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DAP FORTBILDUNG Supportive Therapie · 2020. 6. 18. · 4.3.5 Xerosis cutis / Pruritus 16 4.3.6...

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1 Einführung 2 2 Chemo-, Strahlen- und Immuntherapie 2 2.1 Chemotherapie 2 2.2 Strahlentherapie 3 2.3 Immuntherapie 4 3 Nebenwirkungen 4 3.1 Übelkeit und Erbrechen 4 3.2 Orale Mukositis 6 3.3 Hauttoxizität 7 3.3.1 Akneiformes Exanthem 7 3.3.2 Alopezie 8 3.3.3 Hand-Fuß-Syndrom 8 3.3.4 Nagelveränderungen 8 3.3.5 Xerosis cutis / Pruritus 9 4 Therapiemöglichkeiten der Nebenwirkungen 9 4.1 Übelkeit und Erbrechen 9 4.1.1 Präventionsmaßnahmen 9 4.1.2 Wirkstoffkombination Palonosetron und Netupitant (NEPA) 11 4.1.3 Therapie 12 4.2 Orale Mukositis 12 4.2.1 Präventionsmaßnahmen 12 4.2.2 Therapie 12 4.2.3 Produktinformation Gelclair ® 13 4.3 Hauttoxizität 13 4.3.1 Akneiformes Exanthem 14 4.3.2 Alopezie 15 4.3.3 Hand-Fuß-Syndrom 15 4.3.4 Nagelveränderungen 15 4.3.5 Xerosis cutis / Pruritus 16 4.3.6 Produktinformation Dr. Storz ® ALOE VERA 97,5% Gel* 17 5 Apothekenpraxis 17 A Quellenverzeichnis 19 B Abbildungsverzeichnis 19 C Lernerfolgskontrolle 20 1 Supportive Therapie BEI CHEMO- UND STRAHLENTHERAPIE DAP FORTBILDUNG DAPs 50 DAPs 50 Z E R T I F I Z I E R T D e u t s c h e s A p o t h e k e n P o r t a l 8401299
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1 Einführung 2

2 Chemo-, Strahlen- und Immuntherapie 2

2.1 Chemotherapie 2 2.2 Strahlentherapie 3 2.3 Immuntherapie 4

3 Nebenwirkungen 4

3.1 Übelkeit und Erbrechen 4 3.2 Orale Mukositis 6 3.3 Hauttoxizität 7 3.3.1 Akneiformes Exanthem 7 3.3.2 Alopezie 8 3.3.3 Hand-Fuß-Syndrom 8 3.3.4 Nagelveränderungen 8 3.3.5 Xerosis cutis / Pruritus 9

4 Therapiemöglichkeiten der Nebenwirkungen 9

4.1 Übelkeit und Erbrechen 9 4.1.1 Präventionsmaßnahmen 9 4.1.2 Wirkstoffkombination Palonosetron und Netupitant (NEPA) 11 4.1.3 Therapie 12 4.2 Orale Mukositis 12 4.2.1 Präventionsmaßnahmen 12 4.2.2 Therapie 12 4.2.3 Produktinformation Gelclair® 13 4.3 Hauttoxizität 13 4.3.1 Akneiformes Exanthem 14 4.3.2 Alopezie 15 4.3.3 Hand-Fuß-Syndrom 15 4.3.4 Nagelveränderungen 15 4.3.5 Xerosis cutis / Pruritus 16 4.3.6 Produktinformation Dr. Storz® ALOE VERA 97,5% Gel* 17

5 Apothekenpraxis 17

A Quellenverzeichnis 19

B Abbildungsverzeichnis 19

C Lernerfolgskontrolle 20

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Supportive Therapie BEI CHEMO- UND STRAHLENTHERAPIE

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Supportive Therapie BEI CHEMO- UND STRAHLENTHERAPIE

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1 Einführung

Bei der supportiven Therapie handelt es sich um unterstützende Maßnahmen, die nicht direkt der Heilung der Erkrankung dienen, sondern den Heilungsprozess unterstützen, ggf. beschleunigen oder das Auftreten von Symptomen verhindern (Prophylaxe). Besonders in der Krebstherapie hat die supportive Therapie eine große Bedeutung, denn neben dem allgemeinen Leidensdruck ist das Spektrum der möglichen Nebenwirkungen breit.

2 Chemo-, Strahlen- und Immuntherapie

Welche Krebstherapie geeignet ist, hängt von der Art des Tumors ab, d. h., die Therapie ist immer individuell auf den Patienten abge-stimmt. Die Krebstherapie baut auf verschiedenen Säulen auf. Dazu gehören die operative Entfernung des Tumors, die Chemotherapie und die Strahlentherapie. Aber auch die Immuntherapie kann bei der Behandlung gegen Tumore eingesetzt werden.

2.1 Chemotherapie

Eine Chemotherapie umfasst die Behandlung bösartiger Tumore mit Hilfe von Chemotherapeutika bzw. Zytostatika. Zytostatika sollen das Zellwachstum bzw. die Zellteilung verhindern oder verzögern. Sie richten sich gezielt gegen die Tumorzellen.1

Wirkweise

Zur Behandlung der Krebserkrankung werden unterschiedliche Zytostatika eingesetzt oder auch kombiniert. Zytostatika haben zwar unterschiedliche Angriffspunkte, die Wirkung ist jedoch vergleichbar, denn sie sollen die Zellteilung der Tumore hemmen und die Ver-mehrung der Tumorzellen unterbinden. Es handelt sich dabei um eine systemische Therapie.

Ablauf, Dauer und Häufigkeit einer Chemotherapie

Eine Chemotherapie erfolgt oft ambulant und kann mehrere Stunden andauern. Die Chemotherapie wird entweder als Infusion, Injektion oder in Tablettenform verabreicht und findet in Behandlungszyklen statt. Die Zytostatika werden dabei an mehreren aufeinander folgen-den Tagen oder auch nur an einzelnen Tagen appliziert bzw. verabreicht. Anschließend folgen Behandlungspausen, in denen sich das gesunde Gewebe regenerieren kann. Meist beinhaltet die Behandlung vier bis sechs Therapiezyklen, wodurch auch Tumorzellen zerstört werden sollen, die bis dahin nicht von den Zytostatika vernichtet wurden.

Mögliche Nebenwirkungen einer Chemotherapie

Bei der Chemotherapie handelt es sich um eine systemische Therapie. Sie wirkt nicht nur auf Tumorzellen, sondern kann auch gesunde Zellen beeinflussen. Betroffen sind vor allem gesunde Zellen, die sich ebenso schnell teilen wie Tumorzellen. Dazu zählen Zellen der Schleimhäute, der Haarwurzel und des Knochenmarks. Hier wird deutlich, warum es zu den typischen Nebenwirkungen der Chemo-therapie kommt: Übelkeit, Erbrechen, Haarausfall, Entzündungen der Mundschleimhaut, Durchfall und Bauchschmerzen, veränderte Blutwerte und Erschöpfungszustände (Fatigue). Diese Nebenwirkungen hängen auch davon ab, welche Zytostatika zum Einsatz kommen und wie lange sie verabreicht werden. Neben der Behandlung der Nebenwirkungen können auch vorbeugende bzw. unterstützende Maßnahmen (supportive Therapie) ergriffen werden.2

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BEI CHEMO- UND STRAHLENTHERAPIE

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2.2 Strahlentherapie

Neben der Operation und Chemotherapie ist die Strahlentherapie eine weitere Option zur Behandlung von Krebstumoren, welche in den meisten Fällen lokal eingesetzt wird. Sie gehört zu den Säulen der traditionellen Krebstherapie und wird entweder als alleinige Maßnahme oder in Kombination mit einer Chemotherapie eingesetzt. Sie wird oft auch Radiotherapie genannt.

Wirkweise

Durch die Strahlentherapie sollen Tumorzellen durch ionisierende Strahlung oder Teilchenstrahlung gezielt zerstört werden, indem die Erbsubstanz in den Tumorzellen geschädigt wird. Diese können sich nicht weiter vermehren und werden im besten Fall ganz zerstört. Die erforderliche Strahlendosis wird mit Hilfe der Strahlenempfindlichkeit des Tumors ermittelt. Die Strahlung wirkt nicht nur auf die Tumor-zellen, sondern kann auch die gesunden Zellen zerstören oder schädigen. Diese können sich nach der Bestrahlung jedoch besser rege-ne rie ren als Tumorzellen.

Verschiedene Ansätze der Strahlentherapie

Es können bei der Strahlentherapie drei Arten unterschieden werden:2

Ablauf einer Strahlentherapie

Bevor mit einer Strahlentherapie begonnen wird, müssen Voruntersuchungen mittels Computertomographie (CT) und/oder Magnetreso-nanztomographie (MRT) durchgeführt werden, um den Tumor zu charakterisieren und genauestens zu lokalisieren. Die zuvor ermittelten Daten werden dann festgehalten.

Zudem wird die Strahlendosis errechnet, die der Patient erhalten soll. Diese wird auf mehrere Behandlungssitzungen aufgeteilt, damit die Heilungsprozesse im normalen Gewebe bestmöglich ablaufen können. Ziel ist es, möglichst nur den Tumor zu bestrahlen, um umlie-gendes gesundes Gewebe so wenig wie möglich zu beschädigen (Präzisionsbestrahlung).

Mögliche Nebenwirkungen einer Strahlentherapie

Wie die Chemotherapie kann auch eine Strahlentherapie Nebenwirkungen verursachen. Dazu zählen Schleimhautschäden und -entzün-dungen im Mund- und Rachenraum, Übelkeit und Erbrechen, Hautrötungen an der bestrahlten Körperregion, Müdigkeit und Fieber. Oft hängen auftretende Nebenwirkungen davon ab, welche Körperregionen und Organe bestrahlt werden und betroffen sind. Hier lassen sich bereits vorbeugende Maßnahmen ergreifen.

Bestrahlung von außen (perkutane Bestrahlung) Bestrahlung von innen (Brachytherapie) Nuklearmedizinische Strahlentherapie

• Wirkung der Strahlen durch die Haut auf die Tumorzellen

• Ambulante Behandlung

• Bestrahlung der Tumore aus kurzer Entfernung direkt von innen heraus durch Einbringen einer radioaktiven Strahlenquelle in den Körper

• Bestrahlung über mehrere Tage: effektiv, gesundes Gewebe wird wenig geschädigt

• Verabreichung radioaktiver Substanzen als Arzneimittel

• Gelangen über Stoffwechsel in das betroffene Organ, zerstören die Tumorzellen und zerfallen innerhalb weniger Stunden oder Tage

• Oft eingesetzt bei Metastasen

Abb. 1: Ansätze der Strahlentherapie

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Supportive Therapie BEI CHEMO- UND STRAHLENTHERAPIE

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2.3 Immuntherapie

Die Immuntherapie gehört zu einer neueren Option der Tumorbehandlung und wird auch immunonkologische Therapie genannt. Hierbei wird das Immunsystem durch die Gabe spezieller Medikamente wie Antikörper dabei unterstützt, den Tumor zu beseitigen. Sie hat damit einen ganz anderen Wirkmechanismus als die Chemo- oder die Strahlentherapie.2

Wirkweise

Die Immuntherapie greift in eine Eigenschaft der Tumorzellen ein. Es handelt sich dabei um die Tarnung der Krebszellen vor Immunzellen mit Hilfe von Substanzen, die sich auf der Tumoroberfläche bilden. Sie täuschen so dem Immunsystem vor, nicht bösartig zu sein. Dies passiert an Immunkontrollpunkten (Checkpoints), die die Immunantwort steuern und bei einem gesunden Menschen unzureichende sowie überschießende Immunreaktionen unterbinden. Tumorzellen können sich dieser Kontrolle durch Signalmoleküle auf ihrer Ober-fläche entziehen. Der Tumor kann sich so weiterentwickeln, ohne dass das körpereigene Immunsystem diesen als solchen erkennt und am Wachstum hindern kann.

Ein Signalstoff, der von Krebszellen zur Tarnung genutzt wird, ist beispielsweise das Molekül CTLA-4. Es wirkt wie eine molekulare Bremse und bremst das Immunsystem in direkter Nähe aus. Ein anderer Signalstoff ist PD-1, das ähnlich wie das Molekül CTLA-4 wirkt. PD-1 verhindert, dass Tumorzellen mit Hilfe der Immunabwehr in den programmierten Zelltod getrieben und so eliminiert werden.

Die Immuntherapie hat das Ziel, diesen Ablauf der Tumorzellen zu stören. Deshalb wurden Checkpoint-Inhibitoren entwickelt, die an den Kontrollpunkten mit gestörter Steuerung der Immunabwehr eingreifen. Durch den Einsatz dieser Wirkstoffe, wie beispielsweise Antikörper, wird die Bremswirkung von PD-1 oder auch CTLA-4 gelöst. Das Immunsystem kann die Krebszellen nun als solche erkennen.2

Mögliche Nebenwirkungen einer Immuntherapie

Auch wenn die Immuntherapie als gut verträglich gilt, können auch hier Nebenwirkungen auftreten. Die Nebenwirkungen sind im Wirk-mechanismus der eingesetzten Medikamente begründet, da diese das Immunsystem stimulieren. Hierbei kann es zu Überreaktionen kommen und das Immunsystem kann sich gegen körpereigene Strukturen richten und dabei die Entstehung einer Autoimmunerkrankung begünstigen. Bemerkbar machen kann sich diese durch Fieber, Müdigkeit oder Entzündungsreaktionen. Die Reaktionen können die Lunge, die Nieren, die Augen, den Magen-Darm-Bereich oder auch die Haut betreffen.2

3 Nebenwirkungen

Wie bereits zuvor erwähnt, können sowohl eine Chemo- als auch eine Strahlentherapie Nebenwirkungen verursachen, die die Betroffe-nen in ihrer Lebensqualität stark einschränken und den Therapieerfolg gefährden können. Im Folgenden werden die typischen Neben-wirkungen von Chemo- und Strahlentherapie behandelt.

3.1 Übelkeit und Erbrechen

Übelkeit und Erbrechen sind häufige Nebenwirkungen der medikamentösen Tumortherapie. Trotz einer leitliniengerechten Therapie tritt bei ca. 20–30 % der Patienten während der Chemotherapie Erbrechen auf. Die Inzidenz und Intensität von Übelkeit und Erbrechen sind bei der Strahlentherapie nicht so stark ausgeprägt wie bei der Chemotherapie.3

Bei einer Strahlen- bzw. Chemotherapie werden drei Phasen von Übelkeit und Erbrechen unterschieden: Akut: Auftreten in den ersten 24 Stunden nach Beginn der Chemotherapie Verzögert: Auftreten mehr als 24 Stunden nach Beginn der Tumortherapie und Dauer bis zu 5 Tage Antizipatorisch: Auftreten ab dem 2. Zyklus, vor jeweiligem Therapiebeginn; aufgrund einer klassischen Konditionierung durch externe oder psychische Faktoren (Geruch, Geschmack, visuelle Eindrücke, psychische Faktoren)4

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Symptome

Zu den Symptomen gehören Übelkeit, Würgereiz und Erbrechen. Die Intensität wird nach den Common Terminology Criteria for Adverse Events (CTCAE) in vier Schweregrade klassifiziert:

Entstehung

Für die Entstehung von Übelkeit und Erbrechen sind verschiedene Neurotransmitter, Subs-tanz P, Serotonin und entsprechende Rezepto-ren verantwortlich. Die Anamnese findet vor und nach jedem Therapiezyklus statt: vor Beginn eines neuen Therapiezy klus und bei Dauertherapie in regelmäßigen Abständen.

Chemotherapeutika bzw. Zytostatika stimu lie-ren die Freisetzung von Serotonin aus den enterochromen Zellen des Dünndarms (Abb. 3). Anschließend aktiviert Serotonin 5-HT3-Rezeptoren auf vagalen (den Nervus vagus betreffend) afferenten Nervenfasern im gastrointestinalen Trakt. Diese Nervenfasern übertragen die Reize an den Hirn stamm, der den Brechreiz verarbeitet und efferente Signale an Organe und Gewebe sendet, um ein Erbrechen auszulösen. Darü ber hinaus können Chemotherapeutika auch direkt zen trale 5-HT3-Rezeptoren im Hirn stamm sti mulieren. Die Aktivierung der Neuroki-nin-1(NK1)-Rezeptoren durch Substanz P im Hirnstamm wird mit dem Auslösen der verzö-gerten Emesis in Zusammenhang gebracht.5

EXKURS: Emetogenes Potenzial parenteraler antineoplastischer Substanzen

Bestimmte Substanzen haben ein höheres Potenzial, Übelkeit und Erbrechen hervorzurufen, als andere. Zu den Substanzen, die ein hoch emetogenes Potenzial haben (d. h., wenn über 90 % der Patienten, ohne Durchführung einer antiemetischen Prophylaxe, an Erbrechen leiden), gehören zum Beispiel Anthrazyklin/Cyclophosphamid in Kombination, Carmustin, Cisplatin, Cyclophosphamid (in einer Konzentration ≥ 1.500 mg/m2), Dacarbazin, Mechlorethamin und Streptozotocin.3

Kriterium Grad 0 Grad 1 Grad 2 Grad 3 Grad 4

• Übelkeit • Keine Übelkeit • Etwas, Nahrungsaufnahme nicht eingeschränkt

• Mäßig, Nahrungsaufnahme eingeschränkt

• Stark, keine Nahrungsaufnahme

• –

• Erbrechen • Kein Erbrechen • 1–2 x/Tag • 3–5 x/Tag • ≥ 6 x/Tag • Lebensbedrohlich

Abb. 2: Common Terminology Criteria for Adverse Events (CTCAE, Version 4.03)3

Abb. 3: Pathophysiologische Mechanismen der Chemotherapie-induzierten Übelkeit und Erbrechen (mod. nach Navari, Aapro NEJM 2016)6

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Risikofaktoren

Es gibt verschiedene Faktoren, die das Auftreten von Übelkeit und Erbrechen begünstigen. Hier wird zwischen therapieabhängigen und patientenabhängigen Faktoren unterschieden.

3.2 Orale Mukositis

Eine weitere Nebenwirkung der Krebstherapie kann eine orale Mukositis sein. Dabei handelt es sich um eine Schleimhautschädigung im Mund- und Rachenbereich, die durch die Zerstörung der sich schnell teilenden Zellen in der Mundschleimhaut verursacht wird. Eine Entzündung der Schleimhaut (Mukositis) kann im ganzen Gastrointestinaltrakt auftreten.3

Die genaue Entstehung einer oralen Mukositis durch eine Chemo- bzw. Strahlentherapie ist nicht vollständig geklärt. Es wird vermutet, dass verschiedene ineinandergreifende Faktoren das Auftreten beeinflussen.

Es wird dabei zwischen der chronischen und der akuten Mukositis unterschieden. Die chronische Mukositis wird meist durch die Be-strahlungstherapie begünstigt. Es handelt sich dabei zwar um eine lokale Therapie, sie findet aber über einen längeren Zeitraum statt. Im Rahmen einer Chemotherapie kommt es zu einer systemischen Gabe der notwendigen Arzneimittel über einen kürzeren Zeitraum in mehreren Zyklen. Bei einer Chemotherapie steigt daher die Inzidenz mit der Zyklenzahl und begünstigt die Entstehung einer akuten oralen Mukositis.7

Symptome

Je nach Ausprägung der Symptome ist der Leidensdruck der Patienten hoch. Durch mögliche Schmerzen und ein erhöhtes Infektions-risiko sowie eine verminderte Nahrungsaufnahme ist die Lebensqualität der Betroffenen eingeschränkt.

Mögliche Symptome können folgende sein:3

• Schmerzen • Entzündungen • Infektionen • Schluckbeschwerden • Rötungen • Schwellungen • Wundsein

Therapieabhängige Faktoren Patientenabhängige Faktoren

• Art, Dosierung, Dauer, Applikationsform der Therapie

• Anzahl der Zyklen

• Schmerztherapie mit Opioiden

• Alter, Geschlecht

• Vorgeschichte von Übelkeit, Erbrechen (höheres Risiko bei Patienten mit Vorbelastung in einer vorherigen Chemotherapie)

• Ängstlichkeit

• Art der Tumorerkrankung

• Allgemeinzustand

• Anorexie/Kachexie

Abb. 4: Risikofaktoren Übelkeit und Erbrechen bei Chemotherapie3

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Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die orale Mukositis in vier verschiedene Stadien bzw. Schweregrade eingeteilt:8

Entstehung

Die Mund- und Rachenschleimhaut besteht aus mehreren Zellschichten, die sich oft erneuern und deren Zellen sich schnell teilen. Durch eine Chemo- oder Strahlentherapie wird nicht nur die Teilung der Krebszellen gehemmt, sondern auch die gesunder Zellen. Es kommt zu einer direkten und irreversiblen Schädigung der DNA. Die sich normalerweise schnell teilenden Zellen werden in ihrem Wachstum gehemmt und können nicht mehr erneuert werden. Zusätzlich kommt es zu einer Produktion von entzündungsfördernden Botenstoffen, wodurch der Schutzmechanismus der Schleimhaut geschädigt wird. Das Schleimhautgewebe wird geschwächt und die Zellschichten bauen sich ab. Die natürliche Schutzbarriere der Mundschleimhaut ist gestört und es entstehen Wunden im Mund- und Rachenraum. Bakterien und Mikroorganismen können in die Schleimhaut eindringen und Entzündungen sowie Geschwüre auslösen. Zwar erholt sich die Mundschleimhaut nach zwei bis drei Wochen und bildet neue Zellschichten, sie ist aber dennoch verändert.9

Risikofaktoren

Das Risiko für eine orale Mukositis ist nicht nur von der Art der Krebstherapie abhängig, sondern auch von verschiedenen patienten-abhängigen Faktoren:

3.3 Hauttoxizität

Da auch Hautzellen zu den Zellen gehören, die sich schnell teilen, kann die Tumortherapie auch hier einen Einfluss haben. Es kann zu Nebenwirkungen kommen, die das Erscheinungsbild beeinflussen und von den Patienten oft als unangenehm empfunden werden und die Lebensqualität beeinträchtigen: Hauttoxizitäten.

3.3.1 Akneiformes Exanthem

Das akneiforme Exanthem, auch Rash genannt, wird häufig beim Einsatz von epidermalen Wachstumsfaktorrezeptor-EGFR(HER1, ErbB1)- gerichteten Tumortherapien (EGFR-Inhibitoren) beobachtet, wie z. B. bei Cetuximab und Panitumumab. Es handelt sich um einen Wirk-stoffklassen-Effekt. Hierbei treten Pusteln und Papeln im Gesicht, an der Kopfhaut sowie im oberen Brust- und Rückenbereich auf.3

Schweregrad Symptome

0 � Normale Mundschleimhaut, keine Veränderungen

1 � Wundheitsgefühl und Rötungen

2 � Entzündliche Rötungen und Geschwüre; der Patient kann noch feste Nahrung zu sich nehmen.

3 � Geschwüre und ausgeweitete entzündliche Rötungen; der Patient kann nur flüssige Nahrung schlucken.

4 � Starke Mukositis; die Ernährung über den Mund ist nicht mehr möglich.

Abb. 5: Schweregrade der oralen Mukositis gemäß WHO

Therapieabhängige Faktoren Patientenabhängige Faktoren

• Art und Dosierung der Chemotherapie

• Hochdosis-Chemotherapie

• Allogene Knochenmarktransplantation

• Reduzierter Speichelfluss

• Genetische Faktoren

• Schlechte Mundhygiene

• Eingeschränkte Nieren- und/oder Leberfunktion

• Vorausgegangene Tumortherapie, z. B. bei Kopf-Hals-Tumoren

Abb. 6: Risikofaktoren orale Mukositis bei Chemotherapie10

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Das Erscheinungsbild des akneiformen Exanthems ist abhängig von der Therapiedauer. So ist es möglich, dass sich lokale Erytheme bilden oder aber generalisierte papulopustulöse Exantheme bis hin zu einem Pruritus, schmerzhaften Fissuren an den Fingerkuppen und Zehen, Nagel- und Nagelbettveränderungen sowie Haut- und Wimpernveränderungen. Das akneiforme Exanthem tritt meist an licht-exponierten Stellen des Körpers auf.

Nach Absetzen der Tumortherapie tritt nach ungefähr vier bis sechs Wochen die Ausheilung ein.3

3.3.2 Alopezie

Haarausfall (Alopezie) kann beim Einsatz verschiedener Zytostatika bzw. Chemotherapeutika auftreten. Chemotherapie-induzierter Haarausfall (CIA) ist eine der häufigsten Nebenwirkungen und für die betroffenen Patienten emotional sehr belastend.

Bei der CIA kommt es zu einem akuten Ausfall der Haare, die sich in der Wachstumsphase befinden, und tritt wenige Wochen nach Therapiebeginn auf. Die Haare wachsen oft schon innerhalb weniger Wochen nach Beenden der Tumortherapie nach und können sich in Farbe und Struktur von der ursprünglichen Behaarung unterscheiden.

Patientenabhängige Faktoren spielen beim Auftreten von Alopezie keine Rolle. Die Inzidenz ist abhängig vom eingesetzten Zytostatikum bzw. der eingesetzten Zytostatika-Kombination, vom Applikationsweg, von der Dosis sowie von der Halbwertszeit des Arzneimittels.

Wirkstoffe, unter denen es häufig zu Alopezie kommt, sind z. B. Cyclophosphamid, Doxorubicin, Epirubicin, Docetaxel oder auch Pacli-taxel.3

3.3.3 Hand-Fuß-Syndrom

Das Hand-Fuß-Syndrom (HFS) ist klinisch definiert durch schmerzhafte erythematöse Läsionen in den Handflächen und an den Fuß-sohlen. Die ersten Anzeichen treten innerhalb der ersten Therapiewochen auf.

Das HFS lässt sich in verschiedene Stadien einteilen. Zuerst tritt ein Missempfinden in den Handflächen und Fußsohlen auf. Danach kann es zu brennenden Schmerzen und Erythembildung, teilweise mit ödematösen Schwellungen, an den betroffenen Stellen kommen. Diese Schwellungen können in Blasenbildung, Loslösung der Hornschicht mit anschließenden Ulzerationen oder auch Erosionen über-gehen. Auch keratodermartige Verdickungen der Hornschicht werden beobachtet. In besonderen Fällen sind auch Hand- und Fußrücken, Stellen enganliegender Kleidung sowie Areale, die mechanischer Belastung ausgesetzt sind, betroffen.

Nach Beendigung der Therapie klingen die Beschwerden nach wenigen Wochen ab und verheilen. Die Heilung kann mit einer Schuppung einhergehen.3

3.3.4 Nagelveränderungen

Bestimmte Zytostatika (z. B. Taxane und EGF-Rezeptor-Inhibitoren) können als Nebenwirkung Nagelveränderungen hervorrufen. Meist sind sie zwar schmerzlos, können aber bei starker Ausprägung zu Nagelbettentzündungen und Nagelveränderungen führen, die für Betroffene stark belastend sind.

Die Erscheinungsbilder der Nagelveränderungen können sich unterschiedlich manifestieren. Das Risiko einer Nagelveränderung ist von der angewandten Tumortherapie abhängig. Patientenabhängige Risikofaktoren sind nicht bekannt.3

Konventionelle Chemotherapie: Farbveränderungen (Melanonychia, Leukonychia), Ablösung der Nägel vom Nagelbett (Onycholyse), Beau-Reil-Querfurchen oder Brüchigkeit der Nägel (Onychorrhexis)

Zielgerichtete Substanzen: Beeinträchtigung des Perionychiums (z. B. Nagelgeschwüre oder pyogene Granulome)

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3.3.5 Xerosis cutis / Pruritus

Die Xerosis cutis bezeichnet eine fettarm-trockene, spröde Haut.3 Sie ist oft Auslöser des Pruritus. Der Pruritus (Juckreiz) tritt häufig erst ein paar Wochen nach Therapiebeginn auf und kann mit Erythemen oder akneiformen Exanthemen einhergehen.

Die Intensität und Dauer der Beschwerden ist abhängig von der jeweiligen Tumortherapie, der Kombination mit anderen Arzneimitteln und individuellen patientenabhängigen Faktoren. Die genaue Entstehungsweise ist unklar.

Juckreiz kann die Konzentrationsfähigkeit, den Schlaf sowie die Sexualität beeinflussen, sodass die Lebensqualität der Patienten stark eingeschränkt ist. Am stärksten belastend ist Pruritus in Kombination mit einem akneiformen Exanthem.

Es kann im Rahmen der medikamentösen Tumortherapie zwischen Hautreaktionen der frühen und der späten Phase unterschieden wer - den. Pruritus gehört in der Regel zu den Hautreaktionen der späten Phase und tritt gewöhnlich nach vier bis fünf Therapiewochen auf.

Es gibt bestimmte Risikofaktoren, die das Entstehen eines Pruritus beeinflussen können:

• Eine vorbestehende Xerosis cutis • Das Alter der Patienten • Mögliche Begleitmedikationen • Diabetes mellitus sowie sonstige Komorbiditäten

Eine optimale Prävention kann einen Pruritus oft verhindern. Die frühzeitige Diagnose ist ausschlaggebend und maßgeblich daran beteiligt, ob ein Patient die Tumortherapie weiter fortführt, da Präventionsmaßnahmen verhindern können, dass Patienten die Therapie abbrechen.3

4 Therapiemöglichkeiten der Nebenwirkungen

Im Rahmen einer Tumortherapie werden häufig bereits im Vorfeld präventive Maßnahmen ergriffen, damit es zu möglichst wenigen Nebenwirkungen kommt. Allerdings lassen sich unerwünschte Arzneimittelwirkungen nicht immer ganz vermeiden, daher ist auch eine geeignete Therapie (supportive Therapie) zur Behandlung von Nebenwirkungen sehr wichtig.

4.1 Übelkeit und Erbrechen

4.1.1 Präventionsmaßnahmen

Da nicht nur die Lebensqualität der Patienten durch Übelkeit und Erbrechen stark beeinträchtigt ist, sondern auch der Erfolg einer Chemotherapie davon abhängt, ist eine gute Prävention besonders wichtig. Übelkeit und Erbrechen sollten möglichst von Beginn an vermieden werden, denn oft sind dies Nebenwirkungen, die zum Therapieabbruch oder einer Verweigerung einer weiteren Chemo-therapie führen. Zum Einsatz kommen sogenannte Basismedikamente.

Xerosis cutis Pruritus

• Feinporige, dünne, trockene, schuppende Haut mit zum Teil papierähnlicher Struktur

• Juckreiz

Abb. 7: Definition der Xerosis cutis und des Pruritus (CTCAE Version 4.03)3

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Serotonin-Rezeptor-Antagonisten (5-HT3-RA)

5-HT3-RA (auch Setrone) werden zur Prophylaxe von akuter Übelkeit und Erbrechen unter medikamentöser Tumortherapie eingesetzt. Es gibt vier 5-HT3-RA, die für diese Indikation in Deutschland, Österreich und der Schweiz verfügbar sind:

• Ondansetron • Palonosetron • Granisetron • Tropisetron

Palonosetron ist als einziger Wirkstoff auch in der verzögerten Phase wirksam.3 Die Gabe der Serotonin-Rezeptor-Antagonisten kann dabei oral oder intravenös erfolgen. Granisetron ist zudem auch als transdermales Pflaster im Handel.3

Es gilt, bei der Anwendung dieser vier Wirkstoffe Folgendes zu beachten:3

• Die geringste wirksame Dosis ist ausreichend. • Die tägliche Einmalgabe ist ausreichend. • Eine orale Gabe ist der intravenösen Gabe unter Berücksichtigung der Bioverfügbarkeit ebenbürtig.

Neurokinin-1-Rezeptor-Antagonisten (NK1-RA)

NK1-RA sind besonders wirksam in der Prophylaxe bei verzögerter Übelkeit und Erbrechen unter medikamentöser Tumortherapie.3 Es gibt vier Wirkstoffe, die derzeit dazu eingesetzt werden:

• Aprepitant • Netupitant • Fosaprepitant • Fosnetupitant*

Aprepitant und Netupitant werden oral, Fosaprepitant und Fosnetupitant werden hingegen intravenös verabreicht. Die Neurokinin-1-Re-zep tor-Antagonisten Netupitant und Fosnetupitant sind als Fixkombination mit Palonosetron und nicht als Einzelsubstanz verfügbar.

*Aktuell in den USA verfügbar

Glukokortikoide

Glukokortikoide finden sowohl bei der Prophylaxe der akuten Form des Erbrechens als auch bei der der verzögerten Form Anwendung. Der Wirkmechanismus ist nicht vollständig geklärt.

Eingesetzt werden folgende Glukokortikoide:

• Dexamethason • Prednison • Prednisolon

HINWEIS: Die Kombination aus einem Setron und einem Kortikoid erzielt eine verbesserte Wirkung von 10–30 % gegenüber der Setron-Monotherapie.3

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4.1.2 Wirkstoffkombination Palonosetron und Netupitant (NEPA)

Die Kombination aus dem 5-HT3-Rezeptor-Antagonisten Palonosetron und dem NK1-Rezeptor-Antagonisten Netupitant wird zur Präven-tion von akuter und verzögert auftretender Übelkeit und Erbrechen aufgrund stark oder mäßig emetogener Chemotherapie eingesetzt.

Wirkmechanismus

Die Kombination erlaubt es, sowohl die frühe als auch die verzögerte Phase von Übelkeit und Erbrechen nach einer Chemotherapie zu kontrollieren. Setrone blockieren Rezeptoren, die für die frühe Phase verantwortlich sind. Netupitant ist dagegen ein selektiver Neuro-kinin-1-Rezeptor-Antagonist. Verzögert auftretende Emesis wird mit der Aktivierung von NK1-Rezeptoren durch Substanz P in Zusam-menhang gebracht.5

Abb. 8: Antiemetische Prophylaxe bei medikamentöser Tumortherapie11

S3-Leitlinien Antiemetische Prophylaxe bei medikamentöser Tumortherapie

ak

ut

(Ta

g 1

)ve

rzö

gert

(Ta

g 2

–5

)

keine routinemäßige

Prophylaxe

minimal

patienten- individuelle Maßnahmen

antizipatorisch

Metoclopramid

5-HT3- Rezeptor-Antagonist

Dexamethason

gering

oder

oder1 Zur hoch emetogenen Risikogruppe zählen auch Patienten mit Mammakarzinom, die eine Anthrazyklin/Cyclophosphamid-basierte Chemotherapie erhalten.

2 Gabe an den Tagen 2 und 3 bei Aprepitant erforderlich; bei Fosaprepitant und Netupitant (NEPA) erfolgt die Gabe nur am Tag 1.

3 Randomisierte Studien liegen nur für Carboplatin AUC ≥ 4 vor.

4 Gabe von Dexamethason in der verzögerten Phase nur bei Chemotherapien mit erhöhtem Potenzial für verzögertes Erbrechen (z. B. Oxaliplatin, Doxorubicin, Cyclophosphamid, Tag 2 + 3 nur bei Aprepitant)

Jordan et al., www.onkopedia.com; Jan 2017

NK1-Rezeptor- Antagonist

5-HT3- Rezeptor-Antagonist

Dexamethason4 Tag 2 + 3

NK1-Rezeptor- Antagonist2 Tag 2 + 3

Dexamethason

hoch1

in Kombination mit

in Kombination mit

und in Kombination mit

ggf. gefolgt von

moderat

5-HT3- Rezeptor-Antagonist

Dexamethason4 Tag 2 + 3

Dexamethason

andere

in Kombination mit

gefolgt von

NK1-Rezeptor- Antagonist

5-HT3- Rezeptor-Antagonist

NK1-Rezeptor- Antagonist2 Tag 2 + 3

Dexamethason

carboplatinhaltig3

in Kombination mit

und in Kombination mit

ggf. gefolgt von

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4.1.3 Therapie

Bei Übelkeit und/oder Erbrechen – trotz optimaler Antiemese – sind einige Medikamente bei Tumortherapie-induzierten Erbrechen als Rescue-Antiemese einsetzbar.3 Dazu zählen Neuroleptika und andere Dopamin-Rezeptor-Antagonisten, Benzodiazepine sowie H1-Blocker.

Neuroleptika und andere Dopamin-Rezeptor-Antagonisten:

• Olanzapin (Off-Label-Use) • Haloperidol • Metoclopramid • Levomepromazin • Alizaprid

Benzodiazepine:

• Lorazepam • Diazepam

H1-Blocker:

• Dimenhydrinat

In seltenen Fällen kommen Cannabinoide zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen in Frage, besonders wenn eine Intoleranz gegen-über 5-HT3-RA, Steroiden und NK1-Antagonisten vorliegt.3

4.2 Orale Mukositis

Die S3-Leitlinie „Supportive Therapie bei onkologischen PatientInnen“ empfiehlt neben verschiedenen therapeutischen Maßnahmen auch das Führen eines Mundpflegeprotokolls. Zur Linderung der Symptome und zur Unterstützung des Heilungsprozesses kommen verschiedene Produkte zum Einsatz.3

4.2.1 Präventionsmaßnahmen

Um einer oralen Mukositis vorzubeugen, ist eine gute Mundhygiene ausschlaggebend. Die Pflege durch den Patienten sollte verschie-dene Bausteine enthalten. Dazu zählt beispielsweise die Anwendung von Mundspülungen mit 0,9%iger Kochsalzlösung oder Tee. Die Zähne sollten mit einer weichen Zahnbürste geputzt werden, um Verletzungen der Mundschleimhaut zu vermeiden, und die Zahn-zwischenräume sollten regelmäßig gereinigt werden. Wichtig ist ebenfalls, auf reizende Stoffe wie Alkohol, Tabak sowie zucker- und säurehaltige Lebensmittel zu verzichten.3

4.2.2 Therapie

Schmerzstillende Mittel

Schmerzstillende Mittel sorgen zwar für eine sofortige Symptomlinderung, aber der Heilungsprozess wird nicht unterstützt. Verwendet werden Mundspüllösungen mit topischen Anästhetika, wie z. B. Lidocain. Durch die betäubende Wirkung im Mund- und Rachenraum ist die Nahrungsaufnahme beeinträchtigt, weshalb diese vermindert sein kann.

Des Weiteren werden systemische Opioide wie Morphin oder auch transdermale Fentanylpflaster angewendet. Sie haben sich in der Be - handlung oraler Mukositis als effektiv erwiesen und etabliert. Morphin gehört zur Standardbehandlung und ist Teil des WHO-Schemas.3

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Mundspüllösungen mit Doxepin haben sich ebenfalls als wirkungsvoll herausgestellt. Doxepin ist ein trizyklisches Antidepressivum mit schmerzstillenden Eigenschaften. Zum Einsatz kommen 0,5%ige Doxepin-Lösungen.3

Feuchtigkeitsspendende Lösungen

Feuchtigkeitsspendende Lösungen dienen der Pflege der Mund- und Rachenschleimhaut, haben aber keine schmerzstillende Wirkung. Sie enthalten beispielsweise Macrogol oder eine Calcium- oder Phosphatlösung.

Physikalisch wirkende Schutzlösungen

Physikalisch wirkende Schutzlösungen bilden einen Schutzfilm, der sich über die betroffenen Stellen im Mund- und Rachenraum legt und so die Schmerzen lindert. Zudem wird der Heilungsprozess unterstützt und die Geschmackswahrnehmung wird nicht beeinflusst. Eingesetzt werden Lösungen auf gelhaltiger Basis.12

4.2.3 Produktinformation Gelclair®

Gelclair® ist ein viskoses Gel, das speziell zur unterstützenden Behandlung von Schmerzsymptomen einer Mukositis des Mund- Rachen-Raums entwickelt wurde. Es bildet einen Schutzfilm, der durch Haftung an der Schleimhaut des Mund-Rachen-Raums weiteren Reizungen vorbeugt und somit zu einer raschen Linderung des Schmerzes beitragen kann.13

Anwendung

1. Eine Dosis Gelclair® (ein Sachet [= 15 ml] oder einen Mess-becher [= 15 ml]) mit ca. 40 ml (3 Esslöffel) Wasser verrühren.

2. Die Lösung mindestens eine Minute im Mund spülen und gurgeln, anschließend ausspucken.

3. Eine Stunde nach der Anwendung darf weder gegessen noch getrunken werden.

4. Die Lösung am besten dreimal täglich vor den Hauptmahlzeiten oder nach Bedarf anwenden.

WICHTIG: Eine Stunde nach der Anwendung der Lösung sollte weder gegessen noch getrunken werden, da das Gel diese Zeit benö-tigt, um einen schützenden Film über die schmerzenden und entzündeten Stellen im Mund zu bilden.13

4.3 Hauttoxizität

Der Begriff Hauttoxizität umfasst, wie bereits beschrieben, mehrere Erscheinungsformen von Chemotherapie-induzierten Nebenwirkun-gen. Im Folgenden werden sowohl präventive Maßnahmen als auch Therapiemöglichkeiten aufgeführt.

Abb. 9: Produktabbildung Gelclair®

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4.3.1 Akneiformes Exanthem

4.3.1.1 Präventionsmaßnahmen

Zur Prävention des akneiformen Exanthems sind bestimmte Verhaltens- und Basismaßnahmen während der Therapie empfehlenswert:

• Vermeidung mechanischer und chemischer Reize auf die Haut (z. B. durch Hitze, Feuchtigkeit, Nassrasur, Druck durch enges Schuhwerk), da diese das Infektionsrisiko erhöhen

• Geeigneter UV-Schutz (Sonnencreme und schützende Kleidung) und Meidung direkter Sonneneinstrahlung oder künstlicher UV-Strahlung (Solarien)

• Basispflegemaßnahmen: Verwendung pH-5-neutraler Bade-/Duschöle, ggf. Pflege mit harnstoffhaltigen Cremes (5–10 %) mindes-tens zweimal täglich

Das Einhalten der Basispflegemaßnahmen entspricht einer Good Clinical Practice.

Zusätzlich gibt es, neben den Verhaltens- und Basismaßnahmen, auch die Möglichkeit, eine prophylaktische orale Therapie mit Tetracy-clinen zu beginnen, um ein mögliches Auftreten des akneiformen Exanthems abzuschwächen. Zum Einsatz kommen Doxycyclin oder Minocyclin.

Die Kombination verschiedener Therapeutika wird laut S3-Leitlinie empfohlen bzw. in unterschiedlichen Studien wurde ein Benefit beobachtet. Demnach zeigt die kombinierte Anwendung von Feuchtigkeitscreme, Sonnencreme, 1%iger Hydrocortisoncreme und Ein-nahme eines Antibiotikums eine signifikante Verringerung von z. B. durch Panitumumab induzierten Hauttoxizitäten.3

4.3.1.2 Therapie

Die Therapie des akneiformen Exanthems richtet sich nach dem Schweregrad. Bei leichteren Erscheinungsformen werden das Einhalten der Basismaßnahmen und die Gabe von oralen Antibiotika empfohlen. Eine lokale Behandlung mit antibiotikahaltigen Cremes kann zusätzlich erfolgen (z. B. Metronidazol oder Nadifloxacin).

Ist das akneiforme Exanthem stärker ausgeprägt, kommen zu den zuvor genannten Maßnahmen zusätzlich topische Steroide, wie z. B. Prednicarbatcremes, zum Einsatz.

Bei besonders schweren Verlaufsformen des akneiformen Exanthems unterbrechen manche Patienten sogar die Therapie. Ergänzend werden hier systemische Glukokortikoide und Antibiotika eingesetzt, ggf. sogar ein orales Isotretinoin. Letzteres darf in keinem Fall in Kombination mit einer oralen Antibiotikatherapie erfolgen.

Zur Schmerzlinderung sollten Analgetika wie Ibuprofen oder Paracetamol eingesetzt werden. Gegen den Juckreiz können orale Antihista-minika, Kühlung bzw. die Anwendung von gekühlten Lotionen empfohlen werden. Lokale Anästhetika sollten wegen möglicher Überemp-findlichkeitsreaktionen keine Anwendung finden.

4.3.2 Alopezie

4.3.2.1 Präventionsmaßnahmen

Medikamentöse Therapien zur Prävention einer CIA gibt es bisher nicht. Es hat sich herausgestellt, dass die Kühlung der Kopfhaut einen positiven Einfluss auf die CIA bzw. auf den Haarerhalt haben kann.3

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4.3.2.2 Therapie

Laut S3-Leitlinie gibt es derzeit keine Therapie der CIA. Da der Haarausfall aufgrund der Haarwachstumsphasen verzögert erfolgt, ist eine Therapie nicht aussichtsreich. Medikamentöse Therapien waren auch in der Prävention nicht erfolgreich.3

4.3.3 Hand-Fuß-Syndrom

4.3.3.1 Präventionsmaßnahmen

Zur Prophylaxe des Hand-Fuß-Syndroms kann es helfen, auch hier bestimmte Verhaltens- und Basismaßnahmen zu befolgen:3

• Vermeidung von chemischen Reizen, wie z. B. längerer Kontakt mit Wasser oder Reinigungsmitteln

• Vermeidung mechanischer Belastung (Hitze, Druck, Reibung)

• Behandlung von Vorerkrankungen, wie z. B. Nekrosen, Mykosen, Hyperkeratosen

Für die Effektivität der supportiven Therapie bezüglich des HFS stehen zwar keine kontrollierten Studien zur Verfügung, in der Praxis werden sie jedoch als fester Bestandteil angesehen. Es kann außerdem helfen, den Patienten vor Therapiebeginn über mögliche Triggerfaktoren eines HFS aufzuklären. Wichtig ist ebenfalls eine Kontrolle der Hände und Füße auf Hauterkrankungen – vor und während der Therapie. Bei auffälligem Befund sollte eine entsprechende dermatologische oder orthopädische Behandlung erfolgen.

Harnstoffhaltige Cremes

Zusätzlich zu den Basismaßnahmen kann eine Prophylaxe mit einer 5–10 % harnstoffhaltigen Creme mehrfach täglich erfolgen. Studien zeigten, dass die Beschwerden des HFS bei der Anwendung von harnstoffhaltigen Cremes zurückgingen (Evidenz besteht für die Stoffe Capecitabin und Sorafenib).3

4.3.3.2 Therapie

Auch bei der Behandlung des HFS sollten alle präventiven Maßnahmen fortgeführt werden. Kommt es zu stärkeren Verlaufsformen des HFS, kann die Dosis der Krebstherapie verringert oder die nächste Therapiegabe verzögert werden, bis sich die Beschwerden gebessert haben.3

4.3.4 Nagelveränderungen

4.3.4.1 Präventionsmaßnahmen

Bei vielen Nagelveränderungen wird die Nagelmatrix nur vorübergehend beeinträchtigt. Die Veränderungen sind meist asymptomatisch und reversibel. So beispielsweise bei Onychomadesis, Melanonychia oder auch bei Beau-Reil-Querfurchen – hier sind keine präventiven Maßnahmen erforderlich. Der Patient sollte lediglich darüber aufgeklärt werden, dass es im Zusammenhang mit der Tumortherapie zu Nagelveränderungen kommen kann.3

Bei dem Einsatz von Taxanen (z. B. Paclitaxel) können eventuell präventive Maßnahmen erwogen werden, da diese Stoffgruppe häufig Nagelveränderungen auslöst. Der Anwendung präventiver Maßnahmen liegen keine Daten aus RCTs (randomisierten kontrollierten Studien) zugrunde, sondern sie wird nur aus Einzelfällen und Erfahrungswissen abgeleitet.

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Zur Prophylaxe von Nagelkomplikationen wird Folgendes empfohlen:

• Meidung chemischer Reize (z. B. langer Kontakt mit Wasser oder Reinigungsmitteln, acetonhaltiger Nagellackentferner)

• Vermeidung mechanischer Belastung wie Reibungen und Druck auf Nagel und Nagelplatte (z. B. künstliche Nägel, Nägelkauen, Entfernen der Nagelhaut, drückendes Schuhwerk)

• Gute Nagelpflege (gerade geschnittene, nicht zu kurze Nägel; tägliches Eincremen mit harnstoffhaltigen Externa)

TIPP: Bei längerem Kontakt mit Wasser, z. B. beim Geschirrspülen, können Baumwollhandschuhe und darüber Schutzhandschuhe auf Vinylbasis angezogen werden. Zum Schutz der Fußnägel sollten Baumwollsocken und gut passende und vor allem nicht drückende Schuhe getragen werden.

4.3.4.2 Therapie

Wie auch bei den Hauttoxizitäten wird die weitere Durchführung der Basismaßnahmen empfohlen. Auch hier erfolgt die Empfehlung der medikamentösen Therapie aufgrund von Erfahrungswerten.

Bei Nagelbettentzündungen (Paronychien) ist das Risiko einer Superinfektion durch Pilze und Bakterien gegeben und kann ggf. zu schweren Komplikationen führen. Daher wird empfohlen, jeden Tag antiseptische Maßnahmen anzuwenden, z. B. Präparate mit Chlor-hexidin oder Jod-Povidon. Nichtinfizierte Paronychien können mit topischen Steroiden (z. B. Clobetasol) behandelt werden.3

4.3.5 Xerosis cutis / Pruritus

4.3.5.1 Präventionsmaßnahmen

Auch bezüglich dieser Hauttoxizität gilt, dass durch geeignete Präventionsmaßnahmen der Pruritus bei den meisten Patienten verhindert werden kann. Die Einhaltung der entsprechenden Verhaltens- und Basismaßnahmen ist hier ebenfalls ausschlaggebend:3

• Mechanische und chemische Reize vermeiden (z. B. Hitze, Nassrasur, Feuchtigkeit, Okklusionseffekte durch enges Schuhwerk)

• Geeigneter UV-Schutz: direkte Sonneneinstrahlung oder künstliche UV-Strahlung vermeiden (Solarien), am besten durch geeignete Kleidung, da der Schutz durch Sonnencreme nicht ausreicht

• Basispflegemaßnahmen: Verwendung ph5-neutraler Bade-/Duschöle, Pflege mit harnstoffhaltigen Cremes (5–10 %) mind. 2 x täglich

Nageltoxizität Therapieoptionen

• Taxan-induziertes Hämatom mit Anheben

der Nagelplatte

» Stadiengerechtes Eingreifen: wiederholtes Nagelschneiden, Drainage des Nagelbettes mit Punktion des Hämatoms, bei Ablösung der Nagelplatte Entfernung dieser

• Abszessbildung unter der Nagelplatte » Öffnung des Abszesses unter Lokalanästhesie, ggf. orale Antibiotikatherapie

• Pyogene granulomatöse Läsionen » Topische Behandlung mit Steroiden, wöchentliche Anwendung einer 10%igen wässrigen Silbernitratlösung; ggf. physikalische Entfernung via Elektrodesikkation

• Fissuren der Fingerspitzen » Leichtes Berühren mit Silbernitratlösung, Abdecken mit flüssigem Filmverband, feuchtes Okklusionsmilieu z. B. durch Hydrokolloidpflaster, topische Steroide, ggf. orale Antibiotikatherapie

Abb. 10: Therapieoptionen weiterer Nageltoxizitäten3

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Auch hier erfolgt die Empfehlung der Maßnahmen aufgrund von Erfahrungswerten und guter klinischer Praxis.

In den frühen Phasen der Tumortherapie ist es empfehlenswert, hydratisierende Externa (hydrophile O/W-Emulsionen) zu verwenden, und in den späteren Phasen rückfettende Externa (lipophile W/O-Emulsionen). Die Hautpflege des Pruritus entspricht in etwa der von Psoriasis oder atopischem Ekzem. So kann der Entwicklung einer Xerosis cutis vorgebeugt bzw. entgegengewirkt werden.

4.3.5.2 Therapie

In erster Linie gilt es, die Basismaßnahmen weiterhin durchzuführen. Je nach Schweregrad des Pruritus können, neben rückfettenden Externa, auch orale Antihistaminika eingesetzt werden. Bei einem weiteren, schwereren Verlauf ist es ebenso möglich, topische Gluko-kortikoide (z. B. Prednicarbat) anzuwenden.3

HINWEIS: Aprepitant kann im Off-Label-Use ebenfalls als weitere Maßnahme gegen Pruritus eingesetzt werden, wenn die Standard-behandlung nicht anschlägt.

4.3.6 Produktinformation Dr. Storz® ALOE VERA 97,5% Gel*

Dr. Storz® ALOE VERA 97,5% Gel* kühlt, pflegt und spendet Feuchtigkeit. Außerdem be - ruhigt es gereizte, beanspruchte sowie regenerationsbedürftige Haut, wie es etwa nach einer Chemo- und/oder Strahlentherapie der Fall ist. Die kühlende und juckreizstillende Wirkung führt dazu, dass betroffene Patienten nicht weiter kratzen und sich die gereizte Haut regenerieren kann. Dr. Storz® ALOE VERA 97,5% Gel* zieht schnell ein, ohne zu kleben.

Inhaltsstoffe und Wirkmechanismus

Dr. Storz® ALOE VERA 97,5% Gel* besteht aus Aloe barbadensis (Konzentrat rekonstituiert in gereinigtem Wasser), Glycerol 85 %, Phenoxyethanol, Carbopol® ETD 2020, Natrium-edetat, Natriumhydroxid, Tagat L2 und Parfümöl Chevrefeuille.

Die Aloe-Vera-Pflanze ist ein guter Wasserspeicher und enthält unter anderem Vitamine, Mineralstoffe und Aminosäuren. Durch die spezielle Gelstruktur und die hohe Wasserbindungskapazität kommt es direkt beim Auftragen zu einem angenehmen Kühleffekt auf der Haut. Auf diese Weise wird die Haut durch Aloe Vera gepflegt und gereizte Haut mit Feuchtigkeit versorgt.13

Anwendung und Dosierung

Dr. Storz® ALOE VERA 97,5% Gel* wird bei Bedarf auf die zu behandelnden Hautregionen deckend aufgetragen und gut eingerieben. Wird das Produkt im Kühlschrank (nicht unter 5 °C) aufbewahrt, erhöht das die kühlende Wirkung.* Hergestellt aus einem Aloe-Vera-Konzentrat

5 Apothekenpraxis

Unabhängig davon, ob Krebspatienten ihre Therapie ambulant in einer Praxis erhalten oder ihre orale Medikation zuhause einnehmen müssen, können sie in der Apotheke durch passende Empfehlungen unterstützt werden. Dies betrifft insbesondere die Behandlung der Nebenwirkungen, die in der Tumortherapie stark ausgeprägt sind. Neben wichtigen Informationen zur Therapie (orale Tumortherapie) und Einnahme spielen Apothekenmitarbeiter eine wichtige Rolle bei der Beratung zu Prävention und supportiven Maßnahmen. Umso wichti-ger ist es also, dem Patienten genau zuzuhören und sich nach Auffälligkeiten zu erkundigen.

Abb. 11: Produktabbildung Dr. Storz® ALOE VERA 97,5% Gel*

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WICHTIG: Die Einnahme und Empfehlung geeigneter Arzneimittel oder Präparate sollte immer mit dem Arzt besprochen werden.

Neben der Aufklärung zur Behandlung und Prävention von Hauttoxizitäten sowie oraler Mukositis kann eine Beratung auch bezüglich ge- eigneter Nahrungsergänzungsmittel stattfinden. Die Tumortherapie ist nicht nur für die Psyche des Patienten ein anstrengender Prozess, sondern für den gesamten Körper. Hier gilt es zu beachten, dass nicht zu allen Zeitpunkten der Therapie Präparate zur Unterstützung des Immunsystems eingenommen werden dürfen. Eine Rücksprache mit dem behandelnden Arzt ist stets notwendig.

Da Patienten in der Krebstherapie die möglichen Nebenwirkungen bestenfalls, aber nicht immer, mit ihrem Onkologen besprechen, haben Apothekenmitarbeiter oft eine unterstützende Funktion, da sie zuhören und somit auch ein kleiner Teil der supportiven Therapie sind.

Weitere Komplikationen bei einer Krebstherapie können kardiotoxische Komplikationen sein. Neben vorhandenen chronischen Herzer-krankungen können manche Chemotherapeutika das Herz zusätzlich schädigen. Für Krebspatienten besteht zudem auch eine höhere Ge- fahr, eine Thrombose zu erleiden, welche bei dieser Patientengruppe oft im venösen System lokalisiert ist. Außerdem haben Krebspatienten eine höhere Blutungsneigung, da es zu molekularen Interaktionen zwischen dem Tumor und dem Gerinnungssystem kommen kann.14

Orale Chemotherapie

Es kommt immer häufiger vor, dass Patienten eine orale Chemotherapie statt einer ambulanten Behandlung in einer Praxis oder Klinik erhalten. Die orale Therapie bietet den Vorteil, dass keine invasiven Maßnahmen erforderlich sind. Apothekenmitarbeiter müssen also hinsichtlich der oralen Chemotherapie geschult sein und die Beratungskompetenzen den besonderen Bedürfnissen dieser Patienten-gruppe anpassen.

Werden die Medikamente nicht nach Plan eingenommen, kann es zu einer Gefährdung des Therapieerfolgs kommen. Genau hier ist die pharmazeutische Beratung und Betreuung wichtig. Insbesondere die möglichen Nebenwirkungen stehen hier im Fokus.

Das Apothekenpersonal kann aber auch mit einer onkologischen Notfallsituation konfrontiert sein, die ein schnelles Handeln erfordert. Haben Sie also Patienten, die eine Chemotherapie erhalten, ist es wichtig, die Mitarbeiter über die wichtigsten onkologischen Notfälle und deren Anzeichen zu schulen und zu sensibilisieren. Zu diesen Notfällen können hämatologische Notfälle zählen, zu denen z. B. Gerinnungsstörungen sowie kardiologische und pneumologische Notfälle gehören.

Neben der eigentlichen Krebstherapie bekommen viele Patienten Schmerzmittel, die neben den Chemotherapeutika ebenfalls zu Neben-wirkungen führen können. So kann es bekanntermaßen bei der Anwendung von opioidhaltigen Schmerzmitteln zu einer Obstipation kom- men. Zur Vermeidung empfiehlt sich hier die prophylaktische Einnahme von Laxantien. Aber auch bezüglich der Opioidangst von Patienten können Apothekenmitarbeiter den Kunden aufklären.

Die Apotheke kann mit der Aufklärung und Beratung zu geeigneten Maßnahmen viel zur Lebensqualität und zur Compliance beitragen.

Hilfreiche Links:

www.mein-krebs-mein-weg.de

www.krebsratgeber.de

www.krebsinformationsdienst.de

www.krebsgesellschaft.de

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A Quellenverzeichnis

1 Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 259. Auflage, de Gruyter

2 https://mein-krebs-mein-weg.de/behandlung/

3 S3-Leitlinie „Supportive Therapie bei onkologischen PatientInnen“ https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Leitlinien/Supportivtherapie/LL_Supportiv_Langversion_1.2.pdf

4 https://supportiv.onkowissen.de/

5 Lauer-Taxe, Stand April 2020

6 Navari, Aapro NEJM 2016

7 J Support Oncol. 2004 Jan-Feb;2(1):21-32; discussion 35-6. A biological approach to mucositis

8 Wilkes JD. Prevention and treatment of oral mucositis following cancer therapy. Semin Oncol. 1998; 25: 538–551

9 Sonis, S. T. A biological approach to mucositis. J. Support Oncol. 2, 21–32

10 Al-Dasooqi, N., Support Care Cancer. 2013 Jul;21(7):2075-83. doi: 10.1007/s00520-013-1810-y. Epub 2013 Apr 21. Emerging evidence on the pathobiology of mucositis

11 https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/antiemese-bei-medikamentoeser-tumortherapie/@@guideline/html/index.html

12 https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-362016/die-qual-im-mund/

13 Gebrauchsinformation Dr. Storz® Aloe Vera 97,5% Gel*, Stand 10/2019

14 DAZ.online/DAZ 52/2017 „Der Krebspatient in der Apotheke“, https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2017/daz-52-2017/der-krebspatient-in-der-apotheke

B Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Ansätze der Strahlentherapie 3

Abb. 2: Common Terminology Critera for Adverse Events (CTCAE, Version 4.03)3 5

Abb. 3: Pathophysiologische Mechanismen der Chemotherapie-induzierten Übelkeit und Erbrechen (mod. nach Navari, Aapro NEJM 2016)6 5

Abb. 4: Risikofaktoren Übelkeit und Erbrechen bei Chemotherapie3 6

Abb. 5: Schweregrade der oralen Mukositis gemäß WHO 7

Abb. 6: Risikofaktoren orale Mukositis bei Chemotherapie10 7

Abb. 7: Definition der Xerosis cutis und des Pruritus (CTCAE Version 4.03)3 9

Abb. 8: Antiemetische Prophylaxe bei medikamentöser Tumortherapie11 11

Abb. 9: Produktabbildung Gelclair® 13

Abb. 10: Therapieoptionen weiterer Nageltoxizitäten3 16

Abb. 11: Produktabbildung Dr. Storz® ALOE VERA 97,5% Gel* 17


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