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Das Konrad-Adenauer-Haus in Bonn
Adresse: Friedrich-Ebert-Allee 73-75
Baujahr: 1970-71, 2003 abgerissen
Bauherr: Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU)
Entwurf und Planung: Max Meid und Helmut Romeick, Frankfurt
Die Formierung christlich-demokratischer
Verbände setzte bereits kurz nach Ende
des Zweiten Weltkriegs deutschlandweit
ein. Der Name „Union“ wurde dabei seit
dem Godesberger Reichstreffen im
Dezember 1945 allgemein übernommen,
1947 wurden die bis dahin eher
unabhängig voneinander agierenden
Landesverbände offiziell unter einem
Dachverband zusammengeschlossen.
Konrad Adenauer, Vorsitzender des
größten Zonenverbandes, wurde am 15.
September 1949 zum ersten Bundes-
kanzler der Bundesrepublik Deutschland
und im Mai des Folgejahres einstimmig
zum Bundesvorsitzenden der CDU
gewählt. Im Oktober desselben Jahres
erfolgte die offizielle Gründung der CDU-
Bundespartei im Rahmen des 1. Partei-
tages in Goslar, welche zugleich den
Beginn bundesweit gemeinsamer Partei-
arbeit markierte. Zum Dreh- und
Angelpunkt einer solchen überregionalen
Parteiorganisation wurde Bonn erhoben,
das nicht zuletzt auch aufgrund des
energischen Eintretens Adenauers Bundes-
hauptstadt geworden war. Hier sollte die
Parteizentrale ihren offiziellen Sitz
bekommen und ihr Haus nach dem ersten
Bundeskanzler und Vorsitzenden der CDU
Deutschlands benennen. Es mussten
jedoch weitere 21 Jahre vergehen und mit
Ludwig Erhard und Kurt Georg Kiesinger
noch zwei Männer Adenauer in das Amt
des CDU-Bundesvorsitzenden folgen1, ehe
der Bürokomplex von den Partei-
mitgliedern tatsächlich bezogen werden
konnte.
Einen ersten Architektenvertrag schloss
man bereits 1960, damals noch mit den
Berlinern Hans Geber und Otto Risse. Zur
Ausführung gelangte schließlich zwischen
1970 und ‘71 der Entwurf der ab 1963
verpflichteten Architekten Max Meid und
Helmut Romeick aus Frankfurt. Der
geeignete Baugrund war schon 1961 für
450.000 DM von der Stadt Bonn erworben
worden, wobei sich die Stadt ein Rück-
kaufrecht zum gleichen Preis vorbehielt.
Ende 1965 wurde der Bauantrag gestellt,
eine endgültige Genehmigung verzögerte
sich aber aufgrund fehlender statischer
Berechnungen und der Einwände seitens
umliegender Anwohner immer wieder. So
etwa äußerte der Gesamtverband der
evangelischen Kirchengemeinde Bonn
Bedenken, mit dem Bau der Parteizentrale
ginge eine Wertminderung seines eigenen
Grundstücks an der Uhlandstraße einher.
Grund dafür sei die zu erwartende
Beschattung „täglich für längere Zeit“
durch das geplante Objekt der CDU. Nach
eingehender Prüfung durch Sachverstän-
1 Konrad Adenauer Bundeskanzler 1949-1963,
CDU-Bundesvorsitzender 1950-1966; Ludwig
Erhard Bundeskanzler 1963-66 und 1966/67
CDU-Bundesvorsitzender; Kurt Georg Kiesinger
1966-69 Bundeskanzler, 1967-71 CDU-
Bundesvorsitzender.
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dige kam man zu der Erkenntnis, dass eine
Verschattung von nicht mehr als 30 bis 45
Minuten pro Tag zu erwarten sei, woraus
ein Wertminderungsbeitrag von 50.000
DM errechnet und dem Verband ange-
boten wurde.2
1969 musste die Partei ihre Führungs-
position, auf die man sich seit 1949 hatte
stützen können, an eine Regierungs-
koalition von SPD und FDP abgeben und
mit Willy Brandt wurde ein Sozial-
demokrat neuer Bundeskanzler. In die
ungewohnte Rolle der Opposition musste
man sich damals erst noch einfinden, und
scheinbar knüpfte sich an die Wahl-
niederlage die Erkenntnis, dass es einer
Modernisierung und effektiveren Organi-
sation innerhalb der Partei bedurfte. Die
auf die Bonner Innenstadt verteilten
Parteibüros wurden als eines der Haupt-
hindernisse einer produktiven und zeit-
gemäßen Parteiarbeit angesehen und die
seit Jahren angedachte gemeinsame
Unterbringung in einem Neubau mit
verstärkten Anstrengungen zur Umsetzung
gebracht. Im November 1969 schließlich
erhielt die CDU die Baugenehmigung
durch den Bundesparteitag in Mainz.
In Broschüren und Faltblättern sollte
Parteimitgliedern, Wählern und sonstigen
zahlungskräftigen Bürgern die unbedingte
Notwendigkeit eines Neubaus anhand von
Aufnahmen beengter räumlicher Verhält-
nisse und entsprechenden Begleittexten
eindringlich vor Augen geführt werden:
„Gerade jetzt braucht die CDU für
vielfältige Anforderungen ein zentrales
2 Vgl. Archivale der Konrad-Adenauer-Stiftung:
BGF Konrad Kraske: Neubau der CDU-
Bundesgeschäftsstelle 1960-70.
Die Angaben zu den Grundstückskosten sowie
zu den Jahren, in denen Anträge gestellt und
Entscheidungen bezüglich des Baus getroffen
wurden, weichen in den unterschiedlichen
Quellen zum Teil stark voneinander ab. Der
vorliegende Text stützt sich bei diesen Angaben
ausschließlich auf o.g. Sammlung von Akten aus
der Konrad-Adenauer-Stiftung.
Gebäude. Der Mainzer Parteitag 1969 hat
mit Recht den Bau eines Parteihauses als
ein Stück Reform der CDU beschlossen.“3
Modelle und Zeichnungen des Neubaus
sollten zugleich davon überzeugen, dass
eine Spende und Baubeteiligung an einem
modernen und vielfältig nutzbaren Objekt
auch dem eigenen Privatvermögen lang-
fristig zum Vorteil gereichen würde. Unter
dem Motto „Bauen Sie mit uns am Konrad
Adenauer Haus“ wurde die Bevölkerung
dazu aufgerufen, Bausteine zu kaufen oder
Anteile eines Treuhandvermögens ab einer
Größenordnung von 1000 DM zu
erwerben.4
Als der Rohbau fertiggestellt war,
entschied sich der damalige Schatzmeister
aus Kostengründen gegen ein Richtfest
und ließ den Bauarbeitern stattdessen ein
Dankesschreiben und 20 DM zukommen.
Die Bauarbeiter wiederum „dankten“ es
ihm, indem sie sich aus der gegenüber-
liegenden Parteizentrale der SPD Wahl-
plakate mit dem Slogan „Bei uns SPD“
besorgten und diese am Hochhaus
befestigten.5
Im Dezember 1971 konnte die neue
Geschäftsstelle bezogen werden, ein
knappes Jahr später erfolgte die
Installation des roten CDU-Schriftzuges auf
dem Dach des Bürohauses. Zur Ein-
weihungsfeier Ende Januar 1973 stiftete
die Familie Konrad Adenauers der Partei-
zentrale eine Bronzebüste des ersten
Bundeskanzlers.
Die Anlage auf langgezogen-rechteckigem
Grundriss hatte eine Gesamtlänge von 115
Metern und gliederte sich in drei
Baukörper. Senkrecht zur Friedrich-Ebert-
3 Union Betriebs-Gesellschaft m.b.H.: Faltblatt:
Konrad Adenauer Haus Bonn – Die Partei-
zentrale der CDU, o.J., Rückseite. 4 Ebd.
5 N.N.: „Mit Schlips und Ziertuch. Historie: das
Adenauer-Haus: konservativ, vertrauenswürdig
und kein bisschen protzig“, in: Bonner General-
Anzeiger vom 15.12.2003.
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Allee stand das weithin sichtbare, 44
Meter hohe Bürogebäude. Parallel zum
Straßenverlauf schlossen sich zu beiden
Seiten der zehnstöckigen Hochhaus-
scheibe breit gelagerte Flachbauten an: im
Norden ein zweigeschossiges Betriebs-
und Verlagsgebäude, im Süden ein Saalbau
mit mehreren Versammlungsräumen und
der Kantine. Diese sogenannten Union-
Säle wurden von einer kreuzweise
gespannten Leichtstahlkonstruktion mit
rautenförmiger Metallverkleidung über-
dacht, die sich deutlich über den
ansonsten flach gedeckten Süd- sowie den
Nordtrakt erhob. Beide Flachbauten
umschlossen zum Hochhaus hin jeweils
einen Atriumhof, dem längeren Südtrakt
war ein nahezu quadratischer Innenhof
mit einem Wasserbecken zugeordnet, dem
kürzeren Nordtrakt eine schmale, recht-
eckige Grünfläche. Während das Hochhaus
rheinseitig bündig mit den Flachbauten
abschloss, trat es zur Friedrich-Ebert-Allee
hin aus der Baulinienflucht heraus. Dieser
vorkragende Teil wurde, ebenso wie die
seitlich anschließenden Funktions-
bereiche, von Stützen getragen. Dem
Betrachter präsentierte sich somit
besonders von der Hauptansichtsseite
eine scheinbar vom Boden gelöste
Architektur, die den Blick über die
Innenflächen hin zur gegenüberliegenden
Straßenseite freigab. Dies fand auch bei
der Organisation der Stellplatz-
möglichkeiten für PKW Berücksichtigung.
Eine zweistöckige Tiefgarage sollte
gewährleisten, dass ebenerdig die
Durchsicht auf das Gebäude und die
dazugehörigen Freiflächen unverstellt
blieb.
Die gesamte Anlage war eine mit weiß-
grauen Kalksteinplatten verkleidete Stahl-
betonskelettkonstruktion, lediglich die
zurückgesetzten Bauelemente des Nord-
und Südtraktes setzten sich durch dunkle
Natursteinplatten optisch vom übrigen
hellen Erscheinungsbild ab. Die in
großzügige Fensterflächen aufgelöste
Fassade der Flachbauten wurde nach oben
und unten hin von einem Band aus hellen
Kalksteinplatten begrenzt, was die lang-
gestreckte Erscheinung dieser Bereiche
der Bundeszentrale unterstrich. Den
Eingang zu den Union-Sälen akzentuierte
ein weit vorkragendes Flugdach.
Das Hochhaus verdankte seine ebenfalls
stark horizontal ausgerichtete Gliederung
an Nord- und Südseite dem Wechsel aus
heller Natursteinbänderung und durch-
laufenden Fensterbändern mit Leicht-
metallrahmen. Die Fensterzonen waren
durch rhythmisch alternierende Fenster-
scheiben nahezu quadratischen bzw. sehr
schlanken Formats gestaltet. In regel-
mäßigen Abständen wurde auch die
Kalksteinverkleidung von schmalen Glas-
flächen unterbrochen; sie gaben den Blick
auf die dahinter verlaufenden Stahl-
betonstützen frei, die das Gewicht der
Baulast trugen und im Inneren eine
flexible Raumaufteilung ermöglichten.
Gemeinsam mit dem Treppenhaus- und
Aufzugsbereich, der sich – leicht aus der
Mittelachse in Richtung Rhein gerückt –
kranartig über das Flachdach der
Hochhausscheibe legte und an der
Nordfassade anhand einer geschlossenen
Verkleidung erkennbar war, bildeten die
schmalen Fensterflächen optisch ein
vertikales Gegengewicht. Die Kanten der
Schmalseiten waren durch eine
Fensterreihe betont, die übrige Wand-
fläche komplett mit Kalksteinplatten
bedeckt.
Die Bundeszentrale der Christlich
Demokratischen Union hatte sich bei der
Wahl ihrer repräsentativen Hülle für eine
zeitgemäße Architektur entschieden, in
der sich die typische Formensprache der
Nachkriegsarchitektur wiederfand. An-
dernorts – auch jenseits der inner-
deutschen Grenze – entstanden zeitnah
ähnliche Bauten in weiteren Funktions-
zusammenhängen. So etwa in der Prager
Straße in Dresden, wo eine Abfolge von
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zum Straßenverlauf quergestellten, auf
Stützen ruhenden Hochhausscheiben
durch flache Pavillonbauten entlang einer
Einkaufszone miteinander verbunden
wurden. Die Hochhäuser beherbergten
Hotels, die Flachbauten wurden als Laden-
flächen genutzt. Verantwortliche Archi-
tekten dieser Gestaltung der Prager Straße
zwischen 1963 und 1970 waren Kurt
Leucht, Peter Sniegon, Kurt Röthig, Hans
Konrad, Manfred Arlt und Joachim Näther.
Zugleich kann die damalige Entscheidung
zugunsten eines weithin gut sichtbaren
und dank eines leuchtenden Schriftzuges
auch eindeutig identifizierbaren Hoch-
hausbaus als durchaus selbstbewusstes
Statement gewertet werden. Eine konse-
quente Weiterführung, wenn nicht gar
Steigerung dieser Haltung lässt sich an der
heutigen CDU-Parteizentrale in Berlin-
Mitte, die im Jahre 2000 bezogen wurde,
ablesen. Aus der stolzen Bezeichnung als
„das markanteste Gebäude im neu
errichteten Häuserareal am Tiergarten
Dreieck“6 geht zudem auch der Anspruch
auf architektonische Individualität hervor.
Bezeichnenderweise hatte sich das
verantwortliche Düsseldorfer Architektur-
büro Petzinka, Pink und Partner zwei Jahre
zuvor noch mit der ersten Bundeszentrale
der Christdemokraten beschäftigt. Nach-
dem die Deutsche Telekom AG 1997 die
Gelände des DRK, der CDU und der
britischen Botschaft erworben hatte,
wurde ein Wettbewerb für die Stand-
orterweiterung des Unternehmens auf
diesem Areal ausgeschrieben. Der Entwurf
von Petzinka, Pink und Partner sah nach
einer Entkernung und Modernisierung die
Verbreiterung und anschließende Ver-
kleidung des Konrad-Adenauer-Hauses mit
einer Glasfassade vor, die benachbarten
Bauten sollten abgerissen werden. Nach
dem Fall der Telekom-Aktie musste der
neue Office Port auf kostengünstigere
6 http://www.cdu.de/partei/15_2311.htm, (21.
August 2011).
Weise realisiert werden, weshalb man sich
schließlich auch für den Abbruch der
Hochhausscheibe entschied. Mit der am
14. Dezember 2003 erfolgten, von vielen
für den Strukturwandel in Bonn als
symbolisch angesehenen Sprengung der
ehemaligen CDU-Parteizentrale wurde der
Boden für einen kompletten Neubau
geebnet.
Kristin Bartsch
Quellen und Literatur (Auswahl):
Archivale der Konrad-Adenauer-Stiftung: BGF
Konrad Kraske: Neubau der CDU-Bundesgeschäfts-
stelle 1960-70.
Union Betriebs-Gesellschaft m.b.H.: Faltblatt:
Konrad Adenauer Haus Bonn – Die Parteizentrale
der CDU; o.O. (Bonn) o.J., Rückseite.
N.N.: „Mit Schlips und Ziertuch. Historie: das
Adenauer-Haus: konservativ, vertrauenswürdig und
kein bisschen protzig“; in: Bonner General-Anzeiger
vom 15. Dezember 2003.
N.N.: Das Konrad-Adenauer-Haus. Ein markantes
Gebäude am Tiergarten Dreieck; Informationen
der CDU-Parteizentrale; online abrufbar:
www.cdu.de/partei/15_2311.htm (21. August
2011).
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Zeichnung der Architekten Meid und Romeick von der Ansicht Friedrich-Ebert-Allee, um 1971 (aus der
Broschüre „Vermögensbildung durch Mitbesitz“)
Gesamtansicht des Konrad-Adenauer-Hauses von Süden, rechts im Bild die Union-Säle, o.J. (Foto: Stadtarchiv
Bonn)
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Ansicht des Konrad-Adenauer-Hauses von Süden, o.J. (Foto: Konrad-Adenauer-Stiftung)
Modell der Ansicht von der Rheinseite aus der Broschüre „Vermögensbildung durch Mitbesitz“, um 1971