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Date post: 25-Mar-2021
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5 Das bewusstseinsgetrübte Kind 5.1 Exsikkose/Dehydratation – 91 5.2 Beinahe Ertrinken (Near wet drowning) – 94 5.3 Krampfanfälle/Fieberkrampf – 97 5.4 Intoxikationen/Ingestionsnotfall – 103 5.5 Akuter Bauch – 123 5.6 Meningitis – 126 5.1 Ex sikkose/Dehydratation Erster Blick Ausgezehrtes K ind, st ehende Hautfalten, halo nierte Augen, b ei Säuglin- gen, eingesunkene Fontanelle Kind oft apathisch, evtl. seltener Lidschlag Erbrechen, Diarrhö in den vorangegangenen Tagen Evtl. schlechter Allgemeinzustand von Kind, Eltern und Lebensumgebung Was ist zu unterlassen? Was ist sofort zu tun? Ruhe und Sicherheit ausstrahlen Eltern und Kind beruhigen ! Ausgleich des Flüssigkeitsverlustes als oberstes Ziel. Versorgung Basics Kind flach hinlegen, evtl. Schocklage Monitoring: RR, P, EKG, SpO 2
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Das bewusstseinsgetrübte Kind

5.1 Exsikkose/Dehydratation – 91

5.2 Beinahe Ertrinken (Near wet drowning) – 94

5.3 Krampfanfälle/Fieberkrampf – 97

5.4 Intoxikationen/Ingestionsnotfall – 103

5.5 Akuter Bauch – 123

5.6 Meningitis – 126

5.1 Ex sikkose /Dehydratation

Erster Blick▬ Ausgezehrtes Kind, stehende Hautfalten, halonierte Augen, bei Säuglin-

gen, eingesunkene Fontanelle▬ Kind oft apathisch, evtl. seltener Lidschlag▬ Erbrechen, Diarrhö in den vorangegangenen Tagen▬ Evtl. schlechter Allgemeinzustand von Kind, Eltern und Lebensumgebung

Was ist zu unterlassen? Was ist sofort zu tun?▬ Ruhe und Sicherheit ausstrahlen▬ Eltern und Kind beruhigen

! Ausgleich des Flüssigkeitsverlustes als oberstes Ziel.

VersorgungBasics

▬ Kind flach hinlegen, evtl. Schocklage▬ Monitoring: RR, P, EKG, SpO2

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▬ Ggf. O2-Gabe: 2–4 l/min (Sauerstoffbrille, Kindermaske)▬ Leichte Exsikkose (Einteilung s. unten): o rale Fl üssigkeitszufuhr, mög-

lichst mi t Gl ukose-Elektrolyt-Lösung wie z. B. Oral pädon 240, E lotrans oder Milupa-GES, falls Kind dies verweigert evtl. gesüßten Tee in kleinen Schlucken anbieten, bei bekanntem Diabetes mellitus und BZ > 100 mg/dl, ungesüßten Tee oder Wasser verwenden

▬ Mittelschwere Exsikkose :– NA nachfordern– Venösen Zugang anlegen– 10–20–30 ml/kg KG Ringer-Lösung oder NaCl 0,9% i .v. Stets Vollelek-

trolytlösung v erwenden, da a m sic hersten: im R ahmen des Fl üssig-keitsverlustes bzw. der ma ngelnden Fl üssigkeitsaufnahme ka nn es zu schweren Elektrolytverschiebungen gekommen sein

– Blutzucker k ontrollieren, um eine H ypoglykämie im R ahmen der Exsikkose auszuschließen

▬ Schwere Exsikkose :– Vgl. mittelschwere Exsikkose– 20–30 ml/kg KG Ringer-Lösung oder NaCl 0,9% i .v. (ggf. 10 ml/kg KG

HAES-steril 6% i.v.)

Advanced

▬ Weitere medikamentöse Therapie, wie z. B. Sedierung, meist nic ht erfor-derlich, da das Kind schon auffallend ruhig ist

DiagnosesicherungBei der Exsikkose bzw. Dehydratation handelt es sich um eine Austrock-nung des Körpers aufgrund einer negativen Flüssigkeitsbilanz . Säuglinge und K leinkinder sind b esonders g efährdet. H auptursache b ei K indern sind Diarrhö, Erbrechen und der nic ht ausgeglichene Flüssigkeitsbedarf . Auch Diabetes melli tus und N ierenerkrankungen kommen als eher s el-tene Ursache in Frage.

Anamnese

Starkes Erb rechen o der Dur chfall in den letzt en Tagen, e vtl. b ekannter Diabetes mellitus, allgemein verminderte Flüssigkeitszufuhr in den letz-ten Tagen, hä ufig in K ombination mi t Fieb er (allein dad urch erhö hter Flüssigkeitsbedarf!).

92 Kapitel 5 · Das bewusstseinsgetrübte Kind

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Weitere Klinik

Leichte Dehydratation (bis 5% Gewichtsverlust, Kleinkind: bis 3% Gewichts-verlust):

▬ Haut: tr ockene S chleimhäute, evtl . e rniedrigter H autturgor, H autfalte bildet sich langsam zurück, bleibt aber nicht stehen

▬ RR: meist normal▬ P: meist normal▬ Durst, bei Säuglingen gieriges Trinken, Unruhe, Schreien

Mittelschwere Dehydratation (Säugling bis 10%, Kleinkind bis 6% Gewichts-verlust)

▬ Haut: t rockene S chleimhäute, er niedrigter H autturgor, H autfalte b leibt länger stehen

▬ Bewusstein: A pathie b eim Sä ugling, e vtl. U nruhe b zw. S chreien b eim Kleinkind

▬ Atmung: evtl. Tachypnoe, evtl. Acetongeruch▬ RR: Hypotonie▬ P: Tachykardie▬ Evtl. leicht eingesunkene Fontanellen▬ Verminderte Urinproduktion

Schwere Dehydratation (Gewichtsverlust >10%)– Haut: stehende Hautfalten, marmorierte Haut

▬ Bewusstsein: Apathie bis Bewusstlosigkeit– Atmung: Tachypnoe– RR: Hypotonie– P: Tachykardie– Eingesunkene Fontanelle– Halonierte Augen, seltener Lidschlag– Oligurie bis Anurie

Praxistipps

▬ Transport: Je nach Schwere in Klinik, evtl. mit Voranmeldung. Wenn möglich weiter Flüssigkeit verabreichen und Monitoring fortführen.

▬ Immer auch an Vernachlässigung denken und dadurch bedingte verminderte Flüssigkeitszufuhr, auch durch Flüssigkeitsentzug.

5.1 · Exsikkose /Dehydratation 593

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5.2 Beinahe Ertrinken (Near wet drowning )

Erster Blick▬ Maximal aufgeregte E ltern b zw. An gehörige (die meist en Er trinkungs-

unfälle finden im eigenen oder im Gartenteich des Nachbarn statt)▬ Kind mit nasser Kleidung, entsprechende Hinweise der Umherstehenden

Was ist zu unterlassen? Was ist sofort zu tun?▬ Sicherung der V italfunktionen, Wärmeerhalt und B eachtung mög licher

Begleitverletzungen als oberstes Ziel▬ Bei Herz-Kreislaufstillstand: Reanimation nach ERC-Richtlinien (� Kap. 6)▬ Bei Bewusstlosigkeit: stabile Seitenlage, sonst Flachlagerung▬ Evtl. Sicherung der Atemwege mit Guedel- oder Wendl-Tubus▬ Möglichst Ruhe ausstrahlen, ggf. Helfer zur Beruhigung der Eltern abstel-

len bzw. nachalarmieren

! Handelt es sich um einen Ertrinkungsunfall im Winter oder besteht aufgrund der allgemeinen Witterung eine Hypothermie des Pati-enten, so ist die Reanimationsprognose wesentlich besser. Leitsatz beachten: »No one is dead until he is warm and dead!« Unter einer Körperkerntemperatur von 30°C besteht in der Regel Kammerflim-mern. Sowohl Adrenalin als auch die Defibrillation sind in dieser Situation meist unwirksam!Hauptursache ist Sauerstoffmangel. Sauerstoff ist daher das wichtigste Medikament.

VersorgungBasics

▬ Notarzt nachfordern▬ Rettung des Patienten unter Beachtung von:

– Eigenschutz– Evtl. vorhandenen B egleitverletzungen, wie z. B. HWS-Trauma (Spine-

board oder schwimmfähige Schaufeltrage einsetzen)– Hypothermie : Bergungstod beachten → P at. waa gerecht r etten und

transportieren– Patienten entkleiden (bei kalter Witterung im RTW) und Auskühlung

verhindern bzw. verringern (Decken in Kombination mit Folie etc.)

94 Kapitel 5 · Das bewusstseinsgetrübte Kind

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– Rektaltemperatur messen– O2-Gabe 4–6 l/min. möglichst per Sauerstoffbrille oder Maske– Monitoring: RR, P, EKG, SpO2– Venösen Zugang legen: Offenhalten mit NaCl 0,9% oder Ringer-Lösung

i.v., Volumentherapie ist meist erforderlich. Bei massiver Volumengabe, Gefahr des Hirnödems

– Blutzucker testen

Advanced

▬ Nur bei Notwendigkeit einer Volumentherapie: j e nach Alter 10–20 ml/kg KG NaCl 0,9% und evtl. kolloidale Infusionslösungen

▬ Magensonde legen, da Magendruck oft Beatmung behindert▬ Intubationskriterien: B ewusstseinsstörung, r espiratorische I nsuffizienz

und im Rahmen der Reanimation▬ Alternativ: Larynxmaske oder -tubus (� Kap. 8.4) für RA/NA ohne Kinder-

intubationserfahrung (M askenbeatmung b irgt ho he A spirationsgefahr. Intubation oft schwierig durch verschmutzte Atemwege)

Besonderheit bei Intubation, Narkose, Beatmung

▬ Atemzugvolumen: evtl. leicht erhöht 8–10 ml/kg KG▬ Narkose- und Beatmungsschemata s. hintere Umschlagseite

DiagnosesicherungErtrinken ist die zweithäufigste Ursache für tödliche Unfälle von Kindern bzw. Kleinkindern. Definitionsgemäß spricht man von »Ertrinken«, wenn es nach dem Untertauchen in Flüssigkeiten zum Submensionstod kommt, vom »Beinahe Ertrinken« bzw. »near-wet-drowning«, wenn es nach dem Untertauchen in Fl üssigkeiten zu einer leb ensbedrohlichen S ituation kommt, die mindestens 24 h überlebt wird.

Beim Untertauchen k ommt es zum T auchreflex . Eb enfalls r eflexbe-dingt verschließt sich die Glottis mit nachfolgender Apnoe und Kreislauf-zentralisation. Im Verlauf öffnet sich die Glottis wieder, Wasser dringt in das Atmungssystem (primäres nasses Ertrinken ).

Süßwasseraspiration : Eindringen von hypotoner Flüssigkeit in den Kreis-lauf, Folgen sind Hypervolämie, Hyponatriämie, Hämolyse und Hyperkali-ämie, nach ca. 20–30 h resultiert ein Lungenödem (sekundäres Ertrinken ).

Salzwasseraspiration : Eindr ingen v on h ypertoner Fl üssigkeit in das Atmungssystem. Folgen sind Fl üssigkeitsaustritt in die Al veolen, Hyper-

5.2 · Beinahe Ertrinken (Near wet drowning)595

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volämie und H ypernatriämie, Azidos e und H ypoxie f ühren zum K reis-laufversagen.

! Präklinisch ist es nicht relevant, ob ein Süß- oder Salzwasserertrinken vorliegt.

Anamnese

▬ Gibt es Hinweise zur Vorgeschichte: Krämpfe?▬ Bestehen Vorerkrankungen, z. B. Diabetes mellitus?▬ Verweilzeit im Wasser?

Weitere Klinik

▬ Bewusstsein: Hyperaktivität, aber auch Eintrübung bis Bewusstlosigkeit▬ Atmung: Dyspnoe mit Rasselgeräuschen, Stridor etc., evtl. Apnoe▬ Haut: Zyanose▬ P: evtl. Tachykardie, Arrhythmie oder Bradykardie bei Hypothermie▬ Temperatur: evtl. Hypothermie▬ Evtl. Herz-Kreislaufstillstand▬ Evtl. rötlicher Schaum aus Mund und Nase

Praxistipps

▬ Transport: Mit Notarzt in die nächste Klinik, ggf. unter laufender Reanimation

▬ Monitoring: RR, P, SpO2, EKG, EtCO2, evtl. Temperatur.▬ Auf Grund der Gefahr des sekundären Ertrinkens, den Patienten

immer transportieren, selbst wenn er sich bereits wieder in schein-bar bestem Zustand befindet. Ein Lungenödem bildet sich häufig erst nach vielen Stunden aus.

▬ Erhöhte Aspirationsgefahr durch große Mengen geschluckten Wassers.

▬ Versuch aspirierte Flüssigkeit aus den Luftwegen, z. B. durch Absaugen zu entfernen ist obsolet und meist nicht er folgreich.

▬ Kinder auch nach längerer Reanimationszeit immer unter Reanima-tionsbedingungen in die Klinik bringen bis sie aufgewärmt sind.

▬ Hypothermierte Kinder in Klinik mit Möglichkeit der Erwärmung durch Herz-Lungen-Maschine transportieren

96 Kapitel 5 · Das bewusstseinsgetrübte Kind

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5.3 Kr ampfanfälle /Fieberkrampf

Erster Blick▬ Bewusstseinsgetrübtes Kind in häuslicher Umgebung▬ Sehr aufgeregte Eltern, die von dem Krampfgeschehen berichten▬ Meist ist der Krampf bei Eintreffen des Rettungsdienstes vorbei

Was ist zu unterlassen? Was ist sofort zu tun?▬ Ruhe ausstrahlen, Eltern beruhigen▬ Bei b estehendem K rampf: K ind v or Verletzungen s chützen, a uf k einen

Fall festhalten, »auskrampfen« lassen, Umgebung sicher machen, um das Kind vor weiteren Verletzungen zu schützen

▬ Nur b eim fortdauernden Krampf über 2 min. medikamentös intervenie-ren, z. B. Diazepam rec. 5 mg (<15 kg KG) bzw. 10 mg (>15 kg KG), Atem-wege sichern

VersorgungBasics

▬ Bei Bewusstlosigkeit: stabile Seitenlage▬ Atemwege frei machen und halten, Aspirationsschutz▬ Notarzt ala rmieren (v or allem b ei b estehendem K rampf o der tief er

Bewusstlosigkeit)▬ O2-Gabe: 2–4 l/min über Sauerstoffbrille oder Kindermaske▬ Monitoring: RR, P, EKG, SpO2▬ Fieber rektal messen▬ Temperatursenkung b ei Fieb erkrampf: P aracetamol S upp. 10–15 mg/

kg KG bis zu 4 x/d:– Als grobe Richtwerte (� Kap. 10):

– Säugling: 125 mg– Kleinkind: 250–500 mg– Schulkind: 500–1 000 mg

▬ Blutzucker kontrollieren → Ausschluss einer Hypoglykämie▬ Basischeck → Suche nach sekundären Verletzungen▬ Anfallsmuster und Dauer dokumentieren▬ Evtl. v enösen Z ugang leg en: Of fenhalten mi t N aCl 0,9 % o der Rin ger-

Lösung

5.3 · Krampfanfälle/Fieberkrampf597

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Advanced

▬ Wenn Krampfanfall länger als 2 min. andauert, Diazepam Desitin rectal tube– Bei Säuglingen <15 kg KG: 5 mg rektal– Bei Kindern >3.Lj., >15 kg KG: 10 mg rektal

▬ Alternativ: Dormicum nasal über MAD-Applikationshilfe (⊡ Abb. 8.15):– bis 5 kg KG = 2,5 mg = 0,5 ml (Amp. 15 mg / 3 ml)– 5–15 kg KG = 5 mg = 1,0 ml (Amp. 15 mg / 3 ml)– > 15 kg KG = 10 mg = 2,0 ml (Amp. 15 mg / 3 ml)Dormicum intravenös:– (< 50 kg KG) pro 10 kg KG = 1 mg i.v.– > 50 kg KG = 5 mg i.v.– Achtung! Nicht bei Kindern unter 6 Mon. anwenden.

▬ Bei lä ngerem K rampf o der f ehlender Re aktion a uf r ektale Diazep am-Gabe (selten):– 0,3–0,7 mg/kg KG Diazepam-Lipuro sehr langsam (<2 mg/min) i.v.

▬ Bei erfolgloser Therapie:– 0,5–1 mg Rivotril i.v.– Ultima ratio: 1–3 mg/kg KG Trapanal i.v., ggf. Intubation

! Daran denken, dass die Medikamente Zeit brauchen, um wirken zu können. Viele Krampfanfälle sistieren spontan; eine Überdosierung der Antikonvulsiva kann eine respiratorische Insuffizienz mit sich bringen, die sich vielleicht hätte vermeiden lassen.

DiagnosesicherungFieberkrampf

Generalisierter Krampfanfall mit Häufigkeit zwischen 6. Monat–6. Lebens-jahr (Altersgipfel 18. Monat). Vorkommen meist beim ersten Fieberanstieg (rektale Temperatur oft >38,5°C), betrifft etwa 2–5% aller fiebernden Kin-der. Häufig zu Beginn eines sog. Dreitagefiebers (Exanthema subitum). In 30% d . F. ist eine fa miliäre Häufung zu b eobachten. K rampfdauer meist 5–10 min., 20–30%ige Rezidivhäufigkeit!Es werden zwei Formen unterschieden:

▬ Unkomplizierter F ieberkrampf (75–90%): K rampfdauer <15 min., typ i-sches Alter, primär generalisiert.

98 Kapitel 5 · Das bewusstseinsgetrübte Kind

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▬ Komplizierter F ieberkrampf (10–25%): zus ätzlich eine o der mehrere der nachfolgenden Komplikationen: Krampfdauer >15 min., evtl. untypisches Alter, Fieberkrampf wiederholt sich innerhalb von 24 h, fokaler Krampf-anfall, transistente oder persistierende neurologische Defizite (postiktale Störungen).

Anamnese

▬ Infekt der oberen Atemwege (in 70%)▬ Gastroenteritis▬ Harnwegsinfekt▬ Masern (extrem selten, da M asern durch die I mpfung kaum noch auf-

treten)▬ Eine M eningoenzephalitis f indet sic h b ei 2% aller K inder mi t Fieb er-

krampf

Epileptischer Anfall

Häufigste chronische Krankheit des zentralen Nervensystems. Definition: Zwei un provozierte K rampfanfälle innerhalb v on 6 M onaten. B etroffen sind ca. 5% der B evölkerung, die mindest ens einmal in i hrem L eben einen K rampfanfall erleiden. An da uerhafter Form der E pilepsie leiden laut WHO ca. 0,6% der europäischen Bevölkerung. Bezogen auf die BRD wären dies ca. 500 000 Menschen.

Durch gesteigerte abnorme Aktivität von zentralen Nervenzellen und Spontanentladungen zen traler N eurone k ommt es zum K rampfanfall. Ursachen f ür das V orliegen einer erhö hten K rampfbereitschaft k önnen hirnorganische Veränderungen sein. Sehr häufig jedoch sind sie idio pa-thisch, d . h. ohne erkennbare Ursache. In mehr als der H älfte der F älle bleibt die eig entliche U rsache un bekannt. M an sp richt da nn v on einer idiopathischen Erkrankung.

Anamnese/Ursachen für die kindliche Epilepsie

▬ Sauerstoffmangel, z. B. als frühkindlicher Hirnschaden, häufig in der vor-geburtlichen Phase

▬ Hirnerkrankungen wie z. B. Meningitis, Enzephalitis▬ Vergiftungen▬ Hypoglykämien, andere Stoffwechselerkrankungen, Elekrotlytstörungen▬ Medikationsfehler bei bekannter Epilepsie

5.3 · Krampfanfälle/Fieberkrampf599

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▬ Genetische Ursachen▬ Schädel-Hirn-Trauma

Man unterscheidet zwei Hauptanfallsformen:▬ Fokaler Krampfanfall : Auf eine K örperregion, also einzelne Muskelgrup-

pen, begrenzt. Patient hat häufig keine Bewusstseinsstörungen, kann auch in einen generalisierten Anfall übergehen.

▬ Generalisierter Krampfanfall : B etrifft den ga nzen Körper, als o die k om-plette Skelettmuskulatur, hierbei wird das gesamte Gehirn von pathologi-schen Entladungen erfasst, in jedem Fall Bewusstseinsstörungen.

Prodromi

▬ Geruchsempfindung▬ Visuelle Halluzinationen

Generalisierter Krampfanfall

▬ Anfallsdauer 2–3 min., tonisch-klonische Krämpfe ▬ Tonische Phas e: B ewusstseinsverlust, H instürzen, I nitialschrei (K on-

traktion der q uer g estreiften Z werchfellmuskulatur), S trecktonus der Extremitäten, weite lichtstarre Pupillen, Apnoe mit Zyanose, Dauer bis 30 sek.

▬ Klonische Phase: rhythmisches Zucken der Muskulatur, Dauer bis 2 min., Muskelerschlaffung, evtl. Einnässen, evtl. Zungenbiss

▬ Postiktale Phase: Für einige Minuten B ewusstlosigkeit, Wiedereinsetzen der Atmung, bis zu mehrere Stunden anhaltender Terminalschlaf

▬ Zungen- und Wangenschleimhautbiss▬ Evtl. Kopfplatzwunde bei Sturz, Hämatome, Frakturen, Zerrungen▬ Evtl. Aspiration

Status epilepticus

Krampfaktivität über 30 min., welche mit kontinuierlichen oder multip-len Anfä llen ein hergeht, o hne dass der P atient in der Z wischenzeit das Bewusstsein wiedererlangt.

! Der Status epilepticus ist ein lebensbedrohlicher Zustand, bei dem schnelles, aber oft auch aggressives medikamentöses Handeln erfor-derlich ist, um den Krampf zu durchbrechen.

100 Kapitel 5 · Das bewusstseinsgetrübte Kind

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5.3 · Krampfanfälle/Fieberkrampf5101

⊡ Abb. 5.1 Algorithmus Krampfanfall

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Affektkrampf

Durch f ehlende I nspiration a usgelöster K rampfanfall (hä ufig eher S yn-kope), meist inf olge v on st arkem S chreien, W ut, S chmerz, S turz o der Schreck. Betrifft ca. 4% aller Kinder zwischen dem 6.–60. Lebensmonat.

Durch die Er regung des K indes k ommt es zum A temstillstand mi t nachfolgender Z yanose und B ewusstlosigkeit. F olge ist eine H ypoxie. Durch M itbeteiligung des v egetativen N ervensystems sink en B lutdruck und Herzfrequenz. Zusammen mit der Hypoxie führt dies zur Bewusstlo-sigkeit und evtl. einem klonisch-tonischen Krampfanfall.

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Anamnese

▬ Lebhaftes Kind▬ Bagatelltrauma mit Schmerz▬ Wut

Weitere Klinik

▬ Tonisch, klonischer Krampfanfall▬ Vermehrter Speichelfluss▬ Einnässen, Einkoten▬ Oft lateraler Zungenbiss (wenn Kind schon Zähne hat)▬ Bewusstsein: Eintrübung bis Bewusstlosigkeit▬ Haut: evtl. Zyanose▬ Temperatur: Fieber, oft > 39–40 ° C rektal (Differentialdiagnose Fieber-

krampf)▬ Beim Affektkrampf:

– Atmung: Bei Exspiration bleibt die Atmung aus– Sich steigerndes Schreien über einige Sekunden und plötzliches Abbre-

chen– Blässe, L ippenzyanose, a nschließend B ewusstlosigkeit und s chlaffer

Sturz– Evtl. kurzer generalisierter Krampfanfall– Wieder einsetzen der Atmung nach 1–2 min.– Erschöpfung, Müdigkeit

DifferenzialdiagnoseMeningitis, Enzephalitis, Hypoglykämie, Hypokalziämie, Intoxikationen, Schädel-Hirn-Trauma, Hirntumor, Störungen des Säure-Basen, bzw. Was-ser-Elektrolyt-Haushaltes. Alle Arten von Krampfanfällen.

Praxistipps

▬ Transport: Kinderklinik anstreben, besonders beim erstmaligen oder komplizierten Krampfanfall.

▬ Bei Eintreffen des Rettungsdienstes ist Krampfgeschehen meist beendet → Keine übertriebenen Maßnahmen einleiten! → Falls noch nicht durch Eltern geschehen Fiebersenkung.

102 Kapitel 5 · Das bewusstseinsgetrübte Kind

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5.4 · Intoxikationen/Ingestionsnotfall5103

▬ Beim Fieber- und Affektkrampf müssen andere Ursachen und schwer wiegende Krankheiten wie Meningitis oder Enzephalitis ausgeschlos-sen werden. Deshalb auf jeden Fall Einweisung in ein Krankenhaus.

▬ Präklinische Abgrenzung zur Epilepsie nur schwer möglich, z. B. durch Anamnese, bestehendes Fieber.

▬ Aufklärung und Beruhigung der Eltern: das Risiko des Kindes, durch einen Fieberkrampf zu versterben oder bleibende neurolo-gische Folgeschäden zu erleiden, ist sehr gering und auf die F älle beschränkt, die einen stundenlangen febrilen Status epilepticus erleiden. Instruktion für Therapie bei erneutem Fieberkrampf durch den Kinderarzt: frühzeitige antipyretische Therapie, evtl. Diazepam-Rektiolen in altersadaptierter Dosierung auf Vorrat.

▬ Evtl. auch Affektkrämpfe kinderärztlich abklären um z. B. angebo-rene Herzrhythmusstörungen auszuschließen.

5.4 In toxikationen /Ingestionsnotfall

Erster Blick▬ Verhalten und Symptomatik des Kindes je nach Gift und Menge

Was ist zu unterlassen? Was ist sofort zu tun?Eigenschutz /Absicherung

Eigenschutz st eht immer v or der eig entlichen B ehandlung des P atien-ten. N icht s elten m uss ma n g erade b eim pädia trischen P atienten a uch »übermotivierte« Helfer vor unbeabsichtigtem Kontakt mit gefährlichen Stoffen schützen.

Elementarhilfe

▬ Notarzt nachfordern▬ Bewusstsein, Atmung und Kreislauf überprüfen und sichern▬ Bei B ewusstlosigkeit: st abile S eitenlage, b ei t oxischem L ungenödem:

Oberkörperhochlagerung, bei Schock: Schocklage▬ Ruhe ausstrahlen, dabei versuchen, Eltern und Kind zu beruhigen▬ Monitoring: RR, P, EKG, SpO2▬ Basischeck zum Ausschluss sekundärer Verletzungen

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▬ O2-Gabe 4–6 l/min. über Nasensonde, Sauerstoffbrille▬ Venösen Zugang legen: Offenhalten mit Ringer-Lösung oder NaCl 0,9% i.v.▬ Evtl. symptomorientierte erweiterte Maßnahmen wie Medikamente, EKG,

Defibrillation oder Intubation (� Kap. 6 bzw. 8)▬ Asservieren jeg lichen M aterials, z. B. Tabletten, Fl üssigkeiten, Flas chen,

Packungen, Erbrochenes etc.

Entgiftung Orale Giftaufnahme

Bei oraler Aufnahme von ätzenden Substanzen kein Erbrechen induzie-ren und den P atienten umgehend reichlich Wasser oder andere kohlen-säure- und alkoholfreie Flüssigkeiten trinken lassen.

1. Gabe von medizinischer Kohle: Sie absorbiert oral aufgenommene Gifte mit A usnahme v on Alk ohol, S chwermetallen, a norganischen Sä uren, aliphatischen Kohlenwasserstoffen und L augen, wichtigste Methode der primären Giftentfernung und bei ca. 6–8% der Ingestionsunfälle die häu-fig ef fektivste Maßnahme, sollte aber nur beim bewusstseinsklaren oder intubierten Ki nd ange wendet we rden → b eim ein getrübten K ind g gf. Aspiration mit dramatischen Folgen.– Dosierung: 0,5–1 g/kg KG Medizinische Kohle in Flüssigkeit auflösen.

2. Erbrechen auslösen: Bei ca. 1% der Ingestionen im Kindesalter Mittel der ersten Wahl.Kontraindikation:

▬ Bewusstseinsstörungen, Atem- oder Kreislaufinsuffizienz▬ Vergiftung mit Säuren und Laugen (zweiter Ösophaguskontakt bei Erbre-

chen)▬ Vergiftung mit Schaumbildnern (Aspiration von Schaum)▬ Krampfanfall o der Einnahme v on S ubstanzen, die zu K rampfanfällen

führen können▬ Organische Lösungsmittel▬ Aufnahme sicher ungefährlicher Substanzen▬ Säuglinge ≤9 Monate

! Auslösen von Erbrechen durch Reizung der Rachenhinterwand oder Kochsalzlösung kann aufgrund von Elektrolytverschiebung und Aspira-tionsgefahr lebensgefährlich sein und sollte nicht mehr durchgeführt werden.

104 Kapitel 5 · Das bewusstseinsgetrübte Kind

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5.4 · Intoxikationen/Ingestionsnotfall5105

Ipecacuanha-Sirup (Orpec): führt erst nach einiger Zeit (bis zu 30 min.) zum Erb rechen, e vtl. wiederho len, H älfte der er sten D osierung, w enn Erbrechen trotzdem ausbleibt, Magenspülung.

▬ Dosierung ( � Kap. 10): Kinder b is 1,5. Lj. 10 ml Or pec, 1,5.–5. Lj. 15 ml Orpec, mit viel Wasser oder Fruchtsaft (ca. 10 ml/kg KG) trinken lassen

▬ Kontraindikation: Säuglinge <9 Monate3. M agenspülung

! Im Kindesalter sehr selten erforderlich! Möglichst nur unter Klinik-bedingungen durchführen.

Indikation: Ingestion von Knollenblätterpilz oder PestizidenKontraindikation: Säure- oder Laugenverätzung (Gefahr der P erforation des Ösophagus durch den Magenschlauch, Aspiration)Beim wac hen P atienten in S eiten- und K opftieflage d urchführen → Aspirationsschutz, b ewusstseinsgetrübte P atienten zum sic heren A spi-rationsschutz intubieren: NaCl 0,9% a uf keinem Fall Wasser verwenden, möglichst vorher anwärmen.

▬ Dosierung: ca. 5–10 ml/kg KG pro EinzelspülmengeDie erste abgelassene Spülflüssigkeit muss asserviert werden. Solange spü-len bis die Spülflüssigkeit klar ist. Nach Ablassen der letzten Spülmenge, Kohle über den Magenschlauch verabreichen.

Dermale Giftaufnahme

▬ Immer zur Sicherheit doppeltes Paar Handschuhe anziehen▬ Kontaminierte K leidung en tfernen, in Plast ikbeutel v erpacken, nich t in

den RTW legen!▬ Haut mit k larem Leitungswasser über mindestens 10–20 min. abspülen,

darauf achten, dass a bfließendes Wasser den k ürzesten Weg nimmt, um nicht no ch weitere Hautstellen zu k ontaminieren; b ei g rößeren Flächen möglichst angewärmtes Wasser verwenden, um eine Auskühlung zu ver-meiden.– Augenbeteiligung: A uge ras ch üb er mindest ens 10 min. mi t k larem

Wasser spülen. Möglichst dazu das A ugenlid nach außen klappen (ek-tropionieren).

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Antidot

Einsatz von Antidoten (Gegengiften) s. unten mit der Idee▬ Giftstoff chemisch bzw. physikalisch zu inaktivieren oder▬ Giftwirkung am Rezeptor bzw. im Gewebe aufzuheben

Asservierung

Aufbewahrung des gefundenen Materials, z. B. Pillenreste, Verpackungen, Erbrochenes, Pflanzen zur t oxikologischen Analyse in der K linik. Nicht vergessen!

DiagnosesicherungBei der im Gegensatz zur Intoxikation wesentlich häufiger vorkommenden Ingestion ha ndelt es sic h um die Einnahme eines g efährlichen S toffes, welcher nicht für den Verzehr vorgesehen war, wie z. B. Spülmittel. Bei der Ingestition ist das klinische Bild in der Regel ohne allgemeine Symptome.

Bei der I ntoxikation ha ndelt es sic h um b ereits ein getretene Vergif-tungssymptome durch die Einnahme eines gif tigen oder für den Verzehr ungeeigneten Stoffes. Die toxische Wirkung führt dabei früher oder später zum klinischen Bild einer Vergiftung mit den dann typischen Symptomen.

Intoxikationen kommen bei Kindern vor allem zwischen dem 1.–4. Lj. vor, wobei Jungen mit einem Anteil von ca. 60% häufiger betroffen sind.

Die »gängigsten« Substanzen für Intoxikationen bei Kindern sind:▬ 42% Arzneimittel: offenes »Herumliegen« von Tablettenpackungen▬ 26% Haushaltsmittel: Reinigungsmittel, Waschmittel, Kosmetika▬ 17% Pflanzenschutz-, Düngemittel und sonstige chemische Substanzen▬ 8% Pflanzen, giftige Pilze, Alkohol, Nikotin in Form von Tabakwaren

Das restriktive Vorgehen und die Beachtung einiger allgemeiner »Regeln« sind für den Erfolg der Behandlung einer Intoxikation oft entscheidend.

! Grundsatz: bei Unsicherheit zur Durchführung von Maßnahmen, gerade bei Kindern, natürlich nach der Sicherung der Vitalfunktionen, die Giftinformationszentrale (⊡ Tabelle 5.3) anrufen und Informationen einholen.

106 Kapitel 5 · Das bewusstseinsgetrübte Kind

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5.4 · Intoxikationen/Ingestionsnotfall5107

Entscheidend f ür die V ersorgung ist die S chwere einer V ergiftung. Sie hängt von der Ar t der G iftaufnahme, Giftdosis und e vtl. bereits stattfin-dender Giftentfernung ab.

Anamnese

▬ Wer? – Alter und Gewicht des Kindes▬ Wann? – M öglichst g enauer Z eitpunkt der G iftaufnahme: s oeben o der

vor Stunden?▬ Was? – Was genau wurde eingenommen? Was wurde bereits unternom-

men? Hat der Patient bereits erbrochen oder eine Diarrhö?▬ Wie viel? – Welche Menge wurde eingenommen?▬ Wie? – Wie gelangte die Substanz etc. in den Körper? (oral, inhalativ, i.v.)▬ Warum? – Z. B. suizidale Absicht, meist bei älteren Kindern, Jugendlichen

Welche speziellen Symptome (⊡ Tabelle 5.1) sind bereits aufgetreten?

DifferenzialdiagnoseBei jeder unklaren Bewusstlosigkeit von einem K ind an Ingestition oder Intoxikation denken!

Praxistipps

▬ Während der Versorgung oder des Transportes Giftnotruf kontak-tieren.

▬ Eigenschutz geht vor Rettung, auch beim Kind.

Intoxikationen mit Substanzen aus dem Haushalt

Alkohol

Erster B lick: Rausch vers chiedenster Ausprägung, Ataxie, e vtl. Kr ämpfe, Bradypnoe, Foetor alcoholicus, Erbrechen.

Was ist sofort zu tun: Meist nur engmaschige Vitalfunktionenkontrolle notwendig. Primäre Giftentfernung durch aktives Erbrechen → wenn Kind ansprechbar, Alkohol baut den Blutzucker schneller ab → BZ-Kontrollen, möglichst Glukosegabe. Gefahr der Unterzuckerung ist im Kindesalter viel größer als beim Erwachsenen.

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108 Kapitel 5 · Das bewusstseinsgetrübte Kind

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⊡ Tabelle 5.1. Spezielle Symptome und Substanzen

Symptome Substanzen

Augen/Pupillen

Midriasis (Pupillenerweiterung ) Atropin (Tollkirsche), Goldregen, Sympathomi-metika, LSD, Kokain, CO

Miosis (Pupillenverengung ) Opioide, Barbiturate, Chloralhydrat, Äthanol, Pflanzenschutzmittel (z. B. E605)

Haut

trocken, warm AtropinSchweißig N ikotin, CholinergikaZyanotisch Opioide , Barbiturate, MethämoglobineHellrot C O, Zyanidegelbgefärbt (Ikterus) Knollenblätterpilz, Arsen

Magen-Darm

Übelkeit, Erbrechen Nikotin, Alkohol, Arsen, DigitalisDiarrhö L ebensmittel

Herz

Bradykardie Opioide, Barbiturate, Beta-Blocker, DigitalisTachykardie Koff ein, Theophyllin, BetamimetikaHypertonie N ikotin, BetamimetikaHypotonie Chloralh ydrat, Beta-Blocker, AntihypothonikaArrhythmie Digitalis, Theophyllin, trizyklische Antidepressiva

Lunge/Atmung

Tachypnoe A tropin, Zyanide, KohlenwasserstoffeAtemdepression Alkohol, Benzodiazepine, Opioide, BarbiturateÖdem Reizgase

Neurologie

Bewusstseinsstörung bis Koma Barbiturate, Benzodiazepine, Alkohol, Zyanid, COKrämpfe I nsektizide, Theophyllin, AlkoholAtaxie Alkohol

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5.4 · Intoxikationen/Ingestionsnotfall5109

Praxistipps

▬ Toxische Menge: abhängig vom Alter des Kindes, bei ca. 0,2 g/kg KG Äthanol Beginn der Symptomatik, bei mehr als ca. 1,5 g/kg KG Bewusstseinsstörungen bis Bewusstlosigkeit. Gefahr bei Säuglingen durch Alkoholumschläge!

▬ Da Alkohol kleinen Kindern in der Regel nicht schmeckt, sind I ntoxika-tionen bis zum 10 Lj. selten, meist beschränkt auf »Probiermengen«.

Alkylphosphate (z. B. E 605)

Erster Blick: starker Speichelfluss mit ggf. blauem Schaum vor dem Mund (Substanzfärbung), Miosis, bronchiale Hypersekretion, Erbrechen, Bewusst-losigkeit, Krämpfe, Muskelschwäche und –zuc kungen, Ateminsuffizienz, Bradykardie, Hypotension, typischer Bittermandelgeruch.

Was ist sofort zu tun:

! Eigenschutz beachten: Immer mit doppelten Handschuhen, keine Mund zu Mund-Beatmung, Kleidung komplett entfernen und in Plastik-tüte aufbewahren (gut verschließen), ABC-Maßnahmen, O2-Gabe.

Primäre Giftentfernung: Magenspülung mit anschließender Atropin-, dann Kohle-Gabe, 0,5–1 mg Atropin initial, wiederholen bis evtl. Speichelfluss sistiert, s chnelle Intubation und B eatmung, da bei häufig S edierung not-wendig, z. B. mi t M idazolam. Nur b ei s chweren Intoxikationen und er st nach A tropin-Gabe An tidot: 4 mg/kg KG T oxogonin ini tial i .v., v orher Giftnotrufzentrale kontaktieren.

Praxistipps

▬ Toxische Menge: von der Substanz abhängig; immer Giftzentrale konsultieren!

▬ Materialien nach dem Einsatz entsorgen. z. B. Beatmungsbeutel nicht wiederverwenden.

Benzin

Erster Blick: Foetor, Rötung von Haut und Schleimhäuten, Schwindel, evtl. Rauschzustände, Üb elkeit, Erb rechen, B auchschmerzen, b ei A spiration: Husten, Tachypnoe, selten Dyspnoe und Zyanose.

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Was is t so fort zu t un: Auch b ei k leinen M engen, K liniküberwachung immer indiziert, zur Resorptionsverminderung: ausdauerndes Spülen der Haut, evtl. Giftentfernung unter stationärer Überwachung, Paraffinöl nicht mehr einsetzen, besser Aktivkohle nach Rücksprache mit Giftnotrufzen-trale. M eist w erden im K indesalter b ei a kzidenteller Ga be n ur g eringe Mengen getrunken, Aspirationsgefahr steht im Vordergrund → O2-Gabe!

! Bei Aspiration mit Symptomatik: Überwachung auf Intensivstation. Auf Grund der Aspirationsgefahr sollten Eltern kein Erbrechen auslösen.

Praxistipps

▬ Toxische Menge: problemlos bis 1 ml/kg KG, selten werden mehr als 20 ml getrunken!

Maschinen–Geschirrspülmittel

Erster Blick: Oft Ätzspuren im Mund und auf den Lippen, Hypersalivation, Schmerzen.

Was ist sofort zu tun: Nicht erbrechen lassen → Ätzwirkung! Weitere Versorgung wie Verätzung, d.h. sofort den Mund auswischen und Flüssig-keit, z. B. Wasser trinken lassen; Rücksprache mit Giftnotrufzentrale auch bzgl. der Frage, ob es sich um ein stark oder nur gering ätzendes Produkt handelt, g gf. m uss sp äter mi ttels Endosk opie der G rad der V erätzung ermitteln werden.

Praxistipps

▬ Toxische Menge: schon geringe Mengen können sehr gefährlich sein. Die meisten neueren Produkte sind erheblich weniger ätzend. In je-dem Fall nach Primärversorgung Kontaktaufnahme mit Giftnotrufzen-trale und Abklärung, ob eine stationäre Überwachung notwendig ist.

Batterien (meist Knopfbatterien)

Erster B lick: Anfangs meist keine S ymptome (e vtl. mec hanisch), nac h einigen Stunden können im M agen-Darm-Trakt-Verätzungen auftreten, später in s ehr s eltenen Fällen S chwermetallintoxikation, die p räklinisch irrelevant ist.

110 Kapitel 5 · Das bewusstseinsgetrübte Kind

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5.4 · Intoxikationen/Ingestionsnotfall5111

Was ist sofort zu t un: Transport in K linik, symptomatische Behandlung, nüchtern lassen bis entschieden ist, ob die B atterie ingestiert wurde und umgehend gastroskopisch entfernt werden muss.

Praxistipps

▬ Batterien können bereits nach weinigen Stunden durch Druckne-krosen im Ösophagus und durch fließenden Strom auch im übrigen Magen-Darm-Trakt-Verätzungen bis zur Perforation verursachen und sollten deshalb gastroskopisch entfernt werden.

Nikotin

Erster B lick: Übelkeit, Erb rechen, Dur chfall, S chwitzen, B lässe, M iosis, Tachykardie, in ga nz schweren Fällen evtl. Krämpfe und zen trale Atem-lähmung, Spuren der Einnahme beim Kind.

Was ist sofort zu tun: Meist keine Maßnahmen notwendig, evtl. Erbre-chen auslösen, Überwachung für maximal 4 h notwendig.

Praxistipps

▬ Toxische Menge: Eine Intoxikation mit Nikotin wird häufig überschätzt. Eine Zigarette oder Kippe stellt meist nur ein geringes Problem dar. Pfeifen-, Zigarren- und Kautabak enthalten wesentlich mehr Nikotin!

▬ Keine Therapie notwendig bei Ingestion von:– Sgl. >9–12 Mo.: ≤1/3 Zigarette oder ≤1/2 Kippe– KK 1.–5. Lj.: ≤1/2 Zigarette oder ≤1 Kippe– SK 6.–12. Lj.: ≤3/4 Zigarette oder ≤2 Kippen– Jgdl./Erw.: ≤ 1 Zigarette oder ≤2 Kippen

▬ Problematisch sind Säuglinge unter 9 Monaten. Hier strengere Überwachung.

▬ Kohlegabe bis 1 h nach Ingestion und stationäre Überwachung für ca. 4–6 h:– Sgl. >9–12 Monate: 1/3–3/4 Zigarette oder 1/2–1 Kippe– KK 1.–5. Lj.: 1/2 Zigarette oder 1–2 Kippen– SK 6.–12. Lj.: 3/4–1,5 Zigaretten oder 2–3 Kippen– Jgdl./Erw.: 1–2 Zigaretten oder 2–3 Kippen

▬ Bei höheren Konzentrationen Rücksprache mit Giftnotrufzentrale.

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Lampenöl, Petroleum

Erster Blick: Husten, Verlauf wie Atemnotsyndrom, evtl. nach Tagen noch Pneumonien und Atelektasen, Erbrechen.

Was is t so fort zu t un: K eine p rimäre G iftentfernung b ei M engen <5 ml/kg KG, in sbesondere k ein Erb rechen a uslösen, p räklinisch sym-ptomatische B ehandlung, g gf. Sa uerstoffgabe, b ei S ymptomen immer Vorstellung in einer K linik und im Z weifel stationäre B eobachtung. B ei beginnender respiratorischer Insuffizienz maschinelle Beatmung.

Praxistipps

▬ Die toxische Wirkung ist bei akzidenteller Aufnahme meistens zu vernachlässigen. Im Vordergrund steht im Allgemeinen die Aspirationspneumonie, die bereits bei geringen Mengen auftre-ten kann.

Spülmittel

Erster Blick: Üb elkeit und Erb rechen, anamnestisch vermutetes G esche-hen.

Was is t so fort zu t un: Kein Erb rechen a uslösen→ S chaumbildung! 20–80 Trpf. (nach Alter) Sab simplex (Entschäumer), zur Verdünnung der Substanz möglichst nachfolgend viel trinken.

Praxistipps

▬ Toxische Menge: Probleme sind Schaumbildung und Aspirationsge-fahr, Toxizität eher gering.

▬ Häufiges Ereignis, da in jedem Haushalt vorhanden, Toxizität eher harmlos.

Salmonellose

Erster Blick: Brechdurchfall, z. T. blutige Durchfälle, Erbrechen, Krämpfe im Abdomen, Fieber, Kopfschmerzen.

Was is t so fort zu t un: A sservierung v on S peiseresten, I nfusion mi t Ringer-Lösung oder NaCl 0,9%, bei Schock Volumengabe mit 10–40 ml/kg KG NaCl 0,9%.

112 Kapitel 5 · Das bewusstseinsgetrübte Kind

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5.4 · Intoxikationen/Ingestionsnotfall5113

Praxistipps

▬ Toxische Menge: Schon kleine Mengen sind ausreichend. Vorkom-men besonders in warmen Jahreszeiten bei z. B. Geflügel, Speiseeis, Frischeispeisen (z. B. Pudding), Speisen mit Majonäse, Muscheln, Mett. Bei Gemeinschaftsverpflegung (Schule, Kindergarten) auch Massenanfall an Erkrankungen.

▬ An Meldepflicht denken!

Verätzungen mit Säuren oder Laugen

Erster Bli ck: L okale Reizwirk ungen und g gf. K oagulationsnekrosen a n Mund, R achen, Ö sophagus und M agen, Erb rechen, Glo ttisödem, Azi-dose, s chwer s tillbare B lutungen, Reizun g der b etroffenen H autgebiete, Erbrechen von Schleimhautfetzen, Stridor, Atemnot.

Was ist sofort zu tun: Viel Wasser trinken lassen → Verdünnung, zur Analgesie K etanest o der F entanyl, e vtl. 250–500 mg S olu-Decortin H (Wirkung umst ritten) und g gf. I nhalation mi t I nfektokrupp/Adrenalin bei Glottisödem, bei Schock: 10–40 ml/kg KG NaCl 0,9%, venösen Zugang legen, evtl. Intubation und Beatmung.

! Auf keinen Fall Erbrechen provozieren → Gefahr einer nochmaligen Verätzung!

Praxistipps

▬ Toxische Menge: Von der Substanz abhängig, kleine Mengen aber meist schon toxisch, problematisch ist die Organverätzung.

▬ Verdünnen mit Wasser wenig sinnvoll, da die Nekrosen unmittelbar nach Ingestion entstehen.

▬ Laugen bereiten im weiteren Verlauf meist mehr Probleme als Säuren.

Intoxikationen mit Medikamenten

Bei Vergiftungen durch Medikamente handelt es sich meist um Standard-medikamente aus der Hausapotheke. Wichtig ist die eingenommene Men-ge. Leere Tablettenpackungen suchen und Angehörige befragen. Im Zwei-fel immer von der max. möglich ingestierten Tablettenmenge ausgehen.

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Acetylsalicylsäure

Erster B lick: Übelkeit, Erb rechen, B auchschmerzen, S chwindel, Unruhe oder Lethargie, Schwitzen, Hyperpnoe (Azidoseatmung), evtl. Hyperther-mie, Verwirrtheit, Koma.

Was is t so fort zu t un: Primäre G iftentfernung d urch A uslösen v on Erbrechen, nachfolgend Gabe von Kohle und Glaubersalz:

▬ Dosis >75 mg/kg KG: nur stationäre Beobachtung▬ Dosis >100 mg/kg KG: Kohlegabe und reichlich Flüssigkeitszufuhr▬ Dosis >200–300 mg/kg KG: Alkalisierung in der Klinik

Praxistipps

▬ Toxische Menge: Einzeldosis 150 mg/kg.▬ Bei ASS sind auch starke allergische Reaktionen auf kleine Mengen

möglich.

Antihistaminika

Erster B lick: Tachykardie, S omnolenz, Er regung, S edierung b is K oma, Ataxie, Übelkeit, Erbrechen, Herzrhythmusstörungen, Krampfanfälle.

Was ist sofort zu tun: Primäre Giftentfernung durch Aktivkohle, da die sedierende Wirkung rasch einsetzen kann, kein Erbrechen auslösen, ggf. Magenspülung nach Einnahme großer Mengen.

Praxistipps

▬ Toxische Menge: von der Substanz abhängig (hohe therapeutische Breite), 3–4fache Tagesdosis meist problemlos.

▬ Symptome sehr abhängig von der Substanz und deshalb sehr unterschiedlich.

Antirheumatika

Erster Blick: Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, gastrointestinale Blu-tungen, Benommenheit.

Was ist sofort zu t un: Primäre Giftentfernung durch Aktivkohle, ggf. Auslösen von Erbrechen, ggf. Giftnotruf konsultieren.

114 Kapitel 5 · Das bewusstseinsgetrübte Kind

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5.4 · Intoxikationen/Ingestionsnotfall5115

Praxistipps

▬ Toxische Menge: von der Substanz abhängig, Erw.-Einzeldosis meist problemlos.

▬ Symptome sehr abhängig von der Substanz und deshalb sehr unterschiedlich.

Atropin

Erster Blick: Mundtrockenheit, Tachykardie, Arrhythmien, Bewusstseins-störungen bis Bewusstlosigkeit, Fieber, Krämpfe, Midriasis, Hautrötung.

Was ist sofort zu t un: Primäre Giftentfernung durch Aktivkohle, nur ausnahmsweise bei Pflanzeningestion Erbrechen auslösen, bei schweren Vergiftungen mi t zen tralnervösen S törungen: 0,02–0,04 mg/kg KG P hy-sostigmin langsam i.v. unter Monitorkontrolle.

Praxistipps

▬ Toxische Menge: ab 0,02 mg/kg Symptombeginn, ab 0,07 mg/kg schwere Intoxikation. Bei Säuglingen Intoxikation auch durch Augentropfen!

Barbiturate

Erster Blick: Bewusstseinsstörungen bis Bewusstlosigkeit, Atemdepression, evtl. Hypothermie, Blutdruckabfall.

Was is t so fort zu t un: P rimäre G iftentfernung d urch Ak tivkohle bei 1–3fac her T agesmaximaldosis, e vtl. B eatmung, T emperatur üb er-wachen, b ei ≥3facher Tagesmaximaldosis: Magenspülung b is 2 h nach Ingestion.

Praxistipps

▬ Toxische Menge: von der Substanz abhängig, stets vor einer Magen-spülung Giftnotrufzentrale kontaktieren.

▬ Erw.-Einzeldosis meist problemlos, ab doppelter Erwachsenen-tagesdosis, Maßnahmen einleiten, Bei 10facher Erw.-Einzeldosis sind schwere Intoxikationen zu erwarten.

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Benzodiazepine

Erster Blick: Müdigkeit, Muskelschwäche, Hypotonie, Ataxie, evtl. para-doxe Reaktionen mit Erregung, Blutdruckabfall, Übelkeit, Erbrechen.

Was ist sofort zu tun: Primäre Giftentfernung bei Einnahme >Kinder-tagesmaximaldosis, An tidot: ini tial 0,01 mg/kg KG (max. 0,2 mg in sge-samt) Anexate in 5% Gl ukose verdünnt langsam i .v., wenn nach 1 min. keine B esserung, no chmalige Ga be v on 0,005–0,01 mg/kg KG (max. 0,1 mg in sgesamt) i .v. b ei K indern un ter 15 Jahren str enge Risik o-Nut-zen-Abwägung, meis tens ist die sym ptomatische Thera pie a usreichend und die Gabe von Anexate selten sinnvoll.

Praxistipps

▬ Toxische Menge: Erw.-Einzeldosis meist problemlos, Lebensgefahr auch bei relativ hohen Dosen eher selten, dennoch stationäre Beo-bachtung sinnvoll.

Betasympathomimetika (Beta-Blocker)

Erster B lick: Zittern, U nruhe, T achykardie, H ypertonie, Ar rhythmien, selten Müdigkeit, Somnolenz.

Was is t so fort zu t un: Primäre G iftentfernung d urch Ak tivkohle b ei hohen Dosen je nach Präparat, Rücksprache mit Giftnotrufzentrale, kon-tinuierliches Monitoring (EKG, RR, Blutzucker).

Praxistipps

▬ Toxische Menge: l0–20fache Dosierung inhalativ problemlos. Zwei-fache Tagesdosis bei oraler Einnahme problemlos. Bei extremer Unruhe ggf. Sedierung z. B. mit Diazepam notwendig.

Fluortabletten

Erster Blick: Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Benommenheit, Koma, Hypoglykämie, Krampfanfälle, Hypokalzämie, evtl. lokale Verätzungen.

Was ist sofort zu tun: Bei <100 mg Kalzium geben (z. B. Milch), Kalzium z. B. als B rausetabletten, bei >100 mg Fluorid, ggf. intravenöse Gabe von Kalzium in der Klinik. Bei Ingestion >250 mg zusätzlich Magenentleerung.

116 Kapitel 5 · Das bewusstseinsgetrübte Kind

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5.4 · Intoxikationen/Ingestionsnotfall5117

Praxistipps

▬ Toxische Menge: Monatsportion problemlos.

Paracetamol

Erster B lick: Übelkeit, Erb rechen, o ft let aler A usgang, no ch nac h 48 h symptomfreien Intervall, Leberversagen möglich.

Was ist sofort zu tun: Bei großen Ingestionsmengen primäre Giftent-fernung durch Auslösen von Erbrechen, ansonsten Aktivkohle, auch bei >100–150 mg/kg KG P aracetamol. N ur b ei I ngestion v or üb er 8 h üb er 150 mg/kg KG B eginn mi t 150 mg/kg KG Acetylcystein (z. B. Fluimucil) als Kurzinfusion über 60 min., anschließend 50 mg/kg KG in 5% Glukose über 3 h, danach 100 mg/kg über 16 h, Gesamtdosis 300 mg/kg in 20 h, bei bewusstseinsklarem Patienten auch orale Gabe möglich: z. B. 140 mg/kg A cetylcystein p .o. (in W asser o der F ruchtsäften a uflösen), a nschlie-ßend 70 mg/kg alle 4 h über mind. 24 h.

Falls die Ingestion noch keine 8 h her ist, kann nach 4 h in der Klinik ein Paracetamol-Spiegel bestimmt werden und a bhängig davon die Ace-tylcystein-Therapie eingeleitet werden. Immer Rücksprache mit Giftnot-rufzentrale!

Praxistipps

▬ Toxische Menge: ab 150 mg/kg KG pro 24 h, Gesamttagesdosis zählt.

»One pill can kill«

Neben den g enannten Medikamenten zeigt ⊡ Tabelle 5.2 f ür K inder b is zum Alter von ca. 3 Jahren besonders toxische Substanzen. Im Falle einer Einnahme ist um gehend die G iftnotrufzentrale zu ala rmieren. Ebenfalls sind folgende Maßnahmen einzuleiten:

▬ Auslösen von Erbrechen, wenn Kind bei Bewusstsein, ansonsten primäre Giftentfernung durch Aktivkohle und sofortiger Transport in die nächste Klinik.

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Intoxikationen mit Pflanzen

Pflanzenteile werden meist nur von kleinen Kindern eingenommen und umgehend wieder ausgespuckt, da sie nic ht schmecken. Die im Haushalt befindlichen Pflanzen stellen meist kein Problem dar. So sind die meisten Blätter eher nic ht t oxisch (A usnahme: Eib e!) und a uch B lumenwasser führt nic ht zu leb ensbedrohlichen S ymptomen. Die Diagnostik s olcher Intoxikationen fällt mitunter schwer, da die Einnahme nic ht immer beo-bachtet wurde. Deshalb bei nachfolgenden Symptomen stets auch an eine mögliche I ntoxikation denk en, w obei die meis ten P flanzenvergiftungen nicht symptomatisch sind.

118 Kapitel 5 · Das bewusstseinsgetrübte Kind

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⊡ Tabelle 5.2. One pill can kill

Wirkstoff Handelsname Toxische Dosis

Campherbaumöl Cystin wern Lösung 1 Teelöffel

Chloroquin Chlorochin (Antibiotika, -infektiva) 500 mg

Clonidin Catapresan (Antihypertonika) 0,3 mg

Imipramin Imipramin-neuraxpharm, Prylengan, T ofranil (Psychopharmaka) 150 mg

Lindan Delitex, Jacutin (Antiparasitikum-Kopf-, 2 Teelöffel/ Filz- und Körperläuse) 1% Lösung

Propranolol Dociton, Propanur, Propra-ratiopharm 1–2 Tabl. à 160 mg (Beta-Blocker)

Theophyllin Euphyllin (Antiasthmatikum, Broncho- 500 mg dilatat or)

Verapamil Isoptin (Antiarrhythmikum) 1–2 Tabl. à 240 mg

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5.4 · Intoxikationen/Ingestionsnotfall5119

Erster Blick▬ Erbrechen, Durchfall (evtl. blutig)▬ Schwindel, Krämpfe, Bewusstseinstörungen bis zur Bewusstlosigkeit▬ Erregungszustände oder Halluzinationen▬ Kollaptische Zustände▬ Midriasis▬ Dermatitis und Blasenbildung▬ Arrhythmien

VersorgungBasics

Die B asisversorgung ist sym ptomorientiert. W enn die ein genommene Pflanze b ekannt ist, immer G iftnotrufzentrale k ontaktieren, sp ezifische Maßnahmen sind a uch hier primäre Gif tentfernung durch Auslösen von Erbrechen und Gabe von Aktivkohle.

! Nachfolgende Praxistipps nur als Anhalte verstehen, immer Giftnotruf-zentrale kontaktieren!

Praxistipps

Cotoneaster (Zwergmispel)

▬ <10 Beeren: außer reichlicher Flüssigkeitszufuhr keine Therapie▬ 10–20 Beeren: zusätzlich Aktivkohle▬ >20 Beeren: Ipecac, danach Aktivkohle▬ Bis 30–50 Beeren häufig problemlos, gering toxisch

Efeu

▬ <5 Beeren oder 1 Blatt: problemlos, da gering toxisch▬ >5 Beeren oder ≥2 Blätter: Aktivkohle▬ Ggf. Ipecac bei großen Mengen, anschließend Aktivkohle

Eibe

▬ Nadeln (=Blätter) sehr toxisch!▬ Rotes Fruchtfleisch nicht toxisch (schleimig-süß)▬ Kerne beim Zerbeißen, ab >3 zerkauten Kernen, Ipecac

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Goldregen (sieht aus wie Bohnenschote)

▬ >3 Samen Aktivkohle▬ >5 Samen Ipecac, anschließend Aktivkohle▬ Bereits <1 Schote toxisch!

Heckenkirsche

▬ 3–5 Beeren oder reichlich Blüten: Aktivkohle▬ >5 Beeren Ipecac, anschließend Aktivkohle▬ Es gibt viele Arten von Heckenkirschen

Knollenblätterpilz

▬ Bereits kleine Mengen hochtoxisch und gefährlich → häufigtödliche Vergiftung

▬ Bereits bei Verdacht, sofort Aktivkohle, venöser Zugang etc.

Liguster

▬ <5 Beeren problemlos (gering toxisch)▬ 5–10 Beeren Aktivkohle▬ >10 Beeren Ipecac, anschließend Aktivkohle

Mistel

▬ <5 Beeren problemlos (gering toxisch)▬ Nur bei großen Mengen Aktivkohle

Pfaffenhütchen

▬ Schon wenige Früchte toxisch▬ 3–5 Samen Aktivkohle▬ Bei größeren Mengen Ipecac, anschließend Aktivkohle

Seidelbast

▬ Bereits 1 Beere toxisch▬ Reichlich trinken lassen, falls nur ein Samen z erbissen wurde,

anschließend Aktivkohle▬ Bei größeren Mengen Ipecac, anschließend Aktivkohle▬ Intoxikation zeigt Verätzungssymptome

120 Kapitel 5 · Das bewusstseinsgetrübte Kind

5

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5.4 · Intoxikationen/Ingestionsnotfall5121

Tollkirsche

▬ Bereits 1 Beere toxisch▬ Therapie wie Atropinintoxikation

Vogelbeere

▬ <50 Beeren meist problemlos (gering toxisch)▬ Flüssigkeit anbieten

Wolfsmilch

▬ Wenige Tropfen des Saftes problemlos (gering toxisch)▬ Reichlich trinken lassen, Haut mit Wasser abspülen, Aktivkohle▬ Ggf. Ipecac bei Einnahme sehr großer Mengen

Giftinformationszentralen

In ⊡ Tabelle 5.3 f inden Sie Adressen und Telefonnummern der wic htigs-ten Giftinformationszentralen.

⊡ Tabelle 5.3. Giftinformationszentralen

Stadt Adresse Notruftelefon

Berlin Landesberatungsst elle für Vergiftungs- 030/19240(Kinderklinik) erscheinungen und Embryonaltoxikologie Pulsstr. 3–7, 14059 Berlin

Berlin V irchow-Klinikum 030/450-53555, (Medizinische Medizinische Fakultät der Humboldt- -53565Klinik) Univ ersität zu Berlin Abt. Innere Medizin mit Schwerpunkt Nephr ologie und Intensivmedizin Augustenburger Platz 1, 13353 Berlin

Bonn Informationszentrale gegen Vergiftungen, 0228/19240(Kinderklinik) Zentrum für Kinderheilkunde der Rheinischen Friedrich – Wilhelms Universität Bonn Adenauerallee 119, 53113 Bonn▼

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122 Kapitel 5 · Das bewusstseinsgetrübte Kind

5

⊡ Tabelle 5.3. Fortsetzung

Stadt Adresse Notruftelefon

Erfurt Gemeinsames Giftinformationszentrum 0361/730730 der Länder Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen Nordhäuser Str. 74, 99089 Erfurt

Freiburg Univ ersitätsklinik Freiburg 0761/19240(Kinderklinik) I nformationszentrale für Vergiftungen Mathildenstr. 1, 79106 Freiburg

Göttingen Gif tinformationszentrum der Länder 0551/19240 Bremen, Hamburg, Niedersachsen und S chleswig-Holstein (GIZ Nord) Zentrum für Pharmakologie und Toxikologie der Universität Göttingen Rober t-Koch-Str. 40, 37075 Göttingen

Homburg Universitätskliniken, Klinik für Kinder- und 06841/19240(Medizinische JugendmedizinKlinik) Informations- und Beratungszentrum für V ergiftungsfälle, 66421 Homburg/Saar

Mainz Beratungsst elle bei Vergiftungen 06131/19240 II. Medizinische Klinik und Poliklinik der Universität, Langenbeckstr. 1, 55131 Mainz

München Giftnotruf München 24-h-Informationsdienst 089/19240(Medizinische bei SchlangenbissenKlinik) Toxikologische Abteilung der II. Medizinischen Klinik rechts der Isar der Technischen Universi- tät München Ismaninger Str. 22, 81675 München

Nürnberg II. Medizinische Klinik des städtischen 0911/3982451(Medizinische K rankenhauses Nürnberg-NordKlinik) T oxikologische Intensivstation F lurstr. 17, 90419 Nürnberg

Österreich W ien 0043-1-4064343

Schweiz Z ürich 0041-1-2515151

Internet http://w ww.giftnotruf.de

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5.5 · Akuter Bauch5123

5.5 A kuter Bauch

Dieser Begriff fasst B auchschmerzen unklarer Genese zusammen, hinter denen sich so gut wie »alles« v erbergen kann. Gerade Kleinkinder proji-zieren sehr vieles in den B auchbereich. Eine Diag nose am Notfallort zu stellen ist meist schwierig, Stabilisierung und Transport des Kindes stehen hier im Vordergrund. Eine kausale Therapie ist entsprechend schwierig!Neben den S chmerzen lieg en meist Üb elkeit und Erb rechen v or. Z eigt sich der B auch b ei der P alpation g espannt b is »b retthart«, sp richt ma n vom »akuten Bauch« oder »akuten Abdomen«. Die häufigsten Ursachen im Kindesalter sind Appendizitis und Ileus.

! Grundsätzlich jedes Kind mit unklarer Symptomatik in Klinik vorstellen.

Appendizitis

Erster Blick▬ Kind mit länger andauernden oft untypischen Bauchschmerzen.

Was ist zu unterlassen? Was ist sofort zu tun?▬ Entlastung einer möglichen brettharten Bauchdecke und Transport in die

nächste Klinik als oberstes Ziel.▬ Mit erhö htem Ob erkörper und leich t a ngezogenen B einen lag ern, mi t

Knierolle unterstützen

VersorgungBasics

▬ Monitoring: RR, P, EKG, SpO2▬ O2-Gabe: 4–6 l/min.▬ Evtl. venösen Zugang legen, Offenhalten mit NaCl 0,9%▬ Falls notwendig, z. B. Zeichen der Perforation oder starke Schmerzen NA

nachfordern▬ Kind grundsätzlich nüchtern lassen

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Advanced

▬ Hochpotente Analg etika in der Reg el nic ht er forderlich, b ergen die Gefahr der Verschleierung des K rankheitsbildes, Gabe nur im äußersten Notfall, zügig e B eurteilung d urch er fahrenen Chir urgen a nstreben, der eine evtl. Operationsindikation stellen kann

▬ Evtl. 0,005–0,02 mg/kg KG Fentanyl i.v. zur Analgesie▬ Evtl. 0,1–0,2 mg/kg KG Midazolam i.v. zur Sedierung

DiagnosesicherungEntzündung des Wurmfortsatzes (Appendix vermiformis). Hierbei besteht vor allem bei Kindern die Gefahr der Perforation.

Anamnese

Häufig langsam beginnende Schmerzen, oft zunächst im Oberbauch, die dann in den rechten Unterbauch wandern. Die Schmerzen lassen auch bei ruhigem Liegen nicht nach und verstärken sich bei Bewegungen. Appetit-losigkeit, Übelkeit und Erbrechen finden sich begleitend.

Weitere Klinik

▬ Schmerzen im rechten Unterbauch:– Lokaler Klopfschmerz– Kontralateraler Loslassschmerz (Blumberg-Zeichen )– Positiver Mc Burney und/oder Lanz Punkt

▬ Evtl. brettharte Bauchdecke▬ Übelkeit und Erbrechen▬ P: Tachykardie, Schock▬ Temperatur: Subfebrile Temperaturen, manchmal hohes Fieber▬ Appetitlosigkeit▬ Gelegentlich Diarrhö bei Kindern

DifferenzialdiagnoseIleus, Leistenbruch, Magen-Darm-Grippe (-verstimmungen), Verstopfung

Praxistipps

▬ Transport: In Kinderchirurgische Klinik. Je nach Schwere ggf. mit Notarzt, Voranmeldung und Sonderrechten. Monitoring fortführen.

124 Kapitel 5 · Das bewusstseinsgetrübte Kind

5

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5.5 · Akuter Bauch5125

Ileus

Erster Blick▬ Oft b lasses K ind mi t lä nger a ndauernden, z. T. k olikartigen B auch-

schmerzen

Was ist zu unterlassen? Was ist sofort zu tun?▬ Entlastung einer möglichen brettharten Bauchdecke und Transport in die

nächste Klinik als oberstes Ziel▬ Mit erhö htem Ob erkörper und leich t a ngezogenen B einen lag ern, mi t

Knierolle unterstützen, falls erforderlich, Schocklage

VersorgungBasics

▬ Monitoring: RR, P, EKG, SpO2▬ Evtl. O2-Gabe 4–6 l/min.▬ Venösen Zugang legen: Offenhalten mit NaCl 0,9%▬ Kind unbedingt nüchtern lassen▬ Bei Schocksymptomatik: Notarzt hinzuziehen▬ 10–40 ml/kg KG NaCl 0,9% infundieren

Advanced

▬ Hochpotente Analgetika in der Regel nicht erforderlich.▬ Evtl. 0,1–0,2 mg/kg KG Midazolam i .v. zur S edierung, immer v orsichtig

dosieren, damit eine Diagnose in der K linik nicht vereitelt wird, bzw. bei zu starker Sedierung besteht Aspirationsgefahr.

DiagnosesicherungLähmung o der Verschluss des D armes, her vorgerufen durch Verlegung z. B. S trangulation eines D armabschnitts, Invagination, Verwachsungen, Kotballen (mangelnde Flüssigkeitszufuhr), Tumoren etc. beim mechani-schen Ileus . Als weitere Form durch Lähmung der Darmmotorik bei ent-zündlichen P rozessen wie P ankreatitis, A ppendizitis o der Cho lezystitis beim paralytischen Ileus . Der mechanische Ileus geht unbehandelt immer in die paralytische Form über.

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Anamnese

Evtl. fehlende Flüssigkeitszufuhr in den letzten Tagen.

Weitere Klinik

▬ Brettharte B auchdecke, ka nn b ei Sä uglingen und k leinen K indern manchmal nur diskret ausgeprägt sein, da sie nur wenig Bauchmuskula-tur besitzen

▬ Übelkeit und Erbrechen, evtl. Koterbrechen ▬ Evtl. Schockzeichen: erniedrigter Blutdruck, erhöhter Puls etc.▬ Fehlender Stuhlgang▬ Evtl. druckempfindliches, geblähtes Abdomen▬ Mechanischer Ileus:

– Evtl. von außen erkennbare Darmwindungen– Auskultation: metallisch klingende Darmgeräusche

▬ Paralytischer Ileus:– Auskultation: fehlende Darmgeräusche (absolute Stille)

DifferenzialdiagnoseAppendizitis

Praxistipps

▬ Transport: In Kinderchirurgische Klinik mit pädiatrischer Erfahrung. Je nach Schwere ggf. mit Notarzt, Voranmeldung und Sonderrech-ten. Monitoring fortführen.

5.6 Meningitis

Erster Blick▬ Schläfriges, lethargisches Kind mit hohem Fieber >40°C▬ Nackensteifigkeit, positives Brudzinski-Zeichen (a) und K ernig-Zeichen

(b) (⊡ Abb. 5.2)

Was ist zu unterlassen? Was ist sofort zu tun?▬ Transport mit Notarzt in die nächste Kinderklinik ggf. unter Sonderrech-

ten und Voranmeldung als oberstes Ziel▬ Ruhe ausstrahlen, Angehörige beruhigen

126 Kapitel 5 · Das bewusstseinsgetrübte Kind

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5.6 · Meningitis5127

⊡ Abb. 5.2a,b. Brudzinski- und Kernig-Zeichen. a. Brudzinski-Zeichen positiv: Kopf nach oben vorn führ t zum Anziehen der Beine . b. Kernig-Z eichen positiv : Unmöglichkeit der aktiv en Streckung des Beins im K niegelenk bei im Hüf tgelenk gebeugtem Bein (Nach: Lange [1998] Anamnese und klinische Untersuchung. Springer, Heidelberg)

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▬ Eigenschutz → Handschuhe und möglichst Mundschutz tragen▬ Enge Kontaktpersonen, z. B. Familienangehörige o der andere K inder in

Kindergärten sind j e nach Erreger ggf. für mindestens 24 h zu is olieren und b ei Meningokokken g gf. prophylaktisch mit Antibiotika zu b ehan-deln (Rifampicin 10 mg/kg KG 2x/d f ür 2 Tage. Personen üb er 18 Jahre, einmalig 750 mg Ciprofloxacin oder 600 mg Rifampicin 2x/d f ür 2 Tage p.o.. Es en tscheidet dann in er ster Linie der das K ind betreuende Klini-karzt bzw. nachfolgend gemeinsam mit dem zuständigen Gesundheitsamt über Anitbiotikaprophylaxe und Isolationsmaßnahmen )

VersorgungBasics

▬ Monitoring: RR, P, EKG, SpO2▬ O2-Gabe: 4–6–8 l/min.▬ Venösen Z ugang leg en: j e nac h A usprägung und S chwere Of fenhalten

oder 10–40 ml/kg KG NaCl 0,9% i.v.

Advanced

▬ 0,4 mg/kg KG Fortecortin b ei ei triger Meningitis , mög lichst 15–20 min. vor Antibiotika-Gabe

▬ Evtl. 0,01 mg/kg KG Suprarenin als Vasopressor beim Schock▬ Sehr zügig handeln! Transport geht vor

! Während der Antibiotika-Gabe kann es durch akuten Bakterienzerfall zu einer akuten Verschlechterung mit Zunahme der Schocksymptoma-tik kommen → Antibiotikum nur in der Klinik und – bei der Meningo-kokkensepsis – möglichst nach Fortecortin-Gabe verabreichen. Patient muss engmaschig überwacht werden (P, RR, EKG, SpO2)!Aufgrund der gefürchteten Herxheimer Reaktion keine präklinische Antibiose

DiagnosesicherungWeltweit v orkommende meldep flichtige I nfektionskrankheit der H irn-haut (Meningen), hervorgerufen durch Bakterien wie z. B. Meningokok-ken (Neisseria meningitis ), Pneumokokken oder Haemophilus influenzae Typ B , V iren, B orrelien nac h Z eckenbiss, v on der v or allem Sä uglinge und K leinkinder b etroffen sind . Die Er reger siedeln sic h im N asen-

128 Kapitel 5 · Das bewusstseinsgetrübte Kind

5

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5.6 · Meningitis5129

Rachen-Raum des M enschen an und sind b ei ca. 10% der B evölkerung ohne k linische Symptome nachweisbar. In Deutschland werden jährlich ca. 700 Erkra nkungsfälle g emeldet. Üb ertragen wir d der Er reger d urch Tröpfchen, w obei en ger K ontakt er forderlich ist, da die K eime a n der Luft r elativ s chnell a bsterben. Die I nkubationszeit b eträgt 2–10, meist 3–4 Tage. D er endgül tige N achweis ka nn n ur d urch U ntersuchung des Liquors erhä rtet w erden. D a die K rankheit hä ufig s chwere Verlaufsfor-men annimm t, s ollte s chon b ei blo ßem Verdacht en tsprechend s chnell gehandelt werden.

Meningokokkensepsis

Septische s chwere F orm der M eningokokken-Infektion die innerhalb von S tunden zum T od f ühren ka nn. Die M enigokokkeninfektion tr itt bei ca. 1–2 P atienten/100 000 Erkrankte auf. Wegweisend sind p etechi-ale Exa ntheme (p unktförmige H auteinblutungen) a m ga nzen K örper (⊡ Abb. 5.3), aus denen sich Hautnekrosen entwickeln können. Die Inku-bationszeit beträgt meist <4 Tage.

Waterhouse-Friderichsen-Syndrom

Schwerste F orm mi t f ulminantem s eptischem S chock, ho he L etali-tät, tr itt b ei ca. 10–15% der Erkra nkten a uf, k ennzeichnend sind die typischen H autveränderungen im S inne v on H autblutungen (A bsie-delung v on M eningokokken b ei B akteriämie). Es ka nn zu einer S ep-sis mit Verbrauchskoagulopathie (Verbrauch von Gerinnungsfaktoren) kommen.

Anamnese

Erkrankungsfälle in der näher en Umgebung, z. B. Kindergarten, Schule etc.

Weitere Klinik

▬ Bewusstsein: V erwirrtheit, G ereiztheit, H alluzinationen, S chläfrigkeit, Berührungsempfindlichkeit, Bewusstseinsstörungen bis Koma

▬ Kopfschmerzen▬ Erbrechen▬ Krämpfe▬ Aufschreien beim auf den Arm nehmen

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▬ Harte, aufgetriebene Fontanelle → kann auch ohne Meningitis bei hohem Fieber auftreten

▬ Haut: Bei Meningokokkensepsis: evtl. Einblutungen (Petechien) → Glas-Test : T rinkglas f est g egen die b etroffene S telle dr ücken, p ositiv w enn Ausschläge sichtbar b leiben, negativ wenn Ausschläge b eim Dr uck ver-schwinden

! Bei Säuglingen und Kleinkindern können die Symptome oft wenig auffällig sein. Trotz einer Meningokokkeninfektion können die Symp-tome einer Meningitis fehlen. Meist kommt es zu plötzlich einsetzen-dem Fieber, Verschlechterung des Allgemeinzustandes und Erbrechen, bei Säuglingen zusätzlich zu einer hart aufgetriebenen Fontanelle. Anfangs nur rote, z. T. leicht livide fleckenartige Hautveränderung. Im weiteren Verlauf Hauteinblutungen .

130 Kapitel 5 · Das bewusstseinsgetrübte Kind

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⊡ Abb. 5.3. Meningokokkensepsis mit Einblutungen (Purpura-Schoenlein-Henoch)

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5.6 · Meningitis5131

DifferenzialdiagnoseInfektionskrankheiten wie Rö teln, Windpocken, anaphylaktoide Re akti-onen

Praxistipps

▬ Transport: Mit Notarzt in nächste Kinderklinik unter Sonderrechten und Voranmeldung. Monitoring und Schockbekämpfung fortführen.

▬ Entscheidend für den Verlauf ist die frühe Verdachtsdiagnose, sofor-tige Therapie und Klinikeinweisung.

▬ Nach §6 Infektionsschutzgesetz sind Krankheitsverdacht, Erkran-kung und Tod bei Meningokokken und Tuberkulose meldepflichtig.

▬ Als behandlungswürdige Kontaktperson zählt auch das Rettungs-fachpersonal, Therapie mit Antibiotika.

▬ Die Fortecortin-Gabe ist hinsichtlich seines Nutzens etwas umstrit-ten, wird aber in den meisten Kliniken bei Meningokokken-Sepsis noch prophylaktisch durchgeführt. Bei der Meningitis hat es wahr-scheinlich wenig Nutzen.

▬ Bei normalem Meningitisverdacht ist der direkte Transport in die nächste Klinik ausreichend.

▬ Bei Fieberkrampf (� Kap. 5.3) immer auch an Meningitis als Ursache des Krampfes denken.

▬ Fahrzeug außer Dienst nehmen und Desinfektionsmaßnahmen einleiten


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