsentiert eine Auswahl der entstandenen Fotoreportagen.

Die Themengebiete der Reportagen sind in zwei Teile gegliedert: Im Schul-jahr 2015/16 ging es um Denkmale jenseits der historischen Ortskerne, und im folgenden Schuljahr standen Gotteshäuser und sakrale Denkmale im Mittelpunkt. Im Rahmen des Unterrichts und in freier Projektarbeit sind beein druckende Bilder entstanden, die den individuellen Blick der Schüle-rinnen und Schüler auf die Welt der Denkmale zeigen. Unter den entspre-chenden Objekten befinden sich die idyllische Dorfkirche, die stillgelegte Fabrik auf dem Lande, das ehemalige Konzentrationslager oder auch das wiederbelebte Kino in der Kleinstadt.


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