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CT-Kolonographie in der täglichen Praxis; CT colonography as routine method;

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Radiologe 2012 · 52:511–518 DOI 10.1007/s00117-011-2282-z Online publiziert: 25. Mai 2012 © Springer-Verlag 2012 G. Böhm 1  · T. Mang 2  · M. Gschwendtner 1 1  Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie, Krankenhaus Elisabethinen Linz, Linz 2  Universitätsklinik für Radiodiagnostik, Medizinische Universität Wien, Wien CT-Kolonographie   in der täglichen Praxis Die CT-Kolonographie wurde 1994 erstmals von Vining et al. [2] beschrie- ben und hat seit dieser Zeit eine enor- me Entwicklung durchlaufen. Un- terstützt von den raschen techno- logischen Fortschritten in der Com- putertomographie (CT) konnten die Schichtdicken einer Untersuchung ständig reduziert werden. Heute wird im europäischen Raum überwiegend mit einer Schichtdicke von ≤1,25 mm untersucht. Daneben gab es einen dramatischen Entwicklungsschub in der computergestützten 3-D-Nach- verarbeitung. Brauchte in den Anfän- gen der Computer 2–3 h, um auf ein relevantes Nachverarbeitungsergeb- nis zu kommen, werden heute solche 3-D-Nachverarbeitungen problemlos in Echtzeit durchgeführt. Durch die Akquisition von Dünnschichtdaten- sätzen ist in allen Raumrichtungen eine annähernd gleiche Bildqualität zu erzielen. Standardisierung des Untersuchungsablaufs Mit zunehmender Verbreitung der CT- Kolonographie wurde auch der Ver- such einer Standardisierung des Unter- suchungsablaufs unternommen. Im Jah- re 2007 hat die ESGAR (European Society of Gastrointestinal and Abdominal Radio- logy) ein Konsensuspapier zur Durchfüh- rung der CT-Kolonographie erstellt. Füh- rende europäische Experten auf diesem Gebiet haben versucht, konsensuell eine einheitliche Grundlage für die CT-Kolo- nographie zu definieren [3]. Eine Aktualisierung dieses Konsen- suspapiers ist für 2012 geplant, um tech- nischen Entwicklungen sowie neuen Stu- dienergebnissen Rechnung zu tragen. In vielen Ländern wurde diese Grund- lage an die jeweiligen lokalen Gegeben- heiten angepasst bzw. weiterentwickelt. Ein viel diskutiertes Thema ist dabei wei- terhin der Umgang mit den kleinen Poly- pen (<6 mm), wobei es z. T. immer noch konträre Ansichten hinsichtlich der klini- schen Relevanz dieser Läsionen gibt. Von der deutschen Arbeitsgruppe für gastroin- testinale Radiologie wurde ein Diagnose- algorithmus für das weitere Prozedere bei polypoiden Läsionen in Abhängigkeit von ihrer Größe und Anzahl publiziert [4]. In Österreich hat die Arbeitsgemein- schaft für gastrointestinale Radiologie einen interdisziplinären Konsensus ge- meinsam mit der Gesellschaft für Gastro- enterologie und der Gesellschaft für Chi- rurgie erarbeitet. Dieser ist als Leitlinie für die Indikationen, die Dokumentation und die technische Durchführung akzep- tiert [5]. Aufklärung und Vorbereitung Um gute Untersuchungsergebnisse zu er- zielen, ist eine sorgfältige Vorbereitung des Patienten notwendig. Diese beginnt am Tag vor der Untersuchung und be- steht aus einer Diät (faserarme Kost, idea- lerweise reine Flüssigkeitsdiät), der Ein- nahme von Laxanzien und der oralen Ga- be eines Röntgenkontrastmittels zur Mar- kierung von residualem Stuhl („fecal tag- ging“ [6]). Um Unklarheiten bei der Vorbereitung zu vermeiden, sollte ein Aufklärungsge- spräch einige Tage vor der Untersuchung durchgeführt werden. Dabei wird der Pa- tient genau über den Ablauf und das Ziel der Untersuchung sowie die Notwendig- keit der Darmvorbereitung informiert. Gleichzeitig überprüft der Radiologe die Indikation für die geplante Untersuchung und klärt, ob etwaige Kontraindikationen bestehen. Sollte dies der Fall sein, können rechtzeitig alternative diagnostische We- ge eingeschlagen werden, bevor der Pa- tient mit der Darmvorbereitung beginnt. Bei diesem Gespräch erfolgt auch die In- formation über mögliche Risiken der Untersuchung, wie etwa die Möglichkeit einer Darmperforation, die in der Litera- tur bisher jedoch nur sehr selten beschrie- ben wurde. In einer retrospektiven Ana- lyse von über 11.870 Patienten kam es bei 8 Patienten zu einer Perforation, dies ent- spricht einem Risiko von 0,059% (ein Pa- tient/1696 Untersuchungen [7]). Bei die- ser Analyse überwogen bei den betroffe- nen Patienten eindeutig die symptomati- schen Patienten (7:1). Darüber hinaus be- stand in allen Fällen eine Vorschädigung der Kolonwand: eine Inguinalhernie bei 3, eine schwere Divertikulose bei 4 und ein obstruierendes Karzinom bei einem Pa- tienten. Das heißt, dass das Risiko beim symptomfreien Patienten vernachlässig- bar gering ist. Da bei allen Untersuchungen mit Perforation der Dickdarm manuell mit Raumluft distendiert wurde, scheint die automatische CO 2 -Insufflation die besse- re Alternative zu sein. Außerdem fiel auf, dass bei 6 Patienten ein dicker Rektum- Leitthema: Kolorektales Karzinom 511 Der Radiologe 6 · 2012|
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Radiologe 2012 · 52:511–518DOI 10.1007/s00117-011-2282-zOnline publiziert: 25. Mai 2012© Springer-Verlag 2012

G. Böhm1 · T. Mang2 · M. Gschwendtner1

1 Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie, Krankenhaus Elisabethinen Linz, Linz2 Universitätsklinik für Radiodiagnostik, Medizinische Universität Wien, Wien

CT-Kolonographie  in der täglichen Praxis

Die CT-Kolonographie wurde 1994 erstmals von Vining et al. [2] beschrie-ben und hat seit dieser Zeit eine enor-me Entwicklung durchlaufen. Un-terstützt von den raschen techno-logischen Fortschritten in der Com-putertomographie (CT) konnten die Schichtdicken einer Untersuchung ständig reduziert werden. Heute wird im europäischen Raum überwiegend mit einer Schichtdicke von ≤1,25 mm untersucht. Daneben gab es einen dramatischen Entwicklungsschub in der computergestützten 3-D-Nach-verarbeitung. Brauchte in den Anfän-gen der Computer 2–3 h, um auf ein relevantes Nachverarbeitungsergeb-nis zu kommen, werden heute solche 3-D-Nachverarbeitungen problemlos in Echtzeit durchgeführt. Durch die Akquisition von Dünnschichtdaten-sätzen ist in allen Raumrichtungen eine annähernd gleiche Bildqualität zu erzielen.

Standardisierung des Untersuchungsablaufs

Mit zunehmender Verbreitung der CT-Kolonographie wurde auch der Ver-such einer Standardisierung des Unter-suchungsablaufs unternommen. Im Jah-re 2007 hat die ESGAR (European Society of Gastrointestinal and Abdominal Radio-logy) ein Konsensuspapier zur Durchfüh-rung der CT-Kolonographie erstellt. Füh-rende europäische Experten auf diesem Gebiet haben versucht, konsensuell eine einheitliche Grundlage für die CT-Kolo-nographie zu definieren [3].

Eine Aktualisierung dieses Konsen-suspapiers ist für 2012 geplant, um tech-nischen Entwicklungen sowie neuen Stu-dienergebnissen Rechnung zu tragen.

In vielen Ländern wurde diese Grund-lage an die jeweiligen lokalen Gegeben-heiten angepasst bzw. weiterentwickelt. Ein viel diskutiertes Thema ist dabei wei-terhin der Umgang mit den kleinen Poly-pen (<6 mm), wobei es z. T. immer noch konträre Ansichten hinsichtlich der klini-schen Relevanz dieser Läsionen gibt. Von der deutschen Arbeitsgruppe für gastroin-testinale Radiologie wurde ein Diagnose-algorithmus für das weitere Prozedere bei polypoiden Läsionen in Abhängigkeit von ihrer Größe und Anzahl publiziert [4].

In Österreich hat die Arbeitsgemein-schaft für gastrointestinale Radiologie einen interdisziplinären Konsensus ge-meinsam mit der Gesellschaft für Gastro-enterologie und der Gesellschaft für Chi-rurgie erarbeitet. Dieser ist als Leitlinie für die Indikationen, die Dokumentation und die technische Durchführung akzep-tiert [5].

Aufklärung und Vorbereitung

Um gute Untersuchungsergebnisse zu er-zielen, ist eine sorgfältige Vorbereitung des Patienten notwendig. Diese beginnt am Tag vor der Untersuchung und be-steht aus einer Diät (faserarme Kost, idea-lerweise reine Flüssigkeitsdiät), der Ein-nahme von Laxanzien und der oralen Ga-be eines Röntgenkontrastmittels zur Mar-kierung von residualem Stuhl („fecal tag-ging“ [6]).

Um Unklarheiten bei der Vorbereitung zu vermeiden, sollte ein Aufklärungsge-spräch einige Tage vor der Untersuchung durchgeführt werden. Dabei wird der Pa-tient genau über den Ablauf und das Ziel der Untersuchung sowie die Notwendig-keit der Darmvorbereitung informiert. Gleichzeitig überprüft der Radiologe die Indikation für die geplante Untersuchung und klärt, ob etwaige Kontraindikationen bestehen. Sollte dies der Fall sein, können rechtzeitig alternative diagnostische We-ge eingeschlagen werden, bevor der Pa-tient mit der Darmvorbereitung beginnt. Bei diesem Gespräch erfolgt auch die In-formation über mögliche Risiken der Untersuchung, wie etwa die Möglichkeit einer Darmperforation, die in der Litera-tur bisher jedoch nur sehr selten beschrie-ben wurde. In einer retrospektiven Ana-lyse von über 11.870 Patienten kam es bei 8 Patienten zu einer Perforation, dies ent-spricht einem Risiko von 0,059% (ein Pa-tient/1696 Untersuchungen [7]). Bei die-ser Analyse überwogen bei den betroffe-nen Patienten eindeutig die symptomati-schen Patienten (7:1). Darüber hinaus be-stand in allen Fällen eine Vorschädigung der Kolonwand: eine Inguinalhernie bei 3, eine schwere Divertikulose bei 4 und ein obstruierendes Karzinom bei einem Pa-tienten. Das heißt, dass das Risiko beim symptomfreien Patienten vernachlässig-bar gering ist.

Da bei allen Untersuchungen mit Perforation der Dickdarm manuell mit Raumluft distendiert wurde, scheint die automatische CO2-Insufflation die besse-re Alternative zu sein. Außerdem fiel auf, dass bei 6 Patienten ein dicker Rektum-

Leitthema: Kolorektales Karzinom

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katheter verwendet wurde, der mit einem relativ voluminösen luftgefüllten Ballon versehen war. Ist jedoch der Sphinkterap-parat des zu Untersuchenden intakt, er-scheint die Verwendung solcher Katheter nicht notwendig. In den Richtlinien wer-den daher dünne Katheter ohne Ballon oder mit kleinem Ballon (maximal 30 ml) empfohlen bzw. gefordert.

Um eine gute Distension des Kolons während der Untersuchung zu erreichen, wird eine Ampulle Buscopan® intrave-nös appliziert. Neben der besseren Entfal-tung des Kolons wird auch der Untersu-chungskomfort des Patienten gesteigert, da die spastischen Kontraktionen der glat-ten Darmmuskulatur reduziert werden. Als wichtiger Nebeneffekt kann jedoch die glatte Augenmuskulatur mit betrof-fen und die Akkommodation beeinträch-tigt sein. Aus diesem Grund ist bei ambu-lanten Patienten das selbstständige Auto-fahren für ca. 30 min nach der Untersu-chung untersagt.

Wir empfehlen unseren Patienten zur Vorbeugung gegen Kreislaufprobleme in dieser Zeit etwas Nahrung und Flüssig-keit zu sich zunehmen, da entsprechend unserer Erfahrung nach der Untersu-chung nicht selten orthostatische Reak-tionen auftreten.

Um in unserem klinischen Ablauf eine einheitliche Aufklärung durchzuführen, haben wir einen Aufklärungsbogen ent-wickelt, der sich in der täglichen Routi-ne gut bewährt hat [8]. Er ist für den Pa-tienten leicht verständlich aufgebaut und informiert über die wesentlichen Schrit-te des Untersuchungsablaufs. Die von uns empfohlene Vorbereitung ist ausführlich dargestellt. Sie besteht im Detail in einer faserarmen Diät am Vortag, der Gabe eines Abführmittels (z. B. 2 l MoviePrep®, Norgine GmbH, Marburg, Germany) und

der oralen Gabe eines jodhaltigen Rönt-genkontrastmittels (z. B. 50 ml Gastro-grafin®, Bayer Healthcare, Berlin, Germa-ny). Zusätzlich werden anamnestisch für die Untersuchung relevante Daten (Vor-operationen, Familienanamnese, Vor-untersuchungen des Kolons) erhoben.

Es ist hervorzuheben, dass regelmä-ßig ein „fecal tagging“ (Markierung von Reststuhl oder Flüssigkeit) vorgenommen werden soll, das mittlerweile international routinemäßig für die CT-Kolonographie empfohlen wird [9]. Hierfür wird im An-schluss an die abführenden Maßnahmen ein orales Kontrastmittel (KM) eingenom-men, wobei sowohl jodhaltige, wasserlös-liche KM als auch verdünnte Bariumsus-pensionen geeignet sind. Manche Unter-sucher bevorzugen eine Kombination bei-der Substanzen. Unserer Erfahrung nach werden jedoch einfache Protokolle mit eintägiger Vorbereitung und einmaliger Gabe eines oralen Kontrastmittels von den Patienten am besten eingehalten.

Untersuchungsablauf und Dosis

Am Untersuchungstag kommt der Pa-tient nüchtern zum vereinbarten Termin. Nach Anlegen einer speziellen „Schlitzho-se“ wird er auf dem Untersuchungstisch in Linksseitenlage positioniert. Unmittel-bar zuvor wird 1 ml Buscopan® (eine Am-pulle) intravenös verabreicht. Anschlie-ßend erfolgt die CO2-Insufflation über ein dünnes Darmrohr. Gibt der Patient ein Druck- bzw. Völlegefühl an, wird er in die Rückenlage umgelagert und ein digi-tales Durchstrahlungsbild („scout image“) erstellt. Anhand dieser Übersicht kann man den Distensionsgrad kontrollieren und ggf. noch eine Anpassung durch zu-sätzliche CO2-Applikation vornehmen. Als verlässlichste Parameter für eine gute

Distension gelten das Druckgefühl des Pa-tienten und die automatische manomet-rische Gegendruckmessung des Insuff-lators. Nun können die axialen Schich-ten in einer Atemanhaltephase akquiriert werden.

Es erfolgt eine Umlagerung des Patien-ten in die Bauchlage. Um eine optimale Distension des Rektosigmoids zu errei-chen, wird CO2 nachinsuffliert. Nach Prü-fung der Distension mittels eines weite-ren Scoutbildes wird nun der CT-Scan in Bauchlage durchgeführt. Der ganze Unter-suchungsvorgang dauert ca. 10 min.

Zwei Aufnahmeserien haben sich in der Praxis bewährt, wobei neben Rücken- und Bauchlage alternativ auch die Seiten-lage in Frage kommt. Dies ist oft der Fall, wenn Patienten nicht auf dem Bauch lie-gen können. Studien haben gezeigt, dass die Genauigkeit der Polypendetektion deutlich erhöht wird, wenn 2 Aufnahme-serien akquiriert und ausgewertet wer-den [10]. Aus diesem Grund ist diese Vor-gangsweise in allen Leitlinien als Standard etabliert [2, 3, 4].

Wir benützen standardmäßig in der Screeningsituation sowohl in Bauch- als auch in Rückenlage ein Low-dose-Proto-koll mit 120 kV/40mAs, um die Strahlen-dosis deutlich zu reduzieren. Intravenö-ses KM applizieren wir nur bei Verdacht auf ein Dickdarmkarzinom, meist nach inkompletter Koloskopie, um die Umge-bungsstrukturen, insbesondere die Leber, genau beurteilen zu können. Dafür ist ein Normaldosisprotokoll in Rückenlage not-wendig.

In eine retrospektive Analyse [11] der eigenen Patientendaten wurden 700 Pa-tienten eingeschlossen, die zur Abklä-rung von Dickdarmpolypen oder -tu-moren eine CT-Kolonographie erhiel-ten. Alle Untersuchungen wurden nach

Tab. 1  Dosis-Längen-Produkt vs. Alter

  Minimum Percentile 25

Median Mittelwert Percentile 75

Maximum Standard- abweichung

Gültige N

DLP-Gruppe

Virtuelle Kolongraphie 288,5 324,6 340,5 339,8 356,0 380,0 21,8 N=700

Normales Abdomen-CT 198,1 300,1 494,4 548,9 680,5 1277,4 287,1 N=100

Total 198,1 324,1 341,8 366,0 360,4 1277,4 124,2 N=800

Alter in Jahren der Grup-pe

Virtuelle Kolongraphie 16 54 65 64 76 92 14 N=700

Normales Abdomen-CT 15 50 65 61 73 88 16 N=100

Total 15 54 65 64 75 92 15 N=800

DLP Dosis-Längen-Produkt.

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Leitthema: Kolorektales Karzinom

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dem gleichen Low-dose-Protokoll in Rü-cken- und Bauchlage durchgeführt, von der Zwerchfellkuppe bis zur Symphyse mit einem 16-Zeilen-Gerät (Aquilion 16, Toshiba Medical Systems, Tochigi, Japan). Das Dosis-Längen-Produkt jedes Patien-ten wurde aufgezeichnet. Zum Vergleich wurde das Dosis-Längen-Produkt von 100 Patienten herangezogen, bei denen in der Routinediagnostik ein Abdomen-/Becken-CT erfolgte. Die Untersuchungs-parameter entsprachen einem Normaldo-sisprotokoll unter Verwendung einer CT-Belichtungsautomatik (entspricht einer Röhrenstrommodulation). Als zusätzli-cher Vergleichswert wurde auch der Ma-ximalwert für Abdomen-CT in der Ös-terreichischen Strahlenschutzverordnung (ähnlich dem Wert in Deutschland) her-angezogen (. Tab. 1).

Das ermittelte durchschnittliche DLP betrug bei der CT-Kolonographie 339,8 mGy×cm und bei der Abdomen-CT 548,9 mGy×cm. Es zeigte sich trotz zweier Aufnahmeserien somit ein signifi-kant niedrigerer Wert als bei einer norma-len Abdomen-CT (p<0,001). Der höchste erhobene DLP-Wert bei der CT erreichte nur 32% des DLP-Maximalwertes für Ab-domen-CT in der medizinischen Strah-lenschutzverordnung.

Ein DLP von ca. 340 mGy×cm ent-spricht ungefähr 4–5 mSv. Vergleichbare Werte wurden auch in anderen Studien mit Low-dose-Protokollen erreicht [12].

In Zukunft können neue Rekonstruk-tionsalgorithmen (iterative Rekonstruk-tionen) den Dosismaximalwert in der CT-Kolonographie noch weiter senken. In ers-ten Studien wurde nachgewiesen, dass die Dosis beim Abdomen-CT um über 50% gesenkt werden kann bei gleichbleibender Bildqualität [13].

Eine Studie, die von der Annah-me einer Dosisbelastung von 7–8 mSv ausgeht, ergab in einem Rechenmodell 150/100.000 strahleninduzierte Karzino-me. Gleichzeitig konnten je nach Rechen-art 3580–5190/100.000 kolorektale Karzi-nome verhindert werden. Dies entspricht einer Vorteils-Risiko-Relation von 24/1 bis 35/1.

In diesem Modell mit einem alle 5 Jah-re durchgeführten CT-Kolonographie-Screening übersteigt der Nutzen ganz klar das Risiko [14].

Zusammenfassung · Abstract

Radiologe 2012 · 52:511–518   DOI 10.1007/s00117-011-2282-z© Springer-Verlag 2012

G. Böhm · T. Mang · M. Gschwendtner

CT-Kolonographie in der täglichen Praxis

ZusammenfassungKlinisches/methodisches Problem.  Das ko-lorektale Karzinom stellt sowohl in Österreich wie auch in Deutschland eine große gesund-heitspolitische Herausforderung dar. Da die Teilnahme seitens der Betroffenen an Kolos-kopievorsorgeprogrammen eher gering aus-fällt, wird immer wieder die Frage nach alter-nativen Untersuchungsmethoden aufgewor-fen. Hier scheint die CT-Kolonographie eine schonende Alternative darzustellen, welche eine hohe Patientenakzeptanz aufweist.Radiologisches Standardverfahren.  Die CT-Kolonographie hat sich in den letzten Jahren neben der konventionellen Koloskopie als ra-diologische Methode zur Untersuchung des gesamten Dickdarms etabliert. Aus axial ak-quirierten zweidimensionalen Bildern wer-den dreidimensionale Darstellungen gene-riert, die einen virtuellen endoskopischen Flug durch das Kolon ermöglichen. Darum ist diese Untersuchung auch unter dem Syno-nym „virtuelle Koloskopie“ bekannt.Methodische Innovation.  Die CT-Kolono-graphie wurde methodisch in den letzten Jahren kontinuierlich weiterentwickelt. Einer-seits hat die stetige Abnahme der Schicht-dicke (aktuell ≤1 mm) zu verbesserten Volu-mendatensätzen beigetragen, andererseits 

gab es einen deutlichen Entwicklungssprung in der Nachverarbeitungssoftware.Leistungsfähigkeit.  Zahlreiche Studien-ergebnisse haben in letzter Zeit gezeigt, dass die Detektionsraten bei histologisch fortge-schrittenen Adenomen mit den Ergebnissen der konventionellen Koloskopie vergleich-bar sind.Bewertung.  Mittlerweile ist die CT-Kolono-graphie eine in der täglichen Routine etab-lierte Untersuchungsmethode sowohl bei symptomatischen als auch asymptomati-schen Patienten (Screening).Empfehlung für die Praxis.  Studiendaten belegen mittlerweile eindeutig, dass die CT-Kolonographie alternativ zur Koloskopie eine leistungsfähige Untersuchungsmethode für das kolorektale Karzinom darstellt. Um gute Befundergebnisse zu erzielen, sind eine ent-sprechende Vorbereitung inklusive „fecal tag-ging“, ein standardisiertes technisches Vorge-hen während der Untersuchung und eine Ex-pertise sowohl in der 2-D- wie auch in der 3-D-Befundung wesentliche Voraussetzungen.

SchlüsselwörterCT-Kolonographie · Koloskopie · Dickdarmkrebsscreening · Dosisreduktion · 3-D-Befundung

CT colonography as routine method

Abstract

Clinical/methodical issue.  Colorectal cancer is a major public health challenge in Austria and Germany. As the participation in dedicat-ed colonoscopy screening programs is rath-er low, the question of alternative methods is raised again and computed tomography (CT) colonography seems to be a gentle alterna-tive with a very high patient acceptance.Standard radiological methods.  In recent years CT colonography (CTC) has been estab-lished besides conventional colonoscopy as a radiological method for the investigation of the entire colon. From axial two-dimension-al images three-dimensional images can be generated, allowing a virtual flight through the colon which is why this technique is also known as virtual colonoscopy.Methodical innovations.  The technique of CTC has been improved continuously dur-ing recent years. On the one hand the steady decrease in the layer thickness (currently ≤1 mm) has improved the resolution of vol-ume data sets and on the other hand there has been significant progress in postpro-cessing.

Performance.  Numerous studies have re-cently shown that the significance of CTC in the detection of advanced adenomas is simi-lar to conventional colonoscopy.Achievements.  Meanwhile CT colonography is now a routine investigation method estab-lished in both symptomatic and asymptom-atic patients (screening).Practical recommendations.  Study data now clearly show that CTC, as an alternative to conventional colonoscopy, is a powerful method for investigation of colorectal can-cer. To achieve good results adequate prepa-ration including fecal tagging, standardized technical procedures during the investiga-tion and expertise in both 2D and 3D reading are essential.

KeywordsCT colonography · Colonoscopy ·  Colorectal cancer screening · Dose reduction · 3D reading

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Page 4: CT-Kolonographie in der täglichen Praxis; CT colonography as routine method;

Bildanalyse

Die Interpretation der erhobenen Bild-daten kann sowohl primär im 2-D- wie auch primär im 3-D-Modus erfolgen. Su-spekte Befunde können dann mittels der jeweils anderen Methode weiterführend evaluiert werden. Da in den letzten Jah-ren die Performance und Benutzerfreund-lichkeit der 3-D-Softwareprodukte deut-lich zugenommen hat, wird mittlerweile von vielen Untersuchern die primäre 3-D-Interpretation bevorzugt. Bei suspektem Befund werden die axialen 2-D-Schichten dann zur weiteren Analyse der internen Struktur herangezogen.

Nahezu alle erhältlichen Softwarepro-dukte erlauben eine gleichzeitige Ansicht von 2-D- und 3-D-Ansichten in Bauch- und Rückenlage auf einer Auswertekon-sole.

Der virtuelle 3-D-Flug bietet die Mög-lichkeit, das Kolon nicht nur wie bei der optischen Koloskopie retrograd vom Rek-tum zum Zökum, sondern auch ante- und orthograd zu untersuchen. Dadurch ge-lingt in einfacher Weise ein Blick hinter oder zwischen die Falten, der oftmals für den Endoskopiker eine Herausforderung darstellt, da das Endoskop invertiert wer-den muss. Wie in . Tab. 2 ersichtlich, sollte immer ein bidirektionaler 3-D-Flug durch das Kolon durchgeführt werden, da prozentual deutlich mehr Oberflächen-abschnitte dargestellt und damit folglich auch mehr Läsionen gefunden werden können.

In zunehmendem Maße wird auch an-stelle herkömmlicher virtuell endoskopi-scher Rekonstruktionen die virtuelle Dis-sektion verwendet. Bei dieser Rekonst-ruktionstechnik wird das Kolon der Län-ge nach aufgefaltet dargestellt. Diese An-sicht soll eine übersichtlichere Darstellung der komplexen Kolonmorphologie erlau-ben und dadurch die 3-D-Auswertung der Untersuchung zeiteffizienter machen.

Befunddokumentation

Bei der Befunddokumentation wird sei-tens der Europäischen Gesellschaft für abdominale und gastrointestinale Radio-logie (ESGAR) empfohlen, sowohl bei symptomatischen wie auch asymptoma-tischen Patienten Polypen ≥6 mm gene-rell zu befunden. Kleine Polypen sollen bei hoher Befundsicherheit ebenfalls do-kumentiert werden, insbesondere wenn 3 oder mehr Läsionen vorliegen. Im Gegen-satz dazu werden nach dem überwiegend im US-amerikanischen Raum propagier-ten C-RADS-Schema (CT Colonogra-phy Reporting and Data System) Poly-pen unter 6 mm generell ignoriert und auch für einzelne Polypen zwischen 6 und 9 mm eine Kontrollstrategie angebo-ten, welche jedoch aufgrund der mangeln-den Kenntnisse über das biologische Ver-halten solcher Läsionen kontrovers dis-kutiert wird. Das C-RADS wurde analog zum BIRADS-System in der Mammogra-phie mit den entsprechenden Empfeh-lungen entwickelt, um die Kommunika-tion CT-kolonographischer Befunde zu verbessern [15].

Die Befundung der CT-Kolonogra-phie erfordert ausreichend Expertise und Training. Nicht nur die Anwendung man-cher 3-D-Visualisierungstechniken ist für viele Befunder neu und erfordert eini-ge Übung; auch hinreichende Kenntnisse typischer Befundkriterien von Läsionen des Kolons sowie von typischen Pseudo-läsionen sind notwendig. Daher wurde zunächst im ersten ESGAR-Konsensus die Begutachtung von zumindest 50 va-lidierten Untersuchungen sowie der Be-such spezieller Interpretationskurse vor-geschlagen. Die tatsächliche Anzahl der kontrollierten Untersuchungen für die Erlangung ausreichender Expertise dürfte nach neuesten Erkenntnissen jedoch weit-aus höher, bei mehr als 150 CT-Kolono-graphie-Fällen, liegen [16]. Dies soll dazu führen, dass pathologische Befunde rich-

tig interpretiert und Fehlinterpretationen vermieden werden, wie es in einer Über-sichtsarbeit von Mang et al. [17] beschrie-ben wurde.

Die Erarbeitung eines speziellen Fach-diploms für die CT-Kolonographie ist an-gedacht, um v. a. an Abteilungen, die an eventuellen Screeningprogrammen teil-nehmen wollen, die notwendige Experti-se zu garantieren.

Indikation zur CT-Kolonographie

Symptomatische Patienten

Zu den gesicherten Indikationen bei die-sem Patientenklientel gehört die inkom-plette Koloskopie, d. h. dass wesentliche Darmabschnitte nicht eingesehen werden konnten und das Zökum nicht erreicht bzw. das terminale Ileum nicht intubiert werden konnte. In diesem Fall kann die CT-Kolonographie unmittelbar anschlie-ßend an die konventionelle Koloskopie durchgeführt werden, da der Patient be-reits entsprechend vorbereitet ist. Durch dieses kombinierte Vorgehen können die endoskopisch nicht einsehbaren Darm-abschnitte in nahezu allen Fällen unter-sucht und das gesamten Kolon beurteilt werden.

In Kooperation mit den endoskopisch tätigen Ärzten (Gastroenterologen und Chirurgen) bieten wir diesen Service in unserem Institut an. Die häufigsten Ursa-chen für einen Koloskopieabbruch sind Elongationen im Colon sigmoideum oder Colon transversum sowie Stenosen oder Adhäsionen nach Operationen [18]. In diesen Fällen kann die CT-Kolonographie anschließend erfolgreich durchgeführt werden, da das Distensionsgas (CO2, al-ternativ Raumluft) im Gegensatz zum En-doskop solche Segmente oder Verengun-gen meistens problemlos passieren kann. Unmittelbar nach der Polypenabtragung oder nach einer tiefen Biopsie sollte man zumindest 10 Tage verstreichen lassen, da

Tab. 2  Endoluminale Untersuchung von 16 CT-Kolonographie-Datensätzena

Datensatz-Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

Hinflug (%) 90 84,2 80,8 75,6 82 84,3 85,3 81,6 83,6 84 80,2 82,1 83,6 97,9 89,5 87

Inkl. Rückflug (%) 96 96 93,2 92 95,9 94,7 97,9 95,9 97,6 94,3 95,3 95,9 96,6 99,1 98,6 97,9aMit der Software Aquarius Intuition, TeraRecon, CA, USA wurde die prozentuelle Abdeckung nach dem Hinflug und dann inklusive dem Rückflug (bidirektional) automatisch erhoben.

514 |  Der Radiologe 6 · 2012

Leitthema: Kolorektales Karzinom

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eine erhöhte Perforationsgefahr besteht. Aus diesem Grund werden in unserem Haus die Polypen erst beim Rückzug des Endoskops nach Erreichen des Zökums abgetragen, um die eventuelle Durchfüh-rung einer CT-Kolonographie aufrecht zu erhalten.

Ebenfalls zu den gesicherten Indikatio-nen gehören die Patienten, bei denen eine konventionelle Koloskopie nicht risikolos durchgeführt werden kann oder die diese Untersuchung ablehnen. Das betrifft Pa-tienten, die eine dauerhafte Antikoagula-tionstherapie benötigen oder solche, wel-che die oftmals notwendige Sedierung we-gen Herzkreislauf- oder pulmonaler Er-krankungen nicht vertragen.

Hier stellt die CT-Kolonographie eine risikoarme Alternative dar. Wegen der kurzen Untersuchungsdauer wird die Untersuchung meist problemlos toleriert, und oftmals kann eine entscheidende, für das weitere Patientenmanagement rele-vante Diagnose gestellt werden [19].

Ist ein kolorektales Karzinom der Grund einer inkompletten Koloskopie, ist eine ergänzende CT-Kolonographie ebenfalls sinnvoll, um einerseits eventu-ell endoskopisch nicht einsehbare Zweit-läsionen wie synchrone Karzinome und Adenome zu detektieren (. Abb. 1) und andererseits die umgebenden Struktu-ren sowie die parenchymatösen Organe des Bauchraumes zu beurteilen. In die-sen Fällen ist eine i.v.-KM-Gabe indiziert, da das Staging erleichtert wird und Fern-metastasen detektiert werden können. Es wurde nachgewiesen, dass bei inkomplet-ter Koloskopie durch die ergänzende CT-Kolonographie mehr Läsionen des Ko-lons detektiert werden können, wodurch in der Folge das weitere Patientenma-nagement beeinflusst wird [18]. Bei dem Patienten in . Abb. 1 ergab der opera-tive histologische Befund: Doppelkar-zinom im Bereich eines subtotalen Kol-ektomiepräparats, der erste Tumor ent-sprach einem wenig differenzierten Ade-nokarzinom des Dickdarms Grad 3, Tu-

morstadium pT3 pN1 L0 V0. Zweiter Tu-mor: wenig differenziertes, betont extra-zellulär verschleimendes Adenokarzinom des Dickdarms Grad 3, Tumorstadium pT3 pN0 L0 V0 R0.

Patienten mit chronisch entzündli-chen Darmerkrankungen stellen keine gesicherte Indikation für eine CT-Kolo-nographie dar, da bei akut entzündlichen Darmwandveränderungen eine erhöh-te Perforationsgefahr besteht. Handelt es sich jedoch nicht um einen akuten Schub, sondern um chronische Veränderungen, kann eine CT-Kolonographie bei inkom-pletter Koloskopie eine Option darstellen, um Länge, Grad und Anzahl der Steno-sen zu bestimmen, damit im Anschluss über das weitere therapeutische Vorgehen (medikamentös oder operativ) entschie-den werden kann. In diesen Fällen wird die CT-Kolonographie aber nur in enger Absprache mit den zuständigen Gastroen-terologen oder Chirurgen durchgeführt.

Auch bei der chronischen Divertikuli-tis kann man mit der CT-Kolonographie

Abb. 1 8 Lumenstenosierender, nicht passierbarer Tumor in der optischen Koloskopie im Colon descendens (a), korrespon-dierende Darstellung in der CT-Kolonographie in endoluminaler 3-D- (b) und in sagittaler 2-D-Darstellung. Der Tumor ist in-nerhalb der getaggten Flüssigkeit gut erkennbar (Pfeil, c). Die CT-Kolonographie zeigt zusätzliche eine hochgradig stenosie-rende Raumforderung im Colon ascendens in axialer und sagittaler Schichtführung (Zweitkarzinom), welches der optischen Koloskopie nicht zugänglich war (d, e). Im Übersichtsbild sind die beiden stenosierenden Prozesse nicht entfaltbar (Pfeile, f). Die vorliegende Befundkonstellation führte zu einer entscheidenden Änderung im Patientenmanagement (s. Text)

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eine Einschätzung des Stenosegrades er-zielen und in Abhängigkeit von der Kli-nik des Patienten das weitere therapeuti-sche Procedere bestimmen. Hier sollte da-ran gedacht werden, dass in seltenen Fäl-len gleichzeitig ein Karzinom vorhanden und die computertomographische Diffe-renzierung beider Veränderungen mit-unter komplex sein kann (. Abb. 2).

Vorsorgeuntersuchungen (Screening)

Das kolorektale Karzinom stellt sowohl in Österreich als auch in Deutschland eine große gesundheitspolitische Herausforde-rung dar. Es ist der zweithäufigste malig-ne Tumor und macht ungefähr 15% aller Krebsneuerkrankungen aus.

Unter der Annahme einer so genann-ten „Adenom-Karzinom-Sequenz“ (Ent-wicklung des Karzinoms über die Vorstu-fe eines Polypen) würden eine Vorsorge-untersuchung und bei Bedarf eine endo-skopische Resektion zu einer drastischen

Reduktion der Entstehung kolorektaler Karzinome (76–90%) beitragen [20].

In vielen europäischen Ländern wer-den daher Vorsorgeprogramme durch-geführt, die in einem Großteil der Fäl-le mit dem FOBT (fäkaler okkulter Blut-test) und optischer Darmspiegelung er-folgen. Da jedoch die Teilnahme seitens der anspruchsberechtigten Bevölkerung eher gering ausfällt (in Österreich 12%, in Deutschland 4–5% pro Jahr), wird immer wieder die Frage nach alternativen Unter-suchungsmethoden aufgeworfen. Hier stellt die nichtinvasive CT-Kolonographie eine patientenfreundliche und schonende Alternative dar (. Abb. 3, 4).

Die ersten guten Screeningergebnis-se mit der CT-Kolonographie wurden im Jahr 2003 von Pickhardt et al. [21] pub-liziert. Diese Arbeitsgruppe führte be-reits zum damaligen Zeitpunkt ein strik-tes Vorbereitungsregime durch und die Untersuchungstechnik wurde standardi-siert. Zur Befundung waren nur erfahre-ne Radiologen zugelassen, die zumindest 25 CT-Kolonographien beurteilt hatten.

Es konnten mittlerweile weitere prospek-tive Studien publiziert werden, die ver-gleichbar gute Ergebnisse mit der opti-schen Koloskopie bei klinisch relevanten Polypen lieferten. Sowohl die „Münch-ner Darmkrebs-Studie“ [12] wie auch die ACRIN 6664 National CT-Kolonogra-phie-Multicenterstudie [22] erbrachten bei großen Patientenkollektiven gleich gu-te Ergebnisse beider Untersuchungsme-thoden für die Detektion fortgeschrittener Adenome (≥10 mm, histologisch Dyspla-sien). Aus diesem Grund ist die CT-Ko-lonographie seit dem Jahre 2008 von der American Cancer Society (ACS) als alter-native Screeningmethode beim kolorekta-len Karzinom anerkannt [23].

Eine weitere Studie zeigte ebenfalls, dass kein signifikanter Unterschied bei der CT-Kolonographie im Vergleich zur optischen Koloskopie bzgl. der Zahl de-tektierter histologisch relevanter Polypen <10 mm besteht. Die Zahl der Folgeendo-skopien, Polypektomien und der damit verbundenen Perforationen war jedoch in der Gruppe der Patienten, die mit der

Abb. 2 8 CT-Kolonographie bei einer Patientin mit bekannter chronischer Divertikulose und inkompletter Koloskopie. Am Eingang der Stenose zeigen sich eine malignomsuspekte Vorwölbung und unmittelbar daneben ein pathologischer Lymph-knoten (Pfeile, a). Die endoluminale 3-D-Ansicht zeigt eine „schulterartige“ Vorwölbung, welche suspekt für ein Malignom ist (b). Die Ausdehnung der Umgebungsinfiltration und der vergrößerten Lymphknoten erstreckt sich bis zur Blasenwand, ohne diese zu infiltrieren (Pfeil, c). Durch die Kombination aus Tumorstenose und Einengung bei chronischer Divertikulose kommt es zu einer langstreckigen Lumenreduktion (d). Oral davon stellt sich zusätzlich ein sessiler Polyp dar, der endoskopisch nicht zugänglich war (Pfeile, e, f). Histologie: drüsig differenziertes Adenokarzinom vom intestinalen Typ

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Leitthema: Kolorektales Karzinom

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Abb. 4 8 Ein 52-jähriger Patient kommt zur Screening-CT-Kolonographie („Angst vor optischer Koloskopie“). Es zeigt sich be-reits im 3-D-Übersichtsbild eine Stenose im Colon descendens (Pfeil, a), Darstellung der stenotischen Wandverdickung in axia-ler und koronarer Schichtführung mit vergrößerten lokalen Lymphknoten (Pfeile, b, c). Typischer Aspekt eines zirkulär steno-sierenden Tumors in der endoluminalen 3-D-Ansicht (d). Die optische Koloskopie erfolgt unmittelbar im Anschluss und be-stätigt den suspekten Befund (e). Trotz der hochgradigen Stenose kann das restliche Kolon mittels CT-Kolonographie evalu-iert werden und es stellen sich unauffällige Verhältnisse dar mit einer regulären Valvula Bauhini (f). Histologie: Adenokarzi-nom vom intestinalen Typ

Abb. 3 9 Gute Distensi-on bei der Kontrolle im di-gitalen Durchleuchtungs-bild („scoutview“, a), koro-nare Darstellung von Colon transversum, Colon ascen-dens und Zökum (b). Vir-tueller 3-D-Flug durch das Sigma (c). Endolumina-le, unauffällige 3-D-Dar-stellung des Colon ascen-dens – hier ist die Haustrie-rung deutlicher erkennbar (d), Darstellung des rech-ten Kolons in der virtuellen Dissektion („aufgeklapp-tes Kolon“, e). Unauffälliger Befund

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CT-Kolonographie untersucht wurden, si-gnifikant geringer [24].

In einer aktuellen Metaanalyse wur-den die Daten von über 11.000 Patienten analysiert und es ergab sich eine kumu-lative Karzinomrate von 3,6%. Die Sen-sitivität für das kolorektale Karzinom in der CT-Kolonographie betrug 96,1%. Es wurden alle Karzinome detektiert, wenn die Vorbereitung sowohl mit Laxanzien als auch mit „fecal tagging“ durchgeführt wurde. Die Sensitivität in der Vergleichs-gruppe mit über 9000 Patienten mit opti-scher Koloskopie lag bei 94,7% und somit war kein signifikanter Unterschied bei-der Methoden in der Detektion feststell-bar [25]. Diese Ergebnisse belegen, dass die CT-Kolonographie eine hoch effekti-ve Methode zur Detektion des kolorekta-len Karzinoms darstellt.

Fazit für die Praxis

F  Die CT-Kolonographie wurde metho-disch in den letzten Jahren kontinu-ierlich weiterentwickelt und ist mitt-lerweile eine ausgereifte Methode zur Untersuchung des gesamten Kolons.

F  Studiendaten belegen, dass die Me-thode alternativ zur Koloskopie eine leistungsfähige Screeninguntersu-chung für das kolorektale Karzinom darstellt bei gleichzeitig hoher Pa-tientenakzeptanz und geringer Kom-plikationsrate.

F  Wesentliche Voraussetzungen für gu-te Ergebnisse sind eine gründliche Vorbereitung inklusive „fecal tag-ging“, ein standardisiertes techni-sches Vorgehen während der Unter-suchung und eine Expertise sowohl in der 2-D- wie auch 3-D-Befundung.

F  Zukünftige Herausforderungen sind die Integration dieser Methode in Screeningprogramme und die weite-re Dosisreduktion.

Korrespondenzadresse

Dr. G. BöhmInstitut für diagnostische und interventionelle Radiologie, Krankenhaus Elisabethinen Linz,Fadingerstr. 1, A-4010 Linz,Österreich

Interessenkonflikt.  Der korrespondierende Autor gibt für sich und seine Koautoren an, dass kein Interes-senkonflikt besteht.

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Leitthema: Kolorektales Karzinom


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