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Liebherr-Aerospace Neues aus dem Unternehmen | S. 12 - 21

Kundenservice Die Weiterentwicklung von MRO-Services | S. 22

Die Firmengruppe Liebherr Wenn Ideen Form annehmen | S. 46

Aerospace 2020 / 2021

2 Aerospace 2020 / 2021

Nicolas Bonleux, Francis Carla, Alex Vlielander, Martin Wandel, François Lehmann (von links nach rechts)

3Aerospace 2020 / 2021

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,beim Lesen dieses Magazins erhalten Sie einen Einblick in die faszinierenden Projekte, die wir für und mit unseren Kunden gemeinsam umsetzen dürfen: Wir sind stolz darauf, dass wir daran mitwirken, Flugzeuge umweltfreundlicher und leistungsstärker zu machen.

Trotz der zahlreichen Erfolge, die wir in diesem Magazin mit Ihnen teilen möchten, müssen wir auch berücksichtigen, was während der Erstellung des Magazins zu Beginn des Jahres 2020 geschehen ist. Unsere Welt steht einer noch nie dagewesenen Heraus-forderung gegenüber: dem Coronavirus. Dieses hat weitreichende Auswirkungen auf die Gesundheit vieler Menschen, auf unser privates und berufliches Leben sowie auf die Wirtschaft. Die Flugzeugbranche ist einer der am härtesten betroffenen Bereiche.

Durch das unermüdliche Engagement unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weltweit konnten wir die Gesundheit und Sicherheit unserer Belegschaft so gut wie möglich schützen, während wir auch unsere Kunden und Partner in den letzten Monaten weiterhin unterstützt haben. Um diese Turbulenzen zu überstehen, mussten wir unsere Pläne anpassen: Wie jeder andere in unserer Industrie haben wir die erforderlichen Maßnahmen ergriffen, um die kommende Zeit durchzustehen. Außer-dem haben wir unsere Kosten angepasst, um liquide zu bleiben.

Dennoch haben wir gute Gründe zu glauben, dass unsere Branche in nicht allzu ferner Zukunft wieder wachsen wird. Während wir derzeit die kurzfristigen Maßnahmen umsetzen, die uns durch die nächste Phase tragen werden, bereiten wir uns gleichzeitig auf die Zeit nach der Corona-Pandemie vor. Mit dem richtigen Rahmenplan bietet uns diese Krise die Möglichkeit, wichtige Schritte in Richtung einer nachhaltigeren Luftfahrt zu gehen, insbesondere durch den Austausch alter Flugzeuge mit hoch- effizienten Modellen mit deutlich weniger CO₂-Ausstoß und mit modernen Technologien.

Unser Fokus lag seit jeher auf langfristigem Erfolg und wir werden auch weiterhin ein wichtiger Systemlieferant bleiben. Und wir werden mit unseren Technologien, unseren Geschäftsaktivitäten und unseren Teams weltweit die Zukunft der Luftfahrt mitgestalten. Unser Unternehmen hat in dieser außergewöhnlichen Krise bereits eine starke Widerstandsfähigkeit bewiesen, während wir uns gleichzeitig auf eine erfolgreiche Zukunft vorbereiten.

Wir wünschen unseren Kunden alles Gute und möchten uns bei unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie unseren Partnern für die gemeinsamen Erfolge bedanken.

Beste Grüße

Martin WandelChief Operating Officer

François LehmannChief Financial Officer

Alex VlielanderChief Services Officer

Nicolas BonleuxChief Commercial Officer

Francis CarlaChief Technology Officer

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4 Aerospace 2020 / 2021

Inhalt

Impressionen ............................................................................ 6

IndustrieinformationLiebherr hat sich zum Interview mit Axel Krein, Executive Director des Clean Sky 2 Joint Undertakings getroffen, um über die Ziele der Initiative zu sprechen und darüber, wie die Corona-Krise die Luftfahrtindustrie beeinflussen wird. ................. 12

Forschung & EntwicklungLiebherr-Aerospace unternimmt wichtige Schritte, um für höhere Effizienz, verbesserten Passagierkomfort sowie Gewichts- reduzierung zu sorgen – und vor allem für eine noch umweltfreundlichere Luftfahrt. ....................................................... 16

Internationaler Fokus Interessante Einblicke in die unterschiedlichen Aktivitäten und wichtigen Meilensteine von Liebherr-Aerospace in Kanada, Brasilien und China. ...................................................................... 18

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5Aerospace 2020 / 2021

Inhalt

Kundenservice Mit dem Fokus auf seine Kunden und Flexibilität ist Liebherr ein erfolgreicher Anbieter von MRO-Services geworden. ............ 22

Programme & Aufträge Liebherr begrüßt einen neuen Kunden aus Russland und gewinnt einen Auftrag im Bereich Flugzeugtriebwerke. ................. 28

Menschen & Gesellschaft Kontinuierlicher Wandel und ein perfekter Job: Mireille Lemasson und Alexander Baldauf berichten über ihre Arbeit bei Liebherr-Aerospace. ..................................... 36

Programmbeteiligungen ...................................................... 38

Liebherr-Transportation Systems Liebherr überträgt seine Erfahrung aus der Luftfahrt und Verkehrstechnik auf die Automobilbranche. .................................. 42

Firmengruppe LiebherrNeues aus der Liebherr-Welt ....................................................... 46

Entscheidend für höchste Qualität sind Know-how, Fingerspit-zengefühl und Präzision. Liebherr-Aerospace stellt mithilfe hoch qualifizierter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie einer Vielzahl modernster Produktionstechnologien, Logistik und Testverfahren sicher, dass alle von ihm entwickelten, gefertigten und betreuten Systeme und Komponenten für die Luftfahrt zuverlässig und auf den Punkt genau funktionieren.

Impressionen

Luftkühlung im Detail Diese Nahaufnahme zeigt einen Ausschnitt eines Wärmetauschers. Wärmetauscher sind integraler Bestandteil der Klimatisierungssysteme zur Erneuerung und Regelung der Luft in Flugzeugen. Sie werden von Liebherr-Aerospace in Toulouse (Frankreich) entwickelt und gefertigt. Ihre Aufgabe: dafür zu sorgen, dass sich beim Durchlauf die heiße Luft beim Kontakt mit den kalten Luftströmen abkühlt, sich jedoch auf keinen Fall mit ihnen vermischt.

Klein und schnell Flugzeugkomponenten sind dauerhaft Extrembelastungen ausgesetzt. Durch eine Oberflächenbehandlung erhalten die Bauteile die notwendige Voraus-setzung, um diesen Belastungen stand-zuhalten. Das Kugelstrahlen ist dabei eines der wichtigsten Verfahren. Elf Millionen kleine Stahlkugeln mit einem Durchmesser von 0,2 bis 0,6 Millimetern werden pro Minute mittels Druckluft beschleunigt und mit 50 Metern pro Sekunde (180 Stundenkilometern) ge- zielt auf die Oberfläche der Komponente geschossen. Treffen die Stahlkugeln auf die Bauteiloberfläche, wird diese durch die kinetische Energie der Stahlkugeln verdichtet und die Lebensdauer des Bauteils somit erhöht. Hier überprüft ein Mitarbeiter in einer Strahlkabine bei Liebherr-Aerospace in Lindenberg (Deutschland) ein ober-flächenbehandeltes Fahrwerksgehäuse.

Höchste EffizienzMithilfe der automatischen Fördertechnik und des Warehouse-Management-Systems („WAMAS“) ist es bei Liebherr-Aerospace in Lindenberg (Deutschland) möglich, bis zu 70.000 Ladungsträger auf engstem Raum unter Einhaltung zahlreicher Vorgaben zu lagern. Die einzelnen Lager-Behälter können damit auf über 1.000 Meter Länge mit einer Fördertechnik und einem Staplerleitsystem termingenau an ihren Bestimmungsort gebracht werden. Diese Automatisierung bildet die Basis für effizientere und wirtschaftlichere Prozesse in der betriebsinternen Logistik.

12 Aerospace 2020 / 2021

Der wohl innovativste und bahnbre-chendste Ansatz betrifft den Produktent-wicklungsprozess: Die Anforderungen für Kundenprodukte werden in Form von digitalen Modellen an Liebherr gesendet. Nach diesem ersten Schritt folgen viele weitere digitalisierte Abläufe, wie die Entwicklung, Simulation, virtuelle Test-läufe sowie die Produktion und die Kundendienstaktivitäten. Zudem sind die Fähigkeiten von Liebherr im Bereich

Additive Fertigung ebenfalls vollständig in den digitalen Prozess integriert. Einige der 3D-gedruckten Teile sind bereits in Flugzeugen im Einsatz.

Für die Lieferkette nutzt Liebherr- Aerospace das erprobte, globale Logistik- system AirSupply, das auch bei vielen anderen großen Unternehmen in der Luftfahrtindustrie im Einsatz ist. AirSupply erfüllt alle funktionellen Anforderungen für eine transparente Zusammenarbeit und verbessert die Lieferleistung der Zulieferer. Das System verbessert die Bedarfsprognose sowie die Koordination zwischen den Lieferanten deutlich.

Darüber hinaus hat Liebherr weitere digitale Verbesserungen in der Fertigung eingeführt. Einige Initiativen sind bereits in die Praxis umgesetzt, wie zum Beispiel Cobots („leichte“ Roboter), automatisierte Bodenfahrzeuge, Geolokalisierung von Produkten im Innen- und Außenbereich sowie Augmented-Reality-Inspektionen von Geräten, bevor sie an die Kunden ausgeliefert werden.

Ein weiteres wichtiges Projekt, das um-gesetzt wird, ist die vorausschauende Instandhaltung („Predictive Maintenance“).

Bei diesem Prozess geht es darum, technische Daten aus den Flugzeugen zu sammeln und präzise zu analysieren, um beinahe in Echtzeit entscheiden zu können, wann Teile ersetzt werden müssen, bevor sie ausfallen. Dieser Ansatz zur vorausschauenden Instandhaltung nutzt den Digital Product Twin, ein digitales Modell, das das echte Produkt mit seinen Funktionen darstellt. Liebherr investiert somit in neueste Technologien, die es dem Unternehmen ermöglichen, Repa-raturen und Wartungen von Teilen, die sich an Bord von tausenden Flugzeugen rund um den Globus befinden, besser planen zu können.

Zudem entwickelt Liebherr nach der Einführung seines eigenen Customer-Relation-Management-Systems ein hochmodernes Webportal für Kunden, um den Datenaustausch mit ihnen zu vereinfachen und das Kundenerlebnis zu verbessern.

Die digitale Reise von Liebherr- Aerospace hat begonnen und kenn-zeichnet den Anfang einer neuen Ära. Entlang des Weges gibt es zahlreiche Möglichkeiten, zu wachsen und sich kontinuierlich weiterzuentwickeln.

Industrieinformation

Innovation durch DigitalisierungDie Digitalisierung bietet zahlreiche Vorteile: Sie ermöglicht nicht nur über mehrere Prozesse hinweg den Austausch in Echtzeit, sondern sorgt so auch für höhere Effizienz. Liebherr-Aerospace hat sich entschlossen, all seine Produktlinien zu digitalisieren, und bereits einige wichtige Maßnahmen zur Umsetzung dieses Ziels ergriffen.

Automatisiertes Fahrzeug bei Liebherr- Aerospace in Toulouse (Frankreich)

13Aerospace 2020 / 2021

Liebherr-Aerospace schulte in einem fünfjährigen Projekt 950 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an zwei Fertigungss-tandorten. Nach Abschluss des Projekts im Jahr 2019 ging die Rückweisungsrate deutlich zurück. Die QRQC-Initiative begann im Jahr 2014 in Toulouse (Frankreich) und wurde nach dreijähriger erfolgreicher Umsetzung ebenfalls am Standort Lindenberg (Deutschland) eingeführt. In Toulouse (Frankreich) führte Liebherr QRQC mit dem Ziel ein, die Rückweisungsrate von Serienteilen um 80 Prozent zu reduzieren.

Manche Probleme sind so komplex, dass sie nicht schnell gelöst werden können. Hier greift der Ansatz Complex Problem Solving (CPS), der QRQC methodisch erweitert. Das Ziel zur Qualitätsverbesserung wurde innerhalb des festgelegten Zeitrahmens erreicht. Dies ist der guten Arbeit von 500 Beschäftigten zu verdanken, die von fünf Komitees herausge-fordert und unterstützt wurden. Für das Jahr 2025 plant das Unternehmen, die Rate noch weiter zu reduzieren.

In Lindenberg sind aktuell 450 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter daran beteiligt, die Qualitätsziele zu erreichen. Immer mehr unterstützen die Initiative. Sie werden dabei kontinuierlich von Experten und dem Management unterstützt. QRQC trug dazu bei, dass die Rückweisungsrate für verschiedene

Kunden sogar um 90 Prozent reduziert werden konnte. Die CPS-Methode wurde ebenfalls im Werk in Deutsch-land eingeführt. QRQC und CPS sind wichtige Bestandteile des Qualitätsmanagemententwicklungsplans von Liebherr- Aerospace. Für das Jahr 2025 erwartet das Unternehmen ein stabiles Niveau der Rückweiserate bei Seriengeräten und eine verringerte Anzahl an Anzeigen über Qualitätsprobleme ge-genüber den Kunden. Komplementiert werden QRQC und CPS durch die Einführung von APQP (Advanced Product Quality Planning), das im Gegensatz zu QRQC und CPS präventiv ausgerichtet ist. Ziel des APQP ist es, entwicklungs-begleitend Änderungen zu erkennen, Fehler zu vermeiden und die Anforderungen der Kunden sicher zu erfüllen, noch bevor ein Produkt in die Serienproduktion geht.

Das Projekt stieß sowohl intern als auch bei den Kunden auf große Anerkennung. Das ungebrochene Engagement aller beteiligten Teammitglieder der beiden Liebherr-Aerospace-Standorte in Frankreich und Deutschland war und ist der Erfolgsgarant. Die enge Kooperation zeigt, wie viel gelernt und erreicht werden kann, wenn man gemeinsam daran arbeitet, kontinuierliche Verbesserungen zum Vorteil der Kunden und zur Sicherheit der Luftfahrt zu erzielen.

QRQC: modernes QualitätsmanagementKeine Fachdisziplin hat so einen Wandel vollzogen wie das Qualitätsmanagement in den letzten 100 Jahren. Von der reinen Qualitätskontrolle über Q-Maßnahmen in allen Unternehmensbereichen bis hin zu kunden- und ergebnisorientierten Excellence-Modellen ist die moderne Qualitätsarbeit zunehmend integrierend ausgerichtet. QRQC heißt Quick Response Quality Control und bedeutet, dass in allen Unternehmensbereichen Teams aus allen Hierarchieebenen integriert sind, die Qualitätsprobleme schnell, strukturiert und dauerhaft lösen. Dabei bedeutet das englische Wort „Control“ hier nicht „kontrollieren“, sondern „steuern“. Die Steuerung fokussiert sich dabei darauf, die Ursache des Problems zu analysieren und zu vermeiden, dass es erneut auftritt.

Meetings im Fertigungsbereich spielen eine wichtige Rolle für das QRQC-Management von Liebherr-Aerospace

Industrieinformation

© DLR

14 Aerospace 2020 / 2021

Industrieinformation

Herr Krein, was waren die wichtigsten Faktoren, die zu dieser Initiative geführt haben, und wie hat sie sich seitdem entwickelt?Das Clean Sky 2 Joint Undertaking wurde vor zwölf Jahren ins Leben gerufen. Der Grundstein wurde aber bereits im Jahr 2001 mit dem Bericht „European Aeronautics: A Vision for 2020“ gelegt. Der Bericht zeigte die größten Heraus-forderungen für die Zukunft der euro-päischen Luftfahrtindustrie auf. Clean Sky wurde initiiert, um zwei dieser Herausforderungen anzugehen: nämlich die Auswirkungen der Luftfahrt auf die Umwelt zu reduzieren bei gleichzeitiger Förderung der Wettbewerbsfähigkeit und einem nachhaltigen wirtschaftlichen Wachstum. Es besteht eine erhöhte Nachfrage nach Kapazitäten und Effizi-enz in der Luftfahrtindustrie, während gleichzeitig der Bedarf nach Strategien wächst, die klimatischen Auswirkungen zu reduzieren.

Unsere Ziele sind im Wesentlichen, bes-sere Mobilitätslösungen zu fördern, von

denen einerseits Reisende profitieren und mit Hilfe derer andererseits niedrigere Emissionen und Lärmbelästigungen er-zielt werden können. Gleichzeitig soll die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Luftfahrtindustrie verbessert werden und soll es der wissenschaftlichen Gemein-schaft ermöglicht werden, eine aktive Rolle bei dieser Entwicklung zu spielen.

In der Zwischenzeit läuft bereits Clean Sky 2. 23 Branchenführer aus der Luftfahrt, Forschungsunternehmen und Universitätsverbänden haben im Juni 2019 eine gemeinsame Vereinbarung der European Aviation Research Stakeholders unterschrieben, um ihr großes Engagement zu bekräftigen. Was sind die Ziele von Clean Sky 2?Unsere Ziele für Clean Sky 2 sind kurz und einfach erklärt: Verglichen mit einem Flugzeug, das 2014 seinen Betrieb aufgenommen hat, möchten wir die CO2-Emissionen um 75 Prozent, NOx-Emissionen um 90 Prozent und Geräusch-emissionen um 65 Prozent reduzieren.

Dafür sind ein großes Netzwerk aller Beteiligten sowie ein beträchtliches Budget erforderlich. Welche Struktur hat das Clean-Sky-Projekt und wie wird es finanziert?Als öffentlich-private Partnerschaft möchten wir sicherstellen, dass inno-vative neue Produkte ihren gesamten Lebenszyklus durchlaufen können – von der Forschung über die Konzept- erstellung bis hin zur Entwicklung und Produktion. Wir kümmern uns darum, dass die Projekte mit der entsprechenden Unterstützung zum Vorteil aller Beteiligten erfolgreich umgesetzt werden können. Über 1.400 Teilnehmer sind dar-an beteiligt: 334 Branchenmitglieder, 420 KMUs, 373 Forschungszentren und 350 Universitäten. Unser Budget in Höhe von vier Milliarden Euro kommt von Zuwendungen der Europäischen Union, den 16 Gründungsmitgliedern des Clean Sky 2 Joint Undertaking und sechs so-genannten Kern-Partnern.

Clean Sky: bessere Mobilitätslösungen fördernDie Clean-Sky-Initiative wurde 2008 als Teil des EU-Programms Horizon 2020 als öffentlich-private Partnerschaft zwischen der Europäischen Kommission und der Europäischen Luftfahrtindustrie ins Leben gerufen. Ziel ist es, innovative Technologien zu entwickeln und auszuarbeiten, um CO₂- und Geräuschemissionen von Flugzeugen zu reduzieren. Liebherr-Aerospace befragte dazu Axel Krein, Executive Director von Clean Sky 2 Joint Undertaking.

334 373 350 28 110 +466420

15Aerospace 2020 / 2021

Industrieinformation

Können Sie Beispiele für diese Projekte nennen und ihre Ergebnisse aufzeigen?Wir investieren aktiv in verschiedene Bereiche, um sowohl der Öffentlichkeit als auch der Branche zu dienen. Wir erwarten den Abschluss von drei sehr interessanten Projekten in diesem Jahr: Als Erstes wird das ein Konzept für Semi-Morphing-Flügel sein, für die leichte Thermoplaste und flüssiges Harz verwendet werden. Das zweite Pro-jekt umfasst eine neue Hubschrauber- Architektur für leise Flugmanöver sowie verschiedene Einsatzfähigkeiten. Drittens beschäftigen wir uns mit einer vollständi-gen Neugestaltung von Frachttüren, die eine Gewichtsreduktion von fünf Pro-zent sowie eine Kostenreduktion von 50 Prozent ermöglicht. Zudem werden bei dem umweltfreundlichen Fertigungs-prozess 20 Prozent weniger organische Lösungsmittel in den Farben verwendet und die Türen werden sicherer und leich-ter in der Anwendung sein.

Liebherr als einer der Hauptpartner von Clean Sky ist auch ein gutes Beispiel, da das Unternehmen bei der Entwick-lung der nächsten Generation von vielen fortschrittlichen Komponenten heraus-ragende Erfolge erzielt. Dazu gehören etwa elektrische Aktuatoren, das E-Taxiing, der elektrische Flügel, elekt-ronische Klimatisierungssysteme, Hilfs-stromerzeugungssysteme, hydraulische Energieversorgung sowie Wärme- und Energiemanagementsysteme.

Erfahren Sie mehr über das Forschungsprogramm unter:https://www.cleansky.eu/

Axel Krein

Seit dem 1. Februar 2019 ist Axel Krein Executive Director des Clean Sky 2 Joint Undertaking, der europäischen öffentlich-privaten Partnerschaft zwischen der Europäischen Kommission und der europäischen Luftfahrtindustrie für Luftfahrtforschung, die Teil des Forschungs- und Innovationsprogramms Horizon 2020 der Europäischen Union ist. Axel Krein

verfügt über umfangreiche Erfahrung in der Luftfahrtbranche und war von 2007 bis 2014 als Senior Vice President Research & Technology und zuletzt als Senior Vice President Cyber Security Program bei Airbus tätig.

Im Frühling 2020 hat sich die Coronavirus-Pandemie weltweit ausgebreitet. Wie wird die SARS-CoV-2- / COVID-19-Krise Clean Sky und die Luftfahrt im Allgemeinen aus Ihrer Sicht treffen?Bei dieser Frage ist es wirklich wichtig, sich bewusst zu machen, dass wir Vorhersagen nur auf Basis der bisherigen Erkenntnisse treffen können – Entwick-lungen im Laufe des Jahres hängen von einer Vielzahl von Faktoren ab. Die COVID-19-Pandemie hat einen enor-men Einfluss auf die Luftfahrtindustrie im Allgemeinen. Die große Unbekannte für alle ist nach wie vor die Dauer dieser Krise und dies fördert maßgeblich die Unsicherheit.

Sollte es nur kurzfristig zu einem Rück-gang kommen und nach wenigen Monaten wieder aufwärts gehen, dürfte sich das nicht allzu stark auf die Clean-Sky-2-Projekte auswirken. Denn unsere Mitglieder und Partner sollten dann in der Lage sein, Projektergebnisse mit einer vertretbaren Verzögerung zu lie-fern. Wir werden die Lage weiterhin auf-merksam verfolgen und erforderliche Anpassungen vornehmen, um sicher zu sein, dass wir alles tun, um unsere Stakeholder zu unterstützen.

Herr Krein, herzlichen Dank, dass Sie sich Zeit für dieses Interview genommen haben.

Branchenmitglieder KMUs Forschungszentren Universitäten Länder Regionen Zuschüsse

16 Aerospace 2020 / 2021

Ende 2018 nahm Liebherr an seinem Standort in Lindenberg den ESTER- Prüfstand, einen Testaufbau für das elektrohydraulische Steuer-, Ein- und Ausfahrsystem, in Betrieb. Das Projekt hat zum Ziel, Flugzeugfahrwerke weiter- zuentwickeln und zu verbessern, indem beim Aus- und Einfahren sowie bei Steuerfunktionen elektrohydraulische An-triebe (EHAs) eingesetzt werden.

Anstatt den konstanten hydraulischen Druck aus dem zentralen Hydrauliksystem zu nutzen, um das Fahrwerk mit Energie zu versorgen, ziehen EHAs kontrolliert Strom aus dem elektrischen System des Flugzeuges. Dieses System besteht aus

einer hocheffizienten Motorenpumpe und Leistungselektronik, die nur so viel Strom zur Verfügung stellt, wie in die-sem Moment vom Fahrwerk effektiv benötigt wird. So werden Verluste auf ein Minimum reduziert. Die Umstellung von der Zentralleitung auf dieses de-zentralisierte System ermöglicht es, das Gewicht des Flugzeugs zu reduzieren. Dadurch wird weniger Treibstoff benötigt und weniger Wärme erzeugt. Die EHAs sind nicht nur leichter und energieeffi-zienter, sie lassen sich auch einfacher installieren. Ein wichtiger Faktor – gerade für Flugzeuge wie die heutigen Single- Aisle-Flugzeuge, die in hohen Stückzahlen produziert werden.

Liebherr schloss zudem die zweite Phase seiner E-WING-Demonstrator-Plattform ab, die das Systemkonzept für die Elektrifizierung von Flugzeugen simuliert. Das Forschungszentrum in Lindenberg umfasst einen Kontrollraum, einen Testaufbau für ein Flugsteuerungs- system sowie den zuvor beschriebenen ESTER-Prüfstand.

Für die Luftmanagement- und Verei-sungsschutzsysteme, die bei Liebherr in Toulouse entwickelt werden, wurde ein anderer Ansatz gewählt. Das Ziel ist hier, nicht mehr die Luft einzusetzen, die von den Triebwerken abgezapft wird, sondern die bis dato pneumatischen Systeme in

Die Zukunft ist elektrifiziert

Forschung & Entwicklung

Weniger Gewicht, höhere Effizienz, saubere Luft – das Fliegen mit elektrischen Systemen hat viele Vorteile. Liebherr ist einer der Pioniere bei der Erforschung und steht mit an der Spitze bei der Entwicklung des More Electric Aircraft (MEA). Dabei liegt der Schwerpunkt des Unternehmens auf Lösungen, die CO₂- und NOx-Emissionen reduzieren sollen und weniger Lärm verursachen. Drei Standorte sind an dieser Forschungsarbeit beteiligt: Ingenieur- und Entwicklungsteams in Lindenberg (Deutschland), Toulouse (Frankreich) und Lindau (Deutschland) arbeiten intensiv daran, den Weg für neue bahnbrechende Lösungen zu ebnen.

17Aerospace 2020 / 2021

Forschung & Entwicklung

elektronische Systeme umzuwandeln, wodurch die Treibstoffverbrennung und somit auch direkt die damit verbundenen Emissionen reduziert werden.

In seiner führenden Rolle als Weg- bereiter hin zum More Electric Aircraft hat Liebherr zwei bedeutende elektri-sche Klimatisierungssysteme entwickelt: ein System für Regionalflugzeuge und ein System für Single-Aisle-Flugzeuge. Beide Systeme wurden bereits erfolg-reich an Bord eines ATR72- und eines A320-Testflugzeugs geprüft. Die Test-flüge sowie intensive interne Prüfungen haben die Robustheit und Stabilität des Luftdruckausgleiches und des Klimati-sierungssystems belegt.

Die Ergebnisse der langjährigen For-schungen sind äußerst vielverspre-chend. Die technologischen Fortschritte,

Erfahren Sie mehr über die Forschung rund um das More Electric Aircraft in dieser Reportage: www.liebherr.com/moreelectricaircraft

ESTER-Prüfstand bei Liebherr-Aerospace in Lindenberg (Deutschland)

die durch die Umstellung auf ein Flugzeug mit mehr elektrischen Systemen erzielt werden, sind wichtige Schritte in Rich-tung Effizienz, Gewichtsreduzierung und

eines höheren Passagierkomforts. Vor allem sind sie aber ein wichtiger Schritt hin zu einer noch umweltfreundlicheren Luftfahrt.

Bevor eine elektrische Flugzeugkomponente in die Lüfte geht, wird sie zahlreichen Tests unterzogen. Zum Beispiel hier bei der Liebherr-Elektronik in Lindau (Deutschland)

18 Aerospace 2020 / 2021

Pro Flugzeug werden eine Knickstrebe und zwei Seitenstreben verbaut. Bis dato wurden bei Airbus bereits 650 Flug- zeuge bestellt. Um dieser Nachfrage ge-recht zu werden, erhöhte der Liebherr- Standort Laval seine Montage-Kapazitäten zuletzt deutlich. Im Februar 2020 wurde dadurch ein weiterer Meilenstein erreicht: Weitere 100 Baugruppen wurden in nur acht Monaten montiert, was gleich- zeitig der Fertigstellung der 300. Knick-streben-Baugruppe entsprach.

Der Montagebereich ist mit der neuesten Technologie von Liebherr ausgestattet und kann sich über vielseitig erfahrene und hochmotivierte Mitarbeitende freuen. Liebherr ist ein familiengeführtes Unternehmen, dessen höchstes Gut

seine Beschäftigten sind. Der Bereich Aerospace und Transportation Systems in Laval wurde von Anfang an „lean“ ge-staltet – zu den lediglich 24 Mitarbeitern gehören Lagerfachkräfte, Logistikex-perten, Qualitätsprüfer, Montagearbeiter, Ingenieure, technische Redakteure und administratives Personal. Durch dieses kleine, flexible Team konnte der Standort höchste Effizienz und eine bereichsüber-greifende Zusammenarbeit erzielen, die ausschlaggebend für die außergewöhn-lichen Ergebnisse sind.

Zusätzlich zu den Seiten- und Knick-streben für die A220 wird das Team auch bald mit der Montage des Bugfahrwerks beginnen. Derzeit findet diese noch am Standort Lindenberg

(Deutschland) statt. Der Transfer über Landesgrenzen hinweg wird den Logis-tikfluss deutlich verbessern und Airbus kann so künftig noch besser unterstützt werden. Die größere Nähe zum Kun-den wird die Reaktionszeiten verkürzen und das Serviceniveau weiter erhöhen.

Eine weitere Aufgabe des Teams in Laval ist die Zertifizierung und Lieferung von verschiedenen Komponenten für Luft-managementsysteme für Flugzeuge von Airbus, Boeing, Bombardier und Embraer. Die gesamte Auslieferungs-menge stieg von 2018 bis 2019 um sagenhafte 132 Prozent an. Das beweist ein weiteres Mal: Das Team in Laval mag klein sein, aber es leistet Großes.

Kleines Team leistet Großes in Kanada

Internationaler Fokus

Die neue Halle der Liebherr-Sparte Aerospace and Transportation Systems in Laval in der Nähe von Montreal (Kanada) ist seit ihrer Eröffnung am 12. Oktober 2017 sehr gut ausgelastet. Nur knapp über ein Jahr nach der offiziellen Inbetriebnahme feierte das Team seinen ersten bedeutenden Meilenstein: Die 100. Baugruppe von Fahrwerksseiten- und Knickstreben für die Flugzeuge A220-100 und A220-300 wurde fertiggestellt.

19Aerospace 2020 / 2021

Internationaler Fokus

Liebherr Aerospace Brasil steigt in den US-Markt ein

Liebherr Aerospace Brasil Ltda. hieß im Herbst 2019 mehrere Führungskräfte von PTI in seinem Werk in Guaratinguetá (Brasilien) zur ersten strategischen Zusammenarbeit der beiden Unternehmen willkommen. Das Unternehmen ist stolz darauf, sich zum Lieferantennetzwerk von PTI zählen zu dürfen, da diese Partnerschaft ihm den Markteintritt in die USA ermöglicht. Als Teil einer langfristigen Strategie ist dies ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur weiteren Diversifizierung des Kundenstamms.

Das Team in Guaratinguetá konnte sein Fachwissen und sein Engagement mit einem fehlerfreien Audit belegen und PTI

drückte sein Vertrauen in die Partnerschaft aus. „Die Lean- Initiativen, Prozesssteuerungen und Spitzentechnologien von Liebherr Aerospace Brasil werden es dem Unternehmen er-möglichen, bei PTI-Programmen wettbewerbsfähig zu sein. Wir freuen uns auf eine erfolgreiche Partnerschaft mit Liebherr, um unsere allgemeine Kundenzufriedenheit zu verbessern“, erklärte Larry Abel, Senior Director of Supply Chain Management von PTI.

PTI hat im Laufe des 1. Quartals 2020 die ersten Bestellungen bei Liebherr für drei verschiedene Arten von Ventilblöcken für den Embraer-E-Jet E2 platziert.

Führungskräfte, die der Vertragsunterzeichnung beiwohnten (in der vorderen Reihe sitzend, von links nach rechts): Ray Lopez, Quality Director (PTI), Eduardo Girotto, Senior Director Manufacturing (PTI), Tadeu Coelho, Financial and Administrative Director (Liebherr Aerospace Brasil), Rogério Gimenez, Managing Director Operations (Liebherr Aerospace Brasil)

Liebherr ist eine neue Partnerschaft mit dem Unternehmen PTI Technologies Inc. eingegangen, das seinen Sitz in Oxnard, Kalifornien (USA), hat: Beide Unternehmen haben einen Vertrag über die Lieferung von hydraulischen Ventilblöcken für die neuesten Flugzeuge von Embraer unterzeichnet.

20 Aerospace 2020 / 2021

Internationaler Fokus

Frau Liu, was sind Ihre Aufgaben? Als Systemingenieurin war ich während der Entwicklungsphasen der chinesischen Flugzeugprogramme ARJ21 sowie C919 von COMAC und des Helikopterprogramms AC312E / C von HAIC hauptsächlich mit dem jeweiligen Engineering-Bereich der Hersteller in Kontakt. Außerdem wirkte ich an Projekten mit Elektrokompressoren für Brennstoffzellen wie dem SHPT PROME390 mit. Meine Hauptaufgabe besteht darin, mich mit Kunden und unseren Original Equipment Manufacturers (OEMs), also Liebherr-Aerospace in Lindenberg (Deutschland) und in Toulouse (Frankreich), abzustimmen. Dazu gehören technische Diskussionen, die Integration von Systemen in Flugzeuge bzw. Fahrzeuge, das Erstellen von Entwicklungsdo-kumentationen, die Unterstützung von Tests auf Prüfständen bei unseren Kunden sowie Flugtests. Im Januar 2019 bin ich zum Air Management System Supervisor aufgestiegen. Somit bin ich jetzt für die Weiterentwicklung der Ingenieursfähigkeiten des Engineering-Teams hier in Shanghai zuständig.

Was sind die Ziele dieses Engineering-Teams? Im Rahmen der Unternehmensstrategie von Liebherr ist die Aufgabe dieses Teams, langfristige Kundenbeziehungen aufzubauen und unsere Nähe zu den chinesischen Kunden bestmöglich zu nutzen. Um das zu erreichen, arbeiten wir

daran, die Kommunikation zu vereinfachen und unsere Ingenieursfähigkeiten zu verbessern. So können wir sowohl unsere Kunden als auch unsere OEMs in der Akquisitions- und Entwicklungsphase noch effizienter unter-stützen. Das übergeordnete Ziel ist natür-lich, die Kundenzufriedenheit zu steigern und das Image des Unternehmens gemeinsam mit unseren europäischen Liebherr-OEMs zu stärken. Dadurch werden wir unsere Aktivitäten und unsere Präsenz in China weiter ausbauen.

Welches war der beeindruckendste Moment Ihrer bisherigen Karriere?Am meisten beeindruckt hat mich der Erstflug der C919. Aber nicht nur mich, sondern auch sehr viele andere Menschen, die in dieser Branche arbeiten. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich die Bodentests für die C919 vor ihrem Jungfernflug unterstützt habe: Unser Systemtest begann um 3:00 Uhr morgens, die Kabinentür des Flug-zeugs musste während des gesamten Tests geschlossen bleiben und wir mussten alle zusammen fünf Stunden lang in der leeren Kabine verbringen. Unser System funktionierte fehlerfrei! Etwas später hatte ich dann die Ehre, die erste „First Flight Contribution Medal“ von COMAC zu erhalten, die natürlich unserem gesamten Team gewidmet ist!

Wie sehen Sie in China die Zukunft der Luftfahrt und des Automobilmarkts, der auf neue Energien setzt?Ich denke, dass die Luftfahrtindustrie in China langfristig wächst und immer mehr Flugzeuge dafür benötigt werden. Das ist gleichzeitig eine große Chance, aber auch eine große Herausforderung für unsere chinesischen Kunden, die historische Meilensteine erreichen werden. Ich bin wirklich stolz darauf, Teil des Liebherr-Teams zu sein und meinen Beitrag in dieser wichtigen Phase zu leisten. Dieselben positiven Aussichten gelten auch für die Auto-Branche. Ich glaube, dass die Forschung von Liebherr im Bereich neuer Technologien, wie Brennstoffzellen und E-Mobilität, weitere technologische Fort-schritte zum Wohle unserer Umwelt hervorbringen wird.

Ausbau der Ingenieurskapazitäten in ChinaLiebherr setzt im chinesischen Markt auf Kundennähe und will seine Ingenieurskapazitäten im Bereich Aerospace und Verkehrstechnik, aber auch im Automobilbereich ausbauen. Océane Liu arbeitet seit 2014 als Luftmanagementsystem-Ingenieurin im Luftfahrtbereich von Liebherr in Shanghai (China) und berichtet im Interview von dieser Entwicklung.

Océane Liu an ihrem Schreibtisch im Liebherr-Büro in Shanghai (China)

21Aerospace 2020 / 2021

Internationaler Fokus

Erfolgreiches Joint Venture in China Im Frühling 2019 wurde Liebherr LAMC Aviation (Changsha) Co., Ltd. (LLA) offiziell als Lieferant für den chine-sischen Flugzeugbauer COMAC zugelassen. Das Joint Venture von Liebherr-Aerospace und LAMC mit Sitz in Changsha (China) hat sich auf Fahrwerke spezialisiert.

Diese Zulassung ist das Ergebnis der intensiven Zusammen- arbeit der Teams von LAMC und Liebherr mit dem Ziel, das Leistungsangebot des Joint Ventures weiter auszubauen. Durch die erfolgreiche Kooperation der beiden Unternehmen konnten Fahrwerke in kurzer Zeit zusammengebaut, getestet und ausgeliefert werden und entsprachen höchsten Quali-tätsanforderungen. LLA liefert Fahrwerke für zwei Flugzeug-programme von COMAC: ARJ21 und C919.

Im ARJ21-Programm hat LLA im November 2019 einen wich-tigen Meilenstein erreicht: die Auslieferung der 100. Fahrwerk-strebe aus Changsha für das zweistrahlige Regionalflugzeug. Und das nur drei Jahre nachdem das erste Fahrwerk für den ARJ21 im Jahr 2016 geliefert wurde.

Neben dem ARJ21-Programm montiert LLA auch die Fahr-werkstreben für die zweistrahlige C919. Die Auslieferung der ersten Fahrwerkstrebe für das Testflugzeug 104 fand 2018 statt. Das Unternehmen plant, die Produktion bis 2025 auf 145 Fahrwerkstreben pro Jahr zu steigern; die erste Auslieferung von zwei Sätzen (bzw. sechs Streben) für die Serienproduktion ist für das 2. Quartal 2020 angesetzt. COMAC wird die erste C919 voraussichtlich 2021 an seinen Kunden ausliefern.

Das Werksgelände von LLA umfasst fast 5.000 Quadrat- meter und ist mit modernsten Anlagen und zwei separaten Montagelinien ausgestattet – eine für das ARJ21- und eine für das C919-Programm. Dank eines neuen und zuverlässigen ERP-Systems hat LLA die volle Kontrolle über alle Logistik- abläufe von der Planungsoptimierung über die Beschaffung bis hin zum Lagerumschlag. Diese Logistikautonomie wirkt sich sehr positiv auf den Betrieb aus, so dass das Unternehmen nicht nur eine Steigerung der Auslieferung von neuen montierten Fahrwerkstreben plant, sondern auch der Wartung und Reparatur bestehender Fahrwerke etablierter Betreiber in der Region.

In China wird ein Wachstum im Luftverkehr erwartet. Aus diesem Grund wird LLA auch weiterhin strategische Investitionen in diesen Markt leisten. Derzeit bereitet das Joint Venture seine Ingenieurskapazitäten darauf vor, sowohl die End- montage- als auch die Wartungslinien für die ARJ21- und C919-Programme zu unterstützen. Da beide Programme bei LLA vollständig unter einem Dach unterstützt werden können, sinken die Kosten für die Kunden in der Region.

Daumen hoch: Teammitglieder von Liebherr LAMC Aviation (Changsha) feiern die Auslieferung der 100. Fahrwerkstrebe für den ARJ21

22 Aerospace 2020 / 2021

Kundenservice

Enge Zusammenarbeit mit den Kunden

Die Workshops sind dabei auf einzelne Flugzeughersteller, wie etwa Airbus, zugeschnitten. Die Veranstaltungen werden an verschiedenen Standorten weltweit geplant, um die Betreiber vor Ort oder in nächster Nähe zu erreichen: Workshops finden in Saline, Michigan (USA), Toulouse (Frankreich), Lindenberg (Deutschland), Shanghai (China) und Singapur statt.

Der Rückzug von Bombardier aus dem kommerziellen Luft-fahrtgeschäft ist für Liebherr eine Gelegenheit, das A220- Programm mit Airbus noch enger abzustimmen und den Kundenfokus zu verstärken, weil nun keine Aufteilung mehr

auf zwei ver schiedene Flugzeughersteller erfolgt. Mit Airbus unterhält Liebherr eine langjährige Geschäftsbeziehung und liefert eine Vielzahl an Systemen für über 20 unterschiedliche Flugzeugprogramme des Flugzeugbauers – nun auch für die A220. Der letzte RTW für Airbus fand im Jahr 2018 statt, einschließlich Airlines, MROs sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Airbus. Zukünftige Workshops werden den beiden Unternehmen die Gelegenheit geben, noch enger zusammenzuarbeiten, um Prozessverbesserungen zu erzielen, die Partnerschaft zu stärken und die Ergebnisse weiter zu optimieren.

Neue Vertragsabschlüsse in Japan

Fuji Dream Airlines mit ihren Hauptsitzen in Shizuoka und Nagoya ist eine unabhängige, regional tätige japanische Flug-gesellschaft, die ihren Betrieb im Juli 2009 aufgenommen hat. J-Air mit ihren Hauptsitzen in Tokio und Osaka ist eine hun-dertprozentige Tochtergesellschaft von Japan Airlines (JAL), einem Mitglied der Oneworld Alliance. In enger Zusammenarbeit zwischen den Teams wurden individuell auf die Kunden zugeschnittene Lösungen vereinbart. Diese neuen Verträge unterstreichen das Bestreben von Liebherr-Aerospace, die Kundendienstleistungen im Raum Asien-Pazifik kontinuierlich auszuweiten. Zudem sind sie wichtige Meilensteine für das Unternehmen bei der Gewinnung von Überholungsverträgen im Produktbereich Fahrwerkssysteme.

Kojiro Yamashita, VP Procurement Japan Airlines, (rechts) und Ekkehard Pracht, General Manager Aerospace bei Liebherr Singapore, bei der Vertragsunterzeichnung

Liebherr-Aerospace organisiert für seine Kunden interaktive regionale technische Workshops (RTW). Sie können hier Erfahrungen austauschen und lernen, wie sie mit Innovationen von Liebherr ihre Wartungs- und Reparaturakti-vitäten verbessern können. Fluggesellschaften können sich dabei in Workshops, bei Vorführungen, in technischen Trainings und bei Vorträgen informieren.

Liebherr-Aerospace hat zwei langfristige Serviceverträge in Japan unterzeichnet: Der Erstausrüster übernimmt die Überholung der Fahrwerkssysteme von zehn Flugzeugen der Embraer-E170-Familie von Fuji Dream Airlines und von 15 Flugzeugen der E170-Familie von J-Air.

23Aerospace 2020 / 2021

Die Instandhaltung von Wärmetauschern

Alle vier Jahre oder nach etwa 12.000 Flugstunden müssen die Wärmetauscher, die Teil des Luftmanagementsystems sind, inspiziert, gereinigt und gewartet werden. Damit es nicht zu einer Schmutzverstopfung kommt, sind manchmal auch kürzere Intervalle erforderlich, je nach Umweltbedingungen, Flugstrecken und Einsatzhäufigkeit des Flugzeugs.

Für gewöhnlich ist eine gründliche Reinigung der Komponenten mit Hochdruck, Ultraschall und Tauchbädern ausreichend. Danach folgen eine Dichtheits- und Druckprüfung sowie kleinere Reparaturen, die direkt vor Ort erledigt werden. Im Anschluss ist der Wärmetauscher wieder einsatzbereit. Wenn sich bei der Inspektion jedoch Risse oder Verstopfungen zeigen, die nicht wie oben beschrieben beseitigt werden können, muss der Wärmetauscher von den Experten bei Liebherr-Aerospace in Saline komplett überholt werden.

Kundenservice

Ein außergewöhnlicher Erfolg

Stolz auf ihre Arbeit: Teammitglieder von Liebherr-Aerospace in Saline, Michigan (USA)

Das Team betreut Wärmetauscher der Airbus-A320- Familie, der Mitsubishi-CRJ-Familie und des Airbus A380. Nach und nach sollen nun weitere Kompetenzen für andere Liebherr-Geräte aufgebaut werden, die in der Airbus-A330- Familie, dem Airbus A220, der Boeing 747-8 und dem Business- Jet Falcon 7X im Einsatz sind. Durch die Verwendung von OEM-Teilen und -Verfahren, berührungsloser Messtechnik, maßgeschneiderten Reinigungsverfahren und Anlagen für zerstörungsfreie Versuche, EDM-Drahtschneidern und maßge-schneiderten Positioniersystemen steigert Liebherr-Aerospace seine Effizienz und gewährleistet zugleich herausragende Erst-ausrüsterqualität. Zudem nutzt das Unternehmen weitere zeit-sparende Verfahren wie robotergestütztes CMT-Schweißen.

Aktuell sind 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Bereich in Saline beschäftigt, die über 340 Einheiten in Spitzen- monaten fertigstellen. Zusätzlich zum weiteren Ausbau der Niederlassung in den USA hat Liebherr mit ausgewählten Partnern ein weltweites Netzwerk aufgebaut, um die Wärme-tauscher im Rahmen von Lizenzvereinbarungen zu warten. Da diese Partner mit ihren Betrieben weltweit tätig und näher an den Kunden sind, soll diese Initiative die Wartungszeiten verkürzen und die Ersatzteilbevorratung weiter optimieren. Alle Partner müssen strenge technische Voraussetzungen erfüllen und an strategischen Standorten, wie Europa, Singapur, Indien, Südamerika oder im Nahen Osten, ansässig sein.

Kürzlich feierte Liebherr-Aerospace die Auslieferung des 5.000. Wärmetauschers aus seinem Kompetenz- zentrum in Saline, Michigan (USA). Ein Meilenstein, der, nur binnen 30 Monate, nachdem das Unternehmen in den Markt für die Wartung von Wärmetauschern eingestiegen war und seine 3.000 Quadratmeter große Halle eröffnet hatte, erreicht wurde. Dieser Erfolg steht für die hervorragende Leistung der Einrichtung, die seit ihrer Eröffnung alle Erwartungen übertroffen hat.

24 Aerospace 2020 / 2021

Kundenservice

Die digitale Weiterentwicklung von MRO-Services

Das Unternehmen erstellt zurzeit einen Rahmenplan, der es ermöglichen wird, Technologien zu erforschen, einzusetzen oder in manchen Fällen sogar neu zu entwickeln. Sie werden Betriebsabläufe optimieren und die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Bereichen verbessern. Dabei werden vor allem die Vorteile von digitalen Tools genutzt, die in naher Zukunft sicherlich bahnbrechende Veränderungen ermöglichen werden.

Liebherr hat die Software eLirom für sein Servicenetzwerk entwickelt und eingeführt. Sie soll alle Reparaturmaßnahmen von der eingehenden Inspektion bis hin zu abschließenden Abnahmeprüfungen abwickeln. Mit dieser Software setzt das Unternehmen einen neuen Standard im Kundendienst, der die Effizienz der Prozesse um 30 Prozent verbessern kann. Sie reduziert den Aufwand für die Festlegung des Arbeitsumfangs, bei der Teilebestellung, der Dokumentation der ausgeführten Arbeiten und anderen Prozessschritten.

Der vollständig digitalisierte Workflow folgt dem Ansatz der „papierlosen Werkstatt“. Er ermöglicht den Kundendienst- Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern von Liebherr, digitale Daten für die Prozesse in den Werkstätten zu nutzen und diese in zahlreichen visuellen Managementanwendungen zu illustrieren. eLirom unterstützt in Echtzeit sowohl die Analyse als auch das Management von MRO-Aktivitäten in allen Liebherr-Aerospace- Servicezentren im gesamten Netzwerk. Diese erhöhte Trans-parenz ermöglicht sowohl die Identifikation als auch den Austausch von besten Prozesspraktiken. Das Ergebnis sind zeit- und kosteneffizientere MRO-Services für die Kunden.

Zusätzlich zu dieser MRO-Software führt Liebherr-Aerospace gemeinsam mit einem Partner eine hochentwickelte Planungs- und-Prognose-Software ein, die darauf abzielt, die Liefertreue um 10–15 Prozent zu verbessern. Mit dieser neuen Anwendung können Kunden im MRO-Planungsprozess Szenario-Techniken anwenden. Dadurch wird es immer einfacher, schnellere Aussagen darüber zu treffen, welches Material in welcher Qualität, Quantität und in welcher Region benötigt wird – ein großer Vorteil. Ein Nebeneffekt ist die Optimierung von Lagerhaltungskosten. Außerdem bietet Liebherr seine MRO-Services und das Asset-Management zu noch wettbewerbsfähigeren Konditionen an.

Datenanalysen sind jetzt schon von großer Bedeutung und werden in naher Zukunft noch wichtiger werden. Sie steigern durch vorausschauende Instandhaltung die Verfügbarkeit und die Zuverlässigkeit der Flugzeuge in ihrem Einsatz. In den MRO-Betrieben verbessern sie die Kapazitätsplanung des Personals, der Prüfstände und der Maschinen. Außerdem können sie den Lagerbestand optimieren und Trigger für die Entwicklung von Reparaturlösungen einrichten. Darüber hinaus werden detaillierte Informationen zu normaler und abnormaler Abnutzung und Verschleiß geliefert, so dass man bei zukünftigen Entwicklungen entsprechende Änderungen bei der Entwicklung von Komponenten und Systemen vornehmen kann.

Das MRO-Geschäft in der Luftfahrtbranche muss seine Abläufe transformieren, um seine Präsenz im digitalen Ökosystem zu stärken. Deshalb hat Liebherr in den letzten Jahren in die Digitalisierung von MRO-Prozessen investiert.

Liebherr-Aerospace verfügt über ein internationales Servicenetzwerk für Wartungen, Reparaturen und Über-holungen (Maintenance, Repair and Overhaul, MRO). Im Jahr 2019 hat das Unternehmen 40.000 Komponenten repariert und 130 Fahrwerke überholt. Aufgrund der Fortschritte in der Digitalisierung durchlaufen die MRO-Dienstleistungen ohne Zweifel einen Wandel. Liebherr vollzieht den Sprung in das digitale Zeitalter.

Laval / Montreal – Kanada

Liebherr-Aerospace Lindenberg GmbHLindenberg – Deutschland

Liebherr-Aerospace Toulouse SAS Toulouse – Frankreich

Saline, Michigan – USA

Dubai – Vereinigte Arabische Emirate

Bangalore – Indien

Moskau – Russland

Shanghai – China

Singapur

OEMs und Servicestationen

Servicestationen (Instandhaltung nach EASA, Part 145)

Servicestationen (Büro oder Logistik)

São José dos Campos, São Paulo – Brasilien

25Aerospace 2020 / 2021

Kundenservice

Die Inbetriebnahme eines Flugzeugs wird üblicherweise als Transfer vom Ende der Entwicklung bis zur ersten Lieferung an einen Betreiber angesehen. Das Verständnis von Liebherr ist es jedoch, dass es sich immer um einen „Entry into Service“ handelt, sobald ein Kunde zum ersten Mal ein Flugzeug in Betrieb nimmt, unabhängig vom Alter des Flugzeugs.

Mehr als 600 engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Liebherrs globalem Kundendienst-Netzwerk unterstützen die Kunden vor Ort mit Dienstleistungen, Materiallösungen sowie technischem Support.

Liebherr strebt danach, Kundendienst-leistungen der Zukunft zu entwickeln. Das Unternehmen greift dabei auf sein System-Know-how zurück, das auf Millionen Stunden von zusammen- getragenen, realen Daten basiert.

Das lange Leben eines Flugzeuges spiegelt die über Jahre gesammelte Erfahrung sowie das Know-how über das Leistungsvermögen der Systeme und Komponenten wider. Liebherr kanalisiert dieses Wissen und kombiniert es mit innovativen Technologien, um seine Kunden-dienstleistungen stetig weiterzu- entwickeln.

Liebherr-Service-Ingenieurinnen und -Ingenieure arbeiten kontinuierlich daran, innovative Reparaturlösungen und Produkt- verbesserungen zu entwickeln, um für die Kunden Wartungskosten zu reduzieren und neue Anforde-rungen sowie Vorgaben für die Luftfahrtzulassung zu erfüllen.

Liebherr erweitert und verbessert seine Fertigungs- und Produktions- methoden für die Zukunft und unternimmt alles Erforderliche, um den Betrieb der Flugzeuge lange nach Abschluss ihrer Produktion zu unterstützen.

Konstruktion & Entwicklung

Inbetriebnahme

Betriebsabläufe

Kontinuierliche Verbesserung

NeueGeneration

Produktion

Unterstützung während des

gesamten Lebenszyklus

26 Aerospace 2020 / 2021

Flexibilität und den Kunden im Fokus

Erstausstatter (Original Equipment Manufacturers, OEMs) wie Liebherr konstruieren und produzieren nicht nur Flugzeug- komponenten, sie betreuen diese Produkte auch im Aftermarket. Für Fahrwerke bietet das Unternehmen umfassende und an-spruchsvolle Logistik- und Maintenance, Repair and Overhaul (MRO)-Leistungen an.

Die Wartungsparameter werden bereits weit im Vorfeld festge-legt, so dass für jede Strukturkomponente ein Überholungs-intervall definiert ist, die sogenannte Time Between Overhaul (TBO). Auf diese Weise können mit den richtigen Planungs- instrumenten Wartungs- und Überholungsslots frühzeitig fest-gelegt werden.

Bei der Ankunft im Reparatur-Bereich von Liebherr-Aerospace wird jedes Fahrwerk auseinandergebaut

Seit 1999 ist Liebherr-Aerospace in Lindenberg (Deutschland) exklusiver Lieferant für Fahrwerkskomponenten der Embraer-E-Jet-Familie. Heute fliegen rund 1.600 Flugzeuge der Embraer-E-Jet-Flotte unter verschiedenen Betreibern um die ganze Welt. Jedes dieser Flugzeuge ist mit einem Fahrwerk von Liebherr ausgestattet.

Kundenservice

27Aerospace 2020 / 2021

Die Überholung eines Fahrwerkes ist sehr komplex und beansprucht im Durchschnitt 45 Kalendertage. Deshalb müssen MRO-Dienstleistungsanbieter effektiv planen, um alternde Ausrüstung mit so wenig Ausfallzeit wie möglich überholen zu können. Die Reduzierung von Ausfallzeiten von Flugzeugen hat höchste Priorität.

Als die E170 und die E190 in Betrieb gingen, wurde die TBO von Embraer und den Behörden für beide Flugzeugtypen auf 30.000 Flugzyklen oder zwölf Jahre festgelegt – je nachdem welcher Fall zu-erst eintritt. Zu diesem Zeitpunkt ging man davon aus, dass dies der maximal mögliche Grenzwert sei. Als allerdings immer mehr neue Betreiber zum Kun-denportfolio hinzukamen und mit ihnen auch weitere Luftfahrtbehörden, wurde die TBO für die E190-Familie nach nur wenigen Betriebsjahren auf 20.000 Flug-zyklen oder acht Jahre reduziert.

In den Folgejahren konnte die TBO der E190 aufgrund positiver Ergebnisse bei Stichproben immer weiter erhöht werden. Das Sampling-Programm, bei dem der Zustand der Fahrwerke, die in unterschiedlichen Umgebungen be-trieben werden, überprüft wird, lieferte die erforderlichen Nachweise zur Recht- fertigung des längeren TBO-Intervalls.

Im Allgemeinen erfordert die Vorberei-tung einer Überholung eine sehr umfas-sende Planung. Es muss sichergestellt werden, dass ausreichend Fahrwerke und Ersatzteile verfügbar sind, damit das Flugzeug weiter im Einsatz bleiben kann, während die Überholung durch-geführt wird.

Montage eines überholten Fahrwerks im Liebherr-Aerospace-Werk in Lindenberg (Deutschland)

Kundenservice

Im Jahr 2017 hat das Liebherr-Werk in Lindenberg 35 Fahrwerkssätze für Embraer- Kunden überholt, ein historischer Spitzenwert. Diese Leistung wäre ohne den kontinuierlichen Einsatz aller am Projekt beteiligten Personen auf allen Unternehmens-ebenen nicht möglich gewesen.

Liebherr plante bereits die Aufnahme vieler Fahrwerke der E190-Familie in seinen Reparatur-Bereich, als Ende 2017 Embraer und die Luftfahrtbehörden einer Verlängerung der TBO von ursprünglich zehn Jahren oder 20.000 Flugzyklen auf zwölf Jahre oder 25.000 Flugzyklen zustimmten. Solche vermeintlich kleinen Änderungen können weitreichende Auswirkungen auf die Abläufe im MRO-Bereich eines Unternehmens haben.

Da die Betreiber der Empfehlung zur TBO-Verlängerung für die E-190-Familie folgten, war der Fahrwerksreparatur-Bereich bei Liebherr im Jahr 2018 nicht voll ausgelastet. Dennoch ist das Unternehmen sehr stolz auf seine Fähigkeit, agil und flexibel auf unvorhergesehene Änderungen und Herausforderungen zu reagieren. Der starke Kundenfokus von Liebherr sowie die Flexibilität, sich schnell an Verände-rungen anzupassen, sind die beiden Hauptgründe für die langfristigen, fruchtbaren Partnerschaften und die außergewöhnliche Kundenzufriedenheit.

© VR-Technologies

28 Aerospace 2020 / 2021

VR-Technologies geht von vielfältigen Anwendungsbereichen für den VRT-500 aus: vom Privatgebrauch über die Nutzung im Taxi- und Tourismusgewerbe, den Einsatz für Nachrichten- und Medienagenturen sowie Logistikdienste bis hin zu Rettungs- und Ambulanzdienstleistungen.

Die Lieferprognosen für den VRT-500 sehen äußerst vielver-sprechend aus. Vorgestellt wurde der Helikopter erstmals 2018 und er zeigt die umfassende Erfahrung von VR-Technologies bei der Entwicklung von Hubschraubern gemäß den heutigen Marktanforderungen. „Wir freuen uns sehr, diesen Auftrag erhalten zu haben“, so Nicolas Bonleux, Chief Commercial Officer, Liebherr-Aerospace & Transportation SAS. „Mit der Bereitstellung verschiedener Systeme für unsere Kunden haben wir uns einen guten Ruf auf dem Hubschraubermarkt aufgebaut. Die Aufnahme von VR-Technologies in unser Kundenportfolio ist ein Meilenstein und wir freuen uns darauf, das Unternehmen mit unseren Leistungen zu unterstützen.“

„Das Know-how, die Reputation und der kundenorientierte Ansatz von Liebherr-Aerospace waren ausschlaggebend dafür, dass wir das Unternehmen in unser VRT-500-Programm aufgenommen haben“, erklärt Alexander Okhonko, General Manager von VR-Technologies. „Für uns stellt dies einen wichti-gen Meilenstein dar, und wir sind stolz, mit branchenführenden Unternehmen wie Liebherr-Aerospace zusammenarbeiten zu können. Wir sind derzeit dabei, neue Entwicklungen voran-

zubringen und Kunden weltweit anzusprechen. Ein starkes und renommiertes Lieferantennetzwerk steht für uns daher an oberster Stelle.“

Der VRT-500 ist ein leichter einmotoriger Mehrzweckhub-schrauber für fünf Passagiere, von dem erwartet wird, dass er sich nach der geplanten EASA-Zulassung in Europa sehr erfolgreich verkaufen wird. Mit einer Fluggeschwindigkeit von 225 Stundenkilometern und einer maximalen Reichweite von 860 Kilometern stellt dieser Helikopter eine vielseitige Lösung für eine Vielzahl von Branchen dar.

Mit an Bord des Helikopters VRT-500

Programme & Aufträge

Liebherr-Aerospace hat einen Vertrag mit VR-Technologies, einer Tochterfirma von Russian Helicopters, über die Lieferung des Klimatisierungssystems für den neuen Zivilhubschrauber VRT-500 unterschrieben. Der Lieferumfang beinhaltet auch das Kühlsystem für den Mehrzweckhelikopter.

Alexander Okhonko, General Manager von VR-Technologies, (links) und Nicolas Bonleux, Chief Commercial Officer, Liebherr-Aerospace & Transportation SAS, schütteln sich bei der Vertragsunterzeichnung im Rahmen der Moscow Airshow MAKS 2019 die Hände

29Aerospace 2020 / 2021

Programme & Aufträge

Ventile für Business-Jet-Triebwerk

Liebherr-Aerospace Toulouse SAS liefert an Rolls-Royce leichte, hochzuverlässige Ventile und Betätigungsvorrichtungen, die den Anforderungen des Pearl 700, des leistungsstärksten Triebwerks von Rolls-Royce im Business-Jet-Bereich, entsprechen. Das Pearl-700-Triebwerk ist das jüngste Mitglied der Pearl®-Triebwerksfamilie von Rolls-Royce und das exklusive Triebwerk der neuen Gulfstream G700.

Dieser Vertrag bildet einen weiteren wichtigen Meilenstein in der Geschäfts-beziehung zwischen Rolls-Royce und Liebherr-Aerospace: 2015 gründeten die beiden Firmen das 50 / 50-Joint- Venture Aerospace Transmission Tech-nologies GmbH. Das in Friedrichshafen (Deutschland) ansässige Joint Venture entwickelt Fertigungskompetenzen und -kapazitäten für das Leistungsgetriebe des neuen UltraFan® -Triebwerks von Rolls-Royce.

Darüber hinaus hat sich der Triebwerk-hersteller für Liebherr-Aerospace als Lieferanten eines Pneumatik-Ventils für das Trent-7000-Triebwerk entschieden.

Das Kompetenzzentrum für Luftmanage-mentsysteme von Liebherr in Toulouse verfügt über umfangreiche Erfahrungen in der Entwicklung, Fertigung, Integration und Wartung von Zapfluftventilen so-wie Pneumatik-Ventilen für Triebwerks- gondeln.

Montage des Pearl-700-Triebwerks bei Rolls-Royce

Liebherr-Aerospace wurde ausgewählt, die Pneumatik-Komponenten für das Pearl-700-Business-Jet-Triebwerk der nächsten Generation von Rolls-Royce zu liefern: Sowohl die pneumatischen Ventile als auch die Betätigungsvorrichtungen, die die pneumatische Leistung um das Triebwerk herum steuern, wurden von Liebherr-Aerospace Toulouse SAS, Toulouse (Frankreich) entwickelt und werden von dem Hersteller für Luftfahrt-ausrüstung hergestellt und gewartet.

© Rolls-Royce plc 2019

30 Aerospace 2020 / 2021

Programme & Aufträge

Auch wenn die Niederlassung offiziell als „Liebherr Seattle Office“ bezeichnet wird, befindet sie sich tatsächlich in Everett, Washington (USA). Seit 2009 wird das Team von Dietmar Klauber als General Manager geleitet. „Unser Büro fungiert als Schnittstelle zwischen Boeing und den OEM-Standorten von Liebherr-Aerospace in Lindenberg (Deutschland) und Toulouse (Frankreich)“, erklärt Klauber die Aufgabe seines Büros. „Wir stellen so eine enge Verbin-dung zwischen den beiden Unternehmen sicher – sowohl für laufende Projekte als auch für mögliche zukünftige Flugzeug-programme. Wir können Boeing schnelle und hochwertige Unterstützung bieten und damit alle Anforderungen der aktuellen Programme erfüllen.“

Die elf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen täglich in Kontakt mit den Ingenieuren von Boeing. Bernhard Bauer arbeitet seit 1999 für Liebherr und ist seit 2009 in Seattle ansässig. Er ist einer der Verbindungsingenieure und leitet das Ingenieursteam im Liaison Office. „Wir müssen nicht nur über das erforderliche Wissen und Produktkenntnisse verfügen, son-dern auch über einige Soft Skills. Interkulturelles Verständnis, Problemlösungskompetenz, Organisationsstärke zur Priorisie-rung von Aufgaben und die Kommunikation mit Stakeholdern auf allen Ebenen gehören dazu“, erklärt Bauer. Für jedes Produkt gibt es einen eigenen Verbindungsingenieur, so dass in diesem Büro eine umfassende Bandbreite an Produktwissen und Fachkenntnis zusammenkommt. Beispielsweise gibt

Enge Zusammenarbeit mit BoeingIm Jahr 2007 begann ein Liebherr-Aerospace-Team von drei Personen in einem Büro in Seattle, Washington (USA), das Klimatisierungssystem, das von Liebherr für die Boeing 747-8 entwickelt und gefertigt wurde, zu betreuen. Heute umfasst das Liaison Office Team elf hochspezialisierte und engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Im Jahr 2020 feierten sie den Erstflug der Boeing 777X, des neuesten Flugzeugs von Boeing.

1979Vertrag Boeing 767: Achsenträger-Stell- zylinder für das Hauptfahrwerk

2003Vertrag Boeing 777-300: Druckregulierungsventile für den Treibstofftank

2007Vertrag Boeing 747-8: Klimatisierungs- und Triebwerkzapfluftsystem

2007Eröffnung des Liaison Office von Liebherr-Aerospace in Everett, Washington (USA)

31Aerospace 2020 / 2021

Programme & Aufträge

es einen Ingenieur, der sich um das Klimatisierungs- und Triebwerkzapfluftsystem für die Boeing 747-8 kümmert, ein anderer ist für das Flügelenden-Klappantriebssystem der 777X zuständig und so weiter. Da jeder Ingenieur für spezielle Systeme verantwortlich ist, sind die Zuständigkeitsbereiche klar definiert und die Problemlösung sowie die Kommunikation zwischen den Boeing- und den Liebherr-Aerospace-OEM-Teams läuft effektiv und reibungslos.

Das Team arbeitet stets zukunftsorientiert und bereitet sich darauf vor, die neuesten Qualitätsmethoden wie APQP (Advanced Product Quality Planning) und MBSE (Model Based Systems Engineering) zu implementieren. „Unser Ziel ist es,

unseren Kunden immer besser zu unterstützen und seine Anforderungen zu erfüllen“, kommentiert Dietmar Klauber. „Eine Möglichkeit könnte zum Beispiel sein, unser Geschäft von der zivilen Luftfahrt in den Militärbereich auszuweiten.“

Dieses eng zusammengewachsene Team hat hervorragende Ergebnisse und höchste Werte in der Kundenzufriedenheit erzielt, indem es Seite an Seite mit den Teams von Boeing arbeitet. Das zeigt, dass eine kleine Gruppe talentierter und intensiv arbeitender Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht nur in einem, sondern sogar in zwei großen Unternehmen einen entscheidenden Beitrag zum Erfolg leisten kann.

2012Vertrag KC-46: Druckregulierungsventile für den Treibstofftank

2015Vertrag Boeing 777X: Stellantriebe, hydraulische Motor- und zentrale Antriebseinheit für die Stellantriebe der Flügelvorderkante (Built to Spec) und der Flügelhinterkante (Built to Print)

2018Vertrag Boeing 787: elektronische Steuereinheit für die Bugradlenkung und Vertrag Boeing 777 / 777X: Steuerungssystem für das Hauptfahrwerk und Stellantrieb mit Lenkpositionsgeber

2014Vertrag Boeing 777X: Flügelenden- Klappantriebssystem

32 Aerospace 2020 / 2021

Programme & Aufträge

Partner seit über 40 Jahren: Embraer und Liebherr

Dreifache Zertifizierung des Praetor 600Der Praetor 600, der neue mittelgroße Business-Jet von Embraer, wurde im Mai 2019 von der FAA und der EASA zertifiziert. Vorausgegangen war die Zertifizierung durch die Brazilian Civil Aviation Authority ANAC einen Monat zuvor. Liebherr-Aerospace liefert das Druckablassventil des zusätzli-chen Treibstofftanksystems, das es dem Flugzeug ermöglicht, 4.018 Flugmeilen (7.441 Kilometer) zu absolvieren.

Das neue Treibstoffsystem des Business-Jets wurde von Embraer unter Berücksichtigung der höchsten regulatorischen Anforderungen entwickelt, um die Treibstoff-Entflammbarkeit deutlich zu reduzieren. Das Ventil ist eine der wichtigsten Komponenten des neuen Treibstoffsystems und wurde von Liebherr-Aerospace in Toulouse (Frankreich) entwickelt.

Dank des zusätzlichen Treibstofftanks kann der Praetor 600 interkontinental nonstop fliegen, wie zum Beispiel von London (England) nach New York (USA). Mit einem Fassungs-vermögen von bis zu zwölf Passagieren ist er in der Kategorie der mittelgroßen Business-Jets weltweit das Flugzeug mit der größten Reichweite.

Inbetriebnahme der C-390 MillenniumDie neue Embraer C-390 Millennium, ein Militärtransport- und Luftbetankungsflugzeug, ging im September 2019 bei ihrem ersten Kunden, der brasilianischen Luftwaffe, in Betrieb.

Liebherr-Aerospace liefert das integrierte Luftmanagementsys-tem für die C-390. Dieses beinhaltet ein Klimatisierungs- und Kabinendruckkontrollsystem der nächsten Generation. Ergänzt wird es durch Komponenten für das Zapfluftsystem sowie das Antivereisungssystem an den Flügeln und durch den integrierten Controller für das Luftmanagementsystem.

Selbst unter extremsten Betriebsbedingungen bietet das integ-rierte Luftmanagementsystem höchste Sicherheit und Komfort für die Truppen und die Flugzeugbesatzung. Zudem sind die Zapfluftventile mit neuester kompakter elektropneumatischer Technologie für Zapfluftsysteme ausgestattet.

Die Geschäftsbeziehung wurde vor über 40 Jahren aufgenommen, als Liebherr begann, Embraer mit Luftsys-temkomponenten für die Tucano zu beliefern. Seither ist viel passiert und das Jahr 2019 war ein besonderer Meilenstein für die Partnerschaft. Embraer feierte sein 50-jähriges Bestehen und Liebherr-Aerospace freut sich auf mindestens ein weiteres halbes Jahrhundert erfolgreicher Zusammenarbeit mit Embraer. Ein Blick zurück auf die jüngsten Erfolge dieser Partnerschaft.

33Aerospace 2020 / 2021

Programme & Aufträge

Inbetriebnahme der E195-E2Im September 2019 lieferte Embraer die erste E195-E2 an ihren Erstbetreiber Azul Linhas Aéras in Brasilien aus. Liebherr produziert das moderne Fly-by-Wire-Hochauftriebssystem mit integrierten Computern, das integrierte Luftmanagementsys-tem mit leichten elektropneumatischen und mechanischen Komponenten sowie das Lenkungsmodul des Bugfahrwerks für die E2-Flugzeugfamilie.

Lieferung des Hauptfahrwerks mit der Seriennummer 1.000 für die Embraer 170Im Oktober 2019 lieferte Liebherr das Hauptfahrwerk mit der Seriennummer 1.000 an die Endmontagelinie der Embraer 170 / 175 in São José dos Campos, São Paulo (Brasilien), aus. Embraer begann im März 2004 mit der Serienlieferung der Embraer 170 / 175, des ersten Mitglieds der E-Jet-Familie. Der Regionaljet verfügt über eine Sitzkapazität für 66 bis 78 Passagiere und kann bei Vollbesetzung eine Flugstrecke von 3.892 Kilometern (2.150 nautische Meilen) zurücklegen.

Erster Flug der E175-E2 mit Liebherr-Technologie an BordNur etwa zwei Monate später, im Dezember 2019, landete die E175-E2 nach ihrem erfolgreichen Erstflug in São José dos Campos. Sie wurde von dem stolzen Team des Flugzeugher-stellers sowie von Repräsentanten verschiedener Zulieferer in Empfang genommen.

In dem Regionaljet werden Schlüsseltechnologien verbaut, die von Liebherr entwickelt wurden: das Fly-by-Wire-Hoch-auftriebssystem mit integrierten Computern, das integrierte Luftmanagementsystem mit leichten elektropneumatischen und mechanischen Komponenten sowie das Bugfahrwerk- lenkungsmodul. Außerdem stellt Liebherr das Hauptfahrwerk für diesen Flugzeugtyp her.

Aufgrund der engen Zusammenarbeit von Liebherr und Embraer war es kein Zufall, dass der Flugzeughersteller während seiner Suppliers Conference 2019 in São José dos Campos erstmals drei Auszeichnungen an einen einzigen Lieferanten verlieh: Liebherr erhielt drei „Embraer Best Supplier Awards“ in den Kategorien „Best of the Best“, „Program Development“ und „Mechanical Systems“.

34 Aerospace 2020 / 2021

Liebherr-Aerospace an Bord des BelugaXL

Liebherr liefert für das BelugaXL- Programm das Klimatisierungssystem, mehrere Komponenten für das Zapfluft-system sowie das Luftzufuhrsystem (ein Teilsystem des Treibstofftank- Inertisierungssystems). Darüber hinaus produziert das Unternehmen das Hoch-auftriebssystem, den Fahrwerksklappen- antrieb sowie die Spoiler-Betätigung.

Während des gesamten Lebenszyklus des BelugaXL bietet Liebherr Support-Services für seine Komponenten und Systeme an, die sich an Bord befinden. Das Unternehmen verfügt über ein internationales Netzwerk für Wartung,

Reparaturen, Überholung und Ersatz- teilversorgung. So kann die Kunden-dienst-Organisation von Liebherr neben

der Kundennähe auch besten Service für Flugzeugbetreiber weltweit bieten.

Der „lächelnde“ BelugaXL misst insgesamt 63 Meter und ist somit sieben Meter länger als sein Vorgänger, der BelugaST

Programme & Aufträge

© Airbus

© Airbus

Mit dem Erstflug des BelugaXL, der einen Satz A350-XWB-Flügel transportierte, erreichte Airbus einen wichtigen Meilenstein

Am 9. Januar 2020 wurde der BelugaXL, das extra große Frachtflugzeug von Airbus, mit Systemen und Komponenten von Liebherr-Aerospace in Betrieb genommen.

35Aerospace 2020 / 2021

Programme & Aufträge

Keine Chance für Eis

Erstflug der G700

So sind beispielsweise 133 Flugzeuge des Typs Boeing B747-8 in Betrieb und haben bereits 2,5 Millionen Flugstun-den absolviert. An Bord jedes dieser Flugzeuge befinden sich vier Liebherr- Enteisungsventile für die Triebwerksgon-del. Die Ventile funktionierten problemlos

Am 14. Februar 2020 hob der neue, von der Gulfstream Aerospace Corporation gefertigte Business-Jet G700 zu seinem Erstflug ab und landete nach 2,5 Stunden sicher auf dem Savannah / Hilton Head International Airport in Georgia (USA).

Liebherr-Aerospace liefert das Pneumatik- Komponenten-Paket für das Rolls-Royce- Pearl-700-Triebwerk des Flugzeuges. Sowohl die leichten, hochzuverlässigen pneumatischen Ventile als auch die Betätigungsvorrichtungen, die die pneu-matische Leistung um das Triebwerk steuern, wurden von Liebherr-Aerospace in Toulouse (Frankreich) entwickelt, dem Kompetenzzentrum von Liebherr für Luftmanagementsysteme. Sie werden dort sowohl hergestellt als auch betreut.

Laut Gulfstream kann die G700 etwa 11.853 Kilometer (6.400 Flugmeilen) mit ihrer höchsten Reisegeschwindigkeit von 0,90 Mach fliegen. Das entspricht beispielsweise einer Reichweite von London (England) nach Kapstadt (Süd-afrika). Mit seiner Langstreckenreise-

geschwindigkeit von 0,85 Mach schafft der Jet 13.890 Kilometer (7.500 Flugmei-len), das heißt eine Distanz zwischen London und Buenos Aires (Argentinien).

Die G700 soll im Laufe des Jahres 2022 in Betrieb genommen werden.

Vor Kurzem hat der Business-Jet G700™ seinen ersten Flug erfolgreich absolviert. Liebherr-Aerospace liefert Komponenten für das hochleistungsfähige Pearl-700-Triebwerk des Geschäftsreiseflugzeugs.

Die Gulfstream G700 bei ihrem Jungfernflug

und haben die Erwartungen hinsicht-lich der Zuverlässigkeit übertroffen. Sie befinden sich auch an Bord des viermo-torigen Turbopropeller-Militärtransport-flugzeugs A400M. Bis heute wurden 80 Flugzeuge ausgeliefert und die A400M-Flotte hat fast 40.000 Flugstunden

absolviert. In ihrer Einsatzumgebung, die sehr starken Vibrationen ausgesetzt ist, funktionieren die Ventile von Liebherr außergewöhnlich gut und zuverlässig.

Enteisungsventile für die Triebwerks-gondeln werden zudem für Airbus A320neo-Flugzeuge verwendet. In jede Triebwerksgondel werden zwei Ventile installiert, die von Liebherr nicht nur entwickelt und gefertigt, sondern auch getestet und zertifiziert werden.

Die A400M am Flughafen von Colmar (Frankreich) mit dem Fertigungswerk von Liebherr-France im Hintergrund

© Gulfstream

Das umfangreiche Fachwissen von Liebherr über Enteisungsventile für Triebwerksgondeln an Verkehrs- und Militär-transport-Flugzeugen kommt nicht von ungefähr: Das Unternehmen beliefert seit vielen Jahren die Luftfahrtindustrie mit höchst zuverlässigen, leichten Hochdruck- und Hochtemperaturventilen.

36 Aerospace 2020 / 2021

Menschen & Gesellschaft

Wenn Veränderung die einzige Konstante ist

Frau Lemasson, seit dem Abschluss Ihrer Doktorarbeit in Aerodynamik im Jahr 1992 arbeiten Sie bei Liebherr. Was hat Sie vor mehr als 28 Jahren da- zu inspiriert, diesen Titel zu erwerben? Ich war schon immer sehr lernbegierig. Ich war mir aber irgendwie nicht sicher, was ich letztendlich werden wollte. Ich wusste, dass mir Physik und Mathema-tik Spaß machen. Also habe ich meinen Bachelor in Luftfahrttechnik an einer In-genieursschule gemacht. Dann bin ich tiefer in das Thema eingetaucht und

habe festgestellt, dass ich besonders von Strömungstechnik und Aerodynamik fasziniert bin. Daher beschloss ich, meinen Master in diesem Bereich zu machen. Danach wollte ich mich noch intensiver mit dem Thema beschäftigen und habe meine Doktorarbeit geschrieben.

Wie hat sich Ihre Rolle bei Liebherr im Laufe der Jahre verändert?Als ich angefangen habe, hatte Liebherr gerade begonnen, Forschungen im Be-reich der Aerodynamik anzustellen – es war damals ein ganz neuer Bereich! Unser Ziel war es, die Leistung von Klima-tisierungssystemen zu verbessern, und ich habe die meiste Zeit alleine gearbeitet. Nach und nach ist das Team immer größer geworden und auf drei Forscher im Bereich Aerodynamik angewachsen.

In den vielen Jahren, die darauf folg-ten, hatte ich das Glück, Expertenteams auch in anderen Bereichen zu leiten, zum Beispiel in Thermodynamik, Akustik, Materialien sowie Mechanik und Belastungs berechnung. Außerdem habe ich ein Team von Systemingenieuren in der Entwicklung geführt. Im Jahr 2014 wurde ich dann Head of Research, Deve-lopment, Qualification and Test Service.

Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit bei Liebherr am besten?Ich arbeite sehr gerne für ein familienge-führtes Unternehmen. Liebherr-Aerospace Toulouse ist wie ein kleines Unternehmen innerhalb eines großen Konzerns. So kann ich viel voranbringen, ohne zu viele hierarchische Entscheidungen abwarten zu müssen.

Ich finde es zudem gut, dass das Un-ternehmen sehr zukunftsorientiert ist und stark in neue Technologien und die Forschung investiert. Unsere Arbeit kann so auch in anderen Märkten angewen-det werden, wie beispielsweise in der Schienen verkehrs- oder Automobil-branche.

Was ist der Grund, dass Sie so lange bei Liebherr geblieben sind?Ich mag es, mich beruflich zu verändern. Liebherr hat es mir ermöglicht, immer neue Wege auf der Karriereleiter zu gehen. In jeder neuen Position konnte ich neues Wissen erlangen und meine Fähigkeiten anpassen, überdenken und neu ausrichten. Ich bin ein sehr neugie-riger Mensch. Daher gibt es in meinem beruflichen Leben nur eine Konstante – und das ist die Veränderung.

Eine beinahe 30-jährige Karriere, in der es noch immer Möglichkeiten gibt, sich zu verändern und neugierig zu bleiben: Mireille Lemasson, Quality Safety Environment Director bei Liebherr-Aerospace, kann auf einen beein-druckenden beruflichen Werdegang zurückblicken.

37Aerospace 2020 / 2021

Menschen & Gesellschaft

Der perfekte Job

Herr Baldauf, wie haben Sie von Liebherr erfahren? Liebherr-Aerospace Lindenberg hat ein Ausbildungsprogramm, bei dem an weiterführenden Schulen die besten Schüler ange-worben werden. Ich war gerade 17 Jahre alt und hatte die Mit-telschule 2018 abgeschlossen. Ich wusste noch nicht, welchen Weg ich einschlagen wollte. Aber eins wusste ich: Biotechno-logie und Chemie machen mir wirklich Spaß. Als ich dann den Flyer für die Ausbildung bei Liebherr gesehen habe, wusste ich einfach, dass ich mich bewerben musste, weil ich unbedingt etwas im Bereich Naturwissenschaften machen wollte.

Wie lange arbeiten Sie schon für Liebherr und was sind Ihre Aufgaben?Ich bin jetzt seit eineinhalb Jahren dabei und als Oberflä-chenbeschichter tätig. Kurz gesagt ist es meine Aufgabe, die Oberflächen von Metallteilen so zu behandeln, das heißt zu galvanisieren, damit sie nicht rosten.

Was mögen Sie am liebsten an Ihrer Arbeit?Mir macht es am meisten Spaß, etwas über Physik, Chemie und Naturwissenschaften zu lernen, auch wenn ich gerade nicht arbeite. Der Job ist wirklich perfekt für mich, weil ich verstehen muss, wie Chemie, Ionen, Metalle und andere Substanzen in den Elektrolyten funktionieren. Ich kenne kein anderes Unternehmen, das so viele verschiedene Verfahren für die Gal-vanisierung anwendet. Andere Auszubildende in meiner Klasse arbeiten nur mit einem Verfahren, während ich zahlreiche lerne: Eloxal (elektrolytische Oxidation von Aluminium), Verkupfern, Kadmieren, Versilbern, Verchromen, chemisches Vernickeln, Zink-Nickel-Beschichtung und Passivierung.

Wie lange dauert die Ausbildung und wie schwer war es, einen Ausbildungsplatz zu bekommen?Das Programm dauert drei Jahre, also habe ich die Hälfte schon hinter mir. Liebherr stellt pro Jahr vier oder fünf Ober-flächenbeschichter / innen ein. Um einen Ausbildungsplatz zu erhalten, muss man großes Interesse an Mathe, Physik und Chemie haben. Außerdem sind Organisations- und Planungs-fähigkeiten wichtig.

Wie stellen Sie sich Ihre weitere Karriere vor? Was möchten Sie nach Abschluss der Ausbildung tun?Ich denke, es gibt immer noch sehr viel zu lernen. Ich möchte in diesem Bereich weitermachen und ein Experte werden. Die Technik- bzw. Berufsschule werde ich 2021 abschließen und danach würde ich gerne Galvanikingenieur werden.

Welchen Rat würden Sie anderen Schülern geben, die über eine Ausbildung wie Ihre nachdenken?Wenn man einen Ausbildungsplatz bei einem internationalen Unternehmen wie Liebherr bekommen möchte, bei dem man viele Weiterentwicklungsmöglichkeiten hat, muss man sich darauf konzentrieren, gute Noten zu schreiben, verantwor-tungsbewusst zu sein und eine gute Arbeitsmoral an den Tag zu legen. Aber am wichtigsten ist es, Arbeit in einem Bereich zu finden, der mit den Lieblingsfächern in der Schule zu tun hat. Denn dann wird man in seinem Job erfolgreich und glück-lich. Arbeit ist dann keine Pflicht, sondern ein sehr schöner und wichtiger Teil des Lebens.

Alexander Baldauf ist ein junger, motivierter Auszubildender bei Liebherr-Aerospace in Lindenberg (Deutschland). Er weiß, was er will und wie es sich anfühlt, wenn man seine Arbeit wirklich liebt.

Hier erfahren Sie mehr über offene Stellen: www.liebherr.com/karriere

38 Aerospace 2020 / 2021

Programmbeteiligungen –

Starrflügler

AirbusAirbus A220• Fahrwerkssystem• Integriertes Luftmanagementsystem

Airbus A300-600• Betätigungszylinder der oberen Laderaumtür• Fahrwerksklappen-Betätigungszylinder• Bugfahrwerk• Hochauftriebssystem• Kabinendruckregelsystem• Krüger-Betätigungszylinder• Verriegelungsbetätigungszylinder

Airbus A310• Bugfahrwerk• Hochauftriebssystem• Kabinendruckregelsystem• Krüger-Betätigungszylinder

Airbus Single Aisle Family ceo / neo• Avionik-Kühlsystem • Laderaum-Heizsystem• Hochauftriebssystem• Hochdruck / Energieübertragungseinheit

Manifolds• Klimatisierungssystem• Luftkühler• Seitenruder-Servosteuerung• Sicherheitsventil• Treibstofftank-Inertisierungssystem –

CSAS (außer A319CJ) • Triebwerkabzapfluftsystem

Airbus Long Range Family ceo / neo• Avionik-Kühlsystem• Fahrwerksklappen-Betätigungszylinder• Federstrebe• Frachttür-Betätigungszylinder• Hilfstriebwerk-Getriebe • Hochauftriebssystem• Klimatisierungssystem• Laderaum-Heizsystem• Luftbefeuchtungssystem

Crew-Aufenthaltsräume• Luftkühler• Seitenruder-Servosteuerung

(Airbus A340 Enhanced)• Spoiler-Servosteuerung• Treibstofftank-Inertisierungssystem – CSAS• Triebwerkabzapfluftsystem

Airbus A350 XWB• Aktives Differenzialgetriebe Landeklappen• Beweglicher Dämpfer• Bugfahrwerk• Strebe mit Kraftmessdose• Vorflügelklappenbetätigung

Airbus A380• Hochauftriebssystem• Laderaum-Heizsystem• Luft- / Hydraulikkühlsystem• Luftversorgungskühlungsreservoir• Pneumatisches Verteilsystem• Spoiler-Betätigung• Triebwerkabzapfluftsystem• Zusatzkühlsystem

Airbus BelugaXL• Fahrwerksklappenantrieb• Hochauftriebssystem• Klimatisierungssystem• Komponenten für das Zapfluftsystem• Luftzufuhrsystem (Teilsystem des Treibstofftank-

Inertisierungssystems)• Spoiler-Betätigung

Airbus Defence and SpaceA400M• Belüftungssteuerung• Flügel-Anti-Eis-Ventile• Flügelendenbremse• Frachttorrampen-Betätigungssystem• Kabinendruckregelsystem• Klimatisierungssystem• Rumpf-Anti-Eis-System• Spoiler-Servosteuerung• Treibstofftank-Inertisierungssystem –

CSAS-Komponenten• Triebwerkabzapfluftsystem• Querruder, Höhenruder,

Seitenruder-Servosteuerung• Zentrale Antriebseinheit

Eurofighter / Typhoon• AMAD-Getriebe• Betätigungszylinder primäre Flugsteuerung –

Fly-by-Wire-Technologie• Bremsklappen-Servosteuerung• Bugfahrwerk• Bugfahrwerk-Einfahrbetätigungszylinder• Filterpaketeinheiten• Hauptfahrwerk-Seitenstreben• Motorgetriebene Hydraulikpumpe

AntonovAN-74 / AN-140• Kabinendruckregelsystem

AN-132 / AN-148 / AN-158 / AN-178-Prototype• Integriertes Luftmanagementsystem

ATRATR 42 / 72• Integriertes Luftmanagementsystem

AVICMA700• Ventil-Aktuator

BoeingB747-8• Klimatisierungssystem• Triebwerkabzapfluftsystem

B777-200LR• Treibstofftank-Druckregelventil

B777 / B777X• Hauptfahrwerksteuerungssystem

B777X• Flügelenden-Klappantriebssystem• Hochauftriebssystem-Stellantriebe• Zentrale Antriebseinheit und Hydraulikmotor für

Betätigungssystem der Flügelvorderkanten

B787• Elektronische Bugradlenkung-Steuereinheit

KC-46• Treibstofftank-Druckregulierungsventile• Schlauchtrommel-Antriebssystem

Bombardier AerospaceChallenger 300 / 350• Hoch- und Niederdruckleitungen• Integriertes Luftmanagementsystem• Landeklappenbetätigungssystem

Global Express / G5000 / G5500• Dämpferstrebe Bugfahrwerk• Integriertes Luftmanagementsystem• Kabinenluftbefeuchtungssystem

G6000 / G6500 / G7500 / G8000• Integriertes Luftmanagementsystem

COMACARJ21• Fahrwerkssystem inkl. Bremssystem,

Rädern und Reifen• Hoch- und Niederdruckleitungen• Integriertes Luftmanagementsystem

C919• Fahrwerkssystem• Hoch- und Niederdruckleitungen• Integriertes Luftmanagementsystem

Daher-SocataTBM850 / 900• Kabinendruckregelsystem• Klimatisierungssystem• Triebwerkabzapfluftsystem

Programmbeteiligungen

39Aerospace 2020 / 2021

Dassault AviationFalcon 50EX / 900 / 2000 / 2000EX• Kabinendruckregelsystem• Klimatisierungssystem• Triebwerkabzapfluftsystem

Falcon 6X• Luftmanagementsystem• Kabinenluftbefeuchtungssystem

Falcon 7X / 8X• Kabinenluftbefeuchtungssystem• Triebwerkabzapfluftsystem

Mirage 2000• Kabinendruckregelsystem• Klimatisierungssystem• Triebwerkabzapfluftsystem

Rafale• Kabinendruckregelsystem• Klimaanlagen-Komponenten• Triebwerkabzapfluftsystem

EmbraerAMX• Kabinendruckregelsystem

C-390 Millennium• Flügel-Anti-Eis-Ventile• Kabinendruckregelsystem• Klimatisierungssystem• Schlauchtrommel-Antriebssystem• Triebwerkabzapfluftsystem

E-Jets E1• Fahrwerkssystem inkl. Bremssystem,

Rädern und Reifen

E-Jets E2 • Bugfahrwerklenkungsmodul• Hochauftriebssystem• Integriertes Luftmanagementsystem• Hauptfahrwerk-Produktion (E175 E2)

Embraer 135 / 145 / Legacy 650• Bugfahrwerk• Kabinendruckregelsystem• Landeklappenbetätigungssystem

Legacy L500ER• Treibstofftank-Druckregelungssystem

Lineage• Fahrwerkssystem inkl. Bremssystem,

Rädern und Reifen

Praetor 600• Druckablassventil des zusätzlichen

Treibstofftanksystems

Super Tucano• Luftsystemkomponenten

Tucano• Luftsystemkomponenten

FAdeAIA-63 Pampa III• Fahrwerkkomponenten• Hochauftriebssystem-Komponenten• Primäre Flugsteuerungskomponenten• Komponenten für Klimatisierungs-, Heizungs-

und Ventilationseinheiten

HALALH• Heiz- und Belüftungssystem

Dornier 228• Bugfahrwerklenkungssystem• Fahrwerksbetätigungszylinder• Landeklappenbetätigungssystem

HJT 36• Kabinendruckregelsystem

Jaguar• Kabinendruckregelsystem

Tejas• Kabinendruckregelsystem

IAIG200• Hochauftriebssystem• Kabinendruckregelsystem-Komponenten

Irkut – Regional AircraftSuperJet 100• Fly-by-Wire-Flugsteuerungssystem• Integriertes Luftmanagementsystem

Leonardo (Aircraft)C27-J• MELTEM III-MMI Hilfskühl-System• MELTEM III-MMI Klimatisierungskontrolleinheit

M-346• Bugfahrwerkslenkungssystem• Bugfahrwerkssystem• Hauptfahrwerkssystem

Longview / De Havilland CanadaQ400• Kabinendruckregelsystem

Mitsubishi Heavy IndustriesCRJ700 / 900• Integriertes Luftmanagementsystem• Niederdruckleitungen

CRJ1000• Command-by-Wire-Seitenruder,

Steuerungssystem• Integriertes Luftmanagementsystem• Niederdruckleitungen

RUAG AerospaceDornier 228 New Generation• Bugfahrwerklenkungssystem• Fahrwerksbetätigungszylinder• Landeklappenbetätigungssystem

Textron Beechcraft750 / 850XP / 900XP• Kabinendruckregelsystem

TRJet328 Series• Luftmanagementsystem• Landeklappen- und Spoiler-

Betätigungssubsystem

Programmbeteiligungen

40 Aerospace 2020 / 2021

Programmbeteiligungen –

Drehflügler – Triebwerke – Antriebe – Störbehälter

Airbus Defence and SpaceMRTT ARBS• Seiten- / Höhenruder-Steuersystem

CobhamCobham Mission Equipment

POD• Schlauchtrommel-Antriebssystem

Airbus (Helicopters)AS350 / 355 Ecureuil• Klimatisierungssystem-Komponenten• Zahnräder für Hauptgetriebe

AS365 • Klimatisierungssystem

BK117• Hydraulikaggregat• Servosteuerung Haupt- und Heckrotor• Zahnräder für Getriebe

H120• Klimatisierungssystem-Komponenten

H130• Klimatisierungssystem

H135 / H135M• Hydraulikaggregat• Servosteuerung Haupt- und Heckrotor• Zahnräder für Getriebe

H145• Heckrotorgetriebe• Hydraulikaggregat• Servosteuerung Haupt- und Heckrotor• Zahnräder für Getriebe

H160• Hauptrotorstellantriebe• Heckrotorgetriebe• Heizventil• Klimatisierungssystem-Komponenten

H175• Klimatisierungssystem-Komponenten

H225 / H225M• Klimatisierungssystem-Komponenten• Heizsystem

NH90• Betätigungssteuerungscomputer• Fly-by-Wire-Servosteuerung Haupt- und

Heckrotor• Getriebe Hilfstriebwerk• Klimatisierungssystem-Komponenten

Tiger• Heckfahrwerk• Klimatisierungssystem• Servosteuerung Haupt- und Heckrotor• Zahnräder für Heckgetriebe

UH-72A Lakota LUH• Hydraulikventilblock / -behälter• Servosteuerung Haupt- und Heckrotor• Zahnräder für Getriebe

AVIC HAIGAC 312• Klimatisierungssystem

BoeingMH-139• Fahrwerkssystem• Klimatisierungssystem

IAIElta• Klimatisierungseinheit

KamovKA-226T• Klimatisierungssystem

KopterSH09• Hauptrotorstellantrieb

Programmbeteiligungen

41Aerospace 2020 / 2021

Korean Aerospace IndustriesKHP• Klimatisierungssystem-Komponenten

KT-1• Kabinendruckregelsystem• Triebwerkabzapfluftsystem• Ventilationskontrollsystem

Leonardo (Helicopters)AW109• Klimatisierungssystem

AW139• Fahrwerkssystem• Klimatisierungssystem

AW149 / AW189• Fahrwerkssystem• Fly-by-Wire-Haupt- und -Heckrotor-

Betätigungszylinder• Klimatisierungssystem

AW169• Klimatisierungssystem

T129• Klimatisierungssystem

NORDAMA320neo-Triebwerksgondel• Enteisungsventil

Northrop GrummanLitening• Klimatisierungseinheit für POD

RafaelLitening• Klimatisierungseinheit für POD

Rolls-RoycePearl 700• Pneumatik-Komponenten-Paket

Trent 7000• Hochdruck-Rückschlagventil

UltraFan®

• Leistungsgetriebe*• Temperaturregelventil

*In Zusammenarbeit mit Aerospace Transmission Technologies GmbH – ein Gemeinschaftsunternehmen von Liebherr-Aerospace und Rolls-Royce.

ThalesDamocles• Klimatisierungseinheit für POD

RECO NG• Klimatisierungseinheit für POD

MELTEM II• Klimatisierungseinheit

Turkish AerospaceTurkish Light Utility Helicopters (TLUH)• Klimatisierungssystem• Ölkühlsystem

VR-TechnologiesVRT-500• Klimatisierungssystem

Programmbeteiligungen

42 Aerospace 2020 / 2021

Liebherr-Transportation Systems

Bestehende Erfahrungen auf Automobilanwendungen übertragen

Liebherr-Aerospace verfügt über um-fassende Erfahrung in der Entwicklung von elektrisch angetriebenen Turbo- maschinen für die Luftfahrt und den Schienenverkehr. Seit mehr als einem Jahrzehnt arbeitet das Unternehmen zudem mit großen Herstellern zusam-men, um seine Erfahrung auch im Automobilbereich einzubringen und die nächste Generation von Brennstoff- zellen-Fahrzeugen zu entwickeln. Diese Forschungsarbeit hat sich jüngst ausge-zahlt, als das Unternehmen einige Auf-träge in diesem Bereich für sich gewinnen konnte.

Neuer elektrischer TurbokompressorIm Jahr 2018 wurde Liebherr-Aerospace von einem großen Automobilhersteller in China damit beauftragt, einen elektri-schen Turbokompressor samt Leistungs- elektronik zu entwickeln, der in der

nächsten Generation von Fahrzeugen mit Brennstoffzellen-Antrieb zum Ein-satz kommen soll.

Seit 2019 arbeitet Liebherr mit einem Schweizer Spezialisten für Brennstoff-zellen-Antriebe zusammen, der die elektrisch angetriebenen Turboma-schinen von Liebherr-Aerospace auf einer Schwerlastkraftwagen-Plattform einsetzen wird. Die Turbomaschinen werden Bestandteil von Brennstoffzell-systemen in Schwertransportern sein, die in der Nahrungsmittellogistik zweier riesiger Supermarktketten in Europa zum Einsatz kommen werden. Diese Verein-barung ist der erste Schritt, um die Tür für einen zusätzlichen Anwendungsbe-reich von Liebherr-Turbokompressoren zu öffnen: den kommerziellen Transport von Nahrungsmitteln auf der Straße.

Die Turbokompressoren von Liebherr zeichnen sich dadurch aus, dass sowohl die Leistungselektronik als auch der Kom-pressor parallel als ein System entwickelt wurden. Daraus resultieren Verbesserun-gen in vielen Bereichen: Gewicht, Einbau, kompakte Maße und schließlich Effizienz.

Gekühltes Aufladen für E-FahrzeugeLiebherr-Transportation Systems ist auch ein Wegbereiter für thermische Klima-tisierungseinheiten für Batterien, die in Zügen, Bussen und Autos eingesetzt werden. Die Kühlsysteme stellen sicher, dass Batterien unter optimalen thermi-schen Bedingungen laufen, wodurch ihre Lebensdauer verbessert wird. Dies ist eine umweltfreundliche Lösung, die CO2-Emissionen deutlich reduziert und somit ideal für Fahrten in der Stadt ge-eignet ist. Diese Systemart bietet den Passagieren zudem ein ruhigeres und

Liebherr erzielt gute Ergebnisse bei der Entwicklung von sauberen und effizienten alternativen Energiequellen. Ob Wasserstoffbrennstoffzellen oder elektrische Systeme, das Unternehmen ebnet den Weg für intelligentere und grünere Mobilität weltweit – sei es im Luftraum, auf Eisenbahnschienen oder sogar bei Automobilanwendungen auf den Straßen. Kürzlich haben zwei Anwendungen deutliche Fortschritte verzeichnet: elektrische Turbokom-pressoren für Brennstoffzellen-Fahrzeuge und Kühleinheiten für Ladestationen für Elektrofahrzeuge.

43Aerospace 2020 / 2021

Liebherr-Transportation Systems

angenehmeres Fahrerlebnis – eine Tech-nologie, die nicht nur für die Umwelt gut ist, sondern auch für Konsumenten.

Darüber hinaus ist Liebherr-Transportati-on Systems stolz darauf, von ITT Cannon als Lieferant für aktive Kühleinheiten ausgewählt worden zu sein, die für deren flüssigkeitsgekühlte DC-High-Power-Ladestationen benötigt werden. Durch diesen Auftrag kann Liebherr einen wesentlichen Beitrag zur Weiter-entwicklung der E-Mobilität leisten. Erste

Kühleinheiten, Kabel und Anschlüsse wurden bereits für den Einbau in die ultraschnellen Ladestationen von Elek-trofahrzeugen in den USA und Europa geliefert.

Die Prototypen der aktiven Kühleinheiten, auch Thermal Conditioning Units (TCU)genannt, wurden von Liebherr-Trans-portation Systems speziell für Ladesta-tionen für Elektrofahrzeuge entwickelt. Diese wurden dann von ITT Cannon, gemeinsam mit der Electric Mobility

Division von Efacec, einem der welt-weit führenden Anbieter von schnellen Ladelösungen, umfassend und erfolg-reich im Vorfeld getestet. Die Techno-logie von Liebherr kühlt das innovati-ve Hochleistungs-Ladekabel sowie den Ladestecker von ITT Cannon, um zuverlässig einen Temperaturanstieg während des Aufladens zu begrenzen.

Eine effiziente alternative Stromquelle: der elektronische Turbo- kompressor von Liebherr für Brennstoffzellen-Fahrzeuge

Liebherr-Technologie kühlt das innovative Hochleistungs-Ladekabel ITT Cannon HPC sowie die Anschlüsse während des Aufladens

„Wir arbeiten kontinuierlich daran, an der Spitze neuer Entwicklungen für umweltfreundlichere Energiequellen zu stehen. Umweltfreundliche Technolo-gien im Blick zu haben ist ein wichtiger Teil unserer langfristigen Strategie.“Francis Carla, Chief Technology Officer, Liebherr-Aerospace & Transportation SAS

© ITT Cannon

44 Aerospace 2020 / 2021

Liebherr-Transportation Systems

Klimaanlagen für den ČD Railjet

Erfolgreiche Inbetriebnahme des neuen hydraulischen Niveauregulierungssystems

Hergestellt werden die Klimasysteme im Liebherr-Kompe-tenzzentrum für Klimatisierungssysteme und hydraulische Betätigungssysteme für Schienenfahrzeuge in Korneuburg (Österreich).

Bis zum Jahr 2021 sollen die Klimatisierungssysteme bereit-gestellt werden, weil der tschechische Betreiber, České Dráhy, zu diesem Zeitpunkt seine Züge auf der Strecke Budapest- Bratislava-Prag in Betrieb nehmen möchte. Der Auftrag beinhaltet die kompakten Klimageräte, die im Unterflurbereich der Wagen installiert werden, sowie die zugehörigen Peripheriegeräte und -teile. Dieser Vertrag ist ein weiteres Beispiel für die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Siemens und Liebherr.

Die Inbetriebnahme des Niveauregulierungssystems wurde im Herbst 2019 am CRRC-Standort Qingdao (China) an einem seriennahen Prototyp durchgeführt. Das Entwicklungsteam von Liebherr-Transportation Systems leistete somit einen wesentlichen Beitrag für eine erfolgreiche und termingerechte Auslieferung der Fahrzeuge an den Kunden von CRRC.

Die ersten Niveauregulierungssysteme wurden bereits für zehn Wagenausrüstungen für die Endmontage an CRRC ausgelie-fert. Die Fahrzeuge müssen in Chicago, Illinois (USA), in einer einjährigen Testphase ihre einwandfreie Funktion und Verläss-lichkeit unter Beweis stellen, bevor die Serienlieferung Ende 2020 starten wird.

Das System ist in der Lage, den Fußboden des Fahrzeuges genau an die jeweilige Bahnsteigplattform anzupassen: Fährt der Wagen in die Bahnstation ein, erfassen Sensoren die Bahn-steighöhe. Auf Basis dieser Höhenmessung werden je Wagen vier Hydraulikzylinder aktiviert, die mit je sechs Tonnen die Stahlfedern zwischen Wagenkasten und Fahrwerk zusammen-ziehen. Das Fahrzeug wird somit gesenkt, bis die Ausstiegs-kante exakt mit der Bahnsteigplattform übereinstimmt, um ein barrierefreies Ein- und Aussteigen zu ermöglichen. Prototyp-Wagen der 7000er-Serie von CTA

© CRRC Sifang America

© Siemens

Liebherr-Transportation Systems unterzeichnete mit der in Wien (Österreich) ansässigen Siemens Mobility Austria GmbH einen neuen Vertrag über die Lieferung von 50 Klimasystemen für den tschechischen ČD Railjet.

Tschechischer ČD Railjet

Liebherr-Transportation Systems hat die Inbetriebnahme seines hydraulischen Niveauregulierungssystems für die neuen Stadtbahnwagen der 7000er-Serie der Chicago Transit Authority in Chicago (CTA) erfolgreich abgeschlossen. Die Wagen werden von der China Railway Rolling Stock Corporation (CRRC), dem weltweit größten Hersteller für Straßenbahnwagen, gebaut und geliefert.

45Aerospace 2020 / 2021

Liebherr-Transportation Systems

Unterwegs auf den Schienen in Texas

Neue Technologie für Klimaanlagen

Darüber hinaus wurde eine Option für Klimaanlagen für mehr als 500 weitere Wagen abgeschlossen. Die Auslieferung soll 2020 beginnen und bis Dezember 2022 abgeschlossen sein.

Die optionierten Klimatisierungssysteme sollen mit natürlichem Kältemittel (CO2) ausgerüstet werden. Diese für den Schienen-bereich neue Technologie wurde bei Liebherr in den letzten Jahren bis zur Serienreife entwickelt. Die Intercity-Reise- zugwagen sollen im Passagierbetrieb eingesetzt werden und schwerpunktmäßig im grenzüberschreitenden Betrieb unter anderem nach Deutschland und Italien verkehren.

Der Auftrag unterstreicht das Vertrauen, das Siemens in die Fähigkeit von Liebherr setzt, neue Technologien in der Branche zu beherrschen und erfolgreich auf den Markt zu bringen.

Diese werden von Trinity Metro auf der TEXRail-Pendlerstrecke in Tarrant County, Texas (USA), betrieben. Die 43 Kilometer lange Route verläuft zwischen dem Stadtzentrum von Fort Worth und dem Dallas / Fort Worth International Airport. Für das TEXRail-Projekt wurde ein neues pneumatisches Niveau- regulierungssystem von Stadler entwickelt, das vertikale Dämpfer mit Wegsensoren beinhaltet, die von Liebherr konstruiert wurden und gefertigt werden. Das Dämpferdesign wurde bereits erfolgreich in vielen hydraulischen Niveaureg-ulierungssystemen eingesetzt. Zwei dieser Spezialdämpfer werden in jedem Fahrgestell vertikal eingebaut. Jeder Dämpfer meldet die Kolbenposition über den gesamten Hub. Die Zugkontrolleinheit erhält das Signal von dem Dämpfer und reguliert mit Hilfe von zwei Magnetventilen die erforderliche Luftmenge, um das Wagenniveau zuverlässig anzupassen.

Diese neue Technologie reduziert den Energieverbrauch des Fahrzeugs, da wesentlich weniger Druckluft erzeugt werden muss. Darüber hinaus garantiert sie aber auch die zuverlässige Überwachung des Wagens. Ein weiterer Vorteil ist, dass kein mechanisches Schaltgestänge mehr zur Regulierung der Druckluftmenge benötigt wird, das möglicherweise durch Vereisung oder Steinschlag beschädigt werden könnte.

Dämpfer von Liebherr werden in dieselelektrischen Triebzügen des Typs FLIRT in Texas (USA) im Einsatz sein

Liebherr liefert Klimaanlagen für die Intercity-Züge des Typs Viaggio von Siemens

© Siemens

© Stadler

Siemens Mobility Austria GmbH, Wien (Österreich), beauftragte Liebherr-Transportation Systems, Korneuburg (Öster- reich), damit, 21 Intercity-Reisezüge des Typs Viaggio für die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) mit Klimasystemen für die Fahrgasträume auszurüsten.

Stadler US Inc. mit Sitz in Salt Lake City, Utah (USA), erteilte Liebherr-Transportation Systems einen Auftrag über 72 Stoßdämpfer mit integrierten Wegsensoren für dieselelektrische Niederflur-Triebzüge des Typs FLIRT.

46 Aerospace 2020 / 2021

Die Firmengruppe Liebherr

Die Schaufel gräbt sich tief in den Kies. Der A 913 Compact Litronic wendet auf engster Fläche, um den bereitstehenden gigantischen knickgelenkten Muldenkipper zu beladen. Am Steuer des Mobilbaggers sitzt Manuel Wirthensohn, der an der Fracht nur am Rande interessiert ist. Ihm geht es vielmehr um die Maschine selbst, um die Wendigkeit und das Lastenspiel des neuen Hydraulikbaggers.

Wirthensohn ist Versuchsingenieur und als Gruppenleiter im Bereich Testing and Validation zuständig für Erdbewegungs-maschinen von 10 bis 24 Tonnen. Mit umfangreicher Mess-technik fühlen er und sein Team dem A 913 Compact Litro-nic, einem neuen, besonders kompakten Hydraulikbagger, seit Wochen ganz praxisnah auf den Zahn. „Was noch nicht perfekt ist, wird sofort verbessert – parallel zum laufenden Testbetrieb“, erklärt Wirthensohn mit einem Augenzwinkern.

Die Zeit drängt. Der Serienstart steht vor der Tür. Schon bald soll der A 913 Compact Litronic auf innerstädtischen Baustellen all seine Stärken ausspielen – ohne irgendwelche Kinderkrank- heiten. Damit die Feinabstimmung der Maschine perfekt gelingt,

können Manuel Wirthensohn und sein Team das neue, europaweit einzigartige Ent-wicklungs- und Vorführzentrum der Liebherr-Hydraulikbagger GmbH in Kirchdorf an der Iller nutzen. Entwickler, Konstruk-teure und Tester arbeiten hier Hand in Hand zusammen. Nie lagen die unterschiedlichen Kompetenzen auch räumlich näher beieinander.

Wenn Ideen Form annehmenKomplexe Datenberechnungen, digitale Simulationen und viele hundert Stunden Graben und Fahren auf anspruchsvollem Testgelände: In Kirchdorf an der Iller (Deutschland) perfektioniert Liebherr die Entwicklung der nächsten Generation von Erdbewegungs- und Materialumschlagmaschinen.

„Wir arbeiten bei der gesamten Produktentwicklung sehr eng mit den Konstrukteuren und anderen Fachbereichen zusammen – kurze Wege und persönlicher Austausch sind dabei ein echter Vorteil.“ Manuel Wirthensohn, Head of Testing and Validation, Product Line Hydraulic Excavator

47Aerospace 2020 / 2021

Die Firmengruppe Liebherr

Drehmomentschlüssel und Schraubendreher sind bei dieser Zusammenarbeit für die Techniker genauso wichtige Werkzeuge wie Messsensorik, Laptop-Anschlüsse und digitale Analyse-tools. „Wir vermessen die gesamte Maschine und alle An-bauten, um möglichst viele Erkenntnisse aus der Praxis zu gewinnen“, berichtet Manuel Wirthensohn.

Beim A 913 Compact sind es mehr als 60 Messpunkte, mit denen die Ingenieure bei den Prototypen das hydraulische Drucksystem und die Bewegungsumfänge bei den Arbeitsvorgängen erfassen. „Zwei Tage braucht es, um das Gerät einzurichten. Die Tests selber laufen dann über Monate. Verbesserungen setzen wir in dieser Zeit gleich um und beziehen sie ins Testgeschehen ein“, berichtet Wirthensohn.

Konstruktion und Testing gehen Hand in HandAls der Motor des Prototyps zum ersten Mal gestartet wurde, war auch Entwick-lungsingenieur Mathias Graf zur Stelle – dessen Büro nur wenige Meter von der Testhalle entfernt liegt. „Das war ein großer Moment“, erinnert er sich. „Da ist man als Konstrukteur sehr gern dabei.“ Er und seine Kollegen aus der Konstruk-tionsabteilung begleiten die Maschinen schließlich von den ersten Ideen- skizzen auf einem Blatt Papier bis zur Fertigstellung. Und darüber hinaus sogar zu Testeinsätzen beim Kunden.

Mit Virtual Reality der eigenen Zeit vorausCa. 36 Monate dauert eine Entwicklung wie die des A 913 Compact. Um die Ent-wicklungszeiten kurz zu halten und best-mögliche Ergebnisse zu erzielen, arbeiten die Konstrukteure seit Kurzem auch mit Virtual Reality. „Damit können wir bei-spielsweise bereits am virtuellen Prototyp Sichtfelduntersuchungen durchführen“, so Graf. Damit werde sichergestellt, dass die Rundumsicht in alle Richtungen für jeden Fahr- und Arbeitszustand ausrei-chend Sicherheit bietet. Außerdem biete Virtual Reality die Möglichkeit, die Zugänglichkeit von Service- und War-tungsorten bereits im Vorfeld zu prüfen.

„Diese 3D-Simulationen ermöglichen es uns, Bauteile und Komponenten zu testen, die es noch gar nicht gibt. So können wir Fehler bereits ausmerzen, bevor der Prototypenbau überhaupt startet“, erläutert Mathias Graf die Vorteile der neuen Technologie.

Aber so nah man mit digitalen Lösungen auch an die Realität heranrücken könne, das echte Baggern im Testgelände sei nach wie vor unverzichtbar. „Einen Mobilbagger und seine ganze Kraft bei der Arbeit zu spüren, ist und bleibt einzigartig“, schildert Graf. Das neue Entwicklungs- und Vorführzentrum verbindet damit optimal beide Welten – die virtuelle und die reale.

Erfahren Sie hier mehr zur Produktentwicklung in unseren Videos:www.liebherr.com/development-testing

„VR eröffnet uns künftig ganz neue Möglichkeiten für die Optimierung von Bauteilen und Prozessen“, erklärt Entwicklungsingenieur Mathias Graf

Manuel Wirthensohn und Mathias Graf sprechen regelmäßig über Testergebnisse

48 Aerospace 2020 / 2021

Die Firmengruppe Liebherr

MobilkraneEin halbes Jahrhundert Mobilkrane aus Ehingen (Deutschland)

Das 50. Jubiläum der Liebherr-Werk Ehingen GmbH wird gefeiert. Aus dem am 22. Februar 1969 eröffneten Werk wurde eine Erfolgsgeschichte deut-scher Ingenieurskunst. Heute ist Lieb-herr Weltmarktführer bei Mobilkranen. Durchschnittlich jeder zweite All-Ter-rain-Mobilkran stammt aus Ehingen. Dort produzieren 3.600 Mitarbeiter jähr-lich mehr als 1.800 Mobil- und Raupen-krane.

VerkehrstechnikCelsineo erfindet die Transportklimatisierung neu

Unter der neuen Marke Celsineo kooperieren Liebherr und Krone bei der Entwicklung, dem Vertrieb und dem Service von Kühlaggregaten für Trailer. Das patentierte Kühlaggregat steigert durch einen neu konzipierten modularen Aufbau die Flexibilität und Effizienz im temperaturgeführten Straßengü-terverkehr. Celsineo verbindet somit die Kühlkompetenz von Liebherr mit der Kühlsattelauflieger-Expertise von Krone.

Baumaschinen14.000 Quadratmeter Liebherr auf der Bauma

Unter dem Motto „Together. Now & Tomorrow.“ begeistert Liebherr Besucher der Bauma 2019 mit Innovationen von heute und Lösungen für morgen. Der Messestand umfasst 14.000 Quadratmeter und rund 100 Exponate – darunter über 60 Baumaschinen und Krane. Damit ist der Liebherr-Stand einer der größten Messeauftritte der Welt. Im Fokus stehen Technologien in den Bereichen Digitalisierung und Konnekti-vität, Effizienz und Produktverantwortung.

49Aerospace 2020 / 2021

Die Firmengruppe Liebherr

BaumaschinenDie Baustelle auf dem Schreibtisch

Die erste Augmented-Reality-App von Liebherr ist in den App-Stores verfügbar. Die AR-App macht Baustellen virtuell erlebbar – im Büro, unterwegs oder im Wohnzimmer. Mit dem Smartphone oder Tablet können die virtuellen Welten aus allen Blickwinkeln betrachtet werden. In unterschiedlichen Szenarien werden die wichtigsten Informationen rund um Raupenkrane, Seilbagger und Spezialtiefbaumaschinen multimedial erklärt.

Maritime KraneEin Kran der Superlative für Rostock (Deutschland)

„Drei, zwei, eins … bitte“ – auf dieses Kommando wird im Rostocker Über-seehafen der TCC 78000, einer der leistungsstärksten schienengebundenen Schwerlast-Portalkrane der Welt, im Rahmen einer Zeremonie feierlich ein-geweiht. Mitglieder der Familie Liebherr geben gemeinsam mit Ministern des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern den Startschuss für eine neue Ära des Schwerlastumschlages an der Ostsee.

SpezialtiefbauDer Spezialtiefbau elektrifiziert

Mit dem LB 16 unplugged geht beim Bau einer Anschluss-stelle der Autobahn A 14 in Österreich das weltweit erste akkubetriebene Drehbohrgerät in Betrieb. Das Spezialtief-baugerät aus dem Liebherr-Werk in Nenzing (Österreich) verfügt über ein elektrohydraulisches Antriebskonzept und kann durch den Akku kabellos eingesetzt werden. Auch bei der Beförderung des Betons auf die Großbaustelle wird auf Nachhaltigkeit Wert gelegt: Die Anlieferung erfolgt unter anderem mit einem Liebherr-Betonmischer mit elektrischem Trommelantrieb.

Mehr erfahren:www.liebherr.com/highlights

50 Aerospace 2020 / 2021

Rostocker RiesenMit dem TCC-78000-Portalkran hebt Liebherr in Rostock (Deutsch-land) maritime Krantechnologie auf ein neues Niveau. Der Ostsee-hafen rüstet sich mit diesem Kran der Superlative für große Aufgaben im Schwerlastumschlag. Darin steckt jede Menge Zukunft.

Fingerspitzengefühl für 1.400 Tonnen „Achterbahnwetter“ hatte der Deutsche Wetterdienst für diesen 12. Dezember gemeldet: „Die Tiefdruckgebiete geben sich nach und nach die Klinke in die Hand und transportieren mal milde, mal kalte Meeresluft ins Land.“ „Schietwetter“ sagen sie hier in Rostock dazu. Nicht dass Keno Dirks etwas dagegen hätte. Der gebürtige Ostfriese ist schließlich am Meer groß geworden und liebt das raue Klima an der Ostsee.

Doch heute Morgen ist dem Projektleiter der Liebherr-MCCtec Rostock GmbH jeder Lufthauch zu viel. Wenn die 1.400 Tonnen des HLC-Drehbühnenoberteils gehoben und in 40 Metern Höhe mil-limetergenau auf die Säule eines der größten Offshore-Krane der Welt gesetzt werden sollen, sind Störfaktoren wie Wind, Regen und Nebel nun wirklich nicht zu gebrauchen. Zumal es sich bei diesem Hub auf die „Orion“ um eine echte

„Der TCC 78000 kann nicht nur von Liebherr produzierte Krane aufbauen, sondern auch Produkte und Schwer- lastgüter aller Art direkt an der Kaikante verladen.“ Keno Dirks, Projektleiter der Liebherr-MCCtec Rostock GmbH

Weltpremiere handelt. Es ist der erste große Arbeitseinsatz des TCC 78000. Der neue Portalkran von Liebherr erschließt mit 164 Metern Höhe, einer maximalen Tragfähigkeit von 1.600 Tonnen und einem mit jeweils zehn Motoren angetriebenen Doppelfahrwerk Neuland in der maritimen Krantechnologie.

Um 5:00 Uhr sollte der Hub eigentlich beginnen. Alle sind bereit. Doch es regnet, der Wind treibt Nebelschwaden vor sich her. „Wir müssen warten. In drei Stunden

geht’s los“, heißt es über Funk. Die Männer nehmen es gelassen. Keno Dirks schaut zu dem TCC hinauf: „Ich habe schon viele Krane gebaut, auch viele sehr große, aber der TCC übersteigt alles bisher Dagewesene“, sagt er. „Dass ich ihn in seiner Entstehung vom ersten Moment an begleiten und mitvorantreiben konnte, macht mich schon ein wenig stolz.“ Gegen 8:00 Uhr ist es so weit. Dirks und das Liebherr-Team sind bereit.

Ein Schwergewicht auf festem Grund Bis zu 1.600 Tonnen auf Doppelschienen mit einer Spurweite von 30 Metern zu

bewegen, ist nicht nur eine Herausforderung an die Sta-tik des TCC 78000, sondern auch an den Untergrund, auf dem der Portalkran zwi-schen dem Liebherr-Werks-gelände und der Kaikante un-terwegs ist. Um den Kran in Betrieb nehmen zu können, waren umfangreiche Tiefbau-arbeiten im Werks- und Hafen- gelände nötig. „Wir haben hier 612 Pfähle mit einer Länge von jeweils 22,5 Metern in den Baugrund gebohrt. Ab ca. 15

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Metern Tiefe gründen diese in einer hochtragfähigen eiszeitlichen Boden- schicht. Das ist weltweit einmalig und gibt dem Kran auf unserem Gelände auch unter höchster Last einen sicheren Halt“, sagt Dirks.

Nicht nur für die Tiefbauarbeiten, auch für die Konstruktion und Produktion des neuen Prototyps sei man spartenweit zusammengerückt. „Wir mussten uns dazu nicht nur in Rostock, sondern auch mit den Kollegen im österreichischen Nenzing ganz neu aufstellen. Bauteile dieser Größenordnung hatten wir nie zuvor gefertigt und zusammengefügt“, berichtet Keno Dirks. „Damit stoßen wir, etwa im Stahlbau, in ganz neue Dimensi-onen vor und sind nun in der Lage, immer

größere und leistungsfähigere Krane für den Bau von Offshore-Windparks oder den Rückbau von Offshore-Platt-formen auszuliefern.“

Großes im Sinn Später am Tage ist es geschafft: Die Liebherr-Monteure verschrauben das Drehbühnenoberteil mit dem Drehbüh-nenunterteil auf der Portalsäule des HLC 295000. Es ist nicht nur der Rekordhub des TCC 78000, der hier heute Morgen maritime Krangeschichte geschrieben hat. Auch das Spezialschiff setzt einen Meilenstein für die Liebherr-MCCtec Rostock GmbH.

Der darauf montierte Schwerlast-kran HLC 295000 ist der leistungs-

„Offshore-Krane werden immer größer, weil die Komponenten, die sie auf hoher See zu verbauen helfen, immer größer und schwerer werden.“Udo Wosar, Head of Cargo Management bei Liebherr Maritime Cranes

Sehen Sie hier die Videos des Hubs:www.liebherr.com/rostock-giants

stärkste Offshore-Kran, den Liebherr je gebaut hat. „Immer größer, leistungsfähiger und viel-seitiger: Das sind die Heraus- forderungen des maritimen Kran-baus von heute und morgen“, stellt Udo Wosar, Head of Cargo Management bei Liebherr Maritime Cranes, fest. Mit seinem Team organisiert er die Verladung von maritimen Kranen aller Art. „Muss-ten wir in der Vergangenheit für das Verschiffen von Großkranen

externe Umschlagtechnik und teure Schwimmkrane nutzen, so eröffnet uns heute der TCC 78000 ganz neue Optionen für die Montage und die Verschiffung kompletter, vormontierter und bereits getesteter Geräte“, freut sich Wosar.

Der TCC 78000 steht dabei nicht nur Liebherr selbst, sondern auch anderen Nutzern des Rostocker Tiefseehafens zur Verfügung. „Das wird den Rostocker Hafen in seiner Gesamtheit voranbrin-gen“, ist Wosar überzeugt. „Es fühlt sich gut an, mit aller Liebherr-Kompetenz zu einer perspektivenreichen Zukunft hier in Rostock beitragen zu können.“ Bei jedem Wetter.

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