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Das Minarettverbot in der Schweiz „Ziel ist die geistliche ... · Die Hagiotherapie des...

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MATERIALDIENST Zeitschrift für Religions- und Weltanschauungsfragen 73. Jahrgang 2 / 10 ISSN 0721-2402 H 54226 Das Minarettverbot in der Schweiz „Ziel ist die geistliche Gesundheit“ Die Hagiotherapie des Tomislav Ivancic „Glück“ ist mehr Zur Wiederkehr eines immer neuen Themas „Avatar“ im Kino Stichwort: Abrahamische Ökumene Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen 50 Jahre EZW: 1960 – 2010
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ST Zeitschrift fürReligions- undWeltanschauungsfragen

73. Jahrgang 2/10IS

SN 0

721-

2402

H 5

4226

Das Minarettverbot in der Schweiz

„Ziel ist die geistliche Gesundheit“Die Hagiotherapie des Tomislav Ivancic

„Glück“ ist mehrZur Wiederkehr eines immer neuen Themas

„Avatar“ im Kino

Stichwort: Abrahamische Ökumene

Evangelische Zentralstellefür Weltanschauungsfragen

EZW, Auguststraße 80, 10117 BerlinPVSt, DP AG, Entgelt bezahlt, H 54226

50 Jahre

EZW: 1

960 – 2010

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Das Minarettverbot in der Schweiz

Christian RuchAnmerkungen zum überraschenden Ausgang einer Volksabstimmung 43

Friedmann EißlerWas nun? – Ein Beitrag zur Versachlichung der Debatte um das Minarettverbot 46

Harald Baer„Ziel ist die geistliche Gesundheit“Die Hagiotherapie des katholischen Theologen Tomislav Ivancic 49

Michael Plathow„Glück” ist mehrTheologische Gesichtspunkte zur Wiederkehr eines immer neuen Themas 60

Alternative MedizinKultursensible anstelle integraler Heilbehandlungen 67

EsoterikMaya-Mythos 2012 und kein Ende 68

Film und Literatur„Avatar“: Direkter Draht zum Paradies 70

Abrahamische Ökumene 72

A. J. JacobsDie Bibel und ichVon einem, der auszog, das Buch der Bücher wörtlich zu nehmen 76

Heike DierbachDie SeelenpfuscherPseudo-Therapien, die krank machen 77

INHALT MATERIALDIENST 2/2010

INFORMATIONENSTICHWORT

INFORMATIONENINFORMATIONEN

ZEITGESCHEHENIM BLICKPUNKT

INFORMATIONENBERICHTE

INFORMATIONENBÜCHER

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Es kommt äußerst selten vor, dass dieSchweiz im Ausland die Schlagzeilen be-herrscht – am 29. November 2009 war esjedoch so weit, und das mit einem wah-ren Paukenschlag: Mit 57,5 Prozent hattendie Stimmberechtigten eine Verfassungs-initiative zugunsten eines Bauverbots fürMinarette angenommen. Das Ergebnisüberraschte inner- wie außerhalb derSchweiz, zumal die Prognosen im Vorfeldder Abstimmung von einer ablehnendenMehrheit ausgegangen waren. Bemer-kenswert war darüber hinaus, dass die Ini-tiative vor allem in ländlichen Regionendie Stimmenden überzeugen konnte,während sie in den Kantonen Genf undBasel-Stadt sowie in der Stadt Zürich ab-gelehnt wurde.Seitdem wird zum Teil in einer äußerst ge-reizten Tonlage über die Ursachen undKonsequenzen des Verdikts diskutiert. Sostellt sich beispielsweise die Frage, ob dersofort in Kraft getretene Verfassungsartikelnicht gegen die auch in der SchweizerBundesverfassung garantierte Religions-freiheit und das Diskriminierungsverbotverstößt und vor dem Europäischen Ge-richtshof für Menschenrechte in StraßburgBestand haben wird, sofern dort gegendas Minarettverbot geklagt werden sollte.Schon die Plakate der Initiativbefürworterhatten die Gemüter erhitzt, zeigten siedoch raketenartige Minarette, die aus ei-ner Schweizer Fahne wachsen, sowie eine

schwarz verhüllte, finster dreinblickendeMuslima.1 In mehreren Städten, darunterBasel und Genf, wurde das Aufhängen des– übrigens von einem Deutschen gestalte-ten – Plakats auf öffentlichem Grund ver-boten, was parallel zur Diskussion um dasMinarettverbot eine hitzige Debatte umdas Plakatverbot nach sich zog und denInitianten so eine kostenlose und höchsteffiziente Plattform bot. Die Aktionen undArgumente der Initiativgegner, darunterfast alle Parteien, kamen dagegen etwaskleinlaut und ausgesprochen lustlos da-her, dies in der irrigen Annahme, derSchweizer Souverän werde schon Ver-nunft walten lassen und dem Ansinnen ei-nes Minarettverbots eine Abfuhr erteilen. Doch wer sind die Initianten, die an ihrenErfolg wohl selbst nicht geglaubt hattenund deshalb am Abstimmungsabend fastetwas perplex zur Kenntnis nehmen durf-ten, dass sie gewonnen hatten? Hinter derInitiative steht ein sogenanntes „Egerkin-ger Komitee“, benannt nach einem klei-nen Ort im Kanton Solothurn. Dieses Ko-mitee vereint Minarettgegner aus Wangenbei Olten (Kanton Solothurn), Langenthal(Kanton Bern) und Wil (Kanton St. Gal-len). In den drei Orten stand vor rund vierJahren die Frage eines Minarettbaus an,was Einsprachen sowie teilweise landes-weit geführte, schon damals höchst kon-troverse Diskussionen nach sich zog.Dem Komitee gehören außerdem die Na-

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IM BLICKPUNKT

Das Minarettverbot in der Schweiz

Christian Ruch, Chur/Schweiz

Anmerkungen zum überraschenden Ausgang einer Volksabstimmung

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tionalräte Ulrich Schlüer und WalterWobmann an, beide Mitglieder derrechtspopulistischen SchweizerischenVolkspartei (SVP). Zum eigentlichen Ini-tiativkomitee zählten neben Schlüer undWobmann weitere SVP-Parlamentarier so-wie zwei Mitglieder der „Eidgenössisch-Demokratischen Union“ (EDU). DieseKleinpartei wurde 1975 von rechtsgerich-teten Politikern gegründet und ist heuteausgesprochen evangelikal-biblizistischausgerichtet. Am 8. Juli 2008 reichte das „EgerkingerKomitee“ die für eine Initiative nötigenUnterschriften bei der Bundeskanzlei ein.Rückblickend schrieb es dazu: „Die Un-terschriftensammlung nahm einen Verlauf,wie er für Volksinitiativen eigentlich nichtcharakteristisch ist. Das Initiativkomiteehat relativ wenige Aktionen zur Unter-schriftensammlung organisiert. Trotzdemliefen Tag für Tag aus allen Regionen derSchweiz Unterschriften ein, gesammeltvon Einzelpersonen, welche sich durchden Text der Initiative spontan motiviertfühlten, die Unterschriftensammlung zuunterstützen. Mehr als die Hälfte der ein-gereichten Unterschriften sind in dieserForm beim Initiativkomitee eingetroffen.“2

Begründet wurde das Begehren damit,dass „das Minarett als Bauwerk ... keinenreligiösen Charakter“ habe. „Es wird we-der im Koran noch in andern heiligenSchriften des Islam auch nur erwähnt. DasMinarett ist vielmehr Symbol jenes reli-giös-politischen Macht- und Herrschafts-anpruches, der im Namen behaupteterReligionsfreiheit Grundrechte anderer –insbesondere die Gleichheit aller vor demGesetz – bestreitet, womit dieser An-spruch in Widerspruch steht zu Verfassungund Rechtsordnung der Schweiz. Wer –wie das im Islam Tatsache ist – die Reli-gion über den Staat stellt, religiösen An-weisungen also höhere Geltung zuordnetals der im Rechtsstaat demokratisch ge-

schaffenen Rechtsordnung, gerät in derSchweiz unweigerlich in Widerspruch zurBundesverfassung. Diesem Widerspruchkann nicht ausgewichen werden. Das Mi-narett ist das äusserliche Symbol diesesreligiös-politischen Machtanspruchs, derverfassungsmässige Grundrechte in Fragestellt. Mit dem von der Initiative verlang-ten Verbot von Minaretten wird erreicht,dass der in der Verfassung niedergelegtenGesellschafts- und Rechtsordnung unein-geschränkte Gültigkeit (sic!) in derSchweiz garantiert bleibt. Nicht angetastetwird durch die Initiative die Glaubensfrei-heit, die als Grundrecht jedem Menschenin der Verfassung garantiert ist.“3

Diese Argumentation verriet bereits, dasses um weit mehr ging als einfach nur umMinarette. In Wahrheit war den Initiantenan einem Signal gegen die angeblichschleichende „Islamisierung“ der Schweizgelegen. Das Minarett hatte also lediglichals Symbol für diffuse Bedrohungsgefühleherzuhalten, die der Islam bei zahlreichenSchweizerinnen und Schweizern auszulö-sen scheint. Wie auch Analysen nach derAbstimmung ergaben, waren für eineMehrheit zugunsten des Minarettverbotsganz unterschiedliche Phänomene aus-schlaggebend: so etwa die Scharia, dieGenitalverstümmelung junger Mädchen,die Burka, sicher auch die allabendlichenNachrichtenbilder aus Pakistan, Afghanis-tan und dem Irak sowie die faktische Gei-selnahme zweier Schweizer Geschäfts-leute durch das Regime in Libyen und lastbut not least die Nachwirkungen des 11.September 2001. Offenbar haben auchund gerade junge Frauen der Initiative zu-gestimmt, dies nicht zuletzt aufgrund ne-gativer Erfahrungen mit bzw. Vorbehaltengegenüber männlichen Muslimen.Die Gemengelage wurde von den Ini-tiativgegnern weder in ausreichendemMaße ernst noch wahrgenommen. Unddieser Vorwurf betrifft sowohl die Mitte-

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und Linksparteien als auch die beidengroßen Landeskirchen, die sich für dieNein-Parole ausgesprochen hatten. Ausder Flut der mehr oder weniger klugenAnalysen und Stellungnahmen der Ab-stimmungsverlierer4 ragt sicher die vonKurt Koch heraus. Der Basler Bischof undzum Zeitpunkt der Abstimmung noch am-tierende Präsident der Schweizer Bi-schofskonferenz machte im Gespräch mitRadio Vatikan eine tiefe Identitätskrise desChristentums aus: „Die ganze Gesell-schaft in Europa ist derart im Umbruch,dass die Identität der europäischen Länderins Flottieren geraten ist. Und jetzt hatman eine Bedrohung gesehen, hat Angstvor der Islamisierung, so dass man plötz-lich die eigene Identität sichern will, dieman aber in normalen Zeiten gar nicht sosehr lebt und zum Tragen bringt. Deshalbmuss jetzt auch klar gesehen werden, zuunserer christlichen Identität auch in ei-nem weltanschauungsneutralen Staat wieder Schweiz zurückfinden. Nur wenn wireine positive Identität haben, können wirauf andere zugehen. Wenn wir nur einenegative Identität haben, steht jede Begeg-nung unter einem schlechten Vorzei-chen.“5

Auch die „Schweizerische EvangelischeAllianz“ (SEA), die das Minarettverbot imGegensatz zur ihr eigentlich nahestehen-den EDU ablehnt, hat sich, wie das Ab-stimmungsergebnis zeigt, ganz offensicht-lich kein Gehör verschaffen können. Be-reits im März 2009 hatte sie eine Stellung-nahme gegen die Initiative verabschiedetund publiziert, dies obwohl oder geradeweil das Anliegen „auch unter Christen,die der evangelischen Allianz nahe ste-hen, ein Anlass zu heftigen Diskussionen“sei.6 Dass die Initiative gerade im evange-likalen Spektrum Anklang fand, zeigt einBlick nach Adelboden im Berner Ober-land: Hier gehört ein Drittel der Bevölke-rung einer Freikirche an, und rund 80 Pro-

zent der Stimmenden sagten Ja zum Mina-rettverbot.7 Der Adelbodener EDU-Abge-ordnete Erwin Burn kritisierte denn auch,dass sowohl die SEA als auch die evange-lisch-reformierten Landeskirchen denDraht zur Basis verloren hätten.8Wie es nun weitergehen soll, weiß derzeitniemand so recht. Die unterlegenen Geg-ner der Initiative hoffen mehr oder weni-ger deutlich ausgesprochen auf einMachtwort des Schweizer Bundesgerichtsbzw. aus Straßburg, also auf eine faktischeUngültigkeitserklärung des Minarettver-bots. Rezepte, wie dem offenbar tief sit-zenden Misstrauen dem Islam gegenüberbegegnet werden könnte, haben jedochauch sie nicht. Ebenso ist im Momentnicht absehbar, wie die Annahme des Mi-narettverbots die Beziehungen zur islami-schen Welt beeinflussen wird. Der Zür-cher Psychiater und PsychoanalytikerBerthold Rothschild, der in den Minaret-ten „die Blitzableiter unseres Ohnmachts-gefühls“ angesichts der Heimatlosigkeit ineiner globalisierten Welt sieht, hat wohlRecht, wenn er meint, es sei in derSchweiz nun „viel Arbeit“ nötig, und zwar„untereinander, von Citoyen zu Citoyenund von Ansässigen zu Zugewanderten“.9

Anmerkungen

1 Siehe www.minarette.ch/pdf/F4_Plakat.pdf.2 www.minarette.ch/darum_geht_es.html. 3 Ebd.4 Eine Zusammenstellung bietet www.kath.ch/in-

dex.php?&na=12,0,312,0,d&all.5 www.oecumene.radiovaticana.org/ted/Articolo.asp

?c=338423.6 Minarette verbieten hilft Kirchen und Christen

nicht. Die Schweizerische Evangelische Allianz zurDebatte um ein Minarettverbot (sea Dokumenta-tion, stellungnahme nr. 92), 2009, 3, abrufbar unterwww.each.ch.

7 Siehe dazu einen Beitrag des Schweizer Fernse-hens: Evangelische Bastion in Adelboden, Schweizaktuell, 2.12.2009, abrufbar unter http://videoportal.sf.tv.

8 Siehe ebd.9 Neue Zürcher Zeitung (Schweizer Ausgabe),

9.12.2009, 23.

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„Der Bau von Minaretten ist verboten.“ –Um die Einfügung dieses Satzes in dieBundesverfassung der Schweiz ging esbeim Volksentscheid am 29. November2009. Er löste eine internationale Kontro-verse über die Reichweite von und denUmgang mit Religionsfreiheit, über dieSichtbarmachung von symbolischen Or-ten, ja über den Islam und seine Erschei-nungsformen in Europa aus.Überraschend und erstaunlich hochwurde die Initiative mit 57,5 Prozent derabgegebenen Stimmen angenommen.Nach den vier bislang mit Minaretten ge-bauten Moscheen – bei rund 130 islami-schen Zentren – dürfen nun in derSchweiz keine neuen Moscheetürme er-richtet werden.Die Schweiz hat (wie Deutschland) rundfünf Prozent Muslime, die meisten von ih-nen Bosnier, Kosovoalbaner und Türken.Deren bisheriger Integrationsprozess ließein solches Ergebnis nicht erwarten. Auchertönt der Gebetsruf in der Schweiz nicht.Das Ergebnis scheint nicht allein, ja nichteinmal hauptsächlich auf das Verhaltenvon Muslimen in der Schweiz zurückzu-führen zu sein. Es ging in der Tat um mehrund anderes als um Minarette (siehe vor-stehenden Beitrag). Viele Initiativbefür-worter betonten, es sei ihnen um den An-stoß einer grundsätzlichen und offenenDiskussion über den Einfluss des politi-schen Islam in Westeuropa gegangen. DasMinarett diente stellvertretend als Symbolfür islamisch begründeten Terrorismus, fürdie Einschränkung von Menschenrechtenund Religionsfreiheit durch einen scharia-dominierten Islam, für die Unterdrückung

und Verstümmelung der Frau, Zwangs-ehen und wachsenden Druck zur Ver-schleierung. Das negative Image des Islam nährt sichzudem aus Ereignissen des vergangenenJahrzehnts (wie dem Mord an Theo vanGogh in Holland, den Anschlägen in Ma-drid und London, dem Karikaturenstreit inDänemark, der Schariadebatte in England)sowie aus der Einsicht, dass der seit Jahr-zehnten relativ uneingeschränkt in An-spruch genommenen Entwicklungsfreiheitder Muslime im Westen die nach wie voräußerst prekäre Situation von Minderhei-ten in mehrheitlich islamischen Länderngegenübersteht. Für viele der Stimmendenwar ausschlaggebend, dass die Religions-freiheit genau dann und grundsätzlich inGefahr gerät, wenn sie für die Propagandaeines eben diese Freiheit in Frage stellen-den Gedankensystems missbraucht wird.Hinzu kommt der Überdruss vieler Men-schen angesichts der ihrer Meinung nachlaxen Haltung der politisch Verantwort-lichen, die eine solche Gefahr nicht sehenwollen und eine öffentliche Debatte darü-ber verhindern oder sich ihr wirkungsvollentziehen.Vor allem die ländlichen Regionen habenfür die Initiative votiert, allerdings nichtnur die ältere Bevölkerung, sondern auchviele junge Menschen, insbesondereFrauen. Ungewohnte Koalitionen trugenzum Erfolg der Initiative bei. So stimmtenlinke Aktivisten Seit’ an Seit’ mit konserva-tiven Christen. Sicher hat ein Konglome-rat an Überfremdungsängsten und Bedro-hungsgefühlen eine Rolle gespielt. Sicherkann die Schweizerische Volkspartei (SVP)

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Friedmann Eißler

Was nun? – Ein Beitrag zur Versachlichung der Debatte um das Minarettverbot

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mit ihrer rechtspopulistischen, eben jeneÄngste instrumentalisierenden und schü-renden Kampagne ein Gutteil des Erfolgsfür sich verbuchen. Man wird jedochnicht sagen können, dass das Volk schlichtauf Parolen hereingefallen sei. Der Protestund die symbolische Botschaft gegen denreligiös-politischen Machtanspruch des Is-lam und eine Anspruchsmentalität, dieRespekt und Toleranz hauptsächlich ein-fordert, lassen sich nicht nur Rechtspopu-listen und Ausländerfeinden zuschreiben. Vor diesem Hintergrund sollte ein Fehlerauf jeden Fall vermieden werden: die Ini-tiative vollends in die rechte Ecke abzu-schieben und damit den Extremen dasFeld zu überlassen. Das war der Fehler imVorfeld der Abstimmung. Die Initiativgeg-ner – darunter die Regierung und wichtigepolitische Parteien, die Kirchen und Ver-treter des Judentums – wiegten sich wieauch viele Muslime offenbar zu sehr in Si-cherheit. Entscheidend wird nun sein,eben die Instrumentalisierung von rechtsoffen anzugehen und zu einer sachlichenDebatte zu kommen. Dies wird nur da-durch geschehen, dass die Sachfragen vonder ressentimentgeladenen Kampagneund damit eine notwendige kritische Aus-einandersetzung von dumpfer Stimmungs-mache getrennt werden. Es gibt nicht we-nige Muslime, die dies verstanden habenund signalisieren, dass sie eine (selbst-)kritische Wende für unabdingbar halten.Den Politikwissenschaftler Hamed Abdel-Samad (München) überrascht das Ergebnisnicht; er sieht darin eine Chance zur Ver-änderung. Ähnlich der Publizist und Me-dienwissenschaftler Khaled Hroub (Cam-bridge) oder auch der ehemalige islami-sche Extremist Tawfik Hamid (Arlington /Virginia). Auch Schweizer Muslime bli-cken nach vorn und suchen neue Wegeder Öffnung und Transparenz.Die Sache ist vielschichtig und die Lagenach der Volksabstimmung offen für ver-

schiedene Szenarien. Einfaches Schwarz-Weiß wird der Realität nicht gerecht.

• Die Religion der muslimischen Nach-barn unsichtbar machen zu wollen, kannkein vernünftiger Weg des uns aufgetrage-nen gesellschaftlichen Miteinanders sein.Zur freien Religionsausübung gehört auchder Bau von Gebetsstätten. Wenn Mus-lime ein Minarett als zur Moschee gehörigbetrachten (auch wenn dies anerkannter-maßen nicht wesentlich für den Islam ist),sollte dies im städtebaulich und baurecht-lich vorgegebenen Rahmen respektiertwerden. Die Minarettinitiative verstößt in-sofern gegen die Religionsfreiheit und dasDiskriminierungsverbot. • Die Lage von Christen und anderenMinderheiten in mehrheitlich islamischenLändern kann uns nicht gleichgültig sein.Auf sie ist immer wieder in geeigneterWeise aufmerksam zu machen und Ver-besserung einzufordern. Dennoch kannUnrecht dort nicht mit minderem Rechthier vergolten werden. Wir wollen ja hiergerade nicht Verhältnisse wie dort. DieReligionsfreiheit und die damit verbunde-nen demokratischen Rechte sind ein his-torisch mühsam errungenes Gut, auf daswir zu Recht stolz sind und das geradenicht aufs Spiel gesetzt werden darf.• Das Minarett dient dazu, den Gebetsruf(adhan) erschallen zu lassen. Dennoch istdas Minarett vom Gebetsruf zu unter-scheiden. Es ist keineswegs zwingend undnicht einmal sehr häufig so, dass auf dasMinarett der öffentliche Gebetsruf folgt.Dieser ist im Gegensatz zu jenem mit ei-ner klaren Botschaft verbunden – die Pro-klamation des islamischen Glaubensbe-kenntnisses eingeschlossen – und daheranders zu behandeln (siehe dazu MD1/2010, 25-27). • Zweifellos: Minarette sind – auch –Machtsymbole; Minarette sind – auch –„Siegessäulen“; Minarette signalisieren –

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auch – die Präsenz des Islam und markie-ren islamisches Territorium. Doch auchwenn militante Gedichte wie die einesZiya Gökalp von Ende des 19. Jahrhun-derts zitiert werden (so T. Erdogan 1998 inder Türkei – dies war dort umstritten undwurde dort bestraft), ist damit nicht dieIdeologie des Minaretts oder gar des Islambeschrieben. Religionsgeschichtlich gese-hen kommt man hier leicht in die Gefahr,mit einem Finger auf den anderen zu zei-gen, während drei Finger auf einen selbstzurückweisen. Die Probleme müssen kon-kret und an der Stelle benannt werden, ander sie auftauchen. Eine Stellvertreterde-batte, wie sie von der Initiative geführtwurde, die Minarett sagt und Islamisie-rung der Gesellschaft meint, zahlt für„Kollateralschäden“ einen hohen Preis(Schlag für integrationswillige und inte-grierte Muslime, Zuarbeit für Radikale).Emotionen eignen sich nicht für ein Ple-biszit.• Zugleich gilt: Von der Wiederholungder allzu einfachen Parole, dass die realenSchwierigkeiten mit islamischen Einstel-lungen weniger mit dem Islam als mit kul-turellen und ethnischen Eigenheiten zutun hätten, sollte man sich nichts erhoffen.So zutreffend es ist, dass die „reine Lehre“von der komplexen inkulturierten Gestalteiner Religion zu unterscheiden ist, so we-nig hilfreich ist es, durch den Verweis aufden „wahren“ Islam (der Frieden bedeute,die Frauen schütze und die Menschen-rechte allererst mit der Gerechtigkeit Got-tes versöhne) von aktuellen Problemen ab-zulenken. Wenn denn etwa die Behand-lung der Frauen auf archaische patriarcha-lische Auffassungen und Gewalt und Re-pression schlicht auf Missverständnissedes Islam zurückzuführen sind, dann ist eshöchste Zeit, dies nicht nur gebetsmühlen-

artig zu wiederholen, sondern die religiö-sen und pseudo-religiösen Begründungs-und Legitimationsstrukturen zu erkennen,aufzudecken und offensiv aufzuarbeiten,die sich eben dabei auf Koran und Sunnaberufen. Dazu bedarf es offensichtlichnicht weniger als eines historisch-kriti-schen Verständnisses des Korans. Nicht die „Islamophobie“ bedroht die De-mokratie (wie der deutsche Verband derislamischen Kulturzentren meint), sondernder unkritisch verstandene und legiti-mierte Islam. • Das Ergebnis arbeitet den Radikalen zu,auf allen Seiten. Das ist der negativeHaupterfolg der Minarettinitiative. RechteRessentiments und Ausländerfeindlichkeitdürfen aber nicht bedient werden. Die Ab-stimmung trifft auch und besonders hartdie vielen Muslime, die integriert sind,durch ihre Arbeit zum Wohl der Gesell-schaft beitragen und die Forderungen despolitischen Islam nicht unterstützen. • Das Ergebnis zeigt allerdings auch, dassIntegrationsdefizite (Stichworte: Sprachfä-higkeit, Bildung, Parallelgesellschaft) undder Einfluss einer intoleranten islamisch-politischen Agenda unübersehbar gewor-den sind. Man kann die dadurch auftreten-den Probleme nicht (mehr) aussitzen. Dasfängt an, wo zum Beispiel Minarette höherund anders gebaut werden als vorgesehen(wie in Berlin und Esslingen) oder wo isla-misch begründete Gewalt mit beifälligemSchweigen oder gar unverhohlener Unter-stützung begleitet wird (wie zuletzt beimAnschlag auf den seit Jahren unter Polizei-schutz lebenden dänischen KarikaturistenKurt Westergaard Anfang Januar 2010).Minarette sind kein zentrales Thema desDialogs – die klare Positionierung vonMuslimen in Sachen Grundrechte, Religi-onsfreiheit, Menschenwürde schon.

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Entstehung und Kontext

Der kroatische Fundamentaltheologe To-mislav Ivancic1 leitet seit 1979 ein Evan-gelisationsprojekt und seit 1985 das Pro-jekt Hagiotherapie. 1990 gründete er inZagreb das Zentrum für geistliche Hilfe,dessen hagiotherapeutische Angebotenicht zuletzt von Opfern des jugoslawi-schen Bürgerkrieges in Anspruch genom-men wurden. Die Hilfesuchenden warenmeist praktizierende katholische Gläu-bige, unter ihnen über 70 Prozent gut aus-gebildete jüngere Frauen.2 Auch inDeutschland3, wo die Hagiotherapie vonder nationalen Gemeinschaft „Gebet undWort“ zum Zweck der Reevangelisationvermittelt wird, sind es vor allem jüngeregebildete Frauen, die ein Interesse an the-rapeutisch orientierter Spiritualität zeigen. Die Hagiotherapie, die eine große Nähezur charismatischen Bewegung aufweist,verortet sich im Kontext der therapeuti-schen Seelsorge. Die Wiederentdeckungder heilenden Kraft des Glaubens ist auch

Anliegen von Eugen Biser4 und WolfgangBeinert5. Daher verwundert es nicht,wenn Ivancic auf beide6 verweist, um anderen Renommee zu partizipieren. Jedochist der Ansatz der Hagiotherapie mit demDenken Bisers und Beinerts nicht kompa-tibel, da einer semantischen Ähnlichkeitgravierende theologische Differenzen ge-genüberstehen. Anleihen macht die Ha-giotherapie zwar auch bei den Methodender Logotherapie Viktor E. Frankls, vertrittaber den Anspruch einer größeren Reich-weite und Effizienz, insofern die Logothe-rapie auf den Bereich des Innerweltlichenund Endlichen beschränkt bleibt. Bei seinem Vorhaben, die Basissätze derHagiotherapie zu erklären, unternimmtIvancic den Versuch, fast alle wichtigenAutoren der abendländischen Geistesge-schichte zu Wort kommen zu lassen. DasProblem bei dieser Aufzählung bestehtdarin, dass keine Diskussion der Thesen,kein Abwägen der Argumente, kein He-rausarbeiten der Konvergenzen und Di-vergenzen stattfindet. Natürlich gibt sich

BERICHTEIm katholischen Spektrum sorgt seit längerem eine Methode für Aufsehen, die sich alsspezifische Form einer christlichen Seelsorge begreift. Sie tritt mit einem hohen Anspruch auf: Mit der Hagiotherapie, die von dem kroatischen Theologen Tomislav Ivan-cic (Jahrgang 1938) entwickelt wurde, können demnach alle geistlichen und morali-schen Leiden des Menschen geheilt werden. Wie es im Internet (www.hagio.at) heißt,soll der Mensch dazu befähigt werden, „moralische und ethische Werte im Leben anzu-nehmen und anzuwenden“ sowie zur „Lösung von Konflikten, Verbesserung der Kom-munikation und zwischenmenschlicher Beziehungen beizutragen“. Der katholischeTheologe und Weltanschauungsexperte Harald Baer beleuchtet im Folgenden die Hin-tergründe der Methode und nimmt eine kritische Einschätzung vor.

Harald Baer, Hamm/Westfalen

„Ziel ist die geistliche Gesundheit“Die Hagiotherapie des katholischen Theologen Tomislav Ivancic

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der Gründer der Hagiotherapie alleMühe, den Eindruck der Rechtgläubigkeitzu erwecken. Deshalb finden sich überallBibelverse und Sätze von Päpsten. Aberwenn Bibelstellen zitiert werden, suchtman vergebens exegetische Kommentare,von aktuellen Literaturhinweisen ganz zuschweigen. Der zentrale Referenzpunktvon Ivancic ist die Enzyklika Salvifici do-loris von Johannes Paul II, in der das „mo-ralische Leiden“ der Menschen als min-destens genauso schmerzlich eingestuftwird wie das körperliche. Die Seelenschmerzen geistlicher Art, diedie naturwissenschaftliche Medizin nichtin den Griff bekommt, sind der Angel-punkt, um den sich der Komplex der geist-lichen Therapie dreht. Das Erstaunliche istder Umstand, dass die Hagiotherapie trotzder scheinbar fehlenden Struktur und derSprunghaftigkeit der Gedankenführungein in sich geschlossenes System darstellt.Auf den Schlüsselbegriff der geistlichenKrankheit resp. Heilung sind letztlich allePhänomene bezogen.

Rekonstruktion des Selbstverständnissesder Hagiotherapie

Grundlage der Hagiotherapie ist das Be-mühen, die geistlichen und moralischenLeiden der Menschen zu heilen. Obwohlüberall im Schrifttum medizinisch klin-gendes Vokabular wie Therapie, Diag-nose, Medikamente anzutreffen ist, ver-steht sich die Hagiotherapie als philoso-phisch-theologisches Theorie- und Praxis-modell. Da der Mensch als Dreieinheitaus Körper, Psyche und Geist gedachtwird, wäre eine Heilung im bloß physi-schen und psychischen Bereich immerunvollständig. Für den somatischen Be-reich ist die Medizin zuständig, für denpsychischen die Psychologie bzw. Psy-chiatrie und für den pneumatischenschließlich die Hagiotherapie. Gesundheit

im umfassenden Sinn muss alle anthropo-logischen Dimensionen einschließen. Vordem Hintergrund des scholastischen Kon-zeptes der „anima forma corporis“ würdeeine reduktionistische Sicht bedeuten,dass die Diagnose bei der „äußerlichencausa efficiens verbleibe und nicht zurcausa formalis vordringe“.7Nach Ivancics Auffassung ist die geistlicheEbene in den meisten Fällen sogar die ent-scheidende, weil sich die ursächlichenStörungen in diesem Bereich letztlich alsSymptom im Körper oder der Seele mani-festieren. Er spricht daher von „sympto-matischen geistlichen Krankheiten“ wieGewissenbissen, Ängsten und traumati-schen Zuständen, die in Leib und Psycheihre Wunden zurückließen. Anders ausge-drückt gibt es also Krankheiten, die sichnur heilen lassen, wenn man auf der geist-lichen Ebene therapeutisch ansetzt. Um-gekehrt verspricht sich Ivancic von derEinbeziehung des Geistlichen die größtenHeilungschancen, da man sich „nicht nurdie Kräfte des menschlichen Geistes zu-nutze macht, sondern auch die Kräfte desGeistes Gottes“8. Mit seinem Geist berührtder Mensch die Transzendenz und „über-lebt sich selbst, auch wenn er das Lebenverliert“. Raum und Zeit stellen keine Be-grenzungen mehr dar, man erkennt denSinn von Leid und Tod, „ob es einenSchöpfer gibt oder nicht“.9 Zu erreichenist dieser Zustand mit Hilfe der Gnade,konkret durch Gebete, Sakramentenemp-fang, Buße und kirchliche Verkündigung.Das ist die geistliche Arznei. Doch woraufgenau wirkt sie ein?Im Zuge der Entfaltung der geistlichen Di-mension entwirft Ivancic gewissermaßeneine Anatomie des Geistes. So wie sichder physische Leib aus Organen zusam-mensetzt, so existieren auch „geistlicheOrgane“. Die wichtigsten menschlichenFunktionszentren auf der transzendentenEbene sind: Person, Leben, Gewissen, In-

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tellekt, freier Wille, Herz, Religiosität so-wie geistliche Augen und Ohren, Glaubeund Vertrauen. Leben als Fähigkeit zurbiologischen Existenz wird in vegetatives,psychisches und geistliches unterschie-den. Verliert man das geistliche, büßt mandas ewige Leben ein, man ist geistlich tot,auch wenn man biologisch lebt. Verliertman das psychophysische, so geht „nur“das irdische verloren. Der philosophischeIntellekt erforscht die Seinsgesetze undentwirft Methodologien; der theologischeIntellekt ist Voraussetzung des Glaubens,er erkennt die Wahrheit. Religiosität istdie geistliche Fähigkeit der Kommunika-tion mit Gott. „Verletzungen“ in diesemBereich führen zu Atheismus, Agnostizis-mus, Fanatismus und Aberglauben. Mitgeistlichen Augen und Ohren nehmen wirdie transzendente Wirklichkeit wahr. DerGlaube ist die Erkenntnis, dass uns Gottliebt und wir uns ihm anvertrauen kön-nen.10

Ist diese geistliche Topographie intakt,wird dem Menschen die beglückende Ge-meinschaft mit Gott geschenkt. Doch dieRealität sieht anders aus. Der störanfälligemoderne Mensch kann sich dieses Glücknur unter erschwerten Bedingungen mitUnterstützung der Kirche erarbeiten.

Zeitanalyse vor dem Hintergrund geistlicher Krankheiten

In seinem erkenntnistheoretischen Opti-mismus ist Ivancic davon überzeugt, dassGott, der absoluter Geist ist, von seinemGeschöpf, das relativer Geist ist, mit Si-cherheit erkannt werden kann. Wer mitwachen Sinnen durch die Welt geht, ent-deckt die Spuren Gottes, „darum ist derGlaube an Gott die normale logischeFolge vernünftigen Denkens“11. Leicht istder Umkehrschluss zu ziehen: Wird Gottgeleugnet, ist diese Haltung Ausdruck un-vernünftigen Denkens oder einer geistli-

chen Krankheit. „Der Antitheismus mussteaus diesem Grund immer scheitern. Ein-fach deswegen, weil er nicht der Wahrheitentspricht.“12 Atheisten, die die Kommu-nikation mit dem absoluten Geist verwei-gern, zerstören sich selbst, da sie dieQuelle des Seins und des Lebens nichtfinden. Europa laufe auf die Katastrophe zu. „Vonvielseitiger geistlicher Genialität sank esauf die Ebene des bloß Rationalen undTechnischen. Indem es danach trachtete,sich von der Vormundschaft durch die Re-ligion zu befreien, und besonders indemes sich von der Kirche trennte, sagte essich auch von der ethischen Dynamik losund fand sich schließlich in moralischerAusweglosigkeit.“13 „Der“ westlicheMensch als solcher habe also gegen diegeistlichen Gesetzmäßigkeiten verstoßen,als er sich seines Verstandes bediente, umdie selbstverschuldete Unmündigkeit zubeseitigen. Anstelle der erhofften Autono-mie handelte er sich nur negative Konse-quenzen ein wie Konzentrationslager,Ehescheidungen, Abtreibung, Genmani-pulation, Pornographie, sexuelle Revolu-tion, Einfluss der Medien, Hunger in derWelt und Atheismus.14 Selbst vor der Kir-che mache der zerstörerische Zeitgeistnicht Halt. Die feministische Theologie seiein ebenso verwerfliches Produkt desGeistes der Rebellion wie das Kirchen-volksbegehren in den deutschsprachigenLändern. Außerdem übten Esoterik, alter-native Medizin, Okkultismus, östliche Re-ligionen und Säkularisierungstendenzenihren zersetzenden Einfluss auch auf Kir-chenmitglieder aus. Mit dieser Beschreibung hat Ivancic eineArt Phänomenologie der geistlichenKrankheiten verfasst. Sollte ich mich nichttäuschen, dass zwischen den einzelnenErscheinungsformen der Krise (z. B. zwi-schen den Konzentrationslagern und ok-kulten Praktiken) kein essentieller, son-

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dern nur ein gradueller Unterschied beste-hen soll, dann wäre dies eine ungeheuer-liche Behauptung. Um denselben zu bele-gen, muss die Ursache der pathologischenPhänomene ein Höchstmaß an Destrukti-vität verkörpern. Und das tut sie auch.Denn „die eigentliche Ursache jedergeistlichen Erkrankung ist in erster Linieimmer 1. ‚der’ oder ‚das’ Böse 2. Begier-den 3. Verletzungen“15. Ivancic zufolgegibt es also zwei Weisen des Bösen. Dieerste ist die personifiziert vorgestellte Rea-lität des Teufels oder Satans. Die zweite istdie Sünde. Der Teufel als der Feind Gottesund der Menschheit verführt zur Sünde.Zur Begründung wird das biblische Zeugnisangeführt. Im Neuen Testament sind ins-besondere die Evangelien voller Berichtevon Besessenen und Exorzismen (z. B.Mt 12,43-45; Lk 11,24-26). Der Erfolg derfrühchristlichen Mission wird nicht zuletztmit der exorzistischen Praxis in Verbin-dung gebracht, und dass Jesus mit derExistenz der Dämonen gerechnet hat,wird nicht bezweifelt. Jesus trieb die bö-sen Geister aus und heilte Besessene. Da-raus zieht Ivancic den Schluss, dass dieKirche in Jesu Namen den Kampf gegenMagie und okkulte Kräfte aufnehmenmuss. Dämonische Lehren sind mit derKraft des Heiligen Geistes zu besiegen.16

Auch im Alten Testament verführte Satanin der Gestalt der Schlange die Frau, vomBaum der Erkenntnis zu essen (Gen 3f).Seit diesem Zeitpunkt wurde die gesamteMenschheit vom Bösen versklavt, undNeid, Hass, Lüge, Streit, Hochmut undKrieg kamen in die Welt. Alle geistlichenOrgane wurden geschädigt, und an be-stimmten Anzeichen kann man ablesen,welche der geistlichen Fähigkeiten betrof-fen sind. Dabei können die Verletzungenvon außen oder von innen kommen. Istein Mensch falscher Verdächtigung undVerleumdung ausgesetzt, kann darausHass und Rachsucht entstehen. Unter

dem Einfluss von Ideologien und falschenpolitischen Programmen wird die Person„dahinwelken“. Menschen mit krankerReligiosität lassen sich in zwei Gruppeneinteilen: 1. Atheisten oder Agnostiker, diezugleich an Fetische glauben können, 2.Fanatiker, die behaupten, über besondereOffenbarungen im Hinblick auf den Un-tergang der Welt zu verfügen und sichSekten anschließen.Bei Ivancic ist eine ausgeprägte Tendenzzur Kategorisierung zu beobachten. Des-halb nimmt er weitere Unterscheidungender geistlichen Krankheiten nach folgen-den Aspekten vor: 1. anthropologische, 2.nach zeitlichen Kriterien, 3. nach ihrerArt. Die anthropologischen teilt er ein in1.1 existentielle (Schrei nach dem Schöp-fer), 1.2 basische (Ruf nach Liebe), 1.3 ak-tuelle Krankheiten (Suche nach Verge-bung). Sie führen zu Misstrauen, Aggressi-vität, Depression, Angst, Frustration, Ver-bitterung und Unversöhntheit. Zeitliche Leiden werden eingeteilt nach2.1 präkonzeptualen (Vererbung durchVorfahren), 2.2 pränatalen (zwischenEmpfängnis und Geburt), 2.3. postnatalen(nach der Geburt entstandenen) Krankhei-ten. Nicht nur psychische und körperlicheDefekte können vererbt werden, es gibtsozusagen auch ein Gen für geistliche Er-krankungen: „Untersuchungen zeigen,dass Süchte, Fluchen, Atheismus, die Ani-mosität gegen den Glauben ... Egoismus,Stolz, Verachtung anderer als Veranlagungvererbt werden können, was zu einergeistlichen Krankheit werden kann.“17

Den pränatalen Krankheiten des Geistesliegen u. a. Nichtannahme der Schwan-gerschaft, fehlende Zärtlichkeit und insta-bile Elternbeziehungen zugrunde. Trau-matisierungen in der postnatalen Phaseprägen sich dem Gehirn wie ein Pro-gramm ein und können sich später zuschweren Schädigungen auf allen Ebenenauswachsen.

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Von den transzendenten Defiziten derdritten Kategorie („nach der Art“)18 willich nur 3.9, die Mediumpsychose heraus-greifen. Darunter subsumiert Ivancic Stö-rungen, die sich im Zusammenhang mitesoterischen und okkulten Handlungensowie manchen Sekten bilden. ÖstlicheHeilmethoden wie Akupunktur und Aku-pressur sind nicht apriori schädlich, son-dern nur, „wenn zusätzlich noch chinesi-sche religiöse Praktiken angewendet wer-den ... Auch magisch-okkulte Praktikensind gefährlich, unter ihnen die Astrologieund das Horoskop ...“19 SpiritistischeHandlungen wie Tischchenrücken verur-sachen ebenfalls die Mediumpsychose,bei der dämonische Geister und Kräfteseelische Traumata hervorrufen. Vor allemwenn die Okkultpraktizierenden aus Fa-milien stammen, in denen man sich seitGenerationen mit Magischem beschäftigt,ist mit verheerenden Auswirkungen zurechnen, die den gesamten geistlichenOrganismus betreffen. Ivancic zitiert denrömischen Exorzisten Gabriele Amorth20,in dessen Haus wie in einer Eisenwaren-handlung Kisten voller Nägel stehen, dieBesessene erbrochen haben wollen.So weit die Darstellung des Selbstverständ-nisses der Hagiotherapie im Hinblick aufdie Entstehungsbedingungen geistlicherErkrankungen, ihre Phänomenologie undihre Konsequenzen für den Betroffenen.

Kritische Einwände

Dass die von Ivancic aufgestellten Be-hauptungen teilweise in kontradiktori-schem Gegensatz zu den Ergebnissen dertheologischen und sozialwissenschaftli-chen Forschung sehen, möchte ich an ei-nigen Beispielen aufzeigen. Ich beginne mit der angeblichen Ursacheder geistlichen Krankheiten, dem Bösen.Ivancic geht von einem wörtlichen Bibel-verständnis aus und nimmt den exegeti-

schen Befund der entsprechenden Stellenbei den Synoptikern nicht wahr. Jesus warmit Sicherheit davon überzeugt, dassKrankheiten dämonisch verursacht sind,weshalb er sie exorzistisch geheilt hat.Geisteskranke (Mt 15,21f), aber auchBlinde (Mt 12,22f) und Stumme (Mt 9,32f)wurden durch Jesu Heilexorzismen ge-sund. Exorzistische Krankenheilungenverstand Jesus als Gleichnishandlungenfür den Anbruch des Gottesreiches, wes-halb zu Recht darauf hingewiesen wurde,dass die exorzistischen Praktiken imNeuen Testament niemals Selbstzweck,sondern Symbolhandlungen waren.21

Für das antike Weltbild waren Dämonendie Verursacher von Krankheiten, weshalbauch die Praxis des Exorzismus legitimwar. Entscheidend ist die medizinischeund menschliche Zuwendung, also dasErfahrbarmachen der Liebe Gottes mit denMitteln der jeweiligen Zeit. Eine von der Deutschen Bischofskonfe-renz beauftragte Arbeitsgruppe schlugeine „Liturgie zur Befreiung vom Bösen“vor. Liturgie, so Manfred Probst und Kle-mens Richter, ist als dialogische Bezie-hung zwischen Gott und Mensch zu den-ken. Da auch der Exorzismus eine Formvon Liturgie darstellt, ist er insofern in sei-ner imprekativen Gestalt ein Widerspruchin sich selbst. Denn hier wird in einer got-tesdienstlichen Feier der Teufel persönlichangesprochen, wird nach Namen gefragt,und er erhält Befehle zum Ausfahren. Dieskann, wie im Fall der Anneliese Michel inKlingenberg, zu einer Veranstaltung der„Faszination des Grauens“ (Ute Leimgru-ber) führen, wo der Tod einer jungen Frauzur Bestätigung krankhafter und abergläu-bischer Vorstellungen von Erlösung her-halten musste. Sollte nun eingeworfen werden, dass derTeufel gemäß der kirchlichen Lehre einePerson sei, so ist dem nicht zu widerspre-chen. Damit ist jedoch keine inhaltliche

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Definition verbunden, vielmehr stellt sichdie Frage: Was ist eine Person? Die Redevom Teufel als Person oder besser Unper-son hat nichts mit menschlicher, also vor-stellbarer Persönlichkeit zu tun, sondernist allenfalls als analoge Chiffre zu verste-hen, die eine größere Unähnlichkeit alsÄhnlichkeit anzeigt. Das ist die Positiondes Vierten Laterankonzils. Gegenwärtig ist vor allem in charismati-schen Kreisen eine Remythologisierungdes Bösen zu verzeichnen, und TomislavIvancic sowie die von ihm als Gewährs-leute erwähnten Gabriele Amorth undJörg Müller gehören in diesen Kontext.Heilung ist hier identisch mit „Befreiung“,was nichts anderes bedeutet, als dass dieKranken von dämonischen Bindungen(Besessenheit und Umsessenheit) befreitwerden müssen. Amorth war langjährigerVorsitzender der „Internationalen Exorzis-tenvereinigung“ (AIE), deren Zweck es ist,zukünftige Exorzisten für die geistlicheKriegsführung zu rekrutieren. Typisch fürdie Dämonologie in Teilen der charismati-schen Bewegung ist die Ausdehnung desBegriffs der Besessenheit. In der charisma-tischen Literatur hat die Beschreibung derAnzeichen für diesen Zustand große Be-deutung. Dazu werden unterschiedlicheFormen psychischer und physischer Ab-hängigkeit gezählt, z. B. Alkoholismus,Drogenkonsum, Ess- und Magersucht.Nicht nur Onanie, Ehebruch und Homo-sexualität, sondern auch eine liberaletheologische Einstellung und die Wert-schätzung anderer Religionen werden alsdas Werk Satans betrachtet. Zur Taktik desTeufels gehört es angeblich auch, dieMenschen durch Sekten, östlichen Mysti-zismus und Opposition gegen die geistli-che Erneuerung zu verwirren. Okkulte Be-tätigung, die sehr weit gefasst wird undsich bereits vor Generationen abgespielthaben kann, wird als Einfallstor für Dämo-nen angesehen. Negative Emotionen wie

Angst, Zorn und Depression gelten alsSymptome der Besessenheit. Bei der Beschreibung der charismatischenÄtiologie ist klar geworden, aus welchemweltanschaulichen Milieu Ivancic wich-tige Anregungen für sein Konzept dergeistlichen Krankheiten erhalten hat. VieleUrsachenzuschreibungen sind deckungs-gleich. Wie oben erwähnt, verwendet Ivancicden Terminus der „Mediumpsychose“22.Es handelt sich um einen heute veraltetenBegriff, der 1919 von dem PsychiaterHenneberg eingeführt und durch HansBender in Verbindung mit den psychomo-torischen Automatismen gebracht wurde.Als transitorische funktionelle Störung, dieinfolge eines fehlgedeuteten Jenseitserleb-nisses auftreten kann, wird sie von derSchizophrenie abgegrenzt. Während dieschizophrene Ich-Störung als Symptom ei-ner den Kern der Persönlichkeit angreifen-den Grundstörung erscheint, äußert sichdie mediumistische Psychose in unabhän-gig voneinander tätigen Verselbständigun-gen von Teilsystemen. Demgegenüberhatten Amorth und Ivancic fälschlicher-weise die „Mediumpsychose“ im Sinn ei-ner tief greifenden geistlichen Traumatisie-rung ins Spiel gebracht, die noch dazuvon Dämonen und bösen Geistern hervor-gerufen worden sein soll. In der Fachlite-ratur wird die mediumistische Psychosezum einen als „leicht reversibel“23 undzum anderen als überholtes Denkmodelleingestuft. Okkulte Praktiken sind mittler-weile ein sehr gut erforschtes Thema, undin der aktuellen Diskussion wird dem Ent-wurf der Lebensthemen eine viel größerePlausibilität zugebilligt.Durch rekonstruktive Fallanalysen gelingtnicht nur eine Aufarbeitung der Okkultfas-zination, sondern auch eine genaue Be-antwortung der Frage, wann okkulte Prak-tiken Schaden, wann Nutzen nach sichziehen können. Schöll und Streib24 haben

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die bislang umfangreichsten qualitativenArbeiten zur Thematik okkultfaszinierterJugendlicher vorgelegt. Aus den Inter-views konnte eine Typologie mit dreiHauptrepräsentanten abgeleitet werden:Beim ersten Typ ist der Umgang mit ok-kulten Praktiken spielerisch-experimen-tell. Es lässt sich nicht erkennen, dass eineAktivierung bedrohlicher Lebensthemenvorliegt. Das sieht beim zweiten Typ an-ders aus. Das Herbeirufen der Geister istvon Ausweglosigkeit und tiefer Furcht ge-prägt. Vom okkulten Ritual wird helfenderBeistand und Bannung des Bösen sowieder quälenden Dämonen, jedenfalls dieRelativierung und Verminderung des per-sönlichen Leidensdrucks erwartet. DieAufzählung der aktivierten Lebensthemenliest sich wie das Drehbuch für die Hor-rorszenen eines Gruselfilms: Verfolgungs-angst von früher Kindheit an, Traumatisie-rungen infolge von Ohnmachtserfahrun-gen, suizidale Neigungen, Angst vor Kon-trollverlust, Gefühle von In-die-Enge-Ge-triebensein und Verzweiflung. Der dritteTyp stellt eine Mischform der ersten bei-den Varianten dar. Den Handelnden istbewusst, dass das Spiel leicht in Ernst um-kippen kann. Eine Überlagerung der ok-kulten Experimente durch ängstigende Le-bensthemen liegt nicht vollständig vor.Aber sie deuten sich an. Ergänzende quantitative Untersuchungenhaben ergeben, dass die weit überwie-gende Mehrzahl der Jugendlichen demersten Typ zuzurechnen ist und dass fürdiesen Persönlichkeitstyp die okkulte Pra-xis ein rasch vorübergehendes Durch-gangsphänomen darstellt. Es bleibt meistbeim einmaligen Praktizieren. Der prä-morbide zweite Typ stellt den seltenenFall der Bearbeitung lebensgeschichtlicherSelbst-Krisen mit okkulten Mitteln dar.25

Er kann in der Regel nur auf geringe fami-liäre, soziale und institutionelle Ressour-cen zurückgreifen. Hier steht die Attrakti-

vität der Satansbeschwörung in direktemZusammenhang mit der Lebensge-schichte: Die bösen Geister fungieren alsRepräsentanten bedrohlicher Elternbilder,zu denen keine verlässliche Bindung auf-gebaut werden konnte. Okkulte Handlun-gen werden zu Reinszenierungen von Lebenskrisen, und die unberechenbarenBezugspersonen mutieren zu gefährlichenGeistern. Es legt sich eine Umkehrung derherkömmlichen, auch bei Ivancic vorfind-lichen Ursachenzuschreibung nahe. Geis-terbeschwörungen rufen weniger eineStörung oder Auffälligkeit hervor, sie sindvielmehr Anzeichen erlittener Traumati-sierungen. Ivancic dämonisiert nicht nur pauschaldas Okkultpraktizieren, sondern auch an-dere spirituelle Wege, z. B. die Astrologie.Die Unterscheidungen zwischen den Ver-sionen der Vulgärastrologie, der prognos-tizierenden einerseits, einem mit mathe-matischer Feinanalyse erstellten Horoskopund gar einer christlichen Astrologie (Ger-hard Voss26) andererseits, sind ihm nichtgeläufig und passen auch nicht in seinKonzept der prinzipiellen Anathematisie-rung des religiös Anderen. Reflektierte An-hänger der Astrologie wie Voss postulie-ren keine kausalen Wirkzusammenhängezwischen Gestirnkonstellation undSchicksal des Menschen, sondern gehenvon symbolischen Strukturentsprechun-gen mit hohem Deutungsspielraum aus. Keine andere weltanschauliche Strömungwird so oft von Ivancic mit dem Bösenidentifiziert und für die Ätiologie desgeistlichen Todes in Anspruch genommenwie der Atheismus / Agnostizismus. Auchin diesem Fall beruht seine Rhetorik aufeinseitigen Verdächtigungen und grob-schlächtigen Dichotomien: hier ein selbst-gerecht vorgetragenes exklusivistischesHeilsangebot, dort die Welt des Bösen.Auf diesem Niveau kann kein ernsthafterDiskurs mit anderen gesellschaftlich rele-

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vanten Kräften geführt werden. Die Verän-derungen im Erscheinungsbild des moder-nen Atheismus, die sich analog zum Ge-staltwandel pluraler Religiosität entwi-ckeln, lassen erkennen, dass anstelle dezi-dierter Antipositionen gegenüber religiö-sen Einstellungen weniger klar struktu-rierte Konturen vorzufinden sind. VomZweiten Vatikanischen Konzil, auf dassich Ivancic so gerne beruft, kann er ler-nen, auf welcher Basis eine sachliche Ver-ständigung zwischen Glaubenden undNichtglaubenden möglich ist. In wert-schätzender Sprache haben die Konzilsvä-ter den Atheismus als eine „der ernstestenGegebenheiten dieser Zeit“ bezeichnetund die große Spannbreite nichttheisti-scher Einstellungen reflektiert. Weit ent-fernt von den vorkonziliaren Verurteilun-gen des Atheismus, an denen sich wohlIvancic immer noch orientiert, wird in derpastoralen Konstitution über die Kirche inder Welt von heute „Gaudium et spes“27

nach den innerkirchlichen Gründen fürdie Mitverantwortung bei der Entstehungdes Atheismus gefragt. Manfred Lütz hat seine Gedanken zur Ha-giotherapie im Anschluss an eine Podi-umsdiskussion, die er mit Ivancic geführthat, in einem Schreiben an diesen zusam-mengefasst. Daraus gebe ich zentrale Aus-sagen wieder: Lütz hält es für notwendig,die Hagiotherapie, die eine gute Exerzi-tienmethode sein könnte, von „diagnosti-schen und therapeutischen“ Behauptun-gen zu befreien. Die Vermischung vonTherapie und Seelsorge muss aufgehobenwerden. Die Grenzen zwischen beidenDisziplinen sind zu respektieren. Solangediese Arbeit nicht geleistet ist, könnensich aus der Hagiotherapie „gefährlicheund schädliche“ Folgen ergeben: Dempsychologischen Ansatz liegt ein naivesund veraltetes Verständnis der Psychoana-lyse zugrunde, das wissenschaftlich un-haltbar ist und schwerste Irrtümer enthält.

Die völlig übertriebene Wertung der frü-hen Kindheit führte zur Theorie der „schi-zophrenogenen Mutter“, was zahlreicheMutterselbstmorde verursachte. Psycho-therapeutisch ist es absoluter „Unsinn“ zubehaupten, dass geistliche Krankheitenvon einer Generation an die nächste ver-erbt werden können. Völlig absurd wirddie Behauptung, wenn die Intrauterin-phase einbezogen wird. Die Thesen vonIvancic laufen auf unverantwortlicheSchuldzuweisungen hinaus, wenn be-hauptet wird, dass ein Kind Schädendurch Streitigkeiten in der Familie oderdie Scheidung der Eltern erleiden muss. Der Unterschied zwischen Seelsorge undPsychotherapie wird nicht klar. Wenn sichdie Hagiotherapie für allzuständig erklärt,arbeitet sie nicht seriös. Seelsorge geht tie-fer als zeitlich begrenzte Psychotherapie.Wird beides vermischt, wird man schnellzum Guru. Der Begriff der geistlichenKrankheit ist hoch problematisch, denn esgibt geistliche Katastrophen ohne Krank-heit und schwerste psychische Erkrankun-gen auch bei glaubenden Menschen.Durch Verwendung unklarer Begriffe undbegriffliche Grenzüberschreitungen wer-den Heilserwartungen bei hilfesuchendenMenschen geweckt, die nicht einzuhaltensind. Theologische Irrtümer sind in vielen Sät-zen enthalten. Ein Beispiel: „Wenn dasGewissen belastet ist, behindert es dieGnade.“ Das ist nachweislich falsch. Reuekann Gnade in der Beichte freisetzen. Esgibt problematische Sätze im Blick auf dieKindererziehung und das Gottesbild, z. B.: „Wie jeder Vater seine Kinder auchzüchtigen muss, damit sie zu größererGüte ... heranwachsen, so verhält sichauch Gott zu uns.“ Eine solche Aussage istunvereinbar mit gewaltfreier Erziehungund der Vorstellung eines liebenden Got-tes. Insgesamt betrachtet findet eine Ab-wertung der Vernunft und der Wissen-

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schaft statt – mit schlimmen Auswirkun-gen für alle Beteiligten.

Fazit

Die wichtigsten Anfragen an die Hagio-therapie hängen mit einer Reihe ungeklär-ter Verhältnisbestimmungen zusammen:Welchen Ort nimmt sie ein im Gegenüberzu den Humanwissenschaften, den Natur-wissenschaften und zu den anderen Reli-gionen?Hagiotherapie ist ein sonderbares mixtumcompositum. Ganz ohne Zweifel ist Ivan-cic ein Seelsorger, dessen Arbeit von ho-hen Idealen geprägt ist. Viele hauptamtli-che und ehrenamtliche Helfer bemühensich mit großem Engagement, seine Ideenin die Praxis umzusetzen. Manche Seel-sorgeeinheit ist für einen bestimmtenFrömmigkeitstyp interessant, den Bern-hard Grom28 den „katholikalen“ nennt,anderes ist knallharter moralischer, päda-gogischer und religiöser Rigorismus. Ha-giotherapie ist jedoch keine Therapie, diefachlichen Standards genügt. Sie ist bes-tenfalls, wie Manfed Lütz anschaulich be-legt, als Seelsorgeangebot zu begreifen.Genauso wenig ist Ivancic ein Theologe,der wissenschaftliche Konzepte vorlegt,die sich auf der Höhe der heutigen Zeitbefinden. Für mich ergibt sich ein wider-sprüchliches Bild: Einer ausufernden Ätio-logie von Defekten geistlich-transzenden-ter und daher empirisch nicht nachprüf-barer Natur steht eine von apologetischenInteressen geleitete Einschätzung fremdre-ligiöser Positionen gegenüber. Insbeson-dere im Umgang mit säkularen oder an-dersreligiösen Konzepten findet sich beiIvancic eine feindbildzentrierte Auseinan-dersetzung, die die Ergebnisse des theolo-gischen, religionswissenschaftlichen undgesellschaftlichen Diskurses der letzten50 Jahre nicht zur Kenntnis nimmt. Dazugehört auch, dass bei Invancic die natura-

listisch-personalistische Auffassung desTeufels fortgeschrieben wird, als hätte esdie zahlreichen Debatten in Exegese,Dogmatik und Fundamentaltheologie niegegeben. Es liegt keine Analyse der gesellschaft-lichen Bedingungen vor, die sozialwissen-schaftlichen, psychologischen oder histo-rischen Kriterien auch nur ansatzweise ge-nügen könnte, sondern – man gestatte mirdie Deutlichkeit – ein Sammelsurium vonGedanken und Zitaten. Wie erwähnt wer-den Eugen Biser und Wolfgang Beinert zi-tiert, die nicht ahnen, dass sie sich in Ge-sellschaft von Gabriele Amorth und JörgMüller befinden, mit denen sie sichernichts zu tun haben. Dieses selektive Vor-gehen ist allerdings nur scheinbar inkon-sistent, denn von Biser und Beinert wer-den keine theologischen Kernaussagenparaphrasiert wie bei Amorth, sondern eswerden nur jene Sätze wiedergegeben,die den Aspekt der Überwindung derAngst vor dem Leben allgemein zumThema haben. Für Ivancic steht die dogmatisch festge-schriebene Wahrheit für immer und ewigfest, und Glaube heißt für ihn Akzeptanzdieser Lehre. Für Biser liegt der Ursprungder heutigen Glaubenskrise genau darin,dass die Selbstmitteilung Gottes in JesusChristus als Lehre (miss)verstandenwurde. „Sie wurde von einer Lebenswirk-lichkeit zu einem System von Wahrhei-ten.“29 Bei Biser ist christlicher Glaube dieexistentielle Beziehung zu einer Person,nämlich zu Jesus, der Inkarnation des be-dingungslos liebenden Gottes. Verobjekti-vierungen wie Doktrinen betreffen die„gegenständlich-satzhafte Außensicht desGlaubens“30. Hier tauchen unüberbrück-bare Gegensätze auf, die auch die kriti-sche Filterfunktion der von Ivancic ver-achteten Vernunft betreffen. Denn die Ver-nunft kann zwar nicht Gott erkennen,aber sie kann und muss aussortieren, was

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als Glaubensgegenstand nicht in Fragekommt. Die hermeneutischen Problemebei dieser Art der Textauswahl scheinenIvancic nicht zu stören.Ivancic reklamiert für seine Hagiotherapieeinen extrem hohen Geltungsanspruch,wenn er schreibt, dass die „geistliche The-rapie sowohl in religiösen als auch in pro-fanen Kreisen als eine Perle (erscheint), fürdie es sich lohnt, ’alles zu verkaufen, umsie zu kaufen’“31. Die durch Beseitigungideologischer Irrtümer angestrebte geist-liche Umwandlung wird von ihm mit demAnspruch auf nicht hintergehbare Wahr-heit als sozial und theologisch verbindlicherklärt. Darüber hinaus will Ivancic dasKompetenzmonopol der Kirche, das in ei-ner pluralistischen Gesellschaft der ver-schärften weltanschaulichen Konkurrenz-situation unwiderbringlich zum Opfer ge-fallen ist, „auf Teufel komm raus“ restituie-ren. Doch die Annahme einer Rückkehrzur „societas perfecta“, in der Kirche, Ge-sellschaft und Staat eine Einheit bilden, isteine illusionäre Wunschvorstellung. Dersymbolische Kampf um die Ausdehnungeiner integralistischen Variante des christ-lichen Heilsverständnisses auf andere ge-sellschaftliche Teilbereiche ist in west-lichen Demokratien des 21. Jahrhundertsbereits verloren, bevor er richtig begon-nen hat. Natürlich ist das auch Ivancic be-wusst.

Möglichweise rührt daher seine Aversiongegen die Demokratie im Allgemeinen32,die mit der mangelnden Reife der Massenbegründet wird. Skepsis gegenüber demokratischen Ent-scheidungsprozessen ist in nahezu allenkirchenpolitischen Strömungen vorzufin-den, die mit besonderer Schärfe den ka-tholischen Glauben vor der Kontaminie-rung durch den Zeitgeist bewahren wol-len. Sofern heutige Demokratien – so diegängige Argumentation – eine durch Ge-setzgebung und nicht durch Wertekon-sens konstituierte Gesellschaftsform bil-den, können sie vor allem für Schutzloseprinzipiell lebensbedrohlich sein. Dasverdeutlichen die Gesetze zur Abtreibung,die problemlos durch Gesetze zur Eutha-nasie ergänzt werden könnten. Daherwerden alle Politiker und Kirchenleute ab-gelehnt, die sich aus dem Meinungskampfheraushalten. Wie das Christentum ein ernst zu neh-mender, weil „pluralitätsfähiger“33, Part-ner im Gespräch mit anderen gesellschaft-lichen Kräften werden kann, hat der Köl-ner Sozialethiker Hans-Joachim Höhn mitseiner „transversalen“ Religionstheologiegezeigt. Wie das Zweite Vatikanische Kon-zil begreift er trotz aller Unüberbietbarkeitdes in Jesus Gestalt gewordenen Heilswil-lens Gottes die anderen Religionen immerauch als Anfragen an die eigene.

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Anmerkungen

1 Veröffentlichungen: Tomislav Ivancic, Diagnose derSeele und Hagiotherapie, Salzburg 2006; ders.,Grundlagen der Hagiotherapie, Salzburg 2007;ders., Heilung im Gebet, Salzburg 2007; ders., The-rapie des Geistes, Salzburg 2007; ders., Wer ist derMensch?, Salzburg 2001; ders., Wie Familie undEhe zu heilen sind, Salzburg 2007.

2 Leni Mairhofer, Die Hagiotherapie. Pastoraltheolo-gische und pastoralpsychologische Überlegungenzur „Therapeutischen Seelsorge“ am Beispiel der„Hagiotherapie“ nach Prof. Dr. Tomislav Ivancic,Diplomarbeit an der Universität Graz, 2004, 35.

3 Deutsche Internetseite: www.hagio.de.4 Eugen Biser, Die Entdeckung des Christentums,

Freiburg 2000, 34f, spricht vom Christentum als ei-ner „therapeutischen Religion“, der es im Unter-schied zu Gotthold Ephraim Lessings Spätschrift„nicht so sehr um die Erziehung als vielmehr um dieErhebung und Heilung des Menschen“ geht.

5 Wolfgang Beinert, Heilender Glaube, Mainz 1990.6 T. Ivancic, Diagnose der Seele, a.a.O., 60f.7 Ebd., 281. In vielen Texten weist Ivancic auf die Re-

levanz der scholastischen Methode für sein Werkhin.

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8 T. Ivancic, Diagnose der Seele, in: L. Mairhofer, Ha-giotherapie, a.a.O., 15.

9 T. Ivancic, Diagnose der Seele, a.a.O., 33.10 Vgl. ebd., 158ff.11 Ebd., 43.12 T. Ivancic, Therapie des Geistes, a.a.O., 9.13 Ebd., 14.14 Vgl. Gloria Braunsteiner, „Therapie des Geistes“ –

Der Ansatz der Hagiotherapie – ein Beispiel thera-peutischer Theologie?, Dissertation an der Universi-tät Regensburg, Regensburg 2004, 8. Die Reihen-folge ist nicht willkürlich, sondern geht unmittelbarauf Ivancic zurück.

15 L. Mairhofer, Hagiotherapie, a.a.O., 93.16 T. Ivancic, Diagnose der Seele, a.a.O., 195.17 Ebd., 234.18 Zu diesen Krankheiten zählen: 3.1 Grundlegende

geistliche Krankheiten existentieller und transzen-dentaler Natur, 3.2 Basiskrankheiten, 3.3 Organ-krankheiten, 3.4 Laster, 3.5 Geistliche Traumen, 3.6Geistliche Leiden, 3.7 Deviationen, 3.8 Gedankenan Suizid, 3.9 Mediumpsychosen, 3.10 „Geneti-sche“-geerbte Neigungen, 3.11 Abhängigkeiten,3.12 Symptomatische Krankheiten.

19 T. Ivancic, Diagnose der Seele, a.a.O., 276.20 Gabriele Amorth, Ein Exorzist erzählt, Stein am

Rhein 2001; ders., Neue Berichte eines Exorzisten,Stein am Rhein 2000; ders., Exorzisten und Psychia-ter, Stein am Rhein 2002.

21 Otto Böcher, Art. Exorzismus I, in: TRE, Bd. X, Ber-lin 1982, 747-750.

22 Wahrscheinlich eine schlechte Übersetzung ausdem Kroatischen, denn der im deutschen Sprach-raum eingebürgerte Fachbegriff lautet „mediumisti-sche Psychose“.

23 www.parasearch.de/mysteria/x/x1480.htm. 24 Albrecht Schöll / Heinz Streib, Wege der Entzaube-

rung. Jugendliche Sinnsuche und Okkultfaszination,Münster 2000.

25 Er dürfte höchstens fünf Prozent der okkultpraktizie-renden Jugendlichen ausmachen.

26 Gerhard Voss, Astrologie christlich?, Regensburg2003; ders., Astrologie, in: Harald Baer u. a. (Hg.),Lexikon neureligiöser Gruppen, Szenen und Welt-anschauungen, Freiburg 2005, 88f.

27 Karl Rahner / Herbert Vorgrimler, Kleines Konzils-kompendium, Freiburg 1966, 449ff.

28 Bernhard Grom, Spirituelle Psychotherapien?, in:Stimmen der Zeit 8/2007, 531-542, erörtert das Zu-sammenwirken von Psychotherapie und Spirituali-tät in unterschiedlichen Therapieeinrichtungen.

29 Richard Heinzmann, Dialog: Ursprung und Ziel derTheologie von Eugen Biser. Vortrag, gehalten an-lässlich der Festveranstaltung der Eugen-Biser-Stif-tung zum 90. Geburtstag von Eugen Biser am12.1.2008 in der Katholischen Akademie in Bayern.

30 Eugen Biser, Glaubenserweckung. Das Christentuman der Jahrtausendwende, Düsseldorf 2000, 214.

31 T. Ivancic, Therapie des Geistes, a.a.O., 17.32 Ivancic hält „die Demokratien (für) naiv optimis-

tisch, denn sie meinen, der Mensch sei fähig, an-ständig und gut zu sein und verantwortlich zu han-deln“ (Therapie des Geistes, a.a.O., 120). Ich fragemich, wohin diese religiös motivierte Staatsverdros-senheit führen soll? Welche Alternativen zur parla-mentarischen Demokratie kann Ivancic empfehlen?Etwa Monarchie, Diktatur, Feudalstaat oder dochTheokratie?

33 Hans-Joachim Höhn, Postsäkular. Gesellschaft imUmbruch – Religion im Wandel, Paderborn 2007.

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Hat der christliche Glaube etwas zumThema „Glück” beizutragen? Was meint„Glück“? Was ist sein Gegenteil? Wennwir „Glück und Segen” wünschen, bewe-gen wir uns dann nicht in unterschied-lichen Sprachwelten? Gibt es ein theologi-sches Verständnis von dem, was „Glück”zum Ausdruck bringt? Kann Segen, wieDietrich Bonhoeffer vorschlägt, als „theo-logischer Zwischenbegriff” zwischen Gottund Glück verstanden werden? Inwiefernkann vom „Glück des Glaubens” gespro-chen werden?Diese Fragen stellen sich für eine öffent-liche Theologie und einen lebensweltlichverantworteten Glauben angesichts desBooms an glückstheoretischen Ratgebernund an Anweisungen zum Glück undGlücklichwerden: „Freu dich des Lebens.Die Kunst beliebt, erfolgreich und glück-lich zu werden”, „Carpe Vitam. Nutze dasLeben”, „Der springende Punkt. Wachwerden und glücklich sein”, „Derschmale Pfad zum Glück” und weitereGlückskonzepte.2Diese Fragen stellen sich angesichts derInflation von Glücksbringern, Glücksma-chern und Glücksgefühlen in der Werbe-und Konsumindustrie: Käufer in glänzen-den Autokarossen erfahren den Kick, ju-gendlich machende Make-ups lassen„happiness“ aufleuchten, leckere Schoko-laden machen glücklich, weil sie Glücks-hormone ausstreuen. Pillen sollen dasGlück geistiger und körperlicher Leistungsteigern. Die Tourismusindustrie ver-spricht Wellness durch Traumreisen zu

Sonne und Strand während der schönstenTage des Jahres. Die Werbeanzeigen derGlücksspiele stellen mit dem gekauftenGlückslos Gewinne in Aussicht.Diese Fragen stellen sich auch angesichtsder Fülle esoterischer und alternativerSinn- und Heilungsangebote, die mit derDefinition von „Gesundheit” der WHO(1948) als „Zustand vollkommenen physi-schen, psychischen und sozialen Wohlbe-findens, nicht lediglich der Abwesenheitvon Krankheit” und mit der populärenWertigkeit der Gesundheit als „höchstemGut” spirituelle Heilung, Ganzheitlich-keit, beglückende Ausgeglichenheit undGlück und Erfolg versprechende Kraft-energien ansprechen.3„Glück” erweist sich heute als postmoder-nes Sehnsuchtswort menschlicher Bedürf-nisse und menschlicher Existenz, wie esschon seit der Antike menschliches Su-chen und Denken prägte, denkt man nuran die von Marcus Terentius Varro zusam-mengetragenen 268 Glücktheorien mitdenen von Aristoteles, Epikur, der Stoa, anAugustinus und weiter an Immanuel Kant,Arthur Schopenhauer bis in die Gegen-wart.4

Die mehrdimensionale Konnotation von „Glück”

Mit seinen mehrdimensionalen Konnota-tionen stellt Glück einen mit einem Kon-glomerat positiver Empfindungen und Ge-fühlen besetzten Container- und Selbstbe-dienungsbegriff dar. Gleichwohl lassen

Michael Plathow, Heidelberg

„Glück” ist mehrTheologische Gesichtspunkte zur Wiederkehr eines immer neuen Themas

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sich folgende Bedeutungsaspekte heraus-schälen:

• der Glücksfall, den Fortuna oder Tycheaus ihrem Füllhorn dem Glückspilz blindschickt, der sich aber auch mit dem Tüch-tigen als Wohltat verbinden kann. Diesehr eingeschränkte Bewahrheitung desSprichwortes „Jeder ist seines GlückesSchmied” haben nicht nur Gottfried Kellerund Odo Marquard5, sondern auch Diet-rich Bonhoeffer6 gezeigt. Dem Glück istnur in ganz geringem Maße die Kategoriedes Machens eigen. • die Glücksgüter, die bei einer gewissenEntsprechung von Lebensbedürfnissenund Wohlstand mit • emotionalem Glücklichsein, Wohlerge-hen und Wohlfühlen auf gute materielle,physische, psychische und soziale Voraus-setzungen von Glück und Wohlergehenverweisen. Gesellschaftliche Grundwerteund Grundrechte sind Bedingungen fürindividuelles und subjektiv erfahrenesGlück: Frieden in Freiheit, Rechtssicher-heit in Gerechtigkeit, Solidarität aufgrundder Menschenwürde, Gemeinwohl beiChancengleichheit und auch persönlichesWohlbefinden in einer gepflegten und be-wahrten Mitwelt.

Glück als Glücksfall, Glücksgüter, Glück-lichsein signalisiert eine emotionale Be-ziehung, die einem Menschen widerfährt,eine Gestimmtheit, die ihm von außen zu-kommt und die – subjektiv und objektiverfahren – an andere im Teilhaben undTeilgeben weitergegeben wird.Das Thema Glück hat neben der individu-ellen und sozialen auch eine ethische Di-mension. Die miteinander verbundenendrei Aspekte (persönliche Glücksfälle,Glücksgüter und Glücksempfindungen)mit ihrer semantischen Entsprechung imaltgermanischen Begriff „Wohl”7 schlie-ßen die ethische Dimension sozialer Ver-

antwortung ein, um Glück als „gelingen-des und erfülltes Leben”8, als Wohlerge-hen auch durch die Befriedigung von Be-dürfnissen zu erweisen und nicht als he-donistische Lustmaximierung selbstprodu-zierter „Glücke” einer „schönen neuenWelt” oder der medialen Werbe- undKonsumgesellschaft („Wir amüsieren unszu Tode”9) in billiger Weise pervertierenzu lassen. Vielmehr ist das Wort Glück –übrigens erst 1160 im deutschen Sprach-raum nachweisbar – in der etymologi-schen Bedeutung von „öffnen, erschlie-ßen”10 und „gelingen”, „gedeihen“, „zueinem guten Abschluss bringen” der„Deckname” für das inhaltlich zu bestim-mende Verständnis von „Sinn” und fülltmit den sich darin widerspiegelndenSehnsüchten häufig die Leerstellen einerWerte, Sinn und Orientierung suchendenGesellschaft aus.Glücklichsein und das Weitergeben vonGlück, Wohlergehen und Wohltun sindim Projekt gelingenden Lebens als persön-liche und soziale Verantwortung in dasGemeinwesen und das Gemeinwohl ein-gebunden. Zugleich zeigt die Erfahrung,im sprachlichen Ausdruck der Sprichwör-ter geronnen, dass Glück und Wohl keinsicherer Besitz sind. Ihnen ist beschleu-nigte Veränderung, Fragilität und Frag-mentarität eigen. Die Kategorie des Ha-bens ist ihnen nicht angemessen. Sie sindden Bedingungen der Zeitlichkeit undEndlichkeit unterworfen; zugleich öffnensie sich damit für ein Mehr.

„Glück” im theologischen Gespräch

Als Erleben von zufallendem Glück undWohl, als Widerfahrnis von Glücks- undWohltaten, als Grunderfahrung vonGlücklichsein und Wohlfühlen habenauch Theologinnen und Theologen in denletzten Jahrzehnten das Thema Glück be-dacht12, bisweilen mit der Zuordnung

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zum Thema „Leid und Leiderfahrung”13;angezeigt wird dabei, dass Leid kein Ge-genbegriff zu Glück – und Leiderfahrungkein bloß defizienter Modus von Glücks-erfahrung ist. Nun drohten in der Kirchen-und Theologiegeschichte eschatologischeEudaimonia-Vorstellungen einer leib-feindlichen Weltverachtung platonischerProvenienz oder einer idealistischen Jen-seitserwartung Glück und Wohl zumtheologischen Stiefkind zu machen; dembegegnete eine Verdiesseitigung, Materia-lisierung und Individualisierung vonGlück und Wohl in der Moderne undPostmoderne. Es war Dietrich Bonhoeffer, der zum säku-laren Begriff Glück eine Entsprechung imbiblischen Verständnis des Segens er-kannte.14 Segen kommt etymologisch vomlateinischen signum her15, ist jedoch in-haltlich durch das hebräische barak unddas griechische eudokia sowie das lateini-sche benedictio bestimmt. BonhoeffersBeobachtung und den gegenwärtigenGlücksboom als Herausforderung aufneh-mend, soll im Sinne eines öffentlichen, indie Öffentlichkeit hineinsprechenden Be-denkens eine systematisch-theologischeEntfaltung des Themas Glück vorgenom-men werden.Zunächst sei differenziert, dass DietrichBonhoeffer Segen als „theologischen Zwi-schenbegriff” zwischen Gott und Glückverstehen will. Darauf deutet, dass die inempirischer Erfahrung begründete altisra-elitische (Spr 16,9) und neuisraelitische(Gen 50,20; Hi 1,21) Weisheit in ihrerProfanität das Wissen von Gottes erhal-tendem und lenkendem Mitsein, die Ge-wissheit, dass „die Furcht Gottes allerWeisheit Anfang ist”, zur Voraussetzunghat (Spr 1,7; Hi 28,28; Sir 25,15).Die „Einheitsübersetzung” überträgt denhebräischen Begriff thob, das Gute, in dasmoderne „Glück”. „Ich hatte erkannt: Esgibt kein in allem Tun gründendes Glück,

es sei denn, ein jeder freut sich, und soschafft er sich Glück, während er nochlebt, wobei zugleich immer, wenn einMensch isst und trinkt und durch seinenganzen Besitz das Glück kennen lernt, dasein Geschenk Gottes ist” (Koh 3,12f). DasGute, das Glück, wird als Geschenk Got-tes in der Beziehung zu Gott erfahren;dem Glückserleben entsprechen diemenschlichen Affekte Dankbarkeit,Freude und Zuversicht. Der Gegenbegriff zum Guten, zu Glückund weiter zu Weisheit, Liebe, Leben istnicht Unglück16, sondern das „Böse” undweiter Irrtum, Finsternis, Tod (Sir 11,14f)mit Affekten wie Sorge, Angst, Trübsal.Das Gute und das Böse erweisen sich alsmenschliche Erfahrung gelingenden Le-bens aus der offenen Beziehung mit Gottoder als verwirktes Leben aus der Selbst-verschließung gegen Gott, als Glaubeoder als Unglaube. Erfahrungen von Gu-tem oder Bösem sind dabei der Vergäng-lichkeit menschlichen Lebens zugehörig.Diese Aspekte aufnehmend und auswei-tend, bringt das theologische Verständnisvon Segen und Segnen die Erfahrung sinn-erfüllter und gedeihlicher Beziehungenmit Gott, vor Gott und auf Gott hin, zumNächsten, zur Mitwelt und zu sich zumAusdruck; sie ist gerichtet gegen die Le-ben zerstörenden und Zukunft verschlie-ßenden Fluchkräfte selbstproduzierterGlücksmaximierung, die einer zwanghaf-ten Gier sich steigernden Machens undHabens oder einer verhältnislosen Selbst-abschließung erwachsen.

Segen und Segnen

Segen wird als sinnerfülltes Leben durchGottes fürsorgendes Begleiten verstanden,wie es vielstimmig in den VerheißungenJahwes im Alten Testament ausgesagtwird: „Ich bin da für dich als der ich dasein werde” (Ex 3,14); „ich will mit dir

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sein”, „dich zu einem großen Volk ma-chen”, „dich schützen und bewahren”(Gen 12,2f; 28,15; Ex 3,12). In den Se-gensbildern der Vollmachtsworte Jesukommt es zum Ausdruck: „Ich bin dasLicht, das Brot, der Weinstock, der Weg,das Leben” (Joh 6, 35; 8, 12; 14, 6; 15, 1).In seinen Heilungen wird es bezeugt:„Steh auf und geh”, „sei geheilt”(Mt 9, 1ff;Lk 18, 35ff). Segen wird in den Gleichnis-sen vom angebrochenen und sich vollen-denden Reich Gottes verkündigt (Mt 13)und in den Seligpreisungen (Mt 5,3ff) alsGlück des Glaubens im Reich Gottes pro-klamiert: „Trachtet am ersten nach demReich Gottes und seiner Gerechtigkeit, sowird euch alles andere zufallen” (Mt6,31ff; Phil 4,6). Das Trachten nach demReich Gottes steht hier im Widerspruch zuder selbstbezogenen Lebenssorge und derängstlichen Sorge, keine Zukunft zu ha-ben. Auch die Rede von den Gaben undFrüchten des Heiligen Geistes ist in derSegenssprache gehalten (Gal 5,22; 1. Kor12,1-11). In den triadischen Briefgrüßendes Neuen Testaments schließlich wirdder Segen Gottes des Vaters, des Sohnesund des Heiligen Geistes verheißen undzugesprochen (2. Kor 13,13).17

Anders als in der alttestamentlichen Wis-senschaft herrschte ein gewisses „Segens-schweigen” in der Systematischen Theolo-gie.18 „Segen” wurde oft nur im Zusam-menhang mit der Vorsehungslehre er-wähnt, d. h. der göttlichen Erhaltung, Be-gleitung und Führung des Einzelnen undder Welt als Schöpfung Gottes. Das hatsich im deutschsprachigen Raum durchdie fast gleichzeitig 1998 erschienenenSegenstheologien von Dorothea Greiner19

und Magdalena L. Frettlöh20 geändert.Nachhaltig haben die Theologien des Se-gens auf die Segenfrömmigkeit und aufSegensrituale im familiären, gemeind-lichen, ökumenischen und öffentlichenLeben gewirkt. Beide Werke ergänzen

sich bei ihrer jeweils lutherischen und re-formierten Geprägtheit.Magdalena L. Frettlöh zeigt den alttesta-mentlich-jüdischen Traditionszusammen-hang des christlichen „Mitgesegnet mitAbraham” in partikularer und universalerPerspektive auf. Dorothea Greiner entfal-tet trinitarisch den Segen Gottes Imma-nuel, indem sie – anders als Martin Lu-thers21 Unterscheidung zwischen leibli-chem und geistlichem Segen und ClausWestermanns22 Distinktion zwischen Got-tes rettendem und segnendem Handeln –Wohl und Heil, Leibliches und Geist-liches, Heilung und Heil, Vorletztes undLetztes, eben Schöpfung, Versöhnung undErlösung in ihrer Bezogenheit verbindet.Mit diesen Entwürfen seien im Rückbezugauf die biblisch-theologischen Aussagenim trinitarischen Begründungs- und Ver-stehenszusammenhang folgende Leitli-nien des christlichen Segensverständnis-ses thetisch genannt:

• Der dreieine Gott bejaht als der seg-nende Schöpfer und Erhalter zukunfteröff-nend und lebensfördernd seine Schöpfungund geleitet und begleitet als Immanueldie Menschen trotz der Sünde mit der Zu-schreibung der Gottebenbildlichkeit alsseine Mitarbeiter und Mitgesegneten mitAbraham (Gen 1,27f, 12,1-3; Num 6,22-27).• Im Predigen und Wirken Jesu Christisind der Geber und die Gabe des Segensin der Weise verbunden, dass Segen sichals Rettung aus dem Fluchbereich derGottesferne der Sünde, des Bösen und desTodes für die Glaubenden in der Gemein-schaft mit Gott erweist. Diese sind nunvon Christus zum Segnen beauftragt (Mk10,13-16; Gal 3,8f, 3,13; Apg 3,25f; Eph1,3; 1. Petr 3,9).• Der Segen des Heiligen Geistes erweistsich als Gegenwart und Kraft des dreiei-nen Gottes in den Glaubensfrüchten und

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in den Charismen, den geistlichen undnatürlichen, als Gabe und Aufgabe (Lk6,27f; Röm 12,14; Gal 5,22; Röm 12,7ff).

Nur für das Erkennen sind die eigentümli-chen Wirkweisen des dreieinen Gottes zuunterscheiden; das Segenswirken desdreieinen Gottes an den Menschen in derWelt ist untrennbar eins. Es richtet sichgnädig und barmherzig gegen die Verstri-ckungen in die Fluchräume der Gemein-schaftslosigkeit mit Gott und der Selbst-verschließung gegen den guten Lebens-willen Gottes mit den Folgen von Lebens-zerstörung und Zukunftsverschließung.

Glück als „profaner Zwischenbegriff“ fürSegen

Glück bezeichnet im profanen Sprach-raum ein Widerfahrnis (durch Zufall, Um-stände oder Menschen) nicht verfügbarerGuttaten, die mit subjektiven Affekten vonFreude und Dankbarkeit Leben fördernund Zukunft erschließen, indem Glück-lichsein und Glücklichmachen gelebtwerden. Glück erweist sich als subjektivesWohlempfinden in der Gegenwart, daswunsch- und bedürfniserfüllend in gegen-seitiger Achtsamkeit und in sozialen Be-zügen verantwortet wird. Es pervertiertdurch Verabsolutierung, Instrumentalisie-rung und Ideologisierung eskalierendenGlückstrebens, letztgültiger Glücksgüterund egoistischer Vergnügungen. Der wirk-lich Glückliche weiß um die Zerbrech-lichkeit und Zeitlichkeit des Glücks underahnt zukünftige Glückseligkeit.Als Gegenbegriff zu „Glück” im alle seineAspekte umfassenden Sinn ist nicht Un-glück oder Leid23 anzusehen, sondern mitJesu Predigt vom Reich Gottes die Machtder Sorge: die Lebenssorgen, die man sichselbst macht, die im Innern nagen, denAtem nehmen und blind machen für denanderen, die Zukunftssorge, die in Selbst-

sorge Zukunft verschließt. Sorgen schlei-chen sich einfach ein. Erinnert sei an dieSzene „Mitternacht” in Goethes Faust II:Vier graue Weiber treten auf: Mangel,Schuld, Not und Sorge. Die ersten dreikönnen nicht ins Haus eindringen, die Türist verschlossen, worauf die Sorge entgeg-net: „Ihr Schwestern, ihr könnt nicht unddürft nicht hinein. Die Sorge, sie schleichtsich durchs Schlüsselloch ein.” Sich sor-gend das Leben sorglos machen wollend,begleitet von den Affekten Trübsal undAngst, manifestieren Sorgen sich in dentödlichen Untugenden Gier, Neid undGeiz.Wirkliches Glück erfüllt mit Freude undDankbarkeit. Freude zeigt sich als beglü-ckendes Widerfahrnis, als spontan oderzeitlich begrenzte Erfüllung von Bedürf-nissen, Wünschen und Hoffnungen mitbefreiendem Lebensgefühl. Dankbarkeitist zum einen das Erkennen und Anerken-nen empfangener Wohltaten, die affektiveHaltung, die das geschenkte Gute wahr-nimmt und annimmt, ohne es einzufor-dern oder abzulehnen. Zum anderenmeint sie die grundlegende, Leben be-stimmende Sicht des Sich-Verdankens, einDaseinsvertrauen, das die staunende Of-fenheit für das Nicht-Machbare undNicht-Habbare einschließt.24 Eine reli-giöse Dimension öffnet sich da: die derGnade und Barmherzigkeit Gottes.Dieses wirkliche Glück, das mit Freudeund Dankbarkeit erfüllt, wird „schon” er-fahren als Glück des Glaubens, der Liebeund der Hoffnung gegen sorgende Angst,Egoismus und Selbstverschließung. SörenKierkegaard25 spricht von der glücklichenLeidenschaft des Glaubens im Augen-blick, da das Paradox sich selbst hingibtund der Verstand sich beiseite schafft, daGott Mensch wird, das Ewige in die Zeitkommt im Widerfahrnis von Gottes zu-kunfteröffnender Gnade als Berufung zumGlauben. Das Glück des Glaubens als ge-

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lingende Beziehung mit Gott erweist sichin der lebensfördernden Gewissheit vonHeil und Wohl, reformatorisch gespro-chen, in der Rechtfertigung des Sündersallein aus Gnade; das Glück der Liebe er-wächst aus der menschenfreundlichenLiebe Gottes in Jesus Christus als gedei-hende Gemeinschaft mit Gott und mit dennahen und fernen Mitmenschen zu se-gensreichem, erfülltem Leben – bei allerBruchstückhaftigkeit und Begrenztheit;das Glück der Hoffnung durch GottesKommen im Heiligen Geist wird zu zu-kunfteröffnendem Leben im „Vorletzten”hier und heute und im „Letzten” zu „bese-ligender Schau” Gottes, der „wahresGlück verleiht”.26

Segen ist im christlich-theologische Wahr-nehmungs- und Sprachraum Gabe Got-tes, des dreieinen Gottes, der so eineBeziehung zu den Menschen aufnimmt.Das personale Verhältnis konstituiert dasVerständnis von Segen und Segnen, ge-rade weil Segen in den Schöpfungsgaben,dem Heil in Jesus Christus, den Früchtenund Gaben des Geistes als Widerfahrnis„von außen” zufallend erfahren wird. Derdreieine Gott erweist sich, Wohl und Heilverbindend, als Subjekt, als Geber seinerSegensgaben. Seine partikulare und uni-versale Evidenz erschließt der Segen desdreieinen Gottes den mit Abraham (Gen12,2) gesegneten Glaubenden an Jesus,den Christus, als Kinder und Erben der„neuen Schöpfung” (2. Kor 5,17) in derSpannung des „Schon jetzt” und „Nochnicht”. In mit Wohlbefinden und Wohl-fühlen verbundener Freude und Dankbar-keit, die in Gottes geduldigem Wohlgefal-len an den in Sünde und Sorge, in Ich-sucht und Todesverfallenheit lebendenMenschen wurzeln als Früchte des Heili-gen Geistes, antworten die Glaubendenauf das geschenkte Heil und Wohl. Es istdie Freude und Dankbarkeit des Glau-bens, der Liebe und der Hoffnung. Aus

der herabkommenden Bewegung des Se-gens des dreieinen Gottes werden dieGlaubenden in die zu Gott aufsteigendenAntworten hineingenommen, indem siezum einen als von Gott Gesegnete Segensind und zum Segen werden für anderegegen die Fluchräume (Mt 5,44). Die Ge-segneten wirken so in der göttlichen Er-haltung und Bewahrung der SchöpfungGottes mit – auf die endgültige Vollen-dung durch Gott hin. Zum anderen wir-ken sie als Segen bzw. Gesegnete, indemsie auf Gottes Segen antworten im Lob-preis des Schöpfers, Versöhners und Neu-schöpfers (Eph 1,3; 1. Petr 3,8) und in dergeistgewirkten Bitte um den Segen Gottes.Es mag deutlich geworden sein, dass dieRede von Glück und die Rede von Segenim jeweiligen Beziehungsgefüge formaleEntsprechungen aufweisen: Dies zeigtsich besonders im Widerfahrnischarakterder Gaben und Empfindungen, die spon-tan oder in ihrer Dauer begrenzt und frag-mentarisch über sich hinausweisen undzugleich in der Haltung der Freude undDankbarkeit die soziale Dimension ein-schließen und sich darin gegen selbstpro-duziertes Machen und sich steigerndesHaben richten.Im Unterschied zur Verortung des Glücksim profanen Wirklichkeitsverständnis istdie Rede von Segen und Segnen für einchristliches Wirklichkeitsverständnis we-sentlich. „Glück mit Gott” und „Glückohne Gott” stehen sich gegenüber. Segenals „Glück mit Gott” ist bestimmt durchdas Verhältnis des dreieinen Gottes zumGlaubenden und das Leben der Glauben-den „vor Gott“ und „mit Gott“. Gott undGlaube gehören zusammen wie auchGott und der „theologische Zwischenbe-griff”27 Segen sowie Segen und Glaube,wenn Segen im „Streit zwischen Glaubeund Unglaube um die Wirklichkeit”28 sichnicht in Magie verkehren soll. Für Glückund Segen gelten zudem auch osmotische

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Zuordnungen. Als „theologischer Zwi-schenbegriff” ist einerseits die Bilder- undMetaphernwelt des Segens ein semanti-sches Ausdrucksmittel für die unterschie-denen, doch nicht voneinander getrenn-ten Aspekte des Glücks. Auch schreibtsich für manche Gottes Segen in den ano-nymen Glückszufall ein, weil Gott die„Finger im Spiel hat” beim Erfahren vonGlück. Andererseits transzendiert sich dasprofane Glück in Glückseligkeit und öff-net sich damit auch für den von Gott ge-gebenen Segen. Glück vermag der „profane Zwischenbe-griff” für Segen und Segnen, für die Redevom Segen des dreieinen Gottes zu sein,eine semantische Entsprechung für eine in

die Öffentlichkeit hinein sprechende „Sa-che” der Theologie: das Evangelium vonder befreienden Kraft der Rechtfertigungdes dreieinen Gottes allein aus Gnade zurEröffnung eines neuen Menschen- undWirklichkeitsverständnisses in der Glau-bensgemeinschaft mit Christus. So ist es in einer vom christlichen Glau-ben geprägten pluralistischen Zivilgesell-schaft sachgemäß, sich „Glück und Se-gen” zu wünschen – im Bewusstsein, dasswir selbst und unser Zusammenleben vonVoraussetzungen bestimmt sind, die wiruns nicht selbst gegeben haben und ge-ben können. Der dreieine Gott ist es, dersie gegeben hat und geben kann, wie dieChristen bekennen.

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Anmerkungen

1 Dale Carnegie, Freu dich des Lebens. Die Kunst be-liebt, erfolgreich und glücklich zu werden, Mün-chen 1985; Daniel E. Könner, Carpe Vitam. Nutzedas Leben, München 2003; Anthony de Mello, Derspringende Punkt. Wach werden und glücklichsein, Freiburg i. Br. 2007; Jürgen Kramke, Derschmale Pfad zum Glück, Norderstedt 2007.

2 Hermes Andreas Kick (Hg.), Glück. Ethische Per-spektiven – aktuelle Glückskonzepte, Berlin 2008.

3 Vgl. Simone Ehm / Michael Utsch (Hg.), Wie machtder Glaube gesund? Zur Qualität christlicher Ge-sundheitsangebote, EZW-Texte 199, Berlin 2008.

4 Verena Thielen / Katharina Thiel (Hg.), KlassischeTexte zum Glück, Berlin 2007; Günther Bien,Glück – was ist das?, Frankfurt a. M. 1999; RobertSpaemann, Glück und Wohlwollen, Stuttgart 1989;Wolf Schneider, Glück – was ist das?, Reineck1981; Paulus Engelhardt, Glück und geglücktes Le-ben, Mainz 1985; Das Glück. Kursbuch 95, Berlin1989.

5 Gottfried Keller, Der Schmied seines Glücks, in: DieLeute von Seldwyla, Sämtliche Werke VIII, hg. vonJonas Fränkel, Erlenbach 1927; Odo Marquard, ZurDiätetik der Sinnerwartung, in: ders., Apologie desZufälligen, Stuttgart, 1987, 33ff; ders. Ende desSchicksals?, in: ders., Abschied vom Prinzipiellen,Stuttgart 1981, 67ff.

6 Vgl. Michael Plathow, Die Mannigfaltigkeit derWege Gottes: Zu D. Bonhoeffers kreuzestheologi-scher Vorsehungslehre, in: ders., Ich will mit dirsein, Berlin 1994, 87ff.

7 Grimm, Deutsches Wörterbuch XIV/II, 1026: in derBedeutung von „günstig, glücklich, angenehm“.

8 Günther Bien, Die Philosophie und die Frage nachdem Glück, in: ders. (Hg.), Die Frage nach demGlück, Stuttgart 1978, XVI.

9 Neil Postman, Wir amüsieren uns zu Tode, Frank-furt a. M. 1988.

10 Grimm, Deutsches Wörterbuch IV/I, V, 226.11 Odo Marquard, Zur Diätetik der Sinnerwartung,

a.a.O., 42.12 Vgl. Gerhard M. Martin, Wir wollen hier auf Erden

schon. Das Recht auf Glück, Stuttgart 1970; GisbertGreshake, Gottes Heil. Glück des Menschen, Frei-burg i. Br. 1983; Helmut Röhrbein, Der Himmel aufErden. Plädoyer für eine Theologie des Glücks,Frankfurt a. M. 1978; Heinrich Buhr, Das Glückund die Theologie, Stuttgart / Berlin 1969; DorotheeSölle, Phantasie und Gehorsam, Stuttgart 1968;Bernhard Grom / Hans-Wolfgang Schillinger, Glückund Sinn, Düsseldorf 1980; Michael Plathow,Glück – Ein theologisches Thema, in: DeutschesPfarrerblatt 93 (1994), 307-309.

13 Vgl. Michael Plathow, „Glück“ und „Leid“. Theolo-gisches Bedenken im Anschluß an D. Bonhoeffer,in: ders. Ich will mit dir sein, a.a.O., 119-137; Re-gina Ammicht-Quinn, Glück – der Ernst des Lebens,Freiburg i. Br. 2006.

14 Dietrich Bonhoeffer, WEN, 406f, Brief an EberhardBethge vom 28.7.1944.

15 Grimm, Deutsches Wörterbuch X/I, 100.16 Vgl. auch Dietrich Bonhoeffers Gedicht „Glück und

Unglück“: Beide „im Anfang ununterscheidbar nah“brechen ungeschieden „aus dem Ewigen“ insmenschliche Leben, werden „leuchtend und dro-hend“, „segnend zugleich und vernichtend“ in die

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Polyphonie des Lebens, in die Vielfalt der Lebens-landschaften. „Erst die Zeit teilt beide“ und wandeltdas „jähe Ereignis“ zu ermüdend quälender Dauer“der „wahren Gestalt“ des Unglücks. Das ist der Mo-ment „gemeinschaftlicher Bezüge und Erfahrungendes Unglücks“. „Die Meisten“ wenden sich ab.„Das ist die Stunde der Treue, die Stunde der Mutterund der Geliebten, die Stunde des Freundes undBruders. Treue verklärt alles ‚Unglück‘ und hüllt esleise in milden überirdischen Glanz“ und lässt so„Glück“ im „Unglück“ erfahren (Michael Plathow,„Glück“ und „Leid“, a.a.O).

17 Vgl. Claus Westermann, Der Segen in der Bibel undim Handeln der Kirche, München 1968; GerhardWehmeier, Der Segen im Alten Testament, Basel1970; Ulrich Heckel, Der Segen im Neuen Testa-ment, Tübingen 2002; Arnoldshainer Konferenz(Hg.), Segen in der kirchlichen Praxis, 1978; Mi-chael Plathow, „Glück. Ein theologisches Thema,a.a.O.

18 Anders Peter Brunner, Der Segen als dogmatischesund liturgisches Problem, in: ders., Pro Ecclesia, Bd.II, Berlin / Hamburg 1966, 339-351.

19 Dorothea Greiner, Segen und Segnen, Stuttgart1999.

20 Magdalena L. Frettlöh, Theologie des Segens, Gü-tersloh 1998; dazu die Rezension: Michael Plat-how, in: ThLZ 124 (1999), 793f.

21 Vgl. Martin Luther, WA 30 III, 574-582.22 Vgl. Claus Westermann, Der Segen in der Bibel,

a.a.O.23 Siehe Anm. 16.24 Michael Plathow, Danken und Dankbarkeit in der

Betrachtung des Glaubens, in: ThBeitr 27 (1996),274-284.

25 Sören Kierkegaard, Philosophische Brocken (1844),Kap V.

26 Augustin, De Civitate Dei 6, 12.27 Siehe Anm. 14.28 Vgl. Gerhard Ebeling, Glaube und Unglaube im

Streit um die Wirklichkeit, in: ders., Wort undGlaube, Bd. I, Tübingen 1962, 393-406.

ALTERNATIVE MEDIZIN

Kultursensible anstelle integraler Heilbe-handlungen. (Letzter Bericht: 8/2009,311f) Es gibt zunehmend Kliniken, die bei der ärztlichen Behandlung psychoso-matischer Störungen unter Verweis auf ei-nen „ganzheitlichen Ansatz“ spirituelleElemente in ihre Behandlung mit einbe-ziehen. Im fränkischen Bad Kissingen ar-beiten mittlerweile 500 Menschen in vierKliniken und mehreren Akademien derUnternehmensgruppe Heiligenfeld daran,Fachlichkeit mit Spiritualität zu verbinden.Joachim Galuska, ärztlicher Direktor undGeschäftsführer der Heiligenfeld-Kliniken,möchte eine integrale, transpersonale Psy-chotherapie des Bewusstseins jenseits her-kömmlicher Therapieschulen entwickeln(vgl. Joachim Galuska / Albert Pietzko[Hg.], Psychotherapie und Bewusstsein,Bielefeld 2005). Im April 2009 haben die Oberberg-Klini-ken – ein Verbund dreier Privatklinikenund zweier City-Ambulanzen in Münchenund Berlin – eine Weiterbildungsakade-mie mit der Vision einer „Integralen Heil-kunst“ ins Leben gerufen. Ab Herbst 2010sollen in acht Modulen (sieben Wochen-enden und eine Intensivwoche) an Fach-leute Lehren und Erfahrungen vermitteltwerden, die das „Tor in die Entwicklungeines allumfassenden Verständnissesmenschlichen Bewusstseins und seinerPotentiale“ öffnen. Eine regelmäßige me-ditative Übungspraxis der Teilnehmendenist erwünscht und notwendige Vorausset-zung des Erfolgs. In der Intensivwoche aufdem Benediktushof werden Yoga, Zen,und (angeblich) weltanschaulich neutra-les Achtsamkeitstraining (MBSR) einge-übt. Christliche Kontemplation steht da-bei nicht auf dem Programm. Für 2010

INFORMATIONENINFORMATIONEN

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sind darüber hinaus zwei große Meditati-ons-Tagungen mit namhaften Referenten(u. a. Willigis Jäger, Michael von Brück,Thomas Metzinger) angekündigt.Im Dezember 2009 hatten die Oberberg-Kliniken zu der Fortbildung „Von der evi-denzbasierten Therapie zur integralenHeilkunst – ein neues Behandlungs- undHeilungsmodell für psychosomatische Er-krankungen“ nach Berlin eingeladen. Eineganzheitliche Heilung erfordere, so dieAnkündigung, ein „integrales Grundver-ständnis der zugrundeliegenden persona-len und transpersonalen Bewusstseinspro-zesse des Patienten, der Therapeuten unddes Beziehungsraumes“. Referent dieservon der Berliner Ärztekammer zertifizier-ten Fortbildung war der Satsang-LehrerThomas Hübl (vgl. MD 1/2008, 33ff). Inseinem Eröffnungsvortrag führte Hübl aus,dass die therapeutische Kommunikationentscheidend durch Präsenz und Acht-samkeit vertieft werden könne. Dadurchentstehe ein transpersonaler Bewusst-seinsraum als ein „heiliger Beziehungs-raum“, der Zugang zu allen Informationenbiete, die für eine Heilung nötig seien. ImAnschluss an den Vortrag lud Hübl dieTeilnehmer ein, sich an einer Klangmedi-tation, einem „Toning“ zu beteiligen, dasetwa 20 Minuten anhielt. Zu dem harmo-nischen Klangteppich des Auditoriumssang Hübl komplementäre Töne und steu-erte durch Handbewegungen die Laut-stärke. Es ist zu begrüßen, dass die spirituelle Di-mension in der Heilkunde wieder stärkerberücksichtigt wird. Für eine ganzheit-liche Patientenbehandlung wird heute sei-tens der Psychotherapieforschung jedochvor allem ein kultursensibles Vorgehenangemahnt (vgl. Yesim Erim, Klinische In-terkulturelle Psychotherapie, Stuttgart2009). Dabei sind die unterschiedlichenreligiös-spirituellen Prägungen und bio-graphischen Verläufe zu berücksichtigen.

Hier fällt zunehmend ins Gewicht, dassmittlerweile fast 20 Prozent der deutschenBevölkerung einen Migrationshintergrundhaben. In den für Spiritualität offenen Therapie-kreisen wird vor allem der evolutionäreAnsatz Ken Wilbers favorisiert (vgl. MD4/2009, 123ff). Die integrale PsychologieWilbers fragt jedoch nicht nach der kultu-rellen Prägung des Gegenübers. Wilberhat sein universalistisches Bewusstseins-Modell auf der Grundlage einer monisti-schen Weltsicht entwickelt, die er aus derAdvaita-Tradition Indiens sowie demBuddhismus übernommen hat. Aus psy-chotherapeutischer Sicht ist der Anspruchvermessen, die Logik der Psyche (kultur-)umfassend verstehen zu können und auseinem transpersonalen Bewusstseinszu-stand heraus heilend tätig zu werden.

Michael Utsch

ESOTERIK

Maya-Mythos 2012 und kein Ende. (Letz-ter Bericht: 11/2009, 426ff) Die Prophe-zeiung der Maya, wonach die Erde am 21.Dezember 2012 angeblich in ein neuesZeitalter eintreten soll, wird in der Esote-rik-Szene zunehmend auf literarischemWege, über Kongresse und Reiseangebotepopularisiert. Mittlerweile sind inDeutschland über 30 Bücher auf demMarkt – in den USA sollen es schon über150 sein –, die sich aus esoterischer Sichtmit den angeblich im Maya-Kalenderprognostizierten Ereignissen im Jahr 2012befassen (vgl. MD 5/2009, 163ff). „Aufklärung“ verspricht nun die Extra-Ausgabe der Esoterik-Zeitschrift „raum&zeit“. Sie ist am 9. Dezember 2009 er-schienen und trägt den Titel „2012 – DasMagazin der neuen Ära“. Das Titelblattdes Sonderheftes mit einer Druckauflagevon 25 000 Stück zeigt die in tiefes Blau

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getauchte Erdoberfläche, über der einstrahlenförmiges Licht leuchtet. In großenLettern ist zu lesen: „Zeitenwende – Wasmacht uns Angst? Was gibt uns Kraft?“ ImEditorial schreibt Chefredakteur Peter Or-zechowski, ein in den USA ausgebildeterHypnosetherapeut: „Das Magazin wirdIhnen klar machen: Zu Angst besteht keinAnlass. Aber stark machen sollten wir unsschon für die kommende Veränderung.“Der Inhalt des 66 Seiten zählenden Maga-zins (Verkaufspreis: 4,95 Euro) befasst sichmit dem 2012-Kongress 2009 in Ham-burg, mit wissenschaftlichen Prognosenund den Aussagen von „falschen Prophe-ten“. Flankiert werden die Themen vonArtikeln, die 2012 als Zeitsprung interpre-tieren: Der holländische Mulitmedia-Künstler Janosh, der sich von einer höhe-ren Wirklichkeit inspiriert fühlt, bemühtsich um den Nachweis, dass im Kornkreiseine tiefere Botschaft zu 2012 enthaltensei: „Er gibt uns den Impuls, uns dem gro-ßen Strom zu übergeben und in unser ei-genes Potenzial zu vertrauen, um bewuss-ter zu werden und uns selbst regelmäßigzu fragen, was wir wirklich fühlen undwas wir wirklich wollen.“ Abschließend bietet das Heft „SiebenSchritte, wie Sie 2012 als Chance nutzenkönnen“. Die Empfehlungen unter demMotto „Die Zeitenwende vorbereiten“stammen von dem umstrittenen AutorDieter Broers, der bereits mehrere esoteri-sche und pseudowissenschaftliche Bei-träge vorgelegt hat. Er möchte dem Leser„geistige Übungen“ an die Hand geben.Zunächst soll dieser eine „Bestandsauf-nahme des jetzigen Lebens“ vornehmen,anschließend gedanklich einen Rucksackfür „eine längere Zeit“ auf einer einsamenInsel packen. Eine dritte Übung sieht ein„Spiegel-Experiment“ vor: „VerabredenSie sich mit sich selbst.“ Darin soll derÜbende u. a. sich die Krisen seines eige-nen Lebens näher ansehen und konstruk-

tiv mit ihnen umgehen. Sodann gelte es,mit dem eigenen Unterbewussten Kontaktaufzunehmen, um sich für „die Energiender Zeitenwende“ zu sensibilisieren.Das Magazin „2012“ will – wie übrigensaktuelle szenetypische Bücher zur Thema-tik auch – keine Weltuntergangsängsteschüren, sondern dem Lesepublikum ganzim Sinne eines esoterischen Fortschritts-optimismus die spirituelle Zeitenwendeund die ihr innewohnenden Energien be-wusst machen. Doch gerade an diesemPunkt verkehren die Blattmacher die an-gestrebte und dem Leser verheißene „Auf-klärung“ ins Gegenteil. Darauf deutennicht zuletzt die vielen Werbeanzeigenfür esoterische Bücher, Seminar- und Rei-seangebote („Reise zu den Kulturstättender Maya“, veranstaltet vom „Intergalakti-schen Bürgerhaus Berlin“) zum 2012-My-thos hin. „2012 – Das Magazin der neuenÄra“ spielt bewusst mit der Suggestions-kraft und der Magie von Zahlen. Dass „2012“ als Thema der Extranummervon „raum&zeit“ auserkoren wurde, istkein Zufall. Das zweimonatlich erschei-nende Magazin, das von einer im bayeri-schen Wolfratshausen ansässigen Redak-tion produziert wird, versteht sich als un-abhängige wissenschaftliche Zeitschriftund liefert – so das Selbstverständnis – In-formationen, die von Fachzeitschriftenund Massenmedien verschwiegen wer-den. Das gehört mittlerweile zum Grund-satz vieler esoterischer Populär-Periodikaund liefert den Vorwand, angeblich unter-drücktes Geheimwissen – wie kurios esauch erscheinen mag – breit zu entfalten.Skepsis ist angezeigt. Spätestens beimDurchblättern der bunten Seiten wirdselbst „Nichteingeweihten“ klar: Ganz soneu ist das esoterische Denken im „Maga-zin der neuen Ära“ nicht. Doch angesichtsder inflationären und in den beiden kom-menden Jahren noch anwachsenden eso-terischen Kongress-, Buch-, DVD- und

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Magazinproduktion zum Maya-Mythos2012 wird deutlich, dass damit zuneh-mend das Unterhaltungsbedürfnis von„spirituell Suchenden“ bedient wird.

Matthias Pöhlmann

FILM UND LITERATUR

„Avatar“: Direkter Draht zum Paradies.Der weltweit erfolgreichste Film im Kino„zwischen den Jahren“ 2009/2010 wardiesmal „Avatar – Aufbruch nach Pan-dora“. Der Film an der Grenze zwischenScience-Fiction und Fantasy entführt dieZuschauer für knapp drei Stunden in einefremde, faszinierend schöne Welt auf ei-nen der Erde ähnlichen Mond namensPandora. Dem invalidisierten SoldatenJake Sully wird von seinem Vorgesetztendie Hölle versprochen, der aber findet inder fremden Wildnis und unter den Einge-borenen das Paradies. Die Geschichte umJake lebt von starken Gegensätzen undscharfen Kontrasten. Gezielt spricht siedamit Ängste und Sehnsüchte der Men-schen im 21. Jahrhundert an. Der Drehbuchautor und Regisseur JamesCameron hat nach eigenen Angaben diegesamte Science-Fiction-Lektüre seiner Ju-gend in „Avatar“ verarbeitet. Aber auchbekannte Motive aus Indianer- bzw. Wild-westgeschichten sind erkennbar. Cameronselbst nennt die Geschichte um die India-nerin Pocahontas als eine Inspirations-quelle. Dem deutschen Zuschauer legtsich ein Vergleich mit Karl Mays Winne-tou-Romanen nahe. Dort sind es die Wei-ßen, hier die (wohlgemerkt ebenfalls fastdurchgehend weißen) Menschen, diesich, ohne jedes Verständnis für diefremde Kultur, brutal des Landes bemäch-tigen und alles niederwalzen, was ihnenin die Quere kommt. Dort ist es Old Shat-terhand, hier der Soldat Jake Sully, diesich auf die fremde Kultur einlassen, sich

in die Häuptlingstochter verlieben, dasVertrauen der edlen Eingeborenen gewin-nen und diese zum Sieg über die rohenEindringlinge führen.Der ehemalige Marine Jake Sully ist seiteiner Verwundung von der Hüfte abwärtsgelähmt. Das Angebot, für ein Projektzum weit entfernten Pandora zu reisen,kommt ihm gerade recht, um seinemtrostlosen Leben zu entfliehen. Auf Pan-dora gibt es eine Militärbasis, in der dreiGruppen von menschlichen Akteuren inErscheinung treten: Ein Wirtschaftskonsor-tium, vertreten durch einen Leiter, suchtim Weltall nach Rohstoffen. Dieses Wirt-schaftsunternehmen finanziert und verant-wortet die ganze Aktion. Auf Pandorawurde der extrem wertvolle RohstoffUnobtanium gefunden. Für den Abbaumüssen jedoch erst die Voraussetzungengeschaffen werden, da das Vorkommen ineinem Urwald in unwegsamem Geländeliegt, der Lebensraum von menschenähn-lichen Wesen, den Na’vi, ist. Der Wirt-schaftsvertreter verkörpert rücksichtsloseGier, die für den zu erwartenden Gewinnüber Leichen geht. Zweiter und gewichtigster menschlicherAkteur ist das Militär. Es sieht so aus, alshätte es an diesen Außenposten mensch-licher Existenz in den Weiten des Alls nurdie rohsten und besonders abgebrühtenKämpfer verschlagen. Der Boss erklärtden Neuankömmlingen auch sogleich,dass in dieser Wildnis nur die härtestenüberleben werden. Ausgestattet ist das Mi-litär mit monsterhaften Maschinen undmartialischen Geräten. Das Militär stehtdamit für rohe Gewalt und die Lust amZerstören und Töten. Reden, Verstehenund Diplomatie sind aus dieser Sicht pureZeitverschwendung, wenn man mit Waf-fengewalt viel schneller ans Ziel kommenkann. Die dritte Gruppe menschlicher Akteuresind Wissenschaftler, die ebenfalls in die

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Aktion eingebunden sind. Ihnen ist es ge-lungen, die DNA von Mensch und Na’vizu kreuzen. Die Körper aus dem Labor,die wie Na’vi aussehen, genannt Avatare,lassen sich von jeweils den Menschensteuern, deren DNA verwendet wurde.Der Mensch, der mit einem Avatar ver-bunden ist, gleichsam in seinen Körperschlüpft, kann auf diese Weise als Na’vidie Natur erkunden und Kontakt zu denEingeborenen aufnehmen. Jake Sully sollden Avatar seines verstorbenen Brudersübernehmen und arbeitet unter der Lei-tung von Dr. Grace Augustine. Die Wis-senschaftler, allen voran Grace, sind vonder fremden Welt und ihren Bewohnernzutiefst fasziniert. Sie vertreten in der Ge-schichte die vernünftige und moralischeSeite des Menschen. Am Ende kämpfensie an der Seite der Eingeborenen gegendas Militär. Jake wird gleich bei seinem ersten Ausflugals Avatar von seiner Gruppe getrennt. Erlernt die Häuptlingstochter Neytiri ken-nen, die ihn mit der Zeit in das Leben unddie Kultur der Na’vi einführt. Die Na’vistellt der Film als die besseren Menschendar. Ihre Körper sind größer und athleti-scher als die der Menschen, sie leben inunmittelbarem Kontakt zur Natur, kennenihre Geheimnisse und wissen ihre Spurenzu deuten. Sie sind friedliebend und neh-men nur so viel, wie sie brauchen. Gefor-dert sind vor allem Mut und Geschicklich-keit. Sie scheinen ihre Unschuld nochnicht verloren zu haben. Sie leben – theo-logisch gesprochen – noch im Paradies.Die Na’vi verkörpern, was Menschen inder westlichen Zivilisation verloren habenoder vermissen: das Vertrauen in ganz na-türliche Fähigkeiten ohne Technik alsHilfsmittel, die unmittelbare Verbunden-heit mit Tieren, die Achtung vor dem Le-ben, eine scheinbar natürliche Spirituali-tät. Der Kampf zwischen Menschen undNa’vi im Film ließe sich auch als Kampf

zwischen Natur und Technik verstehen,zwischen einer Kultur, die ganz im Ein-klang mit der Natur lebt, und einer Kultur,die sich über die Natur (auch die eigene)hinwegsetzt. Eine nicht unerhebliche Rolle spielt imFilm die Religion der Eingeborenen. Letzt-lich führt nur sie zum Sieg über die Men-schen und ihre Kriegsmaschinerie. Pfeilehaben gegen Maschinengewehre keineChance. Erst als sich die gesamte Natur,Na’vi und Tier, vereint gegen die Eindring-linge wendet, können die Menschen be-zwungen werden.Die Na’vi pflegen eine Naturreligion, die– und das ist sicher eine Besonderheit –von Dr. Grace Augustine wissenschaftlicherklärt werden kann, jedoch nicht imSinne einer Religionskritik, sondern viel-mehr mit der Intention eines Beweises,dass es sich nicht um irrationalen, naivenFirlefanz der Wilden handelt, sondern umein nachweisbares, faszinierendes Phäno-men, das besser auch von Militär undWirtschaft ernst genommen würde. AufPandora, so die Wissenschaftlerin, ist allesmiteinander vernetzt: Pflanzen, Tiere undNa’vi sind über so etwas wie Nervenbah-nen miteinander verbunden. Im Zentrumdes Ganzen steht ein Baum, den die Na’vials ihren heiligsten Ort verehren und densie „Baum der Seelen“ nennen. Stirbt einNa’vi, so wird seine Seele von Eywa, wiedie Gottheit genannt wird, aufgenommen. Wie sich die Na’vi mit anderen Kreaturenvernetzen können, wird mehrfach de-monstriert: Alle Na’vi tragen ihr Haar zueinem langen Zopf gebunden. Am Endedes Zopfes schauen auch einige Nerven-enden hervor. Mit ihrem Zopf können sichdie Na’vi so z. B. mit ihren Reittieren ver-binden, fühlen, was diese fühlen, und de-ren Willen steuern. Verbinden sie die Ner-venenden mit einem der Äste des heiligenBaumes, die ebenfalls wie starke Nervenaussehen, können sie den Chor der Stim-

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Page 33: Das Minarettverbot in der Schweiz „Ziel ist die geistliche ... · Die Hagiotherapie des katholischen Theologen Tomislav Ivancic 49 Michael Plathow „Glück” ist mehr Theologische

men der Verstorbenen hören. Beim ge-meinsamen Gebet des Stammes, der sichum den Baum versammelt hat, verbindensich die Nervenenden aus den Zöpfen derSitzenden mit zahlreichen Nervenfasernaus dem Boden rund um den Baum, sodass es aussieht, als wären die Na’vi überein feines, weißes Wurzelgeflecht mit derErde verwachsen. Die Religion der Na’viist damit eine Art pantheistische Naturreli-gion, die eine Natur zur Grundlage hat,die ähnlich netzwerkartig-intelligent funk-tioniert wie die Computer- und Internet-technologie bzw. Visionen von deren Zu-kunft.Der Film kontrastiert scharf zwischen Gutund Böse, Schuld und Unschuld. Ob be-wusst oder unbewusst erinnert die Ge-schichte an die Eroberung der Welt durchdie Europäer seit der Neuzeit und die da-mit verbundene Schuld gegenüber denEingeborenen, ihren Kulturen und der Na-tur. Diese Geschichte wird erzählt als im-mer wieder vollzogener Verlust bzw. alsZerstörung des Paradieses, einer heilenWelt, für deren wahren Reichtum die Räu-ber keinen Sinn haben. Zur gleichen Zeit haben die Westeuropäermit der Aufklärung, mit dem Triumph vonVernunft und Wissenschaft ihre Unschuldnoch auf eine ganz andere Weise verlo-ren. Seitdem kommt sich der westlicheMensch in der Moderne immer wiederunbehaust vor, verloren in einer durch dieWissenschaft entzauberten und durch Ma-schinen entseelten Welt. In Gegenbewe-gungen, die selbst Teil der Moderne sind,wird ihm dann die Natur zum Geheimniswie schon in der Romantik, und die Tech-nik entwickelt ein unheimliches Eigenle-ben. Science-Fiction hat in Literatur, Comicund Film all dies immer wieder verarbei-tet. Der Film „Avatar“ appelliert an dieSehnsucht nach dem Paradies, aus demder westliche Mensch sich vertrieben

weiß, nach einer unschuldigen Verbun-denheit zwischen Mensch und Natur, diesich noch in seiner Spiritualität transzen-diert. Was die Na’vi haben, was demMenschen dagegen fehlt bzw. wonach ersucht, ist dem Film zufolge im wahrstenSinne des Wortes Verwurzelung, ein di-rekter Draht zu den Dingen, die ihn um-geben, und damit auch zum alles umfas-senden Sein.

Claudia Knepper

Abrahamische Ökumene

Für Juden, Christen und Muslime ist er Va-ter des Glaubens, Paradigma des Gottver-trauens und Ahnherr einer großen Famili-engeschichte. Alle drei monotheistischenReligionen berufen sich auf Abraham.Deshalb wird in ihm eine gemeinsameWurzel, ja eine Friedensquelle gesehen,die immer wieder durch Totalitätsansprü-che und Extremismus zugeschüttet wor-den sei und werde, die es aber wieder zuent-decken gelte. Vom „abrahamischenGeist“ ist dann die Rede, gar von einer„Spiritualität Abrahams“, die den Geistder Solidarität atmen und sich in der„Hingabe an Gott“ (Hans Küng: „islam,sozusagen klein geschrieben“) Ausdruckverschaffen soll.Abrahamische Ökumene geht von derÜberzeugung aus, dass Judentum, Chris-tentum und Islam drei Zweige einer mo-notheistischen Offenbarung sind und des-halb als Einheit in Verschiedenheit wahr-zunehmen sind.

Zur Geschichte

Die verhältnismäßig junge Idee einerabrahamischen Ökumene ist mit dem Le-

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STICHWORT

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ben und Wirken des französischen Orien-talisten und Mystikers Louis Massignon(1883-1962) verbunden. In einer tiefenpersönlichen Krise hatte dieser 1908 einintensives mystisch-spirituelles Erlebnis,das ihm neue Zuversicht gab und ihn zum(römisch-katholischen) Glauben zurück-brachte. Wichtig waren dabei muslimi-sche Freunde, deren Gastfreundschaft undHingabe ihn tief beeindruckten. Massig-non wurde ein berühmter Islamwissen-schaftler und schrieb ein bahnbrechendesWerk zur islamischen Mystik. In ihm reiftedie Grundidee der abrahamischen Öku-mene. Aufgrund der freundschaftlichenBeziehungen Massignons zur katholi-schen Hierarchie zur Zeit des Zweiten Va-tikanischen Konzils konnte diese Idee mitbis dahin singulären Aussagen ein eigenesGewicht in den Konzilstexten erhalten.Der Gedanke einer abrahamischen Öku-mene wurde ab Mitte der 1960er Jahrepropagiert und popularisiert. Entschei-dende Impulse gingen von Hans Küngund Karl-Josef Kuschel aus. In jüngererZeit haben Bertold Klappert, Smail Balic,Jonathan Magonet und Thomas Naumannwichtige Beiträge geleistet. An vielen Or-ten und auf ganz unterschiedliche Weisesind Initiativen und Organisationen im„abrahamischen Geiste“ ins Leben geru-fen worden, so etwa die „Ständige Konfe-renz von Juden, Christen und Muslimen inEuropa“, Abrahamische (Lehr-)Häuser,Abrahamische Foren und Teams, das Euro-päische Abrahamische Forum und andere.Eine Vielzahl von „trialogischen“ Aktivitä-ten verbindet sich programmatisch mitdem Namen Abraham; in kirchlichen Zu-sammenhängen wird der abrahamischeGedanke immer wieder positiv aufgegrif-fen. (Die Bezeichnung „abrahamisch“ imSinne von abraham-verpflichtet oder -ent-sprechend ist dem – meist allerdingsgleichbedeutend verwendeten – „abraha-mitisch“ vorzuziehen.)

Zur Sache

Im Judentum ist „unser Vater Abraham“der von Gott Erwählte, in dem das Volk Is-rael als seine Nachkommenschaft mit er-wählt ist (Gen 12,1-3). Mit Abrahamschließt Gott in besonderer Weise einenBund (Gen 17). Abraham bewährt sich imGlaubensgehorsam, indem er nach derTradition zehn Prüfungen besteht, derendramatischste die Bindung Isaaks ist (Gen22). Eng damit verbunden ist die Tora-treue. So wird der Glaube Abrahams (Gen15,6) rabbinisch regelmäßig von Gen26,5 her interpretiert, im Gegensatz zurchristlichen Interpretation also gerade vonder Toratreue her: „Weil Abraham meinerStimme gehorsam gewesen ist und gehal-ten hat meine Rechte, meine Gebote,meine Weisungen und mein Gesetz“ (vgl.Sir 44,20; Jub 12ff; Babylonischer TalmudYoma 28b). Für das Christentum schlägt Abraham einebesondere Brücke in die Geschichte Isra-els hinein (Mt 1,1; Röm 4,16). Es stelltesich jedoch – übrigens in religionsge-schichtlicher Analogie zur späteren Situa-tion des Islam – die Frage nach dem Ver-hältnis der späteren zur früheren Offenba-rung. Dies wurde und wird unterschied-lich beantwortet. Entschieden hielt manaber zu allen Zeiten an den Schriften dessogenannten Alten Testaments als HeiligerSchrift fest. Zu den herausragenden Ak-zenten des neutestamentlichen Abraham-bildes gehört deshalb – neben der Inan-spruchnahme des Patriarchen im Sinne eines Vorbilds christlichen Glaubens, dieeinen Bogen schlägt von der Abraham an-gerechneten Gerechtigkeit (Gen 15,6) zurpaulinischen Auffassung der Glaubensge-rechtigkeit – das Bewusstsein der ge-schichtlichen und theologischen Verbun-denheit mit Israel (vgl. Röm 9-11). Im Islam gehört Abraham (Ibrahim) zu den21 im Koran erwähnten „biblischen“ Pro-

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pheten. Er kämpft gegen den Götzen-dienst und stellt sich dabei auch gegenseine Sippe. Seine Botschaft stößt auf Wi-derstand, er leidet Verfolgung und erfährtBewahrung von Gott. Die Prüfung durchGott (Bindung des Sohnes, Sure 37) zieltauf die Ergebung in Gottes Willen („Mus-limwerdung“) und führt zur Einsetzungdes Ritus des islamischen Opferfestes.Abraham begründet mit seinem Sohn Is-mael den islamischen Kult um das Heilig-tum in Mekka (Sure 2,124ff); der Haddsch(Pilgerfahrt) ist wesentlich vergegenwär-tigtes Abrahamsgeschehen! All dies istauffallend in der Problemperspektive desPropheten Muhammad geschildert. Abra-ham ist das Spiegelbild des Propheten. Sostellt sich der Islam als Erneuerung der„Religion Abrahams“ dar, der Erste unddas Siegel der Propheten, Anfang undEnde werden aufeinander bezogen. Die„Religion Abrahams“ wird dabei – unbe-schadet der Erkenntnis Muhammads, Ju-den, Christen und Muslime beteten den-selben Gott an (Sure 29,46) – aus der par-tikularen Heilsgeschichte Israels heraus-gelöst und als Urbild des Islam dem jüdi-schen wie auch dem christlichen Glau-bensanspruch entgegengesetzt. Denn:Abraham war weder Jude noch Christ, erwar vor diesen, und die letzte Religionwird die erste sein, die in Wahrheit abra-hamische. Deshalb: „Wer eine andere Re-ligion als den Islam begehrt: nimmer sollsie von ihm angenommen werden, undim Jenseits wird er unter den Verlierernsein“ (Sure 3,85). (Wichtige Abrahamstel-len im Koran: Sure 2,124-135; 3,65-68;3,95-97; 4,125 [vgl. Jes 41,8; Jak 2,23];6,74-84; 11,69-83; 19,41-50; 21,51-73;37,83-111; 87,18-19.)

Einschätzung

Die Übertragung des Begriffs der Öku-mene aus dem innerchristlichen Ringen

um Einheit in den Bereich der Religions-theologie kann nur für Missverständnissesorgen und sollte daher unterbleiben.Dass Abraham als „Vater“, als das oderzumindest ein Ur-Bild des Glaubens fürJuden, Christen wie auch Muslime gilt, isthingegen unbestritten. Daher seine Attrak-tivität als Symbolfigur und Anknüpfungs-punkt zur Entdeckung von Gemeinsam-keiten, die selbstverständlich im Dialogfruchtbar gemacht werden kann und soll.Gleichwohl ist zu fragen und von denQuellen her zu klären, wie sich die Be-griffe jeweils füllen, was sie im Gesamt-kontext der jeweiligen Religion bedeuten.Dabei ist zu sehen, dass jeweils wesent-lich Verschiedenes gemeint ist, das mannicht durch einen vorgefassten dogmati-schen Zugriff beschneiden oder gar eineb-nen sollte. Die Unterschiede sind so tief-greifend, dass die Behauptung einergrundlegenden Gemeinsamkeit entwedernur Hülle ohne Inhalt ist oder aber im Namen einer gemeinsamen Symbolfigureiner eigenen, neuen Konstruktion jen-seits dessen bedarf, was in der jeweiligenGlaubensgemeinschaft Geltung hat. DasKonzept einer abrahamischen Ökumenemuss in aller Regel auf die eine oder an-dere Weise reduktionistisch verfahren undist eurozentrisch angelegt. (Was bleibtetwa, wenn der „abrahamische Geist“oder die „Hingabe an Gott“ kaum mehrist als Mut zum Aufbruch, Vertrautes imVertrauen auf Gott hinter sich zu lassenund Neues zu wagen? – Und schon dieseFormulierung ist christlich gefärbt.) So kann ein aller scheinbar zufälligenoder störenden Ausschmückungen ent-kleideter Abraham an einen Ort ursprüng-licher Wahrheit gesetzt werden, der frei-lich weder „historisch“ noch auch in denGlaubensgeschichten der vitalen Religi-onsgemeinschaften als solcher verifizier-bar ist. Er ist vielmehr in dem Maße abs-trakt, in dem jene „ursprüngliche Wahr-

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heit“ von ihren vielfältigen Manifestatio-nen nicht nur unterschieden, sondern soabgehoben wird, dass die konkrete Unter-schiedlichkeit und Widerständigkeit derÜberlieferungen als bloße Ausdrucksfor-men ein und derselben göttlichen Trans-zendenz aufgefasst werden. Die faktischeKonkurrenz der inhärenten Wahrheitsan-sprüche in den von Christen, Juden undMuslimen konkret gelebten Religionenwird über eine behauptete Konvergenzsehr unterschiedlicher Aussagelinien nichtnur relativiert, sondern schlicht negiert –weil harmonieren muss, was nicht wider-ständig sein darf. Das Ziel ist eine Harmo-nisierung auf der übergeordneten Ebene,um dadurch vermeintlich den Dialog aufder Differenzebene, die als äußerlich undvorläufig betrachtet wird, zu fördern.Abraham darf dann für das stehen, wasvon vornherein als religiös, moralisch,ethisch, menschlich akzeptabel gilt. Abra-ham wird instrumentalisiert.Damit wird eine radikale, weil die Trans-zendenz einbeziehende Vereinnahmungdes Anderen in Kauf genommen, indemein gemeinsamer islam (klein geschrie-ben) postuliert wird, der dann nur nochunterschiedlich gedeutet wird. Diese Kon-vergenz wird auf dem Wege einer unhalt-baren Trennung von Form und Inhalt er-reicht, die zentrale Aussagegehalte des ei-nen wie des anderen Glaubens wesent-licher Inhalte entleert und gleichsam alsNebensächlichkeiten neutralisiert. Es isthier nur an die trinitarische Verfasstheitdes christlichen Glaubens gegenüber demislamischen Bekenntnis zu dem einen undeinzigen Gott (Sure 112 als Schlüsseltext)zu erinnern. Für die diesbezüglichen Dif-ferenzen gibt es keine Vermittlung, auchnicht in der gerne dafür bemühten Trans-zendenz. Selbstverständlich gilt ange-sichts unserer Erkenntnismöglichkeitendie Einsicht in die unerfassbare GrößeGottes (Gott ist immer noch größer; 1. Kor

13,9ff), doch wird an keiner Stelle dieprinzipielle Unerkennbarkeit Gottes aus-gesagt, die einen zentralen Aussagegehaltchristlichen Glaubens – die Selbsterschlie-ßung Gottes in Jesus Christus – gleichsamauf der Seite menschlicher Deutung ver-buchen ließe. Zwar ist das Bild vom Elefanten, der vonBlinden betastet wird – und deshalb je nurpartiell, nie aber als Ganzes unmittelbarwahrgenommen werden kann –, geradeim interreligiösen Dialog sehr beliebt, umdie Vermutung eines Ur-Grundes aller Re-ligion oder einer Einheit des Glaubenshinter oder über den konkreten Religio-nen zu veranschaulichen. Doch diese Ein-heitsschau setzt den Standpunkt des Se-henden voraus, der außerhalb der Religio-nen liegen müsste und deshalb schlichtnicht gegeben ist. So werden in dieserSicht die anderen Religionen in einer ei-gentümlichen Mischung aus doktrinärerToleranz und Intoleranz in das eigene Sys-tem eingebunden, indem man sie als Teil-wahrheiten und Wege zu demselben Ab-soluten deutet. Was sich als offen und to-lerant gebärdet, wirkt also ganz im Ge-genteil eher als eine Art „kalte Gleich-schaltung“, wie der Religionswissen-schaftler Gebhard Löhr es genannt hat.Summa: Interreligiöse Toleranz hätte sichgerade darin zu erweisen, dass sie die Re-ligion des Anderen nicht in das Prokrus-tesbett einer Gemeinsamkeit zwängt, dienur durch Reduktion und Abstraktion zuerreichen ist, sondern sie als vitale Glau-bens- und Lebensweise je in ihrem Zu-sammenhang respektiert – um gerade da-rauf aufbauend Wege des gesellschaftli-chen Miteinanders zu suchen und zu ge-stalten! Es geht nicht um weniger, sondernum mehr Respekt. Dieser muss im Blickauf die Positionalität religiöser Lebens-deutung weiter reichen, als die Idee einerabrahamischen Ökumene es bisher zumAusdruck zu bringen vermochte.

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Literatur

Abraham trennt! Abraham vereint?, ThemenheftEvangelische Theologie 5/2002, mit Beiträ-gen von Frank Crüsemann, Chana Safrai, Ca-therina Wenzel, Volker Küster

Eißler, Friedmann, Gibt es eine abrahamischeÖkumene? Zur Konstitution eines Begriffsund seinen religionstheologischen Implika-tionen, in: Pechmann, Ralph / Kamlah, Diet-mar (Hg.), So weit die Worte tragen. Wietragfähig ist der Dialog zwischen Christen,Juden und Muslimen?, Gießen 2005, 261-287

Eißler, Friedmann, Vom Dialog zum Trialog?Der christlich-muslimische Dialog im Ange-sicht des Judentums, in: MD 7/2009, 243-256

Klappert, Bertold, Abraham eint und unterschei-det. Begründungen und Perspektiven einesnötigen „Trialogs“ zwischen Juden, Christenund Muslimen, in: Rhein Reden. Texte ausder Melanchthon-Akademie Köln 1 (1996),21-64

Kuschel, Karl-Josef, Juden – Christen – Muslime.Herkunft und Zukunft, Düsseldorf 2007

Kuschel, Karl-Josef, Streit um Abraham. Was Ju-den, Christen und Muslime trennt – und wassie eint, 2. Aufl. der ungek. Taschenbuchaus-gabe 1996, München 1997

Massignon, Louis, Les trois prières d’Abraham,Institut international de recherches sur LouisMassignon, Paris 1997

Nagel, Tilman / Kratz, Reinhard G. (Hg.), „Abra-ham, unser Vater“. Die gemeinsamen Wur-zeln von Judentum, Christentum und Islam,hg. im Auftrag der Akademie der Wissen-schaften zu Göttingen, Göttingen 2003

Naumann, Thomas, Ismael – Abrahams verlore-ner Sohn, in: Weth, Rudolph (Hg.), Bekennt-nis zu dem einen Gott? Christen und Mus-lime zwischen Mission und Dialog, Neukir-chen-Vluyn 1999, 70-89

Robinson, Neal, Massignon, Vatican II and Is-lam as an Abrahamic Religion, in: ICMR2/1991, 182-205

Schumann, Olaf, Abraham – der Vater desGlaubens, in: ders., Hinaus aus der Festung.Beiträge zur Begegnung mit Menschen ande-ren Glaubens und anderer Kultur, Studienzum interreligiösen Dialog, Bd. 1, Hamburg1997, 13-60

Friedmann Eißler

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A. J. Jacobs, Die Bibel & ich. Von einem,der auszog, das Buch der Bücher wört-lich zu nehmen, Ullstein Verlag, Berlin2009, 430 Seiten, 9,95 Euro.

An Einführungen in die Bibel herrscht ge-wiss kein Mangel, doch verbindet manmit deren Lektüre häufig nicht die Aus-sicht auf einen unterhaltsamen Abend.Das ist bei dem Bestseller des New YorkerJournalisten A. J. Jacobs anders. Jacobs hat sich vorgenommen, ein Jahrlang strikt nach der Bibel zu leben. Er be-ginnt sein Experiment als Agnostiker undbeendet es – nach eigener Aussage – alsfrommer Agnostiker. Die Außenperspek-tive macht das Buch ungemein erhellend.Völlig voraussetzungslos tritt der Autorseine biblische Reise jedoch nicht an: Sieist auch ein Versuch, in einen Dialog mitseiner jüdischen Herkunft zu treten. Fol-gende Fragen bewegen ihn: Ist Gott einewahnhafte Idee, oder hat es Sinn, an ei-nen persönlichen Gott zu glauben? Gibtes einen wahren Kern der Bibel, oderpickt sich jeder die Stellen heraus, die sei-nen Interessen entsprechen? Um dies he-rauszufinden, beschließt er, zum absolu-ten Fundamentalisten zu werden. Jacobs wählt einen Zugang, der die Fra-gen religiöser Laien ernst nimmt. Zudemist das Buch mit einem prächtigen Humorund ansteckender Entdeckerfreude ge-schrieben. Er unterteilt die biblischen Re-geln und Lehren, die er nach und nachbefolgen will, in drei Kategorien: ethischsinnvolle, Verschrobenheiten und ethischverwerfliche. Sein in Monate gegliederterspiritueller Reisebericht ist von einer erfri-schenden Unmittelbarkeit. Ehe, Kinderer-ziehung, Familienplanung, Arbeitsalltag –alles wird biblischen Regeln unterworfenoder mit Blick auf die Bibel reflektiert. Ja-

BÜCHER

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cobs teilt seine Reise in zwei Abschnitteein: In den ersten acht Monaten erkundeter das Alte Testament, in den restlichenvier Monaten das Neue. Während er sichim ersten Teil auf eigene Erfahrungen mitder Bibel einlässt, stützt er sich im zwei-ten auf Begegnungen mit christlichenGruppen, wodurch sein Bericht hier anUnmittelbarkeit verliert. Jacobs hat keinerlei Scheu, Kontakt mitganz unterschiedlichen religiösen Grup-pen aufzunehmen – von den Amish bishin zu christlichen Polygamisten. Er bietetso ein Panorama verschiedener Versuche,die Bibel wörtlich zu nehmen. Dabei be-gegnet er den religiösen Phänomenen mitgroßer Offenheit. Sei es der bizarre Eifer,mit dem ein Mr. Berkowitz verbotenemMischgewebe auf der Spur ist, oder derBesuch bei ravenden und volltrunkenenChassiden am Torafest – niemand wird derLächerlichkeit preisgegeben.Dass Jacobs selbst ethisch anstößige Re-geln in seinen Selbstversuch einbezieht,verdeutlicht dem Leser den „clash of cul-tures“ zwischen der Welt der Bibel undder westlichen Zivilisation. Vieles, waswir heute bei anderen beklagen, findetsich auch in den eigenen Heiligen Schrif-ten. Doch unterrichtet Jacobs den Leserzugleich über jüdische und christliche In-terpretationen, die diese Texte historischeinordnen oder metaphorisch verstehenlassen. Geradezu wohltuend ist es, wennJacobs Klischees aufbricht. So stellt erEvangelikale vor, die nicht rechtslastigsind und die sich gegen Krieg, Armut undKonsumdenken wenden, aber auch abs-truseste Fundamentalisten, die mit Gift-schlangen hantieren, jedoch zugleich so-zialreformerisch aufgeschlossen sind.Am Ende seiner Reise resümiert der Autor,dass ein absoluter Fundamentalismus einDing der Unmöglichkeit sei. Dies bringtihn zu der Einschätzung, dass sowohl Li-berale als auch Fundamentalisten eine

„Cafeteria-Religion“ praktizieren. Jedochergänzt er, dass die Kunst darin bestehe,die richtigen Gerichte auszuwählen. Hierkönnte eine Anknüpfung für den Dialogliegen, denn in der begründeten Auswahlbiblischer Traditionen liegt ja die theologi-sche Herausforderung.Jacobs kommt zu dem Schluss, dass derGottesglaube zwar keine wahnhafte Ideeist, aber auf seiner Reise mit der Bibelfand er auch nicht zu dem Glauben an ei-nen persönlichen Gott. Die sozialethi-schen Forderungen der Bibel bewertet erpositiv. Sein Jahr mit der Bibel hat ihn voneinem unbedingten Individualismus abge-bracht. Drei Dinge nennt er als bleibend:die Lebensfreude, die Heiligung der Zeit(Sabbatruhe) und die Einsicht, dass dasLeben nichts Selbstverständliches ist(Dankgebet).Wer eine humorvolle Auseinandersetzungmit wortwörtlichen Bibelauslegungensucht und dabei auch bereit ist, offeneFragen anzuerkennen, der greife zu die-sem Buch.

Robert Giesecke, Schöningen

Heike Dierbach, Die Seelenpfuscher.Pseudo-Therapien, die krank machen, Rowohlt Verlag, Reinbek 2009, 249 Sei-ten, 12,00 Euro.

Psychische Erkrankungen haben laut derAOK seit 1995 um 80 Prozent zugenom-men. Auch deshalb haben alternative The-rapieangebote Konjunktur, und eine Ori-entierung auf dem Psychomarkt ist trotzdes Psychotherapeutengesetzes schwierig.Das bekommt die weltanschauliche Bera-tungsarbeit zu spüren – Fragen aus diesemBereich gehören zu den am häufigsten ge-stellten. Deshalb ist es der Psychologin HeikeDierbach zu danken, dass sie einen flüssiggeschriebenen Ratgeber verfasst hat, der

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populäre Angebote kritisch unter die Lupenimmt. Pseudo-Therapien sind nach Dier-bach dadurch gekennzeichnet, dass sienur kurzfristig wirken und ihre Technikenmehr schaden als nutzen. Das Buch umfasst drei Teile. Zunächstwerden typische Eigenschaften von Pseu-do-Therapien geschildert: Alle seelischenBeschwerden können endgültig ver-schwinden, die Anbieter haben keinefachliche Ausbildung, die Technik arbeitetmit übersinnlichen Elementen, und wennsie doch nicht hilft, ist der Patient schuld,und weiteres mehr. Daraufhin werden diehäufigsten Argumente der Anhänger vonPseudo-Therapien klug zurückgewiesen. Den Hauptteil macht die kritische Darstel-lung von neun Verfahren aus: Rebirthing,Festhaltetherapie (Prekop), Familienauf-stellung (Hellinger), The Secret (RhondaByrne), Hoffman-Quadrinity-Prozess, Re-inkarnationstherapie, The Work (ByronKatie), Channeln/Engeltherapie, Fernhei-lung. Alle Verfahren werden mit Fallbei-spielen vorgestellt und systematisch in Be-zug auf Ursprung, Methode, Ausbildung,Heilsversprechen, Forschung und seeli-sches Risiko dargestellt. Im dritten Teil werden Merkmale seriöserLebenshilfe beschrieben, und es wird fürstärkere Maßnahmen gegen Scharlataneplädiert: mehr Information und Unterstüt-zung für ratsuchende Patienten, keine ge-fährlichen Techniken an Volkshochschu-len und Universitäten, mehr Kontrolledurch die zuständigen Behörden. Explizitwird die Bundestherapeutenkammer auf-gefordert, die Qualität der psychothera-peutischen Versorgung sicherzustellen. Essei nicht zu rechtfertigen, so Dierbach,dass Psychotherapeuten mit Kassenzulas-sung sich „das Orakeln“ mit dem wissen-den Feld einer Familienaufstellung alsFortbildung anrechnen lassen können. EinAnhang mit Beratungs-Adressen rundetden Band ab.

Das Buch ist von einer erfahrenen Prakti-kerin geschrieben worden, die sich bes-tens in der Szene auskennt. Die Argu-mente sind treffsicher und ausgewogen.Über die Auswahl der dargestellten Me-thoden kann man streiten – nach meinerEinschätzung hätten etwa Satsang-Ange-bote vorgestellt werden müssen. Lob ge-bührt der Autorin für die präzise Darstel-lung und die sorgfältige Kritik bei guterAllgemeinverständlichkeit. Hintergrundin-formationen können allerdings in einersolchen Übersicht nur angeschnitten wer-den. Dem Band ist jedenfalls eine hoheVerbreitung zu wünschen.

Michael Utsch

Harald Baer, geb. 1949, Pädagoge und Diplom-Theologe, war bis Ende 2009 Referent für Sekten-und Weltanschauungsfragen bei der KSA – Katholi-sche Sozialethische Arbeitsstelle, Hamm.

Dr. theol. Friedmann Eißler, geb. 1964, Pfarrer, EZW-Referent für Islam und andere nichtchristliche Reli-gionen, neue religiöse Bewegungen, östliche Spiri-tualität, interreligiösen Dialog.

Robert U. Giesecke, Beauftragter für Sekten- undWeltanschauungsfragen der Evang.-Luth. Landeskir-che in Braunschweig, Pfarrer in Schöningen.

Claudia Knepper, geb. 1973, evangelische Theolo-gin, wissenschaftliche Mitarbeiterin der EZW.

Prof. Dr. Michael Plathow, geb. 1943, apl. Professorfür Systematische Theologie an der Universität Hei-delberg, bis 2001 Gemeindepfarrer und Weltan-schauungsbeauftragter in Heidelberg, bis 2007 Leiterdes Konfessionskundlichen Instituts in Bensheim.

Dr. theol. Matthias Pöhlmann, geb. 1963, Pfarrer,EZW-Referent für Esoterik, Okkultismus, Spiritismus,Satanismus.

Dr. phil. Christian Ruch, geb. 1968, Historiker, Mit-glied der Katholischen Arbeitsgruppe „Neue religiöseBewegungen“, Chur/Schweiz.

Dr. phil. Michael Utsch, geb. 1960, Psychologe undPsychotherapeut, EZW-Referent für christliche Son-dergemeinschaften, Psychoszene und Scientology.

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AUTOREN

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Reinhard HempelmannEvangelikale BewegungenBeiträge zur Resonanz des konservativen ProtestantismusEZW-Texte 206, Berlin 2009, 44 Seiten

Die augenfälligsten Formen engagierterChristlichkeit begegnen heute im konservativgeprägten Protestantismus. Während erweck-liche Strömungen noch vor wenigen Jahr-zehnten von vielen als eine im Wesentlichenvergangene Erscheinung angesehen wurden,zeigt sich immer deutlicher, dass es sich umein dauerhaftes und wachsendes Phänomenhandelt. Der EZW-Text informiert über evan-gelikale Bewegungen und weist auf Themenfür kritische Auseinandersetzungen hin. Aus dem Inhalt: Ausprägungen des Evangeli-kalismus – Pfingstlich-charismatisches Chris-tentum und seine weltweite Resonanz –Neue Freikirchen als Phänomen innerchristli-cher Pluralisierung – Zur Attraktivität deschristlichen Fundamentalismus.

NEUE EZW-TEXTE

Matthias Pöhlmann (Hg.)Gut beraten bei Astro-TV?Esoterik-Fernsehen in der KritikEZW-Texte 205, Berlin 2009, 72 Seiten

Astro-Shows im Fernsehen, Kartenleger viaTelefon-Hotline und esoterische Videopor-tale im Internet erleben mit Beginn des 21.Jahrhunderts einen regelrechten Boom. Neuan dieser Entwicklung sind die enorme Popu-larisierung astrologischer Beratungsangeboteund die multimediale Vermarktungskette.Das Geschäftsmodell hat in den letzten Jah-ren für heftige Kritik gesorgt. Der EZW-Textnimmt die Hintergründe und Erscheinungs-formen dieses Medienangebots in den Blick.Die Autoren und die Autorin: NorbertSchneider (Beauftragter für Programm undWerbung der Landesmedienanstalten), Syl-vius Bardt (Vorstandsvorsitzender der Ques-tico AG, des Marktführers im Bereich Esote-rik-Fernsehen), Katja Furthmann (Sprachwis-senschaftlerin), Matthias Pöhlmann (EZW-Re-ferent).

Alle EZW-Texte sind per Abonnement oder im Einzelbezug erhältlich. Wenden Sie sich bei Interesse bitte schrift-lich (EZW, Auguststr. 80, 10117 Berlin), per Fax (030/28395-212) oder per Mail ([email protected]) an uns. Weitere Informationen finden Sie unter www.ezw-berlin.de.

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Herausgegeben von der Evangelischen Zentralstellefür Weltanschauungsfragen (EZW), einer Einrichtungder Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD),im EKD Verlag Hannover.

Anschrift: Auguststraße 80, 10117 Berlin Telefon (0 30) 2 83 95-2 11, Fax (0 30) 2 83 95-2 12Internet: www.ezw-berlin.deE-Mail: [email protected]

Redaktion: Matthias Pöhlmann, Ulrike LiebauE-Mail: [email protected]

Für den Inhalt der abgedruckten Artikel tragen die jeweiligen Autoren die Verantwortung. Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Heraus-geber wieder.

Verlag: EKD Verlag, Herrenhäuser Straße 12,30419 Hannover, Telefon (0511) 2796-0,EKK, Konto 660000, BLZ 25060701.

Anzeigen und Werbebeilagen: AnzeigengemeinschaftSüd, Augustenstraße 124, 70197 Stuttgart,Postfach 100253, 70002 Stuttgart, Telefon (0711) 60100-66, Telefax (07 11) 60100-76. Verantwortl. für den Anzeigenteil: Wolfgang Schmoll. Es gilt die Preisliste Nr.24 vom 1.1.2010.

Bezugspreis: jährlich € 30,– einschl. Zustellgebühr.Erscheint monatlich. Einzelnummer € 2,50 zuzügl.Bearbeitungsgebühr für Einzelversand. Abbestellungensind nur mit einer Frist von 6 Wochen zum Jahresendemöglich. – Alle Rechte vorbehalten.

Bei Abonnementwunsch, Adressenänderungen, Abbestellungen wenden Sie sich bitte an die EZW.

Druck: Maisch & Queck, Gerlingen/Stuttgart.

IMPRESSUM

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MAT

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LDIEN

ST Zeitschrift fürReligions- undWeltanschauungsfragen

73. Jahrgang 2/10

ISSN

072

1-24

02 H

542

26

Das Minarettverbot in der Schweiz

„Ziel ist die geistliche Gesundheit“Die Hagiotherapie des Tomislav Ivancic

„Glück“ ist mehrZur Wiederkehr eines immer neuen Themas

„Avatar“ im Kino

Stichwort: Abrahamische Ökumene

Evangelische Zentralstellefür Weltanschauungsfragen

EZW, Auguststraße 80, 10117 BerlinPVSt, DP AG, Entgelt bezahlt, H 54226

50 Jahre

EZW: 1

960 – 2010

umschlag0210.qxp 25.01.2010 13:57 Seite 1


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