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BUSINESS INTELLIGENCE MAGAZINE 3/10

Date post: 09-Apr-2016
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BUSINESS INTELLIGENCE MAGAZINE ist das Wirtschaftsmedium für effektive Unternehmensführung auf Basis analytischer Konzepte und Systeme. Es wird von Topentscheidern aller Branchen regelmäßig gelesen.
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Ausgabe Nr. 3 (Herbst) 2010 | 9.70 d / CHF 15.– WWW.BI-MAGAZINE.NET BEST PRACTICE FÜR MANAGER
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Ausgabe Nr. 3 (Herbst) 2010 | 9.70 d /CHF 15.–

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Editorial

Business Intelligence Magazine 3/10 3

Unsere letzte Chance

llem XXL-Aufschwung zum Trotz: Die gigan-tischen Wellen des globalen Strukturwandels tragen bereits die Vorboten des nächsten Krachs

heran. Schon wieder drohen Überhitzung, Inflation und Spekulationsblasen. Hinzu kommen noch mehr Umwelt-katastrophen und neue soziale Verteilungskämpfe, härtere ethnosoziale Konflikte und eklatante politische Führungs-schwächen. Sind unsere Unternehmen auf die Folgen ein-gestellt? Nein. Renovieren wir zum Beispiel unsere lahmen Planungs- und Prognosesysteme? Selten.

Die historische Logik scheint deutlich: Sieben Jahre nach den Finanzturbulenzen von 2001, mit Enron, Haffa & Co., folgte ein noch größerer Crash. Kluge Köpfe wie JP Morgan Chase-Chef Jamie Dimon sagen für 2015 bereits den nächsten Krach voraus. Das wären wiederum sieben Jahre nach der jüngsten Baisse und frühestens drei Jahre, bevor die rettenden Bankregeln des internationalen Basel-Komitees greifen. Sollten die Reformen wirklich zu spät kommen, droht ein epochaler Absturz.

Die «Grande Catastrophe» abzuwenden, ist nicht nur die Aufgabe der Politik. Auch Wirtschaftskapitäne leiten wichtige Organisationen. In einer immer komplexeren und sich immer schneller drehenden Welt ist dies wahr-lich kein leichter Job. Einerseits auf die reiche persönliche Erfahrung bauen, andererseits analytische Systeme und Erkenntnisse zu Rate ziehen, um zum Beispiel Risiken oder Stimmungswechsel früher zu erkennen – beides gehört zu-sammen (siehe Seite 46).

Darüber hinaus steht die Wirtschaftselite heute in der Pflicht, ungeteilte Verantwortung nicht nur für die eigenen Mitarbeiter zu übernehmen, sondern für alle Menschen. Und diese haben das Vertrauen in das System des Kapita-lismus oft gründlich verloren. Entscheidungen müssen also gerade jetzt mehr denn je dazu dienen, dass die Menschen sich wieder sicher fühlen. Dies erfordert hohe Disziplin

Haarscharf schlitterte die Weltwirtschaft an einer Katastrophe vorbei. Anders als 1929 hatten wir Glück. Wird es uns auch 2015 treu sein? Manager sollten vorsorgen, weniger hoffen.

und Einsatz über den Tellerrand hinaus: für den Erhalt un-ser aller Lebensgrundlagen.

Nachlässigkeiten auf diesem Gebiet können nicht nur in Finanzskandale münden, sondern sogar Megakatastro-phen hervorrufen – und das betroffene Unternehmen an den Abgrund bringen. Dies beweist die Ölverseuchung des Golfs von Mexiko durch den BP-Konzern. Vor derartigen Desastern kann Intelligence (im Sinne von: systematische Analyse) gerade in komplexen gesellschaftlichen und öko-logischen Zusammenhängen schützen, indem es nachhal-tige Entscheide mit spezifischen Fakten unterfüttert.

Stichwort Nachhaltigkeit: Wir drucken das BUSINESS INTELLIGENCE MAGAZINE ab dieser Ausgabe mit kli-maneutraler Zertifizierung und auf umweltfreundlicherem Papier. Gleichzeitig strukturierten wir die Inhalte noch klarer. Umfangreiche Artikel publizieren wir in der Print-ausgabe teilweise in leserfreundlicher Kurzform. Die Lang-version erscheint dann zum Herunterladen auf unserem In-ternetportal www.bi-magazine.net.

Gemeinsam mit Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, wol-len wir dazu beitragen, dass unser blauer Planet langfris-tig lebenswert bleibt. Zwar dreht sich alles schneller und ist schwerer zu kalkulieren. Aber genau dies eröffnet die große Chance nachhaltigen Wandels. Lassen Sie uns diese Chance nutzen. Es könnte die letzte sein.

ALiebe Leserinnen, liebe Leser

Wolf K. Müller ScholzHerausgeber

«Die gigantischen Wellen des globalen Strukturwandels tragen bereits die Vorboten des nächsten Krachs heran.»

Ich wünsche Ihnen eine nachdenkliche Lektüre.

Wolf K. Müller [email protected]

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Inhalt ausgabe 3/10

AUFTAKT 3 Editorial

BEST PRACTICE 6 Internet-Portal expandiert mit Partnervermittlung

7 CEO und CFO auf dem heißen Stuhl

8 Health Care profitiert von revolvierender Planung

9 CIO sind Anforderungen oft nicht gewachsen

10 Nivea wird weich auf Konsolidierung gebettet

12 Deutsche Telekom misst Kennzahlen knallhart

14 Daniel Neuhaus Swisscom-Manager, integriert BI

16 SBB setzt vier gründliche BI-Erfolgsprinzipien

TITElThEmA: DAS nEUE mAnAgEmEnT 18 Dreißig helle Köpfe; drei epochale Strukturen

20 Bernd Gaiser, Topberater, über Herbstwellen

23 SAP-Strategiewechsel unter kritischer Lupe

24 Predictive Analytics enthüllt Kundenseele

27 Self-Service-BI ist modern, aber zweischneidig

RISIKOmAnAgEmEnT 28 Zielorientierung bringt’s, wie beim Autofahren

30 Monika Pürsing, COO, über Beteiligungsrisiken

31 RHI AG, Wien, integriert Methoden und Berichte

SOCIAl mEDIA AnAlYTICS 32 Nestlé reagierte falsch, lernte und agierte richtig

34 Xing lässt sich nützlich mit Treffen verbinden

35 Facebook zwischen Profilen und Profil-Neurosen

36 Wertschöpfung durch Verknüpfung mit BI

gEOgRAPhISChE InTEllIgEnCE 38 Digitale Karten verdeutlichen Managementinformationen

39 Standortanalysen verbessern den Kundenservice

TREnDS Im mAnAgEmEnT 41 Targeting Segmentation in der Pharmabranche

43 Cloud Computing nun in Hybrid-Varianten

44 Instant Business Intelligence braucht Balance

46 Controlling und die Tugend der Unschuld

RUBRIKEn 40 Impressum, Termine

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Trends M&A

INTERNET-TREFFEN

Verbindungskunst.Millionen Singles suchen einen Partner über spezielle Onlinedienste. Weltmarktführer Meetic sichert sein Wachstum mit Integrationssoftware.

it rund 700‘000 registrier-ten Nutzern ist Meetic weltweit die Nummer eins

auf diesem Markt. Dies liegt vor allem an seiner hohen Vermittlungsquo-te von 80 Prozent. Das Unternehmen wächst schnell. 2009 beispielsweise übernahm Meetic die europäischen Niederlassungen des Wettbewerbers Match.com. Dies war eine Herausfor-derung. Denn Millionen von Nutzer-profilen aus 15 Ländern mussten in nur vier Monaten transparent auf eine neue IT-Plattform migriert werden. Für diesen Kraftakt setzte das Meetic-Management die beiden besonders lei-stungsstarken Lösungen Informatica PowerCenter Real Time Edition und Informatica Data Explorer ein.

Das Ergebnis kann sich sehen las-sen: Nach Meetic-Angaben lief die Übertragung mithilfe der Informati-ca-Software um 40 Prozent schnel-ler, als dies mit der vorherigen Lösung möglich gewesen wäre. Die Techno-

logie half, den aggressiven Zeitplan für die Integration von Match.com einzuhalten. «Die Software war ein entscheidender Aktivposten beim er-folgreichen Zusammenschluss», sagt Olivier Siegwart, Chief Information Officer (CIO) bei Meetic.

Während der vier Monate migrierte Meetic Millionen von Internet Dating-Profilen, Fotos, E-Mails und weitere Inhalte von den Match.com-Daten-banken in das Pariser Datenzentrum. Informationen von 15 lokalen Websei-ten in Europa, wie etwa www.neu.de oder www.partner.ch, sowie weiteren 11 Sprachen wurden schnell trans-formiert. «Mit der Software konnte Meetic in Echtzeit auf die Daten bei Match.com zugreifen und sie integrie-ren», betont Siegwart.

Die Datenmigrationslösung mini-mierte das Risiko und die Fehler im Projekt. Gleichzeitig reduzierte sie die Kosten durch den automatisierten Prozess. Auf diese solide Basis will der CIO weiter bauen: «Informatica soll als Standardintegrationsplattform bei Meetic sowohl unsere künftigen Ak-quisitionen als auch unsere Data Ware-house-Strategie unterstützen.»

M

Profil: Meetic

Unternehmenssitz: ParisBranche: OnlinekontakteUmsatz: 153,7 Millionen EuroIT-Lösung: Informatica

Bequem: Die Partnersuche über das Internet gewinnt immer mehr Anhänger. Und die schnell wachsenden Anbieter brauchen Business Intelligence.

Expansiv: Meetic-CEO Marc Simoncini kauft zu.

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CEO-UMFRAGE

Nachhaltigkeit.

Nachhaltigkeit steht laut einer inter-nationalen Befragung des Beratungs-unternehmens Accenture bei Chief Executive Officern (CEO) ganz oben

auf der Agenda: 93 Prozent glauben, dass dieses Managementfeld entschei-dend für ihren künftigen geschäftlichen Erfolg sein wird. 72 Prozent betrach-ten «Marke, Vertrauen und Ruf» als ei-nen der drei wichtigsten Faktoren, der sie zum Handeln beim Thema Nach-haltigkeit treibt. Umsatzsteigerung und Kostenreduzierung nennen auf diesem Gebiet nur 44 Prozent.

Ihre Kunden sehen 58 Prozent der Chefs als wichtigste Stakeholder-Gruppe, wenn es um das Management gesellschaftlicher Erwartungen geht. An zweiter Stelle folgen die Mitarbei-ter mit 45 Prozent.

Befragt wurden gut 100 Topleader aus aller Welt und in verschiedenen Branchen. Zitiert werden Namen wie Paul Bulcke (CEO Nestlé) oder Jürgen Hambrecht (CEO BASF), Kaspar Vil-liger (Verwaltungsratschef UBS) oder René Obermann (CEO Deutsche Tele-kom). Quelle: Accenture: A New Era of Sustainability. Juni 2010.

Gemütlich frühstücken und dabei das Wissen über aktuelle Business Intelligence Technologien aktualisieren – dies ist das Angebot der BI & Breakfast Serie, zu der Sie Microsoft und pmOne gemeinsam herzlich einladen. Die unterschiedlichen Themenschwerpunkte Data Warehouse, Unternehmensplanung und Reporting geben Ihnen einen zielgerichteten Überblick über Technologie, Tipps & Tricks zur Umsetzung sowie die Möglichkeit, sich mit Gleichgesinnten bei Kaffee und Croissants auszutauschen. Das Referententeam kommt aus der Praxis und kann auf umfangreiche Projekter-fahrung zurückgreifen. Ihr Nutzen steht für uns im Vordergund!

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10. November 2010 — Berlin

11. November 2010 — Karlsruhe

18. November 2010 — Zürich

24. November 2010 — Nürnberg

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Kronzeuge. Paul Bulcke, CEO Nestlé: «Die Verbraucher fragen, wer hinter der Marke steht; deshalb müssen wir diese Marke transparent machen.»

CFO-STUDIE

Entscheidungsdruck.Die Automatisierung der Geschäfts-prozesse im Bereich der Finanzlei-tungen ist unterschiedlich. Laut der aktuellen «Global CFO Study 2010» von IBM investieren die Unternehmen knapp die Hälfte ihrer Arbeitskapazi-täten in transaktionale Abläufe, viel weniger in Kontroll- und Entschei-dungsunterstützungsprozesse. Die weltweit befragten CFO wünschen sich eine deutliche Ausweitung, beson-ders der Letzteren und einen Rückgang der transaktionalen Anteile.

Insgesamt arbeiten Finanzleitungen, die nach eigenen Angaben über einen besseren Einblick in ihre Zahlen ver-fügen, zu 73 Prozent mit automatisch produzierten und verteilten finanzi-

ellen Kennzahlen. CFO-Bereiche, die keinen starken Einblick haben, ma-chen dies nur zu 57 Prozent. Eben-falls groß ist der Unterschied auf dem Gebiet der operationalen Kennzahlen: Hier arbeiten die Finanzleitungen mit Tiefblick zu 61 Prozent mit automa-tisierten Systemen, oberflächlichere CFO-Divisionen nur mit 43 Prozent.

Wunsch und Wirklichkeit liegen bei CFO oft weit auseinander: So ge-ben zum Beispiel 73 Prozent der Be-fragten an, dass es für sie eine zentrale Aufgabe sei, die Integration von Infor-mationen über das Unternehmen vor-anzutreiben. Doch nur 39 Prozent sind mit der tatsächlichen Effektivität die-ser Arbeit zufrieden.

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DAS NEUE MANAGEMENT

Bewegungsköpfe. Alles ist anders seit September 2008: vor allem unsicherer, schwerer berechenbar. Starke Leader sind gefragt. Sie müssen traditionelle Methoden wie Risikomanagement weiterentwickeln und neue Verfahren wie Social Media Analytics einbinden. 30 Macher stehen für den Neuanfang.

as trennt Jasmin Staiblin (oben rechts), die jun-ge Geschäftsleiterin der ABB Schweiz, vom früheren Konzernchef Percy Barnevik? Erstens

ist sie sehr erfolgreich und bleibt auf dem Teppich. Zwei-tens gebar sie neben ihrem Topjob ein Baby. Drittens ver-steht sie etwas von Business Intelligence – und zwar schon seit 2001. Damals bildete sie sich als Nachwuchskraft in den USA auf dem besonders pikanten Gebiet der «Compe-titive Intelligence» weiter.

Frau Staiblin steht für eine neue Generation von Ma-nagern, denen es weniger auf Macht und Formalitäten an-kommt, sondern auf den praktischen Erfolg. Diese Einstel-lung ist keine Frage des Alters, sondern der individuellen Beweglichkeit. Deshalb zieren diese Doppelseite nicht nur Spitzen-Youngster wie zum Beispiel Boris Collardi, CEO der Bank Julius Bär (mittlere Reihe, Zweiter von rechts) oder Mark Zuckerberg, Gründer und Chef des Online-Por-tals Facebook (linke Seite, oben rechts). Genauso dazu zäh-

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len agile Oldies wie der deutsche Versandkönig und neu-erdings erfolgreiche Online-Unternehmer Michael Otto (mittlere Reihe, Vierter von links) oder Daimler-Reformer Dieter Zetsche (untere Reihe, Vierter von rechts),

Diese Macher verstehen es meisterhaft, auf den drei epochalen Veränderungswellen zu surfen, die seit der jüngsten Weltwirtschaftskrise noch stärker auf die teils an-geschlagenen Unternehmen einkrachen:1. die Globalisierung mit ihren unübersichtlichen multipo-

laren Facetten in Form der neuen Weltmächte wie China und Indien, Brasilien und Südkorea;

2. die Auflösung, Flexibilisierung und Virtualisierung star-rer Arbeits- und Lebensräume durch innovative Tech-nologien wie das Internet oder revolutionäre Geschäfts-abläufe wie die Günstig-Airlines. Die Mobilität der Menschen nimmt zu und verschiebt zum Beispiel Arbeit aus festen Büros in Home Offices oder auf Bahnsitze. Handies und Notebooks garantieren die Produktivität;

3. die gleichzeitig wachsenden Vorschriften und Beschrän-kungen durch den Staat, die im Gefolge der entglei-

sten Finanzsysteme nötig geworden sind. Sie engen den Handlungsspielraum empfindlich ein – und müssen möglichst reibungslos ins Business integriert werden.

Diese drei grundlegenden Strömungen laufen oft gegenei-nander und erschweren so das Management. Bei Themen wie der Informationsfreiheit in China oder geographischen Informationssystemen wie Google Street View wurde dies deutlich. Verstärkt wird dies durch Social Media-Kanäle wie Facebook, Xing oder Twitter, aber auch innovative Kommunikationsgeräte wie das Iphone oder das Ipad des Apple-Gründers Steve Jobs (mittlere Reihe, rechts). Die weltweite Vernetzung erreicht eine neue Stufe.

Management vor diesem Hintergrund benötigt neue Methoden und Werkzeuge. Deshalb thematisieren wir in dieser Ausgabe so entscheidende Bereiche wie das aktive Risikomanagement (ab Seite 28), Social Media Analytics (ab Seite 32) oder geographische Intelligence (Seiten 38/39). Sie helfen Unternehmen, bei einem neuen Krach stabiler zu stehen.

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Management Strategie

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INTERvIEW BERND GAISER

Septemberwellen.

schaftlicher Nutzen. Wer allein arbeitet, addiert; wer intel-ligent kooperiert, der multipliziert.

Zählt dazu auch mehr Outsourcing der Standardabläufe wie zum Beispiel bei Kreditprozessen in Banken?Alle Branchen müssen neu über ihre Wertschöpfungstiefe nachdenken. Das Outsourcing ist eine Form der Koopera-tion, die nicht nur Kosten flexibilisiert, sondern auch dem Anspruch der Qualitätssicherung oder -verbesserung genü-gen muss. Auch Bereiche wie die Forschung & Entwick-

lung oder das Accounting und die Personal-Services sind auf Outsourcing-Potential zu prüfen. Andere Formen der Kooperation zielen auf Wettbewerbsvorteile ab, die allein nicht zu erreichen sind. Zum Beispiel kooperieren Energie-versorger beim Thema Smart Metering mit Geräteherstel-lern und Telekommunikationsanbietern, weil verlängerte Wertketten notwendig sind, die einer alleine nicht stemmen kann. Dies eröffnet völlig neue Chancen.

Gibt es weitere Beispiele?Ein Gabelstaplerhersteller etwa verkauft nicht mehr unbe-dingt Fahrzeuge, sondern nur die tatsächlich gefahrenen Kilometer des Nutzfahrzeugs. Der Inklusivpreis beinhaltet dann Leistungen wie Wartung, Reparatur oder auf Wunsch sogar das Personal. Wie das geht, zeigt zum Beispiel auch

BIM: Die Weltwirtschaftskrise lehrte Manager, dass sie die Unternehmen besser auf plötzliche Turbulenzen einstel-len müssen. Stehen wir vor einem Paradigmenwechsel im Management?Gaiser: Der 15. September 2008 veränderte die Wirtschaft mit dem Zusammenbruch der Lehman-Bank und dem fol-genden Crash weltweit ähnlich grundlegend wie die Ter-roranschläge des 11. September 2001 die Gesellschaft und die Politik. Viele Unternehmensleitungen wurden von dem plötzlichen Zusammenbruch überrascht. Die Umsatz- und die Kostenseite liefen aus dem Ruder. In eine derartige Zwickmühle möchte niemand mehr hineinkommen. Des-halb stößt vor allem das Toptandem aus CEO und CFO grundlegende Reformen an.

Auf welchen Gebieten?Die Themen Kostenflexibilisierung, strategische Diversi-fizierung der Geschäftsfelder und Weiterentwicklung der Unternehmenssteuerungssysteme stehen ganz oben auf der Agenda. Unternehmen mit flexiblen Kostenstrukturen und diversifizierten Geschäften sind viel besser durch die jüngste Krise gekommen – und werden auch bei der näch-sten nicht so schnell auf den Bauch fallen. Dabei steigen vor allem die Anforderungen an die Transparenz drama-tisch – im internationalen Kontext.

Reicht das aus?Gleichzeitig müssen Unternehmen jetzt auch wieder stär-ker in Innovationen investieren. Der Aufschwung, ausge-löst durch das Boom-Land China, hat in vielen Unterneh-men das Bewusstsein geschärft, dass die Chinesen nicht nur Nachfrager sind, sondern auch bei der Produktentwick-lung in großen Schritten aufholen und damit zum Wettbe-werber im Weltmaßstab heranwachsen.

Inkludiert die Kostenflexibilisierung auch neue Formen der Kooperation zwischen Unternehmen?Ja, denn in einer immer offeneren Welt wächst deren wirt-

Viele Unternehmen durchlaufen Strategie-Reviews. Sie richten sich auf den XXL-Aufschwung aus und verarbeiten die Krise. Bernd Gaiser, Horváth & Partners-Chef, rät zu strategischer Diversifizierung, Kostenflexibilisierung und einer Neuordnung der Unternehmenssteuerung.

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Innovationsvorteil.

Durchschnittliche Ebit-Performance von Unternehmenstyp nach Innovationsgrad

Durchschnittsinnovator

Spitzeninnovator

4.0 *

8.5 *

* durchschnittlicher Ebit-Wert in Prozent

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der Werkzeugproduzent Hilti mit seinem umfangreichen Verleihangebot. Hier geht es also nicht nur um das Flexi-bilisieren der Kosten, sondern um die Schaffung von Wett-bewerbsvorteilen.

Mehr also mit Partnern teilen?Ein weiteres gutes Beispiel dafür ist der Elektronikkon-zern Apple, der mit seinem iPhone eine neue strategische Dimension einschlug. Das Apple-Management setzt nicht mehr nur auf das eigene Produkt als Wachstumstreiber – so gut es auch sein mag. Vielmehr sind es die zahlreichen Applikationen, die aus einer riesigen Anbietergemeinschaft kommen. Angetrieben von dieser Community boomt der Absatz von Apple-Hardware und auch von Apple-Dienst-leistungen um die Hardware herum. Das Beispiel Apple be-weist: Produkte allein reichen dabei nicht mehr. Sie müssen heute eingebettet sein in Dinge wie intelligente Wertschöp-fungsketten, flexible Partnerschaften und starkes Human Capital.

Was ist der Unterschied der iPhone-Dominanz zu vorherr-schenden Stellungen, über die beispielsweise Microsoft und Intel bei PC oder SAP bei betriebswirtschaftlicher Software verfügten?Apple sitzt nicht mehr wie die Glucke auf den eigenen Pro-dukten. Der iPhone-Anbieter hat auch nicht den Anspruch, mit allem und jedem Umsatz und Ergebnis abzuschöpfen. Die Philosophie des Managements ist es vielmehr, etwas initial am Markt zu platzieren, das dann ein selbstbe-schleunigendes Wachstum hervorruft – von dem der Kon-zern dann letztlich selbst wieder profitiert.

Also eher agiert wie eine Spinne im Netz?Im Netz, das sie aber nicht in allen Details kontrolliert. Wichtig ist der Nutzen der Systembeschleunigung, den eine riesige Anbietergemeinschaft auf der Plattform bietet.

Haben sich angesichts dieser flexiblen Strukturen die Ele-fantenhochzeiten überlebt, wie sie etwa Ex-Daimler-Chef Jürgen Schrempp in Form einer «Welt AG» mit Chrysler und Mitsubishi wagte oder die Allianz mit der Dresdner Bank – und beide scheiterten?Dies lässt sich so generell nicht sagen. Auch wenn sowohl die Allianz als auch Daimler damit scheiterten und beim Wiederverkauf der akquirierten Unternehmen viel Geld verloren. Schrempps Nachfolger Dieter Zetsche geht bei der Kooperation mit Renault/Nissan neue Wege: Er kom-biniert eine imageträchtige Automarke pragmatisch mit Know-how im Niedrigpreisbereich. Dies ist das richtige Rezept gerade für die schnell wachsenden neuen Märkte wie China und Indien - und dies bei geringem Risiko.

Sehen Sie generell ein Ende des mehr als 20 Jahre alte Ma-nagementparadigmas der Konzentration auf Kernfelder?Besonders Unternehmen im deutschsprachigen Raum ha-ben diese Fokussierung stark praktiziert – und sind damit in der Krise teils böse auf die Nase gefallen. Es gibt viele Un-ternehmen aus dem Maschinenbau und der Autoindustrie,

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Strategie Management

Visionär: Bernd Gaiser, Chef des Beratungshauses Horváth & Partners.

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Management Kunden

PREDICTIvE ANAlyTICS

Beziehungskunst.

Mit analytischer Vorhersage – Predictive Analytics – auf Basis von Mustererkennungsverfahren können vor allem Finanzinstitute das Potential ihrer Kunden frühzeitig erkennen und die Profi-tablen langfristig binden. Die Autoren zeigen anhand eines ihrer Projekte, wie dies funktioniert.

Von Oliver Bachmann und Giuseppe Calabrese*

Um die Leistungen ihrer Kundenbera-tung zu optimieren, wählte die St. Gal-ler Kantonalbank diesen Ansatz und erzielte damit bemerkenswerte Ergeb-nisse. Sie steht wie alle Finanzinsti-tute vor einer doppelten Herausforde-rung: Einerseits müssen die Banken ihre Kundenbeziehungen intensivieren. An-dererseits hat dies unter dem Postulat der Wirtschaftlichkeit zu erfolgen. Für das Privatkundengeschäft bedeutet dies

den Abschied vom Gießkannenprinzip. Nicht alle Kunden können gleichermaßen betreut werden. Personalintensive Kundenkontakte sollen gezielt für «gute» Kunden einge-setzt werden. Dazu gehören – neben den profitablen Bezie-hungen – vor allem Potentialkunden, die erst in ein paar Jahren Gewinn bringen und in der Zwischenzeit gezielt be-treut und langfristig an die Bank gebunden werden sollen.

In der Praxis sind Potentialkunden jedoch nicht so ein-fach zu ermitteln, da ihr Potential heute noch nicht sichtbar ist. Vor diesem Hintergrund wurden die Privatkundendaten der St. Galler Kantonalbank mittels Predictive Analytics analysiert. Mittels analytischer Methoden will das Finan-zinstitut Regeln und Verhaltensmuster finden, die für Po-tentialkunden typisch sind. In einer zweiten Phase will sie außerdem Verhaltensmuster von Kunden identifizieren, die im Zusammenhang mit Kündigungen vorkommen.

Im Rahmen eines Initialworkshops wurden die Mach-barkeit eines Predictive Analytics-Projekts geprüft und die Daten selektiert. Gesamthaft standen Daten von mehre-ren hunderttausend Privatkunden für einen mehrjährigen

ie meisten Banken investieren erhebliche Geldsum-men in Data Warehouse, um daraus große Men-gen statistischer Berichte, Ad-hoc-Analysen oder

Dash boards zu erstellen. Dadurch können sie ihre Produk-tivität erheblich steigern und insbesondere den operativen mit dem strategischen Bereich in Einklang bringen.

Dieses Vorgehen stößt jedoch an Grenzen: Aufgrund der steigenden Zahl an Reports und Dashboards wird deren Analyse durch manuellen Eingriff immer komplexer. Für die Entscheidungsfindung erweisen sich diese manuellen Verfahren als produktivitätshemmend. Dies kann durch Predictive Analytics überwunden werden.

Das Verfahren beruht auf komplexen Analysemethoden und ermöglicht dadurch eine noch nie dagewesene Auswer-tung der Bankdaten. Das tiefere Verständnis dieser Daten führt zu entscheidenden Wettbewerbsvorteilen und kann für eine große Anzahl von Bankaktivitäten angewendet werden. Beispiele sind Marketing oder Compliance, aber auch Markt-, Kredit- und Betriebsrisikomanagement. Dies ermöglicht eine deutlich effizientere Entscheidungsfindung.

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Vertragsabschluss: Mithilfe analytischer Methoden besser unter Dach und Fach.

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Kunden Management

Business Intelligence Magazine 3/10 25

Zeitraum zur Verfügung. Besonderes Gewicht wurde auf die Datensicherheit und -vertraulichkeit gelegt, beispiels-weise eigens spezielle Sicherheitsstandards eingeführt.

So wurden die Daten in der Vorverarbeitung und der Transformationsphase qualitätsgeprüft, bereinigt und zu einer statistisch auswertbaren Tabelle zusammengeführt.

Diese beinhaltete sämtliche relevanten Privatkundendaten über den betrachteten Zeitraum. Anschließend wurden die Kundenparameter, soweit nötig, in eine für die Analyse ge-eignete Form transformiert. Zu Beginn der Datenanalyse wurden bewährte Verfahren wie Korrelations- und Sensi-tivitätsanalysen eingesetzt, um aus über 300 verfügbaren Kundenparametern diejenigen auszuschließen, die stark mit anderen Faktoren korrelieren sowie keinen Einfluss auf das Kundenpotential oder das Kündigungsrisiko haben.

Anschließend wurden mithilfe modernster Musterer-kennungsverfahren, wie etwa Assoziationsregeln, Entschei-dungsbäumen oder neuronalen Netzen, hochsignifikante

Regeln und Verhaltensmuster ermittelt, die für Potential-kunden typisch sind. Durch die Anwendung dieser Regeln identifizierte das Institut mehrere tausend Potentialkunden, die sich in den nächsten Jahren mit weit überdurchschnitt-licher Wahrscheinlichkeit zu profitablen Kunden entwi-ckeln. Diese Potentialkunden können nun gezielt betreut werden. Eine Implementierung der Regeln und Muster in die Kundendatenbank ermöglicht zudem zukünftig die zu-verlässige Ermittlung von Potentialkunden bereits kurz nach der Aufnahme einer Kundenbeziehung.

Im Rahmen einer weiteren Analyse wurden die wich-tigsten Risikofaktoren identifiziert, die für Kündigungen und Kundenabwanderungen verantwortlich sind. Durch die Implementierung dieser Regeln und Muster als entspre-chende Filter lassen sich nun abwanderungswillige Kunden in einer frühen Phase erkennen und pro-aktiv ansprechen.

Die Anwendung von unterschiedlichen analytischen Verfahren zur Wissensextraktion lieferte einen ganzheit-lichen Blick auf das Kundenmanagement der St. Galler Kantonalbank. Die ermittelten Regeln und Muster wurden mit unterschiedlichen Modellen gerechnet. Dadurch wurde die Interpretation der Resultate robust gegenüber Beson-derheiten in den Daten. Predictive Analytics auf der Basis von Data Mining-Technologien erwies sich daher als sinn-volle Ergänzung zum traditionellen Kundenmanagement, insbesondere da bisherige Methoden des Kundenmanage-ments aufgrund der Komplexität der Fragestellung an ihre Grenzen stießen.

*Die Autoren

Dr. Oliver Bachmann ist Head of Data Mining for Services bei [email protected]

Giuseppe Calabrese ist Solution Manager Business Intelligence beim IT-Dienstleiter [email protected]

Bankberatung: Auf der Basis von Pre-dictive Analytics wird das Potential viel früher erkannt.

Predictive Analytics: Effektiver Prozess im Kundenmanagement

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Management Hölscher, Fank

INTERvIEW SOCIAl MEDIA ANAlyTICS

Rückkopplungsanalysen.Wie lassen sich die schnell wachsenden Online-Plattformen wie Facebook & Co. mit klassischer Business Intelligence verknüpfen? Das Management ist gefordert – sagen die beiden Experten Professor Dr. Matthias Fank und Roland Hölscher im Interview.

Professor Fank: Indirekt gewinnt aber auch das Finanz- und das Topmanagement. Denn Kaufentscheide hängen zunehmend von den Beurteilungen und Meinungen in So-cial Media-Plattformen ab. Unternehmen, die diese Platt-formen systematisch analysieren, können früher auf den Stimmungswandel im Markt reagieren – und damit etwa bei plötzlich kursierenden Negativmeinungen drohende Umsatzeinbrüche oder Imageschäden vermeiden. Soweit sie Business Intelligence bereits einsetzen, um operative Prozesse wie Marketing und Vertrieb zu steuern, liefert dies einen weiteren Impuls – und zwar live vom Markt.

BIM: Ist dies wirklich realistisch?Professor Fank: Gerade der direkte Rückkopplungsme-chanismus der neuen Medien ermöglicht es Unternehmen, schneller auf Probleme oder auch Erfolge, beispielsweise bei einer Produkteinführung, zu stoßen. Dazu müssen sie täglich aber bis zu 10’000 Datensätze unter die Lupe neh-men und automatisiert aggregieren – was nur mit speziellen Analysetechnologien für Social Media geht. Absatzpro-bleme oder Erfolge deuten sich im Internet schon an, bevor überhaupt der Massenverkauf und Marketingkampagnen beginnen. Dies klappt wiederum nur, wenn das Manage-ment es schafft, die Social Media-Daten in die normalen betriebswirtschaftlichen Daten zu integrieren.

BIM: Inwiefern verändern die neuen Sozialen Medien den Einsatz und den Wertbeitrag von Business Intelligen-ce (BI) in Unternehmen?Hölscher: Die Firmen erweitern damit die Möglichkeiten ihrer klassischen BI. Denn die Kommunikation ihrer Kun-den über neue Kanäle wie Facebook, Twitter, Blogeinträ-ge oder auch Foren bietet ihnen frühzeitigere und tiefer reichende Marktinformationen. Dazu müssen die Firmen jedoch die dort verbreiteten Meinungen über Produkte, Dienstleistungen und das Unternehmen selbst verfolgen, aufzeichnen und analysieren.

BIM: Wie geht das?Hölscher: Dafür gibt es mittlerweile spezielle analytische Methoden und Softwarewerkzeuge. Aber auch flankieren-de innovative BI-Technologien werden entwickelt. Wichtig ist, dass das Management die Möglichkeiten des Monito-ring frühzeitig in seine Strategie einbaut. Vor allem Mar-keting, Vertrieb und Produktmanagement können durch Social Media profitieren.

Die Diskutanten

Roland Hölscher ist Chief Technology Officer des Business Intelligence-Anbieters Arcplan mit Sitz in Langenfeld bei Düsseldorf. [email protected]

Professor Dr. Matthias Fank lehrt an der Fachhochschule Köln und gründete das Social Media-Monitoring-Unterneh-men [email protected]

Richtungsweisend: Arcplan-Manager Roland Hölscher (links) und Professor Matthias Fank (rechts) zählen zu den führenden Experten für Social Media-Analytics.

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BIM: Haben Sie dafür ein Beispiel?Professor Fank: Ein Mobilfunkanbieter geriet in Not, weil aufgrund von Unklarheiten beim Kündigungsrecht in-nerhalb von 24 Stunden eine Facebook-Gruppe mit rund 1’000 Mitgliedern entstand, die das Unternehmen aufs Korn nahmen: Es wurde unter anderem eine Petition mit 10’000 Unterschriften gestartet. Das Management war na-türlich erschrocken – und ratlos.

BIM: Was tun?Professor Fank: In dieser Situation war es wichtig, sach-lich zu analysieren: Welche praktischen Folgen hat das für die Firma? Bei dem Mobilfunkanbieter dauerte es ein halbes Jahr, bis alle Einzelheiten geklärt waren und die Kunden beruhigt werden konnten. Mit einem speziellen Management-Cockpit, auf dem alle Social Media-Kanä-le überwacht werden, hätten diese nötigen Informationen beispielsweise über Kündigungsraten und Diskussionsvo-lumina der Unternehmensführung in wenigen Sekunden und lückenlos auf dem Tisch gelegen. Dann kann das Ma-nagement auch schneller agieren.

BIM: Trotzdem ein ziemlicher Aufwand.Hölscher: Es lohnt sich, wenn das Management systema-tische Marktentwicklungsstrategien verfolgt und nicht nur einzelne Vorkommnisse verfolgen will: Einen Fehler etwa, wie ihn ein bekannter deutscher Automobilhersteller vor vielen Jahren bei der Einführung von Autos mit falsch di-mensionierten Getränkehaltern für den US-Markt machte, würde es heute beim Einsatz von Analysewerkzeugen für Social Media-Kanäle wahrscheinlich nicht mehr geben.

BIM: Worauf kommt es konkret an, wenn Unternehmen die neuen Systeme in die klassische Business Intelligence integrieren?Hölscher: Der Mehrwert von Social Media-Daten entsteht nur dann, wenn es Unternehmen verstehen, die Integra-tion in die bestehenden innerbetrieblichen Informations- und Entscheidungsprozesse der neuen Daten zu gewähr-leisten – und zwar in der nötigen hohen Geschwindigkeit. Dazu stellt Arcplan in Zusammenarbeit mit Infospeed als Datenlieferant eine innovative Lösung zur Verfügung, die auch in bestehende Management Cockpits implementiert werden kann. Ein weiterer wichtiger Aspekt, der aus der rasanten Verbreitung dieser neuen Medien entsteht, ist die damit verbundene Nutzungsakzeptanz und Erwartungs-haltung an Geschäftsanwendungen. Dieses führt zu einer neuen Qualität der Kollaboration im Unternehmen und stärkeren Individualisierung von Informationen. Diese Aspekte gehen wir zum Beispiel mit einem Softwareprojekt namens Vega an.

Interview: Professor Matthias Fank (Mitte) und Arcplan-Manager Roland Hölscher (links) im Gespräch mit dem Herausgeber des BUSINESS INTELLIGENCE MAGAZINE, Wolf K. Müller Scholz.

leadership

«The fact that financial incentives aren’t necessa-ry to reap the benefits of the wisdom of crowds is potentially very important… The second question is about the role of leaders in transforming organi-zations to embrace the idea of collective wisdom.»

James Surowiecki: Wisdom of the Crowds. New York 2005, Seite 280.

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