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Das Zeichen im Raum des Archivs

Date post: 25-Mar-2016
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Ein Künstlerbuch zum Thema Archiv. Mit Streetartfotografien aus Florenz, Barcelona, Amsterdam und Berlin und Essays von Studenten der HBK Braunschweig
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Archiv Künstlerbuch : Das Zeichen im Raum des Archivs : von Florian Beddig
Transcript
Page 1: Das Zeichen im Raum des Archivs

Archiv Künstlerbuch

:

Das Zeichen

im Raum des Archivs

:von Florian Beddig

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:

Das Zeichen

im Raum des Archivs

:

von Flor ian BeddigFotograf ie von Nielab Jayanda

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Ich habe mich dazu entschieden, den Archivgedanken in meiner eigenen Arbeit weiterzuführen. Ausgangsma-terial ist eine zeichenhafte Fotografie von Nielab Jayanda aus dem interdis-ziplinären Projekt Experiment Archiv. Dazu gesellen sich meine Streetart Fotografien aus Florenz, Barcelona, Amsterdam und Berlin.

Zeichen begegnen uns nicht nur auf Schildern, sie sind allgegenwärtig. Jede Kultur ist anders geprägt und ver-steht bestimmte Zeichen(systeme) und andere nicht. Manche Zeichen drän-gen sich förmlich auf, Andere wiede-rum gehen in der Hektik völlig unter. Manche bringen uns zum Ziel oder warnen uns vor Gefahr, wieder Andere

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bleiben unverständlich, oder wollen auf politisch-gesellschaftliche Miss-stände aufmerksam machen und auf ihre Weise kommentieren.

Zeichen gehören zu unserer All-tagswelt. Sie prägen unsere Städte, un-sere Kultur und unser Denken. Wenn wir diese Kultur archivieren wollen, muss alles in eine Ordnung/einen Zu-sammenhang gebracht werden. Meta-phern und Vergleiche helfen abstrakte Gedanken und Aussagen verständlich zu machen und trotzdem bleibt man-ches Rätsel ungelöst.

Diesem Text folgen vier Positio-nen zum Thema Archiv, die im Semi-nar Archiv Künstlerbuch im SoSe 2012 entstanden sind.

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Essay

:

Die Stadt als Archiv

:von Anne Dickel, Jaqueline Krone,

Marjoleine Leoniek Leever und Dina Michalsk i

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Eine Stadt besteht aus verschiedenen Parametern. Um

überhaupt entstehen zu können, braucht es eine stra-

tegisch-vorteilhafte Lage und lebensnotwendige Res-

sourcen. Die Grundstruktur entsteht über Jahrhunderte,

langsam und stetig. Generation für Generation gestaltet

das Gesicht einer Stadt und das Zusammenleben unter-

einander.

Kartografie zur Orientierung innerhalb der Komplexität

Abstraktion, die mich auf einen vieler Punkte bringt

Eine vieler Lesarten, wie auch die einer Novelle

Oder lediglich eine Darstellung von Entwicklungsstufen

Lass uns so tun, als ob die Buchstaben Bausteine sind,

die Wörter Formen (Stufen, Wände) und die Sätze Stra-

ßen, die durch die Zusammengehörigkeit der Buchsta-

ben wie mit Teer zusammengeleimt den Grundstoff un-

serer Fortbewegung bilden.

Im streng archivologischen Sinne ist die Stadt kein Ar-

chiv. Sie ist nicht als eine Institution zu verstehen, son-

dern vielmehr als ein Archiv im metaphorischen Sinne.

Gleiches gilt für das Archivgut einer Stadt. Städte sind

Speicher von Geschichte – überall trifft man auf ihre

Spuren. Sie leiten uns durch den Stadtraum und zeigen

uns seine immer neu gesetzten Grenzen. Sie bestim-

men in Form von Plätzen, Straßenverläufen, Gebäuden,

Denkmälern unsere Bewegung und unser Gedächtnis.

Gleichzeitig hält auch der Mensch den Stadtraum und

seine Form in ständiger Bewegung. Die Stadt ist durch

ihren permanenten Wandel ein lebendiges, öffentliches

Archiv, das dem verändernden und erweiternden Ein-

greifen durch den Menschen unterlegen ist. Der Mensch

formt und gestaltet, Generation für Generation, seinen

Lebensraum und somit das ihn umgebende Archiv. All-

gegenwärtig sind die Spuren, die uns als Anschauungs-

material dienen können für den Gestaltungswillen des

Menschen und seinen Wunsch Macht in Formen auszu-

drücken sowie zu demonstrieren. Im Alltäglichen sind

wir uns jedoch ihrer Gegenwart meist nicht bewusst, bis

sie sich uns dann und wann in den Weg stellen oder man

sich bewusst auf die Suche nach ihnen begibt.

Was ist mit der Straße, die wir entlanggehen? Allein

während wir das tun, bewegen wir uns in eine Richtung

und lassen den Weg hinter uns zurück, den Andere er-

neut beschreiten können. Wir nutzten sie. Im Grunde

genommen weiß das bloß niemand.

Bezüge flechtend

Neues aufnehmend

in ständiger Rotation von Kontext

Der Mensch schafft nicht nur einen urbanen Lebens-

raum, er passt sich ihm auch an. Eine Stadt kann nur

existieren, wenn Menschen diese hegen, pflegen und

vor allem in ihr leben. Die Essenz einer Stadt sind die

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Menschen. Langsam fließen diese durch die verästelten

Arterien und Venen des urbanen Körpers und versorgen

alle Organe mit Sauerstoff.

Im Hier und Jetzt der Stadt

Mit Dingen von dort und von gestern

Und einer Luft von morgen

Nicht nur das Wachstum zeichnet eine Stadt aus, auch

das Absterben ist für den Entwicklungsprozess grund-

legend. Erst das Verschwinden der unbewohnten und

nutzfreien Gebäude schafft Platz für Neues. Schicht um

Schicht gewinnt die Stadt nicht nur an Alter und Bestand,

sondern auch an historischer Substanz. Geschichte.

Aufbau, Anbau, Ausbau. Ständig verbessern und erwei-

tern wir, streichen an und streichen raus. Wir verändern

die Architektur der Information unter allgegenwärti-

ger Einflussnahme. Wir nutzen stets das vorhandene

Grundmaterial und arbeiten damit weiter.

Der objektive Blick auf Stadtmaterial

Die subjektive Wahrnehmung

Räumlich, sinnlich, potenziert, physisch, evident

Das Erfahren von Spuren durch das analoge Archiv

Geh mit mir durch eine Stadt…

Was siehst du?

Es kann die Hoffnung auf die Beantwortung von Fragen,

aber auch die Sehnsucht nach der sinnlich erfahrbaren,

einer gänzlich umgebenden Geschichte sein, die die

Menschen zur Spurensuche veranlasst. Es scheint die

Faszination für die lebendige Geschichte zu sein, die

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Orte wie Venedig oder Rom so faszinierend machen. So

ist es nicht nur der Drang nach Veränderung, der den

Menschen als Gestalter der Stadt und somit der Ge-

schichte erscheinen lässt, sondern auch das Phänomen

des Erhaltenwollens der im Stadtraum gespeicherten

Erinnerungen, wie es sich beispielsweise im Denkmal-

schutz und der Denkmalpflege ausdrückt.

Zufällige Fragmente auf ihrem Platz ohne Aufnahmeprüfung

Erinnerung an gewaltsam zerstörte Kostbarkeiten

Während das Denkmal geschützt wird zur Bewahrung für

die Nachwelt

Mögen sich über Jahrhunderte die Architektur und

Wohnbedürfnisse geändert haben, so bleiben einzig

und allein die einstigen Grundstrukturen der ersten

Siedlungen erhalten. Plätze und Märkte werden auch in

der Gegenwart als solche genutzt. Strategisch wichtige

Straßen verlaufen noch immer den damaligen Weg. Eine

Stadt vergisst nicht, sondern verdrängt manche Erinne-

rungen.

Wir können es nicht beweisen, aber zumindest beschrei-

ben, welche Straße wir entlanggegangen sind. Sie hat

nämlich einen Namen. Dieser nennt oft bekannte Per-

sonen, als ob diese Namen und die Adaption derer ein

ganzes kulturelles Gedächtnis speichern würden. Durch

Wendungen und Kreuzungen verknüpfen sie sich zu ei-

ner Masse verschiedenster historischer Zeiten. Absurd,

dass die Personen, die diese Namen tragen meist nie

diese Straße entlanggegangen sind. Aber wir wissen und

werden uns stets erinnern: wir waren dort.

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Page 12: Das Zeichen im Raum des Archivs

Essay

:

Das Kunstwerk als Archiv?

Ein Archiv aus Archiven

:von Jana Franze

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Drei mächtig wirkende Schränke aus dunklem, massivem Holz, etwa hüft-hohe Elemente zur Katego-risierung und Aufbewah-rung, die an Mobiliar aus Apotheken oder Sammlun-gen erinnern. Eine große Anzahl verschieden großer Schubladen und darauf je ein gut zwei Meter großer Vitrinenaufsatz stehen sich im Ausstellungsraum gegen-über. Die Gläser der Vitrinen geben den Blick frei auf eine Vielzahl von wissenschaft-lichen Büchern, aber auch auf Romane und Tagebü-cher, Dokumente, Postkar-ten, Zeitungsausschnitte, Schallplatten und Requisiten aus der Nachkriegszeit des

vergangenen Jahrhunderts. Darunter finden sich Ge-genstände wie ein Telefon und eine Leselampe aus den fünfziger Jahren, eine Flagge der Deutschen De-mokratischen Republik oder eine Weste aus gebleichtem Jeansstoff. Auch auf der Arbeitsplatte eines Schreib-tischs in der Mitte der drei im Halbkreis gruppierten Schränke werden verschie-denste Dokumente, Fotos, Bücher sowie ein Platten-spieler präsentiert. Rund he-rum sind scheinbar wahllos mit Zeitschriften und Bü-chern gefüllte Bananenkis-ten gestapelt. Die Stimmung ist düster: nur das, worauf es hier ankommt, wird mit

schummerigen Licht aus dem Chaos der Dinge her-vorgehoben. Auf einem beistehenden Monitor erklärt der Künstler Simon Fujiwara selbst, was es mit diesem Sammelsu-rium, seiner Installation The Personal Effects of Theo Grünberg aus dem Jahr 2010 auf sich hat: 2008 erwarb der Künstler auf einem Flohmarkt in Berlin die Bibliothek eines Herrn Theo Grünberg, bestehend aus fast 1000 Einzelstücken. Fasziniert von seiner Ent-deckung begann er mit der Suche nach dem ehemaligen Besitzer der Bibliothek. Bei dem Versuch, aus den vor-gefundenen Bruchstücken

Page 14: Das Zeichen im Raum des Archivs

die Lebensgeschichte des Mannes zu rekonstruieren, entdeckte Fujiwara drei ver-schiedene Theo Grünbergs und entwarf für jeden von ihnen ein eigenes Archiv. „Archive setzten sich aus

einer Summe von Dokumen-

ten zusammen, die aus der

Tätigkeit einer Institution

oder einer natürlichen oder

juristischen Person resultie-

ren“, schrieb Paul Ricœur 2009 in seinem Aufsatz Archiv, Dokument, Spur. Fujiwaras Werk scheint dieser Definition zunächst gerecht zu werden. So lässt er für den Betrachter mittels der verschiedenen Objekte und Gegenstände das Bild von drei historisch realen

Persönlichkeiten entstehen, als deren Archivar er sich inszeniert. Zugleich handelt es sich jedoch um durch den Künstler imaginierte Kon-struktionen der Person(en) Theo Grünbergs. Somit stellt sich als erstes das Problem, ob der künstle-rische Eingriff und die Ver-mischung von Fiktion und tatsächlichem, historischen Dokument nicht dem grund-legenden Verständnis eines Archivs widersprechen? Dagegen ließe sich zwar anführen, dass auch ver-meintlich nach objektiven Gesichtspunkten und auf Vollständigkeit hin angeleg-te Sammlungen stets durch ihre Auswahl eine Beschnei-

dung vornehmen – jedoch bleiben noch weitere As-pekte fragwürdig: Kann ein Kunstwerk, welches mit dem Übergang in eine Samm-lung wie die der Hamburger Kunsthalle im Beispiel Fuji-waras zu einem archivierten Objekt wird, selbst noch als ein Archiv bestehen? Erfüllt es noch gewisse Minimal-kriterien, die man an ein Archiv anlegen kann? Als ein solches Merkmal könnte man formulieren, ein Archiv habe tendenziell unabgeschlossen zu sein: es strebt zumeist danach, seine Sammlung beständig zu ergänzen und zu erwei-tern. Das Kunstwerk dage-gen wird mit dem Eingang

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„…ein Archiv habe tenden-

ziell unabgeschlossen zu sein:

es strebt zumeist danach, seine

Sammlung beständig zu ergän-

zen und zu erweitern.“

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in den musealen Kontext zu einem nicht mehr veränder-baren, auf unbedingte Kon-servation hin angelegten Gegenstand. Des Weiteren ist eine gewisse Bedingung des Archivs, konsultierbar zu sein – egal ob nur für einen elitären Kreis oder für die breite Öffentlichkeit. Die hier beispielhaft ausgewähl-ten Bücher-Schränke Fuji-waras sind jedoch als Instal-lation mit Kunstcharakter nur noch zum Ansehen und nicht mehr zum Anfassen und Benutzen da, wodurch die vorgeführte Fülle an Ma-terial zum Teil ad absurdum geführt wird, da viele der Informationen im Verborge-nen bleiben.

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit lässt sich so abschließend festhal-ten, dass sich Künstler wie Simon Fujiwara zwar des Systems des Archivierens und Sammelns im Kontext der Kunst bedienen, um zum Teil fiktive Geschichten zu erzählen – diese Praktik allerdings in vielen Punk-ten nicht den Ansprüchen eines realen Archivs gerecht werden kann. Die Werke des britisch-japanischen Künst-lers sind jedoch stark durch autobiographische Erfah-rungen geprägt. Wiederholt fallen Orte, Ereignisse, Personen und Gebäude der Erzählungen seiner Werke in eins mit denen seines eige-

nen Lebens. Auf der Meta-ebene entsteht so wiederum ein Archiv seiner eigenen Person, eine Biographie, die als Spur in seinem Gesamto-euvre zurückbleibt, wenn er geht. Er schafft sein Archiv aus Archiven.

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Essay

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Das Künstlerbuch als Archiv

:von Chris t iane Böhm, Cäcil ia Holtgreve und Flor ian Beddig

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Page 19: Das Zeichen im Raum des Archivs

1. Was ist eigentlich ein Künstlerbuch?

1.1. Ist jedes Buch eines Künstlers automatisch ein Künstlerbuch?

1.2. Muss man ein Künstler sein, um ein Künstlerbuch zu machen,

oder wird man durch das Machen eines Künstlerbuches zum

Künstler?

zu 1. Bevor man über das Künstlerbuch als

Archiv sprechen kann, sollte zunächst geklärt

werden, wie ein solches überhaupt definiert

wird. Das ist jedoch keine leichte Aufgabe und

wahrscheinlich von Mensch zu Mensch unter-

schiedlich. Künstlerbuch, Kunstbuch, Kunst,

Buch, Künstler. Der Künstler schafft als Werk

ein Buch = ein Künstlerbuch. Er gibt eine be-

stimmte Reihenfolge vor und somit bekommt

das Buch einen narrativen Charakter — Ge-

schichten werden erzählt, offen gelassen, vom

Betrachter weiter gesponnen. Es gibt jedoch ei-

nen klaren Unterschied zum Lesen einer Lek-

türe oder dem Lesen eines Bildes. Denn Schrift

kann in Form von Sprache oder in Form von

Bildern gesehen und gelesen werden.

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Page 21: Das Zeichen im Raum des Archivs

zu 1.1. Ob jedoch alles Kunst ist, was der Künst-

ler schafft, sei dahingestellt.

zu 1.2. In der Auseinandersetzung des Schaf-

fensprozesses wird der Schaffende zum Künst-

ler. Ob er sich selbst so definiert, ist letztlich

irrelevant.

Ein Buchstabe wird in der Kombination zum Gedanken.

Ein Lichtteilchen wird in der Kombination zum Bild.

Das Bedeutungslose wird in der Kombination zu Bedeutung.

Wenn man dem Künstlerbuch einen Archiv-

charakter zuspricht, dann ist es Träger von

(zeitlosen) Gedanken, Geschichte und im Be-

sonderen von Emotionen. Im Schaffensprozess

verarbeitet der Künstler seine Anschauungen

und Gefühle, die auch Jahrzehnte später im Be-

trachter Emotionen auslösen können, die durch

die Beschaffenheit von Material und Komposi-

tion das überdauern als Kunstwerk in der Zeit

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Page 23: Das Zeichen im Raum des Archivs

sicherstellt. Es hat zudem den angesprochenen

Doppelcharakter, der das Künstlerbuch in der

Betrachtung von allen anderen Büchern unter-

scheidet.

Ein Buch neben einem Buch,

neben einem Buch, neben einem Buch

ist ein unendlich erweiterbares Archiv.

Das gebundene Buch ist versiegelt und abge-

schlossen. Ihm kann nichts hinzugefügt oder

entnommen werden ohne es zu zerstören. Dies

widerspricht dem Archivgedanken. Wie sol-

len die Lücken gefüllt werden? Ein Archiv ist

niemals abgeschlossen. Der Raum des Buches

kann nicht neu geordnet werden. Ein Archiv

hat eine veränderbare Dramaturgie. Muss ein

Künstlerbuch also eine lose Form haben, um

als Archiv verstanden zu werden?

Eine Seite, gefolgt von einer Seite,

gefolgt von einer Seite, gefolgt von einer Seite,

ist Ordnung.

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Page 24: Das Zeichen im Raum des Archivs

Essay

:

Kann eine Ausstellung

ein Archiv sein?

:von Badr Alayoubi, Tarek Alayoubi, Anne Brüt t ,

Flor ian Flömer, Franziska Jacob und Vic tor ia Kure-Wu

Page 25: Das Zeichen im Raum des Archivs

Resultierend aus den jüngsten Erkenntnissen der

Forschung zum Archivbegriff ergibt sich das Be-

streben die Grenzen des Begriffes, der scheinbar

ins Unendliche ausufert, genauer abzustecken

und zu fassen. So lautet die Frage: Wo gibt es

Freiräume vom Archiv, bzw. wo finden sich Sach-

verhalte, die nur bedingt in das bestehende Ge-

füge des universellen Archivbegriffs passen und

diesen so infrage stellen? Dies soll nun am Ge-

genstand der Ausstellung erprobt werden.

Bei der Untersuchung, ob eine Ausstellung

ein Archiv sein kann oder als Archiv verstanden

werden kann, fallen eine Reihe von Problemen

auf, die dieser These auf den ersten Blick zu wi-

dersprechen scheinen. So ist da zunächst die Fra-

ge nach der Zeitlichkeit. Ein Archiv als solches

ist immer auf unbestimmte Zeit hin angelegt, da

sein Zweck das beständige Sammeln und Wach-

sen ist. Es kennt also einen Anfang, aber kein

Ende. Die Ausstellung hingegen formiert sich

immer nur für einen bestimmten Zeitraum, nach

dessen Verstreichen sie nur noch medial ver-

mittelt werden kann, aber nicht mehr in seiner

Gänze nachzuvollziehen ist. Auch widerspricht

die ausgesprochene Unveränderbarkeit der Aus-

stellung dem Archivbegriff, der dieses als sich

ständig wandelnd, vergrößernd und verkleinernd

beschreibt. Eine Ausstellung ist in der Auswahl

seiner Exponate und Räumlichkeiten in der Re-

gel ein statisches Gefüge, welches über die fest-

gelegte Dauer immer gleich bleibt. Eine weitere

Frage ist die nach der Zugänglichkeit. Der Raum

der Ausstellung steht in der Regel dem Betrach-

ter und somit der Öffentlichkeit offen und lädt

diesen explizit zur Betrachtung aller Exponate

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Page 26: Das Zeichen im Raum des Archivs

ein. Das Archiv hingegen zeigt sich dem Betrach-

ter immer nur in geringen Ausschnitten bzw. in

einzelnen Trägern, die das gesamte Archiv stell-

vertretend repräsentieren. Der eigentliche Raum

des Archivs und seine Gesamtheit bleibt dem Be-

trachter prinzipiell verborgen und unzugänglich.

Auch die Tatsache, dass eine Ausstellung der kla-

ren Autorschaft der Kuratoren unterliegt, mag

zuerst dem wahllos alles Neue sammelnden au-

torlosen Archivgedanken entgegenstehen. Doch

ergibt sich an dieser Stelle nun die Möglichkeit

Einschränkungen in die Überlegung zu integrie-

ren, die die Gelegenheit bieten Gemeinsamkeiten

zu finden. So mag das alles umfassende abstrakte

Gebilde Archiv ohne regulierende Instanz agie-

ren, jede einzelne Institution folgt jedoch ihren

ganz eigenen Sammlungsansätzen. Es entsteht

also auch hier eine Auslese, die sich in den Autor-

schaften der Institutionen unterscheidet.

Auch lässt sich feststellen, dass die Ordnung

innerhalb einer Ausstellung durchaus archivähn-

liche Züge tragen kann. So etwa die Anordnung

der Exponate nach bestimmten Kriterien, sowie

deren Beschriftung und Kenntlichmachung als

Teil in einem größeren Gefüge von Dingen. Des

Weiteren stellt eine Ausstellung immer auch das

Ergebnis eines Sammelvorgangs und der Geste

des Beiseitelegens dar.

Was jedoch am Beispiel einer Sammlungs-

ausstellung, also einer Zusammenstellung von

Stücken aus dem vorhandenen Bestand einer In-

stitution deutlich wird, ist, dass eine Ausstellung

immer nur in der Lage ist, einen Ausschnitt von

einem größeren, nicht anwesenden Fundus dar-

zustellen.

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„Was jedoch am Beispiel

einer Sammlungsausstellung […]

deutlich wird, ist, dass eine Aus-

stellung immer nur in der Lage

ist, einen Ausschnitt von einem

größeren, nicht anwesenden

Fundus darzustellen.“

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Eine Ausstellung kann also nur unter be-

stimmten einschränkenden Prämissen als Ar-

chiv verstanden werden und dann auch lediglich

als Verweis auf ein Archiv. Sei dies ein Archiv in

Form des Gesamtwerks eines Künstlers, einer

Sammlung, einer Institution oder Ähnliches. Die

Ausstellung repräsentiert einen Ausschnitt des

Archivs, es verweist auf dessen umfassende Prä-

senz hinter der Ausstellung und legt die Spur zu

diesem.

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Index

:

Fotograf ien aus Florenz

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Fotograf ien aus Barcelona

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:

Fotograf ien aus Amsterdam

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Fotograf ien aus Ber l in

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Impressum

:

Das Zeichen im Raum des ArchivsFlor ian Beddig

:

Diese Arbeit ents tand im Rahmen des interdiszipli -nären Seminars „Präsentat ionsformen der Kunst und des Wissens“ ( V ic tor ia von Flemming, Ulr ike Stolt z, Studierende des Kommunikationsdesign und der Kunst wissenschaf t ), welches inhalt l ich auf einem vor-angegangenen Projek t „Experiment Archiv“ auf baute (Dör te Eißfeldt, V ic tor ia von Flemming, Kathar ina Sy-kora, Studierende der Freien Kunst und der Kunst wis-senschaf t ) und das Thema er weiter te und for t set z te:

„Archiv Künstlerbuch“.

:

Schr i f tenAvenir und PT Ser i f

:

PapierCover - BIOTOP

Innen - Staples colored Paper

:

Braunschweig Sommersemester 2012

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