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Das Haus der sprechenden Toten

Date post: 04-Jan-2017
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Henry Ghost

Das Haus der sprechenden Toten

OccuBand Nr. 10

Version 1.0Dezember 2010Das Parapsychologic Department der Interpol

Das Parapsychologic Department der InterpolDas Parapsychologic Department ist eine von der Interpol gegrndete Spezialabteilung zur Klrung und Erforschung von Kriminalfllen, die in das Gebiet der Parapsychologie reichen. Rtselhafte und sensitive Menschen, berirdische Zeichen, okkulte Phnomene und transzendentale Erscheinungen zhlen zur Alltagsarbeit dieses speziell ausgebildeten Parapsychologen. Hauptsitz des Parapsychologic Department ist Paris.

Joe Baxter 37 Jahre alt, schlank, hochgewachsen, muskuls, blondes gewelltes Haar, stahlblaue Augen. Ein Mann mit Intelligenz, Kraft, Ausdauer und enormer okkulter Begabung. Er ist Hauptkommissar des Parapsychologic Department und Hauptfigur der OCCU-Serie. Er kann in Sekunden als Medium fungieren und arbeitet bei Seancen mit dem modernen Psycho-Disc, einem Gert, mit dem er Stimmen aus dem Jenseits auf Tonband aufnehmen kann. Er trgt niemals eine Waffe bei sich und besiegt seine Gegner nur mit medialen Krften.

Olga Dussowa 26 Jahre alt, schlank, vollbusig, langes schwarzes Haar, Russin, direkte Nachkomme der Familie des russischen Magiers Rasputin, sehr okkult begabt, kann bse Geister bannen und als Medium weit ins Jenseits vorstoen. Sie ist Mitarbeiterin von Hauptkommissar Baxter und begleitet ihn auf allen Reisen.

Viola Oggi 29 Jahre alt, superblond, gertenschlank, ehemaliges Mannequin aus Rom, das durch eine Vision ihre mediale Begabung erkannte, versteht sich auf Kontaktnahme zum Hexen-Reich und auf geheimnisvolle rmische Zaubersprche gegen Lebensgefahr und Krankheiten. Spezial-Agentin und Mitarbeiterin von Hauptkommissar Joe Baxter.

Dr. Leon Duvaleux Leitender Direktor des Parapsychologic Department der Interpol, 48 Jahre, graumeliert, Sohn einer Pariser Wahrsagerin, entstanden aus deren transzendentalen Verbindung mit dem Propheten Nostradamus. Beherrscht die Kunst der telepathischen Nachrichtenbermittlung mit seinem Hauptkommissar.

Madame Therese Duvaleux Pariser Wahrsagerin und Kartenlegerin, weihaarig, 72 Jahre alt, Mutter des Direktors des Parapsychologic Department, springt oft ein und steht dem Team mit ihren magischen Ratschlgen zur Seite.Das Haus der sprechenden Toten

James Duncan schreckte aus einem qualvollen kurzen Schlummer auf. Er sprte eine eisige Klte im Rcken. Sein Krper begann zu zittern. Rund um den alten Mann war es dster.Seine Brust, auf der das Nachthemd schweidurchnt klebte, wogte auf und ab.Die Herzschmerzen waren unertrglich. Das Blut hmmerte im Kopf.Und dann erschien dicht ber ihm ein Frauenantlitz: groe und dunkle Augen, ein breiter grell geschminkter Mund mit einem spttischen Lcheln auf den Lippen. James Duncan war Menschenkenner: Dieses Mdchen htte ihm zweifelsohne, wre er noch jung, gefallen. Doch als Krankenschwester lehnte er sie ab. Sie strahlte Berechnung, Gefhlsklte und Gefahr aus. Sie war so anders als die Schwestern, die sich bisher um ihn gekmmert hatten.Halt den Mund, Opa, und wart ab!Dann drehte sie sich um und bettigte mit der rechten Hand einen Wandschalter. Grell blitzte eine Deckenbeleuchtung auf.Jetzt erkannten James Duncans mde und kranke Augen, da er sich nicht mehr in seinem Krankenzimmer in der Bedford-Klinik befand. Man hatte ihn anderswohin gebracht.

Wo bin ich?, sthnte er und verkrampfte angstvoll seine Hnde ineinander.Das Lachen der jungen Krankenschwester tat ihm in den Ohren weh. Langsam drehte er seinen Kopf.berall standen Apparaturen mit Schluchen und Drhten. Die Gerte waren mit Skala, Zeiger und Monitor versehen.Was geht hier vor?Zuerst erhielt er keine Antwort. Dann aber lachte die Krankenschwester: Was immer auch mit dir geschieht. Sei glcklich darber. Du mut unserem rzte-Team und der Menschheit einen groen Dienst erweisen. Das ist eine Auszeichnung fr dich.Rchelnd sank der Patient in die Kissen seiner Bettstatt zurck. Seine Krfte waren zu Ende. Er hatte Mhe, zu atmen.Einmal noch versuchte er, sich aus seiner verzweifelten Lage zu befreien. Er ffnete mhsam den Mund: Ich bin ein reicher Mann. Ich bin der Schuhfabrikant Duncan, James Duncan. Ich gebe Ihnen Geld, wenn sie mich hier rausholen. Fhren Sie mich wieder in mein Krankenzimmer. Nennen Sie eine Summe. Ich werde Ihnen das Geld berweisen lassen.Er wollte die Hnde wie zum Gebet falten.Ich lasse mich nicht bestechen. Ich stehe hier im Auftrag einer der grten rzte aller Zeiten. Der Chef wrde mich tten, wenn ich ihm in seine Experimente pfuschen wrde.Sie zog aus einem der Gerte zwei plastikbeschichtete Drhte heraus. Sie trat ans Bett des alten Mannes und brachte ihm die Anode dicht an der Kopfhaut an.Nein! schrie er entsetzt und begann die Metallenden der Drhte abzureien.Die Krankenschwester fluchte. Sie packte die Hnde des kranken Mannes und ri je einen Arm an die Bettkante herunter, wo bereits Ledergurte vorbereitet waren. Blitzschnell schnallte sie die Arme fest. Duncan vermochte sich nicht mehr zu bewegen.Er schlo erschpft die Augen.Eine Tr in der Betonwand ffnete sich fast lautlos. Der Arzt trat ein. Er trug einen weien Kittel und trocknete sich gerade die Hnde mit einem Handtuch ab.Rasch schaute er sich um: Ich hatte bis jetzt mit einer heiklen Untersuchung zu tun. Haben Sie alles vorbereitet?Die Schwester nickte.Der Mediziner setzte sich, berprfte die Gerte, kontrollierte Bild und Ton der Monitore. Schlielich erhob er sich von seinem Drehsessel und schlenderte zum Bett des Patienten.Im gleichen Augenblick richtete James Duncan wieder seinen Kopf auf. Sein Blick traf den Arzt. Sein Krper zuckte zusammen.Fassungslos murmelte er: Doktor! Sie? Was hat das alles zu bedeuten?Mund halten! fuhr ihn die Schwester an. Das Experiment beginnt gleich.Khl und sachlich fragte der Arzt seine Assistentin: Hat jemand in der Klinik gemerkt, da der Patient verschwunden ist?Sie schttelte den Kopf: Bis jetzt noch nicht.Wann wird er sterben?Ich habe ihn vorhin genau untersucht. Die Gerte zeigen deutlich, da sein Krper bereits abbaut.Verdammt! Das kann sich ja noch Stunden hinziehen. Schlielich ist das ja nicht irgendwer. In ein paar Stunden wird die ganze Welt nach ihm suchen. Die Sache mu sofort erledigt werden.Fragend schaute die Krankenschwester den Arzt an: Die Schock-Spritze?Er nickte.Gemeinsam schlossen sie insgesamt zwanzig Klemmen an den Krper des Patienten an. James Duncan sprte Flammen durch sein Gehirn blitzen: Er hatte es aufgegeben, sich gegen sein Schicksal zu wehren.Die Krankenschwester trat an einen Schrank, ffnete ihn und nahm einige Phiolen heraus. Dann zog sie damit eine Spritze auf und setzte die Injektionsnadel hinter Duncans Ohr an. Fragend blickte sie auf den Arzt.Jetzt?, erkundigte sie sich.Okay!, nickte dieser und hob die Hand.Mit einem schnellen Ruck stie die Schwester dem Patienten die Nadel ins Hautgewebe. Der kranke Krper bumte sich auf und fiel, dann schlaff zusammen.Die Krankenschwester injizierte das Schock-Serum: Wenn der wte, was ihm bevorsteht. Es ist soweit, Doktor: Die Reise ins Jenseits kann beginnen.Der Arzt nickte: Unser vierzehntes Experiment dieser Art. Mte uns eigentlich Glck bringen!

*

Der schwarze Rolls-Royce glitt nahezu lautlos aus dem Park von Fetherham, passierte das schmiedeiserne Tor und bog dann nach links ab, um in raschem Tempo nrdlich Kurs in Richtung Bedford-Klinik zu nehmen. Ivy Duncan trug ein strenges Kostm in dunkelbrauner Farbe. Sie sah nicht aus wie 60 Jahre, und schon gar nicht wie die Frau des greisen Schuhfabrikanten James Duncan.Ivy Duncan richtete sich im Fond des Wagens auf und fragte laut den Chauffeur: Johnny, wie wird es Mr. Duncan gehen? Sagen Sie mir, was Sie ber seine Krankheit denken.Johnny rusperte sich. Ich wage gar nicht daran zu denken: Ich glaube, Sie mssen mit dem Schlimmsten rechnen, Mrs. Duncan. In seinem Alter ist das so. Obwohl ich nicht ausschlieen will, da er sich durchaus wieder erholen kann.Daraufhin sprach Ivy Duncan whrend der ganzen Fahrt kein Wort mehr. Es gab keinen Zweifel: James wrde bald sterben. Sie wute aber nicht, wie sie sich auf diese Situation einstellen sollte.Der Wagen hatte die Bedford-Klinik erreicht und hielt vor der breiten Auffahrt. Kaum hatte Ivy Duncan einen Fu aus dem Auto gesetzt, da pflanzte sich vor ihr ein junger Arzt auf.Mrs. Duncan blickte auf und stie einen Freudenschrei aus: O Gott, Sammy-Darling, das ist eine Freude, dich zu sehen. Damit hatte ich nicht gerechnet.Das Gesicht des etwa 27 Jahre alten Mediziners berzog eine verlegene Rte: Ich bin erst seit einigen Monaten hier, Mrs. Duncan.Sie unterbrach ihn und schttelte mibilligend den Kopf: Also, das mit Mrs. Duncan mu aber schnell ein Ende finden. Ich bin fr dich immer noch Tante Ivy, wie wir es in unseren Briefen ausgemacht haben. Immerhin haben wir dich grogezogen und dich wie unseren Sohn geliebt.Jetzt fiel der junge Arzt der Millionrsgattin ins Wort: Und Sie haben mich Medizin studieren lassen. Niemand anderer als Sie und Ihr Gatte htten mir diesen Traum erfllen knnen.Ivy Duncan lchelte: Na, hr mal, Sammy-Darling: Als ich erkannte, da der hbsche Sohn unseres Grtners Max Donnels beraus begabt war, da mute ich doch helfend eingreifen. Besonders, als dann dein Vater starb. Also, merk dir eines: Ich bin fr dich Tante Ivy.Danke, flsterte Dr. Sam Donnels. Dann fgte er hinzu. Man hat mich geschickt, dich zu empfangen, weil ich dich unverzglich zum Chef bringen mu.Erschrocken blickte die Frau des Schuhfabrikanten auf: Sammy, ist etwas mit meinem Mann passiert? Ist er gestorben?Dr. Donnels hob die Schultern: Ich wei es nicht, Tante Ivy. Und was ich in den letzten Minuten im Haus gehrt habe, ist so verrckt, da es dir der Chef selbst erklren mu.Sie eilten ber den Korridor und sprachen nichts mehr miteinander. Endlich standen sie vor dem Bro Dr. Archibald Lovells, des berhmten Prominentenarztes und Klinikbesitzers. Dr. Donnels klopfte zaghaft an.Ein lautes Herein! drhnte durch die Tr.Dr. Donnels ffnet und steckte seinen Kopf in den Raum: Ich bringe Mrs. Duncan.Soll hereinkommen, schnarrte eine tiefe Stimme. Donnels, Sie knnen wieder an die Arbeit gehen. Ich mchte mit Mrs. Duncan allein sein.Dr. Donnels verneigte sich vor Mrs. Duncan und lie sie eintreten. Dann entfernte er sich rasch.Dr. Archibald Lovell war gro, schlank, breitschultrig mit grauen Schlfen im gewellten Haar. Sein Gesicht war ganz im Gegensatz zu sonst bleich. Er streckte der Frau seines Patienten die Hand entgegen und murmelte dann mit belegter Stimme: Bitte, nehmen Sie Platz!Ivy Duncan setzte sich nicht. Sie trat hart auf den Chefarzt zu und fragte: Dr. Lovell, ich will sofort Klarheit haben. Wie steht es um meinen Mann? Liegt er im Sterben? Oder wird er sich erholen und die Klinik noch einmal verlassen knnen?Leise kam es aus dem Mund des Arztes: Es tut mir leid, Mrs. Duncan, ich wei es nicht. Keiner im Haus wei, wie es Ihrem verehrten Mann geht.Wie ist das mglich? Ivy Duncan war einem Nervenzusammenbruch nahe.Sie werden es nicht fr mglich halten. Wir selbst fassen es kaum.Ist mein Mann tot?Nein, das heit: Wir wissen es nicht. Ihr Mann ist seit einer Stunde aus seinem Zimmer verschwunden. Spurlos verschwunden. Wir stehen vor einem Rtsel.Ivy Duncan tat einen erstickten Ausruf und sank in einen Sessel, der ganz in ihrer Nhe stand. Sie starrte Entgeistert vor sich hin und flsterte immer wieder: Spurlos verschwunden, das kann doch kaum mglich sein, aus dem Bett.Leise erklrte ihr der Chefarzt: Wir lieen Ihren Mann allein, weil er kraftlos und erschpft wirkte. Er brauchte Ruhe. Die wollten wir ihm ermglichen. Da wir aber alle wuten, wie schlecht es um Ihren Gatten stand, so schickten wir schlielich Dr. Sam Donnels nach oben. Er kam zurck und berbrachte uns die Nachricht.Mit weit geffneten Augen sah Ivy Duncan Dr. Lovell an: Wie ist es mglich, da am hellichten Tag ein Patient, noch dazu ein so prominenter, aus Ihrer Klinik, verschwindet?Langsam entgegnete Dr. Lovell: Ich zermartere mir seit einer Stunde das Gehirn. Es gibt drei Mglichkeiten: Entweder, Gangster haben ihren Mann entfhrt, um fr ihn noch in allerletzter Minute ein Lsegeld kassieren zu knnen, oder er ist von einer Wahnidee erfat worden, hat pltzlich ungeahnte Krfte entfaltet und sich davongeschleppt. Oder aber, die dritte Mglichkeit: Der Patient ist die Hauptfigur eines magischen Geschehens.

*

Chefinspektor Callon von Scotland Yard knallte den Telefonhrer mit viel Schwung auf die Gabel, bekam einen roten Kopf und lachte. Ich habe die rzte immer fr nchterne Menschen gehalten. Smith, hren Sie sich das an: Da sagt mir doch der Chef der Bedford-Klinik, da er an ein bernatrliches Geschehen glaubt, weil James Duncan verschwunden ist. Die Herren Mediziner machen sich die Sache aber sehr einfach. Wenn wir bei Scotland Yard so arbeiten wrden, wo kmen wir dann hin?Constabler Smith rusperte sich: Wenn ich mir eine berlegung gestatten darf, Chef. Es ist schon mysteris, was da in dem Krankenhaus passiert ist. Der Millionr lag todkrank in seinem Bett und ist dann pltzlich spurlos verschwunden.Chefinspektor Callon meckerte vor Vergngen: Smith, Sie reden aber albern daher. Was heit, spurlos verschwunden? Ob es wirklich keine Spuren gibt, das werden wohl unsere Spezialisten von Scotland Yard feststellen, die im Augenblick die Klinik durchsuchen. Wre doch gelacht, wenn die nicht irgendeinen Anhaltspunkt finden wrden. Wre ja noch schner, wenn die Herren Doktoren sich um die Spurensicherung kmmern mten.Er mute stark husten und fgte gleich hinzu: Sollten sich lieber um meinen Bronchialkatarrh kmmern, den ich bei diesem verdammten Nebel nicht los werde!Dann lehnte er sich im Sessel zurck und berflog die Personalien des Schuhfabrikanten James Duncan: 72 Jahre alt, verheiratet, Besitzer der grten Kohlenminen und der modernsten Kohlenverarbeitungsmaschinen. Der Mann ist vor allem in den letzten Jahrzehnten durch Brikettherstellung reich geworden. Und als er erkannte, da das Erdl und der elektrische Strom die althergebrachte Energieversorgung berholen wrden, da hat er schnell auf Schuhfabrikation umgestellt und wurde so zum grten Schuhlieferanten Englands.Constabler Smith warf sehnsuchtsvoll ein: Was gbe ich darum, wenn ich sein Sohn wre.Knurrte Chefinspektor Callon: Der gbe sicher was drum, wenn er einen Sohn htte. Von einem Seitensprung ist da wohl eine Tochter vorhanden. Aber aus den Akten geht nicht hervor, wie er mit ihr stand, und ob Sie einmal erbberechtigt sein wird.Das Telefon schrillte.Chefinspektor Callon hob ab und sein Gesicht wurde zusehends ernster: Aha, also so ist das natrlich, ich verstehe ja, gut in Ordnung Danke wir kommen selbst vorbei.Er legte auf und starrte gegen die Decke seines Bros.Constabler Smith verging vor Neugierde. Nachricht aus der Klinik?Callon nickte. Die haben tatschlich keine Spuren gefunden. Wir mssen in unserer Meldung an die Presse mitteilen, da er spurlos verschwunden ist. Ich denke, da ist Grund genug, da wir uns die Situation an Ort und Stelle selbst ansehen.Smith lchelte zufrieden. Dann gab er zu bedenken: Ich glaube, Chef, dieser Dr. Archibald Lovell hat gar nicht so unrecht.Wie meinen Sie das?Auch ich bin berzeugt, da hier bernatrliche Krfte die Hand im Spiel haben. Ich wei nicht warum, aber ich habe da so meine Intuition.Du lieber Himmel, sthnte Chefinspektor Callon. Smith! Verschonen Sie mich mit Ihren Gespenstergeschichten. Der Schlag soll mich auf der Stelle treffen, wenn etwas Okkultes an der Story dran ist.Er seufzte, erhob sich und langte mit der rechten Hand zur Schreibtischlampe, um sie auszuknipsen.Mit einem Aufschrei fuhr er zurck und starrte auf seine schmerzende Hand. Dann fluchte er: Verdammtes Elektrogert. Das kommt davon, wenn Scotland Yard die alten Lampen nicht austauscht. Der Knopf ist sicher nicht mehr in Ordnung:Constabler Smith meinte: Chef, ich wre vorsichtiger: Geheime Mchte haben Sie gewarnt.Was soll denn das nun wieder? fragte der Chefinspektor unwillig.Smith erklrte es ihm: Sie sagten, der Schlag solle Sie auf der Stelle treffen, wenn an der Geschichte etwas Okkultes dran wre. Und schon traf sie ein elektrischer Schlag.Callon machte eine wegwerfende Handbewegung und eilte aus dem Dienstzimmer. Aberglubischer Trottel!

*

Die Londoner Bedford-Klinik war von Polizei-Einsatzfahrzeugen umstellt. Eine Mannschaft hatte Absperrungsmanahmen getroffen. Im Inneren des Gebudes wimmelte es von Beamten des Scotland Yard. Zeitungsreporter, Pressefotografen und Vertreter des Fernsehens warteten in der Halle des Krankenhauses auf eine offizielle Stellungnahme der Behrden. In ganz England hatte sich die Kunde wie ein Lauffeuer verbreitet: der millionenschwere Fabrikant James Duncan war am hellichten Tag aus dem Krankenhaus verschwunden.Als Chefinspektor Callon mit einem Sonderfahrzeug in der Klinik eintraf, hatte er alle Hnde voll zu tun, um dem Ansturm der Reporter standzuhalten. Er lehnte jeden verbindlichen Kommentar ab und bahnte sich einen Weg zum Bro des Klinikchefs. Er trat ein und warf die Tr hinter sich zu, atmete tief durch und pustete: Endlich wieder der Pressemeute entronnen.Ivy Duncan hatte bisher starr im Sessel ausgeharrt. Jetzt erhob sie sich und streckte dem Chefinspektor die Hand entgegen: Inspektor, ich bin Mrs. Duncan. Knnen Sie mir etwas Genaueres ber sein Verschwinden sagen?Leider bin ich dazu augenblicklich noch nicht in der Lage, versicherte Callon.Hastig fragte Ivy Duncan: Wie gro ist die Chance, da er noch lebt?Erstaunt blickte der Chefinspektor der Frau in die dunklen Augen und antwortete: Wir wollen vorerst gar nicht daran denken, da er tot sein knnte. Wir suchen nach einem Lebenden.Es klopfte an der Tr. Eine Krankenschwester trat ein und lchelte dem Chefinspektor zu: Drauen wartet eine Mrs. Carol Summers. Sie ist Journalistin und hat eine dringende Angelegenheit diesen Fall betreffend mit Ihnen zu besprechen.Ivy Duncan fuhr hoch und bat: Inspektor, lassen Sie sich doch von der Presse nicht so bedrngen. Sprechen Sie nicht mit dieser Person. Bitte! Sie wird sicher nur Bses ber meinen Mann und mich erzhlen.Spontan fragte Chefinspektor Callon: Kennen Sie diese Frau?Leise kam die Antwort: Ich erzhle Ihnen das spter!Callon rusperte sich: Schwester, sagen Sie der Dame, da ich fr die Presse im Augenblick wirklich keine Zeit habe. Die Leute sollen noch ein wenig Geduld haben.Die Krankenschwester schttelte den Kopf: Sie will keine Fragen stellen, Inspektor. Sie behauptet, da Sie zu diesem Fall hier entscheidende Aussagen machen kann, die Ihnen bei der Aufklrung weiterhelfen werden.Callon schaute prfend zu Mrs. Duncan, dann wandte er sich ab und entschied: Also, gut! Ich komme!Er steuerte der Tr zu. Die Krankenschwester ffnete und fhrte ihn ber den Korridor in ein Sprechzimmer. Dort sa eine langhaarige, schlanke Frau und Chefarzt Dr. Archibald Lovell.Beide erhoben sich, als Callon den Raum betrat.Der Mediziner begann: Das ist Mrs. Carol Summers, von Beruf Journalistin. Sie will Ihnen etwas Dringendes mitteilen. Mir wollte sie es nicht anvertrauen.Callon lie sich in einem Fauteuil sinken und sah die hbsche Blondine herausfordernd an: Na, also, dann schieen Sie los mit Ihren Staatsgeheimnissen.Carol Summers schlug selbstsicher ihre Beine bereinander und meinte dann: Der Fall liegt fr mich klar auf der Hand. James Duncan, der millionenschwere Besitzer der grten britischen Schuhfabrik, Beteiligter an den bedeutendsten Kohlenbergwerken und Kohleverarbeitungsbetrieben des Landes, hat riesige Besitzungen und ein beachtliches Barvermgen. Er hat eine Frau, aber keine Kinder. Das heit: keine ehelichen Kinder. Es existiert nur eine uneheliche Tochter, die er allerdings ber alles liebt.Chefinspektor Callon fragte ungeduldig: Wrden Sie mir verraten, was diese Details mit dem augenblicklichen Verschwinden des Patienten zu tun haben?Sehr gern tue ich das!, triumphierte Carol Summers. Sie werden nicht wissen, da James Duncan vor gar nicht langer Zeit diese uneheliche Tochter als Alleinerbin eingesetzt hat. Seine Ehefrau erlitt einen Nervenzusammenbruch, als sie das erfuhr. Seit diesem Zeitpunkt hate sie diese uneheliche Tochter.Weiter, drngte Callon.Die Pointe kommt noch. Wer also ist am meisten daran interessiert, da ein verstorbener James Duncan verschwindet, damit sein Leichnam unauffindbar wird und daher die Behrde niemals seinen Tod offiziell feststellen kann? Natrlich Mrs. Ivy Duncan. Gibt es einen toten Mr. Duncan, dann verliert die Frau das Vermgen und alles fllt der unehelichen Tochter zu. Bleibt James Duncan unauffindbar, so mu man annehmen, da er lebt. Es kann daher keine Erbschaft zugeteilt werden.Der Chefinspektor pfiff durch die Zhne: Und Sie meinen, da die eigene Ehefrau ihren Mann aus dem Krankenhaus geholt hat.Carol Summers nickte: Ich nehme an, da er auf Grund seines Herzleidens starb. Die Leiche wurde dann entfhrt. Vielleicht sind sogar rzte in diesem Haus bestochen worden, um bei der ganzen Angelegenheit mitzuhelfen.Jetzt sprang Dr. Archibald Lovell emprt auf: Ich mchte doch sehr bitten, Mrs. Summers, sich in Ihren uerungen zurckzuhalten. Sonst mte ich von Ihnen in meinem Namen und im Namen meiner Kollegen vor Gericht Beweise fr Ihre haltlosen Anschuldigungen fordern!Chefinspektor Callon machte der Szene ein Ende, gebot Ruhe und sah die Journalistin ernst an: Sie sagen da sehr interessante, aber auch sehr schwerwiegende Dinge. Was berechtigt Sie dazu? Haben Sie Beweise?Sie lchelte berlegen und antwortete: Was brauche ich viel Beweise, Chefinspektor. Es wird Ihnen gengen, wenn ich Ihnen sage, wer ich bin.Und wer sind Sie?Carol Summers, die Tochter von James Duncan, Alleinerbin seines Vermgens.

*

Ausgestreckt und starr lag James Duncan auf dem Bett. Die Arme waren lngst nicht mehr angeschnallt.Von seinem Kopf, der Brust und dem Nacken fhrten zahllose Drhte zu den nebenstehenden Apparaturen, die auf Hochtouren arbeiteten.Die Krankenschwester sa vor einem Monitor und verfolgte jede Bewegung auf dem Bildschirm. Sie war seit ber einer Stunde allein mit dem reglosen Krper des Millionrs.Jh ging die Tre in der Wand auf. Der Doktor trat wieder ein: Etwas Besonderes vorgefallen?Sie schttelte den Kopf. Der Arzt setzte sich an ihre Seite. Gemeinsam starrten sie auf den Monitor. Er zeigte deutlich viele zarte weie Querlinien, zwischen denen ein Lichtpunkt hin und her hpfte.Betroffen murmelte der Doktor: Ich bin immer wieder fasziniert, wenn ich dem Delpasse-Experiment beiwohnen kann. Doch wir mssen mehr daraus machen.Er legte eine Pause ein und fragte dann: Ist alles korrekt verlaufen?Die Krankenschwester zog einen Notizblock heran und las ihrem Chef vor: Kaum, da Sie gegangen waren, wirkte die Schockinjektion. Der Krper leistete keinen Widerstand mehr. Herz, Atmung setzten aus. Gehirn und Intuition arbeiteten normal weiter. Nach einer weiteren halben Stunde entwickelte der klinisch tote Patient starke Gehirnaktivitten. Er schmiedete, wie ich aus den Monitoraufzeichnungen entnehmen konnte, Plne fr die Zeit, da er wieder gesund sein wrde. Nach weiteren 20 Minuten wurden diese Gedanken sichtlich unsicher. Das beweisen die Zick-Zack-Kurven auf dem Gehirnschreiber.Der Doktor sinnierte: Also auch bei ihm wieder der gleiche Fall: Die Gehirnttigkeit endete nicht mit dem krperlichen Tod des Menschen.Die Krankenschwester korrigierte ihn: Er ist ein Musterbeispiel fr unsere Experimente. James Duncan ist nunmehr mehrere Stunden tot. Schauen Sie auf den Monitor. Geist und Seele haben seinen Krper noch immer nicht restlos verlassen und arbeiten wie bei einem Lebenden. Er hat den Weg ins Jenseits noch gar nicht angetreten.Der Mediziner spttelte: Er wird doch nicht als Gespenst auf Erden bleiben wollen.Da sehen Sie nur!, rief die Schwester aus und deutete auf den Monitor. Hier war es ganz deutlich zu sehen: Die Wellen der Gedankenstrme, sowie die Impulse seines Seelenlebens wurden schwcher und schlugen nach oben aus. Die Ausschlge auf den Gerten wurden hektisch.Es ist soweit, murmelt der Doktor. Die Seele und der Geist haben sich endgltig mit dem irdischen Tod des Krpers abgefunden. Sie steigen aus der Hlle des Krpers und schwingen sich in die andere Welt empor. Schwester, Sie drfen Seele und Geist nicht aus den Augen verlieren. Verfolgen Sie die beiden bis ins Jenseits. Lassen Sie Geist und Seele dort eine Zeitlang ausharren, aber holen Sie mir beide wieder sicher zur Erde zurck.Mit ernstem Gesicht murmelte die Schwester: Es mu uns doch endlich gelingen, Geist und Seele nach dem Aufenthalt im Jenseits wieder in den toten Krper zurckzuholen, eine Einigkeit von Geist, Seele und Krper wiederherzustellen und den Menschen ins Leben zurckzurufen.Die Augen des Arztes leuchteten auf: Dann endlich werden wir erstmals einen glaubhaften Zeugen haben, der uns ber das Jenseits Bericht geben kann. Bisher war alles ja doch nur Vermutung. Was uns vorliegt, sind Erzhlungen von klinisch toten Menschen. Die sind fr mich nicht verbindlich. Wenn ich meinen Bericht der Welt vorlegen werde, mu er sich auf der Aussage eines wahrhaft Toten, den wir allein durch unsere wissenschaftlichen Forderungen ins Leben zurckgerufen haben, aufbauen.Im Monitor begann ein seltsames Summen. Dann verfrbten sich die beiden weien Linien dunkelrot.Es ist soweit, erklrte die Krankenschwester. Geist und Seele von James Duncan sind ins Jenseits eingetreten. Wir mssen abwarten, was uns James Duncan spter alles erzhlen wird.Der Doktor nickte und forderte die Schwester auf: Konzentrieren Sie sich. Lassen Sie die Linien nicht aus den Augen. Verfolgen Sie sie mit dem Peilstrahl. Und wenn sich die Schwingungen blau frben und zu zittern beginnen, mssen Sie Apparat GXC einschalten und Seele und Geist zur Rckkehr zur Erde zwingen.Beeindruckt drngten sich die beiden vor dem Monitor zusammen.Die Krankenschwester flsterte aufgeregt: Da, sehen Sie nur, Doktor, die Wesenheit James Duncans hat sich rasch im Jenseits zurechtgefunden. Die Impulse werden bereits blau. Hchste Zeit fr unseren Versuch.Mit aller Kraft bettigte sie einen Knopf. Ein Schwirren lag in der Luft. Der Apparat vibrierte. Die blulichen Linien auf dem Monitor begannen wie verrckt umherzutanzen. Sie fhrten immer kleinere Wellenlinien aus und waren schlielich ganz gerade und glatt.Jh begannen sie erneut im Zick-Zack auf und ab zu kurven.Verdammt, sie wehren sich gegen eine Zurckberufung aus dem Jenseits,, seufzte die Krankenschwester.Das Gert wurde ganz hei und begann zu glhen. Am Monitor wechselten in unheimlich rascher Folge die Farben Wei, Rot und Blau.Ich habe pltzlich keine Kraft mehr, das Gert zu bedienen, brllte die Schwester. Der Arzt warf sich mit dem Oberkrper und den beiden Hnden gegen das Gert.Endlich wurden die Schwingungen auf dem Monitor langsamer und regelmiger.Geschafft, murmelte der Arzt und schickte die Krankenschwester zum Bett des Toten. Sie setzte sich an den Krper-Kontrollapparat.Der Mediziner fragte: Temperatur des Toten?Rasch kamen die Antworten: 36,5 !Hautverfassung?Durch die knstliche Wrme keine Flecken.Nervenreaktionen?Nicht mehr vorhanden. Simulator ist auf Strke vier eingestellt, entsprechend dem Temperament des Verstorbenen.Aus dem Lautsprecher des Monitors heulte es auf. Doch es war erstmals kein technischer Lrm. Es waren Stimmen.Leise konstatierte die Krankenschwester: Geist und Seele kehren zurck. Jetzt mu es gelingen.Arzt und Schwester bedienten smtliche Knpfe und Hebel der Gerte am Bett.Dann brllte der Doktor: Jetzt!!!Zugleich schalteten sie ihre Gerte aus. Die Technik sollte bei der Rckkehr in den toten Krper fr Geist und Seele nicht vorhanden sein.Es war ganz still im Raum.Gespannt starrten Arzt und Assistentin auf den toten James Duncan. Sie warteten auf das geringste Lebenszeichen.Vergebens.Dafr aber vibrierte die Luft im Raum, wurde hei und verursachte seltsame Gerusche, die im Ohr wie das Schneiden von Metall klangen.Und dann drohte der Krankenschwester der Atem zu versagen. Die Luft wurde zum Schneiden dick. Sie rang nach Sauerstoff und prete sich beide Hnde gegen die Brust. Angstvoll starrte der Doktor zur Zimmerdecke. Sekunden spter schwoll ein heulender Ton zu unertrglicher Lautstrke an, flaute wieder ab und verwandelte sich in eine mchtige Stimme, die im Raum schwebte und von den Wnden widerhallte.Es war eindeutig die Stimme des verstorbenen James Duncan. Drohend lie sie sich vernehmen: Was habt Ihr mit mir gemacht? Ihr habt mich aus dem Jenseits zurckgezwungen. Mein Krper ist tot. Was soll ich hier?Ein unheimliches Heulen schwang von Wand zu Wand und verursachte einen Sturm.Dann fuhr die Stimme fort: Ich bin eine Seele mit Geist und Stimme. Sonst nichts. Der Weg ins Jenseits ist mir nicht mehr mglich. Die Rckkehr zur Erde ist mir ebenfalls versagt. Ich bleibe ein Sein im Zwischenreich. Ihr werdet das ben, denn es ist einzig und allein Eure Tat.Die Stimme verlor sich.Der Doktor murmelte: Verdammt, wieder miglckt. Dabei habe ich jahrelang an diesem Projekt gearbeitet. Vielleicht wird es beim nchsten Mal gelingen.Bleich starrte er aufs Bett hinber: Wir mssen den Toten wegschaffen.Die Krankenschwester klammerte sich an den Arzt und blickte ihn angstvoll an: Doktor, ich habe panische Angst. Jetzt sind es bereits vierzehn Stimmen, die uns verfolgen und uns das Leben zur Hlle machen werden. Ich wei nicht, ob ich das durchhalte. Sie werden uns eines Tages vernichten, ich wei es.Das Herz schnrte sich ihr zusammen. Sie begann lauthals zu schreien. Abrupt hrte sie auf und murmelte mit bebenden Lippen: Doktor, ich steige aus. Und wenn Sie mir noch soviel Geld bieten. Das war das letzte Experiment, das ich mitgemacht habe. Suchen Sie sich eine andere Assistentin.Du weit, was das bedeutet. Ich habe dich aus der Gosse herauf in die gute Gesellschaft geholt. Du kannst dir denken, was ich nun tun mu. Wenn du aussteigst, mut du sterben.Trocken antwortete sie: Es ist egal, ob Sie mich aus dem Weg rumen, oder ob mich die Stimmen der Verstorbenen zum Wahnsinn treiben.Er schrie vor Zorn auf, strzte sich auf die Schwester und klammerte seine Finger fest um ihren Hals.

*

Sie tun mir unrecht!, sagte Ivy Duncan mit zitternder und anklagender Stimme zu Chefinspektor Callon in dessen Bro von Scotland Yard.Callon klopfte mit den Fingerspitzen auf die Schreibtischplatte: Aber Sie mssen doch zugeben, da die Zusammenhnge mehr als verdchtig erscheinen.Scharf fragte Ivy Duncan: Was hat Ihnen Mrs. Carol Summers erzhlt? Ich habe ein Recht, das zu wissen!Gern, nickte Chefinspektor Callon. Sie behauptet, da Mr. James Duncan nicht Sie, seine Ehefrau, sondern Mrs. Summers zur Haupterbin seines Vermgens eingesetzt hat. Und daraus resultiert, da es Ihnen, Mrs. Duncan, nur angenehm sein knnte, wenn Ihr Gatte nicht gefunden wird, falls er wirklich tot sein sollte.Bla sa die Frau des Schuhfabrikanten da und stammelte: Ich wei nicht, was im Testament meines Mannes steht. Daher wrde ich bitten, da wir sofort zu Dr. Quant, unserem Rechtsanwalt, fahren und ihn um den Text des Testaments bitten. Er mu das in diesem Fall tun, auch wenn es noch nicht klar ist, ob mein Mann tot ist oder nicht.Chefinspektor Callon war einverstanden.Sie verlieen das Polizeigebude. Vor dem Portal stand Dr. Sam Donnels und verneigte sich vor Ivy Duncan: Ich habe mir gedacht, ich kmmere mich ein wenig um Sie. Ich habe heute meinen freien Tag. Wenn ich irgend etwas fr Sie tun knnte, wre ich glcklich.Das ist lieb, da Sie an mich denken. Mein Mann wrde das sicher sehr anerkennen. Es ist schn, in einer so schweren Stunde einen Menschen an seiner Seite zu haben. Begleiten Sie mich und Inspektor Callon doch zum Anwalt.Sie fuhren mit einem Polizeiauto und waren in wenigen Minuten beim Bro von Dr. Quant. Der Anwalt verabschiedete gerade einen Klienten und bat die Herrschaften in sein Zimmer. Er hrte sich das Anliegen von Chefinspektor Callon an und meinte dann seufzend: Gern tu ich es allerdings nicht. Was ist, wenn Mr. Duncan morgen bei mir auftaucht und meinen Vertrag mit mir kndigt? Wer ersetzt mir diesen Verlust?Er griff in seinen Aktenschrank und holte James Duncans Letzten Willen heraus. Er las den Text und meinte dann: Jetzt kann ich mich erst erinnern. Er hat da erst vor einigen Monaten eine seltsame Klausel eingefgt.Wie lautet sie?, wollte Ivy Duncan wissen.Dr. Quant las: Sollte mir jemals ein rtselhaftes oder ungeklrtes Ende zustoen, so wrden all mein Besitz und Geld meiner unehelichen Tochter Carol Summers zufallen, die in den letzten Jahren viel Unrecht erleiden mute.Chefinspektor Callon sprang hoch und fragte: Gibt es im Testament eine Stelle, die darauf hinweist, da bei einem normalen Tod des Millionrs auch Mrs. Summers erbt?Der Anwalt schttelte den Kopf: Nicht, da ich wte. Davon steht kein Wort drin.Callon wurde kalkwei: Dann hat das Biest also glattweg gelogen, und den Verdacht von sich auf Mrs. Ivy Duncan abgelenkt. Ich glaube, die Person mssen wir einmal genauer unter die Lupe nehmen.Sie bedankten sich und verlieen das Haus.Chefinspektor Callon entschuldigte sich bei Mrs. Duncan fr die Vernehmung und fr den ausgesprochenen Verdacht. Er hatte es pltzlich sehr eilig, ins Prsidium zu kommen. Mrs. Ivy Duncan und Dr. Sam Donnels nahmen sich ein Taxi.Whrend der Fahrt begann Dr. Donnels leise: Ich kenne mich in der ganzen Geschichte nicht recht aus. Aber ich habe den Eindruck, da Ihnen da jemand bse mitspielen mchte, Mrs. Duncan.Das kann man wohl sagen. Und darum, lieber Sammy, sage ich Ihnen: Ich mu das Geheimnis um das Verschwinden meines Mannes so rasch wie mglich klren.Dr. Donnels dachte ein wenig nach und begann dann: Ich knnte Ihnen dabei helfen.Sie schaute ihn fragend an. Er sprach weiter: Ich bin zwar noch nicht sehr lange in der Klinik, wie Sie wissen. Doch ich kenne mich in dem Haus schon recht gut aus. Und deshalb mchte ich Wetten, da es irgendwo geheime Tren und Rume gibt. Man htte den schwachen und sterbenden Mr. Duncan kaum aus dem Haus schaffen knnen, ohne da es jemand bemerkt htte.Sie haben recht, entgegnete Mrs. Duncan.Dr. Donnels war voller Eifer: Wir treffen uns in den nchsten Tagen in der Klinik und durchsuchen das ganze Gebude, vor allem in den unterirdischen Geschossen. Wer wei, vielleicht finden wir Ihren Mann dort.Ivy Duncan sah den jungen Arzt verwirrt an: Sie wollen das wirklich tun? Aber ich habe Angst davor. Sie wissen: Ich habe ein schwaches Herz. Und ich wrde vielleicht schon vor Aufregung sterben, wenn wir nur durch das Haus schleichen und uns umsehen.Keine Sorge. Da sichere ich Sie schon ab, wandte Dr. Donnels ein. Sagen wir: Treffen wir uns bermorgen in meinem rztezimmer in der Bedford-Klinik.Sie nickte und hatte dabei das dumpfe Gefhl, da sie einer unheilvollen Expedition entgegenging.

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Die Schritte der Besucher hallten durch die Hallen des Louvres in Paris.Dr. Leon Duvaleux, Direktor des Parapsychologic Department, schlenderte mit einem Kollegen der Interpol Brssel durch eine der Gemldegalerien. Vor einem Bild, das mit dem Titel Mutter versehen war, blieben sie stehen. Dr. Duvaleux sah gar nicht hin. Er kannte die ausgestellten Werke bereits sehr genau. Doch sein Gast starrte empor und flsterte: Diese frappante hnlichkeit mit Ihrer Mutter, Monsieur Duvaleux.Dr. Duvaleux begann zu lachen: Also, das ist mir noch nie aufgefallen. Das ist doch ein ganz anderer Typ von Frau.Er sprach nicht weiter. Er schaute auf das Werk vor sich und mute zugeben: Das Gesicht war anders als sonst. Es sah nicht nur dem seiner Mutter hnlich; es war das Antlitz seiner Mutter.Ehe er etwas dazu sagen konnte, bewegten sich die Lippen auf dem Bild. Und die Stimme sagte: Ich sitze zu Hause, mein lieber Leon. Aber ich habe etwas so Wichtiges, da ich es dir sofort mitteilen mu. Ich finde, dies hier ist wohl die beste Gelegenheit, mit dir auf telepathischem Weg zu reden.Dr. Leon Duvaleux trat ans Bild heran und fragte, indem er sich auf seine Mutter in der Rue de Garvens konzentrierte: Was ist passiert?Sie sagte leise: Gut, da du Joe Baxter und seine beiden Assistentinnen schon nach London gesandt hast. Es war richtig, da sie noch nicht eingegriffen haben. Das Verschwinden eines Millionrs aus einem Krankenhaus ist und wenn es unter noch so mysterisen Umstnden geschieht noch kein Grund fr das Parapsychologic Department, die Arbeit aufzunehmen. Doch meine Karten sagen mir soeben, da sich die Situation zuspitzt. Noch heute wird der Fall in der Bedford-Klinik okkulten Charakter erhalten. Es werden sich vierzehn Wesen aus einer anderen Welt melden.

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Skalpell!, forderte Dr. Archibald Lovell rasch und sicher und streckte seine Hand nach dem Operationsinstrument aus. Sofort reichte ihm die Operationsschwester das Gewnschte.Pinzette!Wieder das gleiche forsche Bitten, die gleiche Geste.Tupfer !Die Operation lief wie am Schnrchen ab. Dr. Lovell war Experte fr Herzklappeneingriffe.Konzentriert das ernste Gesicht hinter der Arztmaske verborgen arbeitete der Chirurg an seinem Patienten. Die geffnete Stelle im Brustkorb des Kranken klaffte weit auseinander und war rundum mit Operationstchern abgedeckt.Pltzlich hielt Dr. Lovell in seinen gewohnten Handgriffen inne. Etwas war anders im Operationssaal als sonst. Der Chirurg blickte auf und sah sich um.Und dann zuckten alle rundum zusammen.ber ihnen schwebte eine Stimme, die deutlich rief: Zittere nicht wieder, Doktor Lovell, wie du es vor einem Monat bei mir gemacht hast!Atemberaubende Stille.Dann klang die Stimme weiter: Ich bin die Wesenheit von Peter Zambrovsky. Kannst du dich an mich erinnern? Herzkrank. Operation durch Dr. Lovell. Vier Tage nach dem Eingriff bin ich gestorben. Wre ich im Jenseits, wrde ich dir deinen Kunstfehler lngst verziehen haben. Denn das erste Gebot im Jenseits ist das Verzeihen irdischer Verfehlungen. Aber hier in der Klinik gibt es einen unruhigen Geist, der die Toten nicht ruhen lassen will und der sie aus dem Jenseits zurckholen mchte, um zu erfahren, wie es dort aussieht.Das Skalpell des Chirurgen zitterte in seiner Hand.Die unheimliche Stimme brachte ihn aus der Fassung. Er konnte sich sehr wohl an den Fall Peter Zambrovsky erinnern. Ein verdammtes Pech.Dr. Archibald Lovell wandte sich seinen Kollegen und den Schwestern zu. Wer unter Euch hat sich diesen Trick ausgedacht, um mich bei der Operation zu stren?Ein schallendes Gelchter hallte von den Wnden wider und brach sich klirrend direkt ber der OP-Lampe. Dann summte eine Stimme in den Ohren des Arztes: Das ist kein Trick, Dr. Lovell. Ich Peter Zambrovsky bin es wirklich. Mein Krper verwest hier irgendwo in den Kellern der Klinik. Aber meine Stimme und meine Seele werden vom Jenseits gewaltsam ferngehalten. Und an unserem tragischen Zustand ist ein Arzt Eurer Klinik schuld, Dr. Archibald Lovell. Hast du jetzt verstanden? Aber wir werden uns rchen und alle bestrafen, die an unserem Schicksal mit schuld sind. Ich, Dr. Lovell, wollte mich als erster bei dir melden, weil ich in erster Linie dir meinen Tod und mein Hiersein verdanke.Dicke Schweitropfen zeichneten sich auf der Stirn des Klinikchefs ab. Er war nicht mehr fhig, das Skalpell zu halten. Auch die anderen standen unter der Einwirkung eines tiefen Schocks. Dr. Lovell war am Ende seiner Krfte, daher reichte er seinem ersten Assistenten das Messer: Machen Sie weiter, Doktor, bevor der Mann hier stirbt. Ich kann nicht mehr.Der Chirurg durchquerte den OP, drckte die Tr auf, wankte ber den Korridor wie ein Betrunkener und ffnete schlielich die Tr zu seinem Bro. Er hatte ganz vergessen, die Handschuhe sowie den Operationsmantel und die Arztmaske abzulegen. Er stand da und zitterte am ganzen Krper.Da hrte er jemand auf dem Korridor vor der Tr. Es waren Schritte. Die Trklinke senkte sich und die Tr sprang auf.Ich will allein sein! Wer ist ? Dr. Lovell blieb die Frage in der Kehle stecken. Da stand niemand in der Tr. Nur eine Stimme schnarrte: Bin ich hier richtig bei Dr. Lovell, dem Chef der Klinik? Mein Name ist Charles Wonder. Ich wre in dieser Klinik gern in Ruhe gestorben. Doch ich wurde um Stunden verfrht ins Jenseits befrdert. Mit einer Schock-Injektion. Wenn ich dann im Jenseits htte verbleiben knnen, so wre dies ja noch verzeihbar gewesen. Doch man hat mich wieder zur Erde zurckgeholt. Und jetzt bin ich da: eine Vereinigung von Geist und Seele ohne Krper, aber mit der Mglichkeit zu sprechen.Dr. Lovell war zur Wand zurckgewichen. Er murmelte: Was wollt Ihr alle von mir? Was habe ich Euch getan? Seit wann kann man die Stimmen von Toten hren?Ein hhnisches Lachen war die Antwort.Dann fiel die Tre zu.Dr. Archibald Lovell war am Ende seiner Nervenkraft. Er wimmerte wie ein gejagtes Tier, ri sich Handschuhe, Arztkittel und Maske herunter und lie alles liegen. Dann strzte er zur Tr hinaus. Mit raschen Schritten eilte er den Korridor entlang. Einige Schwestern blickten ihm erstaunt nach. Er war so anders als sonst.Kaum bog er um die Ecke, da prallte wieder die Stimme einer unsichtbaren Gestalt auf ihn zu: Dr. Lovell, wie schn, da ich Sie hier treffe. Ich bin James Duncan, der verschwundene Millionr. Das heit: Ich bin sein Geist und seine Stimme. Mehr ist nicht mehr vorhanden. Ich wei, wer mich aus meinem Krankenzimmer entfhrt und wer mit mir ein makabres Experiment angestellt hat. Dr. Lovell dieser Schuldige wird bald eines grausamen Todes sterben.Dr. Lovell hielt sich die Ohren zu und lief zum Ausgang der Klinik. Dabei brllte er, so laut er konnte: Nein, nein, nein! Lat mich doch in Frieden. Ich will Eure Stimmen nicht hren. Verschwindet wieder. Ich ertrage Euch nicht.Als er in die Vorhalle der Klinik kam, klangen aus allen Ecken unheimliche Stimmen.Dr. Lovell, hier bin ich hren Sie mir doch zu!Hallo, Dr. Lovell, wollen Sie nicht auch die Stimme einer toten Frau hren?Doktor, meine Stimme soll Sie bis ins Bett verfolgen.Aufhren, aufhren! Warum hilft mir denn niemand? keuchte der Chirurg, passierte die Portierloge seiner Klinik und rannte auf den Parkplatz. Keuchend und vollkommen auer Atem lie er sich hinter das Steuer seines Wagens fallen. Wie in Trance startete er und fuhr weg.Er raste auf der Strae dahin und wute nicht, wohin er eigentlich wollte. Nur fort von der Klinik.Instinktiv griff er mit der Hand zum Autoradio, um sich durch Musik ablenken zu lassen.Erstarrt trat er auf die Bremse. Es ertnte keine Musik, auch nicht die Stimme eines Sprechers.Es war eine Stimme aus der anderen Welt, die ihn auch auf der Fahrt verfolgte: Hallo, Doktor Lovell, warum fliehen Sie vor uns? Kein Grund zur Aufregung. Ich will mich vorstellen: Mein Name ist Conrad Battles. Ich war auch einer von jenen, die in Ihrer Klinik starben und dann verschwanden. Nur bei mir gab es kein Aufsehen wie bei Mr. Duncan. Klar: Ich war ja auch nur ein armer Teufel und kein Millionr.Dr. Lovell rang nach Luft: Ich habe nie gewut, da in meiner Klinik Menschen verschwinden.O doch! hallte die Stimme durch das: fahrende Auto: Sie haben es gewut und sogar sehr gern gesehen. Denn als gutbezahlter Arzt muten Sie ja auf Ihren Ruf bedacht sein. Und der Ruf eines Klinikchefs ist um so besser, je weniger Patienten bei ihm als verstorben gemeldet werden. Also muten einfach Tote, bei denen keine Komplikationen zu erwarten waren, verschwinden.Dr. Archibald Lovell brllte immer wieder vor sich hin: Lat mich doch in Frieden! Ich ertrage Euch nicht.Er hatte jegliches Gefhl fr Geschwindigkeit verloren. In der nchsten Linkskurve verlor er die Herrschaft ber den Wagen. Er war nicht mehr Herr seiner Sinne, sein Wagen kam von der Strae ab und prallte an einen Baum.Dr. Lovell hatte Glck. Er wurde in weitem Bogen aus dem Fahrzeug geworfen und landete in einem Acker. Er war bewutlos, kam aber nach wenigen Minuten wieder zu sich. Als er die Flammen des brennenden Wagens sah, schrie er: Ich mchte sterben. Die Stimmen der Toten sind schlimmer als jede Krankheit.Er schrie immer noch als ihn schon Rettungsmnner am Unfallort in eine Zwangsjacke steckten. Er tobte noch Stunden spter in seiner Gummizelle und bedrohte jeden, der in seine Nhe kam.

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Der Schreibtisch sah aus, als wre der Besitzer eben aufgestanden. berall lag kriminalistische Fachliteratur gestapelt. Ein romantisches Zimmer mit offenem Kamin, Pantoffeln und einem gemtlichen Ohrensessel.Joe Baxter betrachtete alles genlich und meinte dann vertrumt: Das also ist das Arbeitszimmer des berhmten Sherlock Holmes!Sehr wohl, Mr. Baxter! nickte der Brite im grauen Anzug, der die drei Besucher vom Parapsychologic Department durchs Haus fhrte.Viola Oggi kicherte: Der hatte es noch einfach beim Lsen seiner Krimiflle. Der mute noch nicht auf okkulte Wahrnehmungen Rcksicht nehmen.Ernst meinte der Museumsfhrer: Da mu ich Mrs. Oggi widersprechen. Gerade Sherlock Holmes war bekannt dafr, da er seiner Zeit voraus war und sich schon damals mit bersinnlichen Phnomenen befate.Baxter lchelte still vor sich hin. Dann sah er Olga Dussowa und Viola Oggi an: Ich als geborener Englnder darf ja sagen, was ich mir denke: Was sind wir Briten doch fr berhebliche Menschen! Wir zeigen das Zimmer eines Mannes her, der nie existiert hat. Mehr noch: Wir erzhlen von Eigenschaften, die er niemals haben konnte.Olga Dussowa fragte mit ihrer leicht rauchigen Stimme und warf dabei die langen schwarzen Haare auf den Rcken: Was meinst du damit, Joe?Baxter lachte: Nun ja, dieser berhmte Sherlock Holmes war doch nichts anderes als die Romanfigur von Sir Arthur Conan Doyle. Aber sie wurde so populr, da wir Briten sie einfach nachtrglich zum Leben erweckt haben.Ich bitte Sie, Sir!, rief der Museumsfhrer emprt aus. Warum muten Sie der Dame die Illusion rauben?Baxter antwortete: Die Dame hat keine Illusionen mehr, seitdem sie beim Parapsychologic Department arbeitet.Viola Oggi ghnte: Joe, ich bin mde und habe Hunger. Wir sollten ins Hotel zurckfahren.Joe Baxter wollte etwas sagen. Doch da sprte er Impulse in seinem Hinterkopf.Der Chef, sagte er, machte kehrt, eilte ins Zimmer des Detektivs Sherlock Holmes und lie sich in dessen Denkersessel niedersinken. Leise sagte er: Ich mchte testen, ob man hier wirklich so herrlich arbeiten kann.Sprach's und fhlte bereits die ersten Gedankenblitze aus Paris, die sich ihm auf telepathischem Weg bermittelten.Hallo, Baxter, wo befinden Sie sich gerade?Ich bin in der Bude des seligen Sherlock Holmes!Bravo, Sie studieren Kriminalgeschichte. Dafr drfen Sie dem Parapsychologic Department die Kosten fr die Fhrung durch das Haus verrechnen.Zu gtig, Dr. Duvaleux, aber ich nehme nicht an, da Sie mich deswegen aus Paris anpeilen. Was gibt's?Es ist soweit, Baxter. Die Affre mit dem verschwundenen Millionr James Duncan hat sich ausgeweitet. Frher gab es keinen Grund fr uns, einzugreifen. Noch war kein Beweis fr bernatrliches Krftewirken vorhanden. Jetzt hat sich die Situation verndert.Was ist denn passiert?, erkundigte sich Baxter neugierig.Dr. Duvaleux antwortete: Wir haben es gerade von Scotland Yard per Fernschreiber mitgeteilt bekommen. Morgen wird es vermutlich in allen Londoner Zeitungen stehen: Die Bedford-Klinik ist zu einem Haus der Toten geworden. Da tauchen Geisterstimmen von verstorbenen Patienten auf. Und zwar whrend der Operation und in den rztezimmern. Die Sache ist dem Krankenhauspersonal ebenso wie den Kranken unheimlich. Jetzt gehrt der Fall uns, Baxter. Ich vertraue auf Sie und hoffe, da Sie die Angelegenheit lsen knnen.Ich werde mir Mhe geben, Chef. Ich bin ja nicht allein. Habe doch meine beiden Assistentinnen bei mir. Olga und Viola werden mir schon tatkrftig helfen, hinter das Geheimnis der Toten zu kommen.Baxter, fuhr Dr. Duvaleux eindringlich fort. Diese Stimmen haben den Chefarzt der Klinik irrenhausreif gemacht. Er ist im Augenblick in der Klapsmhle. Schaut Euch den vielleicht einmal an, ehe Ihr Euch im Krankenhaus umseht.Okay, nickte Baxter, um dann zu sptteln: Ich kombiniere: Es knnten auch noch weitere rzte der Klinik ins Irrenhaus eingeliefert werden.

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Chefinspektor Callon wirkte etwas verrgert, als er sich von seinem breiten Schreibtisch im Gebude von Scotland Yard erhob und seinem Besuch entgegeneilte. Er streckte Joe Baxter die Hand hin und verneigte sich vor Viola Oggi und Olga Dussowa. Dann bat er die drei, Platz zu nehmen und lie sich wieder in seinen Sessel zurckfallen.Ich freue mich auerordentlich, Mr. Baxter, da wir einander wieder einmal begegnen. Der Anla allerdings ist fr mich recht befremdend. Ich habe gehrt, da Sie von hherer Dienststelle angefordert wurden?Joe Baxter nickte: Ich glaube aber doch mit Recht. Der Fall liegt doch klar auf der Hand.Chefinspektor Callon wurde krebsrot im Gesicht und fauchte: Erstens ist es mein Fall, und zweitens liegt fr das Parapsychologic Department nicht die geringste Veranlassung vor, der Anforderung nachzukommen.Da staune ich aber, lchelte Joe Baxter. Immerhin versetzen Stimmen aus dem Jenseits rzte und Patienten in Panik.Die Faust von Chefinspektor Callon sauste auf den Schreibtisch herber: Stimmen aus dem Jenseits, wenn ich so was schon hre! Weil ein Arzt berschnappt und in die Klapsmhle gebracht wird, mssen doch noch lange keine bernatrlichen Krfte am Werk sein. Und sofort ist das Parapsychologic Department zur Stelle! Meine Herrschaften, Ihr mt wenig zu tun haben, wenn Ihr berall Eure Nase hineinstecken knnt.Joe Baxter, Viola Oggi und Olga Dussowa erhoben sich. Viola zuckte mit ihren Schultern und seufzte: Und ich glaubte, alle Briten seien so hfliche Menschen, Joe. Jetzt wei ich, da du ein Ausnahme-Exemplar bist.Die Worte trafen Chefinspektor Callon hart. Er fate sich wieder und stammelte einige Entschuldigungen: Dieser spontane Gefhlsausbruch tut mir leid, meine Damen. Das sollte keine Spitze gegen Sie sein. Ich rgere mich nur ber meine vorgesetzte Dienststelle.Baxter trat an den Chefinspektor heran und klopfte ihm auf die Schulter: Da wir nun aber schon einmal da sind, mssen wir miteinander auskommen. Ich schlage vor, wir sehen uns einmal diesen Dr. Archibald Lovell in der Nervenklinik an.Das ist fr meine Ermittlungen nicht wichtig, entgegnete der Chefinspektor: Lassen Sie sich durch mich nicht aufhalten. Aber Sie drfen von mir nicht verlangen, da ich mit Geisterjgern zusammenarbeite.Er lie Baxter und seine Assistentinnen stehen und rannte aus dem Zimmer.Kaum war er fort, wurde die Tr aufgerissen. Constabler Smith stand verwirrt da und fragte nach seinem Chef. Baxter erklrte: Der wird gleich wieder da sein. Aber, Constabler, Sie sind so bla: Ist etwas Ungewhnliches passiert?Smith nickte: Ich habe soeben eine Nachricht aus der Bedford-Klinik. Im groen Hrsaal steht hinter dem Rednerpult ein unsichtbares Wesen und hlt ein Referat ber die Entwicklung der Schuhindustrie in Grobritannien. Die Leute haben Angst und wissen nicht, was das zu bedeuten hat. Sie sagen, es sei die Stimme des verschwundenen Schuhmillionrs James Duncan.Baxter befahl schnell: Ich fahre mit Viola in die Nervenklinik. Du, Olga, lt dich von einem Taxi ins Bedford-Krankenhaus bringen. Halte Augen und Ohren offen. Wenn ntig, schleiche dich in einer Verkleidung ein.

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Die Schritte Joe Baxters, Viola Oggis und des Krankenwrters hallten ber den Gang, der zu den Zellen der Patienten fhrte.Wie geht es Dr. Archibald Lovell? erkundigte sich der Hauptkommissar des Parapsychologic Department.Der Wrter machte ein langes Gesicht: Meine Gte, wie es eben allen geht, die bei uns eingeliefert werden. Er tobt und schreit, bittet um Hilfe. Er it nichts und trinkt kaum etwas. Seit einer Stunde brllt er in einem fort, da man ihm sein Gesicht gestohlen hat. Ich denke mir: So ein berhmter Chirurg, der so viele Menschen unter dem Messer hatte, kann eben leicht durchdrehen.Sie standen vor der Tr Nr. 85.Der Krankenwrter sperrte auf: Nehmen Sie sich in acht!Er zog die Tr auf. Sie traten ein. In einer Ecke vor einem Tisch sa ein hochgewachsener Mann und blickte aus wssrigen Augen herber.Himmel, um alles in der Welt!, stie der Krankenwrter erschrocken hervor und deutete auf den Patienten. Dabei wechselte er seine Gesichtsfarbe und taumelte zurck.Was ist denn geschehen?, wollte Baxter wissen.Mit nahezu tonloser Stimme antwortete der Krankenpfleger: Das dort ist nicht Dr. Archibald Lovell. Das ist ein anderer als der, der bei uns eingeliefert wurde.Vielleicht haben Sie sich in der Tr geirrt!Ausgeschlossen. Es ist seine Gestalt und seine Kleidung. Aber er ist es nicht.Aus der Ecke, in der der Kranke sa, kam ein lautes Rcheln: Der Patient erhob sich und kam langsam herangeschlurft. Er blickte Baxter traurig an: Man hat mir mein Gesicht gestohlen. Niemand will mir glauben. Aber ich bin Dr. Lovell. Ich kann es beschwren. Bei meiner Ehre. Ich bin Dr. Lovell.Baxter drngte den verzweifelten und vllig zerrtteten Menschen in die Ecke, drckte ihn sanft aufs Bett und setzte sich zu ihm. Dann fragte er klar und deutlich: Sie sind Dr. Lovell?Ja, natrlich!Warum sind Sie hier, Doktor?Ich habe die Nerven verloren, weil mich die Stimmen toter Patienten verfolgten. Aber ich bin auch hier nicht sicher. Sie kommen auch hierher. Durch die Wnde, durch die Decke und den Fuboden. Sie wollen mich vernichten.Hart sagte Baxter: Ich glaube Ihnen nicht, da Sie Dr. Lovell sind. Sie sehen nicht so aus wie er. Wer hat Ihnen Ihr Gesicht gestohlen?Das waren auch die Stimmen. Sie kamen und lachten mich aus. Sie sagten, sie htten einen Vertrag mit einem Feind geschlossen. Und sie htten ihm vorbergehend mein Gesicht versprochen. Der andere wrde das Gesicht dringend brauchen. Wenn ich einwillige, dann htte ich fr immer Ruhe vor den Stimmen.Wie ging's dann weiter?Ich weigerte mich. Da sind die unsichtbaren Stimmen ber mich hergefallen. Ich habe zwar keinen Schmerz versprt, aber pltzlich war mein Gesicht so gefhllos und leer. Und als die Stimmen weg waren, da wankte ich zum Spiegel und erkannte, da ich ein fremdes Gesicht bekommen hatte.Er erhob sich vom Bett und ging im Raum hin und her.Der Krankenwrter rusperte sich: Also, wenn Sie mich fragen, meine Herren, so kann es das einfach nicht geben. Ein Gesicht kann man nicht stehlen. Jemand mu geholfen haben, Dr. Lovell aus der Nervenheilanstalt zu schmuggeln. Man hat uns dann diesen Menschen dagelassen und ihn beauftragt, uns die Geschichte mit dem gestohlenen Gesicht zu erzhlen.Der Patient schrie verzweifelt auf und fiel vor dem Wrter in die Knie: Sagen Sie nicht so schreckliche Dinge, guter Mann. Ich bin Dr. Lovell und wrde alles opfern, wenn ich nur mein Gesicht wieder haben knnte.Baxter glaubte ihm. Er wandte sich an den Krankenwrter: Testen Sie den Patienten!Wie kann ich das?Schlagen Sie ihm krftig ins Gesicht!Zgernd trat der Krankenwrter an den Mann heran, hob die Hand, holte aus und schlug zu.Er traf ins Nichts und fiel durch den Schwung, den er in einem leeren Raum vollzogen hatte, der Lnge nach auf den Boden hin. Vor Schreck erstarrt blieb er zuerst liegen. Dann raffte er sich auf und sah Baxter ngstlich an. Das war unheimlich. Ich werde diesen Schlag niemals vergessen. Ich habe deutlich das Gesicht gesehen. Doch als ich ihn schlug, war da nichts. Der Mann hat nur ein imaginres Gesicht.Dann lief er fort.Baxter wandte sich an Dr. Lovell: Ich glaube Ihnen zwar ihre Geschichte, doch ich mchte die genauen Hintergrnde kennen. Dazu mu ich eine Blitzsitzung abhalten und Kontakt mit einer von diesen Totenstimmen aufnehmen. Legen Sie sich bitte aufs Bett.Viola Oggi wute Bescheid. Sie rckte einen Sessel heran und ergriff Dr. Lovells Hand.Baxter stellte sich vor den Liegenden, legte ihm die Handflchen auf die Stirn und sprach auf ihn ein: Dr. Archibald Lovell, Sie sind sehr mde. Sie schlafen sofort ein und entspannen sich Sie entspannen sich und denken nur an schne Dinge.Es dauerte wenige Minuten und Dr. Lovell lag in friedlichem Schlummer da. Baxter sah Viola an: Er ist diese Prozedur sicher nicht gewhnt. Gib ihm von deiner Kraft einiges ab.Sie nickte: Ich werde ihn entlasten und vielleicht auch fr ihn sprechen.Jetzt war es soweit.Baxter starrte auf die gesenkten Augenlider des Arztes: Stimmen haben dich verfolgt. Was waren das fr Stimmen?Dr. Lovell sthnte und ffnete die Lippen. Doch seine tiefe Stimme kam aus Violas Mund: Es sind Stimmen von verstorbenen Patienten aus meiner Klinik. Sie sind aus dem Jenseits wiedergekehrt und mit ihrem Geist und ihrer Seele vereinigt.Warum sind diese Stimmen aus dem Jenseits zurckgekehrt? Das mu doch einen Grund haben.Die Antwort kam spontan: Durch ein Experiment in meiner Klinik sind sie daran gehindert worden, im Jenseits zu bleiben. Nun befinden sie sich in einer Zwischenwelt und haben nur das eine Ziel ins Jenseits aufgenommen zu werden.Mit wem haben sich die Toten auf Erden verbndet?Es gibt da einen Arzt in meiner Klinik, den die Hauptschuld trifft, da die Patienten nach ihrem Tod nicht im Jenseits bleiben durften. Mit diesem Arzt haben sie den Vertrag geschlossen.Was ist das fr ein Arzt?Er wird zwar keine Experimente in der Klinik vornehmen, aber dafr werden sie ihm auf andere Weise helfen, sein Ziel zu erreichen: nmlich berhmt zu werden.Weshalb haben Ihnen diese Totenstimmen Ihr Gesicht weggenommen? Wozu braucht ein Toter das Gesicht eines Lebendigen?Ich wei es nicht. Ich habe Angst, weil alle glauben werden, ich sei der Schuldige.Baxter setzte zur letzten Frage an: Dr. Lovell: Was sind das fr Experimente, die in Ihrer Klinik durchgefhrt wurden?Ein Schrei war die Antwort. Ich habe Angst ich habe entsetzliche Angst helft mir.Eigentlich wollte Baxter Schlu machen, doch da kam ihm eine neue Idee, und er rief: Dr. Lovell: Sind Sie der Arzt, der diese Experimente durchgefhrt hat und nun dafr ben mu.Ich habe Angst.Baxter erkannte, da er aufgeben mute. Dr. Lovell war mit der Blitzsitzung berfordert worden.Joe Baxter htte den Klinik-Chef noch gern ber die Patienten befragt, deren Stimmen ihn jetzt verfolgten. Doch er htte vermutlich keine Antwort mehr darauf gegeben.Minuten spter verlieen Baxter und Viola die Nervenheilanstalt.Was denkst du ber die Angelegenheit?Baxter wandte sich ihr zu: Ich kenne mich im Augenblick noch nicht recht aus. Aber irgendwie habe ich das Gefhl, da wir die Sache bald in den Griff bekommen werden.Was hltst du von Dr. Lovell?Ich glaube, da er mehr wei, als er zugibt. Als Chef der Klinik, in der sich derartige Dinge abspielten, ist er eine der Zentralfiguren. Er kann mir nicht weismachen, da er keine Ahnung hatte, was fr Experimente im Krankenhaus durchgefhrt wurden. Es ist obendrein eine Lge, wenn er behauptet, da er nichts vom Verschwinden verstorbener Patienten wute.Viola blieb jh stehen: Aber denk doch an die Sitzung, Joe. Da trat doch deutlich zutage, da er nichts als Angst hat und kaum etwas von all den Vorkommnissen wei.Stell dir vor, dieser Dr. Lovell sei ein sensitiv beraus stark begabter Mensch, vielleicht sogar ein Mann mit magischen Eigenschaften. Er knnte sich dann fr eine Sitzung verstellen.Und die Geschichte mit dem gestohlenen Gesicht? knnte natrlich auch mit einigem bersinnlichen Geschick fr uns konstruiert sein, um uns irre zu fhren!

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Olga Dussowa stieg aus dem kleinen Mietwagen, mit dem sie zur Bedford-Klinik gefahren war. Sie sollte ja standesgem vorfahren. Und da sie vorhatte, sich als Reinemachefrau in das Krankenhaus einzuschleusen, htte man ihr einen sndteuren Sportwagen kaum geglaubt.In einfacher Kleidung schritt Olga zur Portiersloge und fragte nach dem Bro des Personalchefs. Der Mann wies ihr mrrisch den Weg. Das Abenteuer begann.Minuten spter klopfte Olga an die Tr.Sie wartete das Herein! gar nicht erst ab und stand vor einer herben, drren Frau mit rotgefrbten Haaren. Sie sah die junge Person vor sich mit giftigen Blicken an und fragte barsch: Sie kommen auf unser Inserat?Olga nickte.Dann kennen Sie ja bereits unsere Zahlungs- und Arbeitsbedingungen! herrschte die Rothaarige Olga an.Die vermeintliche Reinemachefrau nickte abermals: Ich bin einverstanden!Papiere!, forderte die Frau.Olga reichte ihr ihren Pa sowie ihre brigen Dokumente. Sie mute jetzt blitzschnell ihr Gegenber mit Suggestivstrahlen anpeilen. Die Rothaarige durfte nicht lesen, was wirklich in den Papieren geschrieben stand.Konzentriert starrte Olga auf den Kopf der Frau hinter dem Schreibtisch und suggerierte ihr alles ein, was sie lesen mute.Die Personalchefin las: Branka Stinno, geboren in Belgrad.Fremdarbeiterin? erkundigte sich die Rothaarige.Olga nickte. Die andere las weiter und schien mit allem recht zufrieden zu sein. Sie lehnte sich zurck, musterte Olga und sagte dann: Sie sind aufgenommen. Wann wollen Sie mit Ihrer Arbeit beginnen?Olga berlegte nicht lang: Am besten sofort.Gut, dann holen Sie sich aus den Arbeitsrumen Kbel, Brste, Tcher und Scheuermittel. Beginnen Sie, die Brozimmer der rzte sauberzumachen.Olga nickte: Danke!Dann verlie sie das Zimmer.Kaum war die Tr ins Schlo gefallen, du rckte die Rothaarige zum Telefon heran und whlte eine Nummer. Gelangweilt sagte sie: Endlich haben wir eine neue Reinemachefrau fr Spezialaufgaben. Sie sieht ganz gut aus. Also, wenn ich die wre, mit ihrem Alter und ihrer Figur ich wrde mir mein Geld anderswo verdienen.

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Es war finster im Arbeitsmagazin des Krankenhauses. Es roch nach Moder. Olga mute ihren Ekel berwinden. Dann schnappte sie sich die ntigen Werkzeuge und schlurfte mit Eimer und Besen ber die Korridore zu den rztezimmern.Sie kam an einer Treppe vorbei, die in die Kellergeschosse fhrte. Olga blieb stehen, blickte sich um und eilte dann abwrts. Sie wollte sehen, wohin man da kam. Schlielich war es ihre vordringlichste Aufgabe, herauszukriegen, wo sich in der Klinik die geheimen Laborrume befanden. Vielleicht war hier der verschwundene Millionr James Duncan versteckt.Seltsam war, da in dieser modernen Klinik die Korridore der Keller nicht beleuchtet waren. Olga stolperte nach vorn und ffnete einige Tren. Da waren der Heizraum, die Waschkche, ein Gymnastikzimmer und eine Schwimmhalle. Der Gang war zu Ende. Rechts gelangte man zu weiteren Tren. Olga lief weiter. Und da machte sie eine interessante Entdeckung. Smtliche Eingnge zu den brigen Rumen waren aus Metall und verschlossen.Olga Dussowa lehnte sich zurck und schlo die Augen. Sie dachte an das Schlo in der Tre vor sich. Sie malte sich genau aus, wie so ein Schlo konstruiert war und begann ihre Telekinese. Langsam, ganz langsam sprach sie in sich hinein: Ein imaginrer Schlssel steckt im Schlo. Er dreht sich langsam zurck.Beim ersten Mal funktionierte die Sache noch nicht.Olga versuchte es ein zweites Mal. Wieder schlo sie die Augen und lie einen Schlssel, den es gar nicht gab, im Schlo Rotieren.In der Tr gab es einen lauten Klick.Das Schlo war jetzt offen. Olga trat heran und drckte die Klinke nieder. Sie trat ein und tastete mit der Hand an der Wand entlang. Sie fand sofort einen Lichtschalter. Seltsam, hier gab es wieder elektrisches Licht.Olga blickte in einen groen Raum, in dem zwei groe ltanks eingebaut waren. Der Fuboden war mit schwarzem Asphalt ausgelegt.Eine Stimme ri Olga aus ihren Gedanken.Was machen Sie hier? Sind Sie verrckt? Wieso wagen Sie es, hier herunterzukommen? Wer sind Sie denn berhaupt?Olga antwortete: Die neue Reinmachefrau.Dann haben Sie hier nichts zu suchen. Wie sind Sie in den Tankraum gekommen? Haben Sie die Tr aufgebrochen? fragte der hagere, hochgewachsene Mann im Arztkittel.Es war offen, antwortete Olga Dussowa leise, blickte ihr Gegenber lauernd an und fragte dann schnippisch: Und wer sind Sie? Haben Sie berhaupt das Recht, mir Befehle zu erteilen?Sehr wohl habe ich das, lachte der Arzt hhnisch. Ich bin Dr. Conrad Reynolds, der Chef des Rntgenlabors. Was hat Sie in die Keller getrieben?Ich wollte die Rume in der Klinik inspizieren. Schlielich habe ich hier sauberzumachen.Der Raum, den Sie vor sich sehen ist der ltankraum. Hier kommen nur ein paar Mal im Jahr Menschen herein. Die Rume daneben sind Lagerrume fr Medikamente und Wsche.Olga warf einen letzten Blick in den Tankraum. Sie musterte die schwarze Asphaltdecke und machte eine interessante Entdeckung: Zwischen den beiden groen Tanks war der Asphalt abgetreten.Hier muten sehr oft mehrmals am Tag Menschen durchgehen. Dr. Conrad Reynolds hatte also gelogen.Und noch eines fiel Olga auf: Da waren nicht nur Spuren von menschlichen Schritten zu sehen, sondern auch Spuren, wie sie auf dem Asphalt entstehen, wenn ein Bett oder ein Rollstuhl darber gerollt wird.Dr. Reynolds zerrte die vermeintliche Putzfrau auf den Korridor zurck und warf die Tr ins Schlo. Er hatte einen Schlssel in der Tasche, mit dem er die Tr abschlo. Dann meinte er: Jetzt gehen Sie an Ihre Arbeit. Sehen Sie sich vor, und lassen Sie die Finger von den Kellergeschossen.

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Dr. Conrad Reynolds sollte zufrieden sein.Olga nahm sich vor, mit dem Saubermachen in seinem Zimmer zu beginnen.Der Arzt war wieder auf die Rntgenabteilung im zweiten Stock zurckgeeilt. Olga Dussowa betrat seinen Broraum und sah sich zuerst einmal um: ein groer Schreibtisch, ein Drehsessel, eine Polstergarnitur, ein groer Aktenschrank und ein schner Teppich auf dem Fuboden.Nichts, was verdchtig gewesen wre.Olga griff in den Aktenschrank und holte den Ordner mit der Aufschrift Lebenslauf heraus. Hastig bltterte sie darin. Aus dem Text ging hervor, da sich Dr. Reynolds Jahre zuvor mit der Erforschung des Lebens nach dem Tod befat hatte. Er hatte sogar eine Assistentenstelle bei dem berhmten Forscher Delpasse angestrebt, war aber nicht angestellt worden.Olga blickte auf: Sollte hier der Schlssel zu den Experimenten in der Klinik sein? War Dr. Reynolds jener groe Unbekannte, der die Stimmen der Toten heraufbeschworen hatte?Olga hrte Schritte und schob schnell den Aktenordner wieder ins Regal. Sie mute nun endlich etwas tun, damit man ihr die Rolle der Reinemachefrau auch abnahm.Sie schob den Schreibtisch beiseite, rollte den Drehsessel in eine Ecke und beugte sich nieder. Sie rollte den schnen Teppich ein und legte ihn beiseite.Dann begann sie mit einem nassen Tuch den Kunststoffboden zu putzen.Pltzlich blieb sie dort knien, wo vorher der Schreibtisch gestanden war. Ganz deutlich wenn auch durch das Muster des Fubodens getarnt sah man im Quadrat feine Vertiefungen. Kein Zweifel, es gab im Fuboden eine geheime ffnung.Olga tastete die Vertiefungen ab und berlegte, ob sie die Geheimtr mit der Scherenspitze aus Dr. Reynolds Schreibtisch ffnen knnte.Es war nicht notwendig.Als Olga nmlich an eine bestimmte Stelle des Fubodens tastete, klickte es, und die Tr sprang von selbst auf. Olga klappte sie nun ganz zurck. Ein schwarzes Loch ghnte ihr entgegen. Grausiger Verwesungsgeruch stieg auf.Olga wurde bel. Sie erhob sich, holte die Schreibtischlampe herbei und richtete den Strahl der Lampe in das geheimnisvolle Loch.Olga prallte zurck.Aus dem Schacht starrte ihr das Gesicht einer Frau entgegen. Die Augen waren weit geffnet und starrten ins Nichts. Der Krper war mit Gewalt in die kleine ffnung hineingepfercht worden.Keine Frage: Das Mdchen mit der Krankenschwesternhaube war tot.

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Verdammt noch mal! Ich glaube, ich werde am besten hier gleich mein Bro aufschlagen und gar nicht mehr zu Scotland Yard zurckkehren, brummte Chefinspektor Callon unwillig und trat ins Bro von Dr. Conrad Reynolds ein. Die Mnner von der Spurensicherung waren gerade bei der Arbeit. Der Polizeiarzt hatte mit zwei Trgern der Gerichtsmedizin die Frauenleiche geholt. Die Tote lag nun auf dem Fuboden.Knnen Sie schon etwas sagen?, erkundigte sich Callon und blickte auf die Erwrgte. Dabei murmelte er: Was fr ein Schwein mag diese Tat wohl begangen haben?Der Polizeiarzt erklrte whrend seiner weiteren Untersuchung: Sie war etwa 22 Jahre und hatte dunkle Augen. Nicht der Typ einer Krankenschwester.Constabler Smith trat heran und verneigte sich: Chef, ich habe einige rzte ausgefragt: Keiner kennt dieses Mdchen. Sie war nicht als Krankenschwester an der Klinik hier angestellt. Es ist ein Rtsel, wie sie hergekommen ist.Chefinspektor Callon hustete rgerlich: Jetzt machen Sie mal einen Punkt. Natrlich mu sie irgendwie hergekommen sein. Oder glauben Sie, da jemand die Leiche in die Klinik geschmuggelt hat?Der Polizeifotograf scho seine letzten Bilder vom Fundort der Leiche.Callon fragte ungeduldig: Wo steckt denn dieser Dr. Reynolds eigentlich? Ich mchte ihn sprechen.Eine Krankenschwester antwortete: Er wird noch nichts von der Auffindung der Toten wissen. Er arbeitet sicher im Rntgenlabor.Smith! Holen Sie ihn. Immerhin wird er uns einige Erklrungen abgeben mssen. Eine Tote unter dem Fuboden ist schlielich keine Kleinigkeit.Der Constabler eilte den Korridor entlang. Im selben Augenblick hastete ihm Dr. Reynolds entgegen. Er runzelte die Stirn, als er die vielen Menschen in der Tr seines Bros entdeckte. Er fragte Chefinspektor Callon entgeistert: Was ist denn hier los? Hat man denn in seinem eigenen Zimmer keine Ruhe!Gestatten, Chefinspektor Callon von Scotland Yard, stellte sich der Polizist vor und fiel dann gleich mit der Tr ins Haus: In Ihrem Bro ist vorhin von der Reinemachefrau eine Leiche gefunden worden.Dr. Conrad Reynolds wurde bla und schwankte leicht.Eine Leiche? Was fr eine Leiche? Seine Stimme klang unsicher.Chefinspektor Callon deutet auf die Tote und zog den Arzt in das Bro herein.Dr. Reynolds zuckte zusammen: Um Gottes Willen! entfuhr es ihm.Rasch fragte Callon: Kennen Sie die Tote?Nein sicher nicht. Ich kenne die Tote nicht. Ich habe sie noch nie gesehen.Aber Sie werden doch schlielich die Krankenschwestern hier im Haus kennen.Die war niemals Krankenschwester bei uns. Ich sagte ja schon: Ich kenne sie nicht.Chefinspektor Callon lehnte sich gegen die Wand und musterte den Arzt: Dr. Reynolds, Sie werden sich denken knnen, da Sie uns im hchsten Mae verdchtig erscheinen. Immerhin hat man eine Leiche in Ihrem Arbeitszimmer, unter Ihrem Schreibtisch gefunden. Wre die Leiche nur so dagelegen, htte ich gern geglaubt, da ihnen jemand die Tote ins Zimmer legte. Aber sie war im Fuboden versteckt. Das lt die Angelegenheit in einem ganz anderen Licht erscheinen.Dr. Reynolds wischte sich den Schwei von der Stirn.Er trat an den Chefinspektor heran: Eine Leiche unter meinem Fuboden zu finden, ist noch kein Indiz gegen mich. Sie mssen Beweise und Zeugen bringen, ehe Sie mich verhaften knnen.Leider, konterte Callon. Aber seien Sie versichert, da ich Sie nicht mehr aus den Augen lassen werde,Vor der Tr entstand Unruhe.Zwischen den Krankenschwestern tauchte das Gesicht Joe Baxters auf. Spttisch rief der Chefinspektor aus: Ich sehe einen lieben Kollegen. Aber ich mu Sie enttuschen, Mr. Baxter. Kein Gespenst war hier am Werk.Baxter bahnte sich einen Weg durch die Gruppe und lachte: Das wird sich noch herausstellen, Chefinspektor. Oder haben Sie vielleicht schon einen gestndigen Mrder?Hinter Joe Baxter kam der junge Dr. Sam Donnels, verneigte sich vor Callon und bat: Darf ich auch einen Blick auf die Tote werfen?Gern, lautete die Antwort. Vielleicht kennen Sie die Dame, damit sie fr uns nicht mehr die geheimnisvolle Unbekannte bleibt.Dr. Donnels beugte sich herab, sagte kein Wort, sondern schttelte nur den Kopf. Dann trat er zurck.Nun?, erkundigte sich Callon.Dr. Donnels antwortete scheu: Ich glaube, ich kann Ihnen weiterhelfen. Aber ich wei nicht recht, ob ich befugt bin, alles zu sagen.Das ist Ihre Staatsbrgerpflicht, wenn es sich um Mord handelt!, donnerte ihn der Inspektor an.Der junge Arzt zog den Polizisten beiseite, so da die beiden direkt neben Baxter zu stehen kamen. Und dann sagte er: Also, eines ist gewi. Das Mdchen war niemals Krankenschwester hier im Haus. Sie war, so weit ich es wei, berhaupt niemals Krankenschwester.Wer ist sie?, wollte Callon wissen.Zaghaft kam die Antwort: Sie hie Belinda, den anderen Namen wei ich nicht. Sie war ein stadtbekanntes Callgirl und besa ein Appartement in der Kensal-Road.Woher wissen Sie das?Leichte Rte berzog Dr. Donnels' Gesicht: Beim Nachtdienst lag da krzlich ein Magazin herum, ein Heft von einem privaten Amsement-Club. Da war ihr Foto mit Adresse und Telefonnummer drin.Wer liest denn solche Magazine in der Klinik?Ich wei nicht, wer es hergebracht hat. Leider kann ich Ihnen da nichts sagen.Chefinspektor Callon ging schnell zum Telefon und rief bei Scotland Yard an: Hallo, Jackson, sehen Sie bitte nach, ob wir in London ein Callgirl haben, die sich Belinda nennt. Adresse vermutlich Kensal-Road.Na hren Sie mal, der Beamte lachte am anderen Ende der Leitung. Die kennt doch ganz London. Ich kann Ihnen sogar die Telefonnummer sagen.Callon schrieb diese auf, dann legte er den Hrer auf und meinte zu Dr. Donnels: Sie haben uns einen groen Dienst erwiesen.Der Arzt ging.Baxter trat an den Kollegen von Scotland Yard heran: Callon, ich glaube, jetzt knnten Sie die Hilfe des Parapsychologic Department gebrauchen.Befremdend schaute der Chefinspektor auf: Ich wte nicht, warum.Baxter erklrte: Es wre gut, sofort die Wohnung dieser Belinda zu durchsuchen.Callon fiel Baxter ins Wort: Das habe ich vor. Ich fahre jetzt gleich in die Kensal-Road.Baxter schnippte mit dem Finger:Ich wette, da schon jemand unterwegs ist, um smtliche verdchtigen Unterlagen zu vernichten. Es haben ja gengend Menschen mitgehrt, da die Tote identifiziert ist. Ich vermute, da einer der rzte Stammkunde bei dem Mdchen war, und da Callgirls ihre Kunden meist in ein Buch einzutragen pflegen, wird der Betreffende interessiert sein, da sein Name verschwindet.Callon fragte spttisch: Und wie wollen Sie das verhindern?Meine Mitarbeiterin Viola Oggi wartet drauen auf dem Korridor. Ich kann sie als Kontaktperson dalassen. Ich entmaterialisiere mich und versetze mich in Sekundenschnelle in die Wohnung Belindas. Was ich dort sehe, funke ich gedanklich an Mrs. Oggi weiter. Sie wird Ihnen alles mitteilen.Chefinspektor Callon wollte etwas dagegen einwenden, doch die Idee faszinierte ihn. Auerdem glaubte er, da sich Baxter blamieren knnte. Und das htte er fr sein Leben gern erlebt.Na denn, murmelte er. Zeigen Sie, was Sie knnen.Baxter eilte auf den Korridor und bat Viola herein. Sie setzte sich neben der Toten auf einen Sessel. Joe legte ihr seine Hnde auf den Kopf und sprach: Viola, du bist mde sehr mde du mchtest jetzt ein wenig schlafen. Schlie die Augen.Viola war darauf eingestellt und befand sich binnen weniger Minuten in einer anderen Sphre.Joe bat die Umstehenden: Ich bitte Sie um Ruhe, damit unser Experiment gelingt.Es war still rundum, als Baxter die Augen schlo und in sich hinein blickte. Er beachtete nur sich selbst und keinen seiner Mitmenschen. Er sprte, wie sein Krper immer leichter und leichter wurde.Ein Schrei aus mehreren Kehlen rundum verunsicherte ihn einen Augenblick lang.Sein Krper wurde transparent.Nach einem Aufblitzen stand niemand mehr hinter Viola.Baxter konzentrierte sich auf ein groes Doppelbett in Belindas Luxuswohnung. Baxter fhlte, wie er sich vor der Bettstelle wieder zu rematerialisieren begann. Seine Beine, Arme und Hnde bekamen wieder sichtbare Formen.Baxter stand im Appartment.Auf den ersten Blick erkannte er, da noch niemand die Wohnung durchsucht hatte. Er ging langsam durch die Rume und blieb dann vor einem zierlichen Damenschreibtisch stehen. Er ffnete die Regale und zog ein in schwarzes Leder gebundenes Buch heraus.Tatschlich, das war Belindas Kundenkartei.Joe sandte Viola folgende Gedanken: Alles okay. Ich hab die Kundenkartei. Viola gab sie sogleich an die Anwesenden weiter.Chefinspektor Callon fuhr hoch und atmete schwer. Diese Prozedur beeindruckte ihn mchtig.Baxter bltterte fieberhaft in dem Buch. Pltzlich zuckte er zusammen. Drauen vor der Tr machte sich jemand gewaltsam zu schaffen. Zuerst versuchte er es am Schlo der Tr, schlielich trat er die Tre mit solcher Gewalt ein, da das Holz splitterte. Sekunden spter stand ein junger Mann im Zimmer und blickte Baxter an.Was machst du da?, fuhr der Junge den Hauptkommissar an.Dasselbe wie du, lachte Baxter. Er hielt triumphierend das Notizbuch in Hnden. Wutentbrannt strzte sich der andere auf ihn. In seiner Hand blitzte ein Messer.Baxter erkannte: Er hatte es mit einem beraus gefhrlichen Gegner zu tun. Er trat zurck, ballte seine Willenskraft und setzte seine Occu-Waffen ein, fr die er beim Parapsychologic Department bekannt war. Er starrte auf das Messer seines Gegners und rieb sich dabei seine Finger. Er suggerierte ungeheure Hitze und transferierte sie in die Messerspitze.Erschrocken sah der junge Mann auf seine Waffe. Das Messer verbog sich zu einem wirkungslosen Gegenstand.Jetzt bekam es der Eindringling mit der Angst zu tun. Baxter war ihm mit einem Mal unheimlich. Der Hauptkommissar kam auf ihn zu. Der andere wagte nicht, sich zu bewegen und drckte sich darauf mit dem Rcken gegen die Wand. Du verlt jetzt die Wohnung und gehst zu deinem Wagen hinunter. Du steigst ein, startest und fhrst nach Edinburgh. Dort meldest du dich beim Brgermeister.Der andere nickte.Baxter hielt ihn noch einen Augenblick zurck und fragte: Wer hat dich hierhergeschickt, das Kundenbuch zu holen?Der junge Mann zgerte. Doch dann gestand er zitternd: Es war Doktor Doktor So sag' schon den Namen!Doktor Lovell!Dann drehte sich der junge Mann um und rannte das Treppenhaus hinunter. Er hatte nur ein Ziel: mglichst bald nach Schottland zu gelangen.Baxter schob das Notizbuch in seine Sakkotasche. Jetzt konnte er sich mit seiner Beute entmaterialisieren. Wieder kehrte er seine Gedanken ganz in sich, und lste sich allmhlich auf. Diesmal ging es noch schneller, da er seinen Standpunkt in der Bedford-Klinik bereits kannte.Ein Sthnen ging durch die Menge.Chefinspektor Callon traute seinen Augen nicht, als Baxter vor ihm auftauchte. Der Hauptkommissar des Parapsychologic Department legte seiner Mitarbeiterin die Hnde auf. Sie war im Nu wieder wach, sprang hoch; drehte sich um und fragte mit bleichem Gesicht: Warum hast du mir nichts Konkretes aus Belindas Wohnung mitgeteilt? Was ist dort passiert? Ich habe Gefahr gesprt.Richtig, nickte Baxter. Da war ein Typ, der wollte mich wegen der Kundenkartei erstechen. Aber ich habe ihn nach Schottland geschickt. Bis er mit seinem Wagen dort ist, vergeht eine lange Zeit.Wer war der Bursche?, wollte Callon wissen.Ich wei es nicht, konterte Baxter. Aber er sagte etwas sehr Seltsames.Was?, fragte Viola.Er behauptete, von Doktor Lovell geschickt worden zu sein.Von Doktor Lovell, sprach Callon vor sich hin. Der sitzt doch im Irrenhaus.Da mahnte Baxter: Sie vergessen, lieber Herr Kollege, da Dr. Archibald Lovell nicht mehr sein wahres Gesicht besitzt. Da luft irgend jemand umher, der mit Hilfe von bernatrlichen Mchten in den Besitz des Gesichtes gelangt ist. Und jetzt kann er auf Kosten Dr. Lovells Verbrechen begehen, solange, bis wir herausbekommen haben, wer hinter dem Gesicht wirklich steckt.Callon nickte. Dann blickte er neugierig auf das ledergebundene Buch, das Baxter ihm zeigte und aufbltterte. Der Hauptkommissar fuhr mit dem Zeigefinger die Namenreihen entlang.Pltzlich hielt er inne, pfiff laut zwischen den Zhnen hervor und meinte: Das ist ein Ding!Callon drngte' sich herbei: Was haben Sie in dem Buch entdeckt?Baxter sagte langsam und schwerwiegend: Ein Mann aus der Klinik hier zhlte zu den Stammkunden des Callgirls.Wer war es?Dr. Conrad Reynolds.

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Die Schritte der Polizisten hallten ber den Steinboden des breiten Korridors. Chefinspektor Callon, Hauptkommissar Baxter und rund zwanzig Polizisten eilten zur Rntgenabteilung der Klinik.Die weie Doppeltr war ganz entgegen der Gewohnheit abgeschlossen.Die Fuste der Polizisten polterten schwer gegen den Eingang.Machen Sie keine Zicken, Dr. Reynolds. Ich habe einen Haftbefehl gegen Sie wegen Mordverdachtes, ffnen Sie, sonst sind wir gezwungen, die Tr einzuschlagen.Zuerst ertnte drinnen eine Stimme: In dieser Klinik sind 14 Patienten spurlos verschwunden. Keiner wei wo sie sind. Untersucht diese Affre. Und lat Dr. Reynolds in Frieden!Noch einmal forderte der Chefinspektor: ffnen Sie die Tr!Keine Reaktion.Darauf gab Callon das Kommando: Eintreten!Zwei Uniformierte nahmen Anlauf und sprangen gegen die Tre. Sie flog in weitem Bogen auf. Alle Mnner strzten ins Zimmer. Erstarrt blieben sie stehen und lauschten dem hhnischen Gelchter, das ber ihnen schwebte. Im ganzen Raum war kein Mensch zu sehen.Was soll das bedeuten?, fragte Callon und blickte gegen die Decke des Raumes, an der sich noch immer das unheimliche Lachen brach.Trocken antwortete Baxter: Das ist eine Totenstimme. Die Worte, die vorhin gesprochen wurden, waren sicher nicht von Dr. Reynolds. Sie waren das Produkt eines Verstorbenen. Sie wollten es ja nicht glauben, Herr Kollege. Aber ich bin nicht vergebens, nach London gekommen.Ich frage mich jetzt nur, wo ist Dr. Reynolds?In der Tr erschien Olga. Sie sah wie eine echte Reinemachefrau aus. Mit verstellter Stimme meinte sie: Sie suchen Dr. Reynolds? Der mu in seinem Zimmer sein. Er hat sich erst vorhin eingeschlossen.Beeindruckt erklrte Chefinspektor Callon: Ich mu meine Meinung grndlich revidieren, Mr. Baxter. Ich mu mich bei Ihnen entschuldigen. Die Sache spitzt sich zu. Jetzt ist Dr. Reynolds verschwunden.Baxter mute lcheln, denn Callon hatte doch wirklich immer wieder Pech und den falschen Riecher. Der Hauptkommissar begab sich zu einem der offenen Fenster des Raumes und beugte sich hinaus: Da mu ich Ihnen widersprechen, Herr Kollege. Auer den Stimmen, die wir vernahmen, ist nichts Okkultes vorgefallen. Der gute Dr. Reynolds hat es mit der Angst zu tun bekommen und ist einfach durchs Fenster abgehauen. Man sieht seine Spuren deutlich am Sims der Auenmauer. Entweder hat er Angst, da man ihn fr den Mrder von Belinda halten knnte oder er war es und hat es vorgezogen, sich der Verhaftung zu entziehen.

*

Musik erfllte das Zimmer im Maybird-Hotel in London. Viola lag auf dem Teppich und vollzog einige entspannende Yoga-bungen.Baxter studierte Belindas Notizbuch. Er hoffte, noch einen bekannten Namen darin zu finden.Na, was erreicht, Sherlock Holmes?, neckte ihn Viola und schnellte vom Teppich hoch.Er schttelte den Kopf und klappte das Notizbuch zu. Dabei fiel ein Stck Papier heraus, das irgendwo zwischen den leeren Seiten gesteckt haben mute.Was ist das?, fragte Viola, bckte sich und hob das Objekt ihrer Neugierde auf. Das ist ein angefangener Brief an eine Freundin. Leider keine Adresse angegeben.Lies vor, sagte Baxter gespannt lauschend.Viola kam der Aufforderung ihres Chefs nach: Liebste Meggy! Ich habe mich lange nicht gemeldet, weil ich so viel zu tun hatte. Ich habe jetzt ein neues Hobby: Ich spiele Krankenschwester. Du wirst vielleicht lachen, wenn du diese Zeilen liest. Aber es ist so: Ich spiele wirklich Krankenschwester. Ich habe einen Arzt kennengelernt, er ist Mitglied der berhmten Bedford-Klinik und befat sich mit der Beobachtung des Sterbevorgangs. Er testet Sterbende und versucht, Tote wieder ins Leben zurckzuholen, um von ihnen Aussagen ber die jenseitige Welt zu erhalten. Eine unheimliche Sache. Du weit, ich wollte doch immer rztin werden. Jetzt erfllt sich wenigstens ein Teil meines Traumes. Ich assistiere bei derartigen geheimen Experimenten. Ich bin damit bei wissenschaftlichen Arbeiten dabei, die wie der Doktor sagt eines Tages die Welt revolutionieren werden. Wenn es dich interessiert, so kannst du vielleicht einmal mitkommen, wenn wir im Labor arbeiten.Hier brach der Brief ab.Baxter las die Zeilen mehrere Male.Dann klopfte es.Minuten spter stand Olga vor Baxter und Viola. Also, wenn das nchste Mal wieder eine Putzfrauen-Verkleidung gewnscht wird, dann bist du dran, Viola. Ich bin hundemde und dreckig bis zu den Zehen. Ich gehe jetzt zuerst einmal duschen.Whrend sie unter der Dusche stand, rief sie: Wit Ihr, was das bedeutet, den ganzen Tag Bden zu schrubben und zugleich Augen und Ohren auf Hchstleistung einzustellen?Viola lachte: Kein Mensch verlangt, da du wirklich Fubden schrubbst, meine Beste. Du kannst ja simulieren.Da ich mich nicht totlache. Wenn man in der Bedford-Klinik, wo ohnehin jeder jedem mitraut, glaubhaft eine Putzfrau spielen will, mu man hart anfassen, klagte Olga Dussowa.Baxter hatte sich erhoben und durchma mit festen Schritten den Raum. Viola hatte sich in einen Sessel gesetzt und nippte an einem Cocktail. Olga kam ins Zimmer zurck und wickelte sich in ein riesiges Frottee-Badetuch. Dann kuschelte sie sich aufs Sofa. Ich sehe es unserem groen Meister an, da er uns etwas Wichtiges mitzuteilen hat. Groer Huptling, sprich!Sei nicht albern, brummte Joe und machte eine abfllige Handbewegung. Ich habe andere Sorgen, als Scherze zu treiben. Es ist an der Zeit, da wir Bilanz ziehen, unseren vorliegenden Fall richtig einschtzen und dann einen Schlachtplan fr unser Vorgehen ausarbeiten.Viola richtete sich auf und stellte das Cocktailglas weg: Also, ich glaube, wir sollten festhalten: Da gibt es in London eine Klinik, die von einem angesehenen Modearzt mit Namen Archibald Lovell geleitet wird. Das Krankenhaus nennt sich Bedford-Klinik. Eines Tages wird dorthin der schwerkranke Millionr James Duncan eingeliefert. Er wird zwar gut gepflegt aber sein Zustand verschlechtert sich. Als ihn seine besorgte Frau wieder einmal besuchen will, ist der Patient spurlos verschwunden. Die letzten Menschen, die ihn sahen, erzhlen, er sei im Sterben gelegen.Joe warf sich in einen leeren Sessel und meinte zufrieden: Endlich laufen Eure Gehirne auf Hochtouren. Kurz nach dem Verschwinden des Millionrs melden sich in der Klinik unheimliche Stimmen. Stimmen von Toten, die angeblich alle einst in der Klinik als Patienten lagen und ebenfalls verschwunden sind. Zu denken gibt mir, da die Stimmen der Toten sich mit Namen vorgestellt haben.Der Hauptkommissar blickte auf. Olga hatte sich stillschweigend erhoben und eilte aus dem Zimmer. Sie kam sofort mit einer Handtasche wieder zurck, zog einen Zettel daraus hervor und schwenkte diesen siegesbewut: Die Stimmen der Toten haben die Wahrheit gesprochen. Hier ist der Beweis. Eure Putzfrau hat sich nach Broschlu in die Klinikbros geschlichen und die Patientenlisten der vergangenen Monate kontrolliert.Baxter sah Olga gespannt an: Gut gemacht, Olga. Was hast du uns zu berichten?Olga erzhlte: James Duncan war bereits der vierzehnte Patient, der in dem Krankenhaus verschwand. Vor ihm erging es dreizehn anderen ebenso. Ich habe sogar all ihre Namen hier. Es sind auch jene Namen darunter, die sich bei Dr. Lovell gemeldet haben: Peter Zambrovsky, Charles Wonder, Conrad Battles.Viola war auer sich: Wie ist denn so was mglich? Da werden Menschen in eine Klinik eingeliefert. Die mssen doch irgendeinmal wieder rauskommen. Da gibt es doch Verwandte und Bekannte, die auf die Patienten warten. Und selbst wenn die Leute in der Klinik sterben, so mu es doch eine Todesmeldung, eine Untersuchung durch einen Arzt und schlielich einen Totenschein geben. Wir leben ja schlielich nicht im Mittelalter, wo Menschen so mir nichts dir nichts verschwanden.Olga mischte sich ins Gesprch ein: Es war aber so. Die dreizehn Patienten, die da aus ihren Krankenzimmern verschwanden, hatten zumeist keinerlei Angehrige. Und ich mchte wetten, da der Klinik-Chef davon wute. Nach seinen eigenen Aussagen haben ihm die Totenstimmen vorgeworfen, es wren ihm einige Kunstfehler beim Operieren unterlaufen. Nach solchen Pannen konnte es ihm nur recht sein, wenn die betroffenen Patienten verschwanden.Joe hob beide Hnde: Augenblick, wir drfen uns nicht in Details verlieren. Warum sind in der Klinik Patienten verschwunden? Doch nicht blo, weil bei Operationen einiges verpatzt wurde. Das wrde ja auf den Millionr nicht zutreffen. Der ist beispielsweise gar nicht operiert worden.Olga ergriff wieder das Wort: Der Kern der Sache liegt anderswo: Irgendwo unter der Erde fhrt einer der rzte makabre Versuche durch. Er testet die Menschen beim Sterben und versucht sie dann, wie wir inzwischen gehrt haben, aus dem Jenseits zurckzuholen und zu befragen. Ob ihm das Experiment jemals gelungen ist, wissen wir nicht. Tatsache ist, da man zu solchen Versuchen Menschen braucht. Da waren natrlich Patienten, die keine Angehrigen hatten und im Sterben lagen, willkommen. Warum Duncan allerdings verschwand, bleibt offen.Baxter hatte eine zustzliche Idee: Vielleicht gingen die Versuche dreizehnmal schlief. Vielleicht hoffte der Arzt, da es beim vierzehnten Mal klappen wrde. Nur so ist nmlich zu erklren, da die Patienten verschwanden. Htten die Experimente zur Zufriedenheit des Arztes geendet, htte er ja anstelle der Sterbenden entweder einen Gesunden oder sonst einen Menschen nehmen knnen. Ich nehme an, da die makabren Versuche einfach nicht geklappt haben. Vielleicht gibt es gar keine Leichen mehr, sondern nur noch die Stimmen der Toten.Viola seufzte: Und wer ist dieser Doktor, der auf diese Weise dem Tod auf die Spur kommen mchte?Joe berlegte: Wir haben mehrere zur Auswahl: Dr. Archibald Lovell, der Chef der Klinik. Dann ist da Dr. Conrad Reynolds, und schlielich kann es natrlich jeder andere der dreiig rzte in dem Krankenhaus sein.Olga lchelte: Wir haben Pech mit unseren Hauptverdchtigen! Der eine sitzt im Irrenhaus, der andere ist durchgebrannt.Um das zu klren, hat uns Dr. Duvaleux schlielich nach London geschickt, brummte Joe und fgte hinzu: Auerdem ergibt sich auch noch ein Mord bei dieser Angelegenheit: Da ist immerhin das tote Callgirl.Darauf kann ich mir beim besten Willen keinen Reim machen, sagte Olga.Baxter lchelte berlegen: Ich habe eine Idee. Der Brief besttigt, da Belinda den Experimenten mit den vierzehn Patienten beiwohnte.Warum, rief Viola Oggi aus, hat sie dann sterben mssen?Baxter konterte: Da gibt es wieder viele Mglichkeiten. Vielleicht war sie schuld, da die Versuche nicht klappten. Vielleicht wollte sie plaudern.Viola erhob sich, stellte sich in die Mitte des Zimmers und ahmte die Gesten von Dr. Archibald Lovell in seiner Zelle im Irrenhaus nach: Man hat mir mein Gesicht gestohlen!Dann sagte sie zu Baxter und Olga: Wenn der nicht wirklich ein anderes Gesicht prsentiert htte, so htte ich das Ganze fr billiges Theater gehalten. So aber werde ich daraus nicht klug. Wenn tatschlich einer die jenseitigen Wesen, die ihn mit ihren Stimmen verfolgen, dazu gebracht htte, ihm sein Gesicht zu stehlen, dann wre doch zu erwarten gewesen, da irgendwo einer als Archibald Lovell auftaucht.Baxter sagte ernst: Warte nur noch ab. Das wird sicher passieren. Und vergi nicht: Der junge Mann in der Wohnung Belindas erklrte mir deutlich, da ihn ein gewisser Dr. Lovell geschickt htte. Das kann nicht der echte gewesen sein.


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