Gert Lindemann aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Gert Lindemann (* 4. Oktober 1947 in Wuppertal) war beamteter Staatssekretär im
Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz von November
2005 bis Januar 2010.
Lindemann ist verheiratet und hat drei Kinder.
Inhaltsverzeichnis [Verbergen]
1 Ausbildung
2 Berufliche Laufbahn
3 Auszeichnungen
4 Einzelnachweise
Ausbildung [Bearbeiten]
Von 1970 bis 1974 studierte Lindemann Rechtswissenschaften an der Albert-Ludwigs-
Universität in Freiburg, an der University of Oxford und an der Christian-Albrechts-
Universität in Kiel. Sein erstes Staatsexamen legte er 1974 ab, das zweite juristische
Staatsexamen 1977.
Berufliche Laufbahn [Bearbeiten]
Von 1977 bis 1979 war Lindemann Richter im Oberlandesgerichtsbezirk Celle. Von 1979 an
war er zunächst persönlicher Referent des Niedersächsischen Ministers für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten, ab 1981 Referatsleiter an der Vertretung des Landes
Niedersachsen in Bonn und von 1983 bis 2003 Referats- und Abteilungsleiter im
niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Von 2003 bis 2005 war er Staatssekretär im niedersächsischen Landwirtschaftsministerium,
bis er im November 2005 Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz wurde. Im Anschluss an den Wechsel des
Bundesministers Horst Seehofer nach Bayern leitete er bis zur Amtsübernahme der neuen
Bundesministerin Ilse Aigner vom 27. Oktober bis 30. Oktober 2008 kommissarisch die
Amtsgeschäfte des Ministeriums.
Am 17. Januar 2010 kündigte das Bundeslandwirtschaftsministerium an, dass Lindemann als
Teil eines grundlegenden Umstrukturierungsprozesses im Ministerium als Staatssekretär
entlassen werden solle. Nachfolger wurde der Präsident der Bundesanstalt für Landwirtschaft
und Ernährung, Robert Kloos.[1]
Auszeichnungen [Bearbeiten]
2005: Ehrenmedaille des Landvolk Niedersachsens
Einzelnachweise [Bearbeiten]
1. ↑ Frankfurter Rundschau Online: Landwirtschaftsministerium. Aigner tauscht
Staatssekretär aus, 17. Januar 2010, abgerufen am 17. Januar 2010
top agrar War Niedersachse Lindemann bayerischer Agrarpolitik im Weg?
22.01.2010
Gert Lindemann
Wurde Agrar-Staatssekretär Gert Lindemann dem Koalitionsfrieden geopfert? Das fragt sich
die Hannoversche Allgemeine Zeitung und zitiert Agrarkreise, die die Entscheidung als
„fatal“ bewerteten. Viele vermuteten, dass die Entscheidung etwas mit den Gesprächen
zwischen CDU, CSU und FDP zu tun gehabt hat, die am gleichen Tag ihre Unstimmigkeiten
aus dem Weg räumen wollten. Lindemann (CDU) habe der bayerischen Agrarministerin
Aigner und ihrem Amtsvorgänger Horst Seehofer nicht mehr ins Konzept gepasst. Beide
wollten dem Agrarministerium einen stärker bayerisch eingefärbten Stempel aufdrücken, so
die Zeitung.
Niedersachsens Agrarminister Hans-Heinrich Ehlen ist jedenfalls empört. Dieser hatte
verärgert erklärt: „Mit Lindemann verliert die deutsche Agrarpolitik einen ihrer
kompetentesten und einflussreichsten Vertreter, auch auf EU-Ebene. Die breite Mehrheit der
Bundesländer bedauert seine Abberufung sehr.“ Und tatsächlich verliert das BMELV mit dem
62-Jährigen einen loyalen und außerordentlich kenntnisreichen Stabschef. Die Hannoversche
Allgemeine geht sogar davon aus, dass nun die Konflikte in der Agrarpolitik schärfer werden
könnten, da der Niedersachse Lindemann und die Bayerin Aigner bislang immer ihre
Interessen ausgleichen mussten.
Besonders in Strukturfragen, beim Thema Milchpolitik und Gentechnik könnte der Ton
zwischen den südlichen Bundesländern einschließlich Hessen, die für den Erhalt der
bisherigen Strukturen kämpfen, und den norddeutschen Ländern, die für mehr Marktfreiheit
sind, also zunehmen. Bei der Geflügel-, Rinder- und Schweinemast wächst in Niedersachsen
der Trend zu größeren Anlagen. In Bayern, wo viele kleine Milchbauern wirtschaften, setzt
sich die Politik für garantierte Milchpreise oder Milchmengenbeschränkungen ein.
Entscheidend werden laut der Zeitung aus Hannover die EU-Beratungen über die Zeit nach
2013 sein. Lindemanns Rauswurf könnte hier der Versuch der Bayern sein, die
Verhandlungslinie in Brüssel stärker in Richtung bäuerlicher Kleinbetriebe zu drängen.
Nachfolger Lindemanns wird Robert Kloos von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und
Ernährung.
vom Freitag, 09. April 2010
Niedersachsen rügt Berliner Agrarpolitik Bauern unzufrieden / CDU-Chef McAllister lädt Ministerin Ilse Aigner zum internen
Gespräch ein
VON KLAUS WALLBAUM
Hannover/Berlin. Es hat sich erheblicher Unmut angestaut bei niedersächsischen Landwirten -
und auch in der Spitze des CDÜ-Landesverbandes. „Wir haben mit Agrarministerin Ilse
Aigner mehrere Dinge zu klären, deshalb wird sie kommende Woche zu uns kommen", sagt
der CDU-Landesvorsitzende David McAllister. „Missverständnisse" gelte es auszuräumen,
und aus Niedersachsen werden auch kritische Anmerkungen zur Förderpolitik des
Ministeriums laut: „Das lief bisher nicht immer optimal", betont McAllister.
Zu einem internen Gespräch wird die CSU-Politikerin nächsten Mittwoch in Hannover
erwartet, Vertreter des Landvolks werden dabei sein. Der Interessenverband begleitet die
bayerische Prägung der Agrarpolitik seit Langem mit Kopfschütteln, schon zu der Zeit, als
Horst Seehofer Minister war. Die Bayern wollen kleinbäuerliche Betriebe schützen,
während in Niedersachsen die Auffassung herrscht, man könne die Zusammenlegung
kleiner Höfe zu größeren, leistungsfähigen Einheiten nicht aufhalten. Außerdem besteht
in Bayern eine große Skepsis gegenüber der Gentechnik, die im Norden als
fortschrittlich und unausweichlich gutgeheißen wird. Zu den inhaltlichen Konflikten
zwischen den Niedersachsen und dem Aigner-Ministerium kommen noch einige
atmosphärische Störungen hinzu, die in der Entlassung des niedersächsischen Staatssekretärs
Gert Lindemann gipfelten. Das wurde in Hannover als Affront gewertet. In der von Aigner
initiierten „Kuhschwanz-Prämie", einem Zuschuss je Kuh für jeden kleinbäuerlichen Betrieb
bis zu einer bestimmten Größe, sahen die Niedersachsen wieder einen neuen Versuch,
besonders den kleinbäuerlichen
Betrieben in Bayern zu helfen. Moderne Höfe im Norden und Osten Deutschlands bekamen
kaum Geld.
Gegenüber einer lautstarken Minderheit der Milchbauern zeigt die Bundesministerin aus
niedersächsischer Sicht zu viel Verständnis und hält damit den Strukturwandel auf. „Wir sind
dafür, dass die Milchquote bis 2015 ausläuft und dann der Markt die Milchmenge regelt",
betont McAllister, „dies werden wir Frau Aigner auch deutlich sagen".
Noch in einem anderen Punkt hoft die Niedersachsen-CDU eine stärkere Unterstützung ihrer
Positionen durch die Bundesregierung: Beim Bau von neuen Autobahnen, Straßen,
Bahnstrecken und Häfen solle zum Ausgleich endlich auch eine finanzielle Leistung
gleichrangig neben neuen Naturschutzflächen erlaubt werden. „Landwirtschaftliche Flächen
werden nämlich allmählich knapp, besser ist es deshalb, Geld für den Naturschutz zur
Verfügung zu stellen", betonte McAllister. Eine Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes sei
überfällig, und er habe sich deshalb bereits an Umweltminister Norbert Röttgen gewandt. „Ich
erwarte, dass Ilse Aigner für unsere Haltung in der Bundesregierung wirbt", sagt der
niedersächsische CDU-Chef.
Lindemann neuer BVVG-Aufsichtsratschef
07.09.2010
Gert Lindemann
Gert Lindemann ist neuer Aufsichtsratsvorsitzender der Bodenverwertungs- und -
verwaltungsgesellschaft (BVVG). Der ehemalige Staatssekretär des
Bundeslandwirtschaftsministeriums wurde am vergangenen Freitag in der Sitzung des
Kontrollgremiums in Berlin zum Nachfolger von Dr.Walter Priesnitz gewählt, der dieses Amt
elf Jahre innehatte und aus Altersgründen nicht mehr kandidierte.
Die weiteren Mitglieder des BVVG-Aufsichtsrats sind Hans Bernhardt, Vorstandsmitglied der
Landwirtschaftlichen Rentenbank, Axel Kunze vom Vorstand der Bundesanstalt für
Immobilienaufgaben (BIMA), Manfred Weidemann vom Bundesfinanzministerium sowie als
Vertreter der Arbeitnehmerseite Angela Rogge und Gerhard Ludden.
Die BVVG hat noch rund 380 000 ha landwirtschaftlich genutzte Fläche (LF) und etwa
80 000 Wald zu privatisieren. Sie beschäftigt derzeit rund 700 Mitarbeiter in acht
Niederlassungen sowie der Zentrale in Berlin.
Deutscher Bauernverband
14.10.2010
Gert Lindemann mit Andreas Hermes Medaille geehrt
Auszeichnung um Verdienst um die Agrarpolitik in Deutschland und Europa
(DBV) Gert Lindemann, der ehemalige Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium,
wurde mit der Andreas Hermes Medaille des Deutschen Bauernverbandes (DBV)
ausgezeichnet. Er erhielt diese hohe Auszeichnung des Berufsstandes im Rahmen der DBV-
Präsidiumsklausur in Erfurt "in Anerkennung seiner Verdienste um eine zukunftsorientierte
Agrarpolitik in Deutschland und Europa", wie der Urkundentext lautet. DBV-Präsident Gerd
Sonnleitner erinnerte im feierlichen Rahmen an den beruflichen Werdegang von Lindemann
und bedankte sich bei ihm "für die tiefe Verbundenheit mit den Bauernfamilien und auch mit
dem Berufsstand".
Lindemann habe seine Entscheidungen als Staatssekretär stets daran gemessen, ob sie die
Perspektiven für leistungsbereite und leistungswillige Bauernfamilien schwächen oder
stärken. Gleichzeitig sei er immer ein gradliniger und verlässlicher Partner der von ihm
vertretenen Politiker gewesen. "Wenn Sie sich heute nach den drei großen Reformschritten
der EU-Agrarpolitik die Wettbewerbssituation der deutschen Land-, Agrar- und
Ernährungswirtschaft anschauen, gerade auch im Vergleich zu wichtigen Wettbewerbern auf
der europäischen Ebene, ich glaube, Sie können nicht nur ein klein wenig stolz sein", betonte
der DBV-Präsident.
Internetseite BIG DUTCHMAN:
Ehrenmedaille des Landvolkes Niedersachsen
Josef Meerpohl ausgezeichnet
Mit Philipp Freiherr von dem Bussche, Josef Meerpohl, Gert Lindemann und Fritz Stegen
zeichnete Landvolkpräsident Werner Hilse auf der Mitgliederversammlung des Verbandes in
Hannover vier verdiente Persönlichkeiten aus Agrarwirtschaft, Berufsstand und Politik aus.
Sie repräsentierten Ideenreichtum und Mut zur Umsetzung, wovon die gesamte Agrar- und
Ernährungswirtschaft in Niedersachsen profitiere, bescheinigte Hilse den Geehrten.
Der scheidende DLG-Präsident Philip Freiherr von dem Bussche hat sich immer wieder für
die Aus- und Fortbildung der Landwirte eingesetzt. Er sieht in der Landwirtschaft eine
Schlüsselindustrie moderner Volkswirtschaften und sagte ihr erst kürzlich auf der
Agritechnica in Hannover eine „glänzende Zukunft“ voraus. In seiner neunjährigen Amtszeit
als DLG-Präsident hat er deren Profil als Organisation einer modernen und
zukunftsorientierten Landwirtschaft geschärft. Er wurde mit der Goldenen Ehrennadel des
Verbandes ausgezeichnet.
Josef Meerpohl, Aufsichtsratsvorsitzender von Big Dutchman, hat aus der ehemaligen
Agentur eines amerikanischen Unternehmens ein Unternehmen entwickelt, das praxisgerechte
Fütterungsanlagen und Stalleinrichtungen für die moderne Haltung von Schweinen und
Geflügel anbietet. Sie sind sowohl aus ökologischen als auch ökonomischer Sicht auf dem
Stand der Zeit, unter anderem entwickelte das Unternehmen die ausgestaltete Kleinvoliere
mit. Die Veredelungswirtschaft in der Weser-Ems-Region ist mit Big Dutchman gewachsen
und umgekehrt. Der frisch gebackene Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Gert Lindemann, hat sich in gleicher Funktion in
Niedersachsen als hervorragender Fachmann für agrar- und verbraucherpolitische Fragen
profiliert. Der Jurist hat bei so genannten Skandalen immer konsequent Schadensbegrenzung
betrieben und sich damit weit über die Landesgrenzen hinaus Achtung erworben. Lindemann
und Meerpohl erhielten die Ehrenmedaille des Landvolkes Niedersachsen.
Seit 33 Jahren engagiert sich Fritz Stegen für den landwirtschaftlichen Berufsstand. Der
Milchviehhalter aus dem Landkreis Cuxhaven wurde im Expojahr 2000 zum Präsidenten der
Landwirtschaftskammer Hannover gewählt. Maßgeblich hat er an deren Fusion mit der
Schwesterorganisation in Oldenburg mitgewirkt und dabei viele Klippen und Hindernisse mit
Weitsicht umschifft, wobei ihm seine ruhige und besonnene Art zu Gute kam. Er wurde mit
der höchsten Auszeichnung des Verbandes, der Goldenen Ehrennadel mit Brillant,
ausgezeichnet.
Proplanta ® | 30.12.2009
| Tier: Geflügel
Ab 2010 keine Eier mehr aus Käfighaltung
Berlin - Das Verbot der Haltung von Legehennen in konventionellen Käfigen
ist ein großer Fortschritt für den Tierschutz in der Legehennenhaltung",
bewertete Gert Lindemann, Staatssekretär im Bundesministerium für
Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, das Auslaufen der
letzten Ausnahmegenehmigungen in Deutschland zum Jahresende 2009.
Mit dem endgültigen Aus der herkömmlichen Batterie-Käfighaltung
vollzieht Deutschland den Ausstieg bereits zwei Jahre früher als
nach EU-Recht erforderlich.
Dem Verbraucher stehen nunmehr aus deutscher Produktion Eier aus
der ökologischen Erzeugung, der Freilandhaltung, der Bodenhaltung
und der Kleingruppenhaltung zur Verfügung. Entsprechend den
Vorgaben des Handels wird seitens der Erzeuger ganz überwiegend
in die Bodenhaltung investiert. Klarheit über die Haltungsform und
Herkunft gibt die Eierkennzeichnung. Da in anderen EU-Mitgliedstaaten bis Ende 2011 die
Haltung von Legehennen noch in den herkömmlichen Batterie-Käfigen zulässig ist, gewinnt
die Angabe des Herkunftslandes eine gesteigerte Bedeutung. "DE auf dem Ei steht für
Innovation in der Legehennenhaltung und kurze Wege zum Verbraucher", so Staatssekretär
Lindemann.
Das Ei ist ein gesundes und preiswertes Lebensmittel. Diese Erkenntnis setzt sich immer
mehr durch. Seit nunmehr fünf Jahren steigt der Verbrauch von Eiern wieder. "Ich begrüße
diese Entwicklung sehr", so Lindemann. "Auch das Ei ist ein Bestandteil einer gesunden und
ausgewogenen Ernährung und liefert ein umfangreiches Nährstoffangebot. Die positive
Entwicklung am Eiermarkt bietet aber auch für die heimischen Erzeuger neue Perspektiven."
Für das Jahr 2009 dürfte der Verbrauch je Kopf bei 214 Eiern liegen. Davon werden gut die
Hälfte von den privaten Haushalten direkt als frische Eier in der Schale gekauft. Die andere
Hälfte wird entweder beim Verzehr in Großküchen oder der Gastronomie sowie in
verarbeiteter Form, z. B. in Nudeln oder Gebäck, konsumiert. (BMELV)
Braunschweig 09.07.10
Aktionäre bestätigen Nordzucker-Kurs
Die diesjährige Hauptversammlung der Nordzucker AG stand im Zeichen von
Haushaltskonsolidierung und Neuausrichtung des Unternehmens auf Märkte und
Wachstumschancen. Die von Seiten der Aktionäre im Vorfeld geäußerte Unzufriedenheit mit
der Kommunikation wichtiger Themen bestimmte ebenfalls die Aussprache. Der
Vorstandsvorsitzende Hartwig Fuchs und seine Vorstandskollegen erläuterten den Aktionären
ausführlich, welche Einflüsse zum Jahresfehlbetrag von zehn Millionen Euro im abgelaufenen
Geschäftsjahr geführt haben und zeigte die bereits eingeleiteten Maßnahmen für die nächsten
Jahre auf. Der Jahresfehlbetrag führte dazu, dass in diesem Jahr keine Dividende an die
Aktionäre ausgeschüttet werden kann.
„Das abgelaufene Geschäftsjahr war geprägt von zahlreichen Sondereffekten – hierunter
fallen die Veräußerung der Beteiligung in Serbien, die Reintegration des Vertriebs,
Sonderabschreibungen für die Beteiligung Hübner und buchhalterische Effekte im Rahmen
des Erwerbs der Nordic Sugar - die das Ergebnis erheblich belastet haben“ hob der
Vorstandsvorsitzende hervor. Er betonte vor den rund 400 Anwesenden, dass der Erwerb der
Nordic Sugar dennoch strategisch der richtige Schritt gewesen sei, um dem Unternehmen eine
starke Marktstellung in Nordeuropa zu sichern. Ebenfalls sei das Eigenkapital bereinigt um
Minderheitsanteile in wenigen Jahren von 375 auf 655 Millionen Euro gestiegen. Das
Kerngeschäft sei gesund. Im Mittelpunkt der Bemühungen stehe nun, die Vorteile aus dem
Erwerb der Nordic Sugar zu ziehen und sie in den Nordzucker Konzern zu integrieren, das
Unternehmen insgesamt enger an die Märkte zu rücken und das eigene Potenzial als
zweitgrößtes europäisches Zuckerunternehmen am Markt zu nutzen.
Versammlungsleiter und Aufsichtsratsvorsitzender Dr. Harald Isermeyer unterstrich die
personelle Erneuerung des Vorstands. „Der Vorstand ist für die neue Größe und
Internationalität des Unternehmens aufgestellt und genießt unser volles Vertrauen.“ Die
Neubesetzung sei wie geplant umgesetzt worden, das Team sei die passende Wahl für die
anliegenden Herausforderungen und der Umbau des Vorstands damit abgeschlossen. Zudem
sagte er den Aktionären zu, verloren gegangenes Vertrauen durch offene und nachhaltige
Kommunikation wieder zurückgewinnen zu wollen. Dazu sei die Hauptversammlung mit
ihrer offenen Gesprächsatmosphäre ein weiterer konstruktiver Schritt gewesen.
Ergebnisse der Abstimmung Die Hauptversammlung bestätigte nach der lebhaften Aussprache eindrucksvoll den
eingeschlagenen Kurs des Unternehmens, indem sie Vorstand und Aufsichtsrat mit
überwältigender Mehrheit die Entlastung aussprachen. Henning Hansen-Hogrefe, Ingeleben,
stand nach langjährigem Engagement für eine Wiederwahl in den Aufsichtsrat der
Nordzucker AG aus Altersgründen nicht mehr zur Verfügung. Neu in den Aufsichtsrat
wurde Gert Lindemann, Staatssekretär a. D., gewählt. Für eine weitere Amtsperiode im
Aufsichtsrat wurden mit ebenfalls sehr deutlichen Mehrheiten bestätigt: Dr. Karl-Heinz Engel
(Hauptgeschäftsführer der Hochwald Nahrungsmittel-Werke GmbH) sowie Dr. Clemens
Große Frie (Vorstandsvorsitzender der Agravis Raiffeisen AG).
Alle detaillierten Ergebnisse finden Sie unter www.nordzucker.de /Investor
Relations/Hauptversammlung
Der Nordzucker Konzern mit Hauptsitz in Braunschweig ist Europas zweitgrößter
Zuckerhersteller und produziert darüber hinaus Bioethanol sowie Futtermittel aus
Zuckerrüben. Europaweit bilden 18 Produktions- und Raffinationsstätten technisch, logistisch
und geographisch ein leistungsfähiges Fundament für den weiteren Erfolgskurs. Knapp 4.000
Mitarbeiter engagieren sich konzernweit für exzellente Produkte und Services.
AIZ
EU-Kommission will Direktzahlungen für Großbetriebe kürzen Substanzielle Diskussionen beim Informellen Agrarrat in Porto
Porto, 18. September 2007 (AIZ). - Die EU-Kommission möchte im Rahmen des "Health
Checks" der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) mehr machen als nur kleinere Reparaturen,
wie diese Woche beim Informellen Landwirtschaftsministerrat im portugiesischen Porto
deutlich geworden ist. Die Direktzahlungen von Großbetrieben sollen erheblich gekürzt
werden und zwar schon vor 2009. Die Kommission verspricht sich davon eine größere
Akzeptanz der Landwirtschaftssubventionen. Ein weiteres wichtiges Thema war auch die
Erhöhung der Milchquoten.
Agrargenossenschaften und den größten europäischen Betrieben droht eine Halbierung ihrer
Direktzahlungen. Am Rande des informellen EU-Agrarministerrates im portugiesischen Porto
wurden drastische Kürzungspläne der Kommission bekannt. Direktzahlungen ab EUR
100.000,- sollen um 10% reduziert werden, Direktzahlungen ab EUR 200.000,- um 25% und
Zahlungen ab EUR 300.000,- um 45%. Die Kommission verzichtet auf eine
Abschneidegrenze, die durch Betriebsteilungen umgangen werden kann. Stattdessen sollen
die Direktzahlungen eines jeden Betriebes den gestaffelten Kürzungen unterliegen und zwar
ab 2009.
Vor allem ostdeutsche und britische Betriebe betroffen
Die Kommission verspricht sich davon eine bessere Akzeptanz der Direktzahlungen in der
Bevölkerung, wenn weniger Einkommenshilfen an Großbetriebe gehen. Sie sieht wegen der
zurzeit hohen Getreidepreise die Gelegenheit gekommen, im Gesundheitscheck die
flächenstarken Betriebe zu beschneiden. Betroffen wären vor allem Unternehmen in
Ostdeutschland und Großbritannien. Das eingesparte Geld soll wahrscheinlich in den
Mitgliedstaaten verbleiben, in denen es den Betrieben abgezogen worden ist. Möglicherweise
könnten die Mittel zur besseren Ausstattung der zweiten Säule der GAP verwendet werden.
"Gegen solche Pläne wird Deutschland massiven Widerstand leisten", erklärte in Porto Gert
Lindemann, Staatssekretär im deutschen Bundeslandwirtschaftsministerium. Eine solche
Entscheidung könne man nicht von den Marktpreisen abhängig machen. Schließlich seien die
Direktzahlungen ein Ausgleich für höhere Auflagen im Umwelt- und Tierschutz-Bereich.
Außerdem gehe es gar nicht allen Landwirten gut, die Veredelungswirtschaft leide
beispielsweise unter hohen Futtermittelkosten, führte Lindemann aus.
Erhöhung der Modulation geplant
Die Kürzungspläne der Kommission enden jedoch nicht bei den Großbetrieben. Zusätzlich
soll die Modulation, also die Umschichtung der Ausgleichszahlungen in die Ländliche
Entwicklung, für alle Empfänger von mehr als EUR 5.000,- an Direktzahlungen pro Jahr auf
13% bis zum Jahr 2013 erhöht werden. Beschlossen waren davon bereits 5%, angekündigt
hatte EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel weitere 5% aus denen jetzt 8% an
zusätzlicher Modulation werden sollen. Da sich die Kürzungssätze summieren, droht für einen
1.000 ha Betrieb bis 2013 eine Verminderung um 26%, für einen 2.000 ha Betrieb um 41%.
"Wir haben uns für eine verlässliche GAP eingesetzt und lehnen deshalb auch die zusätzliche
Modulation ab", ging Lindemann auf Konfrontationskurs zur EU-Kommission.
Im Rahmen der Debatte rund um die Health Check-Pläne lobte Fischer Boel am Sonntag auch
die Forderungen des französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy nach einer baldigen
Reform der GAP, die seiner Meinung nach faire Erzeugerpreise in den Vordergrund stellen
und Direktzahlungen vermindern sollte. Viele der Äußerungen Sarkozys würden mit ihren
eigenen übereinstimmen, meinte Fischer Boel. "Ich bin positiv überrascht. Einige der Ideen
sind auf einer Linie mit denjenigen, die wir beim Health Check präsentieren werden", sagte
die Kommissarin. "Natürlich gibt es verschiedene Ansichten, wie wir die Beihilfen künftig
handhaben werden. Doch egal, welche Entscheidung wir treffen, sie muss mit unseren WTO-
Verpflichtungen übereinstimmen", betonte Fischer Boel. Auch der portugiesische
Agrarminister, Jaime Silva, begrüßte Sarkozys Vorschläge. Der französische Präsident habe
recht, die Initiative jetzt und nicht später zu ergreifen, sagte Silva.
Erhöhung der Milchquoten um 2 bis 3%
Ein weiteres Thema in Porto waren die Milchquoten, die in allen EU-Mitgliedstaaten um 2 bis
3% angehoben werden sollen - und zwar sofort. Dies forderte zumindest die niederländische
Agrarministerin Gerda Verburg. Die EU sollte die hohe Nachfrage nach Milchprodukten
nutzen und die Erzeugung ausdehnen, argumentierte die Holländerin. Der französische
Agrarminister Michel Barnier stimmte einer Erhöhung um 2% zu, allerdings müsse es
zunächst Folgeabschätzungen geben. Lindemann regte wiederum an Stelle höherer Quoten
einen Nachlass bei der Strafabgabe für Landwirte mit Überproduktion an. Das sei als zeitlich
befristete Maßnahme geeigneter, meinte der deutsche Staatssekretär. Einmal erhöhte Quoten
seien dagegen nicht wieder so leicht vom Markt zu nehmen, wenn die Nachfrage nachlasse.
Polen, Italien und Spanien fordern seit Längerem mehr Produktionsrechte. Fischer Boel zeigte
sich in Porto auch gegenüber Ideen zur "Pflege" der Absatzmärkte aufgeschlossen. (Schluss)
mö/leith - 4.983 Anschläge
No Excuse 2015 14-04-08 | Politik und Entwicklung
Der feine Herr Müller und der Minister
RWE, Phillip Morris und die Müller-Milch-Gruppe: Sie gehören zu den größten
Profiteuren von EU-Agrarsubventionen. Dabei fahren die Unternehmen auch ohne die
Zusatzleistungen kräftige Gewinne ein. Die Kleinbauern haben das Nachsehen – und
gehen auf die Barrikaden. Unsere MDG-Korrespondentin Carina Körner war vor Ort.
Der Minister bedient den feinen Herrn. Quelle: Stefanie Rumpler / Oxfam.
Der Großkonzern RWE erhält jährlich fast eine halbe Million Euro für seinen Flächenbesitz,
das Milch-Imperium Müller wird jährlich mit rund 2,5 Millionen Euro Exportsubventionen
für Milch und Milcherzeugnisse gefördert. Diese Praxis wollen sich Landwirte mit kleineren
Betrieben nicht mehr gefallen lassen. Am 8. April sind Bauernvertreter vor das
Bundeslandwirtschaftsministerium marschiert.
Es sollte amüsant werden: In Latzhose und Gummistiefeln forderten Aktivisten eine
gerechtere Behandlung für kleine landwirtschaftliche Betriebe. Ihr Gegenspieler während der
Aktion: ein Schauspieler. Als feiner Herr Theo Müller hatte er es sich im Ledersessel vor dem
Ministerium bequem gemacht und zog genüsslich an seiner Zigarre. Sein Kellner bei der
Aufführung war Landwirtschaftsminister Horst Seehofer, der dem Großunternehmer die
Subventionen auf dem Silbertablett servierte. Die Bauern empört das: „Schluss mit den
Millionen für Millionäre!“ forderten sie und klopften mit klirrenden Laubrechen und
Mistgabeln auf den Boden.
Anschließend überreichten die Aktivisten von Oxfam, der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche
Landwirtschaft (AbL) und des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND) Agrar-
Staatssekretär Gert Lindemann ein Thesenpapier mit ihren Forderungen: Bei der Verteilung
der 5,6 Milliarden EU-Fördergelder soll berücksichtigt werden, wie viele Arbeitskräfte ein
Betrieb beschäftigt und besser entlohnt werden, wer umweltschonend produziert. Der
Löwenanteil der Subventionen, die Direktzahlungen, richtet sich derzeit nach der Fläche, die
ein Betrieb bewirtschaftet. Wer viel Land hat, bekommt viel Geld. Das gilt auch für die RWE,
denn der Konzern gibt vor, seine Ländereien möglicherweise zum Braunkohleabbau nutzen
zu wollen.
Es gebe sicherlich im Einzelfall Konstellationen, in denen Subventionen an die falsche
Stelle gingen, bestätigte Agrar-Staatssekretär Gert Lindemann: „Wir diskutieren mit
der EU, wie man Korrekturen vornehmen kann, die Entkoppelung ist aber nicht
einfach.“ Die Bauernvertreter warfen dem Ministerium dagegen vor, Änderungen bei der
Vergabepraxis der Subventionszahlungen zu blockieren. Nach einem Vorschlag der EU-
Kommission sollten Direktzahlungen an Bauern gekürzt werden, wenn sie mehr als 100.000
Euro jährlich erhalten. „Allerdings hat die EU-Kommission nur ein Vorschlagsrecht,
zustimmen müssen die Agrarminister“, so BUND-Agrarexpertin Reinhild Benning. Das
Problem: Die Landwirtschaftsminister der Länder handelten oftmals im Interesse der
Großkonzerne.
Spitzenfunktionäre kassieren ab
Dass Unternehmen wie RWE von den Subventionen aus Brüssel profitieren ist dabei nur die
Spitze des Eisbergs. Auch gegenüber landwirtschaftlichen Großbetrieben kämen Kleinbauern
zu kurz. „Arbeitsintensive Betriebe werden massiv benachteiligt“, sagte AbL-Vorsitzender
Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf. In Deutschland teilen wenige Großbetriebe rund 4
Milliarden Euro unter sich auf, während die Kleinbetriebe zusammen lediglich mit 1,6
Milliarden Euro unterstützt werden. Über 50 Prozent der Bauern müssen jährlich mit 5.000
Euro Subventionszahlungen oder weniger auskommen, obwohl sie anteilig an ihrer Fläche oft
mehr Arbeitskräfte beschäftigen als hoch technisierte Agro-Unternehmen.
Dennoch führt die Politik gerade die Beschäftigungsmöglichkeiten bei großen
landwirtschaftlichen Betrieben ins Feld, um die bisherige Subventions-Regelung zu
rechtfertigen. So argumentiert beispielsweise Landwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU).
„Im Wesentlichen kommen die Gelder an der richtigen Stelle an“, stützt auch sein
Staatssekretär Gert Lindemann die These. Ein Blick in die Statistik aber verrät: Trotz der
Subventionszahlungen an Bauern sank die Zahl ihrer Angestellten in Ostdeutschland in den
vergangenen fünf Jahren von 152.000 auf 115.000 - ein Minus von rund 24 Prozent.
Verantwortlich für das Festhalten am alten System seien auch die Bauernverbände,
betonte BUND-Sprecherin Reinhild Benning. „Die Funktionäre des Bauernverbandes
gehören zu den Profiteuren des Systems“, sagte sie. Oftmals seien diese selbst Eigentümer
von landwirtschaftlichen Großbetrieben. Brandenburgs Bauernpräsident Udo Folgart etwa
betreibt in Potsdam die Agro-Glien GmbH. 317.000 Euro Direktzahlungen stehen ihm
jährlich zu. In einer ähnlich komfortablen Situation ist sein niedersächsischer Kollege Werner
Hilse mit 90.000 Euro pro Jahr.
Es liege nahe, dass die Spitzenfunktionäre ihren Einfluss auf die Politik zum eigenen Vorteil
nutzen, so Benning. Die Entscheidung des EU-Landwirtschaftsausschuss über den
Kürzungsvorschlag der EU-Kommission spiegelt diesen Einfluss wider. Direktzahlungen
seien „unbedingt erforderlich“ heißt es im Beschluss des Ausschusses im März. Die deutsche
Stimme hat hier ein großes Gewicht.
EU-Agrarpolitik erzeugt Hunger in Drittweltländern
Derweil sind Subventionszahlungen innerhalb der EU nur eine Seite der Medaille. Auf der
anderen stehen Zuzahlungen im Falle eines Exportes landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Das
Treffen mit Staatssekretär Lindemann nutzten die Nichtregierungsorganisationen erneut, um
ihre Position zu den Exportsubventionen der EU klar zu machen. „Wenn es nach uns geht,
müsste die EU diese Zahlungen sofort einstellen“, forderte Oxfam-Mitarbeiterin Marita
Wiggerthale. „Über die Exportsubventionen müssen wir nicht mehr intensiv diskutieren“,
entgegnete unterdessen Lindemann und erklärte: „Bis zum Jahr 2013 werden sie eingestellt,
bis 2010 um 50 Prozent reduziert. Die Verhandlungen führen wir in der WTO.“
Landwirte, die ihre Erzeugnisse exportieren, erhalten bisher die Differenz zwischen
Binnenpreis und Weltmarktpreis erstattet – vom Steuerzahler. Aus ökonomischer Sicht sei die
Einstellung möglich, sagte Wiggerthale. Allerdings stünden einer solchen Entscheidung die
Interessen der Großbauern und Lebensmittelkonzerne entgegen. Die Subventionen
ermöglichen ihnen einen Markteintritt in Drittweltländern. Immer wieder scheiterten deshalb
auch die Verhandlungen der Welthandelsorganisation (WTO), zuletzt in Cancun und
Hongkong, wenn es darum ging, einschneidende Veränderungen zu beschließen: Die EU ist
weltweit der zweitgrößte Exporteur landwirtschaftlicher Erzeugnisse.
Ebenso weigern sich die USA, ihre Baumwollsubventionen zu reduzieren, obwohl dies
weltweit gefordert wird. „Die Agrarverhandlungen führen, so wie sie jetzt in der WTO laufen,
vermutlich nicht zu einem Ergebnis“, so Wiggerthale. Sie geht nicht davon aus, dass die
Exportzuzahlungen bis zum Jahr 2013 eingestellt werden und erklärt: „Die
Exportsubventionen sind ein Instrument, das die EU immer wieder einsetzt, wenn sie interne
Marktprobleme hat.“
Mit ihren Subventionen drücken Industrienationen die Weltmarktpreise und halten zum
Schutz der eigenen Märkte gleichzeitig an hohen Einfuhrbeschränkungen fest. Diese Praxis
wurde zuletzt deutlich, als der EU-Agrarministerrat im November 2007 beschloss, die
Zuzahlungen für Schweinefleischexporte zu erhöhen. Die Erstattungen seien wegen des
schwachen US-Dollars notwendig, damit Anbieter aus Europa mit ihren Konkurrenten aus
Brasilien und Nordamerika mithalten könnten, hieß es dazu von Seiten der EU.
„Ein gewisses Instrumentarium für Krisensicherung heimischer Bauern ist notwendig“,
unterstrich auch Gert Lindemann. Allerdings betreffen die Exportzuschüsse nicht nur
Schweinefleisch. Sie reichen von Getreide über Zucker bis hin zu Milchprodukten. Diese
Krisensicherung, so argumentiert Oxfam, bedrohe die Existenz der Bauern in
Entwicklungsländern.
Für die jamaikanischen Milchbauern bedeutet dies beispielsweise, dass sie weder ihre
Produkte exportieren noch auf den heimischen Märkten zu angemessenen Preisen verkaufen
können. Für Molkereien ist es billiger, das Milchpulver aus der EU zu Milch aufzuarbeiten
und in den Supermärkten zu verkaufen. Die Milchproduktion der Kleinbauern sank in
Jamaika in fünf Jahren von 2,5 Millionen auf 300.000 Liter im Jahr. Im Gegenzug stiegen die
Milchpulverimporte aus der EU von 1.200 Tonnen im Jahr 1992 auf 6300 Tonnen binnen acht
Jahren. Laut einer Untersuchung des „Jamaica Dairy Development Board“ 2004 ist die
Beschäftigung im jamaikanischen Milchsektor daraufhin um zwei Drittel zurückgegangen.
Den feinen Herrn Müller stört das indes nicht. Er kann sich in seinem Ledersessel vor dem
Bundeslandwirtschafsministerium entspannt zurücklehnen.
Carina Körner studiert Volkswirtschaftslehre an der Universität Potsdam und schreibt als
MDG-Korrespondentin für die UN-Millenniumkampagne in Deutschland.
AgrarZeitung 17. Dezember 2010
Lindemann gibt Vorsitz im BVVG-Aufsichtsrat auf
Der designierte Landwirtschaftsminister in Niedersachsen, Gert Lindemann, wird seinen
Posten als Aufsichtsratsvorsitzender der Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH
(BVVG) niederlegen. Lindemann soll vom niedersächsischen Landtag am 19. Januar 2011 als
neuer Landwirtschaftsminister bestätigt werden. Zusammen mit dem niedersächsischen
Ministerpräsidenten David McAllister stellte sich Lindemann nach seiner Nominierung als
neuer Minister für Landwirtschaft und Verbraucherschutz der Presse. Seine Vorgängerin
Astrid Grotelüschen hatte zuvor ihren Rücktritt als Ministerin erklärt. Sie wird bis zur
endgültigen Berufung von Lindemann vor dem Landtag am 19. Januar 2011 Urlaub nehmen
und keine Termine mehr wahrnehmen. Sie wird, so McAllister, von Staatssekretär Friedrich-
Otto Ripke und der Landesregierung vertreten.
Lindemann will sich bis zu seiner offiziellen Amtsübernahme in die niedersächsische
Agrarpolitik einarbeiten. Er gewährleistet, dass er alle Belange, auch was
den Verbraucherschutz in Niedersachsen, betreffe, abdecken will. Vor allem den Fragen der
Tierhaltung will er sich in den kommenden Monaten stellen, so Lindemann.
Ausdrücklich betonte Lindemann seine gute Zusammenarbeit mit
Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner, die ihren Staatssekretär im Januar 2010, aus
dem Amt entlassen hatte. Lindemann begründete diesen Schritt, weil er und die Ministerin in
einigen Punkten bei der künftigen Ausrichtung der Agrarpolitik nicht auf einer Linie gewesen
seien. "Da sei es besser, man geht auseinander", sagte Lindemann rückblickend. Kurz darauf
hätte Aigner ihn als Aufsichtsratsvorsitzenden der BVVG vorgeschlagen. Von diesem Amt
sowie als deutscher Kommissar im internationalen Walfangkomitee will Lindemann nun
zurücktreten. (da)
Internetseite Deutsche Frühstücksei GmbH
NEWS vom 05.04.2007 Landwirtschaftsministerium bekennt sich klar zur
Kleingruppenhaltung DBV: Betriebe können endlich investieren
„Mit der Tierschutznutztierhaltungsverordnung wird gleichermaßen
eine nachhaltige Wirtschaftsweise ermöglicht und dem Staatsziel
Tierschutz angemessen Rechnung getragen“. Dies schrieb der
Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium, Gert Lindemann,
an den Generalsekretär des Deutschen Bauernverband (DBV), Dr.
Helmut Born, und den Geschäftsführer des Zentralverbandes der
Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG), Dr. Thomas Janning. Lindemann bezog klare Position
zu den im vergangenen Jahr gefassten Beschlüssen zur Haltung von Schweinen und
Legehennen. Er habe keine Zweifel daran, dass die geltenden tierschutzrechtlichen
Regelungen den Vorgaben des Tierschutzgesetzes genügen. Positiv sei auch, dass nun die drei
wichtigen Haltungsformen für Legehennen, Freiland, Boden- und Kleingruppenhaltung
gleichermaßen nebeneinander bestehen könnten.
Mit diesem Bekenntnis hat das Bundeslandwirtschaftsministerium den Tierschutz gestärkt
und gleichzeitig den investitionsbereiten Betrieben Zuversicht gegeben, kommentierte Born.
Es sei die Voraussetzung dafür geschaffen, dass die Forschung die bestehenden
Haltungsverfahren in punkto Tierschutz und Tiergesundheit stetig weiterentwickeln könnten.
Autor: Pressestelle Deutscher Bauernverband [email protected]
HAZ
18.01.2011 07:25 Uhr
Gert Lindemann
Niedersachsens künftiger Landwirtschaftsminister im Interview
Ein alter Fuchs mit neuen Plänen: Niedersachsens künftiger
Landwirtschaftsminister Gert Lindemann wird am Mittwoch vereidigt. Im
HAZ-Interview sagt er, dass er vieles ändern will - bei der Krisenbekämpfung,
bei Kontrollen und sogar beim Tierschutz.
Niedersachsens künftiger Landwirtschaftsminister Gert Lindemann im HAZ-Interview.
© Michael Thomas
Herr Lindemann – Deutschland erlebt gerade mit dem jüngsten Dioxin-Skandal eine
Lebensmittel- und Vertrauenskrise. Was ist zu tun?
Wir müssen erstens definitiv sicherstellen, dass nicht erneut belastete Lebensmittel in den
Markt kommen. Wir müssen zweitens so schnell wie möglich alle zu Unrecht gesperrten Höfe
wieder freibekommen und drittens die Schuldigen schnell zur Verantwortung ziehen.
Was spricht eigentlich dagegen, Ergebnisse von Eigenkontrollen der Betriebe ins
Internet zu stellen – und zwar als Pflicht, damit sich jeder selbst ein Bild machen kann?
Ich halte wenig davon, Tausende von Daten zu veröffentlichen, wenn 99 Prozent der Daten
keine Relevanz haben für die Verbraucher. Etwas anderes ist es, wenn vorgeschriebene
gesetzliche Grenzwerte überschritten werden. Die Veröffentlichung von
Grenzwertüberschreitungen würde schon eine Menge ändern. In dieser Hinsicht das
Verbraucherinformationsgesetz zu ändern wäre sinnvoll. Ich kann allerdings jemanden
schlecht an den Pranger stellen, wenn er als Betrieb selbst einen Warnhinweis veröffentlicht.
Kann man bei der Menge von Lebensmittelskandalen, die wir in letzter Zeit erlebt
haben, nur von bedauerlichen Einzelfällen sprechen oder sind die Fehler systematischer
Natur?
Es handelt sich bei allem, was wir jetzt wissen, nicht um ein breit gefächertes, geradezu
mafiöses System, sondern um Einzelfälle. Sie müssen sich klarmachen, dass diese Mischerei
von Futtermittelfetten, die geschah, um unter dem Grenzwert zu bleiben, bis zum 1. Januar
2010 sogar noch erlaubt war. In gewisser Weise haben die Eigenkontrollen, zu denen die
Betriebe verpflichtet sind, die Firma Harles und Jentzsch in Uetersen offenbar ermuntert, die
Fette zu panschen – wobei es auch schon vor dem 1. Januar 2010 strikt verboten war, Fette für
die industrielle Verwendung mit Tierfutterfetten zu vermengen. Das setzt kriminelle Energie
voraus.
Bräuchte man da nicht viel mehr staatliche Kontrollen anstelle der Selbstverpflichtung
der Betriebe zu Eigenkontrollen?
Wir müssen überlegen, wie wir das Kontrollnetz noch verbessern können. Und da kann das
Ergebnis sein, dass es mehr staatliche Kontrollen gibt. Mit zwölf Kontrollen pro 1000
Futtermittelbetrieben liegen wir in Niedersachsen gar nicht so schlecht, sondern im Mittelfeld
der Bundesländer. Aber ich möchte schon erreichen, dass wir einen noch genaueren Überblick
bekommen und ein noch verbessertes System der Eigenkontrollen.
Italiener schicken niedersächsischen Schinken wieder nach Hause, die Chinesen sperren
die Einfuhr von Schweinefleisch. Wie wollen Sie diesen immensen Vertrauensschaden
reparieren?
Den Vertrauensschaden kriegen Sie nur weg, wenn sie nachweisen können, dass sie ein
perfektes Kontrollsystem haben. Deshalb müssen wir nach der jüngsten Krise an
Verbesserungen arbeiten. Hilfreich ist in einer solcher Lage aber, dass die Europäische Union
das deutsche System nach anfänglicher Kritik als gut bezeichnet hat. Im Moment haben wir
keine Beanstandungen.
Wie wollen Sie verhindern, dass Betriebe bei vorgeschriebenen Eigenkontrollen den
Behörden falsche Proben vorlegen?
Durch sehr genaue Vorschriften zu den vorzulegenden Proben. Von allen Chargen muss eine
repräsentative Menge vorgelegt werden. Aber Sie müssen sich dabei immer klarmachen:
Wenn jemand ein Delikt begehen will, werden Sie ihn erst im Nachhinein erwischen.
Andere Ministerien haben Hotlines, um auch anonymen Hinweisen nachgehen zu
können. Warum gibt es nicht so etwas für die Landwirtschaft?
Ich muss mich ja noch beispielsweise vom Innenminister unterscheiden können. Im Ernst: Ich
habe generell etwas gegen den Aufruf zu Denunziation. Aber wir müssen die
Krisenintervention und -kommunikation verbessern. Das Ministerium muss mit Krisen
künftig anders umgehen. Ich denke darüber nach, ein spezielles Verbraucherschutzreferat zu
schaffen, das schnell auf solche Krisen reagiert – einen Punkt, wo alle Stränge
zusammenlaufen. Für die Dorferneuerung oder die Forstwirtschaft, die in langen Perioden
denken und arbeiten, brauchen Sie so etwas nicht. Aber dieses Referat könnte die Anlaufstelle
für besorgte Bürger sein, die meinen, hier oder da werde in der Nahrungsmittelbranche
geschwindelt. Dann können wir dem nachgehen.
Wenn ein niedersächsischer Staatssekretär aus dem Landwirtschaftsministerium gleich
zweimal in kurzer Zeit Informationspannen einräumen muss, scheint in dieser Krise
„Kommunikationspanne“ ein Schlüsselwort zu sein. Wie wollen Sie das in Zukunft
abstellen?
Sie müssen sich einmal ganz generell klarmachen, was in einer solchen Krise auf vielen
Ebenen geschieht. Ich nehme einmal als Beispiel die große Schweinepest, die wir vor Jahren
im Oldenburgischen zu bewältigen hatten. Da haben wir Menschen, die sind rund um die Uhr
im Einsatz, um das Problem zu bekämpfen. Die sind so beschäftigt, dass sie keine Zeit daran
geben wollen, die Politik noch lang und breit zu informieren. Die zweite Fehlerquelle
entsteht, wenn die Krisenbekämpfer nach dem Prinzip der Freiwilligen Feuerwehr arbeiten:
„Lass uns erst einmal das Feuer im eigenen Landkreis bekämpfen.“ Und dann gibt’s die dritte
Gruppe, die solche Krisen nur aus einem wissenschaftlichen Blickwinkel betrachtet und keine
Sensibilität für die politischen Wirkungen hat. Außerdem gibt es schlicht noch die, die einen
Anruf erledigen, aber letztlich froh sind, wenn sie auf niemanden am anderen Ende der
Leitung stoßen. Dabei weiß ich aus meiner Zeit im Bundes- wie auch im Landesministerium,
dass es Handbücher für Risikosituationen gibt, in denen alle relevanten Ansprechpartner mit
Telefonnummern stehen, einschließlich der privaten.
Da muss aber vor dem Konflikt zwischen dem niedersächsischen Agrarstaatssekretär
Ripke und Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner einiges danebengegangen sein.
Warum hat der Staatssekretär der Bundesministerin bei ihrem Besuch am Freitagabend
in Oldenburg nicht einfach gesagt, dass noch 700 weitere Betriebe gesperrt werden
müssten?
Weil er das so genau noch gar nicht gewusst hat. Meines Wissens hat Herr Ripke nur einen
sehr groben Hinweis auf weitere nötige Sperrungen bekommen. Und diesen vagen
Kenntnisstand hat er der Bundesministerin auch angedeutet. Aber der Streit ist jetzt beigelegt.
Werden Sie aus den Pannen der vergangenen Wochen personelle Konsequenzen ziehen?
Zunächst mal muss es darum gehen, den Skandal zu beenden, die Lebensmittelsicherheit
wieder herzustellen. Wenn das geschehen ist, werde ich mich auch gründlich mit der Rolle
unserer Behörden und des Ministeriums beschäftigen. Wenn sich dabei herausstellt, dass
irgendjemand seine Pflicht nicht erfüllt oder wichtige Informationen nicht weitergegeben hat,
dann bin ich auch bereit, personelle Konsequenzen zu ziehen. Das gilt auch für den
vergangenen Freitag, als die Bundesministerin Ilse Aigner zu Besuch war.
Wie lange wird das dauern?
Ich denke, in den nächsten sechs Wochen sollten wir das alles aufgeklärt haben und uns dann
auch mit den internen Abläufen beschäftigen können.
Müsste es nicht angesichts der Kompetenzstreitereien zwischen Bund und Land viel
effektivere Behörden geben – so eine Art Lebensmittel-FBI?
Diese Überlegungen gibt es nach jeder Krise. Aber den Föderalismus brauchen wir deshalb
nicht abzuschaffen, der hat nämlich etwas Gutes: Die, die am nächsten dran sind, können in
der Regel die Szene auch besser beherrschen als weit entfernte Behörden in Berlin. Wir
müssen nur die bestehenden Netzwerke verbessern. Es könnte aber durchaus sinnvoll sein,
einen zentralen Anlaufpunkt etwa im Bundesagrarministerium zu schaffen, wo die
Informationen aller beteiligten Behörden zusammenlaufen.
Geschädigt sind neben den Verbrauchern auch zahlreiche Landwirte, die auf ihren
Waren sitzen bleiben. Was können Sie denen bieten?
Jedenfalls keine Entschädigungszahlungen aus der Steuerkasse. Aber das Thema der Haftung
ist noch nicht erledigt. Die Firma in Uetersen kann sich nicht mit der Insolvenz einfach vom
Acker machen. Es gibt auch eine Durchgriffshaftung des Managements. Da wird noch einiges
laufen. Die Krise betrifft übrigens nicht die Agrargroßindustrie. Die Großen haben ihre
eigenen Futtermittelwerke und sind wie die kleinen außen vor. Betroffen sind die bäuerlichen
Familienbetriebe, die sich keine eigene Futtermühle leisten können.
Neben dem Futtermittelskandal gibt es zunehmend auch Auseinandersetzungen um die
Massentierhaltung.
Da hat sich tatsächlich etwas getan im Bewusstsein der Bevölkerung. Früher, noch vor zwei
Jahren, standen Landwirte im Ansehen der Bevölkerung ganz oben, gleich hinter den
Pastoren. Sie haben also einen großen Vertrauensvorschuss. Der leidet aber empfindlich,
wenn man den Eindruck hat, Tiere werden unter qualvollen Bedingungen gehalten. Zum
Beispiel sollten die Rahmenbedingungen in der Nutztierhaltung nicht dazu führen, dass die
Tiere Skelettdeformationen erhalten. Ich will Bedingungen schaffen, die nicht automatisch
zur Tierquälerei führen. Ich will vermeiden, dass sich die Bürger mit Grauen von der
Landwirtschaft abwenden. Sie sollen mit einem guten Gefühl essen können. Sicher, Sie
werden dann immer noch keinen Veganer überzeugen, plötzlich Tierfleisch zu essen. Aber die
wohlmeinenden Bürger, die können Sie schon mitnehmen. Ich möchte in die neuen
Überlegungen, die wir uns zum Tierschutz und der Nutztierhaltung machen werden, auch
Leute einbeziehen, die außerhalb der Behörden arbeiten, etwa in Nicht-
regierungsorganisationen. Ich möchte, dass auch sie sich stärker als bisher einbringen können.
Das ist mir ein Anliegen.
Planen Sie eine Agrarwende?
Ich will die Tierhaltung nicht auf den Kopf stellen, aber die Rahmenbedingungen verändern.
Die Grenze dessen, was in Sachen Tierschutz machbar ist, liegt allerdings dort, wo
kompromissbereite Landwirte glaubhaft machen können, dass sie nicht mehr wirtschaftlich
arbeiten können. Das kann auch nicht unser Ziel sein.
Interview: Michael B. Berger und Dirk Schmaler
18.01.2011 07:17 Uhr
Neustart
In Niedersachsens Agrarpolitik soll ausgemistet werden
Kontrollsysteme erneuern, den Tierschutz verbessern und personelle
Konsequenzen ziehen: Niedersachsens künftiger Landwirtschaftsminister
Lindemann plant einen Neustart in der Agrarpolitik. Nach dem Rücktritt von
Astrid Grotelüschen wird er am Mittwoch vereidigt.
Niedersachsens künftiger Landwirtschaftsminister Gert Lindemann plant einen Neustart in der
Agrarpolitik des Landes. In einem Gespräch mit der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung
kündigte der CDU-Politiker an, er werde die Kontrollsysteme erneuern, den Tierschutz
verbessern und auch vor personellen Konsequenzen nicht haltmachen.
„Wenn sich herausstellt, dass jemand seine Pflicht nicht erfüllt oder wichtige Informationen
nicht weitergegeben hat, dann bin ich auch bereit, personelle Konsequenzen zu ziehen“, sagte
Lindemann, der sich zur Aufklärung des jüngsten Dioxin-Skandals eine Sechswochenfrist
setzt.
Lindemann war von Ministerpräsident David McAllister zum Nachfolger der
zurückgetretenen Landwirtschaftsministerin Astrid Grotelüschen berufen worden. Lindemann
wird am morgigen Mittwoch vor dem Landtag in Hannover vereidigt.
McAllister sagte am Montag, Lindemann werde am Mittwoch in einer Regierungserklärung
darlegen, wie sich die Landesregierung die künftige Agrarpolitik vorstelle. Nach dem Willen
des Ministerpräsidenten soll es offenbar nicht allein um einen Ausweg aus dem Dioxin-
Skandal gehen, sondern auch um mehr Transparenz für die Verbraucher und um mehr
Tierschutz. Mit Sorge hatte die Staatskanzlei in den vergangenen Tagen verfolgt, wie
Niedersachsen in den bundesweiten Medien immer stärker als Zentrum einer fragwürdigen
Massentierhaltung hervortrat.
Lindemann rief zu einer differenzierten Betrachtungsweise auf und betonte, die allergrößten
Mastbetriebe seien von der Dioxin-Affäre nicht betroffen, weil sie ihr Futter selbst herstellten
und dessen Qualität auf professionelle Weise überwachten. Einmal mehr treffe es Betriebe
mittlerer Größe, die einerseits als kleine Biohöfe nicht existieren könnten, andererseits aber
nicht so groß seien, dass sie sich eigene Futtermühlen leisten könnten. Diese Bauern seien
Opfer krimineller Machenschaften von betrügerischen Futtermittelherstellern geworden,
denen man mit neuer Strenge begegnen müsse.
Lindemann bekannte sich zu schärferen Kontrollmechanismen, wie sie der vorige Woche von
Aigner in Berlin vorgestellte Zehnpunkteplan vorsieht. Nur mit einem perfekten
Kontrollsystem lasse sich Vertrauen wieder herstellen. Lindemann stellte aber auch über die
aktuelle Affäre hinaus eine Umorientierung der Landwirtschaftspolitik in Aussicht. „Ich will
vermeiden, dass sich die Bürger mit Grauen von der Landwirtschaft abwenden.“ So dürfe man
etwa mit Blick auf die Putenzucht keine Rahmenbedingungen gelten lassen, die zu
Skelettdeformationen und damit automatisch zur Tierquälerei führten.
Michael B. Berger und Dirk Schmaler
Süddeutsche Zeitung
19.01.2011:
'Lückenlose Kontrollen vom Stall bis zum Teller'
Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister macht für den
Dioxinskandal kriminelle Taten einiger weniger verantwortlich
Für David McAllister ist es die erste große Bewährungsprobe: Seit sechs Monaten regiert er
Niedersachsen. Der Dioxinskandal trifft das Land hart, die Opposition wirft ihm Versagen
vor.
SZ: Herr Ministerpräsident, Niedersachsen ist Deutschlands größtes Agrar-Land. Wie
dramatisch ist der Dioxin-Skandal für Sie?
McAllister: Wir nehmen die Vorgänge außerordentlich ernst. Millionen von Verbrauchern
sind verunsichert. Tausende von landwirtschaftlichen Betrieben geraten unverschuldet in
finanzielle Not.
SZ: Die Bürger verlieren Vertrauen.
McAllister: Im Mittelpunkt unserer Bemühungen steht deshalb der Schutz der Verbraucher.
Wir müssen sicherstellen, dass keine belasteten Lebensmittel auf den Markt gelangen. Wir
brauchen rückhaltlose Aufklärung. Es ist wichtig, dass wir alle genau hinsehen und erkennen,
dass nicht die Landwirtschaft generell unser Problem ist. Es geht um einige wenige, die sich
unverantwortlich, skrupellos und kriminell verhalten haben. Alle sind stinksauer. Zu Recht.
SZ: Auf wen? Auf die kriminellen Panscher oder auf jene, die nicht genug kontrolliert haben?
McAllister: Auf die Kriminellen natürlich. Die muss der Staat mit aller Konsequenz
verfolgen. Meines Erachtens sind hohe Strafen angemessen - auch als abschreckendes Signal.
Die schwarzen Schafe müssen auch für die Zukunft aus dem Verkehr gezogen werden.
SZ: Die Bürger befürchten, dass die Kontrollen zu lasch sind.
McAllister: Die Aufdeckung des Falles beim Futtermittelwerk in Damme konnte nur deshalb
erfolgen, weil die Kontrollen stringent durchgeführt wurden und weil auf die Ergebnisse
zügig reagiert wurde. Die Staatsanwaltschaft wurde unverzüglich eingeschaltet und hat noch
am Sonnabend Unterlagen beschlagnahmt. Zudem wurden vorsorglich die betroffenen
Betriebe sofort gesperrt.
SZ: Also reichen die Kontrollen aus?
McAllister: Wir brauchen jetzt eine genaue Analyse und müssen die Kontrollmechanismen
noch weiter verbessern.
SZ: Was heißt das?
McAllister: Wir brauchen eine lückenlose Kette vom Stall bis zum Teller. Die muss
transparent und verlässlich sein. Die Zuständigkeit in der Lebensmittelüberwachung ist im
Grundgesetz eindeutig geklärt. Jede Ebene muss ihre Verantwortung voll wahrnehmen. Es
könnte aber sinnvoll sein, die Ergebnisse in Berlin zu bündeln und dort eine zentrale
Anlaufstelle zu schaffen. Wir müssen zudem die bestehenden Netzwerke verbessern. So
erwägt mein neuer Landwirtschaftsminister Gert Lindemann, ein neues Bündelungsreferat für
Verbraucherschutz in seinem Haus zu schaffen.
SZ: Stellen Sie mehr Kontrolleure ein?
McAllister: Ich schließe nicht aus, dass zusätzliches Personal gebraucht wird. Offenbar haben
die Futtermittelkontrolleure derzeit ein sehr breites Aufgabenfeld. Es stellt sich die Frage nach
einer Aufgabenreduzierung, damit sie sich aufs Kerngeschäft konzentrieren können: die
Futtermittelkontrolle.
SZ: Die Bundesverbraucherministerin hat ein Konzept vorgelegt.
McAllister: Der Zehn-Punkte-Plan von Frau Aigner geht in die richtige Richtung - ein Teil ist
deckungsgleich mit Vorschlägen aus Niedersachsen.
SZ: Hier in Hannover vermisst die Opposition ein Krisen-Management.
McAllister: Niedersachsen hat von Anfang an schnell gehandelt und bereits vor Weihnachten
die ersten Betriebe gesperrt. Im Landesamt für Verbraucherschutz wurde eine Urlaubssperre
verhängt. Dort wird in Schichtarbeit auf Hochtouren an der Aufklärung gearbeitet, auch an
Wochenenden.
SZ: Aber wo ist die Linie, die der Ministerpräsident vorgibt?
McAllister: Meine Linie ist klar: Niedersachsen handelt, Niedersachsen klärt auf,
Niedersachsen macht Lösungsvorschläge.
SZ: In dieser Krise hatten Sie über Wochen keinen Chef im Agrar-Ressort.
McAllister: Astrid Grotelüschen ist kurz vor Weihnachten von ihrem Amt zurückgetreten. Ich
habe Gert Lindemann als Nachfolger benannt. Er ist der Beste für dieses Amt. Die
verfassungsrechtliche Situation ist so, dass ein Minister erst vom Landtag gewählt werden
muss. Das erfolgt heute. Gert Lindemann ist schon jetzt in alle politischen Abläufe
eingebunden. Direkt nach seiner Wahl hält dieser sehr kundige Mann eine
Regierungserklärung zur aktuellen Agrarpolitik.
SZ: Frau Grotelüschen ist nach Vorwürfen wegen der Zustände in Geflügelmastbetrieben
zurückgetreten. Können Sie verstehen, dass die Massentierhaltung so umstritten ist?
McAllister: Grundlage unserer Landwirtschaft sind bäuerliche Betriebe. Der Strukturwandel
hat in Teilen zu einer industriellen Landwirtschaft geführt. Er stößt aber zum Teil an Grenzen.
Wir erleben lebhafte Debatten über die Genehmigung von Stallbauten für Großprojekte.
SZ: Und der Tierschutz?
McAllister: Größe allein sagt nichts über die Qualität des Tierschutzes aus. Wir müssen
vielmehr für einen achtsamen Umgang mit den Tieren sorgen. Hier wollen wir neue Maßstäbe
setzen. Mein neuer Landwirtschaftsminister wird mit Vertretern von Tierschutzorganisationen
und der Agrarwirtschaft eine Strategie 'Tierschutz in der Nutztierhaltung 2020' entwickeln.
SZ: Mit welchen Vorgaben?
McAllister: Wir brauchen einen gesellschaftlichen Konsens, etwa beim umstrittenen Stutzen
der Schnäbel bei Puten. Diese Debatte werden wir in Niedersachsen führen, gerade weil wir
das führende Land in der Geflügelproduktion sind. Ein vernünftiger Landwirt ist ein
Tierschützer, der quält keine Tiere.
SZ: Manche Produkte sind so billig, dass Kritiker sagen: Dafür kann man nichts Gutes und
Gesundes erwarten.
McAllister: In Deutschland sind Lebensmittel tatsächlich so günstig wie in keinem anderen
Land. Jeder Verbraucher kann selbst entscheiden, was ihm sein Essen wert ist. Es ist
nachvollziehbar, dass Qualität unter Billigpreisen leidet. Allerdings gebe ich zu bedenken:
Viele Menschen müssen jeden Cent umdrehen und günstige Lebensmittel kaufen, weil sie
sich andere nicht leisten können. Sie haben einen Anspruch darauf, dass sie keine Gifte zu
sich zu nehmen.
SZ: Lebensmittelskandale verlaufen stets nach dem gleichen Muster: Die Politik verspricht
Änderungen. Nach ein paar Monaten ist wieder alles wie vorher.
McAllister: Das können wir uns nicht mehr leisten. Die Voraussetzungen sind gut: Bund und
Länder sind sich einig. Die Vorschläge sollten nicht zerredet werden.
Interview: Jens Schneider
Quelle: Süddeutsche Zeitung Nr.14, Mittwoch, den 19. Januar 2011 , Seite 5