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Das Design von Vergütungssystemen Was lehrt aktuelle...

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Dirk Sliwka 2018 Das Design von Vergütungssystemen Was lehrt aktuelle empirische Forschung? Prof. Dr. Dirk Sliwka Universität zu Köln Juli 2018
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Dirk Sliwka 2018

Das Design von VergütungssystemenWas lehrt aktuelle empirische Forschung?

Prof. Dr. Dirk SliwkaUniversität zu Köln

Juli 2018

Dirk Sliwka 2018

Ausgangspunkt

• In den letzten Jahren: Kontroverse Diskussion über – die Nutzung von Bonuszahlungen– individuelle Ziele– Differenzierung bei der Leistungsbeurteilung

• Einige Unternehmen mit bewusster Abkehr von individuellen Bonuszahlungen

• Diskussion stark geprägt vom Bauchgefühl– Sollten Bonuszahlungen von der individuellen Leistung abhängen?– Sollte man Vorgesetzte dazu bringen zwischen leistungsstarken

und leistungsschwächeren Mitarbeitern zu differenzieren?– Sind Teamanreize nützlich?– Oft diametral entgegengesetzte Positionen

Folie 2

Dirk Sliwka 2018

Ökonomische Sicht auf Anreize

• Anreizforschung lange geprägt durch Idee des Homo Oeconomicus– Menschen folgen ihrem Eigeninteresse– Und dies besteht aus der Maximierung des persönlichen Ertrags– Aus dieser Perspektive: Bonuszahlungen mit hoher Bedeutung– Nobelpreis für Oliver Hart & Bengt Holmström 2016 für zentrale

Arbeiten

• Neuere Erkenntnisse der Verhaltensökonomik (Behavioural Economics)– Systematische empirische Untersuchung menschlichen Verhaltens– Analyse der Abweichungen vom Bild des Homo Oeconomicus– Hohe Bedeutung empirischer Studien über individuelles Verhalten

Laborexperimente, Feldstudien in Unternehmen, Feldexperimente

• Was lehrt uns die empirische Wirtschaftsforschung und Verhaltensökonomik über das Design von Anreizsystemen?

Slide 3

Dirk Sliwka 2018

Vergütungssysteme in Deutschland- Aktuelle Evidenz

Folie 4

Dirk Sliwka 2018

Die Studie

• Hier: Empirische Analyse des Linked Personnel Panel (LPP)– Umfassender Längsschnittdatensatz der auf Initiative von BMAS

und IAB von einer Gruppe von Forschern des IAB, des ZEW und der Universitäten Köln und Tübingen aufgebaut worden ist

– Seit 2012 regelmäßige Befragung von Betrieben und Beschäftigten(2-jähriger Turnus)

• In jeder der drei bisherigen Wellen Befragung von mindestens– 771 Betrieben – 6.428 Beschäftigten

• Erster Schritt: Wie nutzen Unternehmen variable Vergütung in Deutschland?

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Dirk Sliwka 2018

Variable Vergütung: Betriebsgröße

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Quelle: LPP-Betriebs- und Beschäftigtenbefragung 2012-2017

Dirk Sliwka 2018

Vergütungsmix: Mitarbeiter

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Quelle: LPP-Betriebs- und Beschäftigtenbefragung 2012-2017

Dirk Sliwka 2018

Vergütungsmix: Führungskräfte

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Quelle: LPP-Betriebs- und Beschäftigtenbefragung 2012-2017

Dirk Sliwka 2018

Die Rolle von Referenzpunkten

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Dirk Sliwka 2018

Bewertung von Ergebnissen

Homo Oeconomicus: Absolute Bewertung

Verhaltensökonomik: Vergleich zu Referenzpunkt

Geld

Nut

zen

Geld

Nut

zen

Referenzpunkt

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Dirk Sliwka 2018

Referenzpunkte

Ergebnisse nicht absolut bewertet - sondern relativ zu Referenzpunkten

• Ergebnis unterhalb des Referenzpunkts als Verlust

• Kahnemann/Tversky: Verlustaversion:

• Verlust „schmerzt“ mehr als Gewinn „erfreut“(„Losses loom larger than gains“)

Wichtige Referenzpunkte in der neueren Verhaltensökonomik:

• Soziale Vergleichspunkte:

z.B. „Was ist der Bonus meines Kollegen?“

• Die eigenen Erwartungen:

z.B. „Welchen Erwartungen hatte ich vor dem Jahresgespräch?“

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Verlust Gewinn

Dirk Sliwka 2018

Ein Bonussystem

Studie von Ockenfels/Sliwka/Werner (Management Science, 2014):• Analyse des Bonussystems für Führungskräfte eines multinationalen

Unternehmens in Deutschland und den USA

Das Bonussystem:• Schritt 1: Mitarbeiterbeurteilung auf 5-stufiger Skala

• Schritt 2: Festlegung eines „Bonusprozentsatzes“– Für jeden Mitarbeiter Bonusbudget– Vorgesetzter kann Summe der Budgets auf Mitarbeiter verteilen– Jeder Mitarbeiter erhält Prozentsatz des individuellen Budgets

• System in Deutschland und USA identisch mit einem Unterschied:– Mitarbeiter in Deutschland erfahren Bonusprozentsätze– Mitarbeiter in den USA erfahren nur den $-Betrag

Folie 12

Dirk Sliwka 2018

Bonus und Zufriedenheit

Regressionsanalyse: Zufriedenheit und (relativer) Bonus

Folie 13

< 90% 90% - 100% 100% 100% - 110% ≥ 110%

US 2007

Germany 2006

Bonus Percentages

Quelle: Ockenfels/Sliwka/Werner (Management Science 2014)

Dirk Sliwka 2018

Die Bonusvergabe

0

5

10

15

20

<=80 85 90 95 100 105 110 115 120 125 130 135 >=140

US

D

%

Ockenfels/Sliwka/Werner (2014)

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Dirk Sliwka 2018

Reziprozität

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Dirk Sliwka 2018

Reziprozität und Motivation

Präferenz zu „reziprokem“ Verhalten

• Menschen haben eine Präferenz zu „Wie Du mir so ich Dir“ Verhalten

• Drang freundliches Verhalten zu erwidern

• Aber auch: Drang nach „Rache“ bei unfreundlichem Verhalten

• Zahlreiche Laborexperimente zeigen:

Höhere Gehälter erzeugen (zumindest kurzfristig) höhere Leistung

→ Verlust an Zufriedenheit kann also auch einen Verlust an Leistung mit sich bringen

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Dirk Sliwka 2018

Eine „Dual Process“ Perspektive

• Psychologische Forschung (z.B. Kahnemann 2011) argumentiert:Menschliches Handeln durch Denken in zwei Systemen getrieben– System 1: Automatisch, schnell, emotional,…– System 2: Abwägend, langsam, rational, …

• Der „Homo oeconomicus“ handelt in System 2

• Reziprozität ist eher ein Prozess in System 1

• Einige Evidenz (z.B. Halali/Bereby-Meyer/Meiran (2013)), dassreziproke Reaktionen eher “automatische” Reaktionen sind

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Eine „Dual Process“ Perspektive

• Automatische Reaktion (System 1) auf schlechte Beurteilung

– “Ich bin sauer wegen der schlechten Beurteilung”– “Warum sollte ich mich für das Unternehmen noch reinhängen?”

• Abwägende Reaktion (System 2) auf schlechte Beurteilung:

– „Wenn ich mehr Leistung erbringe, kann ich eine bessere Beurteilung bekommen“

– „Dann wird mein Bonus höher und meine Karrierechancen besser sein“

– „Ich sollte mich also mehr anstrengen…“

Zwei gegenläufige Effekte

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Differenzierung und Leistung

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Dirk Sliwka 2018

Differenzierung: Ein Experiment

Was passiert, wenn man Differenzierung erzwingt?• Studie von Berger/Harbring/Sliwka (Management Science, 2013)• Wie wirkt die Nutzung einer Forced Distribution im Labor?

Experiment:• Gruppen von 3 Probanden arbeiten an mühsamer Aufgabe• Proband in der Rolle eines Vorgesetzten beurteilt auf 5er Skala• Bonus abhängig von der Leistungsbeurteilung (8 mal wiederholt)• 2 Treatments:

– Freie Beurteilung– Forced Distribution: mindestens eine Beurteilung ≤2 und eine ≥4

müssen vergeben werden

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Dirk Sliwka 2018

Differenzierung oder Großzügigkeit?

Beurteilungen:0

2040

60

1 2 3 4 5 1 2 3 4 5

Base Fds

Perc

ent

Rating

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Berger/Harbring/Sliwka (Management Science 2013)

Dirk Sliwka 2018

Differenzierung und Performance

Leistung

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BaselineForced Distribution

5055

6065

7075

Grou

p O

utpu

t

0 1 2 3 4 5 6 7 8Period

Berger/Harbring/Sliwka (Management Science 2013)

Dirk Sliwka 2018

Differenzierung und Performance

Differenzierung und Kooperation

Folie 23

3040

5060

Gro

up O

utpu

t

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16Period

BaseSabo FdsSabo

Berger/Harbring/Sliwka (Management Science 2013)

Dirk Sliwka 2018

Vergütung und wahrgenommeneArbeitsqualität

Folie 24

Dirk Sliwka 2018

Längsschnittanalysen

• Drei erhobene Wellen des LPP erlauben erste Längsschnittanalysen

• Wichtiger Schritt hin zum Verständnis kausaler Effekte von Vergütungssystemen:

- Veränderungen innerhalb der Betriebe über die Zeit ausgenutzt - um zu prüfen, ob und wie diese mit Veränderungen der wahr-

genommenen Arbeitsqualität der Beschäftigten einhergehen

• Hier verschiedene Maße:– Arbeitszufriedenheit– Affektives Commitment: Emotionale Bindung an den Betrieb– Engagement: Begeisterung bei der Arbeit– Kooperationsbereitschaft– Wahrgenommener Gesundheitszustand (WHO-5 Skala)

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Dirk Sliwka 2018

Vergütung und Arbeitsqualität

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Dirk Sliwka 2018

Design und Evaluation

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Dirk Sliwka 2018

Randomized Controlled Trials (RCTs)Typischer Fall: Maßnahme wird überall eingeführt

Feldexperiment/RCT: Maßnahme in zufällig ausgewählter Teilmenge eingeführt

Maßnahme

Maßnahme

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Dirk Sliwka 2018

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 121 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

Feldexperiment in einer Bank

• Feldexperiment in einer Bank (Manthei/Sliwka (2018))• Filialleiter in repräsentativ ausgewählter Teilgruppe von

Niederlassungen erhielten Zugriff auf objektive Leistungsmaße• Mitarbeiter erfuhren im April, dass Maßnahme ab Juli implementiert

→ Treatment beginnt

→ Treatment angekündigt

Vere

inba

rte

Kun

dent

erm

ine

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Dirk Sliwka 2018

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 11 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 1

Feldexperimente im Handel I

• RCT im Handel (Manthei/Sliwka/Vogelsang (in Vorbereitung))• Beispiel 1: Bonus für Bezirksmanager/Filialmanager• Kennzahl: Umsatz/Einkauf

→ Treatment beginnt

Schn

ittbo

n

Dirk Sliwka 2018

Feldexperimente im Handel II

• Beispiel 2: Bonus und Mitarbeitergespräche• Leistungsbeurteilungen/Feeback bezüglich Deckungsbeitrag

Dirk Sliwka 2018

Zielvereinbarungen

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Dirk Sliwka 2018

Zielvereinbarungen und Vergütung

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Dirk Sliwka 2018

Zielvereinbarungen und Vergütung

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Dirk Sliwka 2018

Fazit• Diskussion über Bonuszahlungen oft getrieben durch Bauchgefühl

• Menschen haben oft tiefe intuitive Überzeugungen z.B. über – ob man Menschen mit Geld motivieren kann– ob die „Benotung“ von Mitarbeitern Sinn macht oder nicht

• Die meisten Treiber dieser Intuitionen sind nicht falsch – sie erfassen grundlegende psychologische und ökonomische Mechanismen, die wirken, wenn wir auf Anreize reagieren

• Aber: diese Mechanismen schließen sich nicht gegenseitig aus und überlappen sich häufig in uns selbst

• Wenn wir Anreizsysteme gestalten, müssen wir diese Effekte gegeneinander abwägen

• Gutes Design von Vergütungssystemen braucht die Evaluation kausaler Effekte

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Dirk Sliwka 2018

Vielen Dank

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Dirk Sliwka 2018 Folie 37

Dirk Sliwka 2018

Variable Vergütung: Branche

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Quelle: LPP-Betriebs- und Beschäftigtenbefragung 2012-2017

Dirk Sliwka 2018

Vergütungsmix: Branche

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Quelle: LPP-Betriebs- und Beschäftigtenbefragung 2012-2017

Dirk Sliwka 2018

Einmal- und Sonderzahlungen

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Quelle: LPP-Betriebs- und Beschäftigtenbefragung 2012-2017

Dirk Sliwka 2018

Differenzierung und Leistung

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Dirk Sliwka 2018

Wer erhält variable Vergütung?

Ergebnisse von Regressionsanalysen

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Quelle: LPP-Betriebs- und Beschäftigtenbefragung 2012-2017

Dirk Sliwka 2018

Individuelle Leistungsbeurteilungen

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Dirk Sliwka 2018

Leistungsbeurteilungen

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0,00%

5,00%

10,00%

15,00%

20,00%

25,00%

30,00%

35,00%

40,00%

1 1,5 2 2,5 3 3,5 4 4,5 5

Tarifmitarbeiter eines DAX Unternehmens

2000

2001

2002

2003


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