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DAZ wissenswert - h-roth-kunst.com · 15.03.2012 | Nr. 11 DAZ wissenswert Beim Stichwort „farbige...

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15.03.2012 | Nr. 11 DAZ wissenswert Beim Stichwort „farbige Pilze“ denken wir unwillkürlich an den roten Fliegenpilz und vielleicht auch an den gelben Pfifferling. Wir kennen die Art ihrer Farben: Betalaine und Carotinoide. Bei „Farben aus Flechten“ erinnern wir uns an den Lackmus, und mancher kennt auch die Orseil- le. Doch dann ist schon Schluss. Flechten sind bekanntlich sym- biontische Lebensgemein- schaften zwischen einem Pilz, der als Mykobiont bezeichnet wird, und einem Photobionten, der zur Photosynthese befähigt ist (meistens eine Grünalge). Es ist daher nicht erstaunlich, dass oft die gleichen oder ähnlichen Pigmente sowohl in Pilzen als auch in Flechten vorkommen. Chinone Bei der Suche nach Pigmenten, die von höheren Pilzen produ- ziert werden, begegnet man einer ganzen Familie farbiger Terphenylchinone, deren Grund- gerüst die aus zwei Phenyl-2- hydroxypropylsäure-Einheiten aufgebaute Polyporsäure bildet; diese ist für die Färbung des Zimtfarbenen Weichporlings (Hapalopilus nidulans) verant- wortlich (Abb. 1). Viele Ter- phenylchinone besitzen „Spiel- kartensymmetrie“ (Zentrosym- metrie; Abb. 2 und Tab. 1). Ein anderes Grundgerüst ist das aromatisch substituierte Lacton der Pulvinsäure, in welchem Pilze und Flechten als Produzenten von Pigmenten * Von Teufels- und Hexenfarben bis Lackmus und Orseille * Meinem standhaften Kollegen Kurt Eger, der seine besten Jahre dem Wiederaufbau der Leipziger Pharmazie gewidmet und sie erneut zu hohem An- sehen in Forschung und Lehre gebracht hat, auf gleicher Augenhöhe und in freundschaftlicher Verbundenheit zum 70. Geburtstag gewidmet. Abb. 2: Pigmente mit Terphenylchinon-Gerüst. Abb. 3: Pulvinsäure-Derivate. Abb. 1: Der Zimtfarbene Weichporling (Hapa- lopilus nidulans) wächst an Totholz von Eichen und Haseln. Seine namengebende Farbe ver- dankt er der Polyporsäure. Foto: Andreas Kunze – Wikipedia zwei Phenylessigsäure-Einheiten integriert sind (Abb. 3 und Tab. 2). Zum Abzählen deren Vertreter braucht man mindes- tens die zehn Finger beider Hän- de. Die Xerocom- und Variegat- säure sind im Maronen-Röhrling (Xerocomus badius), im Sand- röhrling (Suillus variegatus), im Satanspilz (Boletus satanas), in Hexenröhrlingen (Boletus spp.) und verwandten Arten enthalten. Sie färben die Pilze gelb bzw. 94 | 1386 | Deutsche Apotheker Zeitung | 152. Jahrgang
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15.03.2012 | Nr. 11

DAZ wissenswert

Beim Stichwort „farbige Pilze“ denken wir unwillkürlich an den roten Fliegenpilz und vielleicht auch an den gelben Pfifferling. Wir kennen die Art ihrer Farben: Betalaine und Carotinoide. Bei „Farben aus Flechten“ erinnern wir uns an den Lackmus, und mancher kennt auch die Orseil-le. Doch dann ist schon Schluss.Flechten sind bekanntlich sym-biontische Lebensgemein-schaften zwischen einem Pilz, der als Mykobiont bezeichnet wird, und einem Photobionten, der zur Photosynthese befähigt ist (meistens eine Grünalge). Es ist daher nicht erstaunlich, dass oft die gleichen oder ähnlichen Pigmente sowohl in Pilzen als auch in Flechten vorkommen.

ChinoneBei der Suche nach Pigmenten, die von höheren Pilzen produ-ziert werden, begegnet man

einer ganzen Familie farbiger Terphenylchinone, deren Grund-gerüst die aus zwei Phenyl-2-hydroxypropylsäure-Einheiten aufgebaute Polyporsäure bildet; diese ist für die Färbung des Zimtfarbenen Weichporlings (Hapalopilus nidulans) verant-wortlich (Abb. 1). Viele Ter-phenylchinone besitzen „Spiel-

kartensymmetrie“ (Zentrosym-metrie; Abb. 2 und Tab. 1).Ein anderes Grundgerüst ist das aromatisch substituierte Lacton der Pulvinsäure, in welchem

Pilze und Flechten als Produzenten von Pigmenten*

Von Teufels- und Hexenfarben bis Lackmus und Orseille

* Meinem standhaften Kollegen Kurt Eger, der seine besten Jahre dem Wiederaufbau der Leipziger Pharmazie gewidmet und sie erneut zu hohem An-sehen in Forschung und Lehre gebracht hat, auf gleicher Augenhöhe und in freundschaftlicher Verbundenheit zum 70. Geburtstag gewidmet.Abb. 2: Pigmente mit Terphenylchinon-Gerüst.

Abb. 3: Pulvinsäure-Derivate.

Abb. 1: Der Zimtfarbene Weichporling (Hapa-lopilus nidulans) wächst an Totholz von Eichen und Haseln. Seine namengebende Farbe ver-dankt er der Polyporsäure.

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zwei Phenylessigsäure-Einheiten integriert sind (Abb. 3 und Tab. 2). Zum Abzählen deren Vertreter braucht man mindes-tens die zehn Finger beider Hän-de. Die Xerocom- und Variegat-säure sind im Maronen-Röhrling (Xerocomus badius), im Sand-röhrling (Suillus variegatus), im Satanspilz (Boletus satanas), in Hexenröhrlingen (Boletus spp.) und verwandten Arten enthalten. Sie färben die Pilze gelb bzw.

94 | 1386 | Deutsche Apotheker Zeitung | 152. Jahrgang

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rot, werden aber bei einer Ver-letzung des Pilzes zu blau fär-benden Verbindungen oxidiert. Kein Wunder, dass unsere Alt-vorderen bei dem Farbwechsel an Teufels- und Hexenwerk dachten (Abb. 4 und 5).

Depside, Depsone und DepsidoneUnter Depsiden versteht man Kondensationsprodukte einer aromatischen Hydroxycarbon-säure mit einem Phenol-Derivat,

das oft ebenfalls eine aroma-tische Hydroxycarbonsäure ist. Dabei ist die Carboxylgruppe des einen Moleküls mit einer phenolischen OH-Gruppe des anderen Moleküls verestert. Die Bausteine leiten sich von der Salicylsäure und den bifunktio-nellen Phenolen Orcin(ol) und β-Orcin(ol) ab (Abb. 6). Die ein-fach strukturierte Orsellinsäure ist ein wichtiges Zwischenpro-dukt in der Biosynthese von Depsiden, die in zahlreichen Flechten vorkommen. Depside sind in der Regel farblos, doch mit Eisen(III)-chlorid werden sie purpurrot, mit Chlorkalk oder Natriumhypochlorit liefern sie blutrote Komplexe, und im Alkalischen nehmen sie eine gelbe Farbe an. Aus Depsiden entstehen durch oxidativen Ringschluss Depsone, wie es z. B. bei der Picrolichenin-säure (in der Bitteren Poren-flechte, Pertusaria amara) der Fall ist. Sie enthalten ebenfalls chromophore Gruppen, die aber durch eine spiranartige Verknüp-fung in zwei senkrecht zueinan-der angeordneten Ebenen liegen, also kein ausreichend durchkon-jugiertes System bilden, um dem menschlichen Auge farbig zu er-scheinen. Depsidon ist ein Kondensat aus Brenzcatechin und Salicylsäure, das einen siebengliedrigen Lac-tonring aufweist (Abb. 7); seine Derivate, die Depsidone, sind typische Flechteninhaltsstoffe. Sie sind – wie die Depside – großenteils farblos und werden erst in alkalischer Lösung oder beim Behandeln mit Metallsal-zen farbig.

Dibenzofurane, Anthrachinone, Xanthone, ChromoneDen verseifbaren Depsiden und Depsidonen, die eine Esterbrücke zwischen zwei aromatischen Ringen aufweisen, stehen tri-cyclische, gelegentlich auch bicyclische kondensierte Ring-systeme gegenüber.Prototyp der Dibenzofurane ist die Pannarsäure (Abb. 9), isoliert aus Lepraria membranacea (syn. Leproloma membranaceum) und anderen Flechten. Eine gewisse strukturelle Verwandtschaft be-steht zur antibiotisch wirksamen

Usninsäure (Abb. 9), die in vie-len Flechten vorkommt, insbe-sondere in Bartflechten (Usnea spp.). Bei ihr ist der eine der beiden aromatischen Ringe in ein Semichinon umfunktioniert; da das quartäre C-Atom dieses Ringes mit vier verschiedenen Liganden verknüpft ist, ist die Usninsäure chiral. Tatsächlich

Tab. 1: Pigmente mit Terphenylchinon-Gerüst (s. Abb. 2)

Pigment Vorkommen, Farbe

Atromentin 1, bronzefarben

Aurantiacin 4, dunkelrot

Polyporsäure 5, bronzefarben

Spiromentine 2, violett

Telephorsäure 9, dunkelviolett

Tab. 2: Pulvinsäure-Derivate (s. Abb. 3)

Pigment Vorkommen, Farbe

Gomphid(in)säure 3, orangerot

Involutin 2, gelbbraun

Pulvinsäure 2*, orange

Variegatsäure 1, rot

Xerocomsäure 1, gelb

* auch in der Flechte Pseudocyphellaria aurata

Tab. 3: Anthrachinone und Präanthrachinone (s. Abb. 10)

Pigment Vorkommen, Farbe

Atrochryson 6, hellgrün

Austrocortin 6, orangegelb

Averythrin 9, rot

7-Chloremodin 9, orange

Dermocybin 6, rot

Dermorubin 6, dunkelrot

Emodin 6, orange

Fallacinol 9, orange

Parietinsäure 9, tiefgelb

Physcion 9, orangegelb

Tricolorin 7, gelb

Trihydroxyemodin 9, rot

Xanthorin 9, rot

Tab. 4: Phenoxazinon-Derivate (s. Abb. 13)

Pigment Vorkommen, Farbe

Lackmus 9, blau*

Cinnabarin 8, rot

α-Aminoorcin 9, rot

α-Hydroxyorcin 9, rot

Orseille (Orcein) 9, braunrot*

* abhängig vom pH-Wert

Farbstoffhaltige Pilze und Flechten

Die Nummern beziehen sich auf das in den Tabellen genannte Vorkommen. 1 Röhrlinge, u. a. Maronenröhrling (Xero­

comus badius), Sandröhrling (Suillus va­riegatus), Satanspilz (Boletus satanas), Hexenröhrlinge (Boletus luridus u. a.)

2 Samtfußkrempling (Paxillus atrotomento­sus) und Kahler Krempling (P. involutus)

3 Kuhmaul (Gomphidius glutinosus)4 Korkstacheling (Hydnellum aurantiacum)5 Zimtfarbener Weichporling (Hapalopilus

nidulans)6 Klumpfuß- und Hautkopf-Arten (Cortina­

rius spp., Dermocybe spp.)7 Dreifarbiger Krempelritterling (Leuco­

paxillus tricolor)8 Zinnobertramete (Pycnoporus cin­

nabarinus)9 Flechten, u. a. Färberflechte (Roccella

tinctoria), Lungenflechte (Lobaria pulmo­naria), Gelbflechte (Xanthoria parietina)

Abb. 4: Satanspilz (Boletus satanas) mit leuchtend rotem Stiel, dank Variegatsäure.

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konnten auch eine R- und eine S-Form aus verschiedenen Flechten isoliert werden. Besonders stattlich ist in Pilzen die Anzahl der Anthrachinon-Derivate, die Pharmazeuten un-ter den Abführdrogen suchen würden (Tab. 3 und Abb. 10). Sie verleihen insbesondere meh-reren Dermocybe- und Cortina­rius-Arten die kräftige Farbe (Abb. 8) und machen sie teilwei-se geeignet zum Färben von Textilien. Bemerkenswert ist die strukturelle Verwandtschaft zu den Schildlauspigmenten wie Kermessäure, Karminsäure, Laccainsäuren und den Pigmen-ten Averythrin und Aversulfin

(tetracyclisch), die von Aspergil­lus-Arten produziert werden.Ein orangefarbenes, tetracyc-lisches Anthrachinon mit ankon-densiertem Lactonring ist Aus-trocorticin, das man in einem australischen Vertreter der Gat-tung Dermocybe gefunden hat. Als Präanthrachinone betrachten kann man das grüne Atrochry-son und das gelbe Tricolorin, das ein dimeres Produkt dar-stellt. Das optisch aktive Atro-chryson ist die biosynthetische Schlüsselverbindung für ver-schiedene Anthrachinone. In der Gelbflechte (Xanthoria parieti­na, Abb. 11) kommt das Anthra-chinon Parietin vor.

Abb. 5: Zwei Flockenstielige Hexenröhrlinge (Boletus erythropus). Der rech-te Pilz ist an den Druckstellen des Stiels blau angelaufen. Der Farbwechsel resultiert aus der Oxidation der Xerocomsäure.

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Abb. 8: Gelbblättriger Hautkopf (Cortinarius croceus syn. Dermocybe cinnamomeolutea). Für die Farbe sind Anthrachinone verantwortlich.

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Abb. 6: Orsellinsäure und Depside in Flechten.

Abb. 7: Depsidon und einige Deri-vate, die in Flechten vorkommen.

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Eine weitere Gruppe von gelben Pigmenten sind die Flechten-Xanthone, die in vielen Flechten gefunden wurden. Sie leiten sich fast alle vom Norlichexanthon (Abb. 12) ab, das aus der Krus-tenflechte Lecanora straminea isoliert wurde. Bemerkenswert ist – besonders im Hinblick auf die irrige Annahme, dass giftige halogenierte Kohlenwasserstoff-Derivate nur oder fast nur durch Menschenhand und Menschen-hirn synthetisch gewonnen wer-den – das Vorkommen von Mo-no-, Di-, Tri- und Tetrachlorxan-

thonen in Flechten. Ein Tetra-chlorxanthon ist beispielweise die Thiophansäure, die in Leca­nora rupicola und zahlreichen anderen Flechten vorkommt.Mehrfach halogenierte Flechten-stoffe sind nicht ausschließlich auf die Xanthone beschränkt.

Wir haben sie auch schon bei den Depsidonen angetroffen (Diploicin in Abb. 7).Ein Chromon-Derivat ist das aus der Strauchflechte Siphula cerati­des isolierte Siphulin (Abb. 12), das einen aliphatischen Hepta-nylrest und die Partialstruktur der Salicylsäure enthält.

PhenoxazinoneSchließlich muss auch eine Gruppe von Phenoxazinon-Deri-vaten Erwähnung finden (Tab. 4 und Abb. 13), deren prominente Vertreter Lackmus und Orseille sind. Sie werden aus Färber-flechten (hauptsächlich Roccella spp.) gewonnen, die selbst nahe-zu farblos sind. Durch Behan-deln mit Ammoniak oder Harn und Luft entstehen Pigmente, deren chromophores Grundge-rüst 7-Hydroxy-3-phenoxazinon ist. In den gleichen Flechten sind Orsellinsäure und Depside anzutreffen (Abb. 6). Orsellin-säure geht durch Decarboxy-lierung in Orcin über, und drei Orcin-Moleküle werden mit Am-moniak unter Luftoxidation zu α-Hydroxyorcein und α-Amino-orcein umgesetzt, die sich durch den Substituenten in Position 7 unterscheiden (Abb. 13). Ver-mutlich wird das Grundgerüst auch durch die Kondensation von zwei Molekülen 3-Hydroxy-anthranilsäure gebildet (Abb. 13). Wie Hans Musso 1960 beweisen

Abb. 9: Dibenzofuran-Derivate.

Abb. 10: Anthrachinone und Präanthrachinone (unten) in Pilzen und Flechten.

Abb. 11: Die Gelbflechte (Xanthoria parietina) macht ihrem Namen alle Ehre. Doch auch farblich unauffällige Flechten enthalten Farbstoffe, die früher ge-werblich genutzt wurden.

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konnte, ist Lackmus ein Gemisch aus polymeren Phenoxazin- und Phenoxazinon-Derivaten.Orseille lässt sich chromato-grafisch in mindestens 14 Farb-komponenten auftrennen, die sich vom α-Hydroxyorcein oder α-Aminoorcein ableiten und in Position 2 gegebenenfalls einen weiteren Orcin-Rest tragen. Lackmus und Orseille sind aci-dobasische Indikatoren, die im Sauren (bei pH 4,5) rot und im Alkalischen (bei pH 8,3) blau erscheinen.

Cinnabarin, ein Amino-Derivat des Phenoxazinons, gibt der Zinnobertramete (Pycnoporus cinnabarinus) ihre kräftige Farbe (Abb. 14).

SonstigesEin Pigment, das sich nicht oder nur bedingt in die vorgenannten Gruppen einreihen lässt, ist das

Fomentarin oder Fomentariol (Abb. 15), ein Purpurogallin- Derivat im Zunderschwamm (Fomes fomentarium).Nicht zu vergessen sind als gelbe und rötliche Pilzpigmente Caro-tinoide vom Schlag des Cantha-xanthins, dessen Name vom Pfif-ferling (Cantharellus) stammt. Der rosarote nordamerikanische Pfifferling (C. cinnabarinus)

Abb. 12: Xanthone und Chromone.

Abb. 13: Phenoxazinon und seine Derivate in Pilzen und Flechten. Acidobasische Indikatoren sind Lackmus und Orseille.

Abb. 14: Die Zinnobertramete (Pycnoporus cinnabarinus) enthält das Phenoxazinon-Derivat Cinnabarin.

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Autor

Prof. Dr. rer. nat. Dr. h. c. Hermann J. RothFriedrich-Naumann- Str. 33, 76187 [email protected]

enthält im Wesentlichen Cantha-xanthin, während der bei uns als Speisepilz sehr geschätzte gelbe Pfifferling (C. cibarius) haupt-sächlich β-Carotin und verwand-te Carotinoide enthält. Cantha-xanthin ist unter der Bezeich-nung E 161g als Lebensmittel-farbstoff zugelassen.Zum Abschluss drei kurze Bemerkungen:. Fast alle Pilz- und Flechten-

pigmente mit Ausnahme der

Carotinoide sind aromatische Verbindungen.

. Als Bausteine (Partialstruktu-ren) sind durchwegs Phenyl-propyl-Einheiten, Phenylessig-säure, Salicylsäure und Orcin-Derivate oder Chinone und Anthrachinone zu finden.

. Unter den Pigmenten, die von höheren Pilzen mit makrosko-pisch sichtbaren Fruchtkör-pern und von Flechten gebil-det werden, finden sich nur wenige optisch aktive Verbin-dungen. <

Weiterführende LiteraturGeorg Masuch: Biologie der Flechten.

Quelle & Meyer Verlag, Heidelberg/ Wiesbaden 1993.

Helmut Schweppe: Handbuch der Natur-farbstoffe. ecomed, Landsberg 1993.

Lutz Roth, Kurt Kormann und Helmut Schweppe: Färbepflanzen und Pflan-zenfarben. ecomed, Landsberg 1992.

Hagers Enzyklopädie der Arzneistoffe und Drogen, 6. Aufl. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2007.

Römpp Lexikon Naturstoffe. Thieme Verlag, Stuttgart 1997.

Römpp, encyclopedia natural products, ed. W. Steglich. Thieme Verlag, Stutt-gart 2000.

Jan-Markus Teuscher: Neue experimen-telle Designs zum Thema Naturstoffe im Chemieunterricht: Chemie mit Pil-zen. Diss. rer. nat., Univ. Jena 2011.

Abb. 15: Fomentarin, das Haupt-pigment im Zunderschwamm.


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