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Coaching und Supervision · 1 COACHING ALS FÜHRUNGSKOMPETENZ COACHING UND SUPERVISION 8 1 COACHING...

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Birgit Dünwald Ole Harders Coaching und Supervision Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, 2015
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Birgit Dünwald Ole Harders

Coaching und Supervision

Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, 2015

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Impressum

Autor: Birgit Dünwald

Ole Harders Herausgeber: Carl von Ossietzky Universität Oldenburg

Center für Lebenslanges Lernen (C3L) Redaktion: Dr. Willi Gierke Layout: Andreas Altvater, Franziska Buß-Vondrlik Copyright: Vervielfachung oder Nachdruck auch auszugsweise zum Zwecke einer Veröffentli-

chung durch Dritte nur mit Zustimmung der Herausgeber, 2015 ISSN: 1869-2958

Oldenburg, Februar 2015

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Birgit Dünwald

Birgit Dünwald ist Jahrgang 1958. Ihre über 10-jährige Füh-

rungserfahrung in der Industrie und darauf aufbauend das

Studium der Erwachsenenbildung, die Ausbildungen als

Moderatorin, Change Management Trainerin und Coach

bilden die Grundlage für eine stets praxisorientierte Arbeit in

unterschiedlichsten Unternehmenskontexten.

Coaching ist dabei ihre Kernkompetenz, um Veränderungs-

prozesse von Gruppen, Teams und Einzelpersonen zielge-

richtet und lösungsorientiert zu begleiten. Seit 2005 führt sie

regelmäßig Coaching-Ausbildungen für Personalleiter, Füh-

rungskräfte und Projektleiter durch.

Außerdem coacht sie Führungskräfte aller Ebenen in der Industrie, in großen Organisationen,

in Kultur und Politik. Viele Führungskräfte, Geschäftsführer und Inhaber begleitet sie seit vielen

Jahren und hat somit einen großen Erfahrungshintergrund zum Thema Coaching. 2006 war

sie maßgeblich an der Implementierung von Coaching und Mentoring für die Professoren und

die wissenschaftlichen Mitarbeiter der Universität Bremen beteiligt.

Birgit Dünwald ist geschäftsführende Gesellschafterin der k.brio coaching GbR.

Ole Harders

Dipl.-Kaufmann Ole Harders, Jahrgang 1984, studierte Be-

triebswirtschaftslehre an der Universität Bremen mit den

Schwerpunkten Dienstleistungsmanagement, Markenfüh-

rung und Wirtschaftspsychologie. In seiner Diplomarbeit

entwickelte er ein Konzept für den Einsatz von Coaching-

Methoden zum Aufbau authentischer Marken.

Seit 2010 begleitet er als Berater der k.brio beratung GmbH

Unternehmen in Veränderungsprozessen. Seine Schwer-

punkte liegen in der Analyse von Unternehmenskulturen und

in der Teamentwicklung.

Ole Harders begleitet das Modul »Coaching und Supervision« als Tutor.

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INHALTSVERZEICHNIS

1 COACHING ALS FÜHRUNGSKOMPETENZ ............... 8

1.1 Führen, fördern, coachen ..................................................8

1.2 Ziel des Ausbildungsmoduls .............................................9

2 WAS IST COACHING? ............................................ 11

2.1 Was ist Coaching? .......................................................... 11

2.1.1 Geschichte der Coachings ....................................................... 11

2.1.2 Definition .................................................................................. 11

2.1.3 Abgrenzung von Beratung ....................................................... 13

2.1.4 Coaching-Varianten ................................................................. 14

2.1.5 Grundvoraussetzungen im Coaching ....................................... 15

2.1.6 Gründe für ein Coaching .......................................................... 17

2.1.7 Wirkungsbereich von Coaching ............................................... 17

2.1.8 Wirkung von Coaching ............................................................. 18

2.1.9 Nutzen des Coachings ............................................................. 19

2.1.10 Coaching-Kompetenzen .......................................................... 20

2.2 Der Coaching-Prozess .................................................... 20

2.2.1 Die fünf Phasen des Coaching-Prozesses ............................... 20

2.2.2 Klärung der Ausgangssituation und Zielsetzung ...................... 21

2.2.3 Das C.L.E.E.R.I.T. - Format für die Auftragsklärung ................. 23

2.2.4 Der Vertrag .............................................................................. 25

2.2.5 Ein idealtypischer Prozess aus Expertensicht .......................... 25

3 DAS COACHING-GESPRÄCH ................................. 29

3.1 Das Coaching-Gespräch ................................................ 29

3.1.1 Die Grundhaltung im Coaching ................................................ 29

3.1.2 Rapport .................................................................................... 31

3.1.3 Phasen im Coaching-Gespräch ............................................... 32

3.1.4 Themenklärung mit dem Z.E.N.T.R.A.L.-Format ...................... 34

3.1.5 Das 3-Ebenen-Modell der Gesprächsführung ......................... 35

3.1.6 Oberflächenstruktur und Tiefenstruktur .................................... 38

3.1.7 Generalisierung, Tilgung und Verzerrung ................................. 39

3.1.8 Spiegeln ................................................................................... 40

3.1.9 Die Rollenanalyse .................................................................... 41

4 VERÄNDERUNGSPROZESSE GESTALTEN ............. 45

4.1 Veränderungsprozesse ................................................... 45

4.1.1 Das Attraktorenmodell ............................................................. 45

4.1.2 Phasen der Veränderung ......................................................... 46

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4.2 Systematische Frageformen .......................................... 48

4.2.1 Veränderung durch Fragen ...................................................... 48

4.2.2 Das Fragenfeld ........................................................................ 50

4.3 Coaching-Interventionen ................................................ 52

4.3.1 Die Formulierung von Zielen .................................................... 52

4.3.2 Zielbestimmung mit SMART .................................................... 54

4.3.3 Life-events (Lebensereignisse) ................................................ 55

4.3.4 Übung zu den Lebensereignissen ............................................ 57

4.3.5 Das Modell der logischen Ebenen ........................................... 59

4.3.6 Problemumformulierung durch Reframing ............................... 61

4.3.7 Disney-Methode ...................................................................... 64

4.3.8 Visualisieren von inneren Prozessen ........................................ 66

4.3.9 Das innere Team ..................................................................... 68

4.3.10 Metaphern ............................................................................... 72

4.3.11 Feedback ................................................................................. 73

5 KONFLIKTMANAGEMENT ....................................... 79

5.1 Allgemeines zu Konflikten .............................................. 79

5.1.1 Konfliktsituationen .................................................................... 79

5.1.2 Begriffsdefinition ...................................................................... 80

5.1.3 Konfliktarten ............................................................................. 81

5.1.4 Ursachen für Konflikte .............................................................. 81

5.1.5 Konflikte erkennen ................................................................... 84

5.1.6 Konfliktstufen ........................................................................... 85

5.2 Umgang mit schwierigen Gesprächssituationen .......... 86

5.2.1 Die fünf Hauptstrategien im Konfliktgeschehen ....................... 86

5.2.2 Verhandlungsführung: Das Harvard-Konzept .......................... 88

5.2.3 Grundsätze zu Verhandlungsstrategien ................................... 91

5.3 Konstruktiver Umgang mit schwierigen Gesprächssituationen .................................................... 95

5.3.1 Konsensfördernde Gesprächsführung ..................................... 96

5.3.2 Musterunterbrechung: Ursache – Wirkung............................... 96

5.4 Konstruktive Gesprächsführung ..................................... 97

5.4.1 Vorbereitung ............................................................................ 97

5.4.2 Gesprächsphasen .................................................................... 98

5.4.2 Nachbereitung ....................................................................... 100

5.5 Die verschiedenen Gesprächssituationen ................... 100

5.5.1 Das Feedbackgespräch ......................................................... 100

5.5.2 Das Kritikgespräch ................................................................. 101

5.5.3 Das Konfliktgespräch ............................................................. 101

5.5.4 Das Verhandlungsgespräch ................................................... 102

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5.6 Wichtige Gesprächstechniken ..................................... 105

5.6.1 Aktives Zuhören ..................................................................... 105

5.6.2 Fragetechniken ...................................................................... 105

5.6.3 ICH-Botschaften..................................................................... 107

5.6.4 Kooperative und positive Formulierungen .............................. 108

5.6.5 Konstruktiver Umgang mit Einwänden ................................... 109

5.6.6 Do‘s und Don‘ts der Konfliktbewältigung ............................... 109

5.7 Argumentation ............................................................... 111

5.7.1 Argumentationsstrukturen ..................................................... 111

5.7.2 Nutzenargumentation ............................................................ 113

6 GRUNDLAGEN DER TRANSAKTIONSANALYSE ..... 116

6.1 Die Ichzustände ............................................................ 116

6.1.1 Zur Struktur der menschlichen Persönlichkeit ........................ 116

6.1.2 Strukturmodell der menschlichen Persönlichkeit ................... 117

6.1.3 Das funktionale Ichzustands-Modell ...................................... 117

6.1.4 Aspekte zum Bezugsrahmen ................................................. 119

6.1.5 Diagnose der Ichzustände ..................................................... 121

6.1.6 Verhaltensdiagnose ............................................................... 122

6.1.7 Persönlichkeitsprobleme ........................................................ 122

6.1.8 Die produktiven Ichzustände.................................................. 125

6.1.9 Praktische Hinweise ............................................................... 125

6.2 Transaktionsanalyse ..................................................... 126

6.2.1 Komplementäre (parallele) Transaktionen ............................. 126

6.2.2 Gekreuzte Transaktionen ....................................................... 127

6.2.3 Verdeckte Transaktionen ....................................................... 131

6.2.4 Praktische Hinweise ............................................................... 133

7 FALLBEISPIEL ....................................................... 138

Coaching einer Projektleiterin durch ihre Vorgesetzte ................................................................... 138

ANHANG ......................................................................... 144

LITERATUR ...................................................................... 145

GLOSSAR ....................................................................... 146

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KAPITEL 1: COACHING ALS FÜHRUNGSKOMPETENZ

Lernziele des Kapitels

Sie erhalten einen ersten Eindruck von Coaching als Führungskompetenz.

Sie lernen den Aufbau des Ausbildungsmoduls kennen

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1 COACHING ALS FÜHRUNGSKOMPETENZ

COACHING UND SUPERVISION 8

1 COACHING ALS FÜHRUNGSKOMPETENZ

»Der beste Weg die Zukunft vorauszusagen ist, sie zu gestalten.« (Willy Brandt)

1.1 Führen, fördern, coachen

In den letzten 20 Jahren hat Coaching als Personalentwicklungsinstrument im

deutschsprachigen Raum auf sich aufmerksam gemacht und gewinnt zunehmend in

Organisationen an Bedeutung. So setzt die Mehrzahl der deutschen Großunterneh-

men (darunter nahezu alle DAX-30-notierten) Coaching zur Führungskräfteentwick-

lung ein: vom Top-Management bis zu den Nachwuchsführungskräften. Und auch

für Fachkräfte in Projekten und andere Mitarbeiter, die gefördert werden sollen, wird

in Coaching-Maßnahmen investiert. Dabei wird Coaching nicht nur von externen

Beratern durchgeführt. Auch die Führungskräfte selbst qualifizieren sich, um ihre

Führungskompetenz durch einzelne Coaching-Interventionen zu professionalisieren.

Professionell zu Führen heißt, den Mitarbeitern zum Erfolg zu verhelfen.

Traditionell basiert Mitarbeiterführung auf der Trennung von Entscheidungs-

und Ausführungskompetenz: einer denkt und zwanzig arbeiten. Häufig werden

deshalb Probleme nicht auf der Ebene bearbeitet, auf der sie entstanden sind.

Erhöhter Zeit- und Kostenaufwand ist die Folge; nicht zuletzt weil oft wesentli-

che Informationen zwischen den Ebenen verloren gehen. Doch die eigentlich

dramatische Folge ist, dass die vorhandenen Fähigkeiten der Mitarbeiter nur zu

einem Bruchteil genutzt werden, ihre Kreativität und Lösungskompetenzen sind

nicht gefragt. Doch gerade dieses ungenutzte Potenzial kann in einer Zeit, in der

die Flexibilität und Innovationskraft von Unternehmen mehr denn je gefragt ist,

zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil werden.

Die Coaching-Methodik unterstützt gezielt den Prozess, die Potenziale der Mit-

arbeiter in ihrer jeweiligen Entwicklungsstufe zu entfalten und damit die Leis-

tung zu optimieren. Die Entwicklung eines vertrauensvollen Klimas und eines

bestmöglichen Rahmens führen dazu, dass Mitarbeiter ihre Eigenmotivation fin-

den und selbstverantwortlich ihre Aktivitäten steuern. Sie stellen ihr Wissen

aktiv zur Verfügung, denken und handeln wie Mitunternehmer und übernehmen

Verantwortung für das Gelingen des Ganzen.

Coaching als Führungskompetenz heißt, gemeinsam Ziele und Aufgaben zu erar-

beiten und zu formulieren, Verantwortlichkeiten, Methoden und Kontrollen zu

definieren und in einem regelmäßigen Austausch gegenseitige Erwartungen und

Feedback zu formulieren.

»Die erfolgreiche Führungskraft ist zunehmend Dirigent. Dirigent sein bedeutet nicht etwa, der beste Geiger oder Meister jeden Instruments sein zu wollen, sondern sich auf seine eigene wich-tige Rolle zu konzentrieren: anderen den Takt vorzugeben und für eine möglichst perfekte Sym-phonie und einen schönen Klang zu sorgen. Der Dirigent muss den Überblick bewahren, die Kunden als Publikum im Auge haben und wissen, dass seine Musiker die eigentlichen Stars sind, die er ›leiten‹ und zu noch schöneren Tönen ermutigen darf.«

(Haberleitner/Deistler/Ungvari 2008, S. 19.)

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1 COACHING ALS FÜHRUNGSKOMPETENZ

COACHING UND SUPERVISION 9

1.2 Ziel des Ausbildungsmoduls

In diesem Ausbildungsmodul werden genau die Coaching-Kompetenzen vermit-

telt, die Sie in Ihrem Führungsalltag nutzen können.

Es geht dabei also nicht um »externes Coaching«, das von geschulten Experten für

die Bearbeitung von schwierigen Lebens- und Arbeitssituationen von Einzelperso-

nen oder Gruppen durchgeführt wird, sondern Coaching im Rahmen Ihrer Füh-

rungstätigkeiten. Dabei setzt Coaching die Bereitschaft voraus, das eigene Füh-

rungs- und Kommunikationsverhalten hinsichtlich der eigenen Rolle und der per-

sönlichen Haltung zum Mitarbeiter zu reflektieren und kritisch zu hinterfragen.

Das Studienmodul bietet mit zwei zweitägigen Präsenzveranstaltungen und einer

Selbstlernphase eine Einführung in die Methoden und Werkzeuge des Coachings.

Theoretische Hintergründe der Kommunikationspsychologie werden punktuell

und anlassbezogen vermittelt. Der Schwerpunkt liegt aber auf der Praxis: die

Präsenzveranstaltungen bestehen zu einem großen Teil aus Übungssequenzen, in

denen Sie die Techniken in realitätsnahen Situationen anwenden. Während der

Selbstlernphase erproben Sie das Gelernte im Unternehmensalltag.

Schlüsselbegriffe:

Coaching, Personalentwicklung, Führungskompetenz

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KAPITEL 2: WAS IST COACHING?

Lernziele des Kapitels

Sie kennen eine Definition von »Coaching« und können »Coaching« von »Beratung«

abgrenzen.

Sie kennen die Grundvoraussetzungen für erfolgreiches Coaching und können be-

stimmen, inwieweit diese Voraussetzungen in Ihrem Unternehmen erfüllt werden kön-

nen.

Sie kennen die Wirkungsweise von Coaching und können Unterschiede zur »klassi-

schen« Führung benennen.

Sie kennen die fünf Phasen im Coaching-Prozess.

Sie kennen die Bedeutung der Auftragsklärung und können die Methode in unter-

schiedlichen Kontexten einsetzen.

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2 WAS IST COACHING?

COACHING UND SUPERVISION 11

2 WAS IST COACHING?

2.1 Was ist Coaching?

Fast jeder hat schon einmal von Coaching gehört, doch was genau sich dahinter

verbirgt, ist in der Regel unklar, denn der Begriff ist facettenreich und wird weder

in der Literatur noch in der Praxis einheitlich verwendet. Erschwerend kommt

hinzu, dass der Begriff und seine Verwendung nicht rechtlich geschützt und

Standards erst im Entstehen sind. Daraus entsteht die Gefahr, dass Coaching als

»populärer Containerbegriff« für jede Art der Beratung verwendet wird, oder so-

gar als »trojanisches Pferd«, mit dem sich herkömmliche Anbieter neue Märkte

erschließen.

2.1.1 Geschichte der Coachings

Die Entwicklung des Coachings begann Ende der 70er Jahre in den USA, wo es

ursprünglich als zielgerichtete und entwicklungsorientierte Mitarbeiterführung

durch Vorgesetzte eingeführt wurde. In einer Erweiterung wurden dann Mitte

der 80er Jahre auch Nachwuchs-Führungskräfte durch erfahrene Manager auf

ihrem Karriereweg begleitet. Zur gleichen Zeit wurden in Deutschland erstmals

auch Top-Manager durch unternehmensexterne Berater in Konflikt-, Führungs-

und Strategiefragen betreut. Eine zunehmende Differenzierung Anfang der 90er

Jahre in Bezug auf die Einsatzgebiete und Zielgruppen von Coaching brachte

auch eine inflationäre und populistische Verwendung des Begriffes mit sich. Im

Sinne von »alles ist Coaching« konnte jeder seine Beratung als etwas Besonderes

darstellen. Aus einer klassischen Computerschulung wurde ein »EDV-Coaching«,

aus Tanztraining ein »Dance-Coaching« und aus allgemeiner Lebensreflexion ein

»Lifestyle-Coaching«. Ab 2002 setzte eine vertiefte Professionalisierung des

Coachings ein, gekennzeichnet durch die Entwicklung von Qualitätsstandards im

Zuge von Fachtagungen, die Gründung von Fachverbänden und die Zunahme von

wissenschaftlicher Forschung. Auch in der Gesellschaft wurde Coaching immer

selbstverständlicher. So sprechen Führungskräfte aus Wirtschaft und Politik, wie

der SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel sowie Spitzensportler wie Lance Arm-

strong und Jan Ullrich öffentlich über ihre Coaching-Erfahrungen.

2.1.2 Definition

Inhaltlich bedient sich Coaching einer Vielzahl verschiedener Theorien und Me-

thoden, die nach den Anforderungen der jeweiligen Coaching-Situation ausge-

wählt und kombiniert werden. Exemplarisch seien an dieser Stelle einige grund-

legende Werke und Autoren genannt: Lösungsorientierte Kurzzeittherapie (Steve

de Shazer), Psychoanalyse (Sigmund Freud), Neurolinguistisches Programmieren

(John Grinder, Richard Bandler), Systemtheorie (Niklas Luhmann), Kommunika-

tionstheorie (Paul Watzlawick), Gestalttherapie (Frederick S. Perls), Organisati-

onsberatung (Peter Senge), Familientherapie (Virginia Satir).

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2 WAS IST COACHING?

COACHING UND SUPERVISION 12

Trotz der vielfältigen theoretischen Hintergründe gibt es gemeinsame Merkmale

und Grundhaltungen, die professionelles Coaching, unabhängig von der einge-

setzten Methode, ausmachen.

Coaching …

ist ein personenzentrierter Beratungs- und Betreuungsprozess, der zeitlich

begrenzt Hilfe zur Selbsthilfe gibt – auf der Basis gegenseitiger Akzeptanz.

richtet sich an eine bestimmte Person oder eine genau definierte Gruppe von

Personen mit Managementaufgaben.

unterstützt durch prozessorientierte, praxisbegleitende Beratung die Einstel-

lung und das Erlernen von neuen Rollen, sowie den Umgang mit Verantwor-

tung und Herausforderungen.

bietet ein kompaktes, umfassendes Maßnahmenbündel zur Bewältigung von

beruflichen und ggf. damit verbundenen privaten Konflikten, Aufgaben und

Problemen.

wird von einem Berater mit psychologischer Erfahrung bezogen auf das spezi-

fische Arbeitsfeld durchgeführt.

Die Förderung der Selbstreflexion und der Selbstwahrnehmung ist eines der

Kernmerkmale von Coaching. Coaching ist »Hilfe zur Selbsthilfe«. Das Ziel dabei

ist die Erweiterung der Möglichkeiten des Gecoachten bezüglich Wahrnehmung,

Erleben und Verhalten.

Der Coach gibt nicht als Experte Lösungen vor, sondern stellt, vereinfacht gesagt,

die richtigen Fragen, um sein Gegenüber anzuregen, gewohnte Denkmuster zu

verlassen, sich selbst und seine Umwelt anders wahrzunehmen und neue Hand-

lungsoptionen zu erkennen.

Zusammengefasst:

Coaching ist ein personenzentrierter, zeitlich begrenzter Beratungs- und Betreuungspro-

zess zu beruflichen und privaten Themen auf der Basis einer tragfähigen Beratungsbezie-

hung mit dem Ziel der Entwicklung der Persönlichkeit sowie der rollen-spezifischen Fähig-

keiten und Fertigkeiten.

Coaching ist nicht …

ein Ersatz für die Führungsarbeit des Gecoachten,

eine Chance zur Verlagerung von Problemen auf den Coach,

eine andere Form der Psychotherapie.

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2 WAS IST COACHING?

COACHING UND SUPERVISION 13

2.1.3 Abgrenzung von Beratung

Coaching lässt sich von ähnlichen Begriffen wie Psychotherapie, Supervision,

Mentoring und Training abgrenzen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist die

Abgrenzung zur klassischen Beratung (vgl. Tabelle 1).

Coaching Beratung

Verwendung psychologischer Methoden

und Interventionen

Fachliche Unterweisungen, i.d.R. keine

psychologischen Methoden und Interven-

tionen

Analyse der Wahrnehmung der Aufgaben

und der Gestaltung der Rolle

Analyse der Arbeitsaufgaben

Die Rolle des Prozessberaters als Zuhörer

und Gesprächspartner

Die Rolle des Fachberaters als Zuhörer

und Ratgeber

Beschäftigung mit den Erlebnissen des

Gecoachten

Beschäftigung mit rein fachlichen Fragen

des Klienten

Reflektierendes Verfahren Fachliche Unterweisung

Verhaltenserweiterung bzw. -flexibilisierung

beim Gecoachten

Technischer/fachlicher Wissenszugewinn

Kann auch die persönliche Entwicklung

betreffen

Betrifft i.d.R. rein fachlich-berufliche Anlie-

gen

Zielgruppe sind i.d.R. Personen mit Ma-

nagement-Aufgaben

Keine vorbestimmte Zielgruppe

Coach und Gecoachter bestimmen zu-

sammen Inhalt und Ablauf; der Gecoachte

behält die Verantwortung für sein Handeln

Der Berater bestimmt den Inhalt und Ab-

lauf und nimmt ggf. dem Klienten die

Verantwortung ab

Kein Beziehungsgefälle beim externen

Coach

Der Berater ist als Fachexperte in seinem

Fachgebiet klar überlegen

Dient neben dem Aufbau überfachlicher

Kompetenz (Selbstreflexionsfähigkeit)

auch dem Aufbau von Fachkompetenz

(z.B. Präsentationsfähigkeit)

Dient bestenfalls dem Aufbau von fachli-

cher Kompetenz

Der Coach ist als Prozessberater qualifi-

ziert und verfügt über eine Methodenvielfalt

Der Berater verfügt über spezifisches

Fachwissen

Freiwilligkeit als Voraussetzung Oft äußere – z.B. juristische, finanzielle,

betriebswirtschaftliche – Sachzwänge

Hilfe zur Selbsthilfe als Ziel Etablierung als Berater und Spezialist für

den Klienten

Tabelle 1: Unterschiede zwischen Coaching und Beratung Quelle: In enger Anlehnung an Rauen (2003), S. 10 f.

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2 WAS IST COACHING?

COACHING UND SUPERVISION 14

2.1.4 Coaching-Varianten

Formal werden Coaching-Varianten nach der Art des Coachs und der jeweiligen

Arbeitsform (Setting) des Coachings unterschieden. Einige Kombinationen sind

weiter verbreitet als andere.

Art des Coachs

1) Der organisationsexterne Coach arbeitet in der Regel als Freiberufler oder für

eine Unternehmensberatung. Er wird vom Gecoachten privat oder »offiziell« en-

gagiert. Geschätzt wird insbesondere seine Unparteilichkeit, da er als Außenste-

hender am ehesten eine unvoreingenommene Sichtweise sicherstellen kann.

2) Der organisationsinterne (Stabs-)Coach erfüllt diese Aufgabe hauptberuflich und

sollte am besten von der Personalabteilung unabhängig in der Organisation posi-

tioniert sein.

3) Der organisationsinterne (Linien-)Coach bzw. Vorgesetzte als Coach führt – im

Rahmen seiner Managementsaufgaben – seine Mitarbeiter entwicklungsorien-

tiert. Private und personenzentrierte Themen sind innerhalb dieser Aufgabe rela-

tiv selten. Auch ein Gruppen-, Team- oder Projekt-Coaching wird vom Vorge-

setzten in der Regel nicht durchgeführt, um Rollenkonflikte zu vermeiden.

Arbeitsform

1) Beim Coaching durch den Vorgesetzten werden Mitarbeiter von ihrem Vorge-

setzten entwicklungsorientiert geführt. Themen und Inhalte sind durch die vor-

gegebene hierarchische Rollenverteilung stark eingeschränkt.

2) Das Einzel-Coaching (z.T. auch Manager-Coaching oder Individual-Coaching

genannt) durch einen externen Berater ist am meisten verbreitet. Es kann durch

sehr unterschiedliche thematische Schwerpunkte und Zielsetzungen geprägt

sein.

3) Beim Gruppen-Coaching bezieht sich der Coaching-Prozess auf eine Gruppe von

Personen, die in keinem bestimmten Funktionszusammenhang stehen müssen.

4) Von Team-Coaching wird gesprochen, wenn die Gruppe von Personen in einem

bestimmten Funktions- oder Systemzusammenhang stehen.

5) Das Projekt-Coaching bezieht sich auf das Coaching eines Projektteams. In die-

sem Zusammenhang sind verstärkt fachliche Kompetenzen zum Projektma-

nagement erforderlich.

6) Es gibt weitere Varianten des Coachings, z.B. Selbst-Coaching. Dieses nimmt

eine Sonderrolle ein, da hier die prozessorientierte Beratung des Coachs vom Ge-

coachten alleine geleistet werden muss.

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2 WAS IST COACHING?

COACHING UND SUPERVISION 15

2.1.5 Grundvoraussetzungen im Coaching

Um erfolgreich zu coachen, müssen mehrere Grundvoraussetzungen erfüllt sein:

1) Anliegen des Gecoachten

Coaching wird erst notwendig, wenn ein konkretes Anliegen vorliegt. Es ist zualler-

erst zu prüfen, welche Form der professionellen Beratung im vorliegenden Falle zu

wählen ist. Der Coach muss daher über Fähigkeiten und Kenntnisse verfügen, diffu-

se Problembeschreibungen zu konkretisieren.

2) Freiwilligkeit

Es sollte sichergestellt sein, dass das Coaching im Interesse des Gecoachten liegt und

auf freiwilliger Basis gewählt wurde. Ohne Freiwilligkeit fehlt die notwendige Ein-

sicht in die Beratung. Und ohne Einsicht wird das Vorgehen keine Früchte tragen.

Aus diesen Gründen sollte ein Vorgespräch stattfinden, in dem eine entsprechende

Klärung vorzunehmen ist. Dem Coaching-Interessierten sollte die Wahl des Coachs

und des Coachings freistehen.

3) Selbstmanagement des Gecoachten

Coaching setzt ein funktionierendes Selbstmanagement beim Gecoachten voraus.

Diese Eigenschaft beim Gecoachten zu erkennen, setzt diagnostische Grundkennt-

nisse voraus. Treten im Vorfeld psychische oder körperliche Erkrankungen auf, die

die Lebensführung und/oder Berufsausübung beeinträchtigen, so bedarf es medizini-

scher, psychotherapeutischer oder psychiatrischer Betreuung. Wird eine Erkrankung

erst während des Coachings erkannt, sollte das Coaching beendet oder unterbrochen

sowie auf angemessene Behandlungsmöglichkeiten hingewiesen werden. Aus diesem

Grund benötigt ein Coach auch ein Netzwerk von Kontakten im therapeutischen

Bereich.

4) Gegenseitige Akzeptanz

Der Coach und die Beratungsform »Coaching« sollten vom Interessenten akzeptiert

werden; sowohl auf rationaler Ebene als auch auf emotionaler (die »Chemie« muss

stimmen). Ein Coach sollte gelernt haben, vor möglichen Projektionen und Über-

tragungsphänomenen gewappnet zu sein, sowohl bei sich selbst als auch beim An-

deren.

Der Coach sollte als kompetenter, aber gleichrangiger Partner wahrgenommen wer-

den, der über Beratungs-Know-how verfügt, integer ist und keine fremden Interessen

vertritt. Der Coach ist in diesem Zusammenhang nicht der »Lehrer« und der Klient

sein »Schüler« oder »Coachee«. Es ist dabei darauf zu achten, dass sich der Coach mit

eigenen Lösungsvorschlägen zurücknimmt, um kein Ungleichgewicht in der Bezie-

hung zu schaffen. Schwerpunkt im Coaching ist nicht das (Vor-)Geben, sondern das

gemeinsame Entwickeln von Lösungen.

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2 WAS IST COACHING?

COACHING UND SUPERVISION 16

5) Offenheit und Transparenz

Während des Coaching-Prozesses sollte eine Offenheit herrschen, die im Vergleich

zu anderen Gesprächs- oder Beratungssituationen sehr weitreichend ist. Der Coach

sollte ein Gesprächsklima schaffen, das als spannungsfrei wahrgenommen wird und

zu Offenheit ermutigt. Daher ist Diskretion von größter Bedeutung. Zudem sollte

der Coach nicht bewertend agieren, sondern sich als unabhängiger Berater verstehen

und auch so wahrgenommen werden. Das kann z.B. ganz konkret bedeuten, unan-

genehme Fakten zu benennen, keine falsche Höflichkeit walten zu lassen und dabei

aber nicht schonungslos, sondern ermutigend zu wirken.

6) Veränderungsbereitschaft

Dass ungeahnte Veränderungen auf den Klienten zukommen können, mag ihm nicht

bewusst sein. Am schwierigsten ist es an sich selber zu arbeiten. Dies setzt allerdings

Veränderungswillen voraus.

7) Diskretion

Coaching funktioniert nicht ohne Diskretion; somit sind Inhalte eines Coachings

absolut vertraulich zu behandeln. Ein Coach darf sich nicht als Erfüllungsgehilfe der

beauftragten Firma entpuppen.

8) Neutralität

Wird ein Feedback gegeben, so ist der Coach seinem Klienten gegenüber zur Neutra-

lität verpflichtet; d.h. er fungiert als unvoreingenommener »Sparringspartner«, mit

dem der Klient einen Gedankenaustausch pflegen kann, in dem auch »Tabu-Zonen«

besprochen werden. Damit es nicht zur Verzerrung der (Selbst-)Wahrnehmung beim

Klienten kommt, muss der Coach fähig sein, neutrale Rückmeldung zu geben.

9) Vertrauen

Vertrauen ist die Grundlage der Beratungsbeziehung. Es entsteht über Interaktio-

nen, da es häufig mehrere Bewährungsproben bedarf, die es zu bestehen gilt.

»Machtspiele« sollten in diesem Zusammenhang vom Coach erkannt und für den

Coaching-Prozess genutzt werden. Besonders hochrangige Führungskräfte neigen

dazu, ihre Umwelt zu dominieren und erst ranggleich erlebte Personen als Coach

zu akzeptieren. Beim Aufbau eines vertrauensvollen Miteinanders hat der Coach

Vorbildfunktion.

10) Ziel- und Leistungsorientierung

Die Anliegen des Klienten treten oft erst im Coaching-Prozess deutlich zutage.

Coaching ist ein besonderer zweck- und zielgebundener Prozess. Dabei ist darauf zu

achten, dass es nicht um das Erreichen vorgedachter Ziele geht; wobei der Coach

keine Garantie zur Zielerreichung geben kann. Dies hat auch juristische Konsequen-

zen: Der Coach kann keinen Werkvertrag abschließen (und somit ein bestimmtes

Werk versprechen), sondern er arbeitet auf der Basis eines Dienstvertrages, d.h. er

sichert lediglich die Erbringung einer Dienstleistung zu.

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2 WAS IST COACHING?

COACHING UND SUPERVISION 17

2.1.6 Gründe für ein Coaching

Coaching dient nicht nur der Bearbeitung der sichtbaren Probleme, sondern führt

auch zum tieferen Verständnis von Problemen in den Bereichen Persönlichkeit,

Organisation und Prozess.

Persönliche Gründe

Verbesserung der sozialen Kompetenz.

Auflösen unangemessener Verhaltens-, Wahrnehmungs- und Bewertungsmuster.

Abbau von Leistungs-, Kreativitäts- und Motivationsblockaden.

Prävention und Bewältigung von Stress und Burnout.

Persönlicher Umgang mit Veränderungsprozessen und komplexen Strukturen.

Bewältigung ethischer Probleme und persönlicher (Sinn-) Krisen.

Lebens- und Karriereplanung, auch: Vorbereitung auf den Ruhestand.

Echtes Feedback durch einen kompetenten Gesprächspartner.

Unterstützung in konfliktträchtigen Interaktions- und Führungssituationen.

Vorbereitung auf neue Aufgaben und Situationen.

Kritische Reflexion der Berufsrolle und Unterstützung bei der Entwicklung oder

Veränderung des Führungsstils.

Organisatorische Gründe

Bearbeitung von Führungsproblemen im Zusammenhang mit Organisationsent-

wicklungsmaßnahmen oder Umstrukturierungen.

Vorbereitung auf neue Aufgaben und Situationen.

Hilfestellung zur effektiven Bearbeitung von komplexen Aufgabenstellungen un-

ter hohem Zeitdruck.

Bewältigung der Begleiterscheinungen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen

Strukturwandels.

Einführung neuer Arbeitsformen wie Team- und Projektarbeit, Zielvereinbarun-

gen, Qualitätsmanagement.

Einarbeitung und Förderung von Mitarbeitern.

2.1.7 Wirkungsbereich von Coaching

Rollen in Organisationen können als Schnittpunkte der persönlich-biografischen

Anteile des Rolleninhabers einerseits und der Organisationsvorgaben wie Struk-

turen, Normen, Aufgaben und Kultur andererseits verstanden werden. Eine Rol-

lenbewusstheit zu erhalten und diesbezüglich Verantwortung zu übernehmen, ist

das übergeordnete Ziel aller Coaching-Prozesse.

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2 WAS IST COACHING?

COACHING UND SUPERVISION 18

2.1.8 Wirkung von Coaching

Coaching ist eine sehr wirksame Intervention. Studien zufolge liegt die Er-

folgsquote bei über 70% (vgl. Rauen 2005). Coaching wird von der Zielgruppe

i. d. R. sehr gut akzeptiert und als sehr wirksam erlebt.

Coaching erzielt eine große Bandbreite unterschiedlichster Veränderungen und

wirkt sich laut Selbsteinschätzung bei fast allen Klienten eindeutig positiv aus.

Vor allem bewirkt Coaching eine Stärkung der Reflexionsfähigkeit. Das Inne-

halten und Nachdenken über die eigene Person, eigene Wünsche und Ziele,

die Vergangenheit und die Zukunft scheint eine bedeutende Wirkung von

Coaching zu sein.

Eine ebenfalls sehr häufig genannte Wirkung von Coaching ist eine Verände-

rung des Verhaltens, wie z.B. verbesserte Führungskompetenz, verbessertes

Konfliktmanagement, verbesserte Kommunikationsfähigkeit und verbesserte

Entscheidungsfähigkeit.

Veränderungen, die durch Coaching erzielt wurden, wirken sich auch positiv

auf weitere Lebensbereiche aus.

Coaching wirkt sich auf die emotionale, kognitive sowie verhaltensbezogene

Ebene aus. Die Klienten geben an, auf allen Ebenen bedeutende Veränderun-

gen erfahren zu haben. Veränderungen auf der verhaltensbezogenen Ebene

sind jedoch weniger stark als auf den anderen Ebenen.

Coaching erzielt langfristige Ergebnisse. Um dies zu validieren, empfiehlt es

sich Follow-up-Befragungen der Gecoachten vorzunehmen.

Wird die Erreichung des wichtigsten Ziels als Kriterium zur Beurteilung der

Wirksamkeit angelegt, so beträgt die Erfolgsquote von Coaching nach Aussage

der Gecoachten sogar 90%.

Klienten nehmen die Vorgehensweise des Coachs als partizipativ wahr, was

auf die ethische Angemessenheit von Coaching hinweist. Das Konzept wird

als transparent eingeschätzt und der Großteil der Klienten sucht freiwillig ei-

nen Coach auf.

Persönliche Ziele

Einstellungen & Werte

Bedürfnisse

Gewohnheiten

Qualifikation

Menschen

Unternehmen

Rolle

Unternehmensziele

Wirtschaftliche Lage

Organisation

Zukunftsperspektive

Verhaltensnormen

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2 WAS IST COACHING?

COACHING UND SUPERVISION 19

Die Gecoachten sind in sehr großem Maße mit ihrem Coaching und dem Er-

gebnis des Coachings zufrieden. Dies spiegelt sich auch in der Note »sehr gut«

wider, mit der das Coaching im Durchschnitt bewertet wird.

Coaching wird als eine effiziente Intervention wahrgenommen. Gecoachte

bewerten den zeitlichen Aufwand sowie das Verhältnis von Aufwand und

Nutzen als angemessen.

2.1.9 Nutzen des Coachings

Die Frage nach dem Nutzen von Coaching ist für die Entscheidungsfindung ele-

mentar wichtig. Nach Offermanns und Steinhübel sind folgende Aspekte aus

unterschiedlichen Perspektiven hervorzuheben:

Für Personalmanager

Personalmanager können sich bei Führungskräften besser positionieren. Die in-

dividuelle Betreuung durch den Coach bietet der Führungskraft eine tiefere Re-

flexionsebene, die eine rasche Weiterentwicklung fördert. Im Gegensatz zu wie-

derholtem Training ist Coaching häufig eine wirksamere Alternative. Wichtig ist

hierbei die klare Rollenaufteilung und ein eindeutiger Kommunikationsprozess

aller im Prozess Beteiligten: Der Coach, der Gecoachte, die Personalabteilung

(Human Ressources, HR), die Führungskraft.

Aus Gecoachten-Sicht

Die individuelle Bearbeitung eines persönlichen Themas über einen längeren

Zeitrahmen, in einem geschützten, vertrauensvollen Rahmen, führt häufig zu

einer nachhaltigeren und wirkungsvolleren Veränderung als herkömmliche Trai-

ningsmaßnahmen.

Für Unternehmen

Im besten Fall profitiert das Unternehmen indirekt von einer höheren Mitarbei-

ter- und Kundenzufriedenheit und einer effektiveren Arbeitsleistung der Person

bzw. seiner Mitarbeiter. Als Folge des Coachings kann auch eine stärkere Identi-

fikation mit dem Unternehmen verbunden sein. Durch Coaching unterstützt das

Unternehmen seine Potenzialträger, ihre Position im System zu stärken und noch

bessere Leistungen zu erzielen.

Für das Umfeld des Gecoachten

Wird das Ziel des Coachings erreicht, so hat dies auch Auswirkung auf das Um-

feld: Besprechungen dauern nicht mehr so lange, da der Klient diese besser struk-

turiert und sich kurz fassen kann. Kunden gegenüber kann er das Produkt besser

verkaufen und Einwände selbstbewusst behandeln. Die Mitarbeiter bekommen

regelmäßige Rückmeldungen zu ihrer Leistung, weil der Gecoachte gelernt hat,

positive wie negative Kritik konstruktiv zu äußern.

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2 WAS IST COACHING?

COACHING UND SUPERVISION 20

2.1.10 Coaching-Kompetenzen

Nachstehende Coaching-Kompetenzen zeichnen einen verantwortungsbewussten

und professionellen Coach aus:

Fundierte Kenntnisse von Metamodellen zur Kommunikation

Eigene vertiefte Selbsterfahrung oder Therapie

Lebens- und Berufserfahrung

Bewusstheit über die eigene Geschlechterrolle

Erfahrungen in der Anwendung eines Beratungsverfahrens

Grundkenntnisse in (psychologischer) Diagnostik

Kenntnisse und Erfahrungen in der Beschreibung und Steuerung von Grup-

penprozessen

Grundlagenwissen zur Organisationsentwicklung (OE)

Theoretische und methodische Kenntnis zu strategischem und situativem

Konfliktmanagement

Praxiserfahrung und theoretische Kenntnisse zu Führung und Leitung.

2.2 Der Coaching-Prozess

2.2.1 Die fünf Phasen des Coaching-Prozesses

Nach Rauen und Steinhübel sind folgende Phasen im Coaching-Prozess zu beachten:

Phase 1: Kennenlern- und Kontaktphase

Die erste Phase im Coaching-Prozess beginnt mit der Kontaktaufnahme. Der Ge-

coachte und der Coach befinden sich in einer Vorklärungsphase, an deren Ende sich

beide entscheiden müssen, ob ein Coaching sinnvoll und angemessen ist. Dieser

Entscheidungsprozess ist für das Coaching wichtig und kann bereits als Teil des an-

gestrebten Klärungsprozesses angesehen werden. Der Coach legt in dem Vorge-

spräch und den darin enthaltenen ersten Interventionen die Grundlage für die Bera-

tungsbeziehung, auf deren Basis Coaching überhaupt erst stattfinden kann.

Phase 2: Inhaltliche Orientierung

In der Orientierungsphase lernen sich Coach und Gecoachter gegenseitig näher

kennen, die Beziehungsklärung schreitet voran und die Beratungsbeziehung wird

im Idealfall zunehmend tragfähiger. Ziel der Orientierungsphase ist es zudem,

das weitere Vorgehen zu klären. Dazu wird eine erste Sichtung der Anliegen des

Gecoachten vorgenommen.

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2 WAS IST COACHING?

COACHING UND SUPERVISION 21

Phase 3: Untersuchung des Coaching-Anliegens und des Umfelds

Bei der genaueren Analyse des Anliegens wird sehr häufig deutlich, dass hinter

dem Thema des Gecoachten weitere Themen zu klären sind. Die Analysephase ist

außerordentlich wichtig, weil erst das präzise Herausarbeiten der eigentlichen

Anliegen des Klienten eine effiziente, aber vor allem effektive Veränderungsarbeit

ermöglicht. Ansonsten besteht die Gefahr, dass – sogar hocheffizient – am fal-

schen Anliegen gearbeitet wird und der Gesamtprozess wenig effektiv ist.

Phase 4: Veränderungsphase

Die Veränderungsphase wird oftmals als die »eigentliche« Coaching-Phase ange-

sehen, weil hier sichtbare Veränderungen stattfinden. Letztlich baut die Verände-

rungsphase aber auf den vorherigen Phasen auf. Die Veränderungen haben meist

schon vorher begonnen, werden aber hier bewusst thematisiert und forciert. Da-

her ist die Veränderungsphase zwar bedeutsam, aber als einer von mehreren

notwendigen Schritten in der Arbeit mit dem Gecoachten nicht wichtiger als die

anderen Phasen des Coaching-Prozesses.

Phase 5: Zielerreichung und Abschluss

Der Abschluss des Coachings ist notwendiger Teil des Gesamtprozesses und ist

professionell zu gestalten, um den Gecoachten bei der langfristigen Umsetzung

seiner gewünschten Entwicklung zu unterstützen. Coach und Gecoachter können

überprüfen, inwieweit die Vorgehensweise und die Interventionen angemessen

waren. Die Abschlussphase ist daher für den Gecoachten wie auch den Coach

unverzichtbar und sollte – auch im Falle einer vorzeitigen Beendigung des

Coachings – stets berücksichtig werden, um den begonnenen Prozess angemes-

sen zu beenden.

2.2.2 Klärung der Ausgangssituation und Zielsetzung

Diffuse oder unangemessene Zielsetzungen klären

Der Klärung der Ausgangssituation kommt im Coaching eine besondere Bedeu-

tung zu, da der Gecoachte meist Schwierigkeiten hat, seine aktuelle Situation und

seine Zielsetzung präzise zu beschreiben. Oft wird ein Coaching eher auf Grund

eines diffusen Unwohlseins o.ä. initiiert. Das lässt vermuten, dass die Wahrneh-

mungs- und Bewertungsmuster des Gecoachten nicht geeignet sind, seine Situa-

tion adäquat zu verstehen und funktionale Ziele für das Coaching zu setzen. Ge-

meinsam sollte dann eine angemessene Neuorientierung erarbeitet werden.

Kernfragen

Zu Beginn fertigen der Coach und der Gecoachte eine Bestandsaufnahme an, die

erst einmal wichtige Informationen sammelt, dann in Beziehung zueinander setzt

und ggf. die dahinterliegenden Prozesse klärt. Grundlegende Fragen an den Ge-

coachten sind in dieser Phase:

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2 WAS IST COACHING?

COACHING UND SUPERVISION 22

Wie hat sich aus Ihrer Sichtweise die jetzige Situation ergeben können?

Welche Personen und Rahmenbedingungen sind an der aktuellen Situation

beteiligt?

Wie würden Sie Ihr Anliegen beschreiben? Wie würde dies ein Außenstehen-

der/Chef/Mitarbeiter beschreiben?

Welche Prozesse/Personen/Strukturen sind mit dafür verantwortlich, dass die

aktuelle Situation entstanden ist? Wie könnte dies in Zukunft verhindert wer-

den?

Woran würden Sie konkret erkennen, dass sich Ihre Situation wie gewünscht

entwickelt hat?

Was geschieht, wenn alles weiterläuft wie bisher?

Erwartungen klären

Somit erhält der Coach Hintergrundinformationen, Aussagen über die Ziele und

unbewusste Erwartungen des Gecoachten. Auch der Gecoachte profitiert von den

Fragen, da sie ihm helfen sein Anliegen eigenständig und umfassend zu formulieren.

Dieser Austausch kann somit zu ersten konkreten Zielbeschreibungen führen.

Es ist wichtig, dass der Coach die Anliegen des Gecoachten erfasst und versteht,

aber auch dass der Gecoachte dazu fähig ist. Die Problemlösung sollte »im Kopf«

des Gecoachten stattfinden. Die Mitarbeit des Gecoachten ist also wichtig und

funktioniert nur dann, wenn er nicht eine Dienstleistung ohne eigene Mitwir-

kung erwartet.

Klärung der Ausgangssituation

Bei der Klärung der Ausgangssituation ist dem Gecoachten in wertschätzender

Form zu vermitteln, dass seine Stärken und Schwächen stets von den aktuellen

Rahmenbedingungen seines momentanen Umfeldes abhängig sind.

Arbeit an Scheinzielen vermeiden

Die Zielsetzung des Coachings sollte gewissenhaft erarbeitet werden, um das

Verfolgen von Scheinzielen und Symptomen zu verhindern. Sie kann einen Groß-

teil des gesamten Coachings einnehmen, da ein präzise formuliertes Ziel oft

schon Lösungsansätze beinhalten kann und der Gecoachte in der Lage ist, seine

Anliegen selbst umzusetzen, sobald ihm klar geworden ist, wie dies zu leisten ist.

Leistungs- und Endziele

Es ist zwischen End- und Leistungszielen zu unterscheiden. Letztere liegen direkt im

Einflussbereich des Gecoachten; wohingegen auf Endziele meist nur indirekt einge-

wirkt werden kann, da sie von Leistungszielen und weiteren äußeren Faktoren ab-

hängig sind. Beim Coaching stehen Leistungsziele im Vordergrund, aber die Endziele

dürfen auch nicht vernachlässigt werden, da sie den Gecoachten besonders motivie-

ren und beruflich und privat zu seiner Orientierung dienen können.

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2 WAS IST COACHING?

COACHING UND SUPERVISION 23

Zielkonflikte erkennen

Den Zielen sind Prioritäten zuzuordnen, da hierüber auch häufig Zielkonflikte

deutlich werden. Die Reflexion solcher Widersprüche kann Lösungen hervor-

bringen.

Der Coach ist kein Erfüllungsgehilfe

Um sicherzustellen, dass der Gecoachte mithilft – und um ihm nicht als Erfüllungs-

gehilfe zu dienen – ist es wichtig, nur die gemeinsam erarbeiteten Ziele zu verfolgen.

Werden die Ziele vom Arbeitgeber vorgegeben, so kann dies nur funktionieren,

wenn sie mit denen des Gecoachten übereinstimmen. Es sollte immer hinterfragt

werden, welche Ziele eigentlich verfolgt werden sollen.

Schriftliche Dokumentation

Ziele und Lösungswege sollten im Sitzungsprotokoll der Coaching-Termine

schriftlich dokumentiert werden, um den Verlauf nachträglich noch nachvollzie-

hen und evaluieren zu können.

2.2.3 Das C.L.E.E.R.I.T. - Format für die Auftragsklärung

(nach Schmidt-Tanger)

C. = Contact Wie?

L. = Leiden, Symptome Was?

E. = Entwicklungsgeschichte Woher?

E. = Effekt der Veränderung Wozu?

R. = Ressourcen Womit?

I. = Identifizierte Person Wer?

T. = Target, Ziel Wohin?

C. Contact: Wie wollen wir im Klärungs-/Akquisitionsgespräch vorge-hen?

Wie viel Zeit ist vorgesehen? Mit wem spreche ich eigentlich?

Sind die richtigen Menschen (Auftraggeber, Geldgeber, Inhaltsgeber) anwe-

send, um entsprechende Entscheidungen zu treffen?

Was ist das Ziel des Gesprächs – z.B. der Auftrag für eine konkrete Maßnahme

– oder sollte sich der Coach nur einmal vorstellen?

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2 WAS IST COACHING?

COACHING UND SUPERVISION 24

L. Leiden: Was ist das konkrete Problem?

Was ist (sind) das (die) augenblickliche(n) Symptom(e), das offensichtliche Lei-

den, die momentan schwierige Situation?

Welche Auswirkungen hat das Problem?

Was/Wer ist noch negativ dadurch beeinflusst?

E. Entwicklungsgeschichte: Woher?

Welche Vermutungen gibt es über die Ursache des Problems?

Wo kommt es her, wodurch, wie ist es entstanden?

Wie lange existiert das Problem schon?

Was wird als Auslöser für die Symptome angenommen?

Welche Kausalität bei der Problementstehung wird angenommen?

E. Effekte: Wozu soll die Veränderung führen?

Was sollen die Auswirkungen der Maßnahme sein? Welche Effekte sollen

damit erreicht werden? Sollen außer dem gewünschten Effekt auf den Coachee

noch andere Effekte eintreten?

Woran würden die Auftraggeber erkennen, dass die Maßnahme erfolgreich ist?

Wie würde sich das auswirken? Wofür ist das wichtig im Unternehmen?

Gibt es noch andere, eventuell negative Effekte, die auftreten könnten?

I. Identifizierte Person: Wer wird als "Symptomträger" identifiziert?

Bei welcher(n) Person(en) soll(en) die Veränderung(en) stattfinden?

Wieso verdichtet sich das Problem auf xy? Gibt es noch jemanden, der betei-

ligt ist?

Liegt es am Menschen oder am System?

T. Target: Ziel: Wohin soll es gehen?

Was soll jetzt konkret geschehen? Was ist das Ziel? Und mit wem?

Gibt es ein wohlformuliertes Ziel oder ist das Ziel lediglich die Abwesenheit

der Symptome?

Was soll jetzt konkret die einzuleitende Maßnahme sein? Coaching, Consul-

ting, Training, Umstrukturierung?

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2 WAS IST COACHING?

COACHING UND SUPERVISION 25

2.2.4 Der Vertrag

Der psychologische Vertrag

Die ideologische Orientierung (Coach und Gecoachter sollten bezüglich ihrer

ideologischen Ausrichtung zusammenpassen).

Die Bereitschaft zum kritischen Hinterfragen der eigenen Wertezusammenhänge.

Das Ausmaß des Problembewusstseins, insbesondere:

Die Bereitschaft zur objektiven Erfassung der eigenen Person und Situation.

Die Bereitschaft, selbstverschuldete Probleme anzuerkennen und Verantwortung

nicht auf den Coach abzuwälzen.

Der Wille, das eigene Verhalten zu ändern.

Die Einsicht in die Notwendigkeit der Beratung.

Die Akzeptanz der Beratung.

Die Erwartung an das Coaching, insbesondere was Vorannahmen, Befürchtungen

und Erwartungen betrifft.

Die im Coaching verwendeten Methoden und das Ausmaß der gewünschten Ver-

änderung.

Die Grenzen des Coachings: Zum einen muss der Coach seine Möglichkeiten

erläutern, zum anderen muss der Klient klarstellen, wie weit das Coaching gehen

soll und welche Bereiche ggf. nicht thematisiert werden sollen (»Tabuzone«).

Der formale Vertrag

Anzahl und Dauer der einzelnen Termine

Abstände zwischen den Terminen und Gesamtdauer des Coachings

Orte, an denen das Coaching stattfindet

Am Coaching beteiligte Personen

Geheimhaltungs- u. Berichtspflicht gegenüber dem unmittelbaren Vorgesetzten

Höhe des Honorars und Zahlungsweise

Vereinbarungen über die Kosten für den Ausfall von Terminen

ggf. Haftungsfragen

2.2.5 Ein idealtypischer Prozess aus Expertensicht

Die verschiedenen Coaching-Prozesse unterscheiden sich in der aktiven Einbin-

dung der beteiligten Personen. Es gibt kein Standardrezept, das auf alle Unter-

nehmen gleichermaßen anwendbar ist, dafür aber einen idealen Coaching-Ablauf,

der als Rahmen für die Entwicklung eines Konzeptes hilfreich sein kann.

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2 WAS IST COACHING?

COACHING UND SUPERVISION 26

Zunächst findet ein Mitarbeitergespräch statt, das den persönlichen Weiterent-

wicklungsbedarf ermittelt. Wird Coaching als geeignete Maßnahme gewählt, wer-

den geeignete Coaches aus dem Coach-Pool gewählt. Der Gecoachte nimmt mit

diesen Kontakt auf und trifft sich zum Kennenlerngespräch. Der Gecoachte ent-

scheidet sich für einen Coach und trifft sich mit ihm zur ersten Sitzung, um

Coaching-Ziele zu definieren. Es wird festgelegt, welche Inhalte offiziell an den

Vorgesetzten rückgemeldet werden und welche nicht. Nun folgt ein Gespräch zwi-

schen Vorgesetztem, Klienten und Coach. Der Vorgesetzte darf hierbei Ergänzun-

gen vorschlagen und Hinweise geben. Dann werden die Ziele schriftlich festgehal-

ten. In der Prozessmitte, dem »Bergfest«, findet eine Reflexion der bisher erlangten

Ziele des Klienten mit dem Vorgesetzten statt; mit oder ohne Coach. Ist der

Coaching-Prozess beendet, findet ein Abschlussgespräch statt, bei dem der Vorge-

setzte, der Klient und der Coach die Zielerreichung bewerten. Mit einem Abstand

von einem halben Jahr wird nochmals in einer Transfersitzung auf den langfristigen

Erfolg der Maßnahme geschaut.

1. Vorgesetzter oder Klient meldet Coaching-Bedarf bei der Personalentwicklung an.

2. Kennenlerngespräch zwischen Coach und Klient (»Nulltes Gespräch« oder »Schnup-

pergespräch«).

3. Erste Coaching-Sitzung zur Zielfindung.

4. Auftragsklärung, Zielvereinbarung (zwischen dem Klienten, dem Vorgesetzten und

dem Coach).

5. Coaching-Sitzungen (ca. vier bis acht à zwei bis vier Stunden).

6. Abschluss- bzw. Zielerreichungsgespräch zwischen dem Vorgesetzten, dem Klienten

und dem Personalentwickler.

7. Einzelne Reflexionsgespräche der Personalentwicklung mit dem Klienten, dem Vorge-

setzten und dem Coach.

8. Transfersitzung.

Aufgaben zur Lernkontrolle:

2.1 Welches sind aus Ihrer Sicht die wesentlichen Unterschiede zwischen einem (unterneh-

mens-)externen und einem internen Coach?

2.2 Wo liegen die Grenzen eines Coachings durch einen internen Coach?

2.3 Einladung zur Selbstreflexion

Damit Sie sich als Führungskraft der eigenen Motive bewusst werden und in jeder

Führungssituation eine qualifizierte Entscheidung für oder gegen Coaching treffen

können, sind folgende Fragen hilfreich:

Was sind die offiziellen Zielvorgaben und Verhaltensregeln, welche die Beziehung

zwischen mir und meinem Coaching-Partner bestimmen und begrenzen?

Welche davon habe ich selber aufgestellt?

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2 WAS IST COACHING?

COACHING UND SUPERVISION 27

Von welchen glaube ich nur, dass sie mir vorgegeben wurden?

Aus welchem Grund halte ich selbst aufgestellte Regeln aufrecht? Dienen sie haupt-

sächlich dazu, meine Machtposition abzusichern?

Bin ich bereit, mich auf die Mitarbeiter, ihre Sichtweisen und Eigenheiten einzulassen?

Traue ich dem Mitarbeiter eine bessere Lösung zu?

Was bedeutet es für mich, wenn der Mitarbeiter eine bessere Lösung findet als ich?

Will ich mich mit meiner Lösung profilieren?

Wie hoch ist meine Risikobereitschaft, mich auf eine andere Lösung einzulassen?

Literatur zur Vertiefung:

Gellert, M./Nowak, C. (2010): Teamarbeit, Teamentwicklung, Teamberatung -

Ein Praxisbuch für die Arbeit in und mit Teams, 4. Aufl., Meezen.

Gührs, M./Nowak, C. (2006): Das konstruktive Gespräch - Ein Leitfaden für

Beratung, Unterricht und Mitarbeiterführung mit Konzepten der Transakti-

onsanalyse, 6. Aufl., Meezen.

Haberleitner, E./Deistler, E./Ungvari, R. (2008): Führen - Fördern - Coachen,

11. Aufl., München.

O’Connor, J./Seymour, J. (2010): Neurolinguistisches Programmieren - Ge-

lungene Kommunikation und persönliche Entfaltung, 20. Aufl., Kirchzarten.

Offermanns, M./Steinhübel, A. (2006): Coachingwissen für Personalverant-

wortliche, Frankfurt/Main.

Pohl, M./Fallner, H. (2010): Coaching mit System - Die Kunst nachhaltiger

Beratung, 4. Aufl., Wiesbaden.

Rauen, C. (2008): Coaching, 2. Aufl., Göttingen.

Rauen, C. (2005): Handbuch Coaching, 3. Aufl., Göttingen.

Schmidt-Tanger, M. (2009): Gekonnt coachen - Präzision und Pro-vokation im

Coaching, 2. Aufl., Paderborn.

Vogelauer, W. (2011): Methoden-ABC im Coaching - Praktisches Handwerks-

zeug für den erfolgreichen Coach, 6. Aufl., Köln.

Schlüsselbegriffe:

Coaching-Prozess, Reflexion, Prozessberatung, Auftragsklärung


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