DAS MAGAZIN FÜR MENSCHEN MIT MOBILITÄTSEINSCHRÄNKUNG
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rehatreff.de
(M)ein Leben mit vierfacher Amputation
Die Sache mit dem Reiserecht
Murnaus Zentrum für Rückenmarkverletzte gestern und heute
Barrierefreie Bahn? Ende der Fahnenstange!
Johnnys
bewegtes Leben
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Im Rahmen der von AIDA Cruises gesponserten Informati-
onsveranstaltung informierte der Rechtsanwalt und Dozent
für Reiserecht Kay P. Rodegra darüber, welche gesetzlichen
Ansprüche an kostenfreien Hilfeleistungen dem betroffenen
Personenkreis beim Fliegen, Bahnfahren oder bei einer
Kreuzfahrt zustehen. Im Anschluss berichtete Joachim Franz
(Rollifahrer) zusammen mit seiner Frau Grit, welche Erfahrun-
gen sie auf ihren zahlreichen Reisen gemacht haben.
Pauschalreise
Seit 2018 gilt ein neues Pauschalreiserecht. Das Gesetz dient in
erster Linie zum Schutz des Verbrauchers. Eine Pauschalreise liegt
vor, wenn ein Reiseveranstalter mindestens zwei Reiseleistungen,
zum Beispiel Beförderung und Unterkunft, zu einem Paket bün-
delt und zu einem Gesamtpreis anbietet. Den Reiseveranstaltern
wurden umfangreiche vorvertragliche Informationspflichten
auferlegt. So müssen Reiseveranstalter bereits in der Reiseaus-
schreibung (Katalog, Internet, Flyer) auch darauf hinweisen,
ob die angebotene Reise für Menschen mit eingeschränkter
Mobilität geeignet ist. Eine Eignung garantiert aber nicht, dass
sämtliche Einrichtungen auf der geplanten Reise barrierefrei sind.
Ist ein Reisender auf ein barrierefreies Hotelzimmer oder eine
entsprechende Schiffskabine angewiesen, muss eine solche
Unterkunft ausdrücklich im Rahmen des Reisevertrages verein-
bart werden. Wichtig: Ein unverbindlicher Kundenwunsch
genügt dabei nicht, sondern es muss eine konkrete Vereinbarung
vorliegen, die unbedingt schriftlich abgefasst werden sollte.
Im Reisevertragsrecht finden sich auch weitere Vorschriften
speziell für den besonderen Schutz mobilitätseingeschränkter
Urlauber. Kommt es beispielsweise am Urlaubsort zu einer Situa-
tion, etwa zu einer Naturkatastrophe, die den vertraglich verein-
barten Rückflug unmöglich macht, muss der Reiseveranstalter
für einen mobilitätseingeschränkten Reisenden kostenfrei für die
Unterkunft bis zum Abflug sorgen; und zwar auf unbestimmte
Zeit. Wichtig: Diesen zusätzlichen Schutz erhält der Urlauber
nur, wenn er vor dem Start der Reise, mindestens 48 Stunden
vorher, auf seine Behinderung hinweist.
Reisen44
§§§Die Sache mit dem ReiserechtIn Deutschland leben über 7,5 Millionen Menschen mit Behinderung. Viele andere sind aufgrund ihres Alters oder einer vorübergehenden Verletzung ebenfalls in ihrer Mobilität eingeschränkt. Ende November 2019 fand in Würzburg ein Informationsabend zum Thema „Rechte von Reisenden mit eingeschränkter Mobilität“ statt.
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Kostenfreie Hilfeleistungen
Viele Menschen mit eingeschränkter Mobilität sind reisefreudig
und würden gerne Pauschal- oder Individualreisen durchführen,
scheuen aber wegen befürchteter Strapazen und Hindernisse
davor zurück. Es gibt jedoch europarechtliche Vorgaben, die
Reiseveranstalter, Fluggesellschaften, Bahnunternehmen, Schiffs-
betreiber und auch Flug- und Schiffshäfen in der EU dazu ver-
pflichten, gehandicapten Urlaubern kostenfreie Hilfe zu geben,
um eine Reise durchführen zu können. Die Regelungen gelten
für alle Reisenden mit einer körperlichen oder geistigen Behin-
derung und ebenso für Reisende, die aus anderen Gründen,
beispielsweise altersbedingt, nur eingeschränkt mobil sind.
Es kommt allein auf die tatsächliche Mobilitätseinschränkung
an, der Grad der Behinderung oder der Besitz eines Schwerbe-
hindertenausweises ist nicht erforderlich, um Anspruch auf
kostenfreie Hilfeleistungen zu haben.
Transportmittel... Flugzeug
Wer per Flugzeug reist, erhält unentgeltliche Unterstützung
aufgrund der EU-Verordnung Nr. 1107/2006, die für alle Flüge ab
einem Flughafen der EU und für Flüge von einem Drittstaat in die
EU mit einer EU-Airline gilt (z.B. Flug mit Lufthansa von den USA
nach Deutschland). Ebenso werden Flughäfen in der EU in die
Pflicht genommen und müssen kostenlose Hilfe anbieten. Unter-
stützungsleistungen, die der Passagier am Flughafen und von der
Fluggesellschaft beanspruchen kann, sind beispielsweise die Hilfe
dabei, den jeweiligen Abfertigungsschalter zu finden und die
Gepäckaufgabe zu erledigen, zum Abfluggate zu gelangen, an Bord
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und zum Sitz des Flugzeuges zu kommen,
Assistenz beim Aussteigen aus dem Flug-
zeug und bei der Gepäckentgegennahme.
Die EU-Verordnung sichert zudem die kos-
tenfreie Mitnahme von medizinischem
Gerät und von bis zu zwei Mobilitätshilfen
(Rollator, Rollstuhl u.a.) oder auch eines
anerkannten Begleithundes zu.
Ebenso muss im Flughafen und auch im
Flugzeug Unterstützung dabei angeboten
werden, eine Toilette aufsuchen zu können.
Hilfe beim eigentlichen Toilettengang muss
jedoch nicht erbracht werden, das heißt,
pflegedienstliche Mitwirkung ist nicht vor-
geschrieben. Die Fluggesellschaft darf die
Mitnahme des mobilitätseingeschränkten
Passagiers nur verweigern, wenn sicher-
heitsrelevante Gründe vorliegen. Die Mit-
nahme von Mobilitätshilfen darf nur
verwehrt werden, wenn sich nicht genü-
gend Platz im Flugzeug findet.
Bei Akkus von elektrischen Rollstühlen
muss sich der Passagier vorher über die
genauen Sicherheitsbestimmungen infor-
mieren und anfragen, ob der Batterietyp
transportiert werden darf und gegebenen-
falls extra abgesichert werden muss.
Ebenso müssen bei medizinischem Gerät
Sicherheitsbestimmungen für die Mit-
nahme hinterfragt werden. Wünsche nach
Hilfeleistungen müssen mindestens
48 Stunden vorher angemeldet werden.
Ansprechpartner sind die Fluggesellschaft
und der Reiseveranstalter, sofern der Flug
Teil des Reisevertrages ist.
dizinisches Gerät können kostenfrei mit an
Bord genommen werden. Eine barriere-
freie Kabine fällt jedoch nicht unter die zu
erbringenden Unterstützungsleistungen.
Will der Passagier eine entsprechende
Kabine beanspruchen, gehört dies als
ausdrückliche Vereinbarung mit in den
Inhalt des Reisevertrages zwischen dem
Kunden und dem Reiseveranstalter.
Wer Hilfe benötigt, muss seinen
Wunsch mindestens 48 Stunden vorher
beim Reiseveranstalter beziehungsweise
der Reederei und beim Terminalbetreiber
anmelden. Der Passagier ist verpflichtet,
60 Minuten vor der Einschiffungszeit am
Terminal einzutreffen. Zudem besteht die
weitere Verpflichtung, bereits bei der
Reisebuchung darauf hinzuweisen, dass
Hilfeleistungen benötigt und das medizi-
nisches Gerät beziehungsweise Mobilitäts-
hilfen mitgenommen werden.
Fazit
Eine Reise innerhalb Deutschlands oder
ins Ausland ist trotz Mobilitätseinschrän-
kungen möglich und kann ein schönes
Erlebnis sein. Wie das Ehepaar Franz am
Informationsabend in Würzburg anhand
vieler Tipps deutlich machte, bedarf es
aber stets einer detaillierten Reiseplanung.
Wer kostenfreie Hilfeleistungen beanspru-
chen möchte, muss sich frühzeitig darum
kümmern und gerade bei Unterkünften
sollte man vor der Buchung stets noch-
mals genau hinterfragen, was das jeweilige
Hotel oder der Schiffsanbieter unter
einem barrierefreien, behinderten- oder
rollstuhlgerechten Hotelzimmer oder
einer entsprechenden Kabine versteht.
Kay P. Rodegra
... Bahn
Für Bahnreisende mit Behinderung bezie-
hungsweise Mobilitätseinschränkung
enthält die EU-Verordnung Nr. 1371/2007
wichtige Vorgaben. Es muss unter anderem
darüber informiert werden, welche Bahn-
höfe mit Personal ausgestattet sind, so dass
Hilfe beim Ein- und Aussteigen aus dem
Zug beziehungsweise beim Umsteigen zur
Verfügung steht. An circa 300 Bahnhöfen
gibt es Servicemitarbeiter, die beim
Ein- und Aussteigen helfen. Rollstühle,
Rollatoren und andere Gehhilfen müssen
kostenfrei befördert werden. Wer beim
Bahnfahren Hilfe benötigt, muss seinen
Wunsch mindestens 48 Stunden vorher
anmelden. Ansprechpartner ist beispiels-
weise die Mobilitätsservice-Zentrale der
Bahn (Telefon 0180 6 512512 oder per
E-Mail: [email protected]).
Kreuzfahrt
Gegenüber dem Hafen- und Schiffsbetrei-
ber hat der betroffene Passagier aufgrund
der EU-Verordnung Nr. 1177/2010 An-
spruch darauf, kostenfreie Unterstützung
bei der Ein- und Ausschiffung zu erhalten.
Die Verordnung gilt für alle Kreuzfahrten,
bei der die Einschiffung im Hoheitsgebiet
eines EU-Mitgliedsstaates liegt. Beispiele
für Hilfeleistungen sind etwa die Hilfe
vom Eingang des Hafenterminals zum Ab-
fertigungsschalter und von dort zum Schiff
zu gelangen, Abfertigung aller notwendi-
gen Mobilitätshilfen (auch elektrische
Rollstühle) und Hilfe bei der Ausschiffung
und beim Passieren der Einreise- und Zoll-
kontrollstellen. Mobilitätshilfen und me-
Reisen46
Kontakt
Kay P. RodegraDozent für Reise- und Luftverkehrsrecht, Fachjournalist
09 31 / 46 54-21 8www.rodegra-law.de
www.würzburger-tabelle.de
Das Ehepaar Franz berichtete am Veranstaltungsabendim Talk mit Kay Rodegra
über ihre Reiseerfahrungen. Foto: Regina Rodegra
Der nächste kostenfreie Infoabend ist
im Frühjahr 2020 in Hamburg geplant.
Interessierte können den genauen
Termin auch unter
www.rodegra-law.de oder
www.rehatreff.de/termine ersehen.
Nützliche Links:
www.lba.de (Suchbegriff:
Mobilitätseinschränkungen)
www.bahn.de (Suchbegriff:
Mobilitätseinschränkung)
www.evz.de
www.soep-online.de