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Bundesrat Drucksache 674/06dip21.bundestag.de/dip21/brd/2006/0674-06.pdf · Recalling the...

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A. Problem und Ziel Aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung und der zunehmenden Mobilität auch älterer Menschen ist vermehrt mit grenzüberschreiten- den Betreuungsmaßnahmen für Erwachsene zu rechnen. Vor diesem Hintergrund soll eine staatsvertragliche Regelung bei Sachverhalten mit Auslandsberührung mehr Rechtssicherheit und Rechtsklarheit schaffen und dadurch den Schutz von betreuungsbedürftigen Er- wachsenen verbessern. B. Lösung Das Haager Übereinkommen vom 13. Januar 2000 über den interna- tionalen Schutz von Erwachsenen (Erwachsenenschutzübereinkom- men) schafft international einheitliche und verbindliche Regelungen über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht und die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Maßnahmen im Bereich des in- ternationalen Betreuungsrechts im weitesten Sinne. Mit dem vorliegenden Vertragsgesetz werden die innerstaatlichen Voraussetzungen nach Artikel 59 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes für die Ratifikation geschaffen. Der gleichzeitig vorgelegte Entwurf eines Begleitgesetzes regelt die innerstaatliche Umsetzung des Erwachsenenschutzübereinkommens. Gesetzentwurf der Bundesregierung Entwurf eines Gesetzes zu dem Haager Übereinkommen vom 13. Januar 2000 über den internationalen Schutz von Erwachsenen Bundesrat Drucksache 674/06 22. 09. 06 R Fristablauf: 03. 11. 06 Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Amsterdamer Str. 192, 50735 Köln Telefon: (02 21) 97 66 83 40, Telefax: (02 21) 97 66 83 44 ISSN 0720-2946
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A. Problem und Ziel

Aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung und der zunehmendenMobilität auch älterer Menschen ist vermehrt mit grenzüberschreiten-den Betreuungsmaßnahmen für Erwachsene zu rechnen. Vor diesemHintergrund soll eine staatsvertragliche Regelung bei Sachverhaltenmit Auslandsberührung mehr Rechtssicherheit und Rechtsklarheitschaffen und dadurch den Schutz von betreuungsbedürftigen Er-wachsenen verbessern.

B. Lösung

Das Haager Übereinkommen vom 13. Januar 2000 über den interna-tionalen Schutz von Erwachsenen (Erwachsenenschutzübereinkom-men) schafft international einheitliche und verbindliche Regelungenüber die Zuständigkeit, das anwendbare Recht und die gegenseitigeAnerkennung und Vollstreckung von Maßnahmen im Bereich des in-ternationalen Betreuungsrechts im weitesten Sinne.

Mit dem vorliegenden Vertragsgesetz werden die innerstaatlichenVoraussetzungen nach Artikel 59 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes fürdie Ratifikation geschaffen.

Der gleichzeitig vorgelegte Entwurf eines Begleitgesetzes regelt dieinnerstaatliche Umsetzung des Erwachsenenschutzübereinkommens.

Gesetzentwurfder Bundesregierung

Entwurf eines Gesetzes zu dem Haager Übereinkommen vom 13. Januar 2000 über den internationalen Schutz von Erwachsenen

Bundesrat Drucksache 674/0622. 09. 06

R

Fristablauf: 03. 11. 06

Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Amsterdamer Str. 192, 50735 KölnTelefon: (02 21) 97 66 83 40, Telefax: (02 21) 97 66 83 44

ISSN 0720-2946

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C. Alternativen

Keine

D. Finanzielle Auswirkungen

1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

Keine

2. Vollzugsaufwand

Die Zustimmung zum Erwachsenenschutzübereinkommen löst keinenVollzugsaufwand aus. Der mit der Ausführung des Übereinkommenseinhergehende Vollzugsaufwand wird im zeitgleich vorgelegten Um-setzungsgesetz dargestellt.

E. Sonstige Kosten

Kosten bei Wirtschaftsunternehmen entstehen nicht.

Die Ausführung des Gesetzes wird sich weder auf Einzelpreise nochauf das allgemeine Preisniveau, insbesondere nicht auf das Verbrau-cherpreisniveau, auswirken.

Drucksache 674/06 – 2 – Bundesrat

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Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 22. September 2006Die Bundeskanzlerin

An denPräsidenten des Bundesrates

Hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den vonder Bundesregierung beschlossenen

Entwurf eines Gesetzes zu dem Haager Übereinkommen vom 13. Januar2000 über den internationalen Schutz von Erwachsenen

mit Begründung und Vorblatt.

Federführend ist das Bundesministerium der Justiz.

Dr. Angela Merkel

Gesetzentwurfder Bundesregierung

Entwurf eines Gesetzeszu dem Haager Übereinkommen vom 13. Januar 2000über den internationalen Schutz von Erwachsenen

Bundesrat Drucksache 674/0622. 09. 06

R

Fristablauf: 03. 11. 06

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Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetzbeschlossen:

Artikel 1

Dem in Den Haag am 22. Dezember 2003 von der Bundesrepublik Deutsch-land unterzeichneten Übereinkommen vom 13. Januar 2000 über den interna-tionalen Schutz von Erwachsenen wird zugestimmt. Das Übereinkommen wirdnachstehend mit einer amtlichen deutschen Übersetzung veröffentlicht.

Artikel 2

(1) Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.

(2) Der Tag, an dem das Übereinkommen nach seinem Artikel 57 für die Bun-desrepublik Deutschland in Kraft tritt, ist im Bundesgesetzblatt bekannt zugeben.

E n t w u r f

Gesetz zu dem Haager Übereinkommen vom 13. Januar 2000

über den internationalen Schutz von Erwachsenen

Vom 2006

Bundesrat – 5 – Drucksache 674/06

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Begründung zum Vertragsgesetz

Zu Artikel 1

Auf das Übereinkommen findet Artikel 59 Abs. 2 Satz 1 des GrundgesetzesAnwendung, da es sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung bezieht. DieZustimmung des Bundesrates ist nach Artikel 84 Abs. 1 Satz 5 und 6 desGrundgesetzes erforderlich, weil das Gesetz in Verbindung mit dem Überein-kommen Regelungen des Verwaltungsverfahrens von Landesbehörden enthält,von denen die Länder keine abweichende Regelung treffen können.

Zu Artikel 2

Absatz 1 regelt das Inkrafttreten des Gesetzes. Die Bestimmung entspricht demErfordernis des Artikels 82 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes.

Nach Absatz 2 ist der Zeitpunkt, in dem das Übereinkommen nach seinem Arti-kel 57 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt, im Bundesgesetzblattbekannt zu geben.

Schlussbemerkung

Der gleichzeitig vorgelegte Entwurf eines Begleitgesetzes mit Ausführungsbe-stimmungen zum Übereinkommen weist dem zum 1. Januar 2007 zu errichten-den Bundesamt für Justiz*) als Zentraler Behörde Koordinationsaufgaben beider Anwendung des Übereinkommens zu. Da das Bundesamt für Justiz ver-gleichbare Aufgaben auf dem Gebiet des internationalen Familienrechts über-nehmen wird, wie beispielsweise im Rahmen des Haager Adoptionsüberein-kommens und des Haager Kindesentführungsübereinkommens, erscheint dieÜbertragung der Aufgaben der Zentralen Behörde nach dem Erwachsenen-schutzübereinkommen sachgerecht. Wegen zu erwartender Synergieeffektehandelt es sich zudem um eine wirtschaftliche Lösung.

Nach dem Übereinkommen ist grundsätzlich derjenige Vertragsstaat für Maß-nahmen zum Schutz eines Erwachsenen zuständig, in dem der Betroffene sei-nen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dabei wenden die Vertragsstaaten in derRegel ihr eigenes Recht an. Dies erleichtert die Arbeit der Vormundschaftsge-richte. Eine erhebliche Vereinfachung des Verfahrens ist auch durch die Rege-lungen über die Anerkennung und Vollstreckung im Ausland angeordneterSchutzmaßnahmen zu erwarten. Das Übereinkommen und der Entwurf einesBegleitgesetzes beinhalten ein vereinfachtes Anerkennungs- und Vollstreckbar-erklärungsverfahren, das eine zügige Umsetzung der im Ausland ergangenenAnordnungen ermöglicht. Es ist deshalb allenfalls mit einer geringfügigen Kos-tenbelastung für die Haushalte der Länder durch die Ausführung des Gesetzeszu rechnen. Für die Gemeinden entstehen keine Kosten. Hinsichtlich des Bun-des ist mit einem gewissen Personal- und Sachmittelbedarf zur Einrichtung derZentralen Behörde zu rechnen, der im Einzelnen im Begleitgesetz dargestelltwird.

Kosten bei Wirtschaftsunternehmen entstehen nicht. Die Ausführung desGesetzes wird sich weder auf Einzelpreise noch auf das allgemeine Preisniveau,insbesondere nicht auf das Verbraucherpreisniveau, auswirken.

Der Entwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar. Eine gleich-stellungspolitische Relevanz ist nicht gegeben.

*) Siehe Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung und zur Regelung der Aufgaben des Bundesamts fürJustiz (BR-Drs. 258/06).

Drucksache 674/06 – 6 – Bundesrat

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The States signatory to the presentConvention,

Considering the need to provide for theprotection in international situations ofadults who, by reason of an impairment orinsufficiency of their personal faculties, arenot in a position to protect their interests,

Wishing to avoid conflicts between theirlegal systems in respect of jurisdiction,applicable law, recognition and enforce-ment of measures for the protection ofadults,

Recalling the importance of interna-tional co-operation for the protection ofadults,

Affirming that the interests of the adultand respect for his or her dignity andautonomy are to be primary considera-tions,

Have agreed on the following provi-sions –

Chapter I

Scope of the Convention

Article 1

1. This Convention applies to the pro-tection in international situations of adultswho, by reason of an impairment or insuffi-ciency of their personal faculties, are not ina position to protect their interests.

2. Its objects are –

a) to determine the State whose author-ities have jurisdiction to take measuresdirected to the protection of the personor property of the adult;

Les Etats signataires de la présenteConvention,

Considérant qui’il convient d’assurerdans les situations à caractère internatio-nal la protection des adultes qui, en raisond’une altération ou d’une insuffisance deleurs facultés personnelles, ne sont pas enétat de pourvoir à leurs intérêts,

Désirant éviter des conflits entre leurssystèmes juridiques en matière de compé-tence, loi applicable, reconnaissance etexécution des mesures de protection desadultes,

Rappelant l’importance de la coopéra-tion internationale pour la protection desadultes,

Affirmant que l’intérêt de l’adulte ainsique le respect de sa dignité et de sa volon-té doivent être des considérations primor-diales,

Sont convenus des dispositions suivan-tes:

Chapitre I

Champ d’application de la Convention

Article premier

1. La présente Convention s’applique,dans les situations à caractère internatio-nal, à la protection des adultes qui, en rai-son d’une altération ou d’une insuffisancede leurs facultés personelles, ne sont pasen état de pourvoir à leurs intérêts.

2. Elle a pour objet:

a) de déterminer l’Etat dont les autoritésont compétence pour prendre desmesures tendant à la protection de lapersonne ou des biens de l’adulte;

(Übersetzung)

Die Unterzeichnerstaaten dieses Über-einkommens –

in der Erwägung, dass es erforderlichist, bei internationalen Sachverhalten denSchutz von Erwachsenen sicherzustellen,die aufgrund einer Beeinträchtigung oderder Unzulänglichkeit ihrer persönlichenFähigkeiten nicht in der Lage sind, ihreInteressen zu schützen;

in dem Wunsch, Konflikte zwischenihren Rechtssystemen in Bezug auf dieZuständigkeit, das anzuwendende Recht,die Anerkennung und Vollstreckung vonMaßnahmen zum Schutz von Erwachse-nen zu vermeiden;

eingedenk der Bedeutung der interna-tionalen Zusammenarbeit für den Schutzvon Erwachsenen;

bekräftigend, dass das Wohl desErwachsenen und die Achtung seinerWürde und Selbstbestimmung vorrangigzu berücksichtigen sind –

haben die folgenden Bestimmungenvereinbart:

Kapitel I

Anwendungsbereich des Übereinkommens

Artikel 1

(1) Dieses Übereinkommen ist bei inter-nationalen Sachverhalten auf den Schutzvon Erwachsenen anzuwenden, die auf-grund einer Beeinträchtigung oder derUnzulänglichkeit ihrer persönlichen Fähig-keiten nicht in der Lage sind, ihre Interes-sen zu schützen.

(2) Sein Ziel ist es,

a) den Staat zu bestimmen, dessenBehörden zuständig sind, Maßnahmenzum Schutz der Person oder des Ver-mögens des Erwachsenen zu treffen;

Übereinkommen über den internationalen Schutz von Erwachsenen

Convention on the international protection of adults

Convention sur la protection internationale des adultes

Bundesrat – 7 – Drucksache 674/06

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b) to determine which law is to be appliedby such authorities in exercising theirjurisdiction;

c) to determine the law applicable to rep-resentation of the adult;

d) to provide for the recognition andenforcement of such measures of pro-tection in all Contracting States;

e) to establish such co-operation be-tween the authorities of the Contract-ing States as may be necessary inorder to achieve the purposes of thisConvention.

Article 2

1. For the purposes of this Convention,an adult is a person who has reached theage of 18 years.

2. The Convention applies also tomeasures in respect of an adult who hadnot reached the age of 18 years at the timethe measures were taken.

Article 3

The measures referred to in Article 1may deal in particular with –

a) the determination of incapacity and theinstitution of a protective regime;

b) the placing of the adult under the pro-tection of a judicial or administrativeauthority;

c) guardianship, curatorship and analog-ous institutions;

d) the designation and functions of anyperson or body having charge of theadult’s person or property, represent-ing or assisting the adult;

e) the placement of the adult in an estab-lishment or other place where protec-tion can be provided;

f ) the administration, conservation or dis-posal of the adult’s property;

g) the authorisation of a specific interven-tion for the protection of the person orproperty of the adult.

Article 4

1. The Convention does not apply to –

a) maintenance obligations;

b) the formation, annulment and dissolu-tion of marriage or any similar relation-ship, as well as legal separation;

b) de déterminer la loi applicable par cesautorités dans l’exercice de leur com-pétence;

c) de déterminer la loi applicable à lareprésentation de l’adulte;

d) d’assurer la reconnaissance et l’exécu-tion des mesures de protection danstous les Etats contractants;

e) d’établir entre les autorités des Etatscontractants la coopération nécessaireà la réalisation des objectifs de laConvention.

Article 2

1. Au sens de la présente Convention,un adulte est une personne ayant atteintl’âge de 18 ans.

2. La Convention s’applique égalementaux mesures concernant un adulte quin’avait pas atteint l’âge de 18 ans lors-qu’elles ont été prises.

Article 3

Les mesures prévues à l’article premierpeuvent porter notamment sur:

a) la détermination de l’incapacité et l’ins-titution d’un régime de protection;

b) la mise de l’adulte sous la sauvegarded’une autorité judiciaire ou administra-tive;

c) la tutelle, la curatelle et les institutionsanalogues;

d) la désignation et les fonctions de toutepersonne ou organisme chargé des’occuper de la personne ou des biensde l’adulte, de le représenter ou del’assister;

e) le placement de l’adulte dans un éta-blissement ou tout autre lieu où sa pro-tection peut être assurée;

f ) l’administration, la conservation ou ladisposition des biens de l’adulte;

g) l’autorisation d’une intervention ponc-tuelle pour la protection de la personneou des biens de l’adulte.

Article 4

1. Sont exclus du domaine de laConvention:

a) les obligations alimentaires;

b) la formation, l’annulation et la dissolu-tion du mariage ou d’une relation ana-logue ainsi que la séparation de corps;

b) das von diesen Behörden bei der Aus-übung ihrer Zuständigkeit anzuwen-dende Recht zu bestimmen;

c) das auf die Vertretung des Erwachse-nen anzuwendende Recht zu bestim-men;

d) die Anerkennung und Vollstreckungder Schutzmaßnahmen in allen Ver-tragsstaaten sicherzustellen;

e) die zur Verwirklichung der Ziele diesesÜbereinkommens notwendige Zusam-menarbeit zwischen den Behörden derVertragsstaaten einzurichten.

Artikel 2

(1) Im Sinn dieses Übereinkommens istein Erwachsener eine Person, die das18. Lebensjahr vollendet hat.

(2) Dieses Übereinkommen ist auch aufMaßnahmen anzuwenden, die hinsichtlicheines Erwachsenen zu einem Zeitpunktgetroffen worden sind, in dem er das18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte.

Artikel 3

Die Maßnahmen, auf die in Artikel 1Bezug genommen wird, können insbeson-dere Folgendes umfassen:

a) die Entscheidung über die Handlungs-unfähigkeit und die Einrichtung einerSchutzordnung;

b) die Unterstellung des Erwachsenenunter den Schutz eines Gerichts odereiner Verwaltungsbehörde;

c) die Vormundschaft, die Pflegschaftund entsprechende Einrichtungen;

d) die Bestimmung und den Aufgabenbe-reich jeder Person oder Stelle, die fürdie Person oder das Vermögen desErwachsenen verantwortlich ist, denErwachsenen vertritt oder ihm bei-steht;

e) die Unterbringung des Erwachsenen ineiner Einrichtung oder an einem ande-ren Ort, an dem Schutz gewährt wer-den kann;

f ) die Verwaltung und Erhaltung des Ver-mögens des Erwachsenen oder dieVerfügung darüber;

g) die Erlaubnis eines bestimmten Ein-schreitens zum Schutz der Personoder des Vermögens des Erwachse-nen.

Artikel 4

(1) Dieses Übereinkommen ist nichtanzuwenden

a) auf Unterhaltspflichten;

b) auf das Eingehen, die Ungültigerklä-rung und die Auflösung einer Ehe odereiner ähnlichen Beziehung sowie dieTrennung;

Drucksache 674/06 – 8 – Bundesrat

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c) property regimes in respect of mar-riage or any similar relationship;

d) trusts or succession;

e) social security;

f ) public measures of a general nature inmatters of health;

g) measures taken in respect of a personas a result of penal offences committedby that person;

h) decisions on the right of asylum and onimmigration;

i) measures directed solely to publicsafety.

2. Paragraph 1 does not affect, inrespect of the matters referred to therein,the entitlement of a person to act as therepresentative of the adult.

Chapter II

Jurisdiction

Article 5

1. The judicial or administrative author-ities of the Contracting State of the habit-ual residence of the adult have jurisdictionto take measures directed to the protec-tion of the adult’s person or property.

2. In case of a change of the adult’shabitual residence to another ContractingState, the authorities of the State of thenew habitual residence have jurisdiction.

Article 6

1. For adults who are refugees andthose who, due to disturbances occurringin their country, are internationally dis-placed, the authorities of the ContractingState on the territory of which these adultsare present as a result of their displace-ment have the jurisdiction provided for inArticle 5, paragraph 1.

2. The provisions of the precedingparagraph also apply to adults whosehabitual residence cannot be established.

Article 7

1. Except for adults who are refugees orwho, due to disturbances occurring in theirState of nationality, are internationally dis-placed, the authorities of a ContractingState of which the adult is a national havejurisdiction to take measures for the pro-tection of the person or property of theadult if they consider that they are in a bet-ter position to assess the interests of theadult, and after advising the authorities

c) les régimes matrimoniaux et les régi-mes de même nature applicables auxrelations analogues au mariage;

d) les trusts et successions;

e) la sécurité sociale;

f ) les mesures publiques de caractèregénéral en matière de santé;

g) les mesures prises à l’égard d’une per-sonne en conséquence d’infractionspénales commises par cette personne;

h) les décisions sur le droit d’asile et enmatière d’immigration;

i) les mesures ayant pour seul objet desauvegarder la sécurité publique.

2. La paragraphe premier n’affecte pas,dans les matières qui y sont mentionnées,la qualité d’une personne à agir commereprésentant de l’adulte.

Chapitre II

Compétence

Article 5

1. Les autorités, tant judiciaires qu’ad-ministratives, de l’Etat contractant de larésidence habituelle de l’adulte sont com-pétentes pour prendre des mesures ten-dant à la protection de sa personne ou deses biens.

2. En cas de changement de la résiden-ce habituelle de l’adulte dans un autre Etatcontractant, sont compétentes les autori-tés de l’Etat de la nouvelle résidence habituelle.

Article 6

1. Pour les adultes qui sont réfugiés etceux qui, par suite de troubles survenantdans leur pays, sont internationalementdéplacés, les autorités de l’Etat contrac-tant sur le territoire duquel ces adultessont présents du fait de leur déplacementexercent la compétence prévue à l’article5, paragraphe premier.

2. La disposition du paragraphe précé-dent s’applique également aux adultesdont la résidence habituelle ne peut êtreétablie.

Article 7

1. Sauf pour les adultes qui sont réfu-giés ou qui, par suite de troubles surve-nant dans l’Etat de leur nationalité, sontinternationalement déplacés, les autoritésd’un Etat contractant dont l’adulte possè-de la nationalité sont compétentes pourprendre des mesures tendant à la protec-tion de sa personne ou de ses biens, sielles considèrent qu’elles sont mieux àmême d’apprécier l’intérêt de l’adulte et

c) auf den Güterstand einer Ehe oder ver-gleichbare Regelungen für ähnlicheBeziehungen;

d) auf Trusts und Erbschaften;

e) auf die soziale Sicherheit;

f ) auf öffentliche Maßnahmen allgemei-ner Art in Angelegenheiten der Ge-sundheit;

g) auf Maßnahmen, die hinsichtlich einerPerson infolge ihrer Straftaten ergriffenwurden;

h) auf Entscheidungen über Asylrechtund Einwanderung;

i) auf Maßnahmen, die allein auf dieWahrung der öffentlichen Sicherheitgerichtet sind.

(2) Absatz 1 berührt in den dort erwähn-ten Bereichen nicht die Berechtigung einerPerson, als Vertreter des Erwachsenen zuhandeln.

Kapitel II

Zuständigkeit

Artikel 5

(1) Die Behörden, seien es Gerichteoder Verwaltungsbehörden, des Vertrags-staats, in dem der Erwachsene seinengewöhnlichen Aufenthalt hat, sind zustän-dig, Maßnahmen zum Schutz der Personoder des Vermögens des Erwachsenen zutreffen.

(2) Bei einem Wechsel des gewöhnli-chen Aufenthalts des Erwachsenen ineinen anderen Vertragsstaat sind dieBehörden des Staates des neuen gewöhn-lichen Aufenthalts zuständig.

Artikel 6

(1) Über Erwachsene, die Flüchtlingesind oder die infolge von Unruhen in ihremLand in ein anderes Land gelangt sind,üben die Behörden des Vertragsstaats, indessen Hoheitsgebiet sich die Erwachse-nen demzufolge befinden, die in Artikel 5Absatz 1 vorgesehene Zuständigkeit aus.

(2) Absatz 1 ist auch auf Erwachseneanzuwenden, deren gewöhnlicher Aufent-halt nicht festgestellt werden kann.

Artikel 7

(1) Die Behörden eines Vertragsstaats,dem der Erwachsene angehört, sindzuständig, Maßnahmen zum Schutz derPerson oder des Vermögens des Erwach-senen zu treffen, wenn sie der Auffassungsind, dass sie besser in der Lage sind, dasWohl des Erwachsenen zu beurteilen, undnachdem sie die nach Artikel 5 oder Arti-kel 6 Absatz 2 zuständigen Behördenverständigt haben; dies gilt nicht für

Bundesrat – 9 – Drucksache 674/06

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having jurisdiction under Article 5 or Art-icle 6, paragraph 2.

2. This jurisdiction shall not be exer-cised if the authorities having jurisdictionunder Article 5, Article 6, paragraph 2, orArticle 8 have informed the authorities ofthe State of which the adult is a nationalthat they have taken the measuresrequired by the situation or have decidedthat no measures should be taken or thatproceedings are pending before them.

3. The measures taken under para-graph 1 shall lapse as soon as the author-ities having jurisdiction under Article 5, Art-icle 6, paragraph 2, or Article 8 have takenmeasures required by the situation or havedecided that no measures are to be taken.These authorities shall inform accordinglythe authorities which have taken measuresin accordance with paragraph 1.

Article 8

1. The authorities of a ContractingState having jurisdiction under Article 5oder Article 6, if they consider that such isin the interests of the adult, may, on theirown motion or on an application by theauthority of another Contracting State,request the authorities of one of the Statesmentioned in paragraph 2 to take meas-ures for the protection of the person orproperty of the adult. The request mayrelate to all or some aspects of such pro-tection.

2. The Contracting States whoseauthorities may be addressed as providedin the preceding paragraph are –

a) a State of which the adult is a national;

b) the State of the preceding habitual res-idence of the adult;

c) a State in which property of the adult islocated;

d) the State whose authorities have beenchosen in writing by the adult to takemeasures directed to his or her protec-tion;

e) the State of the habitual residence of aperson close to the adult prepared toundertake his or her protection;

f ) the State in whose territory the adult ispresent, with regard to the protectionof the person of the adult.

3. In case the authority designated pur-suant to the preceding paragraphs doesnot accept its jurisdiction, the authoritiesof the Contracting State having jurisdictionunder Article 5 or Article 6 retain juris-diction.

après avoir avisé les autorités compéten-tes en vertu des articles 5 ou 6, paragra-phe 2.

2. Cette compétence ne peut être exer-cée si les autorités compétentes en vertudes articles 5, 6, paragraphe 2, ou 8 ontinformé les autorités de l’Etat national del’adulte qu’elles ont pris toutes les mesu-res requises par la situation ou décidéqu’aucune mesure ne devait être prise ouqu’une procédure est pendante devantelles.

3. Les mesures prises en vertu du para-graphe premier cessent d’avoir effet dèsque les autorités compétentes en vertudes articles 5, 6, paragraphe 2, ou 8 ontpris des mesures requises par la situationou ont décidé qu’il n’y a pas lieu de pren-dre des mesures. Ces autorités en infor-ment les autorités ayant pris les mesuresen application du paragraphe premier.

Article 8

1. Les autorités de l’Etat contractantayant compétence en vertu des articles 5ou 6, si elles considèrent que tel est l’inté-rêt de l’adulte, peuvent, de leur propre ini-tiative ou à la demande de l’autorité d’unautre Etat contractant, requérir les autori-tés de l’un des Etats mentionnés au para-graphe 2 de prendre des mesures tendantà la protection de la personne ou des biensde l’adulte. La requête peut porter sur toutou partie de cette protection.

2. Les Etats contractants dont uneautorité peut être requise dans les condi-tions fixées au paragraphe précédent sont:

a) un Etat dont l’adulte possède la natio-nalité;

b) l’Etat de la précédente résidence habi-tuelle de l’adulte;

c) un Etat dans lequel sont situés desbiens de l’adulte;

d) l’Etat dont les autorités ont été choisiespar écrit par l’adulte pour prendre desmesures tendant à sa protection;

e) l’Etat de la résidence habituelle d’unepersonne proche de l’adulte disposéeà prendre en charge sa protection;

f ) l’Etat sur le territoire duquel l’adulte estprésent, en ce qui concerne la protec-tion de sa personne.

3. Dans le cas où l’autorité désignée envertu des dispositions des paragraphesprécédents n’accepte pas sa compétence,les autorités de l’Etat contractant ayantcompétence en vertu des articles 5 ou 6conservent la compétence.

Erwachsene, die Flüchtlinge sind oder dieinfolge von Unruhen in dem Staat, dem sieangehören, in einen anderen Staat gelangtsind.

(2) Diese Zuständigkeit darf nicht aus-geübt werden, wenn die nach Artikel 5,Artikel 6 Absatz 2 oder Artikel 8 zuständi-gen Behörden die Behörden des Staates,dem der Erwachsene angehört, unterrich-tet haben, dass sie die durch die Umstän-de gebotenen Maßnahmen getroffen oderentschieden haben, dass keine Maßnah-men zu treffen sind, oder ein Verfahren beiihnen anhängig ist.

(3) Die Maßnahmen nach Absatz 1 tre-ten außer Kraft, sobald die nach Artikel 5,Artikel 6 Absatz 2 oder Artikel 8 zuständi-gen Behörden die durch die Umständegebotenen Maßnahmen getroffen oderentschieden haben, dass keine Maßnah-men zu treffen sind. Diese Behördenhaben die Behörden, die in Übereinstim-mung mit Absatz 1 Maßnahmen getroffenhaben, entsprechend zu unterrichten.

Artikel 8

(1) Die nach Artikel 5 oder 6 zuständi-gen Behörden eines Vertragsstaats kön-nen, wenn sie der Auffassung sind, dasses dem Wohl des Erwachsenen dient, vonAmts wegen oder auf Antrag der Behördeneines anderen Vertragsstaats die Behör-den eines der in Absatz 2 genannten Staa-ten ersuchen, Maßnahmen zum Schutzder Person oder des Vermögens des Er-wachsenen zu treffen. Das Ersuchen kannsich auf den gesamten Schutz oder einenTeilbereich davon beziehen.

(2) Die Vertragsstaaten, deren Behör-den nach Absatz 1 ersucht werden kön-nen, sind

a) ein Staat, dem der Erwachsene ange-hört;

b) der Staat, in dem der Erwachsene sei-nen vorherigen gewöhnlichen Aufent-halt hatte;

c) ein Staat, in dem sich Vermögen desErwachsenen befindet;

d) der Staat, dessen Behörden schriftlichvom Erwachsenen gewählt wordensind, um Maßnahmen zu seinemSchutz zu treffen;

e) der Staat, in dem eine Person, die demErwachsenen nahe steht und bereit ist,seinen Schutz zu übernehmen, ihrengewöhnlichen Aufenthalt hat;

f ) hinsichtlich des Schutzes der Persondes Erwachsenen der Staat, in dessenHoheitsgebiet sich der Erwachsenebefindet.

(3) Nimmt die nach den Absätzen 1und 2 bezeichnete Behörde die Zuständig-keit nicht an, so behalten die Behördendes nach Artikel 5 oder 6 zuständigen Ver-tragsstaats die Zuständigkeit.

Drucksache 674/06 – 10 – Bundesrat

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Article 9

The authorities of a Contracting Statewhere property of the adult is situatedhave jurisdiction to take measures of pro-tection concerning that property, to theextent that such measures are compatiblewith those taken by the authorities havingjurisdiction under Articles 5 to 8.

Article 10

1. In all cases of urgency, the author-ities of any Contracting State in whose ter-ritory the adult or property belonging to theadult is present have jurisdiction to takeany necessary measures of protection.

2. The measures taken under the pre-ceding paragraph with regard to an adulthabitually resident in a Contracting Stateshall lapse as soon as the authoritieswhich have jurisdiction under Articles 5 to9 have taken the measures required by thesituation.

3. The measures taken under para-graph 1 with regard to an adult who ishabitually resident in a non-ContractingState shall lapse in each Contracting Stateas soon as measures required by thesituation and taken by the authorities ofanother State are recognised in the Con-tracting State in question.

4. The authorities which have takenmeasures under paragraph 1 shall, if pos-sible, inform the authorities of the Con-tracting State of the habitual residence ofthe adult of the measures taken.

Article 11

1. By way of exception, the authoritiesof a Contracting State in whose territorythe adult is present have jurisdiction totake measures of a temporary characterfor the protection of the person of the adultwhich have a territorial effect limited to theState in question, in so far as such meas-ures are compatible with those alreadytaken by the authorities which have juris-diction under Articles 5 to 8, and afteradvising the authorities having jurisdictionunder Article 5.

2. The measures taken under the pre-ceding paragraph with regard to an adulthabitually resident in a Contracting Stateshall lapse as soon as the authoritieswhich have jurisdiction under Articles 5to 8 have taken a decision in respect of themeasures of protection which may berequired by the situation.

Article 12

Subject to Article 7, paragraph 3, themeasures taken in application of Articles 5to 9 remain in force according to theirterms, even if a change of circumstanceshas eliminated the basis upon which juris-

Article 9

Les autorités d’un Etat contractant danslequel se trouvent des biens de l’adultesont compétentes pour prendre des mesu-res de protection relatives à ces biens,pour autant que ces mesures soient com-patibles avec celles prises par les autoritéscompétentes en vertu des articles 5 à 8.

Article 10

1. Dans tous les cas d’urgence, lesautorités de chaque Etat contractant sur leterritoire duquel se trouvent l’adulte ou desbiens lui appartenant sont compétentespour prendre les mesures de protectionnécessaires.

2. Les mesures prises en application duparagraphe précédent à l’égard d’un adul-te ayant sa résidence habituelle dans unEtat contractant cessent d’avoir effet dèsque les autorités compétentes en vertudes articles 5 à 9 ont pris les mesures exi-gées par la situation.

3. Les mesures prises en application duparagraphe premier à l’égard d’un adulteayant sa résidence habituelle dans un Etatnon contractant cessent d’avoir effet danschaque Etat contractant dès qu’y sontreconnues les mesures exigées par lasituation, prises par les autorités d’unautre Etat.

4. Les autorités ayant pris des mesuresen application du paragraphe premier eninforment, dans la mesure du possible, lesautorités de l’Etat contractant de la rési-dence habituelle de l’adulte.

Article 11

1. A titre d’exception, les autorités d’unEtat contractant sur le territoire duquell’adulte est présent sont compétentespour prendre des mesures concernant laprotection de la personne de l’adulte,ayant un caractère temporaire et une effi-cacité territoriale restreinte à cet Etat, pourautant que ces mesures soient compati-bles avec celles déjà prises par les autori-tés compétentes en vertu des articles 5 à 8 et après avoir avisé les autorités compétentes en vertu de l’article 5.

2. Les mesures prises en application duparagraphe précédent à l’egard d’un adul-te ayant sa résidence habituelle dans unEtat contractant cessent d’avoir effet dèsque les autorités compétentes en vertudes articles 5 à 8 se sont prononcées surles mesures que pourrait exiger la situa-tion.

Article 12

Sous réserve de l’article 7, paragraphe 3,les mesures prises en application desarticles 5 à 9 restent en vigueur dans leslimites qui sont les leurs, même lorsqu’unchangement des circonstances a fait dis-

Artikel 9

Die Behörden eines Vertragsstaats, indem sich Vermögen des Erwachsenenbefindet, sind zuständig, Maßnahmen zumSchutz dieses Vermögens zu treffen,soweit sie mit den Maßnahmen vereinbarsind, die von den nach den Artikeln 5 bis 8zuständigen Behörden getroffen wurden.

Artikel 10

(1) In allen dringenden Fällen sind dieBehörden jedes Vertragsstaats, in dessenHoheitsgebiet sich der Erwachsene oderihm gehörendes Vermögen befindet, zu-ständig, die erforderlichen Schutzmaßnah-men zu treffen.

(2) Maßnahmen nach Absatz 1, die inBezug auf einen Erwachsenen mit ge-wöhnlichem Aufenthalt in einem Vertrags-staat getroffen wurden, treten außer Kraft,sobald die nach den Artikeln 5 bis 9 zu-ständigen Behörden die durch die Um-stände gebotenen Maßnahmen getroffenhaben.

(3) Maßnahmen nach Absatz 1, die inBezug auf einen Erwachsenen mitgewöhnlichem Aufenthalt in einem Nicht-vertragsstaat getroffen wurden, treten injedem Vertragsstaat außer Kraft, sobalddort die durch die Umstände gebotenenund von den Behörden eines anderenStaates getroffenen Maßnahmen aner-kannt werden.

(4) Die Behörden, die nach Absatz 1Maßnahmen getroffen haben, haben nachMöglichkeit die Behörden des Vertrags-staats des gewöhnlichen Aufenthalts desErwachsenen von den getroffenen Maß-nahmen zu unterrichten.

Artikel 11

(1) Ausnahmsweise sind die Behördendes Vertragsstaats, in dessen Hoheitsge-biet sich der Erwachsene befindet, nachVerständigung der nach Artikel 5 zuständi-gen Behörden zuständig, zum Schutz derPerson des Erwachsenen auf das Hoheits-gebiet dieses Staates beschränkte Maß-nahmen vorübergehender Art zu treffen,soweit sie mit den Maßnahmen vereinbarsind, die von den nach den Artikeln 5 bis 8zuständigen Behörden bereits getroffenwurden.

(2) Maßnahmen nach Absatz 1, die inBezug auf einen Erwachsenen mit ge-wöhnlichem Aufenthalt in einem Vertrags-staat getroffen wurden, treten außer Kraft,sobald die nach den Artikeln 5 bis 8 zu-ständigen Behörden eine Entscheidungüber die Schutzmaßnahmen getroffen ha-ben, die durch die Umstände geboten seinkönnten.

Artikel 12

Selbst wenn durch eine Änderung derUmstände die Grundlage der Zuständig-keit wegfällt, bleiben vorbehaltlich desArtikels 7 Absatz 3 die nach den Artikeln 5bis 9 getroffenen Maßnahmen innerhalb

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diction was founded, so long as theauthorities which have jurisdiction underthe Convention have not modified,replaced or terminated such measures.

Chapter III

Applicable Law

Article 13

1. In exercising their jurisdiction underthe provisions of Chapter II, the authoritiesof the Contracting States shall apply theirown law.

2. However, in so far as the protectionof the person or the property of the adultrequires, they may exceptionally apply ortake into consideration the law of anotherState with which the situation has a sub-stantial connection.

Article 14

Where a measure taken in one Contract-ing State is implemented in another Con-tracting State, the conditions of its imple-mentation are governed by the law of thatother State.

Article 15

1. The existence, extent, modificationand extinction of powers of representationgranted by an adult, either under an agree-ment or by a unilateral act, to be exercisedwhen such adult is not in a position to pro-tect his or her interests, are governed bythe law of the State of the adult’s habitualresidence at the time of the agreement or act, unless one of the laws mentioned in paragraph 2 has been designated ex-pressly in writing.

2. The States whose laws may be des-ignated are –

a) a State of which the adult is a national;

b) the State of a former habitual res-idence of the adult;

c) a State in which property of the adult islocated, with respect to the property.

3. The manner of exercise of such powers of representation is governed bythe law of the State in which they are exer-cised.

Article 16

Where powers of representation referredto in Article 15 are not exercised in a man-ner sufficient to guarantee the protectionof the person or property of the adult, theymay be withdrawn or modified by meas-ures taken by an authority having jurisdic-tion under the Convention. Where suchpowers of representation are withdrawn or

paraître l’élément sur lequel était fondée lacompétence, tant que les autorités com-pétentes en vertu de la Convention ne lesont pas modifiées, remplacées ou levées.

Chapitre III

Loi applicable

Article 13

1. Dans l’exercice de la compétencequi leur est attribuée par les dispositionsdu chapitre II, les autorités des Etatscontractants appliquent leur loi.

2. Toutefois, dans la mesure où la pro-tection de la personne ou des biens del’adulte le requiert, elles peuvent excep-tionnellement appliquer ou prendre enconsidération la loi d’un autre Etat aveclequel la situation présente un lien étroit.

Article 14

Lorsqu’une mesure prise dans un Etatcontractant est mise en œuvre dans unautre Etat contractant, les conditions deson application sont régies par la loi de cetautre Etat.

Article 15

1. L’existence, l’étendue, la modificationet l’extinction des pouvoirs de représenta-tion conférés par un adulte, soit par unaccord, soit par un acte unilatéral, pour êtreexercés lorsque cet adulte sera hors d’étatde pourvoir à ses intérêts, sont régies par laloi de l’Etat de la résidence habituelle del’adulte au moment de l’accord ou de l’acteunilatéral, à moins qu’une des lois mention-nées au paragraphe 2 ait été désignéeexpressément par écrit.

2. Les Etats dont la loi peut être dési-gnée sont les suivants:

a) un Etat dont l’adulte possède la natio-nalité;

b) l’Etat d’une résidence habituelle précé-dente de l’adulte;

c) un Etat dans lequel sont situés desbiens de l’adulte, pour ce qui con-cerne ces biens.

3. Les modalités d’exercice de cespouvoirs de représentation sont régies parla loi de l’Etat où ils sont exercés.

Article 16

Les pouvoirs de représentation prévus àl’article 15, lorsqu’ils ne sont pas exercésde manière à assurer suffisamment la pro-tection de la personne ou des biens del’adulte, peuvent être retirés ou modifiéspar des mesures prises par une autoritéayant compétence selon la Convention.Pour retirer ou modifier ces pouvoirs de

ihrer Reichweite so lange in Kraft, bis dienach diesem Übereinkommen zuständi-gen Behörden sie ändern, ersetzen oderaufheben.

Kapitel III

Anzuwendendes Recht

Artikel 13

(1) Bei der Ausübung ihrer Zuständig-keit nach Kapitel II wenden die Behördender Vertragsstaaten ihr eigenes Recht an.

(2) Soweit es der Schutz der Personoder des Vermögens des Erwachsenenerfordert, können sie jedoch ausnahms-weise das Recht eines anderen Staatesanwenden oder berücksichtigen, zu demder Sachverhalt eine enge Verbindung hat.

Artikel 14

Wird eine in einem Vertragsstaat getrof-fene Maßnahme in einem anderen Ver-tragsstaat durchgeführt, so bestimmt dasRecht dieses anderen Staates die Bedin-gungen, unter denen sie durchgeführtwird.

Artikel 15

(1) Das Bestehen, der Umfang, dieÄnderung und die Beendigung der voneinem Erwachsenen entweder durch eineVereinbarung oder ein einseitiges Rechts-geschäft eingeräumten Vertretungsmacht,die ausgeübt werden soll, wenn dieserErwachsene nicht in der Lage ist, seine In-teressen zu schützen, werden vom Rechtdes Staates bestimmt, in dem der Erwach-sene im Zeitpunkt der Vereinbarung oderdes Rechtsgeschäfts seinen gewöhnlichenAufenthalt hatte, es sei denn, eines der inAbsatz 2 genannten Rechte wurde aus-drücklich schriftlich gewählt.

(2) Die Staaten, deren Recht gewähltwerden kann, sind

a) ein Staat, dem der Erwachsene ange-hört;

b) der Staat eines früheren gewöhnlichenAufenthalts des Erwachsenen;

c) ein Staat, in dem sich Vermögen desErwachsenen befindet, hinsichtlichdieses Vermögens.

(3) Die Art und Weise der Ausübungeiner solchen Vertretungsmacht wird vomRecht des Staates bestimmt, in dem sieausgeübt wird.

Artikel 16

Wird eine Vertretungsmacht nach Arti-kel 15 nicht in einer Weise ausgeübt, dieden Schutz der Person oder des Ver-mögens des Erwachsenen ausreichendsicherstellt, so kann sie durch Maßnahmeneiner nach diesem Übereinkommen zu-ständigen Behörde aufgehoben oder ge-ändert werden. Bei der Aufhebung oder

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modified, the law referred to in Article 15should be taken into consideration to theextent possible.

Article 17

1. The validity of a transaction enteredinto between a third party and another per-son who would be entitled to act as theadult’s representative under the law of theState where the transaction was conclud-ed cannot be contested, and the thirdparty cannot be held liable, on the soleground that the other person was not en-titled to act as the adult’s representativeunder the law designated by the provisionsof the Chapter, unless the third party knewor should have known that such capacitywas governed by the latter law.

2. The preceding paragraph appliesonly if the transaction was entered intobetween persons present on the territoryof the same State.

Article 18

The provisions of this Chapter applyeven if the law designated by them is thelaw of a non-Contracting State.

Article 19

In this Chapter the term ‘law’ means thelaw in force in a State other than its choiceof law rules.

Article 20

This Chapter does not prevent the applic-ation of those provisions of the law of theState in which the adult is to be protectedwhere the application of such provisions ismandatory whatever law would otherwisebe applicable.

Article 21

The application of the law designated bythe provisions of this Chapter can berefused only if this application would bemanifestly contrary to public policy.

Chapter IV

Recognition and Enforcement

Article 22

1. The measures taken by the author-ities of a Contracting State shall be recog-nised by operation of law in all other Con-tracting States.

2. Recognition may however berefused –

a) if the measure was taken by an author-ity whose jurisdiction was not basedon, or was not in accordance with, oneof the grounds provided for by the pro-visions of Chapter II;

représentation, la loi déterminée à l’arti-cle 15 doit être prise en considérationdans la mesure du possible.

Article 17

1. La validité d’un acte passé entre untiers et une autre personne qui aurait laqualité de représentant de l’adulte selon laloi de l’Etat où l’acte a été passé ne peutêtre contestée, ni la responsabilité du tiersengagée, pour le seul motif que l’autre per-sonne n’avait pas la qualité de représen-tant en vertu de la loi désignée par les dis-positions du présent chapitre, sauf si letiers savait ou devait savoir que cette qua-lité était régie par cette loi.

2. Le paragraphe précédent ne s’appli-que que dans le cas où l’acte a été passéentre personnes présentes sur le territoired’un même Etat.

Article 18

Les dispositions du présent chapitresont applicables même si la loi qu’ellesdésignent est celle d’un Etat non contrac-tant.

Article 19

Au sens du présent chapitre, le terme«loi» désigne le droit en vigueur dans unEtat, à l’exclusion des règles de conflit delois.

Article 20

Le présent chapitre ne porte pas attein-te aux dispositions de la loi de l’Etat danslequel la protection de l’adulte doit êtreassurée, dont l’application s’impose quelleque soit la loi qui serait autrement applica-ble.

Article 21

L’application de la loi désignée par lesdispositions du présent chapitre ne peutêtre écartée que si cette application estmanifestement contraire à l’ordre public.

Chapitre IV

Reconnaissance et exécution

Article 22

1. Les mesures prises par les autoritésd’un Etat contractant sont reconnues deplein droit dans les autres Etats contrac-tants.

2. Toutefois, la reconnaissance peutêtre refusée:

a) si la mesure a été prise par une autori-té dont la compétence n’était pas fon-dée sur un chef de compétence prévuou conforme aux dispositions du cha-pitre II;

Änderung dieser Vertretungsmacht ist dasnach Artikel 15 maßgebliche Recht so weitwie möglich zu berücksichtigen.

Artikel 17

(1) Die Gültigkeit eines Rechtsge-schäfts zwischen einem Dritten und eineranderen Person, die nach dem Recht desStaates, in dem das Rechtsgeschäft ab-geschlossen wurde, als Vertreter desErwachsenen zu handeln befugt wäre,kann nicht allein deswegen bestritten undder Dritte nicht nur deswegen verantwort-lich gemacht werden, weil die andere Per-son nach dem in diesem Kapitel bestimm-ten Recht nicht als Vertreter des Erwach-senen zu handeln befugt war, es sei denn,der Dritte wusste oder hätte wissen müs-sen, dass sich diese Vertretungsmachtnach diesem Recht bestimmte.

(2) Absatz 1 ist nur anzuwenden, wenndas Rechtsgeschäft unter Anwesenden imHoheitsgebiet desselben Staates ge-schlossen wurde.

Artikel 18

Dieses Kapitel ist anzuwenden, selbstwenn das darin bestimmte Recht daseines Nichtvertragsstaats ist.

Artikel 19

Der Begriff „Recht“ im Sinn dieses Kapi-tels bedeutet das in einem Staat geltendeRecht mit Ausnahme des Kollisionsrechts.

Artikel 20

Dieses Kapitel steht den Bestimmungendes Rechts des Staates, in dem der Er-wachsene zu schützen ist, nicht entgegen,deren Anwendung unabhängig vom sonstmaßgebenden Recht zwingend ist.

Artikel 21

Die Anwendung des in diesem Kapitelbestimmten Rechts darf nur versagt wer-den, wenn sie der öffentlichen Ordnung(ordre public) offensichtlich widerspricht.

Kapitel IV

Anerkennung und Vollstreckung

Artikel 22

(1) Die von den Behörden eines Ver-tragsstaats getroffenen Maßnahmen wer-den kraft Gesetzes in den anderen Ver-tragsstaaten anerkannt.

(2) Die Anerkennung kann jedoch ver-sagt werden,

a) wenn die Maßnahme von einer Behör-de getroffen wurde, die nicht aufgrundoder in Übereinstimmung mit Kapitel IIzuständig war;

Bundesrat – 13 – Drucksache 674/06

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b) if the measure was taken, except in acase of urgency, in the context of ajudicial or administrative proceeding,without the adult having been providedthe opportunity to be heard, in violationof fundamental principles of procedureof the requested State;

c) if such recognition is manifestly con-trary to public policy of the requestedState, or conflicts with a provision ofthe law of that State which is mandat-ory whatever law would otherwise beapplicable;

d) if the measure is incompatible with alater measure taken in a non-Contract-ing State which would have had juris-diction under Articles 5 to 9, where thislater measure fulfils the requirementsfor recognition in the requested State;

e) if the procedure provided in Article 33has not been complied with.

Article 23

Without prejudice to Article 22, para-graph 1, any interested person may re-quest from the competent authorities of aContracting State that they decide on therecognition or non-recognition of a meas-ure taken in another Contracting State.The procedure is governed by the law ofthe requested State.

Article 24

The authority of the requested State isbound by the findings of fact on which theauthority of the State where the measurewas taken based its jurisdiction.

Article 25

1. If measures taken in one ContractingState and enforceable there requireenforcement in another Contracting State,they shall, upon request by an interestedparty, be declared enforceable or regis-tered for the purpose of enforcement inthat other State according to the proced-ure provided in the law of the latter State.

2. Each Contracting State shall apply tothe declaration of enforceability or regis-tration a simple and rapid procedure.

3. The declaration of enforceability orregistration may be refused only for one ofthe reasons set out in Article 22, para-graph 2.

Article 26

Without prejudice to such review as isnecessary in the application of the preced-

b) si la mesure a été prise, hors le casd’urgence, dans le cadre d’une procé-dure judiciaire ou administrative, sansqu’ait été donnée à l’adulte la possibili-té d’être entendu, en violation des prin-cipes fondamentaux de procédure del’Etat requis;

c) si la reconnaissance est manifeste-ment contraire à l’ordre public de l’Etatrequis ou est contraire à une disposi-tion de la loi de cet Etat dont l’applica-tion s’impose quelle que soit la loi quiserait autrement applicable;

d) si la mesure est incompatible avec unemesure prise postérieurement dans unEtat non contractant qui aurait étécompétent en vertu des articles 5 à 9,lorsque cette dernière mesure réunitles conditions nécessaires à sa recon-naissance dans l’Etat requis;

e) si la procédure prévue à l’article 33 n’apas été respectée.

Article 23

Sans préjudice de l’article 22, paragra-phe premier, toute personne intéresséepeut demander aux autorités compétentesd’un Etat contractant qu’il soit statué sur lareconnaissance ou la non-reconnaissanced’une mesure prise dans un autre Etatcontractant. La procédure est régie par laloi de l’Etat requis.

Article 24

L’autorité de l’Etat requis est liée par lesconstatations de fait sur lesquelles l’auto-rité de l’Etat qui a pris la mesure a fondé sacompétence.

Article 25

1. Si les mesures prises dans un Etatcontractant et qui y sont exécutoires com-portent des actes d’exécution dans unautre Etat contractant, elles sont, dans cetautre Etat, déclarées exécutoires ou enre-gistrées aux fins d’exécution, sur requêtede toute partie intéressée, selon la procé-dure prévue par la loi de cet Etat.

2. Chaque Etat contractant applique àla déclaration d’exequatur ou à l’enregis-trement une procédure simple et rapide.

3. La déclaration d’exequatur ou l’enre-gistrement ne peuvent être refusés quepour l’un des motifs prévus à l’article 22,paragraphe 2.

Article 26

Sous réserve de ce qui est nécessairepour l’application des articles qui précè-

b) wenn die Maßnahme, außer in dringen-den Fällen, im Rahmen eines Gerichts-oder Verwaltungsverfahrens getroffenwurde, ohne dass dem Erwachsenendie Möglichkeit eingeräumt wordenwar, gehört zu werden, und dadurchgegen wesentliche Verfahrensgrund-sätze des ersuchten Staates verstoßenwurde;

c) wenn die Anerkennung der öffentlichenOrdnung (ordre public) des ersuchtenStaates offensichtlich widerspricht,oder ihr eine Bestimmung des Rechtsdieses Staates entgegensteht, dieunabhängig vom sonst maßgebendenRecht zwingend ist;

d) wenn die Maßnahme mit einer später ineinem Nichtvertragsstaat, der nachden Artikeln 5 bis 9 zuständig gewesenwäre, getroffenen Maßnahme unver-einbar ist, sofern die spätere Maß-nahme die für ihre Anerkennung imersuchten Staat erforderlichen Voraus-setzungen erfüllt;

e) wenn das Verfahren nach Artikel 33nicht eingehalten wurde.

Artikel 23

Unbeschadet des Artikels 22 Absatz 1kann jede betroffene Person bei denzuständigen Behörden eines Vertrags-staats beantragen, dass über die Aner-kennung oder Nichtanerkennung einer ineinem anderen Vertragsstaat getroffenenMaßnahme entschieden wird. Das Verfah-ren bestimmt sich nach dem Recht desersuchten Staates.

Artikel 24

Die Behörde des ersuchten Staates istan die Tatsachenfeststellungen gebunden,auf welche die Behörde des Staates, indem die Maßnahme getroffen wurde, ihreZuständigkeit gestützt hat.

Artikel 25

(1) Erfordern die in einem Vertragsstaatgetroffenen und dort vollstreckbaren Maß-nahmen in einem anderen VertragsstaatVollstreckungshandlungen, so werden siein diesem anderen Staat auf Antrag jederbetroffenen Partei nach dem im Recht die-ses Staates vorgesehenen Verfahren fürvollstreckbar erklärt oder zur Vollstreckungregistriert.

(2) Jeder Vertragsstaat wendet auf dieVollstreckbarerklärung oder die Registrie-rung ein einfaches und schnelles Verfahrenan.

(3) Die Vollstreckbarerklärung oder dieRegistrierung darf nur aus einem der inArtikel 22 Absatz 2 vorgesehenen Gründeversagt werden.

Artikel 26

Vorbehaltlich der für die Anwendung dervorstehenden Artikel erforderlichen Über-

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ing Articles, there shall be no review of themerits of the measure taken.

Article 27

Measures taken in one ContractingState and declared enforceable, or regis-tered for the purpose of enforcement, inanother Contracting State shall beenforced in the latter State as if they hadbeen taken by the authorities of that State.Enforcement takes place in accordancewith the law of the requested State to theextent provided by such law.

Chapter V

Co-operation

Article 28

1. A Contracting State shall designate aCentral Authority to discharge the dutieswhich are imposed by the Convention onsuch authorities.

2. Federal States, States with morethan one system of law or States havingautonomous territorial units shall be free toappoint more than one Central Authorityand to specify the territorial or personalextent of their functions. Where a Statehas appointed more than one CentralAuthority, it shall designate the CentralAuthority to which any communicationmay be addressed for transmission to theappropriate Central Authority within thatState.

Article 29

1. Central Authorities shall co-operatewith each other and promote co-operationamongst the competent authorities in theirStates to achieve the purposes of the Con-vention.

2. They shall, in connection with theapplication of the Convention, take appro-priate steps to provide information as tothe laws of, and services available in, theirStates relating to the protection of adults.

Article 30

The Central Authority of a ContractingState, either directly or through publicauthorities or other bodies, shall take allappropriate steps to –

a) facilitate communications, by everymeans, between the competentauthorities in situations to which theConvention applies;

b) provide, on the request of a competentauthority of another Contracting State,assistance in discovering the where-abouts of an adult where it appears

dent, l’autorité de l’Etat requis ne procéde-ra à aucune révision au fond de la mesureprise.

Article 27

Les mesures prises dans un Etatcontractant, qui sont déclarées exécutoi-res ou enregistrées aux fins d’exécutiondans un autre Etat contractant, y sontmises à exécution comme si elles avaientété prises par les autorités de cet autreEtat. La mise à exécution des mesures sefait conformément à la loi de l’Etat requisdans les limites qui y sont prévues.

Chapitre V

Coopération

Article 28

1. Chaque Etat contractant désigneune Autorité centrale chargée de satisfaireaux obligations qui lui sont imposées parla Convention.

2. Un Etat fédéral, un Etat dans lequelplusieurs systèmes de droit sont envigueur ou un Etat ayant des unités territo-riales autonomes est libre de désigner plusd’une Autorité centrale et de spécifierl’étendue territoriale ou personnelle deleurs fonctions. L’Etat qui fait usage decette faculté désigne l’Autorité centrale àlaquelle toute communication peut êtreadressée en vue de sa transmission à l’Au-torité centrale compétente au sein de cetEtat.

Article 29

1. Les Autorités centrales doivent co-opérer entre elles et promouvoir la coopé-ration entre les autorités compétentes deleur Etat pour réaliser les objectifs de laConvention.

2. Elles prennent, dans le cadre de l’ap-plication de la Convention, les dispositionsappropriées pour fournir des informationssur leur législation, ainsi que sur les servi-ces disponibles dans leur Etat en matièrede protection de l’adulte.

Article 30

L’Autorité centrale d’un Etat contractantprend, soit directement, soit avec leconcours d’autorités publiques ou d’au-tres organismes, toutes dispositionsappropriées pour:

a) faciliter les communications, par tousles moyens, entre les autorités compé-tentes dans les situations auxquelless’applique la Convention;

b) aider, sur demande d’une autoritécompétente d’un autre Etat contrac-tant, à localiser l’adulte lorsqu’il paraîtque celui-ci est présent sur le territoire

prüfung darf die getroffene Maßnahme inder Sache selbst nicht nachgeprüft wer-den.

Artikel 27

Die in einem Vertragsstaat getroffenenund in einem anderen Vertragsstaat fürvollstreckbar erklärten oder zur Vollstre-ckung registrierten Maßnahmen werdendort vollstreckt, als seien sie von denBehörden dieses anderen Staates getrof-fen worden. Die Vollstreckung richtet sichnach dem Recht des ersuchten Staatesunter Beachtung der darin vorgesehenenGrenzen.

Kapitel V

Zusammenarbeit

Artikel 28

(1) Jeder Vertragsstaat bestimmt eineZentrale Behörde, welche die ihr durchdieses Übereinkommen übertragenen Auf-gaben wahrnimmt.

(2) Einem Bundesstaat, einem Staat mitmehreren Rechtssystemen oder einemStaat, der aus autonomen Gebietseinhei-ten besteht, steht es frei, mehrere ZentraleBehörden zu bestimmen und deren räumli-che und persönliche Zuständigkeit festzu-legen. Macht ein Staat von dieser Möglich-keit Gebrauch, so bestimmt er die Zentra-le Behörde, an welche Mitteilungen zurÜbermittlung an die zuständige ZentraleBehörde in diesem Staat gerichtet werdenkönnen.

Artikel 29

(1) Die Zentralen Behörden arbeitenzusammen und fördern die Zusammenar-beit der zuständigen Behörden ihrer Staa-ten, um die Ziele dieses Übereinkommenszu verwirklichen.

(2) Im Zusammenhang mit der Anwen-dung dieses Übereinkommens treffen siedie geeigneten Maßnahmen, um Auskünf-te über das Recht ihrer Staaten sowie diein ihren Staaten für den Schutz von Er-wachsenen verfügbaren Dienste zu ertei-len.

Artikel 30

Die Zentrale Behörde eines Vertrags-staats trifft unmittelbar oder mithilfe staat-licher Behörden oder sonstiger Stellen allegeeigneten Vorkehrungen, um

a) auf jedem Weg die Mitteilungen zwi-schen den zuständigen Behörden beiSachverhalten, auf die dieses Überein-kommen anzuwenden ist, zu erleich-tern;

b) auf Ersuchen der zuständigen Behördeeines anderen Vertragsstaats bei derErmittlung des Aufenthaltsorts desErwachsenen Unterstützung zu leisten,

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that the adult may be present and inneed of protection within the territoryof the requested State.

Article 31

The competent authorities of a Con-tracting State may encourage, eitherdirectly or through other bodies, the use ofmediation, conciliation or similar means toachieve agreed solutions for the protectionof the person or property of the adult in situ-ations to which the Convention applies.

Article 32

1. Where a measure of protection iscontemplated, the competent authoritiesunder the Convention, if the situation ofthe adult so requires, may request anyauthority of another Contracting Statewhich has information relevant to the pro-tection of the adult to communicate suchinformation.

2. A Contracting State may declare thatrequests under paragraph 1 shall be com-municated to its authorities only throughits Central Authority.

3. The competent authorities of a Con-tracting State may request the authoritiesof another Contracting State to assist inthe implementation of measures of protec-tion taken under this Convention.

Article 33

1. If an authority having jurisdictionunder Articles 5 to 8 contemplates theplacement of the adult in an establishmentor other place where protection can beprovided, and if such placement is to takeplace in another Contracting State, it shallfirst consult with the Central Authority orother competent authority of the latterState. To that effect it shall transmit areport on the adult together with the rea-sons for the proposed placement.

2. The decision on the placement maynot be made in the requesting State if theCentral Authority or other competentauthority of the requested State indicatesits opposition within a reasonable time.

Article 34

In any case where the adult is exposedto a serious danger, the competent author-ities of the Contracting State where meas-ures for the protection of the adult havebeen taken or are under consideration, ifthey are informed that the adult’s resid-ence has changed to, or that the adult ispresent in, another State, shall inform the

de l’Etat requis et a besoin de protec-tion.

Article 31

Les autorités compétentes d’un Etatcontractant peuvent encourager, soitdirectement, soit par l’entremise d’autresorganismes, l’utilisation de la médiation,de la conciliation ou de tout autre modeanalogue permettant les ententes à l’amia-ble sur la protection de la personne ou desbiens de l’adulte, dans les situations aux-quelles s’applique la Convention.

Article 32

1. Lorsqu’une mesure de protection estenvisagée, les autorités compétentes envertu de la Convention peuvent, si la situa-tion de l’adulte l’exige, demander à touteautorité d’un autre Etat contractant quidétient des informations utiles pour la pro-tection de l’adulte de les lui communiquer.

2. Chaque Etat contractant peut décla-rer que les demandes prévues au paragra-phe premier ne pourront être acheminéesque par l’intermédiaire de son Autoritécentrale.

3. Les autorités compétentes d’un Etatcontractant peuvent demander aux autori-tés d’un autre Etat contractant de prêterleur assistance à la mise en œuvre demesures de protection prises en applica-tion de la Convention.

Article 33

1. Lorsque l’autorité compétente envertu des articles 5 à 8 envisage le place-ment de l’adulte dans un établissement outout autre lieu où sa protection peut êtreassurée, et que ce placement aura lieudans un autre Etat contractant, elleconsulte au préalable l’Autorité centrale ouune autre autorité compétente de ce der-nier Etat. Elle lui communique à cet effetun rapport sur l’adulte et les motifs de saproposition sur le placement.

2. La décision de placement ne peutêtre prise dans l’Etat requérant si l’Autoritécentrale ou une autre autorité compétentede l’Etat requis manifeste son oppositiondans un délai raisonable.

Article 34

Dans le cas où l’adulte est exposé à ungrave danger, les autorités compétentesde l’Etat contractant dans lequel desmesures de protection de cet adulte ontété prises ou sont en voie de l’être, si ellessont informées du changement de rési-dence ou de la présence de l’adulte dansun autre Etat, avisent les autorités de cet

wenn der Anschein besteht, dass sichder Erwachsene im Hoheitsgebiet desersuchten Staates befindet und Schutzbenötigt.

Artikel 31

Die zuständigen Behörden eines Ver-tragsstaats können unmittelbar oder durchandere Stellen die Anwendung eines Ver-mittlungs- oder Schlichtungsverfahrensoder den Einsatz ähnlicher Mittel zur Erzie-lung gütlicher Einigungen zum Schutz derPerson oder des Vermögens des Erwach-senen bei Sachverhalten anregen, auf diedieses Übereinkommen anzuwenden ist.

Artikel 32

(1) Wird eine Schutzmaßnahme erwo-gen, so können die nach diesem Überein-kommen zuständigen Behörden, soferndie Lage des Erwachsenen dies erfordert,jede Behörde eines anderen Vertrags-staats, die über sachdienliche Informatio-nen für den Schutz des Erwachsenen ver-fügt, ersuchen, sie ihnen mitzuteilen.

(2) Jeder Vertragsstaat kann erklären,dass Ersuchen nach Absatz 1 seinenBehörden nur über seine Zentrale Behördezu übermitteln sind.

(3) Die zuständigen Behörden einesVertragsstaats können die Behörden einesanderen Vertragsstaats ersuchen, ihnenbei der Durchführung der nach diesemÜbereinkommen getroffenen Schutzmaß-nahmen Hilfe zu leisten.

Artikel 33

(1) Erwägt die nach den Artikeln 5 bis 8zuständige Behörde die Unterbringungdes Erwachsenen in einer Einrichtung oderan einem anderen Ort, an dem Schutzgewährt werden kann, und soll er in einemanderen Vertragsstaat untergebracht wer-den, so zieht sie vorher die Zentrale Behör-de oder eine andere zuständige Behördedieses Staates zurate. Zu diesem Zweckübermittelt sie ihr einen Bericht über denErwachsenen und die Gründe ihres Vor-schlags zur Unterbringung.

(2) Die Entscheidung über die Unter-bringung kann im ersuchenden Staat nichtgetroffen werden, wenn sich die ZentraleBehörde oder eine andere zuständigeBehörde des ersuchten Staates innerhalbeiner angemessenen Frist dagegen aus-spricht.

Artikel 34

Ist der Erwachsene einer schwerenGefahr ausgesetzt, so benachrichtigen diezuständigen Behörden des Vertragsstaats,in dem Maßnahmen zum Schutz diesesErwachsenen getroffen wurden oder inBetracht gezogen werden, sofern sie überden Wechsel des Aufenthaltsorts in einenanderen Staat oder die dortige Anwesen-

Drucksache 674/06 – 16 – Bundesrat

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authorities of that other State about thedanger involved and the measures takenor under consideration.

Article 35

An authority shall not request or transmitany information under this Chapter if to doso would, in its opinion, be likely to placethe adult’s person or property in danger, orconstitute a serious threat to the liberty orlife of a member of the adult’s family.

Article 36

1. Without prejudice to the possibility ofimposing reasonable charges for the provi-sion of services, Central Authorities andother public authorities of ContractingStates shall bear their own costs in applying the provisions of this Chapter.

2. Any Contracting State may enter intoagreements with one or more other Con-tracting States concerning the allocationof charges.

Article 37

Any Contracting State may enter intoagreements with one or more other Con-tracting States with a view to improvingthe application of this Chapter in theirmutual relations. The States which haveconcluded such an agreement shall trans-mit a copy to the depositary of the Con-vention.

Chapter VI

General Provisions

Article 38

1. The authorities of the ContractingState where a measure of protection hasbeen taken or a power of representationconfirmed may deliver to the personentrusted with protection of the adult’sperson or property, on request, a certific-ate indicating the capacity in which thatperson is entitled to act and the powersconferred.

2. The capacity and powers indicated inthe certificate are presumed to be vestedin that person as of the date of the certific-ate, in the absence of proof to the contrary.

3. Each Contracting State shall desig-nate the authorities competent to draw upthe certificate.

Article 39

Personal data gathered or transmittedunder the Convention shall be used onlyfor the purposes for which they were gathered or transmitted.

Etat de ce danger et des mesures prisesou en cours d’examen.

Article 35

Une autorité ne peut demander outransmettre des informations en applica-tion de ce chapitre si elle est d’avis qu’unetelle demande ou transmission pourraitmettre en danger la personne ou les biensde l’adulte, ou constituer une menacegrave pour la liberté ou la vie d’un membrede sa famille.

Article 36

1. Sans préjudice de la possibilité deréclamer des frais raisonnables correspon-dant aux services fournis, les Autoritéscentrales et les autres autorités publiquesdes Etats contractants supportent leursfrais découlant de l’application des dispo-sitions du présent chapitre.

2. Un Etat contractant peut concluredes accords avec un ou plusieurs autresEtats contractants sur la répartition desfrais.

Article 37

Tout Etat contractant pourra conclureavec un ou plusieurs autres Etats contrac-tants des accords en vue de favoriser dansleurs rapports réciproques l’application duprésent chapitre. Les Etats qui ont conclude tels accords en transmettront une copieau dépositaire de la Convention.

Chapitre VI

Dispositions générales

Article 38

1. Les autorités de l’Etat contractantdans lequel une mesure de protection aété prise ou un pouvoir de représentationconfirmé peuvent délivrer à toute person-ne à qui est confiée la protection de la per-sonne ou des biens de l’adulte, à sademande, un certificat indiquant sa qualitéet les pouvoirs qui lui sont conférés.

2. La qualité et les pouvoirs indiquéspar le certificat sont tenus pour établis, à ladate du certificat, sauf preuve contraire.

3. Chaque Etat contractant désigne lesautorités habilitées à établir le certificat.

Article 39

Les données personnelles rassembléesou transmises conformément à la Conven-tion ne peuvent être utilisées à d’autresfins que celles pour lesquelles elles ont étérassemblées ou transmises.

heit des Erwachsenen unterrichtet sind,die Behörden dieses Staates von derGefahr und den getroffenen oder inBetracht gezogenen Maßnahmen.

Artikel 35

Eine Behörde darf nach diesem Kapitelweder um Informationen ersuchen nochsolche erteilen, wenn dadurch nach ihrerAuffassung die Person oder das Vermögendes Erwachsenen in Gefahr geraten könn-te oder die Freiheit oder das Leben einesFamilienangehörigen des Erwachsenenernsthaft bedroht würde.

Artikel 36

(1) Unbeschadet der Möglichkeit, fürdie erbrachten Dienstleistungen angemes-sene Kosten zu verlangen, tragen die Zen-tralen Behörden und die anderen staatli-chen Behörden der Vertragsstaaten dieKosten, die ihnen durch die Anwendungdieses Kapitels entstehen.

(2) Jeder Vertragsstaat kann mit einemoder mehreren anderen VertragsstaatenVereinbarungen über die Kostenaufteilungtreffen.

Artikel 37

Jeder Vertragsstaat kann mit einem odermehreren anderen Vertragsstaaten Verein-barungen treffen, um die Anwendung die-ses Kapitels in ihren gegenseitigen Bezie-hungen zu erleichtern. Die Staaten, diesolche Vereinbarungen getroffen haben,übermitteln dem Verwahrer dieses Über-einkommens eine Abschrift.

Kapitel VI

Allgemeine Bestimmungen

Artikel 38

(1) Die Behörden des Vertragsstaats, indem eine Schutzmaßnahme getroffen odereine Vertretungsmacht bestätigt wurde,können jedem, dem der Schutz der Personoder des Vermögens des Erwachsenenanvertraut wurde, auf dessen Antrag eineBescheinigung über seine Berechtigungzum Handeln und die ihm übertragenenBefugnisse ausstellen.

(2) Bis zum Beweis des Gegenteils wirdvermutet, dass die bescheinigte Berechti-gung zum Handeln und die bescheinigtenBefugnisse vom Ausstellungsdatum derBescheinigung an bestehen.

(3) Jeder Vertragsstaat bestimmt die fürdie Ausstellung der Bescheinigung zustän-digen Behörden.

Artikel 39

Die nach diesem Übereinkommengesammelten oder übermittelten perso-nenbezogenen Daten dürfen nur für dieZwecke verwendet werden, zu denen siegesammelt oder übermittelt wurden.

Bundesrat – 17 – Drucksache 674/06

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Article 40

The authorities to whom information istransmitted shall ensure its confidentiality,in accordance with the law of their State.

Article 41

All documents forwarded or deliveredunder this Convention shall be exemptfrom legalisation or any analogous formal-ity.

Article 42

Each Contracting State may designatethe authorities to which requests under Art-icle 8 and Article 33 are to be addressed.

Article 43

1. The designations referred to in Art-icle 28 and Article 42 shall be communicat-ed to the Permanent Bureau of the HagueConference on Private International Lawnot later than the date of the deposit of theinstrument of ratification, acceptance orapproval of the Convention or of accessionthereto. Any modifications thereof shallalso be communicated to the PermanentBureau.

2. The declaration referred to in Art-icle 32, paragraph 2, shall be made to thedepositary of the Convention.

Article 44

A Contracting State in which differentsystems of law or sets of rules of law applyto the protection of the person or propertyof the adult shall not be bound to apply therules of the Convention to conflicts solelybetween such different systems or sets ofrules of law.

Article 45

In relation to a State in which two ormore systems of law or sets of rules of lawwith regard to any matter dealt with in thisConvention apply in different territorialunits –

a) any reference to habitual residence inthat State shall be construed as refer-ring to habitual residence in a territorialunit;

b) any reference to the presence of theadult in that State shall be construedas referring to presence in a territorialunit;

c) any reference to the location of prop-erty of the adult in that State shall beconstrued as referring to location ofproperty of the adult in a territorial unit;

d) any reference to the State of which theadult is a national shall be construed asreferring to the territorial unit desig-nated by the law of that State or, in the

Article 40

Les autorités auxquelles des informa-tions sont transmises en assurent la confi-dentialité conformément à la loi de leurEtat.

Article 41

Les documents transmis ou délivrés enapplication de la Convention sont dispen-sés de toute légalisation ou de toute for-malité analogue.

Article 42

Chaque Etat contractant peut désignerles autorités à qui les demandes prévuesaux articles 8 et 33 doivent être envoyées.

Article 43

1. Les désignations mentionnées auxarticles 28 et 42 seront communiquées auBureau Permanent de la Conférence de LaHaye de droit international privé au plustard à la date du dépôt de l’instrument deratification, d’acceptation ou d’approba-tion de la Convention ou de l’adhésion àcelle-ci. Les modifications de ces désigna-tions seront également communiquées auBureau Permanent.

2. La déclaration mentionnée à l’arti-cle 32, paragraphe 2, est faite au déposi-taire de la Convention.

Article 44

Un Etat contractant dans lequel dessystèmes de droit ou des ensembles derègles différents s’appliquent en matièrede protection de la personne ou des biensde l’adulte n’est pas tenu d’appliquer les règles de la Convention aux conflitsconcernant uniquement ces différents sys-tèmes ou ensembles de règles.

Article 45

Au regard d’un Etat dans lequel deux ouplusieurs systèmes de droit ou ensemblesde règles ayant trait aux questions régiespar la présente Convention s’appliquentdans des unités territoriales différentes:

a) toute référence à la résidence habituel-le dans cet Etat vise la résidence habi-tuelle dans une unité territoriale;

b) toute référence à la présence de l’adul-te dans cet Etat vise la présence del’adulte dans une unité territoriale;

c) toute référence à la situation des biensde l’adulte dans cet Etat vise la situa-tion des biens de l’adulte dans uneunité territoriale;

d) toute référence à l’Etat dont l’adultepossède la nationalité vise l’unité terri-toriale désignée par la loi de cet Etatou, en l’absence de règles pertinentes,

Artikel 40

Behörden, denen Informationen über-mittelt werden, stellen nach dem Rechtihres Staates deren vertrauliche Behand-lung sicher.

Artikel 41

Die nach diesem Übereinkommen über-mittelten oder ausgestellten Schriftstückesind von jeder Legalisation oder entspre-chenden Förmlichkeit befreit.

Artikel 42

Jeder Vertragsstaat kann die Behördenbestimmen, an die Ersuchen nach denArtikeln 8 und 33 zu richten sind.

Artikel 43

(1) Die nach den Artikeln 28 und 42bestimmten Behörden werden demStändigen Büro der Haager Konferenz fürInternationales Privatrecht spätestens beider Hinterlegung der Ratifikations-, An-nahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsur-kunde mitgeteilt. Jede Änderung wird demStändigen Büro ebenfalls mitgeteilt.

(2) Die Erklärung nach Artikel 32 Ab-satz 2 wird gegenüber dem Verwahrer die-ses Übereinkommens abgegeben.

Artikel 44

Ein Vertragsstaat, in dem verschiedeneRechtssysteme oder Gesamtheiten vonRegeln für den Schutz der Person und desVermögens des Erwachsenen gelten,muss die Regeln dieses Übereinkommensnicht auf Kollisionen anwenden, die alleinzwischen den verschiedenen Rechtssyste-men oder Gesamtheiten von Regeln be-stehen.

Artikel 45

Gelten in einem Staat in Bezug auf die indiesem Übereinkommen geregelten Ange-legenheiten zwei oder mehr Rechtssyste-me oder Gesamtheiten von Regeln in ver-schiedenen Gebietseinheiten, so ist jedeVerweisung

a) auf den gewöhnlichen Aufenthalt indiesem Staat als Verweisung auf dengewöhnlichen Aufenthalt in einer Ge-bietseinheit zu verstehen;

b) auf die Anwesenheit des Erwachsenenin diesem Staat als Verweisung auf dieAnwesenheit des Erwachsenen in einerGebietseinheit zu verstehen;

c) auf die Belegenheit des Vermögensdes Erwachsenen in diesem Staat alsVerweisung auf die Belegenheit desVermögens des Erwachsenen in einerGebietseinheit zu verstehen;

d) auf den Staat, dem der Erwachseneangehört, als Verweisung auf die vondem Recht dieses Staates bestimmteGebietseinheit oder, wenn solche

Drucksache 674/06 – 18 – Bundesrat

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absence of relevant rules, to the territor-ial unit with which the adult has theclosest connection;

e) any reference to the State whoseauthorities have been chosen by theadult shall be construed

– as referring to the territorial unit ifthe adult has chosen the authoritiesof this territorial unit;

– as referring to the territorial unitwith which the adult has the closestconnection if the adult has chosenthe authorities of the State withoutspecifying a particular territorialunit within the State;

f ) any reference to the law of a State withwhich the situation has a substantialconnection shall be construed as refer-ring to the law of a territorial unit withwhich the situation has a substantialconnection;

g) any reference to the law or procedureor authority of the State in which ameasure has been taken shall be con-strued as referring to the law or proced-ure in force in such territorial unit orauthority of the territorial unit in whichsuch measure was taken;

h) any reference to the law or procedureor authority of the requested Stateshall be construed as referring to thelaw or procedure in force in such terri-torial unit or authority of the territorialunit in which recognition or enforce-ment is sought;

i) any reference to the State where ameasure of protection is to be imple-mented shall be construed as referringto the territorial unit where the measureis to be implemented;

j) any reference to bodies or authoritiesof that State, other than CentralAuthorities, shall be construed as refer-ring to those authorised to act in therelevant territorial unit.

Article 46

For the purpose of identifying the applic-able law under Chapter III, in relation to aState which comprises two or more territor-ial units each of which has its own systemof law or set of rules of law in respect ofmatters covered by this Convention, thefollowing rules apply –

a) if there are rules in force in such a Stateidentifying which territorial unit’s law isapplicable, the law of that unit applies;

b) in the absence of such rules, the law ofthe relevant territorial unit as defined inArticle 45 applies.

l’unité territoriale avec laquelle l’adulteprésente le lien le plus étroit;

e) toute référence à l’Etat dont les autori-tés ont été choisies par l’adulte vise:

– l’unité territoriale si l’adulte a choisiles autorités de cette unité territo-riale;

– l’unité territoriale d’un Etat aveclaquelle l’adulte présente le lien leplus étroit si l’adulte a choisi lesautorités de cet Etat sans spécifierl’unité territoriale dans l’Etat;

f ) toute référence à la loi d’un Etat aveclequel la situation présente un lienétroit vise la loi d’une unité territorialeavec laquelle la situation présente unlien étroit;

g) toute référence à la loi, à la procédureou à l’autorité de l’Etat où une mesurea été prise vise la loi ou la procédure envigueur dans cette unité territoriale oul’autorité de l’unité territoriale danslaquelle cette mesure a été prise;

h) toute référence à la loi, à la procédureou à l’autorité de l’Etat requis vise la loiou la procédure en vigueur dans cetteunité territoriale ou l’autorité de l’unitéterritoriale dans laquelle la reconnais-sance ou l’exécution est invoquée;

i) toute référence à l’Etat de la mise enœuvre de la mesure de protection visel’unité territoriale de la mise en œuvrede la mesure;

j) toute référence aux organismes ouautorités de cet Etat, autres que lesAutorités centrales, vise les organis-mes ou autorités habilités à agir dansl’unité territoriale concernée.

Article 46

Pour identifier la loi applicable en vertudu chapitre III, lorsqu’un Etat comprenddeux ou plusieurs unités territoriales dontchacune a son propre système de droit ouun ensemble de règles ayant trait auxquestions régies par la présente Conven-tion, les règles suivantes s’appliquent:

a) en présence de règles en vigueur danscet Etat identifiant l’unité territorialedont la loi est applicable, la loi de cetteunité s’applique;

b) en l’absence de telles règles, la loi del’unité territoriale définie selon les dis-positions de l’article 45 s’applique.

Regeln fehlen, als Verweisung auf dieGebietseinheit zu verstehen, mit wel-cher der Erwachsene die engste Ver-bindung hat;

e) auf den Staat, dessen Behörden vomErwachsenen gewählt worden sind, alsVerweisung

– auf die Gebietseinheit zu verste-hen, wenn der Erwachsene dieBehörden dieser Gebietseinheitgewählt hat;

– auf die Gebietseinheit, mit welcherder Erwachsene die engste Verbin-dung hat, zu verstehen, wenn derErwachsene die Behörden desStaates gewählt hat, ohne einebestimmte Gebietseinheit innerhalbdes Staates anzugeben;

f ) auf das Recht eines Staates, mit demder Sachverhalt eine enge Verbindunghat, als Verweisung auf das Recht derGebietseinheit zu verstehen, mit wel-cher der Sachverhalt eine enge Verbin-dung hat;

g) auf das Recht, das Verfahren oder dieBehörde des Staates, in dem eineMaßnahme getroffen wurde, als Ver-weisung auf das Recht, das Verfahrenoder die Behörde der Gebietseinheit zuverstehen, in der diese Maßnahmegetroffen wurde;

h) auf das Recht, das Verfahren oder dieBehörde des ersuchten Staates alsVerweisung auf das Recht, das Verfah-ren oder die Behörde der Gebietsein-heit zu verstehen, in der die Anerken-nung oder Vollstreckung geltendgemacht wird;

i) auf den Staat, in dem eine Schutzmaß-nahme durchzuführen ist, als Verwei-sung auf die Gebietseinheit zu verste-hen, in der die Maßnahme durchzufüh-ren ist;

j) auf Stellen oder Behörden dieses Staa-tes, die nicht Zentrale Behörden sind,als Verweisung auf die Stellen oderBehörden zu verstehen, die in der be-treffenden Gebietseinheit handlungs-befugt sind.

Artikel 46

Hat ein Staat zwei oder mehr Gebiets-einheiten mit eigenen Rechtssystemenoder Gesamtheiten von Regeln für die indiesem Übereinkommen geregelten Ange-legenheiten, so gilt zur Bestimmung desnach Kapitel III anzuwendenden RechtsFolgendes:

a) Sind in diesem Staat Regeln in Kraft,die das Recht einer bestimmtenGebietseinheit für anwendbar erklären,so ist das Recht dieser Einheit anzu-wenden;

b) fehlen solche Regeln, so ist das Rechtder in Artikel 45 bestimmten Gebiets-einheit anzuwenden.

Bundesrat – 19 – Drucksache 674/06

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Article 47

For the purpose of identifying the applic-able law under Chapter III, in relation to aState which has two or more systems oflaw or sets of rules of law applicable to dif-ferent categories of persons in respect ofmatters covered by this Convention, thefollowing rules apply –

a) if there are rules in force in such a Stateidentifying which among such lawsapplies, that law applies;

b) in the absence of such rules, the law ofthe system or the set of rules of lawwith which the adult has the closestconnection applies.

Article 48

In relations between the ContractingStates this Convention replaces the Con-vention concernant l’interdiction et lesmesures de protection analogues, signedat The Hague 17 July 1905.

Article 49

1. The Convention does not affect anyother international instrument to whichContracting States are Parties and whichcontains provisions on matters governedby this Convention, unless a contrary dec-laration is made by the States Parties tosuch instrument.

2. This Convention does not affect thepossibility for one or more ContractingStates to conclude agreements whichcontain, in respect of adults habitually res-ident in any of the States Parties to suchagreements, provisions on matters gov-erned by this Convention.

3. Agreements to be concluded by oneor more Contracting States on matterswithin the scope of this Convention do notaffect, in the relationship of such Stateswith other Contracting States, the applica-tion of the provisions of this Convention.

4. The preceding paragraphs also applyto uniform laws based on special ties of aregional or other nature between theStates concerned.

Article 50

1. The Convention shall apply to meas-ures only if they are taken in a State afterthe Convention has entered into force forthat State.

2. The Convention shall apply to therecognition and enforcement of measurestaken after its entry into force as between

Article 47

Pour identifier la loi applicable en vertudu chapitre III, lorsqu’un Etat comprenddeux ou plusieurs systèmes de droit ouensembles de règles applicables à descatégories différentes de personnes pourles questions régies par la présenteConvention, les règles suivantes s’appli-quent:

a) en présence de règles en vigueur danscet Etat identifiant laquelle de ces loisest applicable, cette loi s’aplique;

b) en l’absence de telles règles, la loi dusystème ou de l’ensemble de règlesavec lequel l’adulte présente le lien leplus étroit s’applique.

Article 48

Dans les rapports entre les Etatscontractants, la présente Convention rem-place la Convention concernant l’interdic-tion et les mesures de protection analo-gues, signée à La Haye le 17 juillet 1905.

Article 49

1. La Convention ne déroge pas auxinstruments internationaux auxquels desEtats contractants sont Parties et quicontiennent des dispositions sur les matiè-res réglées par la présente Convention, àmoins qu’une déclaration contraire ne soitfaite par les Etats liés par de tels instru-ments.

2. La Convention n’affecte pas la possi-bilité pour un ou plusieurs Etats contrac-tants de conclure des accords qui contien-nent, en ce qui concerne les adultes rési-dant habituellement dans l’un des EtatsParties à de tels accords, des dispositionssur les matières réglées par la présenteConvention.

3. Les accords à conclure par un ouplusieurs Etats contractants sur desmatières réglées par la présente Conven-tion n’affectent pas, dans les rapports deces Etats avec les autres Etats contrac-tants, l’application des dispositions de laprésente Convention.

4. Les paragraphes précédents s’appli-quent également aux lois uniformes repo-sant sur l’existence entre les Etats concer-nés de liens spéciaux, notamment denature régionale.

Article 50

1. La Convention ne s’applique qu’auxmesures prises dans un Etat après l’entréeen vigueur de la Convention pour cet Etat.

2. La Convention s’applique à la recon-naissance et à l’exécution des mesuresprises après son entrée en vigueur dans

Artikel 47

Hat ein Staat zwei oder mehr Rechts-systeme oder Gesamtheiten von Regeln,die auf verschiedene Personengruppenhinsichtlich der in diesem Übereinkommengeregelten Angelegenheiten anzuwendensind, so gilt zur Bestimmung des nachKapitel III anzuwendenden Rechts Folgen-des:

a) Sind in diesem Staat Regeln in Kraft,die bestimmen, welches dieser Rechteanzuwenden ist, so ist dieses anzu-wenden;

b) fehlen solche Regeln, so ist dasRechtssystem oder die Gesamtheitvon Regeln anzuwenden, mit denender Erwachsene die engste Verbindunghat.

Artikel 48

Im Verhältnis zwischen den Vertrags-staaten ersetzt dieses Übereinkommendas am 17. Juli 1905 in Den Haag unter-zeichnete Abkommen über die Entmündi-gung und gleichartige Fürsorgemaßregeln.

Artikel 49

(1) Dieses Übereinkommen lässt andereinternationale Übereinkünfte unberührt,denen Vertragsstaaten als Vertragspartei-en angehören und die Bestimmungen überdie in diesem Übereinkommen geregeltenAngelegenheiten enthalten, sofern diedurch eine solche Übereinkunft gebunde-nen Staaten keine gegenteilige Erklärungabgeben.

(2) Dieses Übereinkommen lässt dieMöglichkeit unberührt, dass ein oder meh-rere Vertragsstaaten Vereinbarungen tref-fen, die in Bezug auf Erwachsene mitgewöhnlichem Aufenthalt in einem derStaaten, die Vertragsparteien solcher Ver-einbarungen sind, Bestimmungen über indiesem Übereinkommen geregelte Ange-legenheiten enthalten.

(3) Künftige Vereinbarungen eines odermehrerer Vertragsstaaten über Angelegen-heiten im Anwendungsbereich diesesÜbereinkommens lassen im Verhältnis zwi-schen solchen Staaten und anderen Ver-tragsstaaten die Anwendung der Bestim-mungen dieses Übereinkommens unbe-rührt.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten auch fürEinheitsrecht, das auf besonderen Verbin-dungen insbesondere regionaler Art zwi-schen den betroffenen Staaten beruht.

Artikel 50

(1) Dieses Übereinkommen ist nur aufMaßnahmen anzuwenden, die in einemStaat getroffen werden, nachdem dasÜbereinkommen für diesen Staat in Kraftgetreten ist.

(2) Dieses Übereinkommen ist auf dieAnerkennung und Vollstreckung von Maß-nahmen anzuwenden, die getroffen wur-

Drucksache 674/06 – 20 – Bundesrat

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the State where the measures have beentaken and the requested State.

3. The Convention shall apply from thetime of its entry into force in a ContractingState to powers of representation previously granted under conditionscorresponding to those set out in Art-icle 15.

Article 51

1. Any communication sent to the Cent-ral Authority or to another authority of aContracting State shall be in the originallanguage, and shall be accompanied by atranslation into the official language or oneof the official languages of the other Stateor, where that is not feasible, a translationinto French or English.

2. However, a Contracting State may,by making a reservation in accordancewith Article 56, object to the use of eitherFrench or English, but not both.

Article 52

The Secretary General of the HagueConference on Private International Lawshall at regular intervals convoke a SpecialCommission in order to review the practi-cal operation of the Convention.

Chapter VII

Final Clauses

Article 53

1. The Convention shall be open for sig-nature by the States which were Membersof the Hague Conference on Private Inter-national Law on 2 October 1999.

2. It shall be ratified, accepted orapproved and the instruments of ratifica-tion, acceptance or approval shall bedeposited with the Ministry of ForeignAffairs of the Kingdom of the Netherlands,depositary of the Convention.

Article 54

1. Any other State may accede to theConvention after it has entered into forcein accordance with Article 57, para-graph 1.

2. The instrument of accession shall bedeposited with the depositary.

3. Such accession shall have effect onlyas regards the relations between theacceding State and those ContractingStates which have not raised an objectionto its accession in the six months after thereceipt of the notification referred to insub-paragraph b) of Article 59. Such anobjection may also be raised by States at

les rapports entre l’Etat où les mesures ontété prises et l’Etat requis.

3. La Convention s’applique à compterde son entrée en vigueur dans un Etatcontractant aux pouvoirs de représenta-tion conférés antérieurement dans desconditions correspondant à celles prévuesà l’article 15.

Article 51

1. Toute communication à l’Autoritécentrale ou à toute autre autorité d’un Etatcontractant est adressée dans la langueoriginale et accompagnée d’une traduc-tion dans la langue officielle ou l’une deslangues officielles de cet Etat ou, lorsquecette traduction est difficilement réalisa-ble, d’une traduction en français ou enanglais.

2. Toutefois, un Etat contractant pourra,en faisant une réserve conformément àl’article 56, s’opposer à l’utilisation soit dufrançais, soit de l’anglais.

Article 52

Le Secrétaire général de la Conférencede La Haye de droit international privéconvoque périodiquement une Commis-sion spéciale afin d’examiner le fonction-nement pratique de la Convention.

Chapitre VII

Clauses finales

Article 53

1. La Convention est ouverte à la signa-ture des Etats qui étaient Membres de laConférence de La Haye de droit internatio-nal privé le 2 octobre 1999.

2. Elle sera ratifiée, acceptée ouapprouvée et les instruments de ratifica-tion, d’acceptation ou d’approbationseront déposés auprès du Ministère desAffaires Etrangères du Royaume des Pays-Bas, dépositaire de la Convention.

Article 54

1. Tout autre Etat pourra adhérer à laConvention après son entrée en vigueur envertu de l’article 57, paragraphe 1.

2. L’instrument d’adhésion sera déposéauprès du dépositaire.

3. L’adhésion n’aura d’effet que dansles rapports entre l’Etat adhérant et lesEtats contractants qui n’auront pas élevéd’objection à son encontre dans les sixmois après la réception de la notificationprévue à l’article 59, lettre b). Une telleobjection pourra également être élevée partout Etat au moment d’une ratification,

den, nachdem es im Verhältnis zwischendem Staat, in dem die Maßnahmen getrof-fen wurden, und dem ersuchten Staat inKraft getreten ist.

(3) Dieses Übereinkommen ist ab demZeitpunkt seines Inkrafttretens in einemVertragsstaat auf die Vertretungsmachtanzuwenden, die zuvor unter Bedingungenerteilt wurde, die denen des Artikels 15entsprechen.

Artikel 51

(1) Mitteilungen an die Zentrale Behör-de oder eine andere Behörde eines Ver-tragsstaats werden in der Originalsprachezugesandt; sie müssen von einer Überset-zung in die Amtssprache oder eine derAmtssprachen des anderen Staates oder,wenn eine solche Übersetzung nur schwererhältlich ist, von einer Übersetzung insFranzösische oder Englische begleitetsein.

(2) Ein Vertragsstaat kann jedoch einenVorbehalt nach Artikel 56 anbringen unddarin gegen die Verwendung des Französi-schen oder Englischen, jedoch nicht bei-der Sprachen, Einspruch erheben.

Artikel 52

Der Generalsekretär der Haager Konfe-renz für Internationales Privatrecht beruftin regelmäßigen Abständen eine Spezial-kommission zur Prüfung der praktischenDurchführung dieses Übereinkommensein.

Kapitel VII

Schlussbestimmungen

Artikel 53

(1) Dieses Übereinkommen liegt für dieStaaten, die am 2. Oktober 1999 Mitgliedder Haager Konferenz für InternationalesPrivatrecht waren, zur Unterzeichnung auf.

(2) Es bedarf der Ratifikation, Annahmeoder Genehmigung; die Ratifikations-,Annahme- oder Genehmigungsurkundenwerden beim Ministerium für AuswärtigeAngelegenheiten des Königreichs der Nie-derlande, dem Verwahrer dieses Überein-kommens, hinterlegt.

Artikel 54

(1) Jeder andere Staat kann diesemÜbereinkommen beitreten, sobald es nachArtikel 57 Absatz 1 in Kraft getreten ist.

(2) Die Beitrittsurkunde wird beim Ver-wahrer hinterlegt.

(3) Der Beitritt wirkt nur im Verhältniszwischen dem beitretenden Staat und denVertragsstaaten, die innerhalb von sechsMonaten nach Eingang der in Artikel 59Buchstabe b vorgesehenen Notifikationkeinen Einspruch gegen den Beitritt erho-ben haben. Nach dem Beitritt kann einsolcher Einspruch auch von jedem Staat

Bundesrat – 21 – Drucksache 674/06

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the time when they ratify, accept orapprove the Convention after an acces-sion. Any such objection shall be notifiedto the depositary.

Article 55

1. If a State has two or more territorialunits in which different systems of law areapplicable in relation to matters dealt within this Convention, it may at the time of signature, ratification, acceptance,approval or accession declare that theConvention shall extend to all its territorialunits or only to one or more of them andmay modify this declaration by submittinganother declaration at any time.

2. Any such declaration shall be notifiedto the depositary and shall state expresslythe territorial units to which the Conventionapplies.

3. If a State makes no declaration underthis Article, the Convention is to extend toall territorial units of that State.

Article 56

1. Any State may, not later than the timeof ratification, acceptance, approval oraccession, or at the time of making a dec-laration in terms of Article 55, make thereservation provided for in Article 51, para-graph 2. No other reservation shall be per-mitted.

2. Any State may at any time withdrawthe reservation it has made. The with-drawal shall be notified to the depositary.

3. The reservation shall cease to haveeffect on the first day of the third calendarmonth after the notification referred to inthe preceding paragraph.

Article 57

1. The Convention shall enter into forceon the first day of the month following theexpiration of three months after thedeposit of the third instrument of ratifica-tion, acceptance or approval referred to inArticle 53.

2. Thereafter the Convention shall enterinto force –

a) for each State ratifying, accepting orapproving it subsequently, on the firstday of the month following the expira-tion of three months after the depositof its instrument of ratification, accept-ance, approval or accession;

b) for each State acceding, on the firstday of the month following the expira-tion of three months after the expira-tion of the period of six months provid-ed in Article 54, paragraph 3;

acceptation ou approbation de la Conven-tion, postérieure à l’adhésion. Ces objec-tions seront notifiées au dépositaire.

Article 55

1. Un Etat qui comprend deux ou plu-sieurs unités territoriales dans lesquellesdes systèmes de droit différents s’appli-quent aux matières régies par la présenteConvention pourra, au moment de la signa-ture, de la ratification, de l’acceptation, del’approbation ou de l’adhésion, déclarerque la Convention s’appliquera à toutes sesunités territoriales ou seulement à l’une ou àplusieurs d’entre elles, et pourra à toutmoment modifier cette déclaration en fai-sant une nouvelle déclaration.

2. Ces déclarations seront notifiées audépositaire et indiqueront expressémentles unités territoriales auxquelles laConvention s’applique.

3. Si un Etat ne fait pas de déclarationen vertu du présent article, la Conventions’appliquera à l’ensemble du territoire decet Etat.

Article 56

1. Tout Etat contractant pourra, au plustard au moment de la ratification, de l’ac-ceptation, de l’approbation ou de l’adhé-sion, ou au moment d’une déclaration faiteen vertu de l’article 55, faire la réserve pré-vue à l’article 51, paragraphe 2. Aucuneautre réserve ne sera admise.

2. Tout Etat pourra, à tout moment, reti-rer la réserve qu’il aura faite. Ce retrait seranotifié au dépositaire.

3. L’effet de la réserve cessera le pre-mier jour du troisième mois du calendrieraprès la notification mentionnée au para-graphe précédent.

Article 57

1. La Convention entrera en vigueur lepremier jour du mois suivant l’expirationd’une période de trois mois après le dépôtdu troisième instrument de ratification,d’acceptation ou d’approbation prévu parl’article 53.

2. Par la suite, la Convention entrera envigueur:

a) pour chaque Etat ratifiant, acceptantou approuvant postérieurement, le pre-mier jour du mois suivant l’expirationd’une période de trois mois après ledépôt de son instrument de ratifica-tion, d’acceptation, d’approbation oud’adhésion;

b) pour chaque Etat adhérant, le premierjour du mois suivant l’expiration d’unepériode de trois mois après l’expirationdu délai de six mois prévu à l’article 54,paragraphe 3;

in dem Zeitpunkt erhoben werden, in demer dieses Übereinkommen ratifiziert, an-nimmt oder genehmigt. Die Einsprüchewerden dem Verwahrer notifiziert.

Artikel 55

(1) Ein Staat, der aus zwei oder mehrGebietseinheiten besteht, in denen für diein diesem Übereinkommen behandeltenAngelegenheiten unterschiedliche Rechts-systeme gelten, kann bei der Unterzeich-nung, der Ratifikation, der Annahme, derGenehmigung oder dem Beitritt erklären,dass das Übereinkommen auf alle seineGebietseinheiten oder nur auf eine odermehrere davon erstreckt wird; er kanndiese Erklärung durch Abgabe einer neuenErklärung jederzeit ändern.

(2) Jede derartige Erklärung wird demVerwahrer unter ausdrücklicher Bezeich-nung der Gebietseinheiten notifiziert, aufdie dieses Übereinkommen angewendetwird.

(3) Gibt ein Staat keine Erklärung nachdiesem Artikel ab, so ist dieses Überein-kommen auf sein gesamtes Hoheitsgebietanzuwenden.

Artikel 56

(1) Jeder Staat kann spätestens bei derRatifikation, der Annahme, der Genehmi-gung oder dem Beitritt oder bei Abgabeeiner Erklärung nach Artikel 55 den in Arti-kel 51 Absatz 2 vorgesehenen Vorbehaltanbringen. Weitere Vorbehalte sind nichtzulässig.

(2) Jeder Staat kann den von ihm ange-brachten Vorbehalt jederzeit zurückneh-men. Die Rücknahme wird dem Verwahrernotifiziert.

(3) Die Wirkung des Vorbehalts endetam ersten Tag des dritten Kalendermonatsnach der in Absatz 2 genannten Notifikati-on.

Artikel 57

(1) Dieses Übereinkommen tritt am ers-ten Tag des Monats in Kraft, der auf einenZeitabschnitt von drei Monaten nach der in Artikel 53 vorgesehenen Hinterlegungder dritten Ratifikations-, Annahme- oderGenehmigungsurkunde folgt.

(2) Danach tritt dieses Übereinkommenin Kraft

a) für jeden Staat, der es später ratifiziert,annimmt oder genehmigt, am erstenTag des Monats, der auf einen Zeit-abschnitt von drei Monaten nach Hin-terlegung seiner Ratifikations-, Annah-me-, Genehmigungs- oder Beitrittsur-kunde folgt;

b) für jeden Staat, der ihm beitritt, am ers-ten Tag des Monats, der auf einen Zeit-abschnitt von drei Monaten nach Ablaufder in Artikel 54 Absatz 3 vorgesehenenFrist von sechs Monaten folgt;

Drucksache 674/06 – 22 – Bundesrat

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c) for a territorial unit to which the Con-vention has been extended in conform-ity with Article 55, on the first day of themonth following the expiration of threemonths after the notification referred toin that Article.

Article 58

1. A State Party to the Convention maydenounce it by a notification in writingaddressed to the depositary. The denunci-ation may be limited to certain territorialunits to which the Convention applies.

2. The denunciation takes effect on thefirst day of the month following the expira-tion of twelve months after the notificationis received by the depositary. Where alonger period for the denunciation to takeeffect is specified in the notification, thedenunciation takes effect upon the expira-tion of such longer period.

Article 59

The depositary shall notify the StatesMembers of the Hague Conference on Pri-vate International Law and the Stateswhich have acceded in accordance withArticle 54 of the following –

a) the signatures, ratifications, accept-ances and approvals referred to in Art-icle 53;

b) the accessions and objections raisedto accessions referred to in Article 54;

c) the date on which the Conventionenters into force in accordance withArticle 57;

d) the declarations referred to in Art-icle 32, paragraph 2, and Article 55;

e) the agreements referred to in Art-icle 37;

f ) the reservation referred to in Article 51,paragraph 2, and the withdrawalreferred to in Article 56, paragraph 2;

g) the denunciations referred to in Art-icle 58.

In witness whereof the undersigned,being duly authorised thereto, have signedthis Convention.

Done at The Hague, on 13 January 2000,in the English and French languages, bothtexts being equally authentic, in a singlecopy which shall be deposited in thearchives of the Government of the Kingdom of the Netherlands, and of whicha certified copy shall be sent, throughdiplomatic channels, to each of theStates Members of the Hague Conferenceon Private International Law on 2 October1999.

c) pour les unités territoriales auxquellesla Convention a été étendue conformé-ment à l’article 55, le premier jour dumois suivant l’expiration d’une périodede trois mois après la notification viséedans cet article.

Article 58

1. Tout Etat Partie à la Conventionpourra dénoncer celle-ci par une notifica-tion adressée par écrit au dépositaire. Ladénonciation pourra se limiter à certainesunités territoriales auxquelles s’applique laConvention.

2. La dénonciation prendra effet le pre-mier jour du mois suivant l’expiration d’unepériode de douze mois après la date deréception de la notification par le déposi-taire. Lorsqu’une période plus longue pourla prise d’effet de la dénonciation est spé-cifiée dans la notification, la dénonciationprendra effet à l’expiration de la période enquestion.

Article 59

Le dépositaire notifiera aux Etats mem-bres de la Conférence de La Haye de droitinternational privé, ainsi qu’aux Etats quiauront adhéré conformément aux disposi-tions de l’article 54:

a) les signatures, ratifications, accepta-tions et approbations visées à l’arti-cle 53;

b) les adhésions et les objections auxadhésions visées à l’article 54;

c) la date à laquelle la Convention entreraen vigueur conformément aux disposi-tions de l’article 57;

d) les déclarations mentionnées aux arti-cles 32, paragraphe 2, et 55;

e) les accords mentionnés à l’article 37;

f ) la réserve visée à l’article 51, paragra-phe 2, et son retrait prévu à l’article 56,paragraphe 2;

g) les dénonciations visées à l’article 58.

En foi de quoi, les soussignés, dûmentautorisés, ont signé la présente Conven-tion.

Fait à La Haye, le 13 Janvier 2000, en français et en anglais, les deux textes faisant également foi, en un seul exemplaire, qui sera déposé dans lesarchives du Gouvernement du Royaumedes Pays-Bas et dont une copie certifiéeconforme sera remise, par la voie diplomatique, à chacun des Etats membres de la Conférence de La Haye de droit international privé le 2 octobre 1999.

c) für die Gebietseinheiten, auf die esnach Artikel 55 erstreckt worden ist,am ersten Tag des Monats, der aufeinen Zeitabschnitt von drei Monatennach der in jenem Artikel vorgesehe-nen Notifikation folgt.

Artikel 58

(1) Jeder Vertragsstaat kann diesesÜbereinkommen durch eine an den Ver-wahrer gerichtete schriftliche Notifikationkündigen. Die Kündigung kann sich aufbestimmte Gebietseinheiten beschränken,auf die das Übereinkommen angewendetwird.

(2) Die Kündigung wird am ersten Tagdes Monats wirksam, der auf einen Zeitab-schnitt von zwölf Monaten nach Eingangder Notifikation beim Verwahrer folgt. Ist inder Notifikation für das Wirksamwerdender Kündigung ein längerer Zeitabschnittangegeben, so wird die Kündigung nachAblauf des entsprechenden Zeitabschnittswirksam.

Artikel 59

Der Verwahrer notifiziert den Mitglied-staaten der Haager Konferenz für Interna-tionales Privatrecht sowie den Staaten, dienach Artikel 54 beigetreten sind,

a) jede Unterzeichnung, Ratifikation,Annahme und Genehmigung nach Arti-kel 53;

b) jeden Beitritt und jeden Einspruchgegen einen Beitritt nach Artikel 54;

c) den Tag, an dem dieses Übereinkom-men nach Artikel 57 in Kraft tritt;

d) jede Erklärung nach Artikel 32 Ab-satz 2 und Artikel 55;

e) jede Vereinbarung nach Artikel 37;

f ) jeden Vorbehalt nach Artikel 51 Ab-satz 2 sowie jede Rücknahme einesVorbehalts nach Artikel 56 Absatz 2;

g) jede Kündigung nach Artikel 58.

Zu Urkund dessen haben die hierzugehörig befugten Unterzeichneten diesesÜbereinkommen unterschrieben.

Geschehen in Den Haag am 13. Januar2000 in französischer und englischer Spra-che, wobei jeder Wortlaut gleichermaßenverbindlich ist, in einer Urschrift, die imArchiv der Regierung des Königreichs derNiederlande hinterlegt und von der jedemStaat, der am 2. Oktober 1999 Mitglied derHaager Konferenz für Internationales Pri-vatrecht war, auf diplomatischem Weg einebeglaubigte Abschrift übermittelt wird.

Bundesrat – 23 – Drucksache 674/06

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A ) A l l g e m e i n e s

I. Zur Problematik des internationalen Erwachsenen-schutzes

1. In den Industrieländern steigt die Lebenserwartungder Bevölkerung seit Jahren stetig an. War im Jahr2001 nach Prognosen des Wirtschafts- und Sozialra-tes noch von 600 Millionen Personen, die älter alssechzig Jahre sind, auszugehen, so soll diese Zahl auf1,2 Milliarden im Jahr 2025 steigen. Hinsichtlich derAnzahl der Personen, die 80 Jahre oder älter sind,wird mit einem Anstieg von 50 Millionen auf 137 Millio-nen im Jahr 2025 gerechnet. Mit der höheren Lebens-erwartung nehmen zugleich altersbedingte Krankhei-ten zu. Außerdem steigen die Fälle, in denen für jünge-re Erwachsene bedingt durch Behinderung oder(Sucht-)Krankheit die Bestellung eines gesetzlichenVertreters erforderlich wird. So waren im Jahr 2003 inder Bundesrepublik Deutschland für 1 100 626 Men-schen rechtliche Betreuer bestellt und damit 5,08 %mehr als noch ein Jahr zuvor (Zahlen zusammenge-stellt bei Deinert, BtPrax 2004, 228).

Außerdem ist zu beobachten, dass Personen imRuhestand im Zuge der wachsenden Mobilität zuneh-mend ihren Lebensabend im Ausland verbringen. Soist es heute nicht mehr ungewöhnlich, dass sich imRuhestand befindliche Personen während der Winter-monate am Mittelmeer und den Rest des Jahres inihrem Heimatstaat aufhalten. Vor diesem Hintergrundist mit einem Anstieg von internationalen Betreuungs-fällen zu rechnen, die vereinheitlichte Schutzmaßnah-men für die Betroffenen erforderlich machen.

2. Ein Bedürfnis für die Schaffung international verbindli-cher Regelungen im Zusammenhang mit Schutzmaß-nahmen für hilfsbedürftige Erwachsene wurde bereitsAnfang des letzten Jahrhunderts erkannt und führtezum Abschluss des Haager Übereinkommens vom17. Juli 1905 über die Entmündigung und gleichartigeFürsorgemaßregeln. Das Übereinkommen trat am23. August 1992 für die Bundesrepublik Deutschlandaußer Kraft, da Deutschland mit Wirkung zum 1. Janu-ar 1992 das Rechtsinstitut der Betreuung einführte.Das Haager Übereinkommen galt nur unter Vertrags-staaten und folgte bei der Anordnung von Schutzmaß-nahmen noch dem Staatsangehörigkeitsprinzip.

Die Sechzehnte Tagung der Haager Konferenz fürInternationales Privatrecht sah im Oktober 1988 dieNotwendigkeit, nicht nur das Haager Minderjährigen-schutzübereinkommen vom 5. Oktober 1961 zu über-arbeiten, sondern dieses auch auf betreuungsbedürf-tige Erwachsene auszudehnen. Eine solche Initiativewurde auf der Achtzehnten Tagung im Jahr 1996beschlossen. Bei der Umsetzung des Beschlusseswurde sehr schnell deutlich, dass die Regelung desMinderjährigen- und des Erwachsenenschutzes ineinem Übereinkommen nicht praktikabel sein würde.Aus diesem Grund wurde nach Beendigung der Arbei-ten an dem Übereinkommen vom 19. Oktober 1996über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, dieAnerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit aufdem Gebiet der elterlichen Verantwortung und derMaßnahmen zum Schutz von Kindern (Kinderschutz-übereinkommen – KSÜ) eine Spezialkommission für

das Erwachsenenschutzübereinkommen ins Lebengerufen. In enger Anlehnung an das KSÜ verabschie-dete die Haager Konferenz am 2. Oktober 1999 dasErwachsenenschutzübereinkommen – ErwSÜ.

II. Grundzüge des geltenden internationalen Betreu-ungsrechts

1. Internationale Zuständigkeit

Die deutschen Gerichte sind für Betreuungssachengemäß § 69e Abs. 1 Satz 1, § 35b Abs. 1 des Geset-zes über die Angelegenheiten der freiwilligen Ge-richtsbarkeit (FGG) international zuständig, wenn derzu Betreuende Deutscher ist oder seinen gewöhnli-chen Aufenthalt im Inland hat. Die internationale Zu-ständigkeit der deutschen Gerichte ist außerdemgegeben, wenn der zu Betreuende der Fürsorge durchein deutsches Gericht bedarf (§ 69e Abs. 1 Satz 1,§ 35b Abs. 2 FGG). Diese Zuständigkeiten sind nach§ 69e Abs. 1 Satz 1, § 35b Abs. 3 FGG nicht aus-schließlich.

2. Anzuwendendes Recht

Bei internationalen Sachverhalten richtet sich dieFrage, welches Recht auf die Vormundschaft, Betreu-ung oder Pflegschaft Erwachsener anzuwenden ist,grundsätzlich nach Artikel 24 des Einführungsgeset-zes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB). Ledig-lich für deutsch-iranische Betreuungsfälle besteht mitdem Niederlassungsübereinkommen vom 17. Februar1929 zwischen dem Deutschen Reich und dem Kai-serreich Persien (RGBl. 1930 II S. 1006) ein vorrangi-ger Staatsvertrag (vgl. dazu Staudinger/Kropholler,BGB, 14. Bearbeitung 2002, Vorbem. zu Artikel 24EGBGB Rdnr. 8).

Soweit Artikel 24 EGBGB anwendbar ist, unterliegendie Entstehung, die Änderung und das Ende einer Vor-mundschaft, Betreuung oder Pflegschaft sowie derInhalt der gesetzlichen Vormundschaft und Pfleg-schaft gemäß Artikel 24 Abs. 1 Satz 1 EGBGB grund-sätzlich dem Recht des Staates, dem der Betroffeneangehört, also dem Heimatrecht. Abweichend hiervonkann das Vormundschaftsgericht gemäß Artikel 24Abs. 1 Satz 2 EGBGB für einen Ausländer mit Aufent-halt im Inland einen Betreuer nach deutschem Rechtbestellen. Für vorläufige Maßnahmen sowie den Inhaltder Betreuung und der angeordneten Vormundschaftund Pflegschaft ist das Recht des anordnenden Staa-tes maßgebend (Artikel 24 Abs. 3 EGBGB). In der Pra-xis kann nicht nur die Anwendung eines ausländi-schen Sachrechts selbst, sondern bereits die Ermitt-lung, welches Recht anwendbar ist, zu schwierigenRechtsfragen führen. Nach Artikel 4 Abs. 1 EGBGB istnämlich zunächst zu prüfen, ob das Heimatrecht dieVerweisung annimmt oder ob es auf ein anderesRecht weiter verweist oder auf das deutsche Rechtzurückverweist. Zu Abgrenzungsproblemen kann dieunterschiedliche Anknüpfung des Entstehens, derÄnderung und des Endes der Betreuung und Pfleg-schaft einerseits (Artikel 24 Abs. 1 EGBGB) und desInhalts der Betreuung (Artikel 24 Abs. 3 EGBGB)andererseits führen. Stimmen im Schrifttum forderndeshalb, dem Recht am gewöhnlichen Aufenthalt desBetroffenen einen größeren Anwendungsbereich ein-

Denkschrift zum Übereinkommen

Drucksache 674/06 – 24 – Bundesrat

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zuräumen (Staudinger/Kropholler, a. a. O., Artikel 24EGBGB Rdnr. 7 auch zu Folgendem). Begründet wirddiese Ansicht damit, dass am Aufenthaltsort regelmä-ßig der Lebensmittelpunkt liege und das Schutzbe-dürfnis entstehe sowie die Behörden tätig würden.

3. Anerkennung ausländischer Betreuungsentscheidun-gen

Die Bundesrepublik Deutschland ist weder durchGemeinschaftsrecht noch durch multilaterale Staats-verträge im Bereich der Betreuung für Erwachsene zueiner Anerkennung ausländischer Betreuungsmaß-nahmen verpflichtet. Im Regelfall sind auch die beste-henden bilateralen Abkommen im Bereich der freiwilli-gen Gerichtsbarkeit nicht anwendbar. Meist scheidetihre Anwendung bereits deshalb aus, weil nur kontra-diktorische Verfahren und keine einseitigen Fürsorge-verfahren erfasst sind.

Die Anerkennung einer ausländischen Maßnahme, dieder deutschen Betreuung vergleichbar ist, richtet sichnach § 16a FGG (vgl. Erman/Hohloch, BürgerlichesGesetzbuch, 11. Auflage, Münster 2004, Artikel 24EGBGB Rdnr. 19; Palandt/Heldrich, BürgerlichesGesetzbuch, 65. Auflage, München 2006, Artikel 24EGBGB Rdnr. 9; Staudinger/Kropholler, a. a. O., Arti-kel 24 EGBGB Rdnr. 131; Oelkers, InternationalesBetreuungsrecht, Frankfurt a. M. 1996, S. 274 ff.).Dabei regelt § 16a FGG kein besonderes Anerken-nungsverfahren, sondern bestimmt, unter welchenVoraussetzungen eine ausländische Entscheidungnicht anzuerkennen ist. Die Prüfung des § 16a FGGerfolgt in der Regel inzident.

III. Wesentlicher Inhalt des Übereinkommens

1. Entstehungsgeschichte und Zielsetzung des Überein-kommens

Ziel des Übereinkommens ist es, den Schutz vonbetreuungsbedürftigen Erwachsenen im internationa-len Bereich zu verbessern und die Zusammenarbeitder hierfür zuständigen Behörden zu verstärken. Durchinternational verbindliche und einheitliche Regelungenim Bereich des internationalen Verfahrensrechts unddes Internationalen Privatrechts sollen Konflikte derRechtssysteme der Vertragsstaaten und damit Verzö-gerungen bei der Anordnung und Vollstreckung vonSchutzmaßnahmen für schutzbedürftige Erwachsenevermieden werden. Das materielle Recht der Vertrags-staaten bleibt durch das Übereinkommen unberührt.

2. Anwendungsbereich (Kapitel I)

In personeller Hinsicht ist das ErwSÜ auf Erwachseneanzuwenden, die „aufgrund einer Beeinträchtigungoder Unzulänglichkeit ihrer persönlichen Fähigkeiten,nicht in der Lage sind, ihre Interessen zu schützen“.Unter dem Begriff des Erwachsenen versteht dasErwSÜ eine Person, die das 18. Lebensjahr vollendethat. Der Anwendungsbereich des ErwSÜ ist auf inter-nationale Sachverhalte beschränkt. Ein solcher Sach-verhalt liegt beispielsweise dann vor, wenn derErwachsene seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Aus-land hat oder ausländischer Staatsangehöriger ist.

Der sachliche Anwendungsbereich des ErwSÜ um-fasst Schutzmaßnahmen für hilfsbedürftige Erwach-sene. Zur Verdeutlichung werden in Artikel 3 ErwSÜexemplarisch sieben Schutzmaßnahmen genannt. So

gehören zu den vom ErwSÜ erfassten Schutzmaßnah-men die Vormundschaft und die Pflegschaft und ent-sprechende Einrichtungen (Artikel 3 Buchstabe cErwSÜ) und die Unterbringung eines Erwachsenen ineiner Einrichtung oder an einem anderen Ort, an demSchutz gewährt werden kann (Artikel 3 Buchstabe eErwSÜ), sowie die Erlaubnis eines bestimmten Ein-schreitens zum Schutz der Person oder ihres Vermö-gens (Artikel 3 Buchstabe g ErwSÜ). Im ErläuterndenBericht (Nr. 18) wird darauf hingewiesen, dass diedeutsche „Betreuung“ auf jeden Fall eine „Schutz-maßnahme“ im Sinne des Übereinkommens sei. Des-halb könne es auch dahinstehen, ob diese als eine„entsprechende Einrichtung“ im Sinne des Buchsta-bens c oder als ein „bestimmtes Einschreiten“ imSinne des Buchstabens g zu qualifizieren sei.

Demgegenüber werden in Artikel 4 ErwSÜ (abschlie-ßend) neun Rechtsmaterien aufgezählt, auf die dasErwSÜ nicht anwendbar ist. Ausgeschlossen vomAnwendungsbereich des ErwSÜ sind insbesondereUnterhaltspflichten (Artikel 4 Abs. 1 Buchstabe b) unddas Eingehen, die Ungültigerklärung und die Auflö-sung einer Ehe oder einer ähnlichen Beziehung sowiedie Trennung (Artikel 4 Abs. 1 Buchstabe b).

3. Zuständigkeit (Kapitel II)

Für Schutzmaßnahmen nach dem ErwSÜ sind primärdie Gerichte oder Behörden am gewöhnlichen Aufent-halt des hilfsbedürftigen Erwachsenen internationalzuständig (Artikel 5 Abs. 1 ErwSÜ). Verlegt die er-wachsene Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt ineinen anderen Vertragsstaat, so werden die Gerichteoder Behörden dieses Staates zuständig. Neben die-ser Primärzuständigkeit sieht das ErwSÜ zwei weiterekonkurrierende Zuständigkeiten vor, nämlich die derHeimatbehörden (Artikel 7 ErwSÜ) und der Behördendes Vertragsstaats, in dem sich Vermögen desErwachsenen befindet (Artikel 9 ErwSÜ). Für Eilmaß-nahmen ist jeder Staat international zuständig, in des-sen Hoheitsgebiet sich der Erwachsene oder ihmgehörendes Vermögen befindet (Artikel 10 ErwSÜ).

4. Anzuwendendes Recht (Kapitel III)

Die zuständigen Behörden wenden grundsätzlich ihreigenes Recht an, also das Recht am gewöhnlichenAufenthalt (Artikel 13 Abs. 1 ErwSÜ). Nur in Ausnah-mefällen erlaubt Artikel 13 Abs. 2 ErwSÜ die An-wendung oder Berücksichtigung des Rechts einesanderen Staates, zu dem der Sachverhalt eine engeVerbindung hat.

Außerdem enthält das ErwSÜ eine besondere An-knüpfungsregel für das auf Vorsorgevollmachtenanzuwendende Recht. Dabei handelt es sich gemäßArtikel 15 Abs. 1 ErwSÜ um eine Vertretungsmacht,die erst ausgeübt werden soll, wenn der Erwachsenenicht in der Lage ist, seine Interessen zu schützen.Eine solche Vollmacht ist auch im deutschen Betreu-ungsrecht zulässig und kann die Notwendigkeit für dieBestellung eines Betreuers entfallen lassen (§ 1896Abs. 2 Satz 2 BGB). Nach Artikel 15 Abs. 1 ErwSÜ istauf das Bestehen, den Umfang, die Änderung und dieBeendigung einer solchen Vorsorgevollmacht grund-sätzlich das Recht des Staates anzuwenden, in demdie erwachsene Person im Zeitpunkt der Bevollmäch-tigung ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Bundesrat – 25 – Drucksache 674/06

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5. Anerkennung und Vollstreckung (Kapitel IV)

Ausländische Entscheidungen eines Vertragsstaatswerden gemäß Artikel 22 Abs. 1 ErwSÜ in den ande-ren Vertragsstaaten grundsätzlich kraft Gesetzesanerkannt. Bei der Anerkennung sind die Anerken-nungsbehörden zum einen an die Tatsachenfeststel-lungen des entscheidenden Gerichts gebunden (Arti-kel 24 ErwSÜ). Zum anderen ist ihnen die Nachprü-fung der ausländischen Entscheidung in der Sacheuntersagt (Artikel 26 ErwSÜ). Die Anerkennung kannnur ausnahmsweise versagt werden, wenn einer der inArtikel 22 Abs. 2 ErwSÜ abschließend aufgezähltenVersagungsgründe vorliegt. Diese Anerkennungshin-dernisse stimmen fast vollständig mit den Anerken-nungshindernissen des § 16a FGG überein. Grund-sätzlich sind vollstreckbare Entscheidungen einesVertragsstaats in den anderen Vertragsstaaten zu voll-strecken. Hierzu werden sie auf Antrag für vollstreck-bar erklärt oder zur Vollstreckung registriert (Artikel 25Abs. 1 ErwSÜ). Die Vollstreckbarerklärung oder Registrierung darf nur dann versagt werden, wenn einAnerkennungshindernis nach Artikel 22 Abs. 2 ErwSÜvorliegt. Wie bei der Anerkennung ist eine Nachprü-fung in der Sache hierbei verboten. Für die Vollstreck-barerklärung oder Registrierung zur Vollstreckunghaben die Vertragsstaaten ein einfaches und schnellesVerfahren zur Verfügung zu stellen (Artikel 25 Abs. 2ErwSÜ). Ausländische Entscheidungen werden ge-mäß Artikel 27 ErwSÜ so vollstreckt, als wäre dieMaßnahme von einem inländischen Gericht getroffenworden.

6. Zusammenarbeit (Kapitel V)

Wesentlicher Bestandteil des ErwSÜ sind die Rege-lungen über die internationale Zusammenarbeit. Zudiesem Zweck ist jede Vertragspartei verpflichtet, eineZentrale Behörde zu benennen, welche die Aufgabennach dem ErwSÜ wahrnimmt (Artikel 28 Abs. 1ErwSÜ). Die Zentralen Behörden der Vertragsstaatensollen vor allem miteinander zusammenarbeiten unddie Zusammenarbeit der zuständigen Behörden ihrerStaaten fördern (Artikel 29 Abs. 1 ErwSÜ).

Daneben enthält Kapitel V allgemeine Verfahrensre-geln zur Übermittlung sensibler Informationen (Arti-kel 35 ErwSÜ) und Regelungen über die Kosten derinternationalen Zusammenarbeit (Artikel 36 ErwSÜ).

7. Allgemeine Bestimmungen und Schlussbestimmun-gen (Kapitel VI und VII)

Kapitel VI enthält allgemeine Bestimmungen, insbe-sondere über den Datenschutz und über die Legalisa-tion von Urkunden. In den Schlussbestimmungen(Kapitel VII) werden die Ratifikation, die zulässigenVorbehalte und das Inkrafttreten des Übereinkom-mens geregelt.

IV. Inkrafttreten des Übereinkommens

Das Erwachsenenschutzübereinkommen ist derzeit nochnicht in Kraft getreten. Hierzu bedarf es gemäß Artikel 57

ErwSÜ der Ratifikation durch drei Staaten. Das Vereinig-te Königreich hat das Übereinkommen beschränkt aufSchottland bereits ratifiziert. Neben Deutschland beab-sichtigen auch Frankreich und die Niederlande, die dasÜbereinkommen ebenfalls gezeichnet haben, dessenbaldige Ratifikation, damit das ErwSÜ in Kraft tretenkann.

B ) Z u d e n B e s t i m m u n g e n d e s Ü b e r e i n -k o m m e n s

1. Hinsichtlich der Entstehungsgeschichte des Überein-kommens und des Inhalts der einzelnen Vorschriftenwird auf den Erläuternden Bericht von Professor PaulLagarde Bezug genommen. Dieser Bericht ist vor-liegender Denkschrift in deutscher Übersetzung alsAnlage 2 beigefügt.

2. Das Übereinkommen sieht

– in Artikel 7 und 11 eine Verständigung zwischenBehörden aus verschiedenen Vertragsstaaten,

– in Artikel 8 das Ersuchen eines Vertragsstaats aneinen anderen,

– in Artikel 10 die Unterrichtung von Behörden einesVertragsstaats durch die Behörden eines anderenVertragsstaats und

– in Artikel 38 die Ausstellung einer Bescheinigungdurch die Behörden eines Vertragsstaats zur Benut-zung in einem anderen Vertragsstaat

vor.

Hierzu ist von der Haager Konferenz für Internationa-les Privatrecht die Verwendung von Formblätternempfohlen worden, die als Anlage 3 Bestandteil derDenkschrift werden.

3. Das Übereinkommen lässt nur in Artikel 51 Abs. 2 dieAnbringung eines Vorbehalts zu. Dieser betrifft dieMitteilungen an die Zentrale Behörde oder eine ande-re Behörde eines Vertragsstaats, die grundsätzlich inder Sprache der mitteilenden Stelle mit einer Überset-zung in die Amtssprache des anderen Staates zuübersenden sind. Ist eine solche Übersetzung schwererhältlich, kann der Mitteilung stattdessen eine Über-setzung in die englische oder französische Sprachebeigegeben werden. Der Vorbehalt nach Artikel 51Abs. 2 ErwSÜ erlaubt es einem Vertragsstaat, der Ver-wendung der französischen oder englischen Sprachezu widersprechen.

Deutschland sollte sich vorbehalten, dass Mitteilun-gen zurückgewiesen werden können, die lediglich voneiner französischen Übersetzung begleitet sind, vgl.Anlage 1. Von einer Beschränkung auf die englischeSprache sind insbesondere bei der Zentralen deut-schen Behörde (Bundesamt für Justiz) Verwaltungs-vereinfachungen und Kosteneinsparungen zu erwar-ten. Ein solcher Vorbehalt ist spätestens bei der Ratifi-kation einzulegen (Artikel 56 Abs. 1 ErwSÜ). Er kannjederzeit zurückgenommen werden (Artikel 56 Abs. 2ErwSÜ).

Drucksache 674/06 – 26 – Bundesrat

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Die in Aussicht genommene Erklärung gemäß Artikel 51 Abs. 2, Artikel 56 desÜbereinkommens hat folgenden Wortlaut:

„Die Bundesrepublik Deutschland legt gemäß Artikel 51 Abs. 2, Artikel 56 desÜbereinkommens einen Vorbehalt gegen die Verwendung der französischenSprache ein.“

Anlage 1 zur Denkschrift

Bundesrat – 27 – Drucksache 674/06

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Nr.

A l l g e m e i n e r R a h m e n , w e s e n t l i c h e A u s r i c h t u n g u n d G l i e d e r u n g d e s Ü b e r e i n k o m m e n s 3

Entstehungsgeschichte 3

Wesentliche Ausrichtung des Übereinkommens 4

K o m m e n t a r z u d e m Ü b e r e i n k o m m e n , A r t i k e l f ü r A r t i k e l 6

Überschrift des Übereinkommens und Präambel 6

K a p i t e l IA n w e n d u n g s b e r e i c h d e s Ü b e r e i n k o m m e n s 8

Artikel 1 (Ziel des Übereinkommens) 8Absatz 1 8Absatz 2 11Buchstabe a 12Buchstaben b und c 13Buchstaben d und e 14

Artikel 2 (Definition des Begriffs „Erwachsener“) 15

Artikel 3 (Aufzählung der Schutzmaßnahmen) 18Buchstabe a 20Buchstabe b 21Buchstabe c 22Buchstabe d 23Buchstabe e 24Buchstabe f 25Buchstabe g 26

Artikel 4 (Vom Anwendungsbereich des Übereinkommens ausgeschlossene Gebiete) 29

Absatz 1 32Buchstabe a (Unterhaltspflichten) 32Buchstabe b (Ehe) 33Buchstabe c (Güterstand der Ehe) 36Buchstabe d (Trusts und Erbschaften) 37Buchstabe e (Soziale Sicherheit) 39Buchstabe f (Gesundheit) 40Buchstabe g (Maßnahmen im Zusammenhang mit Straftaten) 43Buchstabe h (Asyl und Einwanderung) 44Buchstabe i (Öffentliche Sicherheit) 45Absatz 2 46

K a p i t e l I IZ u s t ä n d i g k e i t 47

Artikel 5 (Zuständigkeit der Behörden des gewöhnlichen Aufenthalts des Erwachsenen) 49

Absatz 1 49Absatz 2 50

Artikel 6 (Erwachsene, die Flüchtlinge, in ein anderes Land gelangt oder ohne gewöhnlichen Aufenthalt sind) 53

Absatz 1 54Absatz 2 55

Nr.

Artikel 7 (Subsidiäre konkurrierende Zuständigkeit der Behörden des Staates, dem der Erwachsene angehört) 56

Absatz 1 57Absatz 2 61Absatz 3 64

Artikel 8 (Übertragung der Zuständigkeit auf einen geeigneten Gerichtsstand) 65

Absatz 1 66Absatz 2 67Absatz 3 74

Artikel 9 (Zuständigkeit der Behörden des Staates, in dem sich Vermögen des Erwachsenen befindet) 75

Artikel 10 (Zuständigkeit in dringenden Fällen) 77Absatz 1 78Absatz 2 80Absatz 3 81Absatz 4 82

Artikel 11 (Auf ein Hoheitsgebiet beschränkte Maßnahmen vorübergehender Art zum Schutz der Person) 83

Absatz 1 83Absatz 2 85

Artikel 12 (Beibehaltung der Maßnahmen im Fall veränderter Umstände) 86

Schlussbemerkungen 89

K a p i t e l I I IA n z u w e n d e n d e s R e c h t 90

Artikel 13 (Auf Schutzmaßnahmen anzuwendendes Recht) 91

Absatz 1 91Absatz 2 92

Artikel 14 (Bedingungen für die Durchführung der Maßnahme) 93

Artikel 15 (Von dem Erwachsenen erteilte Vollmacht für den Fall der Handlungsunfähigkeit) 95

Absatz 1 95Absatz 2 102Absatz 3 106

Artikel 16 (Aufhebung oder Änderung der Vertretungsmacht) 108

Artikel 17 (Schutz Dritter) 109

Artikel 18 (Allseitige Geltung der Kollisionsnormen) 111

Artikel 19 (Ausschluss der Rück- und Weiterverweisung) 112

Artikel 20 (Zwingende Vorschriften) 113

Artikel 21 (Öffentliche Ordnung – ordre public) 114

Anlage 2 zur Denkschrift

Erläuternder Berichtzu dem Übereinkommen über den internationalen Schutz von Erwachsenen

(Übersetzung)

I n h a l t s v e r z e i c h n i s

Drucksache 674/06 – 28 – Bundesrat

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Nr.

K a p i t e l I VA n e r k e n n u n g u n d Vo l l s t r e c k u n g 115

Artikel 22 (Anerkennung und Gründe für die Versagung der Anerkennung) 116

Absatz 1 116Absatz 2 118Buchstabe a 119Buchstabe b 120Buchstabe c 121Buchstabe d 122Buchstabe e 123

Artikel 23 (Vorsorglicher Antrag auf Anerkennung oder Nichtanerkennung) 124

Artikel 24 (Tatsachenfeststellung zur Zuständigkeit) 125

Artikel 25 (Vollstreckbarerklärung) 126

Artikel 26 (Verbot einer Nachprüfung in der Sache selbst) 127

Artikel 27 (Vollstreckung) 128

K a p i t e l VZ u s a m m e n a r b e i t 129

Artikel 28 (Einrichtung einer Zentralen Behörde) 130

Artikel 29 (Allgemeine Verpflichtung zur Zusammenarbeit) 131

Artikel 30 (Mitteilungen, Ermittlung des Aufenthaltsorts) 132

Artikel 31 (Vermittlung) 133

Artikel 32 (Ersuchen um konkrete Informationen und Hilfe bei einem bestimmten Erwachsenen) 134

Absatz 1 134Absatz 2 136Absatz 3 137

Artikel 33 (Grenzüberschreitende Unterbringung) 138

Artikel 34 (Erwachsener in schwerer Gefahr) 140

Artikel 35 (Informationen, die eine Gefahr für den Erwachsenen beinhalten) 141

Artikel 36 (Kosten) 142

Artikel 37 (Vereinbarungen zwischen Vertragsstaaten) 143

K a p i t e l V IA l l g e m e i n e B e s t i m m u n g e n 144

Artikel 38 (Internationale Bescheinigung) 144

Artikel 39 (Schutz personenbezogener Daten) 148

Artikel 40 (Vertrauliche Behandlung der Informationen) 149

Artikel 41 (Befreiung von der Legalisation) 150

Artikel 42 (Bestimmung der Behörden) 151

Artikel 43 (Mitteilung der bestimmten Behörden und Erklärungen) 152

Artikel 44 bis 47 (Bundesstaatsklauseln) 153

Nr.

Artikel 44 (Nichtanwendung des Übereinkommens auf innerstaatliche Kollisionen) 154

Artikel 45 (Interterritoriale Kollisionen, allgemeine Vorschriften) 155

Artikel 46 (Interterritoriale Kollisionen, besondere Vorschriften für das anzuwendende Recht) 157

Artikel 47 (Interpersonale Kollisionen, anzuwendendes Recht) 158

Artikel 48 (Ablösung des Abkommens vom 17. Juli 1905) 159

Artikel 49 (Kollisionen mit anderen Übereinkommen) 160Absatz 1 161Absatz 2 162Absatz 3 163Absatz 4 165

Artikel 50 (Zeitliche Anwendung des Übereinkommens) 166

Artikel 51 (Sprache der Mitteilungen) 169

Artikel 52 (Prüfung der Durchführung des Übereinkommens) 170

K a p i t e l V I IS c h l u s s b e s t i m m u n g e n 171

Artikel 53 bis 55 (Schlussbestimmungen) 171

1 Das Übereinkommen über den internationalen Schutzvon Erwachsenen geht zurück auf den am 29. Mai 1993von den bei der Siebzehnten Tagung der Haager Konfe-renz für Internationales Privatrecht vertretenen Staatengefassten Beschluss,

„die Revision des Übereinkommens vom 5. Oktober1961 über die Zuständigkeit der Behörden und dasanzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzesvon Minderjährigen und die etwaige Ausdehnung desAnwendungsbereichs des neuen Übereinkommens aufden Schutz handlungsunfähiger Erwachsener auf dieTagesordnung der Achtzehnten Tagung zu setzen“1).

Die Achtzehnte Tagung der Konferenz hat die Hälfte die-ses Programms verwirklicht, indem sie das Übereinkom-men vom 19. Oktober 1996 über die Zuständigkeit, dasanzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckungund Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Ver-antwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kin-dern ausgearbeitet hat, jedoch fehlte ihr die Zeit, den Fallder Erwachsenen genau zu untersuchen. Daher hat sieim Anschluss an die Feststellung, „dass die Arbeitenüber die Ausarbeitung eines Übereinkommens über denSchutz von Erwachsenen“ nach der Annahme des Über-einkommens vom 19. Oktober 1996 „fortzusetzen sind“,und aufgrund der Erwägung, „dass eine oder mehrereweitere Tagungen einer Spezialkommission zur Annahmeeines Übereinkommens über den Schutz von Erwachse-nen führen sollten“, zu diesem Zweck eine Spezialkom-mission ins Leben gerufen und beschlossen, „dass derÜbereinkommensentwurf, den eine Spezialkommissionmit diplomatischem Charakter angenommen hat, in eine

1) Schlussakte der Siebzehnten Tagung, Abschnitt B Nr. 1.

Bundesrat – 29 – Drucksache 674/06

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Schlussakte aufgenommen wird, die den in dieser Kom-mission vertretenen Delegierten zur Unterzeichnung vor-gelegt wird“2).

2 In Durchführung dieses Beschlusses hat das StändigeBüro der Konferenz eine Spezialkommission eingesetzt,deren Arbeiten vom 14. bis 16. April 1997 von einerArbeitsgruppe unter dem Vorsitz von Herrn ProfessorStruycken, Vorsitzender der niederländischen Staats-kommission zur Kodifizierung des Internationalen Privat-rechts, in Den Haag vorbereitet wurden. Diese Arbeits-gruppe hatte zuvor ihr Einverständnis dazu erklärt, dassein kleiner Redaktionsausschuss, der am 13. und14. Juni 1997 in Den Haag zusammentrat, einen erstenTextentwurf verfasst, der als Arbeitsgrundlage für dieSpezialkommission dienen sollte. Die Spezialkommissi-on tagte vom 3. bis zum 12. September 1997 in DenHaag. Sie erarbeitete einen Vorentwurf eines Überein-kommens, der zusammen mit dem beigefügten Bericht3)als Diskussionsgrundlage für die Arbeiten der Spezial-kommission mit diplomatischem Charakter diente, dievom 20. September bis zum 2. Oktober 1999 in DenHaag zusammentrat. Neben den Delegierten aus 30 Mit-gliedstaaten der Konferenz haben Beobachter aus sechsweiteren Staaten, Beobachter von zwei zwischenstaatli-chen Organisationen sowie Beobachter von drei nicht-staatlichen Organisationen an der Verhandlung teilge-nommen.

In ihrer ersten Sitzung hat die diplomatische KommissionHerrn Eric Clive, Delegierter des Vereinigten Königreichs,als Vorsitzenden sowie Frau Gloria F. DeHart, Delegierteder Vereinigten Staaten von Amerika, Herrn AndreasBucher, Delegierter der Schweiz, und Herrn Kurt Siehr,Delegierter Deutschlands, die diese Ämter bereits in derSpezialkommission innehatten, sowie S. E. Herrn Anto-nio Boggiano, Delegierter Argentiniens, und S. E. HerrnHua, Delegierter der Volksrepublik China, als stellvertre-tende Vorsitzende bestimmt. Sie hat ferner Herrn P.Lagarde, Delegierter Frankreichs, in seinem Amt alsBerichterstatter bestätigt. Im Laufe der Tagung wurdenein Redaktionsausschuss unter dem Vorsitz von HerrnKurt Siehr, Delegierter Deutschlands4), eine mit der Prü-fung der Bundesstaatsklauseln beauftragte Gruppe unterdem Vorsitz von Frau Alegría Borrás, Delegierte Spa-niens5), sowie eine mit der Vorbereitung der Musterfor-mulare beauftragte Gruppe unter dem Vorsitz von FrauMarie-Odile Baur, Delegierte Frankreichs, gebildet. DieArbeiten der Spezialkommission mit diplomatischemCharakter wurden in hohem Maße durch die umfangrei-chen vorbereitenden Dokumente erleichtert, die denSachverständigen der Spezialkommission von 1997bereits vom Sekretariat der Konferenz zur Verfügung

gestellt wurden6).

Dieser Bericht behandelt das Übereinkommen über deninternationalen Schutz von Erwachsenen, das von denbei der Plenarsitzung vom 2. Oktober 1999 anwesendenMitgliedstaaten einstimmig angenommen wurde.

A l l g e m e i n e r R a h m e n , w e s e n t l i c h e A u s r i c h t u n g u n d

G l i e d e r u n g d e s Ü b e r e i n k o m m e n s

Entstehungsgeschichte

3 Zwar hat das Werk der Haager Konferenz für Interna-tionales Privatrecht auf dem Gebiet des Schutzes vonErwachsenen nicht dieselbe Bedeutung wie das, was sieauf dem Gebiet des Schutzes gefährdeter Kinder erreichthat, doch darf man das Erreichte nicht gering schätzen,und die Frage war häufig Gegenstand der Arbeiten. Vordem Ersten Weltkrieg hatte die Vierte Tagung das am17. Juli 1905 unterzeichnete Abkommen über die Ent-mündigung und gleichartige Fürsorgemaßregeln, dasimmer noch im Verhältnis zwischen Italien, Polen, Portu-gal und Rumänien in Kraft ist, angenommen. In der Zeitzwischen den beiden Weltkriegen formulierte die Sechs-te Tagung im Jahre 1928 bestimmte Vorschläge zurErgänzung des Abkommens7). Die bemerkenswerte Stu-die des damaligen Sekretärs des Ständigen Büros, Ber-nard Dutoit, aus dem Jahre 1967 (vgl. Fußnote 7) ließ aufein wiederauflebendes Interesse der Konferenz für die-ses Thema schließen, das tatsächlich im Jahre 1979 zwi-schen der Dreizehnten und Vierzehnten Tagung Gegen-stand eines unter den Mitgliedstaaten verteilten Frage-bogens war. Die Antworten8) ließen damals erkennen,dass praktische Probleme des Schutzes von Erwachse-nen auf internationaler Ebene nicht sehr häufig auftraten,und die Spezialkommission, die im Februar 1980 zwecksPrüfung des künftigen Programms der Konferenz zusam-mengetreten war, setzte es nicht auf die Tagesordnung.

Seitdem ist die Lebensdauer in den entwickelten Staatenstetig gestiegen mit der Folge eines Anstiegs von Krank-heiten im hohen Alter. Der Generalsekretär der Konferenzhat die vom Wirtschafts- und Sozialrat übermittelten Vor-hersagen berücksichtigt, nach denen die Zahl der Perso-nen, die älter als sechzig Jahre sind, von 600 Millionen imJahr 2001 auf 1,2 Milliarden im Jahr 2025 steigen wirdund die derzeit 50 Millionen betragende Zahl der Perso-nen, die 80 Jahre und älter sind, 2025 auf 137 Millionenansteigen wird. Das Bewusstsein hinsichtlich dieserProbleme hat in einigen Staaten bereits zu einer vollstän-digen Überarbeitung des innerstaatlichen Systems zum

2) Schlussakte der Siebzehnten Tagung, Abschnitt B Nr. 2.3) Der Vorentwurf und der Bericht von Paul Lagarde bilden das Vorberei-

tende Dokument Nr. 2 vom Juni 1998 für die Spezialkommission mitdiplomatischem Charakter.

4) Neben seinem Vorsitzenden, dem Berichterstatter und den Mitglie-dern des Ständigen Büros gehörten die nachstehenden Personendem Ausschuss an: Frau G. F. DeHart (Vereinigte Staaten) sowie dieHerren A. Bucher (Schweiz), S. Danielsen (Dänemark) und Ph. Lortie(Kanada), wobei dieser Frau Louise Lussier ersetzte, die Kanada beider Spezialkommission vertreten hatte.

5) In diesem Ausschuss waren ebenfalls die Delegationen der Vereinig-ten Staaten, Kanadas, Australiens, Mexikos und Deutschlands vertre-ten.

6) Anmerkung zum Schutz von handlungsunfähigen Erwachsenen vonHerrn Adair Dyer im September 1996 (Vorbereitendes DokumentNr. 14 für die Achtzehnte Tagung); Die geschützten Volljährigen imInternationalen Privatrecht und die notarielle Praxis, Studie von FrauMariel Revillard für die Arbeitsgruppe; Bericht der Fachgruppe desEuroparats über handlungsunfähige und andere verletzliche Erwach-sene) von Herrn Eric Clive auf Ersuchen des Europarats vom 21. Janu-ar 1997; Vorschlag der schweizerischen Delegation, der am Ende derAchtzehnten Tagung eingebracht wurde und fast wörtlich die Bestim-mungen des Übereinkommens vom 19. Oktober 1996 auf den FallErwachsener überträgt.

7) Akten, 1928, S. 421, zitiert von Dutoit, Der Schutz volljähriger, hand-lungsunfähiger Personen im Internationalen Privatrecht, Zeitschrift fürInternationales Privatrecht, 1967, 465, insb. 500 – 501.

8) Akten und Dokumente der Vierzehnten Tagung (1980), Band I, Ver-schiedenes, S. 114 – 147.

Drucksache 674/06 – 30 – Bundesrat

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Schutz von Erwachsenen, die an einer Beeinträchtigungoder Unzulänglichkeit ihrer persönlichen Fähigkeiten lei-den, geführt9). Die heutigen Bevölkerungsveränderungenund insbesondere die recht hohe Anzahl von Personen,die, wenn sie das Ruhestandsalter erreichen, beschlie-ßen, den letzten Abschnitt ihres Lebens in einem milde-ren Klima zu verbringen, haben bewirkt, dass Anwälteund insbesondere Notare verstärkt darauf bedacht sind,auf diesem Gebiet über feste Regeln des InternationalenPrivatrechts zu verfügen. Da die fraglichen Personen vorallem häufig über ein gewisses Vermögen verfügen,wurde die notarielle Praxis mit Problemen des Internatio-nalen Privatrechts konfrontiert, welche die Verwaltungoder Veräußerung von Vermögensgegenständen dieserPersonen oder die Auseinandersetzung des ihnen zufal-lenden Erbes betreffen.

Da einige neuere Kodifizierungen des Internationalen Pri-vatrechts besondere Regeln10) enthalten, entstand in demStreben nach internationaler Harmonie der Wunsch, eininternationales Übereinkommen über das InternationalePrivatrecht in dieser Frage auszuhandeln. Die Gelegen-heit, diese Idee aufzugreifen und mit der Arbeit zu begin-nen, bot sich mit dem 1993 auf der Siebzehnten Tagunggefassten Beschluss, das Übereinkommen vom 5. Okto-ber 1961 über die Zuständigkeit der Behörden und dasanzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes vonMinderjährigen zu überarbeiten. Da es sich zumindest intechnischer Hinsicht um verwandte Probleme handelt,war es sinnvoll, die Sachverständigen der Regierungenum die Prüfung der Frage zu bitten, ob die Lösungen, diesie für den Schutz von Kindern gefunden hatten, nicht mitden erforderlichen Anpassungen auf den Schutz vonErwachsenen Anwendung finden könnten.

Wesentliche Ausrichtung des Übereinkommens

4 Das Übereinkommen orientiert sich an der allgemei-nen Struktur des Übereinkommens vom 19. Oktober1996 und übernimmt in zahlreichen Punkten die gleichenLösungen. Dies ist nicht erstaunlich, da die beiden Über-einkommen im Wesentlichen von den gleichen Sachver-ständigen der Regierungen erarbeitet wurden, die – wiebereits erwähnt wurde – zu prüfen hatten, ob die Lösun-gen des Übereinkommens von 1996 auf den Schutz vonErwachsenen übertragen werden könnten.

Grundsätzlich standen sich bei den wichtigsten Diskus-sionen die Sachverständigen, die auf der Besonderheitdes Problems des internationalen Schutzes von Erwach-senen bestanden und nicht durch das Vorbild des Kin-derschutzübereinkommens gebunden sein wollten,einerseits und die Sachverständigen, die in der Überzeu-gung, dass sich die beiden Übereinkommen ergänzen,die Auffassung vertraten, dass man sich nur in Ausnah-

mefällen von dem Übereinkommen von 1996 entfernensolle, andererseits gegenüber. Am lebhaftesten wurdedie Diskussion über diese zwei Standpunkte bei derFrage der Zuständigkeit der Behörden. Der von der Spe-zialkommission erzielte Kompromiss wurde von derKommission mit diplomatischem Charakter nicht inFrage gestellt.

5 Wie das Übereinkommen von 1996 umfasst auch die-ses Übereinkommen die sieben folgenden Kapitel:Anwendungsbereich des Übereinkommens; Zuständig-keit; Anzuwendendes Recht; Anerkennung und Vollstre-ckung; Zusammenarbeit; Allgemeine Bestimmungen;Schlussbestimmungen.

Kapitel I (Artikel 1 bis 4) bestimmt das Ziel des Überein-kommens und die Personen, auf die es Anwendung fin-det, enthält eine beispielhafte, doch recht erschöpfendeAufzählung von Schutzmaßnahmen, die in den Bereichdes Übereinkommens fallen, und nennt erschöpfend dievon ihm ausgeschlossenen Bereiche.

Kapitel II über die Zuständigkeit (Artikel 5 bis 12) entferntsich etwas von dem Vorbild von 1996. Das wesentlicheMerkmal jenes Übereinkommens bestand in demWunsch, grundsätzlich jegliche Konkurrenz der Behör-den verschiedener Staaten beim Ergreifen von Maßnah-men zum Schutz der Person oder des Vermögens desKindes zu vermeiden und die Zuständigkeit zugunstender Behörden des Staates des gewöhnlichen Aufenthaltsdes Kindes zu zentralisieren. Einige Delegierte hättendieses System gern auf die Erwachsenen ausgedehnt.Dieses Anliegen schien hier indessen weniger zwingendzu sein. Einerseits ist es zwar wünschenswert, dass derSchutz des Erwachsenen von den Behörden des Staatesseines gewöhnlichen Aufenthalts sichergestellt werdenkann, andererseits ist aber auch zu bedenken, dass derErwachsene im Unterschied zu dem Kind, um das dieEltern streiten, im Allgemeinen nicht Gegenstand einerAuseinandersetzung zwischen Personen ist, die für sei-nen Schutz Sorge tragen wollen. Im Übrigen sollte dergute Wille einer jeden Person, die bereit wäre, diese Auf-gabe zu übernehmen, nicht allzu sehr beeinträchtigt wer-den. Hält sich diese Person nicht in demselben Staat wieder zu schützende Erwachsene auf, wäre es zweckmä-ßig, ihr zu gestatten, die ihrem Aufenthaltsort am nächs-ten gelegenen Behörden zu befassen, und sie sollte nichtgezwungen werden, in dem vielleicht weit entferntenStaat des gewöhnlichen Aufenthalts des Erwachsenentätig zu werden. Es wurde ebenfalls darauf hingewiesen,dass eine ausschließliche Zuständigkeit der Behördendes Staates des gewöhnlichen Aufenthalts des Erwach-senen seine persönliche Freiheit bedrohen könnte, vorallem dann, wenn er diesen gewöhnlichen Aufenthaltnicht selbst gewählt hat. Diese Überlegung spricht für dieZulassung einer konkurrierenden Zuständigkeit, zumin-dest der Behörden des Staates, dessen Staatsangehö-rigkeit der Erwachsene besitzt.

Kapitel II spiegelt die innerhalb der Spezialkommissiongefundenen Kompromisse wider. Artikel 5 erhält zwar diegrundsätzliche Zuständigkeit der Behörden des Staatesdes gewöhnlichen Aufenthalts des Erwachsenen auf-recht, doch weist Artikel 7 den Behörden des Staates,dem der Erwachsene angehört, eine konkurrierende,aber untergeordnete Zuständigkeit zu. Nach Artikel 8können die Behörden des Staates des gewöhnlichenAufenthalts des Erwachsenen im Hinblick auf das Wohl

9) Siehe insbesondere in Deutschland das Betreuungsgesetz vom12. September 1990, das am 1. Januar 1992 in Kraft getreten ist. DerDelegierte Griechenlands hat ein griechisches Gesetz von 1996erwähnt. Siehe ebenfalls die Empfehlung des Europarats Nr. R (99) 4vom 26. Februar 1999 zu den Grundsätzen des rechtlichen Schutzesvolljähriger handlungsunfähiger Personen.

10) Beispielsweise das schweizerische Gesetz vom 18. Dezember 1987,dessen Artikel 85 Absatz 2 das Haager Übereinkommen vom5. Oktober 1961 entsprechend auf Erwachsene ausdehnt. Sieheauch Artikel 3085 des Zivilgesetzbuchs Québecs vom 18. Dezember1991, der im Grundsatz die auf geschützte volljährige Personenanzuwendenden rechtlichen Regelungen dem Recht ihres Wohnsit-zes unterstellt, sowie Artikel 41 des tunesischen Gesetzes vom27. November 1998, welches die Vormundschaft für die entmündig-te Person seinem innerstaatlichen Recht unterstellt.

Bundesrat – 31 – Drucksache 674/06

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des Erwachsenen die Behörden anderer Staaten ersu-chen, Schutzmaßnahmen zu treffen. Artikel 9 weist denBehörden des Staates, in dem sich Vermögen desErwachsenen befindet, eine konkurrierende subsidiäreZuständigkeit zu. Die Artikel 10 und 11 entsprechen denArtikeln 11 und 12 des Kinderschutzübereinkommens fürdringende Fälle sowie für bestimmte auf ein Hoheitsge-biet beschränkte Maßnahmen vorübergehender Art.

Kapitel III über das anzuwendende Recht (Artikel 13bis 21) greift den Grundsatz des Übereinkommens von1996 auf, dem zufolge jede Behörde, die eine Schutz-maßnahme trifft, ihr innerstaatliches Recht anwendet(Artikel 13). Es bestimmt ebenfalls das auf die Vertre-tungsmacht, die ein Erwachsener erteilt, damit sie aus-geübt wird, wenn er nicht mehr in der Lage ist, seine Inte-ressen zu schützen, anzuwendende Recht (Artikel 15).

Kapitel IV (Artikel 22 bis 27) lehnt sich sehr eng an dasVorbild des Übereinkommens von 1996 an und enthälteine eingehende Regelung der Anerkennung und Voll-streckung von Schutzmaßnahmen in einem Vertrags-staat, die in einem anderen Vertragsstaat getroffen wur-den. Es unterscheidet eindeutig die Anerkennung, Voll-streckbarerklärung oder Registrierung zwecks Vollstre-ckung und die eigentliche Vollstreckung.

Kapitel V (Artikel 28 bis 37) führt einen Mechanismus fürdie Zusammenarbeit zwischen Vertragsstaaten ein, dersich ebenfalls sehr eng an das entsprechende Kapiteldes Übereinkommens von 1996 anlehnt. Dieser Mecha-nismus beruht, dem Beispiel zahlreicher anderer HaagerÜbereinkünfte folgend, auf der Einrichtung einer Zentra-len Behörde in jedem Vertragsstaat (Artikel 28), derenVerpflichtungen und Befugnisse in den nachfolgendenArtikeln festgelegt sind.

Kapitel VI (Artikel 38 bis 52) enthält die allgemeinenBestimmungen, welche die Durchführung des Überein-kommens und deren Prüfung erleichtern sowie die Ver-traulichkeit der im Einklang mit seinen Bestimmungengesammelten Daten und Informationen schützen sollen.Es regelt seine zeitliche Anwendung (Artikel 50), ver-sucht, Kollisionen mit anderen Übereinkommen zu ver-meiden (Artikel 48 und 49), und übernimmt entsprechenddie Artikel 46 bis 49 des Kinderschutzübereinkommens,die die Anwendung des Übereinkommens in Staaten mitverschiedenen Rechtssystemen betreffen (so genannteBundesstaatsklauseln, Artikel 44 bis 47).

Kapitel VII (Artikel 53 bis 59) enthält die üblichen proto-kollarischen Klauseln über Unterzeichnung, Inkrafttreten,Beitritt und Kündigung.

K o m m e n t a r z u d e m Ü b e r e i n k o m m e n , A r t i k e l f ü r A r t i k e l

Überschrift des Übereinkommens und Präambel

6 Die Überschrift „Übereinkommen über den internatio-nalen Schutz von Erwachsenen“ wurde dem sehr viellängeren Titel des Kinderschutzübereinkommens vor-gezogen. Da die Gefahr einer Verwechslung diesesÜbereinkommens mit einem früheren Übereinkommenfür Erwachsene nicht bestand, war es von Vorteil, demÜbereinkommen einen kurzen, ausdrucksstarken undleicht wiederzugebenden Titel zu geben.

7 Die ziemlich kurze Präambel betont die Bedeutung der

internationalen Zusammenarbeit für den Schutz vonErwachsenen sowie den Vorrang, der dem Wohl desErwachsenen und der Achtung seiner Würde und Selbst-bestimmung einzuräumen ist. Die Kommission hat sichkeine falschen Vorstellungen darüber gemacht, dass dasWohl des Erwachsenen bisweilen im Widerspruch zu sei-ner Selbstbestimmung stehen kann; indem sie jedochbeide Begriffe nennt, strebt sie einen Ausgleich zwischenihnen an.

Die Kommission hat den Vorschlag einiger Delegationenabgelehnt, in der Präambel auf weitere internationaleÜbereinkünfte Bezug zu nehmen, insbesondere auf diePakte der Vereinten Nationen über bürgerliche und politi-sche Rechte und über wirtschaftliche, soziale und kultu-relle Rechte. Mit dieser Haltung soll keineswegs dieBedeutung dieser Übereinkünfte herabgesetzt werden.Selbstverständlich sind die Grundrechte von schutzbe-dürftigen Erwachsenen ständig eine zentrale Sorge derKommission; im Laufe der Debatten wurden jedoch nieeinzelne Bestimmungen der angeführten Pakte erwähnt.

K a p i t e l I

A n w e n d u n g s b e r e i c h d e s Ü b e r e i n k o m m e n s

Artikel 1 (Ziel des Übereinkommens)11)

Absatz 1

8 Dieser Absatz, der in dem Übereinkommen von 1996keine Entsprechung hat, verdeutlicht von vornherein,dass der Schutz von bestimmten Erwachsenen Ziel desÜbereinkommens ist. Diese Schutzidee dient als Leitge-danke und Kriterium für die Festlegung des Anwen-dungsbereichs des Übereinkommens. Das bedeutet,dass – wie wir bei Artikel 4 sehen werden – eine von einerstaatlichen Behörde getroffene Maßnahme in den An-wendungsbereich des Übereinkommens fällt oder nicht,je nachdem, ob sie auf den Schutz dieser Erwachsenenausgerichtet ist oder nicht.

9 Absatz 1 legt fest, auf welche Erwachsene das Über-einkommen Anwendung findet. Es sind offensichtlichschutzbedürftige Erwachsene; um jedoch dieses Bedürf-nis zu verdeutlichen, hat die Spezialkommission bewusstauf den Gebrauch juristischer Ausdrücke, beispielsweise„Rechts-, Geschäfts- oder Handlungsunfähiger“ verzich-tet, da diese je nach dem in Betracht kommenden Rechtverschiedene Bedeutungen haben. Es wurde daher fürbesser erachtet, es bei einer faktischen Beschreibungdes schutzbedürftigen Erwachsenen bewenden zu las-sen.

Der Wortlaut berücksichtigt zwei Tatsachen. Die erste isteine „Beeinträchtigung oder […] Unzulänglichkeit [der]persönlichen Fähigkeiten“ des Erwachsenen. Das Über-einkommen findet daher keine Anwendung auf denSchutz von Erwachsenen, die Opfer äußerer Gewaltein-wirkung sind, z. B. misshandelte Ehefrauen. Der Schutzdieser Opfer erfolgt durch polizeiliche Maßnahmen imherkömmlichen und untechnischen Sinn des Wortes und

11) Die kursiv gedruckten Überschriften nach jedem kommentierten Arti-kel, die im Übereinkommen nicht enthalten sind, wurden vomBerichterstatter eingefügt, um seinen Bericht verständlicher zugestalten.

Drucksache 674/06 – 32 – Bundesrat

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nicht durch rechtliche Schutzmaßnahmen. Die Erwach-senen, die durch das Übereinkommen geschützt werdensollen, sind körperlich oder geistig Behinderte, die aneiner „Unzulänglichkeit“ ihrer persönlichen Fähigkeitenleiden, sowie häufig ältere Personen, die an einer Beein-trächtigung dieser Fähigkeiten leiden, insbesondere Alz-heimerpatienten. Die Kommission hat anerkannt, dassdiese Beeinträchtigung oder Unzulänglichkeit dauerhaftoder zeitweilig sein kann, von Belang ist lediglich, dasssie eine Schutzmaßnahme erforderlich macht; die Kom-mission hat jedoch diese Klarstellung im Wortlaut nichtgewünscht, um ihn nicht unnötig schwerfällig zu machen.

Die Frage wurde aufgeworfen, ob der Fall der Ver-schwendungssucht, die in einigen Rechtsordnungen zurGeschäftsunfähigkeit führen kann, unter diese Begriffefällt. Die Kommission vertrat die Auffassung, dass Ver-schwendungssucht als solche nicht in den Bereich desÜbereinkommens fällt. Zusammen mit anderen Faktorenkönnte sie jedoch eine Beeinträchtigung der persönli-chen Fähigkeiten des Erwachsenen aufzeigen, die eineSchutzmaßnahme im Sinne des Übereinkommens erfor-derlich macht.

10 Die Beeinträchtigung oder Unzulänglichkeit der per-sönlichen Fähigkeiten des Erwachsenen muss dergestaltsein, dass er nicht „in der Lage“ ist, seine „Interessen zuschützen“. Dieser zweite Teil der Definition ist im weiterenSinn zu verstehen. Der Wortlaut berücksichtigt nicht nurdie vermögensrechtlichen Interessen des Erwachsenen,die er aufgrund seines körperlichen oder geistigen Zu-stands nicht in angemessener Weise wahrnehmen könn-te, sondern allgemeiner gesehen sein persönliches odergesundheitliches Wohl. Wenn ein Erwachsener die per-sönlichen oder vermögensrechtlichen Interessen seinerAngehörigen, für die er verantwortlich ist, in schwerwie-gender Weise vernachlässigt, kann dies auch ein Zeichenfür die Beeinträchtigung seiner persönlichen Fähigkeitensein.

Die Kommission hat einen Vorschlag des VereinigtenKönigreichs abgelehnt, der auf die Verdeutlichung abziel-te, dass die Behinderung des Erwachsenen seine geisti-gen Fähigkeiten oder seine Kommunikationsfähigkeitenbeeinträchtigt12). In der Tat soll das Gericht nicht durchdie Art der Behinderung gebunden werden, erstes Krite-rium muss das Schutzbedürfnis bleiben, das sich aus derBehinderung ergibt.

Nach einem Vorschlag der Delegationen Chinas, Italiensund des Vereinigten Königreichs (ArbeitsdokumentNr. 95) legte die Kommission Wert auf die Klarstellung imWortlaut des Artikels 1 – wie bereits in der Präambel –,dass das Übereinkommen „bei internationalen Sachver-halten“ anzuwenden ist. Dies ist der Fall, wenn der Sach-verhalt mehr als einen Staat betrifft. Das Erforderniseines internationalen Charakters des Sachverhalts solleinen Staat mit mehreren Rechtssystemen nicht daranhindern, die Vorschriften des Übereinkommens auf reininnerstaatliche Kollisionsfälle anzuwenden, wie es Arti-kel 44 gestattet (siehe unten Nr. 154).

Absatz 2

11 Dieser Absatz beschreibt das Ziel des Übereinkom-mens und stellt in gewisser Weise ein Inhaltsverzeichnisdes Übereinkommens dar. Er ist mit dem entsprechen-

den Artikel des Übereinkommens von 1996 nahezu iden-tisch und verlangt daher die gleichen Kommentare.

Buchstabe a

12 Das Übereinkommen bestimmt den Staat, dessenBehörden zuständig sind, jedoch nicht die zuständigenBehörden selbst, bei denen es sich um Gerichte oderVerwaltungsbehörden handeln kann und die ihren Sitz andem einen oder anderen Ort im Hoheitsgebiet diesesStaates haben können. In der Ausdrucksweise des inter-nationalen Verfahrensrechts würde man sagen, dass dasÜbereinkommen die internationale Zuständigkeit, nichtaber die innerstaatliche Zuständigkeit bestimmt.

Bereits in diesem ersten Absatz stellt das Übereinkom-men klar, dass es sich mit dem Schutz der Person unddes Vermögens des Erwachsenen befasst. Diese Präzi-sierung ist bei Erwachsenen noch viel wichtiger als beiKindern, da der Schwächezustand eines Erwachsenenim Allgemeinen in einem Alter auftritt, in dem er über Ver-mögen verfügt, das verwaltet werden muss.

Buchstaben b und c

13 Diese beiden Buchstaben kündigen die Bestimmun-gen des Kapitels III über das anzuwendende Recht an.Dadurch, dass das Übereinkommen schon in Artikel 1die Bestimmung des auf die Vertretung des Erwachsenenanzuwendenden Rechts erwähnt, wird darauf hingewie-sen, dass es sich bei der diesbezüglichen Vorschrift (Arti-kel 13) um eine Kollisionsnorm und nicht um eine einfa-che Anerkennungsvorschrift handelt.

Buchstaben d und e

14 Diese beiden Buchstaben sind klar formuliert undbedürfen keiner weiteren Erläuterung. Sie kündigen dieKapitel IV (Anerkennung und Vollstreckung) und V (Zu-sammenarbeit) des Übereinkommens an.

Artikel 2 (Definition des Begriffs „Erwachsener“)

15 Ein Erwachsener wird durch Artikel 2 Absatz 1 als„eine Person, die das 18. Lebensjahr vollendet hat“, defi-niert.

Diese Untergrenze fällt selbstverständlich mit der Ober-grenze für die Anwendung des Kinderschutzübereinkom-mens zeitlich zusammen. Auf diese Weise sollen Proble-me in Bezug auf die Grenze zwischen dem persönlichenAnwendungsbereich der beiden Übereinkommen ver-mieden werden. Wenn beispielsweise in einem Vertrags-staat besondere Maßnahmen zum Schutz von Erwach-senen ab dem Alter von 16 Jahren getroffen werden kön-nen, wie dies erklärtermaßen in Schottland der Fall ist, soist das Übereinkommen von 1996 und nicht das Überein-kommen zum Schutz von Erwachsenen anzuwenden,wenn solche Maßnahmen hinsichtlich eines Minderjähri-gen unter 18 Jahren erwogen werden13).

Absatz 2 regelt den leicht unterschiedlichen Fall, in demdie zuständigen Behörden in Anwendung des Überein-kommens von 1996 die Maßnahmen getroffen haben, dieauf den Schutz eines behinderten Kindes abzielen, wobei

12) Arbeitsdokument Nr. 1, Protokoll Nr. 1, Nr. 23.

13) Die Kommission hat einen Änderungsantrag des Vereinigten König-reichs zurückgewiesen (Arbeitsdokument Nr. 2), der darauf abzielte,in diesem Fall den Minderjährigen als Volljährigen im Sinne desÜbereinkommens anzusehen.

Bundesrat – 33 – Drucksache 674/06

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sie vorsehen, dass diese Maßnahmen nach der Voll-jährigkeit des Kindes weiterhin durchgeführt werden14)oder mit seiner Volljährigkeit wirksam werden15). Sinndes Absatzes 2 ist, diese Maßnahmen dem Erwachse-nenschutzübereinkommen zu unterstellen, sobald derMinderjährige das 18. Lebensjahr vollendet hat. DieseBestimmung ist wichtig. Sie ermöglicht den Übergangvon einem Übereinkommen zum anderen ohne Unterbre-chung. Wäre sie nicht angenommen worden, hätten diewährend der Minderjährigkeit des Kindes aufgrund desÜbereinkommens von 1996 getroffenen Maßnahmennicht mehr in den anderen Vertragsstaaten aufgrundjenes, auf Personen über 18 Jahre nicht anzuwendendenÜbereinkommens anerkannt werden können, und siehätten auch nicht aufgrund des Erwachsenenschutz-übereinkommens anerkannt werden können, da sie vorVollendung des 18. Lebensjahrs getroffen wurden. Dankdes Artikels 2 Absatz 2 wird das neue ÜbereinkommenAnwendung auf die Anerkennung dieser früheren Maß-nahmen in den anderen Vertragsstaaten16) sowie ihreDurchführung finden, und es wird selbstverständlich dieBehörden bestimmen, die für die etwaige Aufhebungoder Änderung dieser Maßnahmen zuständig sind.

16 Was das Lebensende betrifft, kann man sich dieFrage stellen, ob das Übereinkommen auch noch nachdem Tod des geschützten Erwachsenen anzuwenden ist.Dies ist im Grundsatz zu verneinen. Daher kann dasÜbereinkommen nicht angewendet werden, um bei-spielsweise die Anerkennung einer Post-mortem-Vertre-tungsmacht des Erwachsenen zu gewährleisten. Gleich-wohl wäre die Anwendung einiger Bestimmungen desÜbereinkommens nach dem Tode insoweit denkbar, alssie sich auf Handlungen oder Maßnahmen beziehenwürde, die zu Lebzeiten des Erwachsenen, insbesondereim Hinblick auf seinen Tod getroffen wurden, wie etwa dieGestaltung seiner Beisetzung oder die Auflösung vonlaufenden Verträgen, insbesondere Mietverträgen.

17 Entsprechend dem Vorbild des Kinderschutzüberein-kommens von 1996 enthält das neue Übereinkommenkeine Bestimmung, die den Personenkreis, auf den esanzuwenden ist, geographisch beschränkt. Infolgedes-sen ändert sich der geographische Anwendungsbereichdes Übereinkommens mit jeder Bestimmung. Wenn eineVorschrift des Übereinkommens den Behörden amgewöhnlichen Aufenthalt eines Erwachsenen die Zu-ständigkeit überträgt, gilt sie für alle Erwachsenen, dieihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem Vertragsstaathaben17). Wenn eine Vorschrift des Übereinkommensden Behörden am Wohnsitz eines Erwachsenen dieZuständigkeit überträgt, gilt sie für alle Erwachsenen, dieihren Wohnsitz in einem Vertragsstaat haben. Wenn eine

Vorschrift des Übereinkommens eine Kollisionsnorm fürdie Vertretung des Erwachsenen aufstellt, ist dies – vor-behaltlich gegenteiliger Bestimmung – wie in allen neue-ren Haager Übereinkommen auf dem Gebiet des Interna-tionalen Privatrechts eine allseitige Kollisionsnorm, dieunabhängig von der Staatsangehörigkeit oder demWohnsitz für alle Erwachsenen gilt.

Artikel 3 (Aufzählung der Schutzmaßnahmen)

18 Wie Artikel 3 des Kinderschutzübereinkommens zähltdieser Artikel die Angelegenheiten auf, auf die sich dieMaßnahmen zum Schutz von Erwachsenen beziehenkönnen. Die Kommission hat dort, wo es erforderlich war,diese Aufzählung für die Erwachsenen angepasst, wobeisie sich so weit wie möglich an die frühere Fassung hielt,um nicht Anlass zu Argumenten e contrario zu geben.

Da sich die Schutzmaßnahmen von Rechtsordnung zuRechtsordnung unterscheiden, kann die Aufzählung indiesem Artikel nur beispielhaft sein. Sie bemüht sich den-noch, einen sehr umfassenden Bereich abzudecken, undbestimmte Elemente der Aufzählung können sich über-schneiden; dies ist jedoch unerheblich, weil sie alle dem-selben Regelungssystem unterliegen. Es ist müßig, sichzum Beispiel zu fragen, ob eine bestimmte Einrichtung,wie die deutsche Betreuung, eine „Schutzordnung“ imSinne des Buchstabens a, eine „entsprechende Einrich-tung“ im Sinne des Buchstabens c oder ein „bestimmtesEinschreiten“ im Sinne des Buchstabens g darstellt, dasie auf jeden Fall eine Schutzmaßnahme im Sinne desÜbereinkommens darstellt.

Möglicherweise sind einige der aufgezählten Maßnah-men in manchen Rechtsordnungen unbekannt. Diesbedeutet nicht, dass sie allen nach dem Übereinkommenzuständigen Behörden zur Verfügung stehen, sondernlediglich, dass sie von dieser Behörde getroffen werdenkönnen, wenn sie von dem nach dem Übereinkommenanzuwendenden Recht vorgesehen sind und in diesemFall in den Anwendungsbereich des Übereinkommensfallen.

19 Schließlich sei darauf hingewiesen, dass sich derWortlaut nur mit dem Schutz von Erwachsenen befasst,wenn hierfür Schutzmaßnahmen erforderlich sind oderwaren. Die Gültigkeit von Rechtsgeschäften, die voneiner Person getätigt wurden, deren persönliche Fähig-keiten beeinträchtigt sind, die jedoch nicht von einerSchutzmaßnahme betroffen ist, fällt nicht in den Anwen-dungsbereich des Übereinkommens. Diese Gültigkeitliegt in Wahrheit an der Grenze zwischen Fähigkeit undEinwilligung, somit gemäß den rechtlichen Regelungenan der Grenze zwischen Personalstatut und Rechtsge-schäft, die das künftige Übereinkommen nicht zu regelnbeabsichtigt.

Buchstabe a

20 In einigen, noch recht zahlreichen, Rechtssystemenbestimmt der Grad der Unzulänglichkeit oder Beein-trächtigung der persönlichen Fähigkeiten des Erwachse-nen den Grad der Geschäftsunfähigkeit und daher die Artder Schutzordnung, die auf ihn anzuwenden ist (Entmün-digung, Vormundschaft, Pflegschaft usw.). Die Entschei-dung, die den Erwachsenen in eine dieser Kategorieneinstuft, gilt als Schutzmaßnahme im Sinne des Überein-kommens.

14) Z. B. die verlängerte Minderjährigkeit nach Artikel 487bis des belgi-schen Zivilgesetzbuchs.

15) Z. B. die in Artikel 494 Absatz 2 des französischen Zivilgesetzbuchsvorgesehene vorzeitige Vormundschaft.

16) Die Tatsache, dass die Regeln für die Zuständigkeiten der Behördenin den beiden Übereinkommen nicht identisch sind, kann zur Folgehaben, dass eine von der zuständigen Behörde aufgrund des Über-einkommens von 1996 getroffene Maßnahme (z. B. von dem Schei-dungsgericht), die nach der Volljährigkeit des Kindes zu einer Verlän-gerung bestimmt ist, nach dem Erwachsenenschutzübereinkommennicht anerkannt werden kann (siehe unten Nr. 119 zu Artikel 22Absatz 2 Buchstabe a).

17) Zur Bedingung des gewöhnlichen Aufenthalts in einem Vertragsstaatin dem Fall, in dem das Übereinkommen den Behörden des Staates,dem der Erwachsene angehört, die Zuständigkeit überträgt, sieheunten Nr. 59 zu Artikel 7 Absatz 1.

Drucksache 674/06 – 34 – Bundesrat

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Die „Schutzordnung“, auf die sich dieser Buchstabebezieht, kann allgemein sein oder sich nur auf bestimmteHandlungen des Erwachsenen oder lediglich einenBereich seiner Tätigkeit beziehen, und die Unfähigkeit,von der er betroffen ist, kann eine nur teilweise Unfähig-keit sein. Der Wortlaut erwähnt nicht ausdrücklich denWiderruf der Handlungsunfähigkeit; es war jedoch dieeindeutige Absicht der Kommission, ihn in das Überein-kommen einzubeziehen und die Vertragsstaaten infolge-dessen zu verpflichten, einen solchen Widerruf ebenfallsanzuerkennen.

Buchstabe b

21 Für den Schutz des Erwachsenen ist nicht unbedingteine Erklärung der Geschäftsunfähigkeit erforderlich. DerErwachsene kann weiterhin seine Angelegenheitenregeln, sie ohne Beistand eines Dritten verwalten, jedoch„unter den Schutz eines Gerichts oder einer Verwal-tungsbehörde“ gestellt werden, das beziehungsweise diezum Beispiel bestimmte Rechtsgeschäfte des Erwachse-nen gegebenenfalls aufheben oder aufheben lassenkann. Dies ist insbesondere Gegenstand der französi-schen Einrichtung des „placement sous sauvegarde dejustice (Stellung unter gerichtliche Pflegschaft)“18).

Buchstabe c

22 Die Schutzmaßnahmen können sich auf die Vormund-schaft, die Pflegschaft oder andere entsprechende Ein-richtungen erstrecken. Dabei handelt es sich um Schutz-formen, die eingerichtet werden, wenn der Erwachseneseinem Zustand entsprechend fortdauernd vertreten oderaber einfach nur bei zivilrechtlichen Angelegenheitenunterstützt, überwacht oder beraten werden muss.

Buchstabe d

23 Die verwendeten Begriffe sind sehr weit gefasst. Die„Person oder Stelle, die für die Person oder das Vermö-gen des Erwachsenen verantwortlich ist, den Erwachse-nen vertritt oder ihm beisteht“, kann ein Vormund, einPfleger oder ein Betreuer, aber auch eine Person sein,welche die Vormundschaft in den Fällen ausübt, in denenes nicht erforderlich schien, eine vollständige Vormund-schaft19) einzurichten; es kann sich um einen Ergän-zungspfleger handeln, der ad hoc bestellt wird, um denErwachsenen in einem Verfahren im Fall einer Interessen-kollision mit dem gesetzlichen Vertreter zu vertreten, oderauch ein Pflege- oder Altenheim, das bei Abwesenheitdes gesetzlichen Vertreters aufgerufen ist, Entscheidun-gen über medizinische Maßnahmen zu treffen, usw.

Buchstabe e

24 Die Formulierung „Unterbringung des Erwachsenenin einer Einrichtung oder an einem anderen Ort, an demSchutz gewährt werden kann“ ist sehr weit gefasst undkann sowohl die Fälle, in denen diese Maßnahme ohnedie Einwilligung des Betroffenen und sogar gegen seinenWillen angeordnet wird, als auch die so genannte freiwil-lige Unterbringung ohne Einschränkung der Freiheit desBetroffenen abdecken. Einige Delegationen hätten dieStreichung dieses Buchstabens mit der Begründunggewünscht, dass die Unterbringung häufig von sozialen

oder medizinischen Erwägungen oder sogar Erwägun-gen der öffentlichen Ordnung (ordre public) bestimmt ist,die außerhalb des Übereinkommensbereichs bleibensollten. Die Beibehaltung dieses Buchstabens wurde mitgroßer Mehrheit beschlossen20), sowohl, weil die Unter-scheidung zwischen Privatrecht und öffentlichem Rechtauf dem Gebiet des Schutzes schwierig ist, als auch ausGründen des Gleichlaufes mit dem Kinderschutzüberein-kommen. Gleichwohl wurden Vorkehrungen getroffen,damit die Unterbringung nicht gegen den Willen derBehörden des Unterbringungsstaats erfolgt (Artikel 33,siehe unten Nr. 138).

Buchstabe f

25 Dieser Buchstabe ist für die Erwachsenen von großerpraktischer Bedeutung. Die Schutzmaßnahmen könnensich auf „die Verwaltung und Erhaltung des Vermögensdes Erwachsenen oder die Verfügung darüber“ erstre-cken. Diese sehr weit gefasste Formulierung umfasst alleVorgänge, die das Vermögen betreffen, insbesondere dieVeräußerung von Immobilien, die Verwaltung bewegli-cher Vermögenswerte, die Vermögensanlage und dieAuseinandersetzung des dem Erwachsenen zugefalle-nen Erbes.

Buchstabe g

26 Dieser Buchstabe umfasst die Fälle, in denen sichder Schutz auf „die Erlaubnis eines bestimmten Ein-schreitens“ beschränkt, beispielsweise für einen chirurgi-schen Eingriff oder für die Veräußerung eines Vermö-gensgegenstands.

27 Die Kommission hat bei der Aufzählung der Schutz-maßnahmen die in Artikel 3 Buchstabe f des Überein-kommens von 1996 genannte Maßnahme (behördlicheAufsicht über die Betreuung einer zu schützenden Per-son durch jede Person, die für sie verantwortlich ist)gestrichen, denn es konnte kein überzeugendes konkre-tes Beispiel für ihren Nutzen für Erwachsene angeführtwerden.

28 Es wurde die Frage gestellt, ob die Aufzählung derSchutzmaßnahmen nicht durch eine Bestimmung er-gänzt werden sollte, die vorsieht, dass die Entscheidung,keine Schutzmaßnahme zu treffen, ebenfalls als eineMaßnahme im Sinne des Übereinkommens anzusehenist21). Die Kommission hat es nicht für sachdienlich er-achtet, eine solche Bestimmung in den Wortlaut desÜbereinkommens einzufügen, jedoch die Folge, d. h. dieVerpflichtung für die Vertragsstaaten akzeptiert, eine sol-che von der zuständigen Behörde eines Vertragsstaatsgetroffene negative Entscheidung anzuerkennen22).

Artikel 4 (Vom Anwendungsbereich des Übereinkom-mens ausgeschlossene Gebiete)

29 Dieser Artikel zählt bestimmte Gebiete oder Fragenauf, die vom Anwendungsbereich des Übereinkommensausgeschlossen sind. Im Unterschied zu der Aufzählungin Artikel 3, die den Begriff „insbesondere“ enthält, istdiese Aufzählung erschöpfend. Jede Maßnahme zum

18) Artikel 491 ff. des französischen Zivilgesetzbuchs.19) Vgl. z. B. Artikel 499 des französischen Zivilgesetzbuchs.

20) Mit 11 gegen 2 Stimmen bei 8 Enthaltungen, siehe Protokoll Nr. 1,Nr. 66.

21) Siehe in diesem Sinne Arbeitsdokument Nr. 84 der japanischenDelegation.

22) Siehe z. B. Artikel 7 Absatz 3.

Bundesrat – 35 – Drucksache 674/06

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Schutz der Person oder des Vermögens eines Erwachse-nen, die nicht nach Artikel 3 ausgeschlossen ist, fällt inden Anwendungsbereich des Übereinkommens.

30 Allerdings ist sicherzustellen, dass sich die Maßnah-me ausdrücklich auf den Schutz des Erwachsenenbezieht, da sie andererseits, ohne dass dies der Erwäh-nung bedarf, nicht in den Anwendungsbereich des Über-einkommens fiele. Aus diesem Grund sind natürlich zumBeispiel alle Fragen vom Anwendungsbereich des Über-einkommens ausgeschlossen, welche die Staatsangehö-rigkeit des Erwachsenen oder die Zubilligung von Scha-densersatz zugunsten eines Erwachsenen in Anwendungder Haftpflichtvorschriften betreffen, mit Ausnahme derBestimmung der Person, die befugt ist, die zuerkanntenBeträge entgegenzunehmen und gegebenenfalls anzule-gen. Ebenso sollte das, was bisweilen als „Deliktsfähig-keit“ des behinderten Erwachsenen bezeichnet wird,d. h. seine Fähigkeit, die zivilrechtliche Haftung für einendurch eine schädigende Handlung von ihm tatsächlichangerichteten Schaden zu übernehmen, vom Anwen-dungsbereich des Übereinkommens ausgeschlossenwerden und unter die Kategorie der Haftung fallen. ImÜbrigen handelt es sich hierbei nicht um Maßnahmenzum Schutz eines Erwachsenen, der eine schädigendeHandlung begeht.

31 Die Ausschlüsse nach Artikel 4 haben unterschiedli-che Rechtfertigungsgründe. Bei einigen kommt zum Tra-gen, dass der ausgeschlossene Bereich bereits durchandere Übereinkünfte geregelt ist oder die Vorschriftendes Übereinkommens, insbesondere der Grundsatz,forum und ius nicht zu trennen, nicht geeignet sind. ImHinblick auf andere Ausschlüsse, die das öffentlicheRecht berühren, erschien es nicht möglich, die Zustän-digkeit der Vertragsstaaten auf Gebieten, die wesentlicheBelange (Strafrecht, Einwanderung) betreffen, durch einÜbereinkommen zu beschränken.

Absatz 1

Buchstabe a (Unterhaltspflichten)

32 Die beiden Haager Übereinkommen vom 2. Oktober1973 regeln das auf Unterhaltspflichten anzuwendendeRecht sowie die Anerkennung und Vollstreckung der ent-sprechenden Entscheidungen. Darüber hinaus regeln dieÜbereinkommen von Brüssel und Lugano zwischenStaaten der Europäischen Union und der EuropäischenFreihandelszone die unmittelbare Zuständigkeit in Bezugauf die Unterhaltspflicht sowie die Anerkennung und Voll-streckung. Das neue Übereinkommen wäre demnach aufdiesen Gebieten unnötig oder führte zu Widersprüchenzwischen verschiedenen Übereinkommen. Der Aus-schluss der Unterhaltspflichten drängte sich daher auf.

Buchstabe b (Ehe)

33 Der Ausschluss der Ehe ist durch die Sorge gerecht-fertigt, einen Widerspruch zu dem Übereinkommen vom14. März 1978 über die Eheschließung und die Anerken-nung der Gültigkeit von Ehen zu vermeiden. Artikel 11Nummer 4 dieses Übereinkommens gestattet es einemVertragsstaat, die Gültigkeit einer Ehe nicht anzuerken-nen, wenn nach seinem Recht einer der Ehegatten geis-tig nicht fähig war, seine Zustimmung zu erteilen. Die Ein-beziehung der Ehe in das neue Übereinkommen würdediesen Staat verpflichten, die Gültigkeit einer solchenEhe anzuerkennen, wenn sie infolge einer in Übereinstim-

mung mit dem Übereinkommen getroffenen Schutzmaß-nahme geschlossen worden wäre; dies stünde im Wider-spruch zu dem Übereinkommen von 1978.

Das Übereinkommen setzt der Ehe die „ähnlichen Bezie-hungen“ gleich, um sie aus seinem Anwendungsbereichauszuschließen. Ohne sie namentlich zu nennen, sollenmit diesem Ausdruck die amtlich anerkannten hetero-oder homosexuellen Bindungsformen gemeint sein, wiedie eingetragene Partnerschaft in den Rechtsvorschriftender skandinavischen Staaten oder der Niederlande oderder seitdem in das französische Recht eingeführte zivil-rechtliche Partnerschaftsvertrag („pacte civil de solidari-té“ – „PACS“)23).

34 Der Ausschluss betrifft das Eingehen der Verbindung,ihre Ungültigerklärung oder Auflösung sowie – lediglich inBezug auf die Ehe – die Trennung. Das Übereinkommenwird somit nicht auf die Frage Anwendung finden, obeine Person mit einer geistigen Behinderung eine Eheschließen darf oder nicht, und auch nicht auf die Frage,ob das spätere Auftreten oder die spätere Entdeckungeiner Behinderung eines der Ehegatten die Ungültiger-klärung oder Auflösung der Ehe begründen kann.

35 Dagegen findet das Übereinkommen Anwendung aufdie Wirkungen der Ehe und der ähnlichen Beziehung. DieKommission hat alle auf Ausschluss abzielenden Vor-schläge zurückgewiesen. In der Tat zeigte sich, dass allefür die Beziehungen zwischen Partnern maßgeblichenVorschriften und insbesondere die Vertretung zwischenPartnern unabhängig vom anwendbaren Güterstandinsoweit in das Übereinkommen einzubeziehen waren,als sie auf den Schutz des kranken Partners ausgerichtetsind. Im gegenteiligen Fall ergibt sich der Ausschluss ausArtikel 1 Absatz 1. Somit ist die richterliche Ermächti-gung, um die jemand ersuchen kann, um seinen Partner,der zur Äußerung seines Willens nicht imstande ist, zuvertreten (Artikel 219 des französischen Zivilgesetz-buchs), eine Schutzmaßnahme im Sinne des Überein-kommens, denn sie ist auf den kranken Partner ausge-richtet. Dagegen dient die Ermächtigung, um die dergesunde Partner das Gericht deshalb ersucht, um alleineine Handlung durchzuführen, für welche die Mitwirkungseines kranken Partners erforderlich wäre (Artikel 217des französischen Zivilgesetzbuchs), den Interessen desgesunden Partners oder der Familie, jedoch nicht denendes kranken Partners. Sie liegt somit außerhalb des inArtikel 1 Absatz 1 festgelegten Anwendungsbereichs desÜbereinkommens. Ebenso zielen die Vorschriften überdie Zuweisung der Familienwohnung nicht auf denSchutz des behinderten Partners ab und sind somit imGrundsatz vom Anwendungsbereich des Übereinkom-mens ausgeschlossen. Jedoch sollte die Entscheidung,mit der ein Gericht diese Vorschriften benutzt, um sie ineinem bestimmten Fall dem Schutz dieses Partners dien-lich zu machen, als eine Schutzmaßnahme im Sinne desÜbereinkommens angesehen werden.

Buchstabe c (Güterstand der Ehe)

36 Der Ausschluss des Güterstands der Ehe schienaufgrund des Übereinkommens vom 14. März 1978 über das auf den ehelichen Güterstand anzuwendende

23) Gesetz Nr. 99–944 vom 15. November 1999.

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Recht24) selbstverständlich zu sein. Im Streben nachÜbereinstimmung wird er auf „vergleichbare Regelungenfür ähnliche Beziehungen“ ausgedehnt.

Die Einbeziehung der Wirkungen der Ehe in das Überein-kommen sowie der Ausschluss des Güterstands der Ehewerden zu einem Qualifikationsproblem führen, das inden Rechtsordnungen, die diese beiden Kategorien un-terschiedlichen Anknüpfungspunkten unterstellen, wohlbekannt ist. Gleichwohl erscheint dieses Qualifikations-problem hier als sehr begrenzt, denn die dem Güterstandder Ehe unterstellten Vorschriften über die Vertretungzwischen Ehegatten sind theoretisch auf das Funktionie-ren des Güterstands ausgerichtet, während angenom-men werden darf, dass die auf den Schutz des krankenPartners abzielenden Vorschriften unter die Wirkungender Ehe fallen.

Buchstabe d (Trusts und Erbschaften)

37 Der Ausschluss der Trusts ist verständlich mit Blickauf die Sorge, dass das Übereinkommen nicht in dasEigentumsrecht und, ganz allgemein, das Sachenrechteingreifen soll. Ferner sind die Trusts betreffenden Fra-gen des Internationalen Privatrechts Gegenstand einesgesonderten Übereinkommens25).

Der Ausschluss ist eng auszulegen und auf die Vorschrif-ten über die Wirkungsweise des Trusts zu beschränken.Im Einzelfall hat der Ausschluss der Trusts etwa zurFolge, dass, sollte der Trustee versterben und seineNachfolge in der Gründungsurkunde nicht geregelt sein,die Bestellung eines anderen Trustee durch das Gerichtnicht als unter das Übereinkommen fallende Schutzmaß-nahme angesehen werden könnte26). Hingegen fällt dieBestellung des Vertreters des Erwachsenen, der befugtist, die Erträge aus dem Trust von dem Trustee einzuzie-hen oder im Namen des Erwachsenen das Vermögen desTrusts bei dessen Auflösung entgegenzunehmen, in denAnwendungsbereich des Übereinkommens, da es sichhierbei um eine Maßnahme zum Schutz des Erwachse-nen handelt. Im Übrigen lässt das Übereinkommen überTrusts die auf dem Gebiet des Schutzes Minderjährigerund Handlungsunfähiger zwingenden Bestimmungendes Rechts, auf das die Kollisionsnormen des Gerichts-stands verweisen, unberührt27).

38 Der umfassende Ausschluss der Erbschaften istebenfalls aus dem Kinderschutzübereinkommen über-nommen worden, um insbesondere jeglichen Wider-spruch zum Haager Übereinkommen vom 1. August1989 über das auf die Rechtsnachfolge von Todes wegenanzuwendende Recht zu verhindern.

Wenn beispielsweise nach dem Erbrecht ein erwachse-ner Erbe nur unter der Voraussetzung bestimmterSchutzmaßnahmen eine Erbschaft antreten oder aus-schlagen oder einen Erbvertrag abschließen kann, so fin-det das Übereinkommen keine Anwendung auf diese

Schutzmaßnahmen. Wenn das Erbrecht eine Mitwirkungdes gesetzlichen Vertreters des erwachsenen Erben vor-sieht, dürfte im äußersten Falle dieser Vertreter in Anwen-dung der Vorschriften des Übereinkommens bestimmtwerden.

Buchstabe e (Soziale Sicherheit)

39 Der Ausschluss der sozialen Sicherheit beruht auf derTatsache, dass die Leistungen von Einrichtungen er-bracht werden, deren Bestimmung von genauen An-knüpfungsmerkmalen abhängt, die den Arbeitsplatz oderden gewöhnlichen Aufenthalt der Sozialversichertenberücksichtigen und nicht zwangsläufig den Vorschriftendes Übereinkommens entsprechen. Hingegen fällt dieBestimmung des Vertreters des Erwachsenen, der zurEntgegennahme der Sozialversicherungsleistungen be-fugt ist, in den Anwendungsbereich des Übereinkom-mens, es sei denn, die Sozialversicherungsregelungensehen besondere Vorschriften vor.

Die Kommission hat einen Vorschlag der DelegationenDänemarks, Finnlands, Norwegens und Schwedensnicht übernommen, der auf die Ergänzung des Aus-schlusses der sozialen Sicherheit durch den Ausschlussder Sozialdienste28) abzielte, jedoch ist die eindeutigeAbsicht zum Ausdruck gebracht worden, dass der Begriffder sozialen Sicherheit im Sinne dieses Buchstabens imweiteren Sinne verstanden wird und über das hinaus-geht, was in den Rechtsvorschriften jedes Vertragsstaatsunter die soziale Sicherheit im engeren Sinne fällt.

Akzeptiert werden könnte, dass die Geldleistungen, dieals Ausgleich für fehlende Mittel bestimmt sind, odersogar bestimmte Sozialhilfesachleistungen ebenfalls ausdem Bereich des Übereinkommens ausgeschlossen wer-den. Dies würde bedeuten, dass jeder Staat entscheidenkönnte, sie in seinem Hoheitsgebiet nach seinen eigenenVorschriften jedem dort befindlichen behinderten Er-wachsenen zu gewähren, ohne dass er an die Zuständig-keitsregeln des Übereinkommens gebunden wäre undohne dass die anderen Vertragsstaaten zur Anerkennungdieser Entscheidungen und gegebenenfalls der Über-nahme ihrer Durchführung verpflichtet wären.

Buchstabe f (Gesundheit)

40 Das Erziehungs- und Gesundheitswesen ist nicht ins-gesamt von dem Übereinkommen ausgeschlossen; aufdiesem Gebiet sind nur öffentlich-rechtliche Maßnahmenallgemeiner Art – etwa im Hinblick auf Pflichtimpfungen –ausgenommen. Die Unterbringung eines bestimmtenErwachsenen in einer bestimmten Pflegeeinrichtung oderdie Entscheidung, ihn einem chirurgischen Eingriff zuunterziehen, stellen zum Beispiel Entscheidungen dar,die unter das Übereinkommen fallen.

41 Die Kommission ist erst nach sehr langen Debattenüber die Zweckmäßigkeit eines Ausschlusses medizini-scher und gesundheitlicher Fragen insgesamt zu dieserbereits von der Spezialkommission angenommenenLösung gelangt. Es wurde sogar eine besondere Arbeits-gruppe unter Vorsitz des Delegierten Australiens, HerrnNygh, eingesetzt, die versuchen sollte, eine Lösung zufinden, die für die größtmögliche Zahl von Delegationenannehmbar ist.

24) Ungeachtet dessen schließt dieses Übereinkommen die Frage derRechtsfähigkeit der Ehegatten aus seinem Anwendungsbereich aus(Artikel 1 Absatz 2 Nummer 3).

25) Haager Übereinkommen vom 1. Juli 1985 über das auf Trusts anzu-wendende Recht und über ihre Anerkennung.

26) Artikel 8 des Übereinkommens über Trusts schließt „die Ernennung,den Rücktritt und die Abberufung von Trustees, die Fähigkeit, alsTrustee zu handeln und die Übertragung der Aufgaben einesTrustee“ in den Bereich des auf Trusts anzuwendenden Rechts ein.

27) Artikel 15 Buchstabe a. 28) Arbeitsdokument Nr. 11, Protokoll Nr. 2, Nrn. 40 – 49.

Bundesrat – 37 – Drucksache 674/06

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Die von den Befürwortern des Ausschlusses medizini-scher Angelegenheiten angeführten Argumente lautetenwie folgt: Einige fürchteten, sie seien im Fall einer Einbe-ziehung verpflichtet, entgegen ihren Überzeugungenindividuelle Entscheidungen medizinischer Art anzuer-kennen, ja sogar zu vollstrecken, wie beispielsweiseMaßnahmen, mit denen eine Abtreibung oder die Sterili-sation behinderter erwachsener Personen angeordnetwird. Andere befürchteten eine Lähmung der Ärzteschaft,wenn der Arzt vor dem Verordnen einer Behandlung oderdem Durchführen eines Eingriffs auch außerhalb vonNotfällen verpflichtet wäre, von den zuständigen Behör-den eines anderen Vertragsstaats die erforderlichenGenehmigungen zu erlangen, um nicht haftbar zu wer-den. Andererseits machten die Gegner des Ausschlussesgeltend, dass das um die medizinische Problematik ver-kürzte Übereinkommen im Wesentlichen das Ziel, krankeund alte Menschen zu schützen, verfehlen und sich aufein Übereinkommen zum Schutz des VermögensErwachsener beschränken würde.

Im Verlauf dieser langen Debatten hat die Kommissionalternative Lösungen zum Ausschluss ins Auge gefasst,wie die Annahme besonderer Zuständigkeitsregeln fürden medizinischen Bereich. Die radikalste Lösung wäredabei gewesen, diesbezügliche Zustimmungs- und Ge-nehmigungsfragen an die Behörden zu verweisen undden Rechtsvorschriften des Staates zu unterwerfen, indem der Arzt praktiziert.

42 Schließlich gelang es der Kommission am letzten Tagihrer Arbeiten, eine von allen Delegationen akzeptierteLösung zu finden29). Sie hat alle auf den völligen oder teil-weisen Ausschluss medizinischer und gesundheitlicherFragen abzielende Vorschläge sowie deren Unterstellungunter eine besondere Zuständigkeitsregelung zurückge-wiesen. Sie war der Auffassung, dass zwar medizinischeHandlungen selbst, die in die Zuständigkeit der ärztli-chen Wissenschaft fallen und Werk der Ärzte sind, diekeine Behörden im Sinne des Übereinkommens sind,außerhalb des Übereinkommens liegen, ohne dass eseiner Klarstellung im Wortlaut bedürfte, die Rechtsfragender Vertretung eines Erwachsenen, die mit diesen medi-zinischen Handlungen verbunden sind (Erlaubnis oderBenennung eines gesetzlichen oder Ad-hoc-Vertreters),hingegen in das Übereinkommen einbezogen und des-sen allgemeinen Vorschriften zu unterstellen sind, ohneGegenstand abweichender Bestimmungen zu werden.Aus diesem Grund wird außer in Artikel 4 Absatz 1 Buch-stabe f im Übereinkommen kein Bezug auf medizinischeoder gesundheitliche Fragen genommen. In der Folgewerden in diesem Bericht die Zuständigkeitsregeln ange-geben, die im medizinischen Bereich am häufigstenAnwendung zu finden haben (Artikel 10 und 11), ohne dieTätigkeiten der Ärzteschaft zu lähmen. Zudem entspre-chen die Bestimmungen des Artikels 20 über die zwin-genden Vorschriften sowie des Artikels 22, welche dieNichtanerkennung einer der öffentlichen Ordnung (ordrepublic) oder einer zwingenden Vorschrift des ersuchtenStaates entgegenstehenden Maßnahme ermöglichen,den Besorgnissen der Staaten, die ursprünglich den Aus-schluss medizinischer Angelegenheiten aus dem Über-einkommen wünschten.

Buchstabe g (Maßnahmen im Zusammenhang mit Straf-taten)

43 Der Schutz von Erwachsenen ist Gegenstand desÜbereinkommens, nicht die strafrechtlichen Sanktionen.Es ist jedoch schwer, eine Trennlinie zu ziehen. Die Kom-mission hat darauf verzichtet, eine Unterscheidung zwi-schen Strafmaßnahmen und Erziehungsmaßregeln vor-zunehmen. Eine derartige Unterscheidung hätte heikleQualifikationsprobleme zur Folge gehabt. Darüber hinauswäre es bei nach den Kriterien des Strafrechts strafba-rem Verhalten (etwa bei Totschlag, Vergewaltigung oderbewaffnetem Überfall) nicht angebracht, dass der Staat,in dem die Straftat begangen worden ist, zwar nach demallgemeinen Recht die Strafgewalt ausüben, aber, wenner dies als angemessener erachten sollte, eine Maßnah-me der Unterbringung in einer spezialisierten Einrichtungnicht ergreifen oder eine anschließende medizinisch-soziale Betreuung30) nicht vorschreiben könnte, weil eraufgrund des Übereinkommens nicht zuständig wäre,Maßnahmen zum Schutz des Erwachsenen zu treffen.Der Ausschluss der Maßnahmen, die hinsichtlich der zuschützenden Person infolge ihrer Straftaten ergriffenwurden, aus dem Anwendungsbereich des Übereinkom-mens bringt die Absicht der Kommission zum Ausdruck,die Zuständigkeit der Vertragsstaaten, mit Maßnahmen,die sie als geeignet erachten – seien es Strafmaßnahmenoder Erziehungsmaßregeln –, auf solche Straftaten zureagieren, in keiner Weise zu beschränken.

Der Ausdruck „Maßnahmen, die hinsichtlich einer Personinfolge ihrer Straftaten ergriffen wurden“, bedeutet, dasslediglich die Maßnahmen vom Anwendungsbereich desÜbereinkommens ausgeschlossen sind, welche dieFolge von Straftaten sind, die von der zu schützendenPerson begangen wurden und diese betreffen, und nichtvon Dritten begangene Straftaten, die besondere Maß-nahmen zum Schutz von Erwachsenen rechtfertigenkönnten, auf die das Übereinkommen Anwendung findet.

Mit dem Gebrauch des Wortes „Person“ anstelle desWortes „Erwachsener“ wollte Buchstabe g die Kontinui-tät zum Kinderschutzübereinkommen wahren. Buchsta-be g findet in der Tat in dem Fall Anwendung, in dem dieStraftat von der zu schützenden Person zu einem Zeit-punkt begangen wurde, als diese noch minderjährig war,sofern die Maßnahme ergriffen wurde, nachdem derTäter das 18. Lebensjahr vollendet hat.

Für die Anwendung des Ausschlusses der unter Buch-stabe g genannten Maßnahmen ist es erforderlich undausreichend, dass die von der zu schützenden Personbegangene Handlung eine nach dem Strafrecht strafbareHandlung ist, wenn sie von irgendeiner Person begangenwurde. Der Wortlaut erfordert nicht, dass der Täter indem besonderen Fall strafrechtlich verfolgt wird. Es kannsein, dass seine krankhafte seelische Störung ihn vor sol-cher Strafverfolgung schützt.

Buchstabe h (Asyl und Einwanderung)

44 Dieser Absatz des Artikels 4 schließt „Entscheidun-gen über Asylrecht und Einwanderung“ von dem Über-einkommen aus, weil es sich hier um Entscheidungenhandelt, die der Hoheitsgewalt der Staaten unterliegen.Es sind lediglich die einschlägigen Entscheidungen, d. h.

30) In einigen neueren Rechtsordnungen vorgesehen, um dem Rückfallbei pädophilen Handlungen vorzubeugen.

29) Arbeitsdokument Nr. 114, das von zwanzig Delegationen vorgelegtwurde.

Drucksache 674/06 – 38 – Bundesrat

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die Asylgewährung oder die Aufenthaltsgenehmigung,ausgeschlossen. Dagegen fallen der Schutz und die Ver-tretung der Erwachsenen, die Asyl begehren oder umeine Aufenthaltsgenehmigung ersuchen, in den Anwen-dungsbereich des Übereinkommens. Ein Vorschlag derDelegation der Vereinigten Staaten (ArbeitsdokumentNr. 12), der auf den ausdrücklichen Ausschluss von Ent-scheidungen auf dem Gebiet der Staatsangehörigkeitaus dem Anwendungsbereich des Übereinkommens ab-zielte, wurde auf die Bemerkung hin zurückgezogen,dass dieser Ausschluss selbstverständlich sei, denn sol-che Entscheidungen sind keine Schutzmaßnahmen.

Buchstabe i (Öffentliche Sicherheit)

45 Dieser Ausschluss, der in Bezug auf das Überein-kommen von 1996 und den Vorentwurf der Spezialkom-mission neu ist, betrifft insbesondere die Maßnahmen zurUnterbringung von Erwachsenen, die aufgrund der geis-tigen Störungen, unter denen sie leiden, für Dritte zueiner Gefahr werden.

Einige Delegationen hätten aus dem Anwendungsbe-reich des Übereinkommens gerne alle aus psychiatri-schen Gründen getroffenen Zwangsunterbringungsmaß-nahmen ausgeschlossen, um Probleme im Stadium derAnerkennung und Vollstreckung zu vermeiden31). Es warjedoch schwierig, einen solchen Ausschluss mit demBegriff der Unterbringung in der in Artikel 3 Buchstabe eenthaltenen Aufzählung der Maßnahmen im Sinne desÜbereinkommens zu vereinbaren (siehe oben Nr. 24). Ausdiesem Grund haben diese Delegationen ihre Vorschlägegeändert, um nur die Zwangsunterbringungsmaßnahmenauszuschließen, die gefährliche Erwachsene betreffen32).Es ging dabei um den Gedanken, dass die auszuschlie-ßende Unterbringung diejenige ist, die mit dem – demZiel des Übereinkommens fremden – Ziel der öffentlichenSicherheit angeordnet wurde und nicht diejenige, die mitdem Ziel des Schutzes des Erwachsenen vorgeschriebenwurde. Da jedoch ein unter psychischen Störungen lei-dender Erwachsener auch sich selbst gefährlich werdenund eine Schutzeinweisung benötigen kann, erschien esvernünftiger, an dieser Stelle nicht mehr von Unterbrin-gung, sondern lediglich von öffentlicher Sicherheit zusprechen33). Der schließlich verabschiedete Wortlautbegrenzt den Ausschlussbereich spürbar. Lediglich die„Maßnahmen, die allein auf die Wahrung der öffentlichenSicherheit gerichtet sind“34), sind ausgeschlossen. Somitverbleibt eine Maßnahme der Zwangsunterbringung, diesowohl im Interesse der öffentlichen Sicherheit als auchim Interesse des Erwachsenen angeordnet wurde, imAnwendungsbereich des Übereinkommens.

Absatz 2

46 Dieser Absatz bewirkt die Begrenzung der Aus-schlüsse auf das streng erforderliche Maß, d. h. auf das,was unmittelbar unter die auf ausgeschlossene Bereicheanzuwendende Regelung fällt, jedoch nicht auf allgemei-ne Schutzmaßnahmen, die zu treffen sind, selbst wennsie in diese Bereiche eingreifen. So bedeutet der Aus-

schluss in Absatz 1 Buchstabe a, dass der Anspruch desErwachsenen auf Erlangung einer Unterhaltszahlungnicht unter das Übereinkommen fällt, aus Absatz 2 ergibtsich jedoch, dass das Übereinkommen auf die Bestim-mung der Person Anwendung findet, die im Namen desErwachsenen in dem Verfahren auftritt. Ebenso ist dieFrage, ob ein behinderter Erwachsener von seinemgesetzlichen Vertreter die Genehmigung zur Eheschlie-ßung erhalten soll, durch Absatz 1 Buchstabe b aus demBereich des Übereinkommens ausgeschlossen, jedochfällt die Bestimmung des gesetzlichen Vertreters, dergegebenenfalls neben anderen Aufgaben die Genehmi-gung für die Eheschließung zu erteilen hat, unter dasÜbereinkommen. Oder ein anderes Beispiel: Auch wenndie Staatsangehörigkeit selbst dem Anwendungsbereichdes Übereinkommens fremd ist, ohne dass ein ausdrück-licher Ausschluss erforderlich wäre35), und das Überein-kommen daher nicht auf das Bedürfnis des behindertenErwachsenen, sich bei der Stellung eines Antrags aufEinbürgerung unterstützen oder vertreten zu lassen,Anwendung findet, so ist doch die Bezeichnung der zuseiner Unterstützung oder Vertretung befugten Personeine Maßnahme, die in den Bereich des Übereinkom-mens fällt. Im Allgemeinen bewirkt Artikel 4, dass die Fra-gen dem Übereinkommen entzogen werden, die nachdem Internationalen Privatrecht der befassten Behördeunter die ausgeschlossene Kategorie fallen, wie bei-spielsweise Güterstände der Ehe oder Erbschaften; stelltsich jedoch in diesem Rahmen ein Vertretungsproblem,beispielsweise für den Abschluss eines Ehe- oder Erb-vertrags, so hat das Übereinkommen Anwendung zu fin-den.

So wie Absatz 2 gefasst ist, behält er die Anwendung desÜbereinkommens in den ausgeschlossenen Bereichennur in Bezug auf die „Berechtigung einer Person, als Ver-treter des Erwachsenen zu handeln“, vor. Die Befugnissedieses Vertreters fallen üblicherweise unter das Recht,das für den ausgeschlossenen Bereich maßgeblich ist.Untersagt beispielsweise das auf die dem Erwachsenenzufallende Erbschaft anzuwendende Recht seinem Ver-treter, die Erbschaft einfach anzunehmen36), so findetdieses Recht auf die Beschränkung der Befugnisse desVertreters Anwendung und nicht das Recht, das nachdem Übereinkommen auf die Bezeichnung dieses Vertre-ters anzuwenden war.

K a p i t e l I I

Z u s t ä n d i g k e i t

47 Dieses Kapitel ist das Ergebnis der Verbindung zwei-er Ansätze, die im Verlauf der Spezialkommission dieDelegationen gespalten hatten.

Dem ersten Ansatz nach war es im Interesse des Schut-zes des Erwachsenen und um den wenigen Personen,die bereit sind, sich um ihn zu kümmern, ein zugängli-ches Forum zu verschaffen, wünschenswert, ein Systemkonkurrierender Zuständigkeiten vorzusehen, ergänztdurch Bestimmungen über die Rechtshängigkeit, ummöglicherweise daraus entstehende Zuständigkeitskolli-sionen zu vermeiden. Hierdurch wären die Behörden des

31) Siehe die Arbeitsdokumente Nr. 4, 11 und 13 und die sehr knappeAbstimmung über das Arbeitsdokument Nr. 13 (Protokoll Nr. 2,Nr. 103).

32) Arbeitsdokument Nr. 60.33) Arbeitsdokument Nr. 52 und seine Annahme, Protokoll Nr. 8, Nr. 58.34) Arbeitsdokument Nr. 86 und seine Annahme, Protokoll Nr. 15, Nr. 50.

35) Siehe oben Nr. 44.36) Siehe z. B. Artikel 461 zusammen mit Artikel 495 des französischen

Zivilgesetzbuchs.

Bundesrat – 39 – Drucksache 674/06

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Staates des gewöhnlichen Aufenthalts des Erwachsenendenjenigen eines Staates, dem er angehört, gleichge-stellt worden, wenn nötig verstärkt durch eine zusätzlicheAnknüpfung (Belegenheit des Vermögens, früherer Auf-enthalt des Erwachsenen, Aufenthalt der Personen, diebereit sind, ihn zu betreuen), vielleicht auch den Behör-den des vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts, verstärktdurch die gleichen Merkmale. Außerdem wären dieBehörden des Staates, in dem sich Vermögen desErwachsenen befindet, dafür zuständig geworden, Maß-nahmen zum Schutz dieses Vermögens zu treffen.

Der zweite Ansatz wollte grundsätzlich wie das Überein-kommen von 1996 auf die Zuständigkeit der Behördendes Staates des gewöhnlichen Aufenthalts des Erwach-senen abstellen und die Zuständigkeit jeder anderenBehörde der Zustimmung dieser Behörden unterstellen,unabhängig davon, ob es sich hierbei um Behördeneines früheren gewöhnlichen Aufenthalts, des Staates,dem der Erwachsene angehört, der Belegenheit des Ver-mögens oder des gewöhnlichen Aufenthalts der Angehö-rigen handelt. Es war ebenfalls vorgeschlagen worden,dem Gerichtsstand, der von dem Erwachsenen selbstausdrücklich bezeichnet worden ist, und andernfalls demGerichtsstand des gewöhnlichen Aufenthalts oder einemvon diesem ermächtigten Gerichtsstand den Vorrang zugeben.

48 Es war der Spezialkommission gelungen, dieseGegensätze zu vereinen, und die grundlegende Strukturdes von ihr ausgearbeiteten Wortlauts wurde von derdiplomatischen Kommission beibehalten. Die Hauptzu-ständigkeit wird den Behörden des Staates des gewöhn-lichen Aufenthalts des Erwachsenen (Artikel 5) übertra-gen, eine konkurrierende, jedoch subsidiäre Zuständig-keit der Behörden des Staates, dem der Erwachseneangehört (Artikel 7) sowie eine gewisse Anzahl an er-gänzenden, jedoch der Zustimmung der Behörden desStaates des gewöhnlichen Aufenthalts unterliegendenZuständigkeiten (Artikel 8) werden ebenfalls anerkannt.Daneben wird die Zuständigkeit der Behörden des Staa-tes, in dem sich das Vermögen befindet, für das Ergreifenvon Schutzmaßnahmen hinsichtlich dieses Vermögenszugelassen (Artikel 9) sowie die Zuständigkeit der Behör-den des Staates, in dessen Hoheitsgebiet sich derErwachsene (Artikel 10 und 11) oder ihm gehörendesVermögen befindet (Artikel 10), für das Ergreifen vonMaßnahmen in dringenden Fällen (Artikel 10) oder Maß-nahmen vorübergehender Art oder örtlich beschränktenMaßnahmen zum Schutz der Person (Artikel 11).

Artikel 5 (Zuständigkeit der Behörden des gewöhnlichenAufenthalts des Erwachsenen)

Absatz 1

49 Dieser Absatz greift Artikel 5 Absatz 1 des Kinder-schutzübereinkommens Wort für Wort auf. Die grund-sätzliche Zuständigkeit der Behörden des Vertragsstaatsdes gewöhnlichen Aufenthalts des Erwachsenen hatkeine Schwierigkeiten hervorgerufen und wurde einstim-mig angenommen. Der Begriff des gewöhnlichen Aufent-halts, der trotz der erheblichen mit ihm verbundenenRechtswirkungen ein De-facto-Begriff bleiben soll, wurdenicht definiert. Jede in einem bestimmten Übereinkom-men enthaltene Begriffsbestimmung des gewöhnlichenAufenthalts, sei es in qualitativer oder quantitativer Hin-sicht, hätte den Nachteil, dass die Auslegung dieses

Begriffs in den anderen sehr zahlreichen Übereinkom-men, in denen dieser Ausdruck gebraucht wird, in Fragegestellt wird.

Absatz 2

50 In Anlehnung an das Kinderschutzübereinkommenhat die Kommission auch hier einstimmig angenommen,dass die Zuständigkeit bei einem Wechsel des gewöhnli-chen Aufenthalts des Erwachsenen in einen anderen Ver-tragsstaat auf die Behörden des Staates des neuengewöhnlichen Aufenthalts übergeht. Die Frage des Fort-bestands der in dem ersten Staat getroffenen Maßnah-men ist in Artikel 12 (siehe unten) geregelt.

Der Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts bedeutetzugleich den Verlust des vorherigen gewöhnlichen Auf-enthalts und den Erwerb eines neuen gewöhnlichen Auf-enthalts. Unter Umständen liegt ein gewisser Zeitraumdazwischen, jedoch kann der Erwerb dieses neuengewöhnlichen Aufenthalts einfach durch einen Umzugdes Erwachsenen auch unmittelbar erfolgen, wenn derUmzug in dem Zeitpunkt, in dem er stattfindet, als dauer-haft, wenn nicht sogar endgültig, angesehen wird. Fürdiese Sachfrage sind folglich die Behörden, die mit derdiesbezüglichen Entscheidung befasst sind, zuständig.

51 Die Kommission hat einige Fragen im Zusammen-hang mit dem Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts,die bei den Verhandlungen in Bezug auf das Kinder-schutzübereinkommen erörtert wurden, nicht erneut dis-kutiert. Sie hat somit stillschweigend die damals gefun-denen Lösungen angenommen. Daher ist bei einemWechsel des gewöhnlichen Aufenthalts des Erwachse-nen von einem in einen anderen Staat in einem Zeitpunkt,in dem die Behörden des ersten gewöhnlichen Aufent-halts mit einem Ersuchen um eine Schutzmaßnahmebefasst worden sind, die perpetuatio fori auszuschließen,insoweit als der Wechsel des gewöhnlichen Aufenthaltsden Behörden des vorherigen gewöhnlichen Aufenthaltsdie Zuständigkeit ipso facto entzieht und sie somitzwingt, sich für unzuständig zu erklären37).

52 Artikel 5 setzt voraus, dass der Erwachsene seinengewöhnlichen Aufenthalt in einem Vertragsstaat hat. Beieinem Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts von einemVertragsstaat in einen Nichtvertragsstaat ist Artikel 5 abdem Zeitpunkt des Aufenthaltswechsels nicht mehranzuwenden, und nichts spricht dagegen, dass die be-fasste Behörde des Vertragsstaats des ersten gewöhnli-chen Aufenthalts aufgrund ihres innerstaatlichen Verfah-rensrechts ihre Zuständigkeit behält, jedoch sind dieanderen Vertragsstaaten nicht durch das Übereinkom-men verpflichtet, die von dieser Behörde getroffenenMaßnahmen anzuerkennen38).

Artikel 6 (Erwachsene, die Flüchtlinge, in ein anderesLand gelangt oder ohne gewöhnlichen Aufenthalt sind)

53 Dieser Artikel ist mit Artikel 6 des Kinderschutzüber-einkommens identisch und verlangt daher die gleichenKommentare.

37) Siehe den Erläuternden Bericht zum Kinderschutzübereinkommen,Nr. 42.

38) Für das Kinderschutzübereinkommen angenommene Lösung, sieheNr. 30 des Berichts.

Drucksache 674/06 – 40 – Bundesrat

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Absatz 1

54 Die in diesem Absatz bezeichneten Erwachsenenbedürfen, auch außerhalb von dringenden Fällen, einesauf Dauer geregelten Schutzes. Sie können sich z. B.genötigt sehen, Asyl zu beantragen oder Vermögensge-genstände zu veräußern, die sie in dem Staat, in dem sieanwesend sind, besitzen. In diesem Fall ist ihr Schutz zuorganisieren, wobei die normale im Übereinkommen denBehörden des Staates des gewöhnlichen Aufenthaltsverliehene Zuständigkeit sich hier als unwirksam erweist,weil diese Erwachsenen vermutlich jegliche Verbindungzum Staat ihres früheren gewöhnlichen Aufenthaltsabgebrochen haben und der unsichere Status ihres Auf-enthalts im Staat ihrer vorübergehenden Aufnahme dieSchlussfolgerung nicht zulässt, sie hätten dort einengewöhnlichen Aufenthalt erworben. Die einfachsteLösung bestand daher wie bei den Kindern darin, dienormalerweise den Behörden des Staates des gewöhnli-chen Aufenthalts der Erwachsenen zugewiesene allge-meine Zuständigkeit in solchen Fällen den Behörden desStaates zu übertragen, in dessen Hoheitsgebiet dieseErwachsenen sich befinden.

Absatz 2

55 Dieser Absatz erstreckt die Lösung nach Absatz 1„auf Erwachsene, deren gewöhnlicher Aufenthalt nichtfestgestellt werden kann“. Die Zuständigkeit im Staat desschlichten Aufenthalts spielt hier die Rolle einer Not-zuständigkeit. Sie muss entfallen, wenn der Nachweiserbracht ist, dass der Erwachsene irgendwo einengewöhnlichen Aufenthalt hat. Befindet sich dieser ge-wöhnliche Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Vertrags-staats, sind die Behörden dieses Staates nunmehrzuständig. Befindet er sich in einem Nichtvertragsstaat,steht den Behörden des Staates, in dessen Hoheitsge-biet der Erwachsene sich befindet, nach dem Überein-kommen nur die ihnen nach den Artikeln 10 und 11 ver-liehene begrenzte Zuständigkeit zu (siehe unten undauch Nr. 89).

Der Fall, auf den dieser Wortlaut anzuwenden ist, mussdeutlich von dem Fall des Wechsels des gewöhnlichenAufenthalts nach Artikel 5 Absatz 2 unterschieden wer-den. Bei einem Wechsel des gewöhnlichen Aufenthaltsvon einem Staat in einen anderen behalten die Behördendes früheren gewöhnlichen Aufenthalts ihre Zuständig-keit, solange der Erwachsene keinen gewöhnlichen Auf-enthalt in dem Staat, in den er umgezogen ist, erworbenhat. Artikel 6 Absatz 2 soll nicht dazu benutzt werden,um den Behörden dieses letztgenannten Staates unver-züglich eine allgemeine Zuständigkeit zu verleihen mitder Begründung, dass der Erwachsene seinen früherengewöhnlichen Aufenthalt verloren habe, ohne wiedereinen neuen erworben zu haben. Diese falsche Ausle-gung wäre besonders gefährlich, wenn der Wechsel desAufenthalts des Erwachsenen ohne seine Zustimmungbeschlossen wurde. Sie würde in der Tat den Behördendes gewöhnlichen Aufenthalts des Erwachsenen vor sei-ner Verbringung jede Möglichkeit nehmen, den Erwach-senen wieder zurückzuführen, und zwar aufgrund desVorrangs, den Artikel 7 Absätze 2 und 3 der Zuständig-keit und den Maßnahmen der Behörden des Staates, inden der Erwachsene verbracht worden ist, zuerkennen.Eine angemessene Wartezeit ist somit erforderlich, bevorArtikel 6 Absatz 2 greifen kann, um die Gewissheit zu

haben, dass der ordnungsgemäß begründete früheregewöhnliche Aufenthalt endgültig aufgegeben wurde.

Artikel 7 (Subsidiäre konkurrierende Zuständigkeit derBehörden des Staates, dem der Erwachsene angehört)

56 Dieser Artikel ist der erste und wesentliche Bestand-teil des weiter oben dargelegten Kompromisses zwi-schen den Anhängern gleichrangiger konkurrierenderZuständigkeiten und den Anhängern von Zuständigkei-ten, die vollständig jener der Behörden des Staates desgewöhnlichen Aufenthalts des Erwachsenen nachgeord-net sind39). Absatz 1 stellt den Grundsatz der konkurrie-renden Zuständigkeit der Behörden des Staates, demder Erwachsene angehört, auf und legt die Bedingungendafür fest. Die Absätze 2 und 3 bestimmen deren Subsi-diarität.

Absatz 1

57 Bei den Behörden, denen dieser Absatz eine Zustän-digkeit verleiht, handelt es sich um die Behörden „einesVertragsstaats, dem der Erwachsene angehört“. Die Ver-wendung des unbestimmten Artikels verdeutlicht, dass indem Fall, in dem der Erwachsene mehrere Staatsange-hörigkeiten besäße, die Zuständigkeit den Behördeneines jeden Staates, dem er angehört, gleichzeitig verlie-hen würde.

Die Zuständigkeit des (oder eines) Staates, dem derErwachsene angehört, kommt zum Tragen, ohne dassein weiterer Anknüpfungspunkt, wie beispielsweise derfrühere Aufenthalt des Erwachsenen, der Aufenthalt vonAngehörigen oder die Belegenheit von Vermögen, erfor-derlich ist, und ohne dass die Behörden des Staates desgewöhnlichen Aufenthalts des Erwachsenen um irgend-eine Genehmigung zu ersuchen sind. Es handelt sich ein-deutig um eine konkurrierende Zuständigkeit.

Diese Zuständigkeit ist allgemeiner Natur, wie die derBehörden des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts,und kann sich auf die Maßnahmen zum Schutz der Per-son oder des Vermögens des Erwachsenen beziehen.

58 Sie gilt jedoch nicht für „Erwachsene, die Flüchtlingesind oder die infolge von Unruhen in dem Staat, dem sieangehören, in einen anderen Staat gelangt sind“. DieBehörden des Staates, dem der Erwachsene angehört,hätten in der Tat keinen Grund, ihren Schutz einemErwachsenen zuteil werden zu lassen, der gezwungenworden ist, diesen Staat zu verlassen, entweder aufgrundvon Verfolgungen, deren Opfer er geworden ist oder dieihm angedroht wurden (Fall des Flüchtlings), oder vondort herrschenden Unruhen. Im Fall mehrfacher Staatsan-gehörigkeit ist der Wortlaut so auszulegen, dass dieBehörden eines Staates, dem der Erwachsene angehört,und der nicht der Staat ist, den er verlassen musste, die inArtikel 7 vorgesehene Zuständigkeit ausüben können.

59 Obgleich das Übereinkommen es nicht ausdrücklicherwähnt, setzt es gleichwohl voraus, dass der Erwachse-ne seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Vertrags-staat hat. Ist dies nicht der Fall, hindert den Vertrags-staat, dem der Erwachsene angehört, gewiss nichtsdaran, nach seinem innerstaatlichen Recht Maßnahmenzum Schutz des Erwachsenen zu ergreifen. Da aber Arti-kel 7 von den Behörden des Staates, dem der Erwachse-

39) Siehe oben die Einführung zu Kapitel II.

Bundesrat – 41 – Drucksache 674/06

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ne angehört, verlangt, dass sie die Behörden des Staatesdes gewöhnlichen Aufenthalts, der zwangsläufig ein Ver-tragsstaat ist40), oder die an deren Stelle tretendenBehörden benachrichtigen, lässt er den Fall des Erwach-senen, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einemNichtvertragsstaat hat oder sich dort aufhält (im Fall desArtikels 6 Absatz 1), unberücksichtigt. Die anderen Ver-tragsstaaten wären in diesem Fall nicht verpflichtet, dievon den Behörden des Staates, dem der Erwachseneangehört, getroffenen Maßnahmen anzuerkennen.

60 Neben der Bedingung, die nach Artikel 5 oder Arti-kel 6 Absatz 2 zuständigen Behörden zuvor zu benach-richtigen41), sollen die Behörden des Staates, dem derErwachsene angehört, sich nur dann für zuständig erach-ten, „wenn sie der Auffassung sind, dass sie besser inder Lage sind, das Wohl des Erwachsenen zu beurtei-len“. Bei dieser Beurteilung können sie weiteren vorhan-denen Anknüpfungspunkten, wie beispielsweise denunter Nr. 57 aufgeführten, Rechnung tragen. Diese posi-tive Bedingung für die Zuständigkeit der Behörden desStaates, dem der Erwachsene angehört, bedeutetzugleich eine gewisse Flexibilität, die es diesen Behördengestattet, sich auf ihre Unzuständigkeit zu berufen, wennsie meinen, dass die Behörden des Staates des gewöhn-lichen Aufenthalts oder die Behörden eines anderenStaates, welche die Behörden des gewöhnlichen Aufent-halts nach Artikel 8 (siehe unten) ersucht haben, dieZuständigkeit zum Schutz auszuüben, besser in der Lagesind, dieses Wohl zu beurteilen.

Absatz 2

61 Dieser Absatz bezieht sich wie der nächste Absatzauf den subsidiären Charakter der Zuständigkeit derBehörden des Staates, dem der Erwachsene angehört.

Die Ausübung dieser Zuständigkeit kann durch drei Um-stände verhindert werden: wenn die aufgrund des Arti-kels 5, des Artikels 6 Absatz 2 oder des Artikels 842)zuständigen Behörden alle durch die Umstände gebote-nen Maßnahmen getroffen haben, wenn sie entschiedenhaben, dass keine Maßnahmen zu treffen sind, oderschließlich, wenn ein Verfahren bei ihnen anhängig ist.Wenn dem so ist, müssen die nationalen Behörden dieZuständigkeit ablehnen, und, wenn sie zuerst befasstworden sind, sich sogar für unzuständig erklären, sobaldsie erfahren, dass ein Verfahren vor einer der genanntenBehörden anhängig wird.

Insbesondere in Bezug auf diesen letzten Umstanderwähnt der Wortlaut nicht, dass das laufende Verfahrenvor den nach Artikel 5 oder Artikel 6 Absatz 2 zuständi-gen Behörden den „gleichen Gegenstand betreffen“

muss wie das bei den Behörden des Staates, dem derErwachsene angehört, anhängige Verfahren. Diese Ver-deutlichung hätte es den nationalen Behörden, die miteinem Antrag auf eine Maßnahme zum Schutz von Ver-mögen des Erwachsenen befasst sind, ermöglicht, ihreZuständigkeit zu behalten, wenn die Behörden desgewöhnlichen Aufenthalts mit einem Ersuchen betreffenddessen Person befasst worden wären. Auf diese Klarstel-lung wurde jedoch verzichtet, da der Eindruck aufkam,dass die beiden Aspekte fast immer vermischt sind undbeispielsweise die Genehmigung zur Veräußerung einesVermögensgegenstands erbeten werden konnte, umdem Erwachsenen dazu zu verhelfen, über ein Mindest-maß an Einnahmen zu verfügen, folglich im Interesse sei-ner Person.

62 Die Zuständigkeit der Behörden des Staates, demder Erwachsene angehört, entfällt nur, wenn dieseBehörden über einen der drei im Wortlaut genanntenUmstände von der nach Artikel 5, Artikel 6 Absatz 2 oderArtikel 8 zuständigen Behörde, die ihre Zuständigkeitausgeübt hat oder ausübt, unterrichtet wurde. Es würdenicht genügen, dass sie davon Kenntnis hatten, selbstwenn dies auf der Grundlage der Akte des Falles erfolg-te. Diese Pflicht der nationalen Behörde zu informieren,nachdem sie auf ihre Absicht, die Zuständigkeit auszu-üben, hingewiesen hat, ist von Bedeutung, denn siegewährleistet, dass dann, wenn die nationale Behördeeingreifen will, die üblicherweise zuständige Behörde dieUmstände bewertet, welche die Ausübung der Zustän-digkeit durch die nationale Behörde rechtfertigen. DasBestehen bereits getroffener Maßnahmen, beispielswei-se von den Behörden des Staates des gewöhnlichenAufenthalts, von denen die nationalen Behörden offiziellnicht unterrichtet worden wären, würde sie jedoch nichtan der Ausübung ihrer Zuständigkeit nach Artikel 7Absatz 1 hindern, denn seit diesen Entscheidungen kannsich die Lage geändert haben.

63 Mit der nach Artikel 843) der zuständigen Behördeerteilten Befugnis, die Zuständigkeit der nationalen Be-hörden zu blockieren, wollte die Kommission die Gefahrkonkurrierender Zuständigkeiten ausschließen, die paral-lel und widersprüchlich hätten ausgeübt werden können.In dem Fall, in dem diese aufgrund des Artikels 8 übertra-gene Zuständigkeit auf einen bestimmten Schutzaspektbeschränkt ist (siehe unten Nr. 66), ist es vernünftig, dassdie delegierende Behörde auf eine Blockierung derZuständigkeit der nationalen Behörde für die anderenSchutzaspekte verzichten sollte.

Damit die aufgrund des Artikels 8 zuständige Behördedie nationale Behörde anweisen kann, ihre Zuständigkeitnicht auszuüben, ist es in jedem Fall erforderlich, dasssie selbst über deren Absichten unterrichtet wurde. Ausdem Wortlaut ergibt sich, dass diese Information ihr nurvon der nach Artikel 5 oder Artikel 6 Absatz 2 zuständi-gen Behörde erteilt werden kann, die wiederum von dennationalen Behörden aufgrund des Artikels 7 Absatz 1verständigt wurde.

Absatz 3

64 Die Subsidiarität der Zuständigkeit der Behörden desStaates, dem der Erwachsene angehört, wirkt sich auf

40) Artikel 7 Absatz 1 bezieht sich auf die nach Artikel 5 oder Artikel 6Absatz 2 zuständigen Behörden, d. h. die Behörden der Vertrags-staaten.

41) Eine bereits von Artikel 4 Absatz 1 des Übereinkommens vom5. Oktober 1961 über die Zuständigkeit der Behörden und das anzu-wendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigenaufgestellte Bedingung, die jedoch angesichts fehlender Systemezur Zusammenarbeit kaum beachtet wurde.

42) Es versteht sich von selbst, dass Artikel 7 Absatz 2 die nach Artikel 6Absatz 1 zuständigen Behörden nicht erwähnt, da die nationalenBehörden in dem in Artikel 6 Absatz 1 aufgeführten Fall (Flüchtlingeoder in ein anderes Land gelangte Erwachsene) nicht zuständig sind.In dem unter Nr. 58 erwähnten Grenzfall eines Doppelstaaters, dergezwungen ist, einen der Staaten, dem er angehört, zu verlassen,bliebe die Zuständigkeit der Behörden des Staates, in dem er anwe-send ist, vorrangig.

43) D. h. einer Behörde, der die Behörde des gewöhnlichen Aufenthalts(oder der Anwesenheit im Fall des Artikels 6) irgendwie ihre Zustän-digkeit übertragen hat, siehe unten Nr. 65 ff.

Drucksache 674/06 – 42 – Bundesrat

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die von ihnen getroffenen Maßnahmen dadurch aus,dass diese Maßnahmen außer Kraft treten, „sobald dienach Artikel 5, Artikel 6 Absatz 2 oder Artikel 8 zuständi-gen Behörden die durch die Umstände gebotenen Maß-nahmen getroffen oder entschieden haben, dass keineMaßnahmen zu treffen sind“.

Die Parallelität mit Absatz 2 ist gewollt. Diese beidenUmstände verhindern – wie soeben dargelegt – die Aus-übung der Zuständigkeit durch die nationale Behörde(Absatz 2). Treten sie ein, nachdem die nationale Behör-de ihre Zuständigkeit ausgeübt und Schutzmaßnahmengetroffen hat, bewirken sie, dass diese Maßnahmengegenstandslos werden (Absatz 3). Es wäre nicht hin-nehmbar, dass konkurrierende Zuständigkeiten dazu füh-ren würden, dass Schutzmaßnahmen in ungeordneterund widersprüchlicher Weise getroffen werden. Daherräumt das Übereinkommen den Entscheidungen Vorrangein, die später von den üblicherweise (nach Artikel 5,Artikel 6 Absatz 2 oder Artikel 8) zuständigen Behördengetroffen würden, unabhängig davon, ob diese Entschei-dungen positiv sind und in einer Schutzmaßnahme be-stehen oder negativ in dem Sinn sind, dass sie eineSchutzmaßnahme für nicht erforderlich halten.

Die Parallelität mit Absatz 2 wird insoweit weitergeführt,als die nach Artikel 5, Artikel 6 Absatz 2 oder Artikel 8zuständigen Behörden die nationalen Behörden über dieMaßnahmen, die sie getroffen haben, oder über ihre Ent-scheidung, keine Maßnahmen zu treffen, zu unterrichtenhaben. Aus dem Wortlaut geht jedoch nicht hervor, dassdiese, obgleich verbindliche, Information eine Vorausset-zung dafür ist, dass die von der nationalen Behörde ge-troffenen Maßnahmen gegenstandslos werden.

Artikel 8 (Übertragung der Zuständigkeit auf einen ge-eigneten Gerichtsstand)

65 Dieser Artikel, der sich inhaltlich an die Artikel 8 und 9des Kinderschutzübereinkommens anlehnt, ist der zwei-te Bestandteil des weiter oben erwähnten Kompromisseszwischen den beiden Ansätzen zum Zuständigkeitspro-blem. Er legt den Schwerpunkt auf den Vorrang der Be-hörden des Vertragsstaats des gewöhnlichen Aufenthaltsdes Erwachsenen, indem er ihnen gestattet, wenn es dasWohl des Erwachsenen verlangt, dessen Schutz durchdie Behörden eines anderen Vertragsstaats sicherstellenzu lassen.

Absatz 1

66 Unter Umständen sind die Behörden des gewöhnli-chen Aufenthalts des Erwachsenen, die grundsätzlichzuständig sind (Artikel 5), oder mehr noch die Behördendes Staates, in dem der Erwachsene sich im Fall des Arti-kels 6 lediglich befindet, nicht am besten in der Lage, umin einem bestimmten Fall das Wohl des Erwachsenen zubeurteilen. Wenn beispielsweise der Erwachsene ineinem Staat lebte, dessen Staatsangehörigkeit er nichtbesaß, in dem sein Schutz aber von einer Person ge-währleistet wurde, die gerade verstorben ist, und der ein-zige Verwandte, der in der Lage ist, künftig seinen Schutzsicherzustellen, seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einemanderen Staat hat, sind die Behörden dieses anderenStaates mit Sicherheit am besten in der Lage, die Eig-nung dieses Verwandten zu beurteilen und die Bedingun-gen für die Ausübung des Schutzes festzulegen.

Artikel 8 Absatz 1, der die beiden in den Artikeln 8 und 9des Kinderschutzübereinkommens vorgesehenen Ver-fahren vereint, sieht vor, dass die Behörden des Vertrags-staats, die aufgrund des Artikels 5 (gewöhnlicher Aufent-halt) oder des Artikels 6 (Anwesenheit von Flüchtlingen,in ein anderes Land gelangte Erwachsene oder Erwach-sene ohne festgestellten gewöhnlichen Aufenthalt) zu-ständig sind, entweder von Amts wegen oder auf Antragder Behörden eines anderen Vertragsstaats die Behör-den des Vertragsstaats, der ihnen am besten geeigneterscheint, ersuchen können, die Maßnahmen zumSchutz des Erwachsenen zu treffen44).

Diese Möglichkeit, um eine Übertragung der Zuständig-keit zu ersuchen, ist den Behörden des Vertragsstaatsdes gewöhnlichen Aufenthalts des Erwachsenen vorbe-halten oder in den Fällen des Artikels 6 den Behördendes Staates, in dessen Hoheitsgebiet sich der Erwachse-ne befindet. Dieser Wortlaut schließt die Behörden desStaates, dem der Erwachsene angehört, aus. Diese kön-nen ihre Zuständigkeit unmittelbar ausüben, „wenn sieder Auffassung sind, dass sie besser in der Lage sind,das Wohl des Erwachsenen zu beurteilen“ (Artikel 7); istdies nicht der Fall, können sie sich jedoch nur enthalten.

Zweck des an die Behörden eines anderen Vertragsstaatsgerichteten Ersuchens ist es, „Maßnahmen zum Schutzder Person oder des Vermögens des Erwachsenen zutreffen“. Der Wortlaut fügt hinzu, dass dieses Ersuchensich auf den „gesamten Schutz oder einen Teilbereichdavon“ beziehen kann. Hier wird somit ein Flexibilitätsfak-tor in den Mechanismus der Zuständigkeitsübertragungeingeführt. Beispielsweise kann das Ersuchen an denStaat, in dem das Vermögen belegen ist, auf den Schutzdes dort belegenen Vermögens beschränkt werden.

Absatz 2

67 Dieser Absatz zählt die Staaten auf, deren Behördenunter den Bedingungen des Absatzes 1 befasst werdenkönnen, also auf Ersuchen der Behörden des Staatesdes gewöhnlichen Aufenthalts des Erwachsenen.

68 An erster Stelle heißt es in Absatz 2: „ein Staat, demder Erwachsene angehört“. Hier gibt es keine Über-schneidung mit der in Artikel 7 vorgesehenen vorrangi-gen Zuständigkeit der Behörden des Staates, dem derErwachsene angehört. Im Fall des Artikels 7 ist diesekonkurrierende Zuständigkeit subsidiär und endet, wenndie Behörden des Staates des gewöhnlichen Aufenthaltsdes Erwachsenen beschließen, ihre Zuständigkeit auszu-üben. Im Fall des Artikels 8 haben die nationalen Behör-den innerhalb der Grenzen der Zuständigkeitsübertra-gung, um deren Annahme sie ersucht wurden, freieHand, da die Behörden des Staates des gewöhnlichenAufenthalts zu ihren Gunsten auf ihre Zuständigkeit ver-zichtet haben. Im Fall eines Flüchtlings oder einer unfrei-willig aus einem Staat, dem sie angehört, verbrachtenPerson ist, obwohl die Kommission eine Klarstellung indiesem Sinne45) nicht einführen wollte, anzunehmen,

44) Eine Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz der französischen Delegierten,Frau Baur, hat ein Musterformular erarbeitet, das von der ersuchen-den Behörde und der ersuchten Behörde bei der Anwendung desArtikels 8 (Arbeitsdokument Nr. 91) benutzt werden könnte. Diesesvon der Kommission gebilligte Muster wurde nicht in das Überein-kommen eingefügt, sein Gebrauch wird jedoch den Vertragsstaatenvom Ständigen Büro empfohlen.

45) Siehe die Diskussion zu diesem Punkt, Protokoll Nr. 4, Nrn. 20 bis 36.

Bundesrat – 43 – Drucksache 674/06

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dass sich die nach Artikel 6 Absatz 1 zuständigen Behör-den des Staates, in dem sich der Erwachsene befindet,jeder Übertragung von Zuständigkeit an die Behördendes Staates, dem der Erwachsene angehört, enthalten,außer im Fall einer Änderung der Umstände.

69 In Absatz 2 heißt es weiter: „der Staat, in dem derErwachsene seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalthatte“. Darunter ist der Staat des letzten gewöhnlichenAufenthalts und nicht der Staat irgendeines früherengewöhnlichen Aufenthalts46) zu verstehen. Die Behördendes gegenwärtigen gewöhnlichen Aufenthalts berück-sichtigen insbesondere, ob dieser letzte gewöhnlicheAufenthalt neueren Datums ist und an diesem Ort Perso-nen anwesend sind, die den Erwachsenen gekannthaben.

70 An dritter Stelle heißt es: „ein Staat, in dem sich Ver-mögen des Erwachsenen befindet“. An dieser Stelle isteine entsprechende Anmerkung wie oben bezüglich desStaates, dem der Erwachsene angehört, zu machen. DieZuständigkeit der Behörden des Staates, in dem sichVermögen befindet, gilt nach Artikel 9 als vorrangig,jedoch wird sie, wie noch zu sehen ist, von Maßnahmeneingegrenzt, welche die Behörden des gewöhnlichenAufenthalts des Erwachsenen treffen, und ist auf dieMaßnahmen betreffend das Vermögen beschränkt, wäh-rend im Fall des Artikels 8 die Zuständigkeit des Staates,in dem sich Vermögen befindet, in gewisser Weise über-tragen wird und nicht auf die Maßnahmen betreffend die-ses Vermögen beschränkt ist.

71 An vierter Stelle heißt es in Absatz 2: „der Staat, des-sen Behörden schriftlich vom Erwachsenen gewählt wor-den sind, um Maßnahmen zu seinem Schutz zu treffen“.Diese Berücksichtigung des unabhängigen Willens ent-spricht dem Streben, das Bedürfnis behinderter Perso-nen nach Selbstständigkeit anzuerkennen und zu för-dern. Gleichwohl ist andererseits aber auch der Verletz-barkeit dieser Personen aufgrund äußerer Einflüsse,denen sie ausgesetzt sein können, Rechnung zu tragen;daher ist beschlossen worden, diese Selbstständigkeiteinzugrenzen, indem sie unter die Aufsicht der Behördendes gewöhnlichen Aufenthalts des Erwachsenen gestelltwurde47).

72 Buchstabe e erwähnt an fünfter Stelle schließlich denStaat, „in dem eine Person, die dem Erwachsenen nahesteht und bereit ist, seinen Schutz zu übernehmen, ihrengewöhnlichen Aufenthalt hat“. Die Zuständigkeit der Be-hörden dieses Staates versteht sich umso besser, wennman bedenkt, dass von diesem Staat aus der Schutzausgeübt und der Erwachsene möglicherweise veran-lasst wird, sich dort aufzuhalten. Auch diese Zuständig-keit wird unter die Aufsicht der Behörden des gewöhnli-chen Aufenthalts des Erwachsenen gestellt, die primafacie beurteilen, ob der fragliche Verwandte glaubhaftnachweisen kann – dieser Nachweis wird von den Behör-

den des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts geprüft –,dass er den Schutz des Erwachsenen übernehmen kann.

Die Kommission hat dem Ausdruck „Person, die demErwachsenen nahe steht“ gegenüber dem scheinbar prä-ziseren Ausdruck „Verwandte des Erwachsenen“ denVorzug gegeben, mit der Absicht, ebenfalls Personen zuerfassen, die dem Erwachsenen verbunden sind, ohnemit ihm verwandt zu sein, wie etwa ein Freund, einGefährte oder eine Gefährtin.

73 Buchstabe f erwähnt schließlich den Staat, in dessenHoheitsgebiet sich der Erwachsene befindet, in Bezugauf den Schutz seiner Person. Der Gerichtsstand desOrtes, an dem sich der Erwachsene befindet, ist bereitsgrundsätzlich in Artikel 6 in den dort beschriebenenSituationen sowie durch Artikel 10 für dringende Fälleund Artikel 11 für zeitlich und örtlich begrenzte Maßnah-men vorgesehen. In Artikel 8 können die Behörden desStaates, in dem sich der Erwachsene befindet, eineZuständigkeitsübertragung von den Behörden des Staa-tes des gewöhnlichen Aufenthalts48) erhalten, um denSchutz der Person zu gewährleisten, und zwar ohne wei-tere Beschränkungen als die, die in dem Ersuchen dieserletztgenannten aufgeführt sind. Dieser neue Fall derÜbertragung war zunächst im Verlauf der Diskussion insAuge gefasst worden, um lediglich auf den medizini-schen Bereich Anwendung zu finden. Die oben angege-bene Entscheidung (Nr. 42), keine für diesen Bereichbesonderen Regelungen aufzuführen, hatte zur Folge,dass diese Übertragungsmöglichkeit auf den Schutz derPerson des Erwachsenen im Allgemeinen ausgeweitetwurde.

Absatz 3

74 Die übertragenden Behörden sind nicht befugt, dieBehörden, an die sie sich wenden, zu zwingen, dieZuständigkeit, um deren Ausübung sie diese ersuchen,anzunehmen. Um eine Schutzlücke zu vermeiden, siehtAbsatz 3 vor, dass die aufgrund des Artikels 5 oder 6zuständigen Behörden die Zuständigkeit behalten, fallsdie ersuchten Behörden die Zuständigkeit nicht anneh-men.

Der Wortlaut erläutert nicht näher, wie eine Nichtannah-me der Zuständigkeit aussehen könnte. Dies könnteselbstverständlich eine förmliche Ablehnung sein, aberauch offensichtlich das längere Ausbleiben einer Ant-wort49).

Artikel 9 (Zuständigkeit der Behörden des Staates, indem sich Vermögen des Erwachsenen befindet)

75 Das Erfordernis, eine Zuständigkeit der Behördendes Staates, in dem sich Vermögen des Erwachsenenbefindet, anzuerkennen, um Maßnahmen zum Schutzdieses Vermögens zu treffen, erklärt sich dadurch, dassdie schutzwürdigen Erwachsenen im Unterschied zu Kin-dern im Allgemeinen Vermögen besitzen. Befindet sichdieses Vermögen in einem Vertragsstaat, in dem derErwachsene nicht seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat,gestattet es die Zuständigkeit der Behörden des Staates,in dem das Vermögen belegen ist, eine Schutzmaßnah-

46) Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe b weicht in diesem Punkt von Artikel 15Absatz 2 Buchstabe b ab, der es dem Erwachsenen gestattet, dasRecht des Staates „eines früheren gewöhnlichen Aufenthalts“ zubezeichnen, um den Auftrag im Fall von Handlungsunfähigkeit zuregeln, siehe unten Nr. 102.

47) Die Kommission hat einen Vorschlag der Delegation der VereinigtenStaaten zurückgewiesen, der eine Zuständigkeitsübertragung anden Staat ermöglichen sollte, dessen Recht für die in Artikel 15 fürden Fall der Handlungsunfähigkeit vorgesehene Vollmacht maßgeb-lich ist. Siehe Arbeitsdokument Nr. 26 und die Diskussion, ProtokollNr. 4, Nrn. 58 – 65.

48) In ebendiesem Fall kann die Zuständigkeitsübertragung theoretischnur von den aufgrund des Artikels 5 zuständigen Behörden kommen.

49) Der Gebrauch des o. a. Formulars, Nr. 44, sollte es ermöglichen, dieUngewissheit einer impliziten Ablehnung zu vermeiden.

Drucksache 674/06 – 44 – Bundesrat

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me zu treffen, die den Erfordernissen des Rechts diesesStaates Rechnung trägt und leicht umzusetzen ist. Istbeispielsweise nach dem Recht des Staates der Bele-genheit des Vermögens eine gerichtliche Genehmigungfür die Veräußerung des Vermögensgegenstands oderumgekehrt für die Annahme des Erbes, von dem erabhängt, oder für die Offenlegung der Rechtsverhältnis-se an einem Grundstück erforderlich und kennt dasRecht des gewöhnlichen Aufenthalts diese Genehmi-gungsart nicht, ist es zweckmäßiger, die Behörden desStaates, in dem sich das Vermögen befindet, unmittelbarzu befassen.

76 Die Zuständigkeit der Behörden des Staates, in demsich das Vermögen befindet, Maßnahmen zum Schutzdieses Vermögens zu treffen, wird anerkannt, jedoch nur„soweit sie mit den Maßnahmen vereinbar sind, die vonden nach den Artikeln 5 bis 8 zuständigen Behördengetroffen wurden“.

Diese Beschränkung versteht sich von selbst und zieltdarauf ab, jegliche Unvereinbarkeit zwischen den Maß-nahmen zum Schutz des Vermögens, die von den örtli-chen Behörden getroffen werden, und denjenigen, dievon den Behörden ergriffen werden, die allgemein für dieOrganisation des Schutzes zuständig sind, zu vermei-den. Es ist darauf hinzuweisen, dass die von den übereine allgemeine Zuständigkeit verfügenden Behördengetroffenen Maßnahmen vor oder nach den Maßnahmengetroffen werden können, die von den Behörden desStaates getroffen werden, in denen das Vermögen bele-gen ist50). Wurden sie danach getroffen, so beenden siedie von den Behörden der Belegenheit des Vermögensgetroffenen Maßnahmen insoweit, als sie unvereinbarsind.

Artikel 10 (Zuständigkeit in dringenden Fällen)

77 Dieser Wortlaut ist die wörtliche Wiedergabe des Arti-kels 11 des Kinderschutzübereinkommens und wurdeohne Diskussionen angenommen, mit Ausnahme derAnfügung eines Absatzes 4.

Absatz 1

78 Dieser Wortlaut verleiht den Behörden jedes Ver-tragsstaats, in dessen Hoheitsgebiet sich der Erwachse-ne oder ihm gehörendes Vermögen befindet, die Zustän-digkeit, in allen dringenden Fällen die notwendigenSchutzmaßnahmen zu treffen.

Ein Zustand der Dringlichkeit ist gegeben, wenn derZustand, sollte ihm nur auf gewöhnlichem Weg nach denArtikeln 5 bis 9 abgeholfen werden, möglicherweiseeinen unersetzbaren Schaden zulasten des Erwachsenenoder seines Vermögens verursachen würde. Die Dring-lichkeit rechtfertigt demnach ein Abweichen von der übli-chen Regel und ist somit recht eng auszulegen. Insbe-sondere im medizinischen Bereich darf Artikel 10 nichtbenutzt werden, um im Allgemeinen die Zuständigkeitder Behörden des Staates zu rechtfertigen, in dem sichder Erwachsene befindet. Als Beispiel wurde der Falleiner Schwangerschaftsunterbrechung bei einer jungen

behinderten Frau angeführt. Obwohl ein solcher Eingriffzwangsläufig innerhalb einer gewissen Frist vorzuneh-men ist, handelt es sich normalerweise nicht um einendringlichen Fall nach Artikel 10. Einige Delegationen hät-ten diesbezüglich die Zuständigkeit an dem Ort ge-wünscht, an dem sich der Erwachsene befindet, dieAblehnung dieser Vorschläge51) kann jedoch ein Abwei-chen von der Zuständigkeit in dringenden Fällen nichtrechtfertigen.

Die Zuständigkeit nach Artikel 10 stellt eine konkurrieren-de Zuständigkeit im Verhältnis zu derjenigen der Behör-den des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts desErwachsenen dar. Ihre Rechtfertigung ergibt sich genauaus dem Vorliegen eines dringenden Falls. Wäre dieseZuständigkeit nicht vorgesehen, könnten die durch diezwingend vorgeschriebene Anrufung der Behörden desStaates des gewöhnlichen Aufenthalts des Erwachsenenveranlassten Verzögerungen dessen Schutz oder Inte-ressen beeinträchtigen. Diese konkurrierende Zuständig-keit wird zum Beispiel dann wirksam, wenn die Vertre-tung eines nicht an seinem gewöhnlichen Aufenthaltbefindlichen Erwachsenen, bei dem ein dringenderchirurgischer Eingriff erforderlich ist, sicherzustellen oderdem Erwachsenen gehörendes, von Verfall bedrohtesVermögen rasch zu veräußern ist.

79 Bei den Staaten, deren Behörden aus Gründen derDringlichkeit befasst werden können, handelt es sich umdiejenigen, in deren Hoheitsgebiet sich der Erwachseneoder ihm gehörendes Vermögen befindet. Was dieBehörde des Staates anbelangt, in dem sich der Erwach-sene befindet, so handelt es sich vermutlich um andereals geflüchtete oder dorthin gelangte Erwachsene imSinne des Artikels 6 Absatz 1 oder Erwachsene ohnegewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des Artikels 6 Ab-satz 2. Mangels eines festgestellten oder feststellbarenStaates des gewöhnlichen Aufenthalts steht in diesenFällen den Behörden des Staates, in dem sich der Er-wachsene befindet, die allgemeine Zuständigkeit zu. Hierwird hingegen den Behörden des Anwesenheitsstaatsnur eine auf dringliche Fälle begrenzte Zuständigkeitzuerkannt.

Die Behörden des Staates, in dessen Hoheitsgebiet sichVermögen des Erwachsenen befindet, genießen in drin-genden Fällen eine Zuständigkeit, die nicht nur auf denSchutz dieses Vermögens beschränkt ist. Es ist in der Tatvorstellbar, dass die Dringlichkeit die Veräußerung vonVermögen des Erwachsenen in einem Land gebietet, umdiesem in dem Land seines Aufenthalts die unmittelbarbenötigten Geldmittel zu verschaffen (siehe oben Nr. 61).

Absatz 2

80 Die Zuständigkeit für dringende Fälle, wie konkurrie-rend sie auch immer gegenüber den gewöhnlichenZuständigkeiten nach Maßgabe des Übereinkommenssein mag, muss diesen nachgeordnet bleiben. Demge-mäß besagt Artikel 10 Absatz 2, jedoch nur in dem Fall,in dem der betroffene Erwachsene seinen gewöhnlichenAufenthalt in einem Vertragsstaat hat, dass die nachAbsatz 1 getroffenen Maßnahmen außer Kraft treten,„sobald die nach den Artikeln 5 bis 9 zuständigen Behör-den die durch die Umstände gebotenen Maßnahmen

51) Siehe den Vorschlag von drei skandinavischen Staaten (Arbeits-dokument Nr. 19 und die Diskussion, Protokoll Nr. 4, Nrn. 66 – 100).

50) Diese Lösung ergibt sich aus der Verabschiedung eines Vorschlagsder Vereinigten Staaten, der auf die Streichung des Adverbs„bereits“ (Maßnahmen […], die […] bereits getroffen wurden) im Vor-entwurf der Spezialkommission abzielt, siehe ArbeitsdokumentNr. 101 und Protokoll Nr. 15, Nrn. 76 – 77.

Bundesrat – 45 – Drucksache 674/06

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getroffen haben“ (vgl. Artikel 7 Absatz 2). In diesemAugenblick ist die Lage unter der Aufsicht der gewöhn-lich zuständigen Behörden und es besteht kein Bedarf,die Zuständigkeit der Behörden des Staates, in dem sichder Erwachsene befindet, beizubehalten, ebenso wenigwie die Maßnahmen, die sie infolge der Dringlichkeitgetroffen haben und die bis zu diesem Zeitpunkt in allenVertragsstaaten anerkannt worden sein müssen (vgl. Arti-kel 22).

Absatz 3

81 Dieser Absatz regelt die Frage des Weiterbestandsder Maßnahmen, die ein Gericht aufgrund der Zuständig-keit in dringenden Fällen getroffen hat, allerdings für denFall, dass der betroffene Erwachsene seinen gewöhnli-chen Aufenthalt nicht in einem Vertragsstaat hat. Wenndie Behörden des Nichtvertragsstaats des gewöhnlichenAufenthalts des Erwachsenen oder gegebenenfalls einesanderen Staates, dessen Zuständigkeit anerkannt wer-den kann, die durch die Umstände gebotenen Maßnah-men getroffen haben, besteht kein Anlass, die von dem indringenden Fällen zuständigen Gericht getroffenen Maß-nahmen beizubehalten.

Die ratio decidendi ist die gleiche wie in dem in Absatz 2vorgesehenen Fall, wobei hier die Schwierigkeit jedochdarin liegt, dass die gewöhnlich zuständige Behörde die-jenige eines Nichtvertragsstaats ist, der das Übereinkom-men auf keinen Fall Zuständigkeit zuerkennen konnte undderen Entscheidungen nicht notwendigerweise in denVertragsstaaten anerkannt werden. Die Anerkennung dervon einem Nichtvertragsstaat getroffenen Maßnahmen inden Vertragsstaaten kann in der Tat nur vom innerstaatli-chen Recht der einzelnen betroffenen Vertragsstaatenabhängen, so dass die Beendigung der Wirkungen dervon der in dringenden Fällen zuständigen Behörde getrof-fenen Maßnahmen nicht in einheitlicher und gleichzeitigerForm in den verschiedenen Vertragsstaaten erfolgenwürde. Sie würde in jedem dieser Staaten gesondert ein-treten, „sobald dort [die Maßnahmen] anerkannt werden“,d. h. sobald die von einem Nichtvertragsstaat getroffenenEntscheidungen in jedem dieser Staaten (und nicht nur indem Staat, dessen Behörde die dringende Maßnahmegetroffen hat) anerkannt worden sind.

Artikel 10 Absatz 3 mag eine Selbstverständlichkeit fest-stellen. Doch immerhin führt er aus, dass das Ergreifeneiner dringenden Maßnahme in einem Vertragsstaat keinHindernis für die Anerkennung von Maßnahmen, die ineinem Nichtvertragsstaat getroffen werden, in den ande-ren Vertragsstaaten darstellt.

Absatz 4

82 Dieser Absatz sieht die Verpflichtung für die nachAbsatz 1 zuständigen Behörden vor, die Behörden desStaates des gewöhnlichen Aufenthalts des Erwachsenenvon den getroffenen Maßnahmen zu unterrichten. DieseBestimmung bringt erneut den Vorrang des Staates desgewöhnlichen Aufenthalts zum Ausdruck und kann in dieNähe der Informationspflicht gerückt werden, dieArtikel 7 Absatz 1 den Behörden des Staates, dem derErwachsene angehört, auferlegt. Gleichwohl ist die Infor-mationspflicht hier sehr abgeschwächt. Sie ist nur „nachMöglichkeit“ und nur dann vorgesehen, wenn die Maß-nahmen getroffen worden sind. Da es sich ex hypothesium dringende Maßnahmen handelt, wäre eine vorherige

Informationspflicht wie die in Artikel 7 Absatz 1 vorgese-hene schwer verständlich. Die Unterrichtung der Behör-den des gewöhnlichen Aufenthalts ist somit keineVoraussetzung für die in Artikel 10 vorgesehene Zustän-digkeit und mangelnde Information könnte daher keinGrund für eine Nichtanerkennung der Maßnahmen indringenden Fällen sein.

Ein weiterer Unterschied zu Artikel 7 Absatz 1 bestehtdarin, dass die Behörden, welche die dringenden Maß-nahmen getroffen haben, davon nur die Behörden desStaates des gewöhnlichen Aufenthalts des Erwachsenenzu unterrichten haben und nicht die Behörden, die nachArtikel 6 hätten zuständig sein können. Diese Beschrän-kung ist verständlich. Ist die Behörde, welche die drin-genden Maßnahmen getroffen hat, die Behörde desStaates, in dem der Erwachsene sich befindet, könnte siemit der in Artikel 6 vorgesehenen verwechselt werden.Hat die Behörde des Staates, in der das Vermögen bele-gen ist, eine dringende Maßnahme zum Schutz des Ver-mögens getroffen, gibt es keinen Grund, ihr eine Ver-pflichtung zur Unterrichtung der Behörden des Staatesder Anwesenheit vorzuschreiben, die ihr nicht durch Arti-kel 9 vorgeschrieben wird, wenn sie außerhalb dringen-der Fälle entscheidet52). In Wirklichkeit schreibt Artikel 9auch nicht die Verpflichtung zur Unterrichtung der Behör-den des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts vor undin diesem Punkt ist die Verpflichtung zur Unterrichtung indringenden Fällen wichtiger als in normalen Situationen.

Artikel 11 (Auf ein Hoheitsgebiet beschränkte Maßnah-men vorübergehender Art zum Schutz der Person)

Absatz 1

83 Unabhängig von dringenden Fällen weist Artikel 11noch den Behörden jedes Vertragsstaats, in dessenHoheitsgebiet der Erwachsene anwesend ist, eine aus-nahmsweise konkurrierende Zuständigkeit zu, zumSchutz seiner Person auf das Hoheitsgebiet dieses Staa-tes beschränkte Maßnahmen vorübergehender Art zutreffen.

Dieser Wortlaut, dem Artikel 12 des Kinderschutzüberein-kommens als Vorlage dient, geht auf die lange Diskussionder diplomatischen Kommission über medizinische Fra-gen zurück (siehe oben Nrn. 41 ff. zu Artikel 4 Absatz 1Buchstabe f). Die Delegationen der Vereinigten Staaten,Finnlands und der Schweiz53) hatten vorgeschlagen, die-sen Artikel 12 schlicht und einfach auf Erwachsene zuübertragen, mit dem Gedanken, unter anderen die medi-zinischen Fragen lösen zu können. Dieser Vorschlagwurde zurückgewiesen54), insbesondere deshalb, weilder Begriff der Beschränkung auf ein Hoheitsgebiet aufmedizinischem Gebiet kaum sinnvoll ist. Später wurdeder Vorschlag wieder aufgenommen und in zweiterLesung von der Kommission in einer Fassung gebilligt,die sich auf Maßnahmen betreffend eine medizinischeBehandlung beschränkt, und in der die Beschränkung

52) Nur wenn die Behörden des Staates, in dem das Vermögen belegenist, ausnahmsweise aufgerufen sind, eine dringende Maßnahme zumSchutz der Person des Erwachsenen zu treffen, hätte man sich einePflicht zur Unterrichtung der Behörde des Staates, in dem derErwachsene anwesend ist, in den von Artikel 6 vorgesehenen Situa-tionen vorstellen können. Die Kommission wollte deren Aufgabenicht erschweren.

53) Arbeitsdokument Nr. 15.54) Mit 8 gegen 6 Stimmen bei 7 Enthaltungen, Protokoll Nr. 4, Nr. 103.

Drucksache 674/06 – 46 – Bundesrat

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auf ein Hoheitsgebiet nicht mehr erwähnt wird55). Derendgültige Wortlaut wurde im letzten Stadium der Ver-handlung in einem Geiste des Ausgleichs ohne Diskussi-on verabschiedet56); eine medizinische Behandlung wirdnicht mehr erwähnt und der Begriff der Beschränkungauf ein Hoheitsgebiet wird wieder eingeführt.

84 Diese Zuständigkeit wird den Behörden des Staates,in dem sich der Erwachsene befindet, nur in Ausnahme-fällen zugewiesen. Die Maßnahmen, die getroffen werdenkönnen, betreffen nur die Person des Erwachsenen imUnterschied zu Artikel 12 des Kinderschutzübereinkom-mens, der auch den Schutz des Vermögens des Kindeserwähnt. Aufgrund der vorstehend erwähnten Debattenist selbstverständlich denkbar, dass diese Maßnahmenein medizinisches Ziel haben könnten. Gleichwohl kön-nen die Maßnahmen nur vorübergehender Art und aufdas Hoheitsgebiet dieses Staates beschränkt sein. Es istvorstellbar, dass der Staat, in dessen Hoheitsgebiet sichein junger behinderter Erwachsener zeitweilig aufhält, imStreben nach Schutz die Entscheidung trifft, ihn für dieDauer seines Aufenthalts in diesem Staat von einigenPersonen seines Umfelds fernzuhalten, oder auch eineMaßnahme der zeitweiligen Unterbringung oder Kran-kenhauseinweisung auch in nicht dringenden Fällen trifft.Dieser Wortlaut überträgt jedoch dem Staat, in dem ersich aufhält, keine Zuständigkeit zur Erlaubnis schwer-wiegender und endgültiger medizinischer Maßnahmen,wie z. B. eine Abtreibung, Sterilisation oder einen chirur-gischen Eingriff mit Organentfernung oder Amputationeines Gliedes.

Die aus diesem Artikel resultierende Zuständigkeit istinsoweit weiter beschränkt, als die auf dieser Grundlagevon den Behörden des Staates, in dem sich der Erwach-sene aufhält, getroffenen Maßnahmen nicht mit denMaßnahmen unvereinbar sein dürfen, die von den Behör-den des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts desErwachsenen getroffen wurden. Daher ist nicht zubefürchten, dass die nach Artikel 11 zuständigen Behör-den im Hoheitsgebiet ihres Staates eine Art gesondertenSchutz des Erwachsenen gestalten, denn sie haben allevon den üblicherweise zuständigen Behörden bereitsgetroffenen Maßnahmen zu respektieren. Diese Be-schränkung unterscheidet Artikel 11 von Artikel 10. Nurin dringenden Fällen kann das Gericht des Staates, indem sich der Erwachsene befindet, die zuvor von denüblicherweise zuständigen Behörden getroffenen Maß-nahmen aufheben.

Zudem hängt die aus Artikel 11 resultierende Zuständig-keit ebenso wie die den Behörden des Staates, dem derErwachsene angehört, durch Artikel 7 zugewieseneZuständigkeit von einer vorherigen Unterrichtung derBehörden des gewöhnlichen Aufenthalts ab.

Absatz 2

85 Mit Worten, die Artikel 10 Absatz 2 sehr ähnlich sind,sich aber doch unterscheiden, und für denselben Falleines Erwachsenen, der seinen gewöhnlichen Aufenthaltin einem Vertragsstaat hat, sieht dieser Absatz vor, dassdie so getroffenen Maßnahmen vorübergehender Art

außer Kraft treten, sobald die nach den Artikeln 5 bis 857)„zuständigen Behörden eine Entscheidung über dieSchutzmaßnahmen getroffen haben, die durch dieUmstände geboten sein könnten“. Dieser letzte Satzteilunterscheidet sich von dem, der in Artikel 10 gebrauchtwurde. In der Tat kann es sein, dass die üblicherweisezuständigen Behörden nach Prüfung der Umstände dieAuffassung vertreten, dass keine Maßnahme zu treffenist. In einem solchen Fall haben die in Anwendung desArtikels 11 getroffenen Maßnahmen keine Daseinsbe-rechtigung mehr.

Artikel 11 hat Artikel 12 Absatz 3 des Kinderschutzüber-einkommens nicht übernommen. Denn es ist selbstver-ständlich, dass in dem Fall, in dem der Erwachsene sei-nen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Nichtvertragsstaathat, die (in dem Übereinkommen nicht geregelte) Aner-kennung der Maßnahmen dieses Nichtvertragsstaatsdurch einen Vertragsstaat den Maßnahmen, die dieserVertragsstaat auf der Grundlage des Artikels 11 getroffenhat, ihre Wirkung entzieht.

Artikel 12 (Beibehaltung der Maßnahmen im Fall verän-derter Umstände)

86 Dieser Artikel, der Artikel 14 des Kinderschutzüber-einkommens entspricht, stellt sicher, dass die von derzuständigen Behörde getroffenen Maßnahmen in Kraftbleiben, selbst wenn die Grundlagen, auf denen dieZuständigkeit dieser Behörde beruhte, durch veränderteUmstände entfallen sind, solange die zuständigen Be-hörden diese Maßnahmen nach der Veränderung nichtgeändert, ersetzt oder aufgehoben haben.

Diese Beibehaltung ist notwendig, um beim Schutz desErwachsenen ein gewisses Maß an Beständigkeit zugewährleisten. Wenn beispielsweise von den Behördendes ersten gewöhnlichen Aufenthalts des Erwachsenenein Vormund bestellt worden ist, ist es unabdingbar, dassder Vormund seine Tätigkeit auch in dem Fall weiterhinausüben kann, dass der Erwachsene seinen gewöhnli-chen Aufenthalt später in einem anderen Staat hat. NachArtikel 5 Absatz 2 sind jetzt zwar die Behörden diesesneuen Staates zuständig, die Schutzmaßnahmen für denErwachsenen zu treffen, möglicherweise auch, um zuvorgetroffene aufzuheben (siehe oben Nr. 20), doch solangesie nicht eingeschritten sind, sollen die vor dem Aufent-haltswechsel getroffenen Maßnahmen in Kraft bleiben,um einen Bruch im Fortbestand des Schutzes zu vermei-den.

Der in Artikel 22 Absatz 1 (siehe unten Nr. 116) veranker-te Grundsatz, dass von den jeweiligen Behörden getrof-fene Maßnahmen in allen Vertragsstaaten kraft Gesetzesanzuerkennen sind, dürfte zum Erreichen dieses Zielesnicht genügen. Artikel 22 stellt zwar die Anerkennung derin Kraft befindlichen Maßnahmen sicher, aber das in demhier kommentierten Artikel 12 gelöste Problem bestehtgenau darin zu erfahren, ob die Maßnahmen nach einerÄnderung der Umstände in Kraft bleiben.

87 Artikel 12 ist auf die nach den Artikeln 5 bis 9 getrof-fenen Maßnahmen anzuwenden. Sowohl die Maßnah-men, die aufgrund der Dringlichkeit auf der Grundlagedes Artikels 10 getroffen wurden und die von Artikel 10

55) Siehe Arbeitsdokument Nr. 82, die Diskussion, Protokoll Nr. 13, Nrn. 1 – 18 sowie den nach dieser Diskussion vom Redaktionsaus-schuss vorgelegten Wortlaut, Arbeitsdokument Nr. 88 Artikel 10bis

und die neue Diskussion, Protokoll Nr. 15, Nrn. 78 – 100.56) Arbeitsdokument Nr. 114.

57) Der Verweis auf Artikel 6 geht hier ins Leere, denn Artikel 6 weistebenso wie Artikel 11 dem Staat Zuständigkeit zu, in dem sich derErwachsene befindet.

Bundesrat – 47 – Drucksache 674/06

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Absatz 3 geregelt werden, als auch die Maßnahmenvorübergehender Art zum Schutz der Person desErwachsenen, die in Anwendung des Artikels 11 getrof-fen wurden, fallen nicht in seinen Anwendungsbereich. Erfindet hingegen auf die von den Behörden des Staates,dem der Erwachsene angehört (Artikel 7), getroffenenMaßnahmen Anwendung, vorbehaltlich jedoch des Arti-kels 7 Absatz 3, der die Umstände festlegt, unter de-nen diese Maßnahmen außer Kraft treten (siehe obenNr. 64).

88 Bei der vorgesehenen „Änderung der Umstände“handelt es sich im Fall der Artikel 5 und 6 entweder umden Wechsel des Staates des gewöhnlichen Aufenthaltsoder nur der Anwesenheit des Erwachsenen. Die getrof-fenen Maßnahmen bleiben nach Artikel 12 in Kraft,jedoch unterliegen ihre Anwendungsbedingungen nachArtikel 14 ab dem Zeitpunkt der Änderung dem Rechtdes Staates des neuen gewöhnlichen Aufenthalts (sieheunten). Im Fall der Artikel 7 bis 9 bedeutet „Änderung derUmstände“ einen Wechsel der Staatsangehörigkeit desErwachsenen oder eine Änderung der Belegenheit desVermögens. Dieser Wortlaut findet im Fall des Artikels 8aufgrund der zeitlichen Festsetzung bestimmter darinberücksichtigter Zuständigkeitskriterien (Buchstaben bund d) weniger häufig Anwendung. Er könnte jedoch beieinem Wechsel der Staatsangehörigkeit des Erwachse-nen, einer Änderung der Belegenheit des Vermögensoder einem Wechsel der Anwesenheit des Erwachsenenoder des gewöhnlichen Aufenthalts von Verwandten desErwachsenen greifen.

Die Beibehaltung der getroffenen Maßnahmen wird nur„innerhalb ihrer Reichweite“ sichergestellt. Diese Präzi-sierung berücksichtigt die Tatsache, dass die zuständigeBehörde des Staates des gewöhnlichen AufenthaltsMaßnahmen getroffen haben kann, die nur anzuwendensind, solange der Erwachsene in diesem Staat seinenAufenthalt hatte. Sie kann z. B. vorgesehen haben, dassvon jeder Änderung des Aufenthalts Mitteilung an diestaatlichen Behörden des neuen Aufenthalts zu machenist. Eine solche Verpflichtung kann keine über dasHoheitsgebiet hinausgehende Tragweite haben und wirdbei der Änderung des gewöhnlichen Aufenthalts in einemanderen Staat keinen Bestand haben. Auch wenn einErwachsener von derselben Behörde dem Schutz einesstaatlichen Sozialdienstes anvertraut worden ist, istoffensichtlich, dass diese Maßnahme im Fall eines Wech-sels des gewöhnlichen Aufenthalts des Erwachsenen ineinen anderen Staat keinen Bestand haben wird, weil diefragliche Dienststelle ihre Befugnisse nur im Hoheitsge-biet des jeweiligen Staates ausüben kann.

Schlussbemerkungen

89 Die in Kapitel II enthaltenen und vorstehend darge-legten Kollisionsnormen bilden ein umfassendes und insich geschlossenes System, das als Ganzes die Ver-tragsstaaten bindet, wenn der Erwachsene seinen ge-wöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines der Staa-ten hat. In diesem Fall ist es einem Vertragsstaat nichtgestattet, seine Zuständigkeit hinsichtlich eines Erwach-senen auszuüben, wenn diese in dem Übereinkommennicht vorgesehen ist. Dieselbe Lösung gilt für die in Arti-kel 6 vorgesehenen Fälle, wenn der Erwachsene in einemVertragsstaat anwesend ist.

In den anderen Fällen führt die schlichte Anwesenheitdes Erwachsenen zur Anwendung der Artikel 10 und 11,aber diese Artikel schließen die weitergehende Zustän-digkeit nicht aus, welche die Vertragsstaaten ihrenBehörden nach ihrem innerstaatlichen Recht übertragenkönnten; in diesem Fall sind die übrigen Vertragsstaatenkeineswegs daran gebunden, diese erweiterten Zustän-digkeiten, die außerhalb des Anwendungsbereichs desÜbereinkommens liegen, anzuerkennen. Gleiches giltumso mehr für die Erwachsenen, die ihren gewöhnlichenAufenthalt nicht in einem Vertragsstaat haben und dortnicht einmal anwesend sind.

K a p i t e l I I I

A n z u w e n d e n d e s R e c h t

90 Zwar folgt dieses Kapitel insgesamt dem entspre-chenden Kapitel des Kinderschutzübereinkommens undinsbesondere dem Grundsatz, dass die befasste Behör-de ihr eigenes Recht anwendet, doch weicht es in zweiwichtigen Punkten davon ab.

Der erste Unterschied besteht darin, dass die Einschrän-kung der Handlungsfähigkeit eines Erwachsenen odersogar der freien Ausübung seiner Rechte nur aus einerSchutzmaßnahme hervorgehen kann. Das Übereinkom-men enthält folglich keine Bestimmungen, die denen ent-sprechen, die in dem Übereinkommen von 1996 das aufdie Zuweisung oder das Erlöschen der elterlichen Verant-wortung kraft Gesetzes anzuwendende Recht festlegen.Die Kommission hat einen Vorschlag der finnischen undder schwedischen Delegation abgelehnt, mit dem diegesetzliche Vertretung des Erwachsenen dem Recht sei-nes gewöhnlichen Aufenthalts unterstellt werden soll-te58). Es war der Fall in Betracht gezogen worden, dassein Ehegatte von dem anderen kraft Gesetzes vertretenwird, um nach einem Unfall, durch den der erstgenannteins Koma fiel, die medizinischen Entscheidungen zu tref-fen. Somit ist diese Frage nicht von dem Übereinkom-men geregelt, obwohl sie als Wirkung der Eheschließungin seinen Anwendungsbereich fällt (siehe oben Nr. 35 zuArtikel 4 Absatz 1 Buchstabe b).

Der zweite Unterschied besteht darin, dass der Erwach-sene zuvor die Schutzordnung für den Fall bestimmenkonnte, dass er nicht mehr in der Lage ist, selbst seineInteressen zu schützen. Die Entwicklung dieser „Voll-macht für den Fall der Handlungsunfähigkeit“ in einigenRechtsordnungen, insbesondere in Kanada, hat die Ein-führung einer Bestimmung über das auf sie anzuwenden-de Recht in das Übereinkommen gerechtfertigt (sieheunten Nr. 96 zu Artikel 15).

Artikel 13 (Auf Schutzmaßnahmen anzuwendendesRecht)

Absatz 1

91 Die Kommission hat ohne Erörterung den in demÜbereinkommen von 1996 verankerten Grundsatz über-nommen, der bereits in dem Übereinkommen vom5. Oktober 1961 über den Schutz von Minderjährigenaufgeführt war; er lautet: „Bei der Ausübung ihrer Zustän-

58) Arbeitsdokument Nr. 29, abgelehnt mit 10 gegen 3 Stimmen bei 9Enthaltungen, siehe Protokoll Nr. 6, Nr. 61.

Drucksache 674/06 – 48 – Bundesrat

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digkeit nach Kapitel II wenden die Behörden der Ver-tragsstaaten ihr eigenes Recht an“.

Auf diese Weise wird die Aufgabe der befassten Behör-de, die das ihr am besten bekannte Recht anwendet,erleichtert. Da außerdem die Maßnahmen am häufigstenin dem Staat der Behörde, die sie getroffen hat, voll-streckt werden, wird ihre Anwendung folglich einfachersein, wenn sie dem Recht dieses Staates entsprechen.Jedoch hat das Übereinkommen, wie auch schon dasÜbereinkommen von 1996, um jegliche Gefahr einer Blo-ckierung zu vermeiden, der Bestimmung des auf dieSchutzmaßnahme anzuwendenden Rechts eine gewisseFlexibilität verliehen. Dies geht aus Absatz 2 hervor.

Absatz 2

92 Dieser Absatz stellt eine Ausnahmeregelung dar, diesich nicht auf den Grundsatz der Nähe (engste Ver-bindung) stützt, sondern auf dem Wohl des Erwachse-nen beruht. Werden beispielsweise die Behörden desgewöhnlichen Aufenthalts (und nicht die des Staates derBelegenheit, wie es nach Artikel 9 möglich wäre) um dieGenehmigung ersucht, einen im Ausland belegenen Ver-mögensgegenstand des Erwachsenen zu veräußern, istes vorzuziehen, dass die befasste Behörde in einem sol-chen Fall die lex rei sitae anwenden oder in Betracht zie-hen und die nach diesem Belegenheitsrecht vorgesehe-ne Genehmigung erteilen kann, selbst wenn das Rechtder befassten Behörde hier keine Genehmigung vor-schreibt.

Artikel 14 (Bedingungen für die Durchführung der Maß-nahme)

93 Artikel 14 ergibt sich aus einer Zusammenlegung derArtikel 12 Absatz 3 und Artikel 14 des Vorentwurfs derSpezialkommission, die mithilfe derselben Grundsätzeeine Lösung für zwei unterschiedliche Sachverhaltesuchten.

Der erste Sachverhalt ist der des Statutenwechsels, des-sen eindeutigstes Beispiel der Wechsel des gewöhnli-chen Aufenthalts des Erwachsenen zwischen dem Tref-fen der Maßnahme und ihrer Anwendung ist. DieserSachverhalt wurde durch Artikel 12 Absatz 3 des Vorent-wurfs geregelt, wenngleich nicht vollständig ausformu-liert59). Der Ausgangspunkt war, dass für die Bedingun-gen für die Durchführung der Maßnahme im Staat desneuen gewöhnlichen Aufenthalts das Recht dieses Staa-tes maßgeblich sein sollte.

Der zweite Sachverhalt betrifft im Allgemeinen die Aus-übung der Vertretungsmacht – unabhängig davon, ob sieaus einer Schutzmaßnahme oder einer von dem Erwach-senen selbst erteilten Vollmacht für den Fall der Hand-lungsunfähigkeit hervorgeht – in einem anderen Staat alsdem, aufgrund dessen Rechts sie erteilt wurde. DieserSachverhalt wurde mit etlichem Zögern60) durch Arti-kel 14 des Vorentwurfs in dem Sinn geregelt, dass die Artund Weise der Ausübung der Vertretungsmacht demRecht des Staates unterstellt wurde, in dem sie ausgeübtwird.

In beiden Fällen war dem Recht des Ortes, an dem dieMaßnahmen durchgeführt werden oder die Vertretungs-

macht ausgeübt wird, ein Platz einzuräumen, es warjedoch schwierig zu trennen, was unter die Bedingungenfür die Durchführung der Maßnahmen (im Fall eines Sta-tutenwechsels) fiel und was unter die Art und Weise derAusübung der Vertretungsmacht fiel.

94 Der von der diplomatischen Kommission beschlos-sene Wortlaut des Artikels 14 hat die Durchführung derSchutzmaßnahmen in einem anderen Staat als dem zumGegenstand, in dem sie getroffen wurden, unabhängigdavon, ob dieser Fall aus einem Statutenwechsel hervor-geht. Er findet keine Anwendung auf die Durchführungder von dem Erwachsenen selbst erteilten Vertretungs-macht, die in Artikel 15 Absatz 3 geregelt wird (siehe unten).

Nach Artikel 14 ist für die Bedingungen für die Durchfüh-rung der Maßnahme das Recht des Vertragsstaats maß-geblich, in dem die Maßnahme durchgeführt wird. DerAusdruck „Bedingungen, unter denen sie durchgeführtwird“ ist recht weit auszulegen. Ein Beispiel wäre ein fürden Erwachsenen in dem Land seines früheren gewöhn-lichen Aufenthalts bestellter Vormund, der seine Befug-nisse ausüben soll, folglich die Schutzmaßnahme, mitder er ernannt wurde, in einem anderen Staat durchfüh-ren soll, unabhängig davon, ob dies der Staat des neuengewöhnlichen Aufenthalts oder der Staat ist, in dem derErwachsene eine zum Verkauf bestimmte Immobiliebesitzt. Unterstellt das Recht dieses anderen Staates dievon dem Vormund durchzuführende Handlung, zum Bei-spiel den Verkauf der Immobilie, einer Genehmigungdurch den Vormundschaftsrichter, so handelt es sich umeine „Durchführungsbedingung“, die zu beachten seinwird. Umgekehrt ist es möglich, dass das Recht desStaates, nach dem der Vormund bestimmt wurde, dieseGenehmigung fordert, während das Recht des Ortes, andem die Maßnahme durchgeführt wird, dies nicht tut. DieParallelität der Sachverhalte würde in diesem Fall eben-falls zur Anwendung des Rechts des Ortes der Durchfüh-rung führen. Gleichwohl wäre es möglich, dass das Erfor-dernis einer Genehmigung durch das Ursprungsrecht alswesentlicher Bestandteil für das Bestehen der Vertre-tungsmacht angesehen wird, und dem Vormund wirdvorgeschlagen, um diese Genehmigung zu ersuchen.Dies sollte insbesondere so sein, wenn der Vormund diein Artikel 38 erwähnte Bescheinung besitzt, die bestimm-te Befugnisse einer Genehmigung unterstellt.

Artikel 15 (Von dem Erwachsenen erteilte Vollmacht fürden Fall der Handlungsunfähigkeit)

Absatz 1

95 Dieser Artikel bezieht sich auf die Situation, in der einErwachsener selbst im Voraus seinen Schutz für denZeitpunkt regelt, in dem er seine Interessen nicht mehrschützen kann. Dies geschieht dadurch, dass er einerPerson seiner Wahl durch eine Willenserklärung, die eineVereinbarung mit dieser Person oder ein einseitigesRechtsgeschäft sein kann, Vertretungsmacht einräumt.Im Vergleich hierzu behandelt das Kinderschutzüberein-kommen (Artikel 16 Absatz 2) die elterliche Verantwor-tung, die durch eine Vereinbarung oder ein einseitigesRechtsgeschäft zugewiesen wird, jedoch handelt es sichbei den Personen, welche die Vereinbarung oder dasRechtsgeschäft abgeschlossen haben, um die Elternoder einen Elternteil des Kindes, während es sich in die-sem Übereinkommen bei dieser Person um den schutz-bedürftigen Erwachsenen handelt.

59) Siehe den Erläuternden Bericht zum Vorentwurf, Nrn. 86 – 89. 60) Siehe den Erläuternden Bericht zum Vorentwurf, Nrn. 100 – 102.

Bundesrat – 49 – Drucksache 674/06

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96 Der hier berücksichtigte Sachverhalt ist dadurchgekennzeichnet, dass einerseits die Vertretungsmacht imAllgemeinen erst dann ausgeübt werden kann, wenn derErwachsene, der sie eingeräumt hat, nicht mehr seineInteressen schützen kann, und andererseits in bestimm-ten Rechtssystemen, wie in Québec61), eine Justizbehör-de einschreiten muss, um die Handlungsunfähigkeit fest-zustellen, damit sie wirksam wird. Die auf diese Weiseeingeräumte Vertretungsmacht kann vielfältig sein. Siebezieht sich sowohl auf die Verwaltung des Vermögensdes Erwachsenen als auch auf die Betreuung seiner Per-son. Häufig begegnet man der dem Bevollmächtigtenerteilten Anweisung, im Fall einer unheilbaren Krankheiteine künstliche Verlängerung des Lebens des Betroffe-nen mit allen Mitteln abzulehnen. Diese Art von Voll-macht, die in bestimmten Staaten und insbesondere inNordamerika häufig vorkommt, ist in zahlreichen euro-päischen Staaten, darunter Frankreich, unbekannt, wodie Vollmacht zwangsläufig bei Eintritt der Unfähigkeitendet62), woraus das Interesse resultiert, auf diesemGebiet eine Kollisionsnorm zur Verfügung zu haben.

97 Diese Vollmacht für den Fall der Handlungsunfähig-keit unterscheidet sich völlig von der üblichen Vollmacht,die ein Erwachsener im Vollbesitz seiner Fähigkeiteneiner Person erteilt, um seine Interessen wahrzunehmen.Eine solche Vollmacht, die sofort wirksam wird und inden meisten Rechtsordnungen endet, sobald die Hand-lungsunfähigkeit des Erwachsenen eintritt oder seineUnfähigkeit, seine Interessen zu schützen, festgestelltwird, ist im Internationalen Privatrecht durch das HaagerÜbereinkommen vom 14. März 1978 über das auf dieVertretung anzuwendende Recht geregelt. Nach jenemÜbereinkommen wird sie grundsätzlich, wenn keine Wahlgetroffen wurde, durch das Recht der Geschäftsnieder-lassung oder des gewöhnlichen Aufenthalts des Vertre-ters (Artikel 6) geregelt, wobei dieses Recht insbesonde-re auf das Erlöschen der Vollmacht des Vertreters (Arti-kel 8 Buchstabe a) anzuwenden ist.

Der Fall einer üblichen Vollmacht, die von dem Erwach-senen erteilt wird, um unmittelbar wirksam zu werden,die jedoch die Besonderheit aufweist, ebenfalls aus-drücklich erteilt worden zu sein, um nach Eintreten derHandlungsunfähigkeit weiterzuwirken, kann nicht ausge-schlossen werden. Es könnte akzeptiert werden, dasseine solche Vollmacht in dem Sinn teilbar ist, dass sie biszum Eintreten der Handlungsunfähigkeit unter das Über-einkommen von 1978 und danach unter das Erwachse-nenschutzübereinkommen fällt.

98 Die Vollmacht für den Fall der Handlungsunfähigkeithingegen unterliegt nach Artikel 15 des Übereinkom-mens dem Recht des Staates, in dem der Erwachsene imZeitpunkt der Vereinbarung oder des einseitigen Rechts-geschäfts seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Selbstwenn sie in Frankreich von einem Franzosen, der seinengewöhnlichen Aufenthalt in New York hat, erteilt wird, istsie wirksam und bleibt dies auch, wenn dieser Franzosespäter seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Frankreich hat.

Umgekehrt ist sie, wenn sie von einem Amerikaner mitgewöhnlichem Aufenthalt in Paris erteilt wird, nichtig undbleibt dies auch, wenn dieser Amerikaner seinen ge-wöhnlichen Aufenthalt nach New York verlegt. Das Über-einkommen sieht hier keinen favor validitatis vor, dochgestattet es dem Vollmachtgeber, das anzuwendendeRecht zu wählen (siehe Absatz 2).

99 Der Bereich des anzuwendenden Rechts deckt „dasBestehen, den Umfang, die Änderung und die Beendi-gung […] der Vertretungsmacht“ ab. Die Neuerung ge-genüber dem Übereinkommen von 1996 besteht darin,dass an dieser Stelle der „Umfang“ der Vertretungsmachterwähnt wird. Das Übereinkommen von 1996 unterschei-det zwischen der „Zuweisung“63) und dem „Erlöschen“der elterlichen Verantwortung, die dem Recht des Staatesdes gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes in dem Zeit-punkt, in dem die Ereignisse eintreten, die diese Zuwei-sung oder dieses Erlöschen auslösen, unterliegen einer-seits, und der „Ausübung“ dieser elterlichen Verantwor-tung, die gegebenenfalls dem Recht des Staates desneuen gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes unterliegt,andererseits (Artikel 16 Absatz 1 und Artikel 17). Hierausergibt sich, dass der Umfang der elterlichen Verantwor-tung, d. h. die Rechtsgeschäfte, die ihr Inhaber allein odermit einer Genehmigung abschließen oder nicht abschlie-ßen kann, unter die Kategorie „Ausübung der elterlichenVerantwortung“ fällt. Der hier untersuchte Artikel unter-wirft das Bestehen, den Umfang und die Beendigung dervon dem Erwachsenen eingeräumten Vertretungsmachtinsgesamt dem Recht des Staates, in dem der Erwachse-ne im Zeitpunkt der Vereinbarung oder des einseitigenRechtsgeschäfts seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte,was eine Vereinfachung bedeutet; Absatz 3 jedoch ver-wendet den Begriff „Art und Weise der Ausübung“ einerVertretungsmacht, der enger gefasst ist als der Begriff„Umfang [der] Vertretungsmacht“ und schreibt dafür vor,dass das Recht des Staates, in dem sie ausgeübt wird, zuberücksichtigen ist (siehe unten zu Absatz 3).

100 Die Anknüpfung des Bestehens, des Umfangs undder Beendigung der von dem Erwachsenen eingeräumtenVertretungsmacht an das Recht des Staates des gewöhn-lichen Aufenthalts des Erwachsenen kommt nur zum Tra-gen, wenn der Erwachsene nicht selbst ein anderes Rechthierfür bezeichnet hat. Handelt es sich um eine Vertre-tungsmacht, die durch eine Willenserklärung erteilt wor-den ist, kann die grundsätzliche Gewährung eines Rechtsauf Wahl des anzuwendenden Rechts nicht bestrittenwerden. Die Diskussion bezog sich auf die Frage, ob eszweckmäßig sei, dem Erwachsenen völlige Freiheit beider Wahl des anzuwendenden Rechts zu lassen oder imGegenteil diese Wahlfreiheit einzugrenzen, indem imVoraus festgelegt wird, welches Recht gewählt werdenkann. Diese letzte Lösung wurde von der Kommission mitgroßer Mehrheit befürwortet64) (15 gegen 6 Stimmen bei 2Enthaltungen).

61) Die kanadische Delegation hatte zu diesem Thema anlässlich derSpezialkommission ein wichtiges Informationsdokument über dendiesbezüglichen Stand des Rechts in Québec und Britisch-Columbiavorgelegt (Arbeitsdokument der Spezialkommission Nr. 41 E und F).

62) Mit Ausnahme, in jedem Fall im französischen Recht, des besonde-ren Falls einer Vollmacht, die bei Unterbringung oder im Hinblick aufdie Stellung unter gerichtliche Pflegschaft erteilt wird (Artikel 491-3des französischen Zivilgesetzbuchs).

63) Die in dem Übereinkommen dem „Bestehen“ der Vertretungsmachtentspricht, wobei die unterschiedliche Terminologie dadurch bedingtist, dass es sich in dem Übereinkommen von 1996 um eine elterlicheVerantwortung ex lege handelt, während sich das Erwachsenen-schutzübereinkommen auf eine Vertretungsmacht bezieht, die nurdadurch entstanden ist, dass sie der Erwachsene selbst einräumenwollte.

64) Sie hat mit 13 gegen 5 Stimmen bei 3 Enthaltungen einen Vorschlagder Delegation der Niederlande abgelehnt, der unbegrenzte Wahl-freiheit vorsah (Arbeitsdokument Nr. 35 und Protokoll Nr. 6, Nr. 22).

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101 Am Ende des Absatzes 1 ist das Erfordernis aufge-führt, dass das gewählte Recht „ausdrücklich schriftlichbezeichnet“ wurde. Dieser Wortlaut weicht spürbar vondem jeweiligen Wortlaut in den Übereinkommen über dasauf Verträge anzuwendende Recht ab, sei es das Über-einkommen von Rom vom 19. Juni 1980, das zwischenden Mitgliedstaaten der Europäischen Union geschlos-sen wurde, oder die Haager Übereinkommen vom15. Juni 1955 und 22. Dezember 1986 über den Waren-kauf oder vom 14. März 1978 über die Vertretung. Dieseverschiedenen Übereinkommen lassen, wenn auchunterschiedlich formuliert, in einem mehr oder wenigergroßen Umfang eine stillschweigende, obgleich grund-sätzlich festgelegte Wahl des anzuwendenden Rechtszu. Eine sehr große Zustimmung hinsichtlich eines völli-gen Verbots der stillschweigenden Wahl trat durch dieSorge zutage, jegliche Unsicherheit hinsichtlich des aufdie Vertretungsmacht anzuwendenden Rechts zu ver-meiden, die möglicherweise in einem Zeitpunkt auszu-üben ist, in dem der Erwachsene, der sie eingeräumt hat,nicht mehr in der Lage ist, seine Interessen zu schützen.

Absatz 2

102 Dieser Absatz beschränkt sich darauf, das jeweiligeRecht aufzuzählen, das von dem Erwachsenen gewähltwerden kann. Die Kommission bestätigte den im Vorent-wurf vertretenen Standpunkt zugunsten einer abschlie-ßenden Liste, die für die Bewertung durch das Gerichtkeinen Raum mehr lässt65). Das Recht, das gewählt wer-den kann, ist das Recht eines Staates, dem der Erwach-sene angehört66), das Recht des Staates eines früherengewöhnlichen Aufenthalts des Erwachsenen67) und dasRecht des Staates, in dem sich Vermögen des Erwachse-nen befindet, jedoch nur hinsichtlich dieses Vermö-gens68). Die Kommission hat die Vorschläge verworfen,die zu der Liste der wählbaren Rechte das Recht desStaates hinzufügen wollten, in dessen Hoheitsgebiet derErwachsene seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründenwill69), sowie das Recht des Staates des gewöhnlichenAufenthalts einer dem Erwachsenen nahestehenden Per-son, die bereit ist, seinen Schutz zu übernehmen70).

103 Der Wortlaut ist so auszulegen, dass er es demErwachsenen stillschweigend gestattet, mehr als einRecht für die Vollmacht im Fall der Handlungsunfähigkeitzu wählen, indem er eine Aufgliederung in Teilbereichevornimmt, um jeden davon einem anderen Recht zuunterwerfen. Die Spezialkommission hat sich ausdrück-lich für diese Aufteilungsmöglichkeit ausgesprochen, dasie insbesondere dann gerechtfertigt zu sein scheint,wenn der Erwachsene Vermögen in verschiedenen Staa-

ten besitzt. Sie hat jedoch die Auffassung vertreten, dasses nicht erforderlich ist, ausdrücklich eine eigene Bestim-mung abzufassen. Diese Lösung wurde von der diploma-tischen Kommission nicht erneut erörtert. Sie hat somitals akzeptiert zu gelten.

Die Möglichkeit, die sich dem Erwachsenen bietet, dieVollmacht insgesamt entweder alternativ (favor validitatis)oder kumulativ (Gültigkeit abhängig von der Übereinstim-mung aller bezeichneten Rechtssysteme) mehr als einemRecht zu unterwerfen, ist nicht diskutiert worden, abernichts scheint dies zu untersagen.

104 Die Befugnis des Erwachsenen, das auf die Voll-macht bei Unfähigkeit anzuwendende Recht zu wählen,wirft einige Probleme auf, da einige Rechte diese Art vonVollmacht nicht kennen oder verbieten. Die Kommissionhat einen Vorschlag der Delegationen der skandinavi-schen Staaten abgelehnt, der die Anwendung des Absat-zes 2, d. h. die Möglichkeit der Wahl des anzuwenden-den Rechts, auf den Fall beschränkt hätte, in dem dasRecht des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts desErwachsenen die Vollmacht für den Fall der Handlungs-unfähigkeit gekannt hätte71). Diese Delegationen wolltendie Staaten, die diese Einrichtung nicht kennen, hier-durch nicht zwingen, sie indirekt in ihr Recht einzuführen.Die Diskussion hat jedoch gezeigt, dass diese Beschrän-kung die Willensfreiheit des Erwachsenen und die Art,wie im Fall seiner Handlungsunfähigkeit gehandelt wer-den soll, ungemein beschränkt hätte. Es schien insbe-sondere, dass der Staat des gewöhnlichen Aufenthaltsdes Erwachsenen kein rechtmäßiges Interesse daranhaben konnte, die Ausübung der sich aus der Vollmachtfür den Fall der Handlungsunfähigkeit ergebenden Ver-tretungsmacht im Ausland – beispielsweise im Staat derBelegenheit des Vermögens – zu verhindern.

105 Die Kommission hat ebenfalls den Fall erörtert, ohnejedoch Stellung zu beziehen, in dem das von demErwachsenen gewählte Recht (und nicht mehr das Rechtseines gewöhnlichen Aufenthalts) die Vollmacht für denFall der Handlungsunfähigkeit nicht kennt (oder sie ver-bietet).

Die Spezialkommission hatte einen Vorschlag, der sichan Artikel 5 des Haager Übereinkommens vom 1. Juli1985 über das auf Trusts anzuwendende Recht und überihre Anerkennung72) anlehnt und der Absatz 2 (somit dieWahlmöglichkeit) für nicht anwendbar erklärt, wenn dasbezeichnete Recht diese Art von Vollmacht nicht vor-

65) Die Spezialkommission hatte mit schwacher Mehrheit jede offeneWahlmöglichkeit abgelehnt, wie die Möglichkeit, das Recht einesStaates zu wählen, zu dem der Erwachsene eine enge Bindung auf-weist, und bei der diplomatischen Kommission wurde kein Vorschlagin diesem Sinne eingebracht.

66) Somit im Fall mehrerer Staatsangehörigkeiten eines der nationalenRechte.

67) Und nicht nur des letzten gewöhnlichen Aufenthalts entgegen dem,was für Zuständigkeitsübertragungen in Artikel 8 Absatz 2 Buchsta-be b (siehe oben, Nr. 69) vorgesehen ist. Die Kommission hat mit 11gegen 7 Stimmen bei 5 Enthaltungen einen Vorschlag der Delegatio-nen der skandinavischen Staaten hierzu abgelehnt (Arbeitsdoku-ment Nr. 28 und Protokoll Nr. 6, Nr. 22).

68) Siehe Arbeitsdokument Nr. 28, das zu diesem Punkt mit 20 gegeneine bei 2 Enthaltungen angenommen wurde, Protokoll Nr. 6, Nr. 36.

69) Arbeitsdokument Nr. 41, vom Verfasser zurückgezogen.70) Arbeitsdokument Nr. 44, vom Verfasser zurückgezogen.

71) Arbeitsdokument Nr. 28, das mit 13 gegen 5 Stimmen bei 4 Enthal-tungen abgelehnt wurde, siehe Protokoll Nr. 6, Nr. 54.

72) Artikel 5 des Übereinkommens vom 1. Juli 1985 über das auf Trustsanzuwendende Recht und über ihre Anerkennung: „Das Überein-kommen ist nicht anzuwenden, soweit das nach Kapitel II bezeichne-te Recht Trusts oder die Art von Trusts, um die es geht, nicht vor-sieht“. In dem Übereinkommen über Trusts erklärt sich diese Bestim-mung durch einen zugrunde liegenden Grundsatz zugunsten derGültigkeit des Trusts, was in Artikel 6 Absatz 2 deutlich zutage tritt.Absatz 1 gestattet es dem Begründer, das auf Trusts anzuwendendeRecht zu wählen, und Absatz 2 fügt hinzu: „Sieht das nach Absatz 1gewählte Recht Trusts oder die Art von Trusts, um die es geht, nichtvor, so ist die Rechtswahl unwirksam und das in Artikel 7 bestimmteRecht anzuwenden.“ Artikel 6 eröffnet eine zweifache Möglichkeit fürdie Gültigkeit des Trusts (gewähltes Recht, andernfalls objektivanzuwendendes Recht), und Artikel 5 fügt eine dritte hinzu, nämlichdie des außerhalb des Übereinkommens durch das Recht derbefassten Behörde bezeichneten Rechts. Eine Übertragung dieserBestimmungen auf das Übereinkommen über den internationalenSchutz von Erwachsenen hätte eine tiefgreifendere Diskussion überden der Vollmacht im Fall der Handlungsunfähigkeit einzuräumendenVorzug erfordert.

Bundesrat – 51 – Drucksache 674/06

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sieht, verworfen. Dieser Vorschlag hätte dazu geführt, indiesem Fall auf das Recht des Staates des gewöhnlichenAufenthalts des Erwachsenen nach Absatz 1 zurückzu-greifen. Ein neuer Vorschlag ist der diplomatischen Kom-mission nicht unterbreitet worden. Die von dem Berichtzum Vorentwurf gezogene Schlussfolgerung (Nr. 99)bleibt demnach gültig; sie besteht darin, die von demErwachsenen eingeräumte Vertretungsmacht für nichtbestehend zu betrachten und die zuständige Behördeum eine Schutzmaßnahme zu ersuchen.

Absatz 3

106 Dieser Absatz unterstellt die Art und Weise der Aus-übung der durch die Vollmacht im Fall der Handlungsun-fähigkeit eingeräumten Vertretungsmacht dem Recht desStaates, in dem sie ausgeübt wird. Er ist mit Artikel 14 zuvergleichen, der die Bedingungen für die Durchführungder Schutzmaßnahmen, die von einer zuständigen Be-hörde eines Vertragstaats getroffen werden, dem Rechtdes Staates unterstellt, in dem sie durchgeführt werden(siehe oben Nr. 94). Der Anwendungsbereich des Rechtsdes Ortes, an dem die Vertretungsmacht ausgeübt wird,ist somit beschränkter, wenn es sich um eine Vertre-tungsmacht handelt, die von dem Erwachsenen selbsteingeräumt wurde, als wenn sie aus einer Schutzmaß-nahme stammt. Einige Delegationen haben die Befürch-tung geäußert, dass mehr oder weniger ehrliche auslän-dische Bevollmächtigte ihre Vertretungsmacht gegen-über dem örtlichen Recht geltend machen, um Bluttrans-fusionen oder Organtransplantationen an einem Erwach-senen zu erlauben. Die Kommission hat sich über dieseBefürchtung, die durch einen Rückgriff auf die öffentlicheOrdnung (ordre public) des Ortes gelöst wird, an dem dieVertretungsmacht ausgeübt wird, hinweggesetzt und inder Tat mit förmlicher Abstimmung entschieden73), dieAnwendung des Rechts des Ortes, an dem die von demErwachsenen eingeräumte Vertretungsmacht ausgeübtwird, auf die „Art und Weise der Ausübung“ zu beschrän-ken, und mit der gleichen Abstimmung abgelehnt, sie aufdie „Ausübung“ dieser Vertretungsmacht auszuweiten.Dagegen hat sie entschieden, dass dieses Recht „ange-wandt“ und nicht nur, wie im Vorentwurf vorgesehen, inBetracht gezogen wird.

107 Der Begriff der Art und Weise der Ausübung ist, wieoben unter Nr. 99 (zu Artikel 15 Absatz 1) aufgeführt,enger gefasst als der Begriff „Umfang“ der Vertretungs-macht. Er sollte nur einzelne Punkte umfassen. Diesewurden im Verlauf der Diskussionen kaum näher erläutert,jedoch könnte beispielsweise die Überprüfung desBestehens und des Umfangs der Vertretungsmacht durchein örtliches Verfahren, die Hinterlegung der Urkunde, mitder sie übertragen wurde, oder aber das Genehmigungs-verfahren, wenn die Vollmacht für den Fall der Handlungs-unfähigkeit eine Genehmigung vorschreibt, eingefügtwerden.

Artikel 16 (Aufhebung oder Änderung der Vertretungs-macht)

108 Dieser Artikel, der ungefähr Artikel 18 des Kinder-schutzübereinkommens entspricht, sieht für die nachdem Übereinkommen zuständigen Behörden die Mög-

lichkeit vor, die von dem Erwachsenen nach Artikel 15eingeräumte Vertretungsmacht aufzuheben oder zuändern74).

Die beschlossene Fassung, die ausführlicher ist als imVorentwurf, versucht, die Achtung des Willens desErwachsenen, den er in einem Zeitpunkt, in dem er nochin der Lage war, seine Interessen zu schützen, ausge-drückt hat, mit der Notwendigkeit in Einklang zu bringen,ihn in dem Zeitpunkt zu schützen, in dem sein Zustandsich verschlechtert hat und diese Vertretungsmacht aus-zuüben ist.

Die Sorge um die Achtung des Willens des Erwachsenenhat einige Delegationen dazu veranlasst, die Streichungdieses Artikels und die Anwendung des nach Artikel 15maßgeblichen Rechts der Vollmacht auf die Änderungund die Aufhebung der von dem Erwachsenen einge-räumten Vertretungsmacht zu beantragen. Umgekehrtwollten die Delegationen, die um den sofortigen Schutzdes Erwachsenen bemüht waren, den nach dem Über-einkommen zuständigen Behörden die Sorge übertra-gen, im Einklang mit dem nach Artikel 15 maßgeblichenRecht, das üblicherweise auf die SchutzmaßnahmenAnwendung findet, diese Vertretungsmacht aufzuhebenoder zu ändern.

Artikel 16 ist das Ergebnis der Vermittlung zwischen die-sen beiden Tendenzen75). Er stellt zunächst klar, in wel-chen Fällen die sich aus der Vollmacht ergebende Vertre-tungsmacht zu ändern oder aufzuheben ist. Dies gilt nur,wenn sie „nicht in einer Weise ausgeübt [wird], die denSchutz der Person oder des Vermögens des Erwachse-nen ausreichend sicherstellt“. Somit ist die Gefahr aus-geschaltet, dass die Behörden des gewöhnlichen Aufent-halts des Erwachsenen den von dem Erwachsenengewollten Schutz durch einen Schutz nach ihrem Rechtersetzen. Sie haben zunächst die schlechte oder unzurei-chende Ausübung dieser Vertretungsmacht durch denBevollmächtigten festzustellen. Zweitens werden diezuständigen Behörden zwecks Aufhebung oder Ände-rung dieser Vertretungsmacht aufgefordert, soweit wiemöglich das nach Artikel 15 maßgebliche Recht zuberücksichtigen, d. h. das für die Vollmacht für den Fallder Handlungsunfähigkeit maßgebliche Recht, für dassich der Erwachsene entschieden haben kann. DieseBestimmung war besonders für den Fall erforderlich, indem das Recht der zuständigen Behörde die Vollmachtfür den Fall der Handlungsunfähigkeit nicht kennt.

Artikel 17 (Schutz Dritter)

109 Artikel 17 orientiert sich unmittelbar an Artikel 19des Kinderschutzübereinkommens und zielt auf denSchutz des gutgläubigen Dritten ab, der mit „einer ande-ren Person, die nach dem Recht des Staates, in dem dasRechtsgeschäft abgeschlossen wurde, als Vertreter zuhandeln befugt wäre“, verhandelt hat. Die Gültigkeit des

73) Mit 11 gegen 7 Stimmen bei 4 Enthaltungen, siehe Protokoll Nr. 6,Nr. 82.

74) Die Änderung könnte z. B. in der Einführung einer Aufsicht über denBevollmächtigten bestehen.

75) Veranschaulicht durch die nachfolgende Abstimmung über die Vor-schläge Nrn. 50 und 55, welche die beiden gegensätzlichen Tenden-zen darstellen. Siehe Protokoll Nr. 7, Nr. 103. In zweiter Lesung ein-gebrachte Vorschläge versuchten, diese Vermittlung in Frage zu stel-len, entweder durch Ersatz des Ausdrucks „zu berücksichtigen“durch „anzuwenden“ (Arbeitsdokument Nr. 93) oder umgekehrtdurch Streichung des zweiten Satzes des Artikels 16 (Arbeitsdoku-ment Nr. 94). Sie wurden alle zurückgewiesen (siehe Protokoll Nr. 16,Nr. 21).

Drucksache 674/06 – 52 – Bundesrat

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Rechtsgeschäfts ist gewährleistet und der Dritte gegenjegliche Verantwortung, die sich aus diesem Irrtumergibt, geschützt, „es sei denn, [er] wusste oder hättewissen müssen, dass sich diese Vertretungsmacht nach[dem in diesem Kapitel bestimmten Recht] bestimmte“.Demnach wird von dem Dritten eine durch eine Sorgfalts-pflicht verstärkte Gutgläubigkeit verlangt76).

Der Wortlaut findet sowohl dann Anwendung, wenn dieBerechtigung des Vertreters zum Handeln durch eineSchutzmaßnahme erteilt wurde, als auch dann, wenn sieaus einer Willenserklärung des Erwachsenen selbst her-vorgeht.

Die Rechtsgeschäfte, deren Gültigkeit nicht allein deswe-gen bestritten werden kann, weil der scheinbare Vertreterdes Erwachsenen diese Vertretungsmacht nicht besaß,und derentwegen der Dritte nicht verantwortlich gemachtwerden kann, müssen in sehr umfassendem Sinn ver-standen werden. Es kann sich sowohl um vermögens-rechtliche Rechtsgeschäfte, beispielsweise die Aushän-digung von Kapital durch eine Bank an den scheinbarenVertreter des Erwachsenen, als auch um medizinischeMaßnahmen handeln, etwa einen chirurgischen Eingriffoder eine medizinische Behandlung, die auf Ersuchendieses scheinbaren Vertreters durchgeführt werden77).

110 Der Wortlaut findet nur in dem Fall Anwendung, indem der Dritte mit dem scheinbaren Vertreter verhandelthat. Er ist nicht anzuwenden, wenn der Dritte mit demErwachsenen verhandelt hat, ohne zu wissen, dass die-sem die Befugnis, seine eigenen Angelegenheiten zu ver-walten, entzogen worden war. Diese Lücke erklärt sichdadurch, dass dieser Sachverhalt unter Artikel 11 desÜbereinkommens von Rom vom 19. Juni 1980 über dasauf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Rechtfällt, dem die Staaten der Europäischen Union als Ver-tragsparteien angehören, und dass eine etwaige Kollisionmit anderen Übereinkommen vermieden werden sollte78).Dieser Sachverhalt wird folglich für die Vertragsstaatendes Übereinkommens von Rom durch dessen Artikel 11und für die anderen Staaten durch deren innerstaatlichesRecht geregelt.

Artikel 18 (Allseitige Geltung der Kollisionsnormen)

111 Dieser Artikel ist in den Haager Übereinkommenüber Kollisionsrecht üblich. Er findet jedoch keineAnwendung, wenn – wie in Artikel 14 – das Übereinkom-men sich ausdrücklich auf das Recht eines Vertrags-staats bezieht.

Artikel 19 (Ausschluss der Rück- und Weiterverweisung)

112 Dieser ebenfalls in den Haager Übereinkommenüber Kollisionsrecht etablierte Artikel übernimmt den

Grundsatz des Ausschlusses der Rück- und Weiterver-weisung.

Im Unterschied zu Artikel 21 des Kinderschutzüberein-kommens enthält er keine Norm für die Kollision von Sys-temen. Diese Norm war in dem Fall gerechtfertigt, in demsich die von jenem Übereinkommen vorgesehene elterli-che Verantwortung aus dem Recht selbst ergab. Es wardaher angebracht zu vermeiden, dass die Kollisionsnormdes Übereinkommens zusammen mit dem Ausschlussder Verweisung dazu führt, die harmonische Regelungder elterlichen Verantwortung, die sich aus der Überein-stimmung der Kollisionsnormen der Nichtvertragsstaatenergibt, mit denen der Sachverhalt die engste Verbindungaufwies, in Frage zu stellen. Beim Schutz von Erwachse-nen erübrigte sich diese Vorsichtsmaßnahme, da dasÜbereinkommen keine Kollisionsnorm in Bezug auf diegesetzliche Vertretung des Erwachsenen aufstellt (vgl.oben Nr. 90).

Artikel 20 (Zwingende Vorschriften)

113 Der Vorbehalt der zwingenden Vorschriften79) indem Staat, in dem der Schutz des Erwachsenen zugewährleisten ist, wurde insbesondere mit Blick auf denmedizinischen Bereich eingeführt. Er war namentlich alsGegengewicht zu der dem Erwachsenen eröffnetenMöglichkeit vorgeschlagen worden, das auf die Vertre-tungsmacht anzuwendende Recht zu wählen. Die Dele-gation der Niederlande hat ein niederländisches Gesetzals Beispiel angeführt, das sie als zwingende Vorschriftansieht und das besondere Formen der Vertretung desErwachsenen auf medizinischem Gebiet vorsieht, die vonden allgemeinen Rechtsvorschriften über Vormundschaftund Pflegschaft abweichen. So vertritt der Ehegatte denPatienten im Hinblick auf die Aufnahme in ein psychiatri-sches Krankenhaus oder eine geriatrische Klinik, selbstwenn dieser Patient einen Vormund oder Pfleger hat. Die-ses Gesetz schreibt vor, dass der Vertreter vor jederUnterbringungsmaßnahme eine Genehmigung habenmuss. Mit dem Vorbehalt zwingender Vorschriften wolltedie Kommission den Staaten, die solche Vorschriftenerlassen haben, erlauben, sie in ihrem eigenen Hoheits-gebiet anzuwenden, selbst wenn der Schutz des Er-wachsenen nach einem anderen Recht gestaltet wordenist. Obgleich die Kommission am Ende der Tagung denBezug zum medizinischen Bereich gemäß der bereitserwähnten allgemeinen Entscheidung (oben Nr. 42)gestrichen hat, wird Artikel 20 häufig auf medizinischemGebiet Anwendung finden und eine Regelung der meis-ten im Verlauf der Verhandlungen in diesem Bereichangesprochenen Probleme ermöglichen.

Eine Delegation hätte gewünscht, dass jeder Vertrags-staat eine Liste seiner Bestimmungen aufstellt, die er alszwingende Vorschriften ansieht, damit die anderen Ver-tragsstaaten sie so weit wie möglich beachten können,wenn sie in ihre Zuständigkeit fallende Schutzmaßnah-men, die zur Durchführung in einem anderen Staatbestimmt sind, treffen. Dieser Vorschlag wurde aufgrundder Schwierigkeiten seiner Durchführung verworfen.

76) Siehe die Erläuterungen des Erläuternden Berichts zum Kinder-schutzübereinkommen, Nrn. 111 bis 114.

77) Dieser Punkt ist von der Spezialkommission angenommen worden.Die diplomatische Kommission hat Artikel 17 mit Ausnahme eineskleineren redaktionellen Punktes nicht erneut diskutiert (ProtokollNr. 7, Nrn. 17 – 23).

78) Übereinkommen von Rom, Artikel 11: „Bei einem zwischen Perso-nen, die sich in demselben Staat befinden, geschlossenen Vertragkann sich eine natürliche Person, die nach dem Recht dieses Staatesrechts-, geschäfts- und handlungsfähig wäre, nur dann auf ihre ausdem Recht eines anderen Staates abgeleitete Rechts-, Geschäfts-und Handlungsunfähigkeit berufen, wenn der andere Vertragsteil beiVertragsabschluss diese Rechts-, Geschäfts- und Handlungsunfä-higkeit kannte oder infolge Fahrlässigkeit nicht kannte.“

79) Der Ausdruck „zwingende Vorschriften“ ist nicht aufrechterhaltenworden, obgleich die in dem Wortlaut verwendete Umschreibung(„Bestimmungen […], deren Anwendung unabhängig vom sonstmaßgebenden Recht zwingend ist“) ganz genau ihrer Definition ent-spricht. Einige Delegationen haben auf Schwierigkeiten bei derÜbersetzung des Ausdrucks hingewiesen.

Bundesrat – 53 – Drucksache 674/06

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Artikel 21 (Öffentliche Ordnung – ordre public)

114 Dieser Artikel enthält die in den Haager Überein-kommen übliche Bestimmung über die Ausnahme auf-grund der öffentlichen Ordnung (ordre public). Der Ver-weis auf das Wohl des Erwachsenen, der im Vorentwurfenthalten war, wurde gestrichen. Es wurde darauf hinge-wiesen, dass der Ausdruck „Wohl des Kindes“ in demÜbereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechtedes Kindes aufgeführt ist, dass jedoch in keiner völker-rechtlichen Übereinkunft ein vergleichbarer Passus imHinblick auf Erwachsene besteht80).

K a p i t e l I V

A n e r k e n n u n g u n d Vo l l s t r e c k u n g

115 Dieses Kapitel lehnt sich eng an das entsprechendeKapitel des Kinderschutzübereinkommens an81). Ebensowie jenes Übereinkommen unterscheidet es zwischender Anerkennung (Artikel 22 bis 24), der Vollstreckbarer-klärung oder der Registrierung zwecks Vollstreckung(Artikel 25 und 26) und schließlich der Vollstreckung (Arti-kel 27).

Artikel 22 (Anerkennung und Gründe für die Versagungder Anerkennung)

Absatz 1

116 Dieser Absatz stellt den Grundsatz auf, dass die ineinem anderen Vertragsstaat getroffenen Maßnahmenkraft Gesetzes in jedem Vertragsstaat anzuerkennensind82). Die Anerkennung hat die Maßnahme zum Gegen-stand, so wie sie in dem Vertragsstaat, in dem sie getrof-fen wurde, besteht, einschließlich des Falls einer Wieder-herstellung der Handlungsfähigkeit eines Erwachsenen,dem sie entzogen worden war. Ebenso soll die Vertre-tungsmacht anerkannt werden, die durch die Maßnahmeoder die Einrichtung einer Aufsicht in dem Staat desgewöhnlichen Aufenthalts des Erwachsenen eingeräumtwurde.

Die Anerkennung kraft Gesetzes bedeutet, dass sieerlangt wird, ohne dass ein Rückgriff auf ein Verfahrenerforderlich wäre, zumindest so lange, wie derjenige, dersich auf die Maßnahme beruft, keine Vollstreckungs-handlung dafür beantragt. Die Partei, der die Maßnahmeentgegengehalten wird, beispielsweise im Verlauf einesgerichtlichen Verfahrens, muss einen Grund für die inAbsatz 2 vorgesehene Nichtanerkennung anführen. DasÜbereinkommen schließt jedoch ein auf die Anerkennungoder Nichtanerkennung der Maßnahme beschränktesPräventivverfahren nicht aus (siehe Artikel 23 unten).

117 Für ihre Anerkennung muss eine Maßnahme selbst-verständlich nachgewiesen sein. Dieser Nachweis ergibtsich üblicherweise aus dem schriftlichen Dokument derHerkunftsbehörde, das die von ihr getroffene Entschei-dung enthält. In dringenden Fällen kann es jedoch sein,dass die Maßnahme telefonisch getroffen wird und ledig-

lich zu einem handschriftlichen Vermerk in der Akte führt.Zur Vermeidung von bürokratischen Auswüchsen ver-mied es das Übereinkommen, die Anerkennung von derVorlage eines von der Herkunftsbehörde datierten undunterzeichneten Schriftstücks abhängig zu machen.Daher könnten beispielsweise ein Telefax oder eine E-Mail den Nachweis der Maßnahme im Hinblick auf ihreAnerkennung erbringen.

Absatz 2

118 Absatz 2 zählt die Gründe auf, derentwegen dieAnerkennung versagt werden kann. Diese Gründe für dieNichtanerkennung sind die einzigen, die von dem er-suchten Staat geltend gemacht werden können. Insbe-sondere ist die ersuchte Behörde nicht ermächtigt, dasvon der Herkunftsbehörde angewandte Recht zu über-prüfen. Im Übrigen ist anzumerken, dass Absatz 2 dieVersagung der Anerkennung erlaubt, jedoch nicht vor-schreibt.

Buchstabe a

119 Die Anerkennung kann versagt werden, wenn dieMaßnahme von einer Behörde getroffen wurde, die nichtaufgrund oder in Übereinstimmung mit Kapitel II zustän-dig war. Der Verweis auf die „Übereinstimmung“ derZuständigkeit der Herkunftsbehörde mit Kapitel II desÜbereinkommens wird verständlich bei einem Vergleichmit Artikel 2 Absatz 2 des Übereinkommens. Das Über-einkommen findet auf Maßnahmen Anwendung, diegetroffen wurden, während der Erwachsene noch min-derjährig war, und vermutlich in Anwendung von anderenZuständigkeitsregeln als denen des Übereinkommens.Die Anerkennung dieser Maßnahmen kann versagt wer-den, wenn diese Zuständigkeitsregeln nicht mit denendes Übereinkommens übereinstimmen. In dem Fall, indem die eine seinerzeit minderjährige Person betreffendeMaßnahme in Anwendung des Übereinkommens von1996 getroffen worden ist, kann ihr die Anerkennung ver-sagt werden, wenn sie in Anwendung einer Zuständig-keitsregel des Übereinkommens von 1996 getroffenwurde (z. B. der in Artikel 10 vorgesehene Gerichtsstandder Scheidung), jedoch nicht des Erwachsenenschutz-übereinkommens (siehe oben Nr. 15, Fußnote 16).

Buchstabe a hat zur Folge, dass die ersuchte Behördedie Befugnis zur Überprüfung der mittelbaren Zuständig-keit der Herkunftsbehörde hat. Sie ist jedoch bei dieserÜberprüfung an die Tatsachenfeststellungen gebunden,auf welche die Herkunftsbehörde ihre Zuständigkeitgestützt hat (Artikel 24, siehe unten).

Buchstabe b

120 Die Versagung der Anerkennung ist möglich, wenndie Maßnahme, außer in dringenden Fällen, im Rahmeneines Gerichts- oder Verwaltungsverfahrens getroffenwurde, ohne dass dem Erwachsenen die Möglichkeit ein-geräumt worden war, gehört zu werden, und dadurchgegen wesentliche Verfahrensgrundsätze des ersuchtenStaates verstoßen wurde. Dieser Versagungsgrund führtnicht dazu, dass der Erwachsene in allen Fällen zu hörenist. Es könnte sein, dass ein solches Gehör seinen Inte-ressen entgegensteht, jedoch sollte dieser Umstand beieinem Erwachsenen die Ausnahme bleiben. In diesemPunkt ist nicht danach zu unterscheiden, ob die Maßnah-me im Rahmen eines Gerichts- oder eines Verwaltungs-

80) Siehe die Diskussion und Abstimmung in Protokoll Nr. 7, Nrn. 74 – 89.81) Daher nimmt dieser Bericht einige Erläuterungen aus dem Bericht

über das Übereinkommen von 1996 wieder auf. Dies gilt ebenfalls fürdas folgende Kapitel.

82) Die Anerkennung der von den Behörden eines Nichtvertragsstaatsgetroffenen Maßnahmen in einem Vertragsstaat wird von dem inner-staatlichen Recht jedes Vertragsstaats geregelt.

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verfahrens getroffen wurde. Im Endeffekt handelt es sichum eine Spezialklausel der öffentlichen Ordnung (ordrepublic) im Verfahren. Diese findet in dringenden Fällen, indenen die Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (ordrepublic) im Verfahren flexibler zu verstehen sind, keine An-wendung.

Buchstabe c

121 Der Wortlaut führt den offensichtlichen Widerspruchzur öffentlichen Ordnung (ordre public) des ersuchtenStaates als Grund für die Nichtanerkennung an. Im Hin-blick auf den Gleichklang mit Artikel 20 fügt er denWiderspruch zu einer zwingenden Vorschrift des ersuch-ten Staates hinzu83).

Buchstabe d

122 Dieser Buchstabe, dessen Fassung an die des Arti-kels 27 Absatz 5 der Übereinkommen von Brüssel undLugano erinnert84), sieht den Kollisionsfall zwischen deranzuerkennenden Maßnahme, die in einem Vertragsstaatgetroffen wurde, und einer anderen Maßnahme vor, diespäter in einem Nichtvertragsstaat, der nach den Arti-keln 5 bis 9 des Übereinkommens zuständig gewesenwäre, getroffen wurde und die erforderlichen Vorausset-zungen für ihre Anerkennung im ersuchten Staat erfüllt.In diesem Fall wird, wenn die beiden Maßnahmen unver-einbar sind, der zweiten Maßnahme der Vorrang gege-ben, da sie neuer ist und von einer Behörde getroffenwurde, die dem Erwachsenen näher steht und bessergeeignet ist, seine Interessen zu bewerten.

Dieser Vorrang, welcher der später in einem Nichtver-tragsstaat getroffenen Maßnahme gegeben wird, setztvoraus, dass dieser Staat nach den Artikeln 5 bis 9 desÜbereinkommens zuständig gewesen wäre. Er wird somitim breiterem Maße als in dem Kinderschutzübereinkom-men gewährt, in dem er auf die Maßnahmen beschränktwar, die von einer Behörde des Nichtvertragsstaats desgewöhnlichen Aufenthalts des Kindes getroffen wurden.

Buchstabe e

123 Dieser letzte Grund für die Versagung der Anerken-nung ist an Artikel 33 gebunden (siehe unten), der vor jederMaßnahme der Unterbringung eines Erwachsenen ineinem anderen Vertragsstaat ein obligatorisches Konsul-tationsverfahren einrichtet. Artikel 22 Absatz 2 Buchsta-be e vermeidet es, den Staat, in dem die Unterbringungs-maßnahme ausgeführt werden soll, vor eine vollendeteTatsache zu stellen, und erlaubt ihm, die Anerkennung

der Maßnahme zu versagen, wenn das Konsultationsver-fahren nicht beachtet wurde.

Artikel 23 (Vorsorglicher Antrag auf Anerkennung oderNichtanerkennung)

124 Da die Anerkennung kraft Gesetzes erfolgt, wird erstan dem Tag, an dem die Maßnahme in einem Staat gel-tend gemacht wird, über eine etwaige Anfechtung desBestehens eines Grundes für die Nichtanerkennung ent-schieden. Dieser Zeitpunkt kann zu spät sein und jedebetroffene Person kann ein rechtmäßiges Interesse daranhaben, unverzüglich die Zweifel zu zerstreuen, die mögli-cherweise bezüglich des Bestehens eines solchen Nicht-anerkennungsgrunds existieren.

Der Wortlaut beschränkt die Zulässigkeit des vorsorgli-chen Antrags auf die Anerkennung oder Nichtanerken-nung der Maßnahmen. Er sieht einen solchen Antragnicht vor, um beispielsweise die Frage der Gültigkeit oderNichtigkeit einer Vollmacht für den Fall der Handlungsun-fähigkeit zu entscheiden.

Das Übereinkommen überlässt die Bestimmung des Ver-fahrens für diesen vorsorglichen Antrag dem Recht desersuchten Staates. Dieses Verfahren ist nicht zwangsläu-fig ein Abbild des Vollstreckbarkeitsverfahrens, und dasÜbereinkommen schreibt nicht, wie bei der Vollstreck-barkeit, ein „einfaches und schnelles“ Verfahren vor (Arti-kel 25 Absatz 2). In der Tat muss das Vollstreckbarkeits-verfahren in einem internationalen Übereinkommen, dasdie ungehinderte Verbreitung von Entscheidungen ge-währleisten soll, schnell und häufig im ersten Stadiumnicht kontradiktorisch85) sein. Dagegen zielt das vorsorg-liche Verfahren auf die umgehende Einführung einerDebatte über die internationale Ordnungsmäßigkeit derMaßnahme ab und im Fall des Antrags auf Nichtanerken-nung der Maßnahme auf die Hemmung ihrer ungehinder-ten Verbreitung. Eine solche Debatte muss zwangsläufigkontradiktorisch geführt werden, was üblicherweisemehr Zeit als ein beschleunigtes Vollstreckbarkeitsver-fahren in Anspruch nimmt.

Artikel 24 (Tatsachenfeststellung zur Zuständigkeit)

125 Wie bereits für Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe aangegeben (siehe oben Nr. 119) ist die Behörde desersuchten Staates an die Tatsachenfeststellungengebunden, auf welche die Herkunftsbehörde ihre Zustän-digkeit gestützt hat. Hat die Herkunftsbehörde beispiels-weise als Behörde des Staates des gewöhnlichen Auf-enthalts des Erwachsenen entschieden, kann die Behör-de des ersuchten Staates die Tatsachen, auf welche dieHerkunftsbehörde ihre Bewertung des gewöhnlichenAufenthalts gestützt hat, nicht überprüfen. Ebenso bindetdiese Bewertung die Behörde des ersuchten Staates,wenn die Zuständigkeit auf einer vorherigen Bewertungdes Interesses des Erwachsenen durch die Herkunftsbe-hörde gründet86). Diese Regel findet sich auch in anderenÜbereinkommen87).

83) Mehrere Delegierte hatten bemerkt, dass dieser Zusatz überflüssigist und der Vorbehalt der öffentlichen Ordnung (ordre public) in derPhase der Anerkennung genügt, um das erwünschte Ergebnis zuerreichen, insbesondere um die Anerkennung einer medizinischenMaßnahme, die einer zwingenden Vorschrift des ersuchten Staatesentgegensteht, zu versagen (siehe die Diskussion im Protokoll Nr. 7,Nrn. 126 bis 142).

84) Mit dem Unterschied, dass diese Übereinkommen der zuvor ineinem Nichtvertragsstaat getroffenen Entscheidung den Vorranggeben, die in dem ersuchten Staat die erforderlichen Voraussetzun-gen erfüllt, da die dieser ersten Entscheidung zuerkannte Rechts-kraft der Anerkennung einer späteren mit ihr unvereinbaren Entschei-dung entgegensteht. Im Gegenteil wird in diesem Übereinkommendie spätere im Nichtvertragsstaat getroffene Maßnahme vorgezogen,da im Sinne des Artikels 10 Absatz 2, des Artikels 11 Absatz 2, desArtikels 12 Absatz 2 und des Artikels 14 die getroffenen Maßnahmenimmer von der aufgrund des Übereinkommens zuständigen Behördegeändert oder ersetzt werden können.

85) Siehe das Antragsverfahren, das von den Übereinkommen von Brüs-sel und Lugano eingeführt wurde, Artikel 31 ff.

86) Siehe Artikel 7 Absatz 1, Artikel 8 Absatz 1 und Artikel 13 Absatz 2.87) Siehe Artikel 9 des Haager Übereinkommens vom 2. Oktober 1973 über

die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen;Artikel 28 Absatz 2 der Übereinkommen von Brüssel und Lugano.

Bundesrat – 55 – Drucksache 674/06

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Artikel 25 (Vollstreckbarerklärung)

126 Dieser Artikel sieht den Fall vor, in dem die in einemVertragsstaat getroffenen und dort vollstreckbaren Maß-nahmen Vollstreckungshandlungen in einem anderenVertragsstaat erfordern. Ist dies nicht der Fall, genügtArtikel 22 – d. h. die Anerkennung –, um zu ermöglichen,dass die Maßnahme wirksam wird. Beispielsweise er-möglichen die einem gesetzlichen Vertreter durch eine ineinem Vertragsstaat getroffene Maßnahme übertragenenBefugnisse es diesem Vertreter, in einem anderen Ver-tragsstaat im Namen des Erwachsenen die zum Schutzseiner Person oder seines Vermögens erforderlichenHandlungen durchzuführen, sofern kein Grund für dieNichtanerkennung vorliegt. Bringt die Maßnahme jedochVollstreckungshandlungen mit sich, beispielsweise denZwangsverkauf eines Vermögensgegenstands, so mussdie Maßnahme in dem zweiten Staat Gegenstand einerVollstreckbarerklärung oder, je nach dem in bestimmtenStaaten anzuwendenden Verfahren, einer Registrierungzur Vollstreckung werden.

Artikel 25 Absatz 1 ruft diese Notwendigkeit in Erinne-rung und gibt an, dass das Verfahren in dem ersuchtenStaat „auf Antrag jeder betroffenen Partei nach dem imRecht dieses Staates vorgesehenen Verfahren“ ausge-löst wird. Dem Begriff „Antrag“ ist nicht der präzise ver-fahrensrechtliche Sinn beizumessen, den er in der fran-zösischen Rechtssprache als das einen nichtkontradik-torischen Rechtsstreit einleitende Schriftstück („acteintroductif d’instance“) besitzt, das unmittelbar an dasGericht gerichtet wird, denn der Wortlaut wollte im Unter-schied zu dem Brüsseler Übereinkommen mit dem Ver-weis auf das von dem Recht des ersuchten Staatesbestimmte Verfahren keine Stellung zu dem zu wählen-den Verfahren beziehen.

Absatz 2 beschränkt sich darauf vorzusehen, dass derersuchte Staat „ein einfaches und schnelles Verfahren“anwenden wird, belässt diesem Staat jedoch völlige Frei-heit bei der Wahl der Mittel und setzt ihm keine Frist. Hierhandelt es sich um eine lex imperfecta.

Absatz 3 gibt wie Artikel 34 Absatz 2 des Brüsseler Über-einkommens an, dass die Vollstreckbarerklärung oder dieRegistrierung nur aus einem der in Artikel 22 Absatz 2vorgesehenen Gründe versagt werden darf.

Artikel 26 (Verbot einer Nachprüfung in der Sache selbst)

127 Das Verbot einer Nachprüfung in der Sache selbstist eine Standardklausel in den Übereinkommen über dieAnerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen. Esbetrifft ebenso die Anerkennung wie die Vollstreckbarkeitoder Registrierung.

Artikel 27 (Vollstreckung)

128 Dieser Artikel, der ebenfalls mit Artikel 28 des Kin-derschutzübereinkommens identisch ist, stellt denGrundsatz auf, dass die in einem Vertragsstaat getroffe-nen und in einem anderen Vertragsstaat für vollstreckbarerklärten Maßnahmen „dort vollstreckt [werden], alsseien sie von den Behörden dieses anderen Staatesgetroffen worden“. Es handelt sich um eine Art Naturali-sierung der Maßnahme in dem Vertragsstaat, in dem sievollstreckt wird. So können die Behörden des ersuchtenStaates die Vollstreckung einer im Ausland getroffenenUnterbringungsmaßnahme in den Fällen aussetzen, in

denen sie dazu für eine in ihrem Staat getroffene Maß-nahme ermächtigt worden wären, beispielsweise im Fallder Weigerung des Erwachsenen, sich der Maßnahme zuunterwerfen.

Satz 2 dieses Artikels bekräftigt diese Lösung und gibtan, dass die Vollstreckung sich „nach dem Recht desersuchten Staates unter Beachtung der darin vorgesehe-nen Grenzen“ richtet.

Hat die Behörde des gewöhnlichen Aufenthalts desErwachsenen den Vormund beispielsweise unter die Auf-sicht der örtlichen Sozialbehörden gestellt und wird derErwachsene später in einen anderen Vertragsstaatgebracht, ist die Vollstreckung der im ersten Staat getrof-fenen Entscheidung im zweiten Staat nur möglich, wenndie Behörden des zweiten Staates nach ihrem Rechtermächtigt sind, die Aufsicht auszuüben, die den Sozial-behörden des ersten Staates übertragen wurde. Ist diesnicht der Fall, wäre es Aufgabe der Behörden des zwei-ten Staates, sofern möglich nach Beratung mit denBehörden des ersten Staates, die dort getroffene Maß-nahme anzupassen oder sie nach Artikel 5 Absatz 2 zuändern.

Einige Befürchtungen sind bei der Spezialkommissionhinsichtlich der Anwendung dieser Bestimmung aufErwachsene geäußert worden. Das Risiko einer Beein-trächtigung der Freiheitsrechte aufgrund des Rückgriffsauf staatlichen Zwang ist erwähnt worden. Ebensokamen Befürchtungen wegen der finanziellen Folgen die-ser Bestimmung zum Ausdruck, wenn sie im Endergeb-nis den Staat, in dem sich der Erwachsene befindet, ver-pflichten würde, die Kosten für eine Einweisung in einKrankenhaus oder eine Unterbringung zu tragen, die sichdurch die Vollstreckung von durch die Behörden einesanderen Staates getroffenen Maßnahmen ergeben hät-ten. Diese Befürchtungen sind mit der Bemerkung zer-streut worden, dass Artikel 27 die Vollstreckung der Maß-nahme nur im privatrechtlichen Zusammenhang ins Augefasst.

K a p i t e l V

Z u s a m m e n a r b e i t

129 Auch dieses Kapitel ist die ziemlich getreue Wieder-gabe des entsprechenden Kapitels des Kinderschutz-übereinkommens. Das Übereinkommen sieht daher dieEinrichtung einer gewissermaßen als Drehscheibe anzu-sehenden Zentralen Behörde in jedem Vertragsstaat vor,an die sich die Behörden der anderen Vertragsstaatenwenden können und die ihre Anfragen beantworten kann(Artikel 28 bis 30). Parallel zu der so anerkannten Rolleder Zentralen Behörde hat das Übereinkommen ziemlichweit gefasste Kommunikationsmöglichkeiten und unmit-telbare Auskunftsersuchen zwischen den Behörden ver-schiedener Vertragsstaaten vorgesehen, die Schutzmaß-nahmen zu treffen haben (Artikel 31 bis 35), sowie dieMöglichkeit, zur Erleichterung dieser Zusammenarbeituntereinander, Vereinbarungen zu treffen (Artikel 37). Arti-kel 36 sieht vor, dass jede Zentrale Behörde grundsätz-lich ihre eigenen Kosten trägt.

Artikel 28 (Einrichtung einer Zentralen Behörde)

130 Dieser Artikel verpflichtet die Vertragsstaaten, eineZentrale Behörde zu bestimmen, welche die ihr durch

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das Übereinkommen übertragenen Aufgaben wahr-nimmt; er sieht für Staaten mit einem nichtvereinheitlich-ten System zudem die Möglichkeit vor, mehrere ZentraleBehörden zu bestimmen. Der Wortlaut kopiert Artikel 29des Kinderschutzübereinkommens, der wiederum Arti-kel 6 der Übereinkommen vom 25. Oktober 1980 und29. Mai 1993 abbildet.

Artikel 29 (Allgemeine Verpflichtung zur Zusammenar-beit)

131 Die Zentralen Behörden haben einen allgemeinenAuftrag zur Zusammenarbeit und Auskunft. Die aufAntrag zu liefernden Auskünfte betreffen das geltendeRecht und die in dem betreffenden Staat im Bereich desSchutzes von Erwachsenen verfügbaren Dienste.

Artikel 30 (Mitteilungen, Ermittlung des Aufenthaltsorts)

132 Dieser Artikel zählt einige Aufgaben der ZentralenBehörde auf. Die erste Aufgabe ist, „auf jedem Weg dieMitteilungen zwischen den zuständigen Behörden beiSachverhalten, auf die dieses Übereinkommen anzuwen-den ist, zu erleichtern“. Hierfür können elektronische Mit-tel benutzt werden. Dies war in dem in erster Lesungbeschlossenen Wortlaut klargestellt worden. Auf AntragChinas, das befürchtete, dass diese Klarstellung von denEntwicklungsländern falsch ausgelegt werden könnte,wurde sie in zweiter Lesung gestrichen (jedoch nichtmissbilligt)88).

Die Kommission war nicht damit einverstanden, dass dieZentrale Behörde auch die Aufgabe haben sollte, auf Aus-kunftsersuchen der Behörden anderer Vertragsstaatenüber Maßnahmen, die einen Erwachsenen zum Gegen-stand haben könnten, zu antworten. Sie wollte ebenfallsnicht im Wortlaut die Möglichkeit für die Behörden derVertragsstaaten erwähnen, mit Zustimmung ihrer Zentra-len Behörden unmittelbar miteinander zu kommunizie-ren89). Diese Klarstellungen erschienen nutzlos, da keineBestimmung des Übereinkommens unmittelbaren Mittei-lungen zwischen Behörden, die keine Zentralen Behördensind, oder der Möglichkeit, dass eine von ihnen die Zen-trale Behörde eines anderen Staates befragt, entgegen-steht.

Die zweite Aufgabe besteht darin, „auf Ersuchen derzuständigen Behörde eines anderen Vertragsstaats beider Ermittlung des Aufenthaltsorts des ErwachsenenUnterstützung zu leisten, wenn der Anschein besteht,dass sich der Erwachsene im Hoheitsgebiet des ersuch-ten Staates befindet und Schutz benötigt“ (Artikel 30Buchstabe b).

Artikel 31 (Vermittlung)

133 Der Vorentwurf der Spezialkommission hatte ebensowie der entsprechende Wortlaut des Kinderschutzüber-einkommens unter den Aufgaben der Zentralen Behördeauf der gleichen Grundlage wie die Erteilung von Informa-tionen und die Ermittlung des Aufenthaltsorts desErwachsenen (siehe Artikel 30 oben) die Aufgabegenannt, „durch Vermittlung, Schlichtung oder ähnlicheMittel gütliche Einigungen zum Schutz der Person oder

des Vermögens des Erwachsenen bei Sachverhalten zuerleichtern, auf die dieses Übereinkommen anzuwendenist.“ Die in erster Lesung mit schwacher Mehrheit90)gestrichene Bestimmung wurde in zweiter Lesung inabgeschwächter Form wieder aufgenommen; sie bürdetder Zentralen Behörde keine Verpflichtung auf, sondernempfiehlt ihr lediglich, diese alternative Form der Streit-beilegung „an[zu]regen“ und dies erforderlichenfalls„durch andere Stellen“91).

Auf die Frage, welche Personen bei diesen Vermittlungs-versuchen eingreifen könnten, wurde geantwortet, dassdies zwischen dem Vormund und anderen Personen imHinblick auf das Schicksal des Erwachsenen oder seinesVermögens erfolgen könnte oder aber auch zwischendem Erwachsenen und denjenigen, die für ihn verantwort-lich sind, in dem Bestreben, ihn dazu zu bewegen, eine fürihn vorteilhaft erscheinende Maßnahme zu akzeptieren.

Artikel 32 (Ersuchen um konkrete Informationen undHilfe bei einem bestimmten Erwachsenen)

Absatz 1

134 Dieser Wortlaut ermächtigt die eine Schutzmaßnah-me erwägende zuständige Behörde eines Vertragsstaats,jede Behörde eines anderen Vertragsstaats, die übersachdienliche Informationen für den Schutz des Erwach-senen verfügt, zu ersuchen, sie ihr mitzuteilen. Obgleiches im Wortlaut selbst nicht ausdrücklich klargestellt wird,ist deutlich, dass die hier in Rede stehenden Behördennur öffentliche Behörden sind, im Übrigen die einzigen,die nach der Konzeption des Übereinkommens Schutz-maßnahmen treffen können, und nicht Vereinigungenoder nichtstaatliche Organisationen.

Die Möglichkeit, um Informationen über den Erwachse-nen zu ersuchen, sollte sich insbesondere im Fall einesWechsels des gewöhnlichen Aufenthalts des Erwachse-nen in einen anderen Staat sowie für den Fall als nützlicherweisen, in dem die Behörden des Staates, dem derErwachsene angehört, den Schutz ausüben und dieBehörden des Staates des gewöhnlichen Aufenthaltsbefragen können.

135 Zur Vermeidung der Gefahren einer unkontrolliertenSammlung von Informationen wurden einige Vorsichts-maßnahmen getroffen. Nur „sofern die Lage des Erwach-senen dies erfordert“, ist das Ersuchen um Informationenerlaubt. Die Bewertung dieser Voraussetzung ist Sacheder ersuchenden Behörde, die bei der Begründung ihresErsuchens um Informationen erkennen lassen muss,dass sie erfüllt ist. In dem gleichen Sinn untersagt Arti-kel 35 ein solches Ersuchen, wenn dadurch die Personoder das Vermögen des Erwachsenen in Gefahr geratenkönnte oder die Freiheit oder das Leben eines Familien-angehörigen des Erwachsenen ernsthaft bedroht würde.Artikel 35 untersagt entsprechend der ersuchten Be-hörde, die erbetenen Informationen mitzuteilen, wenndadurch die gleichen Gefahren für den Erwachsenenoder seine Familienangehörigen auftreten würden.

Obwohl der Wortlaut dies nicht ausdrücklich erwähnt,muss gesagt werden, dass die ersuchte Behörde zu kei-nem Zeitpunkt zur Mitteilung der erbetenen Informatio-

88) Siehe Arbeitsdokumente Nrn. 66 und 104, Protokoll Nr. 13, Nrn. 44 – 50 und Protokoll Nr. 16, Nrn. 23 – 44.

89) Siehe zu diesen beiden Punkten Arbeitsdokument Nr. 63 und Proto-koll Nr. 8, Nrn. 95 – 120.

90) Siehe Protokoll Nr. 8, Nrn. 75 – 90.91) Arbeitsdokument Nr. 98 und Protokoll Nr. 16, Nrn. 44 – 55.

Bundesrat – 57 – Drucksache 674/06

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nen verpflichtet ist. Sie soll über eine eigene Bewer-tungsbefugnis verfügen. Das Übereinkommen verpflich-tet sie nicht zu einer schriftlichen Begründung ihrerAblehnungsentscheidung. Im Übrigen ist es möglich,dass ihr innerstaatliches Recht ihr nicht erlaubt, demErsuchen um Informationen zu entsprechen, insbeson-dere, wenn es gegen die Bestimmungen dieses Rechtsüber die berufliche Schweigepflicht verstoßen würde.

Absatz 2

136 Absatz 1 gibt jeder zuständigen Behörde eines Ver-tragsstaats die Möglichkeit, sich an jede Behörde einesanderen Vertragsstaats zu wenden und sie um die von ihrbenötigten Informationen zu ersuchen. Diese Flexibilitätim Ablauf kann vorteilhaft sein, aber auch die gewünsch-te Zusammenarbeit behindern, wenn die ersuchte Be-hörde weder die ersuchende Behörde ohne großen Auf-wand identifizieren kann, noch deren Befugnis, ein sol-ches Ersuchen zu übersenden, beurteilen kann. Dahersieht Absatz 2 für einen Vertragsstaat die Möglichkeit vor,eine Erklärung abzugeben, wonach die in Absatz 1 vor-gesehenen Ersuchen nur über seine Zentrale Behörde zuübermitteln sind.

Absatz 3

137 Dieser Absatz sieht die gegenseitige Hilfe derzuständigen Behörden der Vertragsstaaten bei derDurchführung der Schutzmaßnahmen vor. Diese Hilfewird oft erforderlich sein, insbesondere bei einem Umzugdes Erwachsenen oder seiner Unterbringung in einergeeigneten Einrichtung, die sich in einem anderen Staatals dem, der die Unterbringungsmaßnahme getroffenhat, befindet.

Artikel 33 (Grenzüberschreitende Unterbringung)

138 Dieser bereits im Zusammenhang mit Artikel 22Absatz 2 Buchstabe e erwähnte Artikel (siehe obenNr. 123) führt das einzige vom Übereinkommen vorgese-hene obligatorische Konsultationsverfahren ein. Eserfolgt, wenn die nach den Artikeln 5 bis 8 zuständigeBehörde die Unterbringung des Erwachsenen in einerEinrichtung oder an einem anderen Schutzort erwägt, diein einem anderen Vertragsstaat liegen. Diese Konsultati-on gibt der Behörde des Aufnahmestaats eine Kontroll-befugnis über die Entscheidung und ermöglicht die vor-herige Regelung der Aufenthaltsbedingungen im Aufnah-mestaat, insbesondere im Hinblick auf die in diesemStaat geltenden Einwanderungsgesetze oder auch dieAufteilung der durch die Unterbringungsmaßnahme ent-standenen Kosten92). Der Wortlaut stellt klar, dass dieKonsultation mit der Zentralen Behörde oder einer ande-ren zuständigen Behörde des Aufnahmestaats erfolgtund in Form der Übermittlung eines Berichts über dieLage des Erwachsenen und die Gründe ihres Vorschlagszur Unterbringung Ausdruck findet.

139 Artikel 33 Absatz 2 erteilt der Zentralen Behördeoder jeder anderen zuständigen Behörde des ersuchtenStaates das Recht, sich gegen die Unterbringungsent-scheidung auszusprechen. Hier liegt ein bemerkenswer-ter Unterschied zu der entsprechenden Bestimmung desKinderschutzübereinkommens, das die Unterbringungs-

entscheidung der vorherigen Zustimmung durch denersuchten Staat unterstellt93).

Die Nichtbeachtung dieses Verfahrens der vorherigenKonsultation wird mit der Versagung der Anerkennungder Unterbringungsmaßnahme sanktioniert (Artikel 22Absatz 2 Buchstabe e, siehe oben).

Artikel 34 (Erwachsener in schwerer Gefahr)

140 Dieser Artikel bezieht sich auf den Fall, in dem diezuständigen Behörden eines Vertragsstaats, die eineMaßnahme zum Schutz eines einer schweren Gefahr(beispielsweise einer Krankheit, die eine ständige Be-handlung erfordert, Betäubungsmittel, Einfluss durcheine Sekte) ausgesetzten Erwachsenen getroffen habenoder treffen, über den Wechsel des Aufenthalts desErwachsenen in einen anderen Staat oder seine dortigeAnwesenheit unterrichtet werden. Diese Behörden sindnun verpflichtet, die Behörden dieses anderen Staatesvon der Gefahr und den getroffenen oder in Betrachtgezogenen Maßnahmen zu benachrichtigen. Diese Infor-mationspflicht gilt auch in dem Fall, in dem der Erwach-sene in einem Nichtvertragsstaat anwesend ist.

Damit diese Bestimmung ihre Wirkung entfalten kann,wird selbstverständlich vorausgesetzt, dass die Behör-den des ersten Staates über die Anwesenheit desErwachsenen im zweiten Staat unterrichtet werden, wasihre praktische Bedeutung beschränken kann. DieBehörden des ersten Staates werden jedoch nicht darangehindert, zunächst in jedem Fall, in dem der Erwachse-ne sich in einem anderen Vertragsstaat befindet, auf dasErsuchen um Ermittlung des Aufenthaltsorts desErwachsenen auf der Grundlage des Artikels 30 Buch-stabe b und danach auf die in diesem Artikel 34 vorgese-hene Unterrichtung zurückzugreifen.

Artikel 35 (Informationen, die eine Gefahr für denErwachsenen beinhalten)

141 Zu Artikel 32 ist bemerkt worden, dass durch dasErsuchen oder die Erteilung von Informationen die Per-son oder das Vermögen des Erwachsenen in Gefahrgeraten oder die Freiheit oder das Leben eines Familien-angehörigen ernsthaft bedroht werden könnte. Artikel 35berücksichtigt diese Bemerkungen und schreibt derBehörde, die der Meinung ist, dass eine solche Gefahrbesteht, vor, weder um Informationen zu ersuchen nochsolche zu erteilen.

Artikel 36 (Kosten)

142 Die Durchführung der Zusammenarbeit ist mit Kos-ten verbunden und Artikel 36 stellt die mit der Bestim-mung in Artikel 38 des Kinderschutzübereinkommensidentische Regel auf, die bereits in leicht abgewandelterForm in dem Übereinkommen vom 25. Oktober 1980

93) In erster Lesung war der Wortlaut in der gleichen Fassung wie Arti-kel 33 des Kinderschutzübereinkommens, jedoch mit sehr schwa-cher Mehrheit (11 gegen 10 Stimmen bei 2 Enthaltungen) verab-schiedet worden, nachdem einige Delegationen schlicht und einfachseine Streichung verlangt hatten, da sie das Zustimmungsverfahrenim Fall einer Vereinbarung zwischen den Herkunftsbehörden und derAufnahmeeinrichtung im ersuchten Staat für zu schwerfällig hielten(siehe Arbeitsdokument Nr. 57 und Protokoll Nr. 9, Nrn. 1 bis 29). DieDiskussion wurde in zweiter Lesung wieder aufgenommen und derKompromiss bestand darin, die ausdrückliche positive Zustimmungdurch den Nichteinspruch zu ersetzen (Arbeitsdokument Nr. 108,Protokoll Nr. 16, Nrn. 55 bis 90).92) Siehe unten, zu Artikel 36.

Drucksache 674/06 – 58 – Bundesrat

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über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindes-entführung (Artikel 26) zu finden ist und der zufolge dieZentralen Behörden und die anderen staatlichen Behör-den der Vertragsstaaten die Kosten tragen, die ihnendurch die Anwendung des Kapitels V entstehen. DerAusdruck „staatliche Behörden“ bezeichnet die Verwal-tungsbehörden der Vertragsstaaten und nicht die Gerich-te. Somit werden die Gerichtskosten und allgemein dieVerfahrenskosten und insbesondere die Anwaltskostenvon diesem Artikel nicht erfasst. Dagegen werden– selbstverständlich zusätzlich zu den Fixkosten für denBetrieb der Behörden – die Kosten für den Schriftverkehrund die Übermittlung, die verschiedenen Recherchenund die Ermittlung des Aufenthaltsorts eines Erwachse-nen, die Organisation einer Vermittlung oder gütlicherEinigungen sowie die Kosten für die Durchführung vonMaßnahmen erfasst, die in einem anderen Staat getrof-fen werden.

Gleichwohl erkennt dieser Absatz den Behörden einesStaates das Recht zu, „für die erbrachten Dienstleistun-gen angemessene Kosten zu verlangen“, die beispiels-weise die Ermittlung des Aufenthaltsorts eines Erwach-senen, die Erteilung von Informationen oder Bescheini-gungen umfassen können. Die Wortwahl lässt denSchluss zu, dass dieses „Verlangen“ eine Forderungnach Erstattung bereits angefallener Kosten oder eineVorauszahlungsforderung vor der Erbringung einerDienstleistung sein kann, wobei jede der beiden Forde-rungen maßvoll zu formulieren ist. Ferner sieht Absatz 2für die Vertragsstaaten die Möglichkeit vor, untereinanderVereinbarungen über die Kostenaufteilung zu treffen.

Artikel 37 (Vereinbarungen zwischen Vertragsstaaten)

143 Dieser Artikel, der auch dem Kinderschutzüberein-kommen entnommen wurde (Artikel 39) und Artikel 39Absatz 2 des Haager Übereinkommens vom 29. Mai 1993über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit aufdem Gebiet der internationalen Adoption entspricht, siehtfür die Vertragsstaaten die Möglichkeit vor, untereinanderVereinbarungen zu treffen, welche die Anwendung desKapitels über die Zusammenarbeit erleichtern. Es handeltsich hier nur um Vereinbarungen, welche die in diesemKapitel vorgesehene Zusammenarbeit verstärken, bei-spielsweise indem einige seiner Bestimmungen verbind-lich gemacht werden, und nicht um gesonderte Vereinba-rungen, die Regeln aufstellen, die sich von den in demÜbereinkommen in Artikel 49 vorgesehenen Bestimmun-gen unterscheiden (siehe unten Nr. 160 ff.).

K a p i t e l V I

A l l g e m e i n e B e s t i m m u n g e n

Artikel 38 (Internationale Bescheinigung)

144 Die Kommission hat die Bestimmung des Arti-kels 40 des Kinderschutzübereinkommens aufgegriffen,erweitert und vorgesehen, dass jedem, dem der Schutzder Person oder des Vermögens des Erwachsenenanvertraut wurde, eine Bescheinigung über seine Be-rechtigung zum Handeln und die ihm übertragenen Be-fugnisse ausgestellt werden kann. Die Kommission woll-te jedoch die Vertragsstaaten, die dies nicht wollten,nicht zwingen, eine solche Bescheinigung auszustellen;diese hat daher fakultativen Charakter.

Der praktische Nutzen einer solchen Bescheinigung istunbestritten. Wenn es um die Person des Erwachsenenund, mehr noch, um sein Vermögen geht, ist in der PraxisSicherheit vonnöten. Eine Bescheinigung mit Beweis-kraft, die in allen Vertragsstaaten anerkannt wird, würdehelfen, Kosten und Streitigkeiten zu vermeiden.

Diese Bescheinigung führt die Berechtigung zum Han-deln und Befugnisse der Person auf, welcher der Schutzder Person oder des Vermögens des Erwachsenenanvertraut wurde, ohne dass die Unterscheidung erfor-derlich wäre, ob diese Person durch eine Schutzmaßnah-me oder von dem Erwachsenen selbst bezeichnet unddie Befugnisse hierdurch übertragen wurden. Gegebe-nenfalls kann die Bescheinigung auf negative Art dieBefugnisse angeben, die diese Person nicht besitzt. Bei-spielsweise kann sie anführen, dass der gesetzliche Ver-treter eines Erwachsenen, der seinen gewöhnlichen Auf-enthalt in den Vereinigten Staaten hat, nicht befugt ist,die Vermögenswerte, die dieser Erwachsene in einemausländischen Staat besitzt, zu verwalten.

145 Im Unterschied zu Artikel 40 des Kinderschutzüber-einkommens sieht Artikel 38 vor, dass die Bescheinigungnur von den Behörden des Vertragsstaats ausgestelltwerden kann94), in dem eine Schutzmaßnahme getroffenoder eine Vertretungsmacht bestätigt wurde. Die Behör-den des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts des Er-wachsenen dürfen somit im Unterschied zu der vom Kin-derschutzübereinkommen zugrunde gelegten Lösungdiese Bescheinigung nicht ausstellen, wenn sie keineSchutzmaßnahme getroffen oder die Vollmacht für denFall der Handlungsunfähigkeit nicht bestätigt haben.Diese Behörden nehmen nicht den zentralen Platz ein,den sie im Kinderschutzübereinkommen haben, und dieKommission wollte weder die Zahl der Bescheinigungensteigern noch die Gefahren eines Widerspruchs unterihnen erhöhen95).

146 Die Bestätigung der Befugnisse muss verlässlichsein; sie ist im Lichte der Rechtsordnungen zu verstehen,die diese Bestätigung vorsehen und sie einer bestimmtenBehörde – Justizbehörde in Québec, Verwaltungsbehör-de in anderen Fällen – anvertrauen. Diese Bestätigung istkeine Schutzmaßnahme im Sinne des Übereinkommens.Wäre dies der Fall, wäre es nicht erforderlich, sie nebenden Schutzmaßnahmen in Artikel 38 aufzuführen. Undsie könnte nur von der nach dem Übereinkommenzuständigen Behörde erteilt werden. Nun konnte derErwachsene aber nach Artikel 15 Absatz 2 die von ihmerteilte Vollmacht einem anderen Recht als dem unter-stellen, nach dem die Behörden nach Maßgabe desÜbereinkommens zuständig sind; der Vertreter darf dannnicht der Möglichkeit beraubt werden, seine Befugnissebeispielsweise durch die zuständige Behörde des Staa-tes, dessen Recht auf die Vollmacht Anwendung findet,bestätigen zu lassen.

147 Nach Artikel 38 Absatz 2 wird „bis zum Beweis desGegenteils [vermutet], dass die bescheinigte Berechti-gung zum Handeln und die bescheinigten Befugnissevom Ausstellungsdatum der Bescheinigung an beste-

94) Absatz 3 stellt klar, dass es Aufgabe jedes Vertragsstaats ist, die zurAusstellung der Bescheinigung bevollmächtigten Behörden zubezeichnen.

95) Siehe die Zurückweisung eines Vorschlags der schweizerischenDelegation in diesem Sinne, Arbeitsdokument Nr. 59, ProtokollNr. 10, Nr. 79.

Bundesrat – 59 – Drucksache 674/06

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hen“. Es wird daher jedem Betroffenen möglich sein, dieRichtigkeit der in der Bescheinigung aufgeführten Anga-ben zu bestreiten, in Ermangelung einer Anfechtung kön-nen jedoch Dritte in völliger Sicherheit mit der Person, diein der Bescheinigung aufgeführt ist, sowie innerhalb derdort aufgeführten Grenzen der Befugnisse verhandeln.Die Beweiskraft beschränkt sich auf das Ausstellungsda-tum der Bescheinigung. Sie kann nicht garantieren, dassdie ehemals bestehenden Befugnisse in Zukunft in Kraftbleiben werden. Diese Klarstellung hat es ermöglicht, da-von abzusehen, dass der Behörde, welche die Beschei-nigung ausgestellt hat, die Zuständigkeit für ihre Aufhe-bung verliehen wird, wie dies vorgeschlagen wordenwar96).

Eine Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz der französischenDelegierten, Frau Baur, hat ein Bescheinigungsmustervorbereitet (Arbeitsdokument Nr. 90), das von der Kom-mission gebilligt wurde. Diese Bescheinigung wurdenicht in das Übereinkommen eingefügt, um spätereÄnderungen leichter zu machen. Es wurde beschlossen,dass es an die Mitgliedstaaten übermittelt und sein Ge-brauch den Vertragsstaaten durch das Ständige Büroempfohlen werden würde.

Artikel 39 (Schutz personenbezogener Daten)

148 Dieser mit Artikel 41 des Kinderschutzübereinkom-mens identische Artikel nimmt im Wesentlichen dieBestimmung des Artikels 31 des Übereinkommens vom29. Mai 1993 über die Adoption wieder auf97). DerSchutz personenbezogener Daten, insbesondere derelektronisch gespeicherten, ist im Übrigen ein allgemei-nes Ziel aller modernen Staaten.

Artikel 40 (Vertrauliche Behandlung der Informationen)

149 Dieser Artikel schreibt den Behörden, denen Infor-mationen übermittelt werden, vor, deren vertraulicheBehandlung nach dem Recht ihres Staates sicherzustel-len. Darauf ist insbesondere mit Zunahme der Übermitt-lungen auf elektronischem Weg zu achten. Zudem ist dieVerpflichtung zur Vertraulichkeit auch der Behörde vorzu-schreiben, von der die Information ausgeht, denn sie istin gewisser Weise Empfängerin der Information, die sieauf elektronischem Weg übermittelt.

Artikel 41 (Befreiung von der Legalisation)

150 Die bereits im Kinderschutzübereinkommen vorge-sehene Befreiung von der Legalisation erstreckt sich aufalle „nach diesem Übereinkommen übermittelten oderausgestellten Schriftstücke“, d. h. auf alle geliefertenschriftlichen Informationen, Gerichts- und Verwaltungs-entscheidungen sowie auf Bescheinigungen, die nachArtikel 38 ausgestellt wurden.

Artikel 42 (Bestimmung der Behörden)

151 Dieser Artikel soll die Wirkungsweise der Artikel, aufdie er Bezug nimmt, erleichtern und der ersuchendenBehörde eines Vertragsstaats ermöglichen, in Erfahrungzu bringen, an welche Behörde sie sich im ersuchtenStaat wenden soll, wenn eine Übertragung der Zustän-

digkeit auf einen geeigneteren Gerichtsstand (Artikel 8)oder eine Unterbringung im Ausland (Artikel 33)98) erwo-gen wird. Diese Bestimmung ist für die Vertragsstaatenfakultativ, die aufgrund der Vielfalt und großen Anzahl derBehörden, die je nach Sachverhalt befasst werden kön-nen, nicht in der Lage sein könnten, vollständige Listenzu übermitteln.

Artikel 43 (Mitteilung der bestimmten Behörden undErklärungen)

152 Dieser Artikel gibt an, wem die in Anwendung desÜbereinkommens durch die Staaten bestimmten Behör-den und abgegebenen Erklärungen mitzuteilen sind. Erlässt eine Aufteilung der Aufgaben zwischen dem Ständi-gen Büro der Haager Konferenz und dem Verwahrer desÜbereinkommens erkennen. Im Unterschied zu früherenÜbereinkommen sieht der Artikel vor, dass die Mitteilun-gen spätestens bei der Hinterlegung der Ratifikations-,Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde zumÜbereinkommen erfolgen müssen. Diese Bestimmung,die auf einen Vorschlag der Delegation der Niederlandezurückgeht99), soll es den anderen Vertragsstaatenermöglichen, ihre Verpflichtungen zu erfüllen, die sichaus dem Kapitel über die Zusammenarbeit ergeben. DieNichtbeachtung dieser Fristbedingung führt nicht zu derUnzulässigkeit der Hinterlegung der Urkunde, stärktjedoch die Position des Ständigen Büros gegenüber demsäumigen Staat.

Artikel 44 bis 47 (Bundesstaatsklauseln)

153 Diese Artikel enthalten die so genannten Bundes-staatsklauseln betreffend die Anwendung des Überein-kommens in Staaten, in denen verschiedene Rechtssys-teme gelten. Diese Klauseln sind seit etwa 30 Jahren inden Haager Übereinkommen üblich, werden jedoch vonÜbereinkommen zu Übereinkommen ausgereifter undmüssen so abgefasst sein, dass sie sich dem Zweck desjeweiligen Übereinkommens anpassen. Wie bereits in derEinführung zu diesem Bericht gesagt wurde, ist einebesondere Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz der spani-schen Delegierten, Frau Alegría Borrás, im Laufe derdiplomatischen Kommission mit der Vorbereitung vonArtikelentwürfen beauftragt worden (ArbeitsdokumentNr. 100); die Entwürfe wurden fast ohne Änderungen vonder Kommission angenommen. Artikel 44 betrifft dieFälle, die lediglich zu innerstaatlichen Kollisionen in einemVertragsstaat führen, die Artikel 45 und 46 fassen dieAnwendung des Übereinkommens in Bezug auf Staatenins Auge, in denen es interterritoriale Gesetzeskollisionengibt, während Artikel 47 dies für Staaten tut, in deneninterpersonale Gesetzeskollisionen auftreten.

Artikel 44 (Nichtanwendung des Übereinkommens aufinnerstaatliche Kollisionen)

154 Das Übereinkommen soll zwischenstaatliche Kolli-sionen zwischen Behörden und Gesetzen auf dem Ge-biet des Schutzes von Erwachsenen regeln. Ein Vertrags-

96) Siehe Arbeitsdokument Nr. 59, Protokoll Nr. 10, Nr. 55.97) Siehe zu diesem Artikel den Bericht von Herrn Parra-Aranguren,

Akten und Dokumente der 17. Tagung (1993), Band II, S. 632.

98) Eigentlich sieht Artikel 33 nicht die Übersendung eines Ersuchensvor, sondern schreibt lediglich vor, dass die Behörden des Unterbrin-gungsstaats zu Rate zu ziehen sind. Artikel 42 findet selbstverständ-lich auf die Frage Anwendung, wer zu Rate zu ziehen ist (siehe Pro-tokoll Vollversammlung Nr. 1, Nrn. 163 bis 167).

99) Arbeitsdokument Nr. 87 und die Diskussion, Protokoll Nr. 10, Nrn. 44bis 45 und Protokoll Nr. 16, Nrn. 90 bis 111.

Drucksache 674/06 – 60 – Bundesrat

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staat, in dem diesbezüglich verschiedene Rechtssyste-me anzuwenden sind, könnte, sofern er dies wünschte,das Übereinkommen zur Regelung dieser Kollisionenanwenden; dieser Artikel stellt jedoch klar, dass er dazukeinesfalls verpflichtet ist100). Es ist klarzustellen, dassdie innerstaatlichen Kollisionen in einem Vertragsstaat,auf die sich dieser Artikel bezieht, ebenso interterritorialewie interpersonale Kollisionen sein können.

Dieser Artikel wurde nur mit einer sehr schwachen Mehr-heit beibehalten101). Da Artikel 1 klarstellt – was das Kin-derschutzübereinkommen nicht tut –, dass das Überein-kommen „bei internationalen Sachverhalten“ Anwen-dung findet, ist deutlich, dass es nicht auf innerstaatlicheKollisionen anzuwenden ist. Zumindest kann Artikel 44als eine indirekte Aufforderung verstanden werden, aufVorschriften zurückzugreifen, die es zur Lösung dieserKollisionen festlegt.

Artikel 45 (Interterritoriale Kollisionen, allgemeine Vor-schriften)

155 Ebenso wie der folgende Artikel bestimmt dieserArtikel, wie das Übereinkommen in Bezug auf einen Staatanzuwenden ist, der mehrere Gebietseinheiten umfasst,in denen verschiedene Rechtssysteme oder Gesamthei-ten von Regeln gelten.

Der Artikel hat einen rein technischen Zweck. Er legt allgemeine Vorschriften fest, die ebenso auf Fragen derZuständigkeit der Behörden, des anzuwendendenRechts und der Anerkennung der Schutzmaßnahmenanwendbar sein können; in Bezug auf die Bestimmungdes anzuwendenden Rechts ist sein Anwendungsbe-reich jedoch durch Artikel 46 stark eingeschränkt, derspezielle Vorschriften zu diesem Punkt festlegt.

156 Die allgemeine Vorstellung, auf der Artikel 45 beruhtund von der sich Beispiele in anderen Übereinkommenfinden102), besteht für föderale und halbföderale Staatendarin, die räumlichen Anknüpfungspunkte, auf die dasÜbereinkommen abstellt, der Gebietseinheit der Staatenzuzuordnen, in der sie sich tatsächlich befinden. Dies giltfür den gewöhnlichen Aufenthalt des Erwachsenen,seine Anwesenheit, die Belegenheit seines Vermögensoder weiter für die enge Verbindung, die der Sachverhaltmit einem Staat haben kann, oder den Ort der Durchfüh-rung der Maßnahme (Buchstaben a, b, c, f und i). Ebenso

muss die Verweisung auf eine Behörde, das Recht oderein Verfahren auf die zuständige Behörde, das geltendeRecht oder Verfahren in der betreffenden Gebietseinheitbezogen werden (Buchstabe g, h und j). Die Verweisungauf den Staat, dem der Erwachsene angehört (vgl. Arti-kel 7 und Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe a), bezieht sichauf „die von dem Recht dieses Staates bestimmteGebietseinheit oder, wenn solche Regeln fehlen, […] dieGebietseinheit […], mit welcher der Erwachsene dieengste Verbindung hat“ (Buchstabe d). Die Verweisungauf den Staat, dessen Behörden vom Erwachsenengewählt worden sind, bezieht sich auf die Gebietseinheitdieser Behörden im Fall der Wahl, und wenn eine solchefehlt, die Gebietseinheit, mit welcher der Erwachsene dieengste Verbindung hat (Buchstabe e).

Artikel 46 (Interterritoriale Kollisionen, besondere Vor-schriften für das anzuwendende Recht)

157 Eine kurze vergleichende Studie der letzten HaagerÜbereinkommen würde zeigen, dass die unterschied-lichsten Systeme für die Bestimmung des Rechts derGebietseinheit zugrunde gelegt wurden, das anzuwen-den ist, wenn die Kollisionsnorm des Übereinkommensdas Recht eines Staates mit interterritorialen Gesetzes-kollisionen bestimmt. Einige Übereinkommen nehmeneine unmittelbare Bestimmung der Gebietseinheit vor,deren Recht anzuwenden sein wird103). Andere verwei-sen grundsätzlich auf innerstaatliche Kollisionsnormendes betroffenen Staates und subsidiär auf das Recht derGebietseinheit, zu welcher der Sachverhalt die engsteVerbindung hat104), oder das Recht einer unmittelbarbestimmten Gebietseinheit105). Artikel 46 dieses Über-einkommens legt, wie das Kinderschutzübereinkommen,das letztgenannte System zugrunde. Die Gebietseinheit,deren Recht anzuwenden ist, ist diejenige, die durch die in dem betroffenen Staat geltenden Vorschriftenbestimmt wird, ansonsten diejenige, die durch Artikel 45bestimmt wird. Somit ist, wenn Artikel 15 das Recht desStaates des gewöhnlichen Aufenthalts des Erwachsenenbestimmt, um die von ihm übertragene Vertretungsmachtzu regeln, und wenn dieser Staat mehrere Gebietseinhei-ten umfasst, die unterschiedlichen Rechtsvorschriftenunterliegen, zunächst nachzuprüfen, ob das Recht die-ses Staates Vorschriften vorsieht, welche die Bestim-mung der Gebietseinheit, deren Recht anzuwenden ist,ermöglichen, und in Ermangelung solcher Vorschriften istnach Artikel 45 Buchstabe a das Recht der Gebietsein-heit anzuwenden, in welcher der Erwachsene damalsseinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

100) Diese Regel findet sich in verschiedenen Haager Übereinkommen,namentlich in dem Übereinkommen vom 14. März 1978 über dasauf die Vertretung anzuwendende Recht, Artikel 20; Übereinkom-men vom 14. März 1978 über das auf den ehelichen Güterstandanzuwendende Recht, Artikel 18; Übereinkommen vom 22. Dezem-ber 1986 über das auf Verträge über den internationalen Warenkaufanzuwendende Recht, Artikel 20; Übereinkommen vom 25. Okto-ber 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindes-entführung, Artikel 33; Übereinkommen vom 1. August 1989 überdas auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendendeRecht, Artikel 21; Übereinkommen vom 29. Mai 1993 über denSchutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet derinternationalen Adoption, Artikel 38; Übereinkommen vom 19. Ok-tober 1996 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, dieAnerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebietder elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz vonKindern, Artikel 46.

101) Mit 12 gegen 10 Stimmen bei einer Enthaltung, siehe ProtokollNr. 17, Nrn. 21 bis 27.

102) Siehe Übereinkommen vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtli-chen Aspekte internationaler Kindesentführung, Artikel 31, und ins-besondere Übereinkommen vom 29. Mai 1993 über den Schutz vonKindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationa-len Adoption, Artikel 36.

103) Siehe Übereinkommen vom 14. März 1978 über das auf die Vertre-tung anzuwendende Recht, Artikel 19; Übereinkommen vom14. März 1978 über das auf den ehelichen Güterstand anzuwenden-de Recht, Artikel 17; Übereinkommen vom 14. März 1978 über dieEheschließung und die Anerkennung der Gültigkeit von Ehen, Arti-kel 18 und 19; Übereinkommen vom 22. Dezember 1986 über dasauf Verträge über den internationalen Warenkauf anzuwendendeRecht, Artikel 19; Übereinkommen vom 25. Oktober 1980 über diezivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung, Artikel 31Buchstabe b; Übereinkommen vom 1. Juli 1985 über das auf Trustsanzuwendende Recht und über ihre Anerkennung, Artikel 23; Über-einkommen vom 29. Mai 1993 über den Schutz von Kindern unddie Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption,Artikel 36 Buchstabe b.

104) Übereinkommen vom 2. Oktober 1973 über das auf Unterhalts-pflichten anzuwendende Recht, Artikel 16.

105) Siehe Übereinkommen vom 14. März 1978 über das auf den ehe-lichen Güterstand anzuwendende Recht, Artikel 16; Übereinkom-men vom 1. August 1989 über das auf die Rechtsnachfolge vonTodes wegen anzuwendende Recht, Artikel 19 Absatz 2.

Bundesrat – 61 – Drucksache 674/06

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Artikel 47 (Interpersonale Kollisionen, anzuwendendesRecht)

158 Im Unterschied zu den Artikeln 45 und 46 hat Arti-kel 47, der Artikel 49 des Kinderschutzübereinkommensentspricht, die Staaten vor Augen, in denen interpersona-le Kollisionen auftreten, d. h. die Staaten mit verschiede-nen Rechtssystemen oder Gesamtheiten von Regeln, dieauf verschiedene Personengruppen anzuwenden sind.Alle Haager Übereinkommen, welche die Bestimmungdes anzuwendenden Rechts behandeln, vertrauen, wennvon ihnen aufgeführte Kollisionsnormen das Recht einesStaates dieses Typus bezeichnen, auf die innerstaatli-chen Kollisionsregeln dieses Staates. Einige lassen esdabei bewenden, ohne eine Lösung für den Fall anzubie-ten, in dem solche Regeln in dem betroffenen Staat nichtbestehen106). Andere füllen diese Lücke und vertrauen,wenn solche Regeln fehlen, auf das Recht der engstenVerbindungen107). Artikel 47 dieses Übereinkommensübernimmt diese letztgenannte Regelung. Fehlen im be-troffenen Staat geltende Regeln, die das anzuwendendeRecht bestimmen, ist das Rechtssystem oder die Ge-samtheit von Regeln anzuwenden, mit denen der Er-wachsene die engste Verbindung hat.

Artikel 48 (Ablösung des Abkommens vom 17. Juli 1905)

159 Dieser Artikel erklärt die Ablösung des alten Abkom-mens vom 17. Juli 1905 durch dieses Übereinkommenim Verhältnis zwischen den Vertragsstaaten108). ImUnterschied zu der vergleichbaren Bestimmung des Arti-kels 51 des Kinderschutzübereinkommens behält er dieAnerkennung von Maßnahmen nicht vor, die zuvor nachdem alten Abkommen, das offenbar kaum noch ange-wendet wird, getroffen wurden.

Wäre dies nicht der Fall, könnte der Übergang von einemÜbereinkommen zu dem anderen zu Schwierigkeitenführen, die mit denen vergleichbar sind, die im Zusam-menhang mit der Nachfolge der Übereinkommen von1961 und 1996 signalisiert wurden109). Wenn beispiels-weise der gewöhnliche Aufenthalt eines Erwachsenenvon Staat A nach Staat B wechselt und beide Staatenfrüher Vertragsparteien des Abkommens von 1905waren, jedoch im Zeitpunkt des Wechsels Vertragspartei-en des neuen Übereinkommens geworden sind, müsstedieses neue Übereinkommen logischerweise in ihrengegenseitigen Beziehungen Anwendung finden. Hat derErwachsene jedoch die Staatsangehörigkeit eines Staa-tes C, der Vertragspartei des Abkommens von 1905,aber nicht des neuen Übereinkommens ist, so bindet das

Abkommen von 1905 die Staaten A und B weiterhingegenüber dem Staat C, der unter Berufung auf dieZuständigkeit seiner Behörden die Anwendung desneuen Übereinkommens im Verhältnis zwischen denStaaten A und B blockieren kann110).

Artikel 49 (Kollisionen mit anderen Übereinkommen)

160 Dieser Artikel gibt Artikel 52 des Kinderschutzüber-einkommens wieder, der im Hinblick auf die damals in derEuropäischen Union geführten Verhandlungen über das,was die Verordnung des Rates über die Zuständigkeit unddie Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungenin Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterlicheVerantwortung für die gemeinsamen Kinder der Ehegat-ten111) werden sollte, angenommen worden war. Er hatjedoch Diskussionen ausgelöst, da einige Staaten fürch-teten, er lasse ihnen nicht genügend Spielraum, um inZukunft gesonderte Vereinbarungen in den dem Überein-kommen unterliegenden Bereichen zu schließen. Die imVerlauf der Debatten gelieferten Erklärungen habengezeigt, dass dieser Spielraum groß blieb.

Absatz 1

161 Dieser Absatz, der den üblichen Vereinbarkeitsklau-seln entspricht, die sich in zahlreichen Übereinkommenfinden, betrifft nur frühere von den Vertragsstaatengeschlossene Übereinkünfte. Er behält ihre Anwendungvor, sofern die Staaten, die solchen Übereinkünften alsVertragsparteien angehören, keine gegenteilige Erklä-rung abgeben.

Absatz 2

162 Absatz 2 ermöglicht es, dass „ein oder mehrere Ver-tragsstaaten Vereinbarungen treffen, die in Bezug aufErwachsene mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem derStaaten, die Vertragsparteien solcher Vereinbarungensind, Bestimmungen über die in diesem Übereinkommengeregelte Angelegenheiten enthalten.“ Diese Vereinba-rungen können unter Vertragsstaaten oder zwischen Ver-tragsstaaten und Drittstaaten geschlossen werden112);jedoch sind die in diesem Absatz erwähnten Vereinba-rungen nur solche, die „Erwachsene mit gewöhnlichemAufenthalt in einem der Staaten, die Vertragsparteien sol-cher Vereinbarungen sind“, betreffen.

Diese Beschränkung erschien den Delegationen derskandinavischen Staaten übermäßig; sie hätten ge-wünscht, gesonderte Vereinbarungen treffen zu können,die nicht nur auf dem gewöhnlichen Aufenthalt, sondernauch der Staatsangehörigkeit oder dem Aufenthalt desErwachsenen oder der Existenz von Vermögen in denStaaten gründen, die Vertragsparteien dieser Vereinba-rungen sind. Sie hatten zu diesem Zweck vorgeschlagen,

106) Siehe Übereinkommen vom 14. März 1978 über die Eheschließungund die Anerkennung der Gültigkeit von Ehen, Artikel 20; Überein-kommen vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekteinternationaler Kindesentführung, Artikel 32; Übereinkommen vom29. Mai 1993 über den Schutz von Kindern und die Zusammen-arbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption, Artikel 37.

107) Übereinkommen vom 2. Oktober 1973 über das auf Unterhalts-pflichten anzuwendende Recht, Artikel 16; Übereinkommen vom1. August 1989 über das auf die Rechtsnachfolge von Todes wegenanzuwendende Recht, Artikel 20; vgl. Übereinkommen vom14. März 1978 über das auf den ehelichen Güterstand anzuwenden-de Recht, Artikel 19.

108) Vgl. Artikel 51 des Übereinkommens vom 19. Oktober 1996 überdie Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung,Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichenVerantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern.

109) Siehe den Erläuternden Bericht zu dem Übereinkommen von 1996,Nr. 169.

110) Das Abkommen vom 17. Juli 1905 räumt den Behörden des Staa-tes der Staatsangehörigkeit vorrangige Zuständigkeit ein, um dieEntmündigung anzuordnen und die Vormundschaft zu regeln (Arti-kel 2). Die Behörden des Staates des gewöhnlichen Aufenthaltshaben bei Verzicht der Heimatstaatsbehörden nur eine subsidiäreZuständigkeit (Artikel 6), jedoch kann die von den Behörden desgewöhnlichen Aufenthalts angeordnete Entmündigung von denHeimatstaatsbehörden nach ihrem Recht aufgehoben werden (Arti-kel 11).

111) Die Verordnung findet ab dem 1. März 2001 Anwendung.112) Diese letzte Möglichkeit ergibt sich, da der Absatz eine gesonderte

Vereinbarung zwischen „einem oder mehreren“ Vertragsstaatenvorsieht. Wird sie nur von einem Vertragsstaat getroffen, kann diesnur mit einem Drittstaat sein.

Drucksache 674/06 – 62 – Bundesrat

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diesen Absatz 2 zu streichen und die Anwendung dervon den Vertragsstaaten geschlossenen oder zu schlie-ßenden Übereinkünfte ebenso wie in Artikel 23 desRechtsnachfolgeübereinkommens in Absatz 1 vorzube-halten113). Ihnen wurde entgegengehalten, dass es sichhier in erster Linie um ein Übereinkommen über dieZuständigkeit der Behörden handele (und nicht nur umein Übereinkommen über Kollisionsrecht wie dasRechtsnachfolgeübereinkommen) und dass zu vermei-den sei, dass eine von einigen Staaten, die Vertragspar-teien des Erwachsenenschutzübereinkommens sind, zuschließende gesonderte Übereinkunft Zuständigkeitsre-geln trifft, die dessen Wirkungsweise stören würden. Dieswäre der Fall, wenn eine solche gesonderte Übereinkunftgegenüber Erwachsenen wirksam würde, die ihrengewöhnlichen Aufenthalt außerhalb des geschlossenenKreises der Staaten, die Vertragspartei sind, und in einemStaat, der Vertragspartei des Haager Übereinkommensist, haben. Es wurde ihnen ebenfalls geantwortet, dass,auch wenn Absatz 2 in der Tat die Beschränkung vonVereinbarungen in Bezug auf Erwachsene vorsieht, dieihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat haben, derVertragspartei solcher Vereinbarungen ist, Absatz 3 dieseBeschränkung nicht aufnimmt und die Möglichkeitgesonderter Vereinbarungen offen lässt, die Erwachsenebetreffen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nichtzwangsläufig in einem Staat haben, der Vertragsparteiist, jedoch unter der Voraussetzung, dass diese Verein-barungen nicht die Anwendung des Haager Übereinkom-mens berühren.

Absatz 3

163 Dieser Absatz gibt an, dass gesonderte künftigeVereinbarungen eines oder mehrerer Vertragsstaaten„die Anwendung der Bestimmungen dieses Übereinkom-mens [im Verhältnis zwischen solchen Staaten und ande-ren Vertragsstaaten] unberührt [lassen]“. Mit anderenWorten: Die Freiheit, gesonderte Vereinbarungen zuschließen, ist uneingeschränkt, jedoch können die Ver-tragsstaaten, die Vertragsparteien solcher gesonderterVereinbarungen sind, keinesfalls mit diesen Vereinbarun-gen argumentieren, um sich von ihren Verpflichtungengegenüber den anderen Vertragsstaaten, die nicht Ver-tragsparteien solcher gesonderter Vereinbarungen sind,zu befreien.

Die Bedeutung des Absatzes 3 kann anhand einiger Bei-spiele veranschaulicht werden. Sofern aufgrund desHaager Übereinkommens eine Zuständigkeit zugunstender Behörde eines Staates besteht, der Vertragsparteidieses Übereinkommens, jedoch nicht der gesondertenVereinbarung ist, so haben die Vertragsstaaten, die eben-falls Vertragsparteien der gesonderten Vereinbarungsind, anzuerkennen, dass die von dieser Behörde auf derGrundlage dieser Zuständigkeit getroffenen Maßnahmenvon einer zuständigen Behörde getroffen wurden, selbstwenn die gesonderte Vereinbarung eine solche Zustän-digkeit ausschloss. Im Zuge der Gegenseitigkeit sind dieVertragsstaaten, die nicht Vertragsparteien der geson-derten Vereinbarung sind, selbstverständlich nicht ver-pflichtet, die Maßnahmen anzuerkennen, die in denanderen Vertragsstaaten, die Vertragsparteien der ge-

sonderten Vereinbarung sind, auf der Grundlage einer inder gesonderten Vereinbarung, jedoch nicht im HaagerÜbereinkommen vorgesehenen Zuständigkeit, getroffenwurden. Zudem haben die Vertragsstaaten, die Vertrags-parteien der gesonderten Vereinbarung sind, die Ver-pflichtungen zur Zusammenarbeit, die das Haager Über-einkommen ihnen auferlegt, zu beachten.

164 Nach der Auslegung, die bei den Debatten derdiplomatischen Kommission vorherrschte, betreffen dieBeschränkungen in Absatz 3 nur die dort aufgeführtenVereinbarungen, d. h. solche, die nicht auf Erwachsenebeschränkt sind, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt imHoheitsgebiet eines der Staaten haben, die Vertragspar-teien der Vereinbarung sind. Die in Absatz 2 vorgesehe-nen Vereinbarungen werden somit von den Beschrän-kungen nicht berührt.

Absatz 4

165 Dieser Absatz stellt das Einheitsrecht, das aufbesonderen Verbindungen zwischen den betroffenenStaaten beruht, den gesonderten Vereinbarungen gleich.Diese Bestimmung betrifft insbesondere die skandinavi-schen Staaten.

Artikel 50 (Zeitliche Anwendung des Übereinkommens)

166 Dieser Artikel nimmt in den ersten beiden Absätzendie zwei übergangsrechtlichen Vorschriften auf, die inArtikel 53 des Kinderschutzübereinkommens enthaltensind und die Zuständigkeit der Behörden und die Aner-kennung von Maßnahmen betreffen. Aus Absatz 1 ergibtsich zwangsläufig, dass die Zuständigkeitsregeln ineinem Staat nur ab dem Inkrafttreten des Übereinkom-mens in diesem Staat Anwendung finden. Daher werdendie in Anwendung der früher geltenden Zuständigkeitsre-geln in einem Vertragsstaat vor Inkrafttreten des Überein-kommens in diesem Staat getroffenen Maßnahmen nichtaufgrund des Inkrafttretens des Übereinkommens un-gültig, selbst wenn die Behörden, die sie getroffenhaben, nach dem Übereinkommen nicht mehr zuständigsind.

167 Absatz 2 beschränkt die zeitliche Anwendung desKapitels IV (Anerkennung und Vollstreckung) auf die nachInkrafttreten des Übereinkommens sowohl im Herkunfts-staat der Maßnahmen als auch im ersuchten Staatgetroffenen Maßnahmen. Selbstverständlich kann derersuchte Staat zuvor getroffene Entscheidungen auf derGrundlage seines innerstaatlichen Rechts anerkennen.

168 Absatz 3 ist neu. Er ist aufgrund des Bestehens dervon dem Erwachsenen erteilten Vertretungsmacht (Arti-kel 15) erforderlich geworden. Die Kommission wollte,dass in jedem Vertragsstaat ab dem Inkrafttreten desÜbereinkommens für ihn die Vertretungsmacht, die derErwachsene zuvor erteilt hatte, anerkannt werden kann,sofern sie unter Bedingungen erteilt wurde, die den inArtikel 15 vorgesehenen entsprechen. Insgesamt ver-pflichtet das Übereinkommen zur zukünftigen Anerken-nung der vor dem Inkrafttreten des Übereinkommenserteilten Befugnisse114); es verpflichtet jedoch nicht zurAnerkennung der Rechtsgeschäfte, die in Wahrnehmungdieser Befugnisse vor dem Inkrafttreten des Überein-kommens in diesem Staat abgeschlossen wurden.

113) Mit 12 gegen 7 bei 5 Enthaltungen abgelehnter Vorschlag, siehe Diskussion, Protokoll Nr. 10, Nrn. 1 – 40 und Protokoll Nr. 17,Nrn. 28 – 34.

114) Während es nicht zur Anerkennung der zuvor getroffenen Schutz-maßnahmen verpflichtet, siehe Artikel 50 Absatz 1.

Bundesrat – 63 – Drucksache 674/06

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Artikel 51 (Sprache der Mitteilungen)

169 Dieser Artikel, der Artikel 54 des Kinderschutz-übereinkommens sowie Artikel 24 des Übereinkommensvom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekteinternationaler Kindesentführung entspricht, regelt dieProbleme in Bezug auf die Sprachen, in denen die Mittei-lungen zwischen den Behörden abgefasst sein müssenoder in die sie zu übersetzen sind. Die Mitteilung wird inder Originalsprache zugesandt; sie muss von einer Über-setzung in die Amtssprache des Staates der Empfangs-behörde, oder wo dies nicht machbar ist, von einer Über-setzung ins Englische oder Französische begleitet sein.Die Möglichkeit, zur Verwendung entweder des Französi-schen oder des Englischen einen Vorbehalt anzubringen,ist vorgesehen.

Artikel 52 (Prüfung der Durchführung des Übereinkom-mens)

170 Dieser Artikel übernimmt den Wortlaut des Arti-kels 54 des Kinderschutzübereinkommens, der seiner-seits Artikel 42 des Übereinkommens vom 29. Mai 1993über die Adoption übernahm. Es besteht erheblichesInteresse daran, dass die Konferenz in regelmäßigenAbständen Sitzungen zur Prüfung der praktischenDurchführung des Übereinkommens einberuft und gege-benenfalls Verbesserungsvorschläge unterbreitet.

K a p i t e l V I I

S c h l u s s b e s t i m m u n g e n

Artikel 53 bis 59 (Schlussbestimmungen)

171 Diese vom Ständigen Büro vorbereiteten (Arbeits-dokument Nr. 65) und ohne lange Diskussion angenom-menen Artikel sind früheren Übereinkommen entnom-men, insbesondere dem Kinderschutzübereinkommen.Sie behandeln die Unterzeichnung, Ratifikation, Annah-me oder Genehmigung (Artikel 53), den Beitritt (Arti-

kel 54), die Möglichkeit für Staaten mit mehrerenGebietseinheiten, in denen unterschiedliche Rechtssys-teme gelten, zu erklären, auf welche dieser Einheiten dasÜbereinkommen erstreckt wird (Artikel 55), die Regelungdes einzigen von dem Übereinkommen vorgesehenenVorbehalts115) und seine Rücknahme (Artikel 56), dasInkrafttreten des Übereinkommens (Artikel 57), die Kün-digung (Artikel 58) und schließlich die Notifikationen desVerwahrers des Übereinkommens an die Mitgliedstaatender Konferenz und die Staaten, die dem Übereinkommenbeigetreten sind (Artikel 59).

Das Übereinkommen übernimmt im Vergleich zu früherenÜbereinkommen zwei Neuerungen des Kinderschutz-übereinkommens. Zunächst liegt das Übereinkommenim Unterschied zu dem Adoptionsübereinkommen, dasseinerseits auch von den früheren Übereinkommenabwich, nach Artikel 53 nur für die Staaten, die am2. Oktober 1999 Mitglied der Konferenz waren, zurUnterzeichnung auf, und nicht für die Staaten, die alsBeobachter teilgenommen haben oder nach diesem Zeit-punkt Mitglied geworden sind. Diese können dem Über-einkommen nach dem in Artikel 54 vorgesehenen Verfah-ren beitreten, d. h. erst nach dem Inkrafttreten aufgrunddes Artikels 57 Absatz 1. Zweitens sieht Artikel 58 vor,dass die Kündigung des Übereinkommens sich aufbestimmte Gebietseinheiten beschränken kann, auf diedas Übereinkommen angewendet wird.

Paris, den 5. Januar 2000

115) Dieser Vorbehalt betrifft die Sprache der Mitteilungen, siehe obenNr. 169 zu Artikel 51. Die Möglichkeit, einen Vorbehalt zur Anwen-dung des Übereinkommens auf medizinischem Gebiet anzubringen,die zuvor von der Kommission akzeptiert wurde, ist nach erzielterEinigung über diese Fragen verworfen worden.

Drucksache 674/06 – 64 – Bundesrat

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Anlage 3 zur Denkschrift

Bescheinigung

nach Artikel 38 des Übereinkommensüber den internationalen Schutz von Erwachsenen

A. Die unterzeichnende Behörde:

Staat: .......................................................................................................................................................................................................

Land – Provinz (gegebenenfalls): ............................................................................................................................................................

Name der ausstellenden Behörde: .........................................................................................................................................................

.................................................................................................................................................................................................................

Anschrift: .................................................................................................................................................................................................

.................................................................................................................................................................................................................

Tel.: ............................................... Telefax: ................................................ E-Mail-Adresse: ................................................................

bescheinigt hiermit, dass:

� eine Schutzmaßnahme getroffen worden ist

� die Gültigkeit einer Vertretungsmacht bestätigt worden ist

durch: ......................................................................................................................................................................................................

.................................................................................................................................................................................................................

am: ..........................................................................................................................................................................................................

B. Betroffener Erwachsener:

Name: .......................................................................................... Vorname(n): ......................................................................................

Geburtsdatum und -ort: ..........................................................................................................................................................................

Staat des gewöhnlichen Aufenthalts: .....................................................................................................................................................

Anschrift: .................................................................................................................................................................................................

.................................................................................................................................................................................................................

.................................................................................................................................................................................................................

C. Inhaber der Bescheinigung:

Name: .......................................................................................... Vorname(n): ......................................................................................

Geburtsdatum und -ort: ..........................................................................................................................................................................

Anschrift: .................................................................................................................................................................................................

.................................................................................................................................................................................................................

.................................................................................................................................................................................................................

Tel.: ............................................... Telefax: ................................................ E-Mail-Adresse: ................................................................

D. Befugnisse des Inhabers der Bescheinigung:

1. Der Inhaber der Bescheinigung handelt in der Eigenschaft als: ........................................................................................................

...........................................................................................................................................................................................................

gemäß den folgenden Rechtsvorschriften:

...........................................................................................................................................................................................................

Bundesrat – 65 – Drucksache 674/06

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2. Die dem Inhaber der Bescheinigung übertragenen Befugnisse:

a) � betreffen die Person des Erwachsenen und sind:

� unbegrenzt

� begrenzt auf die folgenden Kategorien von Handlungen:

........................................................................................................................................................................................

........................................................................................................................................................................................

........................................................................................................................................................................................

� begrenzt auf die folgenden Handlungen:

........................................................................................................................................................................................

........................................................................................................................................................................................

........................................................................................................................................................................................

� genehmigungspflichtig seitens: .....................................................................................................................................

b) � betreffen das Vermögen des Erwachsenen und sind:

� unbegrenzt

� begrenzt auf die folgenden Kategorien von Handlungen:

........................................................................................................................................................................................

........................................................................................................................................................................................

........................................................................................................................................................................................

� begrenzt auf:

� das bewegliche Vermögen

� das unbewegliche Vermögen

� folgendes Vermögen:

........................................................................................................................................................................................

........................................................................................................................................................................................

........................................................................................................................................................................................

� genehmigungspflichtig seitens: .....................................................................................................................................

........................................................................................................................................................................................

Die dem Inhaber der Bescheinigung übertragenen Befugnisse:

� treten außer Kraft am: ...............................................................................

� sind bis zu einer späteren Änderung oder einem Widerruf in Kraft.

E. Dem Erwachsenen weiterhin zustehende Befugnisse:

a) in Bezug auf seine Person:

......................................................................................................................................................................................................

......................................................................................................................................................................................................

......................................................................................................................................................................................................

b) in Bezug auf sein Vermögen:

......................................................................................................................................................................................................

......................................................................................................................................................................................................

......................................................................................................................................................................................................

Drucksache 674/06 – 66 – Bundesrat

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Dieser Bescheinigung sind beigefügt:

� eine Abschrift der jeweiligen Entscheidung oder der Bevollmächtigung

� eine vollständige Liste der Befugnisse des Inhabers der Bescheinigung und der beim Erwachsenen verbliebenen Befugnisse:

in: � französischer Sprache � englischer Sprache

Bis zum Beweis des Gegenteils wird vermutet, dass die hiermit bescheinigte Berechtigung zum Handeln und die bescheinigtenBefugnisse zum Ausstellungsdatum bestehen.

Für weitere Auskünfte wenden Sie sich bitte an die ausstellende Behörde.

Geschehen zu .................................................... am ..................................................

Unterschrift Siegel

Bundesrat – 67 – Drucksache 674/06

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Schutzmaßnahmenbetreffend einen Erwachsenen

nach dem Übereinkommenüber den internationalen Schutz von Erwachsenen

1. Artikel 8 Abs. 1 des Übereinkommens:

Die unterzeichnende Behörde:

.................................................................................................................................................................................................................

.................................................................................................................................................................................................................

beehrt sich, der nachstehend bezeichneten Behörde mitzuteilen:

.................................................................................................................................................................................................................

.................................................................................................................................................................................................................

� dass sie von Amts wegen

� auf Antrag der nachstehenden Behörde:

............................................................................................................................................................................................................

............................................................................................................................................................................................................

darum ersucht, dass Schutzmaßnahmen getroffen werden:

� in Bezug auf die Person des Erwachsenen:

Name: .......................................................................................... Vorname(n): ......................................................................................

Geburtsdatum und -ort: ..........................................................................................................................................................................

Anschrift: .................................................................................................................................................................................................

.................................................................................................................................................................................................................

.................................................................................................................................................................................................................

� in Bezug auf sein Vermögen

� in Bezug auf das folgende Vermögen:

............................................................................................................................................................................................................

gemäß Artikel 8 Abs. 2

Buchstabe � a) � b) � c) � d) � e) � f) des Übereinkommmens.

Geschehen zu .................................................... am ..................................................

Unterschrift Siegel

2. Artikel 8 Abs. 3 des Übereinkommens:

Die unterzeichnende Behörde:

.................................................................................................................................................................................................................

.................................................................................................................................................................................................................

beehrt sich, das vorstehende Ersuchen wie folgt zu beantworten:

� Sie nimmt ihre Zuständigkeit an.

� Sie nimmt ihre Zuständigkeit nicht an.

Geschehen zu .................................................... am ..................................................

Unterschrift Siegel

Drucksache 674/06 – 68 – Bundesrat

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Information in Bezug auf dieMaßnahmen zum Schutz eines Erwachsenen

nach dem Übereinkommenüber den internationalen Schutz von Erwachsenen

Die unterzeichnende Behörde:

.................................................................................................................................................................................................................

.................................................................................................................................................................................................................

beehrt sich, mitzuteilen:

.................................................................................................................................................................................................................

.................................................................................................................................................................................................................

dass die folgende Behörde:

.................................................................................................................................................................................................................

.................................................................................................................................................................................................................

1. gemäß Artikel 7 des Übereinkommens

� Schutzmaßnahmen in Erwägung zieht

� in Bezug auf die Person des Erwachsenen (Artikel 7 Abs. 1)

� in Bezug auf das Vermögen des Erwachsenen (Artikel 7 Abs. 1)

� Schutzmaßnahmen getroffen hat (Artikel 7 Abs. 2, Abs. 3)

� entschieden hat, dass keine Maßnahmen zu treffen sind (Artikel 7 Abs. 2, Abs. 3)

� mit einem Verfahren betreffend den Schutz des Erwachsenen befasst ist (Artikel 7 Abs. 2);

2. gemäß Artikel 10 des Übereinkommens

� Eilmaßnahmen getroffen hat (Artikel 10 Abs. 1)

� Schutzmaßnahmen getroffen hat (Artikel 10 Abs. 2);

3. gemäß Artikel 11 des Übereinkommens

� Maßnahmen zum Schutz der Person des Erwachsenen in Erwägung zieht (Artikel 11 Abs. 1)

� eine Entscheidung über die Schutzmaßnahmen getroffen hat, die durch die Umstände geboten sind (Artikel 11 Abs. 2):

in Bezug auf den folgenden Erwachsenen:

Name: .......................................................................................... Vorname(n): ......................................................................................

Geburtsdatum und -ort: ..........................................................................................................................................................................

Anschrift: .................................................................................................................................................................................................

.................................................................................................................................................................................................................

.................................................................................................................................................................................................................

Eine Abschrift der jeweiligen Entscheidungen ist beigefügt:

� Ja � Nein

Für weitere Auskünfte wenden Sie sich bitte an:

� die unterzeichnende Behörde.

� die Behörde, welche die Entscheidung getroffen hat.

Geschehen zu .................................................... am ..................................................

Unterschrift Siegel

Bundesrat – 69 – Drucksache 674/06


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