+ All Categories
Home > Documents > Briefpost National – Folge 61: Vor 30 Jahren Berlins ... · PDF filePorto: Brief 21-50g...

Briefpost National – Folge 61: Vor 30 Jahren Berlins ... · PDF filePorto: Brief 21-50g...

Date post: 25-Mar-2018
Category:
Upload: vukien
View: 215 times
Download: 0 times
Share this document with a friend
5
Deutschland 1 www.philatelie-digital.de 15/2017 Briefpost National – Folge 61: Vor 30 Jahren Berlins eigene ATM: Heute zeigen, was möglich ist (I) Spaßphilatelie mal anders WERNER RITTMEIER Automatenmarken (ATM) – das sind diese vielen Nichtsammlern immer noch seltsam erscheinenden Briefmarken, die man gegen Bargeld und über Tastenbe- fehle aus einem heute leider immer öfter nicht funktionierenden gelben Münzwert- zeichendrucker mit großen Sichtfenster beziehen kann und die man beim Frankie- ren – schrecklich! – auch noch befeuchten muß (Leute, die Post hat´s schon so oft gezeigt: Handrücken mit Speichel be- feuchten, dann die Marke da drauf!). Den- noch, der praktische Nutzen von ATM in Zeiten wachsender Serviceschwierigkei- ten der Post hat sich bei diesem Publikum mit den Jahren herumgesprochen. Doch sind diese Drucker – sog. „Au- ßengeräte“ – selbst in ihrer neuesten Ver- sion (Hersteller Sielaff), wie schon gesagt, gefährdet. Sie werden immer häufiger stillgelegt und schließlich ganz abgebaut. Manchmal über Nacht und damit unange- kündigt für die Verbraucher und für die vor weiteren Serviceverlust ihrer Gemeinden sich fürchtenden Bürgermeister. Es geht hier nicht nur kleinere Orte, sondern im- mer mehr um Städte mit bis zu 30.000 Einwohnern. Der Betrieb des Druckers rechne sich nicht mehr, sagen dann an- derntags wie fremdgesteuert wirkende Post-Pressesprecher. Es sind immer die gleichen ablenkenden Texte, die man da liest. Weil so unglaubwürdig, kommen sie Fake-News nahe (s. auch: („Wer gibt der ATM-Neuheitenphilatelie den Todesstoß“, 11/2015; „Geräteabbau – ein Hintergrund- beitrag“, 16/2015, in: Philatelie-Digital). Die äußerst praktischen rechteckigen Briefmarken mit ihren typischen geschnit- tenen vier Seiten und zwei Transportlö- chern oben und unten in der Horizontale Der Höchstwert aus der hier vorzustellenden Bildergalerie mit Bedarfspost der Berliner Automatenbriefmarke. Er stammt aus einem Schalterwertzeichendrucker. Selbiger stand in einer der drei 1987 noch existierenden Versandstellen (Berlin, Frankfurt/M und Weiden). Es gibt diese Freimachungen – Wert bis 500 DM – doch recht häufig im Sammelmarkt. Händ- ler und Sammler im Bundesgebiet gefiel diese Neuheit aus Westberlin und nutzten Berliner ATM für die Freimachung ihren Warenaussendungen. Mit der Amtsblattverfügung 128/1987 vom 16.2.1987 wurde der Vordruck mit Motiv Charlottenburger Schloß von der Post ange- kündigt. Viel muß man für so einen recht selten anmutenden Beleg nicht bezahlen. Mit 10-15 kann man schon dabei sein. Auch das ein Merkmal dieser Art von Spaßphilatelie. Porto: Brief 21-50g 170 Pf, Tarif 1.4.1989 bis 31.3.1993, Wertgrundgebühr 600 Pf, Tarif 1.4.1989 bis 30.6.1992. verdanken wir Berliner Erfindergeist. Zum erstmaligen Erfolg kam er 1981. Da hatte die fragliche Firma Klüssendorf mit Sitz in einer von Minen, Mauern und Stachel- draht gegeißelten Frontstadt ihr Ergebnis dem Bonner Postministerium vorgelegt. Der äußerst leistungsfähige Markendruk- cker vom Typ 631 ging in den „Westen“ Bund-Sammler erlebten das Wunder der ATM Nr. 1 – ihr philatelistisch ungewohn- tes und reichhaltiges Wunder! Auf den in Spandau ansässigen Hersteller konnte sich die Deutsche Bundespost viele Jahre verlassen. Die imposanten Standgeräte dieses Typs 631 hatten gleichwohl am 26. August 1998 ultimativ ausgedient. Andere Gerätetechnik ersetzte ihn und vor allem: Da waren die Berliner ATM schon seit über sieben Jahren postungültig (unbe- grenzt umtauschbar erst recht nicht!). 1987 kam auch das Markenland „Berlin“ zu seinen Automaten-Postwertzeichen (Postkürzel: APWz). Die Sammler machten daraus schon bei „Bund“ (1981) von Anfang an „Automarkenmarken“ und kamen so auf die Abkürzung ATM. Unter ihnen ist erste mehrfarbige deutsche Ausgabe aus Berlin mit der Michel- nummer 1 – mehr gab es nicht – ist ein besonders interessantes Stück moderner Postgeschichte. Ver- schiedene Sammelthemen sind möglich. Ein ganz Besonderes soll hier vorgestellt werden.
Transcript

Deutschland

1www.philatelie-digital.de 15/2017

Briefpost National – Folge 61:

Vor 30 Jahren Berlins eigene ATM:Heute zeigen, was möglich ist (I)Spaßphilatelie mal anders

WERNER RITTMEIER

Automatenmarken (ATM) – das sinddiese vielen Nichtsammlern immer nochseltsam erscheinenden Briefmarken, dieman gegen Bargeld und über Tastenbe-fehle aus einem heute leider immer öfternicht funktionierenden gelben Münzwert-zeichendrucker mit großen Sichtfensterbeziehen kann und die man beim Frankie-ren – schrecklich! – auch noch befeuchtenmuß (Leute, die Post hat´s schon so oftgezeigt: Handrücken mit Speichel be-feuchten, dann die Marke da drauf!). Den-noch, der praktische Nutzen von ATM inZeiten wachsender Serviceschwierigkei-ten der Post hat sich bei diesem Publikummit den Jahren herumgesprochen.

Doch sind diese Drucker – sog. „Au-ßengeräte“ – selbst in ihrer neuesten Ver-sion (Hersteller Sielaff), wie schon gesagt,gefährdet. Sie werden immer häufigerstillgelegt und schließlich ganz abgebaut.Manchmal über Nacht und damit unange-kündigt für die Verbraucher und für die vorweiteren Serviceverlust ihrer Gemeindensich fürchtenden Bürgermeister. Es gehthier nicht nur kleinere Orte, sondern im-mer mehr um Städte mit bis zu 30.000Einwohnern. Der Betrieb des Druckersrechne sich nicht mehr, sagen dann an-derntags wie fremdgesteuert wirkendePost-Pressesprecher. Es sind immer diegleichen ablenkenden Texte, die man daliest. Weil so unglaubwürdig, kommen sieFake-News nahe (s. auch: („Wer gibt derATM-Neuheitenphilatelie den Todesstoß“,11/2015; „Geräteabbau – ein Hintergrund-beitrag“, 16/2015, in: Philatelie-Digital).

Die äußerst praktischen rechteckigenBriefmarken mit ihren typischen geschnit-tenen vier Seiten und zwei Transportlö-chern oben und unten in der Horizontale

Der Höchstwert aus der hier vorzustellenden Bildergalerie mit Bedarfspost der Berliner Automatenbriefmarke. Er stammt aus einem Schalterwertzeichendrucker. Selbiger stand ineiner der drei 1987 noch existierenden Versandstellen (Berlin, Frankfurt/M und Weiden). Esgibt diese Freimachungen – Wert bis 500 DM – doch recht häufig im Sammelmarkt. Händ-ler und Sammler im Bundesgebiet gefiel diese Neuheit aus Westberlin und nutzten BerlinerATM für die Freimachung ihren Warenaussendungen. Mit der Amtsblattverfügung 128/1987vom 16.2.1987 wurde der Vordruck mit Motiv Charlottenburger Schloß von der Post ange-kündigt. Viel muß man für so einen recht selten anmutenden Beleg nicht bezahlen. Mit 10-15 € kannman schon dabei sein. Auch das ein Merkmal dieser Art von Spaßphilatelie. Porto: Brief 21-50g 170 Pf, Tarif 1.4.1989 bis 31.3.1993, Wertgrundgebühr 600 Pf, Tarif1.4.1989 bis 30.6.1992.

verdanken wir Berliner Erfindergeist. Zumerstmaligen Erfolg kam er 1981. Da hattedie fragliche Firma Klüssendorf mit Sitz ineiner von Minen, Mauern und Stachel-draht gegeißelten Frontstadt ihr Ergebnisdem Bonner Postministerium vorgelegt.Der äußerst leistungsfähige Markendruk-cker vom Typ 631 ging in den „Westen“ –Bund-Sammler erlebten das Wunder derATM Nr. 1 – ihr philatelistisch ungewohn-

tes und reichhaltiges Wunder! Auf den inSpandau ansässigen Hersteller konntesich die Deutsche Bundespost viele Jahreverlassen. Die imposanten Standgerätedieses Typs 631 hatten gleichwohl am 26.August 1998 ultimativ ausgedient. AndereGerätetechnik ersetzte ihn und vor allem:Da waren die Berliner ATM schon seitüber sieben Jahren postungültig (unbe-grenzt umtauschbar erst recht nicht!).

1987 kam auch das Markenland „Berlin“ zu seinen Automaten-Postwertzeichen (Postkürzel: APWz). DieSammler machten daraus schon bei „Bund“ (1981) von Anfang an „Automarkenmarken“ und kamen soauf die Abkürzung ATM. Unter ihnen ist erste mehrfarbige deutsche Ausgabe aus Berlin mit der Michel-nummer 1 – mehr gab es nicht – ist ein besonders interessantes Stück moderner Postgeschichte. Ver-schiedene Sammelthemen sind möglich. Ein ganz Besonderes soll hier vorgestellt werden.

Deutschland

2www.philatelie-digital.de 15/2017

GrundlagenwissenGängige Einzelheiten über die ihren

Ersttag am 4. Mai 1997 erlebende BerlinerATM-Ausgabe muß der Autor nicht wie-derholen. Der auf gediegene Kenntnissetzende Sammler ist mit dem Michel-ATM Katalog – Achtung! – 2004 („beste“,„ausführlichste Ausgabe“, s. „Bund ATM4 auch ab 1.1.2003“, Philatelie-Digital,18/2014) hervorragendst bedient. DasWerk läßt sich preiswert im modernen An-tiquariat erwerben.

Daß eine Arbeitsgemeinschaft wie derRSV (BDPh > http://www.arge-rsv.de/)erst recht viel Wissen unter Gleichgesinn-ten bündelt, muß an dieser Stelle unbe-dingt ebenfalls Erwähnung finden.

Auch der Autor hat die Berliner Ausga-be mit ihren vier Versandstellensätzen (2Normal- und 2 Ergänzungswerte-Sätze)bzw. drei Tasten- und einem Restwerte-satz ebenfalls schon ausführlich und ausdamaliger Sicht erschöpfend in seiner be-ruflichen Zeit als Fachredakteur Revuepassieren lassen.

Eigentümlich ist jedoch aus heutigerSicht, daß sich das in Deutschland quan-titativ und qualitativ am höchsten „akku-mulierte“ Standard- und Spezialwissenüber ATM im Fall gerade der einzigen Ber-liner ATM aus der schreibenden Hand ei-nes Dr. Edo-Meino Eden (Holzwickede)wie eine Streuobstwiese darbietet (>www.postautomation.de). Man muß sichdort die Details zusammensuchen, doch –es lohnt. Um im Bild zu bleiben: Es ist ei-ne Streuobstwiese mit den schönstenFrüchten!

Aber – auch dieser Querverweis sollhier nicht viel zur Sache tun!

Zum Spaß in der PhilatelieDer schreibende Ansatz jetzt ist ein an-

derer. Den Anlaß dazu bot die vor einigenMonaten eingetroffene Zuschrift eines Le-sers, der sich den Zeilen zufolge zur Auf-gabe gemacht hat, sämtliche (Dauer-serien-)Machin-Werte Großbritanniens inEinzelfrankatur zu sammeln. Er schrieb er-gänzend, daß er trotz der unglaublichenFülle allein an Hauptnummern optimi-stisch sei. Er habe Spaß daran. Komplettzu werden, stehe ihm nicht im Sinn, wäreauch idiotisch. Aber wenn man seit Jah-ren „aus dem Sammlerverband oder so“diesen Spruch höre, der Spaß beim Sam-meln müsse wieder Vorrang haben, dannwisse er zwar nicht, wie und was da ge-nau gemeint sei, er aber mit seinen „Ma-chins“ wisse es. Noch dazu, wo es tarifli-che Informationen zu Großbritannien auch

im Internet reichlich gebe (Die nennt Phi-latelie-Digital hier gleich mal: http://www.gbps.org.uk/information/rates/ sowie(Print) Michael Furfie, „British Civilian Po-stage Rates of the 20th Century“. 2000).

Die Zuschrift gab das Stichwort : „Spaßan der Philatelie“, oder anders undscheinbar knackiger: „Spaßphilatelie“. Dereine oder andere Leser wird bei diesemüberall zu hörenden und zu lesenden Wortgewiß hellhörig. Denn er weiß, daß es inZusammenhängen aufzutauchen pflegt,wo man in der scheinbar zu gewinnendenSammelfreiheit vor allem eines soll: all dieSammel-Herrlichkeiten, die „Freiheit“ zu-rückgeben, weil sie „Freude“ ausdrücken,zu kaufen. Es geht ums Geld, um die ge-steigerte „Verkaufe“, um nichts anderes.

Spaßphilatelie könnte ein Wort aus derPhila-Marketingsprache sein. So mancherVerbandsfunktionär (Sammler, Händler)führt es Beifall heischend im Munde. Erübernimmt es willentlich oder gedanken-los von „Vordenkern“ der sog. „neuenSammelwege“ (auch so ein semantischerSchmarrn). Die transportierten Eigen-schaften der „Spaßphilatelie“ hören sichfreundlich an, indem sie vor allem aus-drücken, was man nicht will: Verbissen-heit, Enge, Dogmatik, Kleinkariertheit.Was man verspricht, ist: Unabhängigkeit,die Abwesenheit von Gängelung, quasiund wie sagt man heute, ein „selbstbe-stimmtes“ Sammeln (Fehlt noch, daß man„vielfältig“ sagt!). Der sog. „Komplettheits-zwang“ ist aufgehoben in einem „Probier-“und „Häppchen“-Sammeln. Daß so ganznebenbei eine üble Stigmatisierung vonHunderttausenden von Sammlern stattfin-det, die darüber hinaus grundfalsch ist,schert die „Vordenker“ nicht ein bißchen.

Für das in Bonn exekutierte Marketingder einzig verbliebenen deutschen Ver-sandstelle in Weiden heißt das neben vie-lem anderen: Da mal ein „Jubiläumsbrief“,hier mal ein „Gedenkset“, oder gern auchmal ein besonders markantes Markenmo-tiv wie zuletzt „Luther“ – in seinem Gefol-ge dann Kartonphilatelie, Heftchenexzeßund Münzinflationäres aller Art. Ist dochalles nett und so hübsch anzusehen. Unddie Euro-Scheine flattern nur so...

14 vom 22 Seiten dieser Art Hab-Spaß-Greif-zu-Philatelie sind im aktuellen Pro-spekt „Philatelie-Aktuell“ (III/ 2017) alleinden „Feiern-Sie-mit!“-Spaßsammelstückengewidmet. Öffnet man unter „Philatelie“(!!)von www.philatelie.deutschepost.de, zeigtsich, daß nicht alberne Marken angebotenwerden, sondern daß die Angebotslistevon der Sparte „Briefmarken-Produkte“angeführt wird. Produkte! In diesem Busi-ness-Sprech geht es weiter.

Fazit: Hier lernt, wer will, wie „Philatelie“von der „Post“ definiert wird (seit Jahren).Und nicht nur das: Auch, mit welchemwertvollen, d. h. teuer erkauften Sammel-schrott kommende ach so positive Spaß-sammler (oder deren Erben) in den Marktstoßen werden, um, weil Sammeln ja„Werte“ bringt, ihre „wertvollen“ Spaßfreu-de-Stückchen wieder für gutes Geld los-werden wollen. Doch nicht bei der Post!Die kauft ja nicht an, die verkauft! Heissa,wird das ein Spaß! Und den Griesgrämi-gen, den Engstirnigen bleibt wieder nurmal das ihnen aufgeschwätzte bzw. nach-gesagte Herummäkeln am „Niedergangder Philatelie“. Der Schuldige, der „Fal-sche im Leben“, ist in Deutschland ja so-wieso schnell gefunden und seine Margi-nalisierung feiert jeden Tag Triumphe!

Die Schizophrenie dieses Marktes istauf jeder Angebotsseite der Versandstelleund übrigen Anbietern mit Händen zu er-kennen. Hier die Freiheit des „Häpp-chen“-Sammlers, dort die... aber hoppla,so natürlich nicht: Die „unfreien“ Sammler,gibt es natürlich NICHT! Diese Engstirni-gen, die doch tatsächlich im Sammeln im-mer noch – wie anachronistisch – ein sy-stematisches, kontinuierliches, von fachli-chen Zusatzkenntnissen begleitetes Zu-sammentragen von Neuheiten im Blickauf vorher erschienene (ältere) Marken se-hen, die in dieser Systematik eines Sam-melgebietes ihre Genugtuung und Freudefinden, die muß man auch bei der Stangehalten. Wie uncool, die zu verschrecken!Wer ist denn so naiv das anzunehmen!

Für diese „Verbissenen“, usw. hält mannatürlich – am kaum noch konkurrenzfä-higen Privathandel vorbei! – Komplett-Vordruckalben bereit, Bund 1949-heute,und so weiter! Ja sicher doch! Und bietetzu völlig marktfremden hohen Preisen äl-tere Bund/Berlin-Deutsches-Reich-Mar-ken via Beschaffer Borek/Braunschweigan! Alles zu Preisen, die man unter gege-benen Bedingungen, die man 2003 selberentscheidend mit geschaffen hat, wegenihrer Höhe nur noch als schamlos „dane-ben“, als Skandal bezeichnen kann! Dahilft es kaum weiter, wenn dieses Vorge-hen sarkastisch in Foren mit dem Milieuvon „Neppern, Schleppern und Bauern-fängern “ verglichen wird. Es geht ja umdie „anderen“. Wie in der Politik, wenngängige Politiker das „Wir“ und damit ziel-sicher an das Gemeinwohl appellieren.Dann sind die anderen gefragt (die eigeneVilla, das eigene materielle Wohlergehenbleibt natürlich außen vor). Die anderensind die, die man in der Tasche hat, die„können ja gar nicht anders“ – die werdenja wohl auch nicht anders...!?

Deutschland

3www.philatelie-digital.de 15/2017

Es gibt seit dem „11. September“ fürdie deutsche Philatelie – gemeint ist der30. Juni 2003 mit seinem Umtauschendefür DM-Marken – von keinem der Verbän-de seither Richtungsweisendes, eine ArtHandreichung darüber, was Philatelie ist,wenn selbige weiterhin Zukunft habensoll. Alles kuscht, alles sucht seine Ni-schen, und die Mehrheit der übrigen däm-mert dem Ende (dem eigenen beruflichen,dem normal sterblichen) entgegen.

Philatelie in Deutschland wird, soscheint es, von den Spaßideologen in denihnen möglichen Geschäftsbereichenmindestens seit fünfzehn Jahren auf einEnde noch in dieser Sammlergeneration„vorbereitet“. Das läuft in Deutschlandzwar noch „gemäßigt“ ab, vergleicht mandazu die Produkte- und Neuheiten-Exzes-se in „starken“ Wirtschaftsnationen wieFrankreich oder Spanien, ändert abernichts an der Stoßrichtung. All dieses un-erträgliche Gerede gerade auch in Samm-lerkreisen (fast zwingend dann auch in Ta-gesmedien) über „aussterbende Samm-ler“ „Briefe ohne Briefmarken“, „Jugendnur mit Interesse für Computer/Smartpho-nes“ ist die wiederkäuende Kurzschlußre-de jener, die im „Wahn“ des Gängigen,des einlullenden Krakensystems vonPost-Versandstellen-Marketinggeseiereund schleimiger Fachberichterstattunggeistig ersoffen sind – ohne daß sie esmerken.

(Nur gut, daß bei Abfassung dieser Zei-len tief in der Nacht im Internetradio gera-de Musik wie Ralph Zurmuhles „Picnic inthe Desert“, Amy Skjeis „Whispering Pi-nes“, Sarah Dukes’ „An Angel Returns“und Michele McLaughlins „Irish Rain“ läuft– Tiefenentspannung pur! Tip: Auf Whispe-rings Solo Piano Radio)

Die andere SpaßphilatelieKommen wir von der übergeordneten

Sicht herunter in die sog. „Niederungendes Normalen“, also zu dem, was Hun-derttausende von Sammlern bewegt. Wasin diesem Kontext der Beitrag heute zumThema hat, ist deshalb so einfach wie ba-nal: Dem Begriff „Spaßphilatelie“ einen ei-genen „Wert“, einen eigenen „Inhalt“ ge-genüberzustellen! Und das auf der Ebenedes Simplen, des Nicht-Spezifizierten,des „Was jeder kann, wenn er mit etwasAnstrengung nur will!“.

Zahlreiche Sammler von losen Markenverfolgen diese Spaßroute ja auch längst(Klar, daß sie in aller Regel mit „Neuhei-ten“ nichts zu schaffen haben). Sie plattie-ren, zum Beispiel. Zum Beispiel gestem-pelte Bizone-Bautenmarken als 100er-Bo-gen. Das ist so etwas Simples und nach

quantitativer Leichtigkeit ausschauendeswie das „FDC“-Kaufen bei der Versand-stelle – doch was für ein geistiger Unter-schied, was für eine Freude beim Entste-hen der Sammlung durch die eigene Tatund durch das Wissen!

Oder Bogen von Infla und ähnlichen in-teressanten Vor- und Nachkriegsmarkenzusammensetzen. Oder, was ganz ande-res, das Sammeln von Stempelabschlä-gen eines Postortes in seiner historischenEntwicklung bis hin zu seiner Auslö-schung (Krieg, Eingemeindung, etc.).Oder die Dokumentation mittels einer ein-fachen billigen Marke von politisch-histo-risch Prozessen ausgelösten Veränderun-gen in der Form und im Text der auf ihrabgeschlagenen Poststempel (vielleichtsogar nur eines Postortes, einer Region)!

Es gibt die „Spaßsammler“ unter denBedarfspostfreunden, die aus der Post-leitzahl-Einführungsphase 1961/62 „Ap-tierungen“ der alten PGLZ oder erste Ein-führungen der „Vierstelligen“ sammeln (dito 1993 bei Einführung der 5stelligen),oder die sich auf die Entwicklung der Ab-senderfreistempel inklusive Geräteanbie-ter seit Euro-Umstellung fixieren. Letzte-res vom Wertaspekt her betrachtet ein be-sonders unsinniges Unterfangen, mit vielHaufen Papier und – doch mit immenserFreude und Genugtuung! Ohne Fach-kenntnis geht auch hier übrigens nichts,doch kommt die auch beim Sammeln!

Oder die Absenderstempelung beiMassendrucksachen seit 1979: Alle Ma-schinenkennummern, alle Stempel-Wer-beeinsätze – was für ein Thema, was füreine lässig-entspannte Umsetzung desWortes „Spaß“ in der Philatelie! AndereBeispiele gehaltvollen Sammelns von sog.„Masse“ lassen sich leicht finden.

Vieles spielt sich dabei in der Stempel-Philatelie ab. Sie bietet über weite Stre-cken ein preiswertes Sammeln. Nur imZusammensuchen sämtlicher (klassi-scher) Preußen-Nummernstempel wirddaraus eine ins Geld gehende Angelegen-heit, bei der dann auch der Wertanlage-aspekt eine Rolle spielt. Grundsätzlich istdieses andere „Spaßsammeln“ ein Sam-meln „ohne materiellen Mehrwert“. In derKunst sagt man dazu „L´art pour l´art“.

Immer bedeutet es: Schlichte Sammel-dinge um ihrer selbst willen zu tun, mitFachkenntnis und der Bereitschaft, selbi-ge zu vergrößern. Denn darum geht es ja,es geht darum, den Spaß an der Sachezu vergrößern und selber dabei als Phila-telist „zu wachsen“. Sich selber berei-chern! Was hat dieser Spaß mit dem„Spaß“ einer Anhäufung von „Produkten“à la Versandstelle, à la „Service Philatéli-que“, etc. zu tun? Nichts. Jener ist flach

und von minimaler Dauer, dieser ist langund von intensiven Sammelmomentenbegleitet!

Damit zurück zur Ausgabe der BerlinerAutomatenmarken. In den beiden folgen-den Berichtsteilen ist eine lange Bildtafelzu sehen. Sie zeigt Einzelfrankaturen. Dasist der einzige „Hintersinn“ bei dieserSammelanstrengung. Natürlich gestaltetsich ein Mischfrankatursammeln – BerlinATM mit anderen postgültigen Marken aufeiner Postsendung – noch viel einfacher.

Mal einfach nur spielerischDas Sammeln von Bedarfspost als Teil

der Modernen Postgeschichte führt ja inaller Regel zu erheblichen Anstrengungenin punkto Fachkenntnisse und finanziel-lem Aufwand. Um gediegene Kenntnissegeht es auch jetzt, um einen manchmalzehrenden finanziellen Aufwand jedochüberhaupt nicht. Das liegt in der Natur derSache einer ATM: Sie bietet zwar auchNominalen eines Satzes – dadurch, daßes in der Anfangsphase sogar ausschließ-lich nur um Festwertstufen ging: Solchen,die ablesbar am Ortsgerät zu sehen sindbwz. jene, die in den sog. Versandstellen-sets aufscheinen. Das kann man „runter-und raufsammeln“. Die Nähe zum Sam-meln von Marken einer Schalterbogen-Dauerserie mit deren Nominalbreite liegtauf der Hand.

Deutsche ATM (Bund, MiNr. 1) bietenseit September 1982 bzw. 1987 allerdingsauch die unendliche, auf 5 Pf endendeNominalfülle (Höchstwert: 9995 Pf). Dasmacht das Spektrum der brieflichen Fran-kierung sozusagen unberechenbar. An-ders ausgedrückt: Dieses Spektrum wirdunerwartet ausgeweitet, auch und geradeim Niedrignominalbereich! Vor allem dasbeschert preiswerte Erstehungseffekte!

Die Lektüre des erwähnten Michelkata-loges zeigt, was alles an Bedarfspost unddamit an Nennwert-Vielfalt nach demErsttag 4. Mai 1987, also ab 5. Mai bisGültigkeitsende 31. Dezember 1991 mög-lich war. Das wird hier nicht aufgelistet. Zuwissen ist jedoch, wie genau die Ausga-bepraxis für die Nennwerte aussah. Hierkommen die schon erwähnten formidab-len Seiten von www.postautomation.dewieder ins Spiel.

Berlin ATM 1 – GrundlagenDie notwendigen Daten im einzelnen:

I Bedarfspost ab 5. Mai 1987

Bezug der neuen ATM in Westberlin imKlüssendorf-Drucker Typ 631 ab 4. Mai1987 für Postkunden an drei im Stadt-

I

Deutschland

4www.philatelie-digital.de 15/2017

gebiet verteilten Geräten; bis Ende Juni1987 Aufstockung auf 30 Geräte diesesTyps im Kundenverkehr; am selben 4. MaiFestwerte auch am Verkaufsschalter derVersandstelle in der Goethestraße.

Im einzelnen: Tastensatz: 10, 40, 50, 60, 70, 80, 100,

110, 120, 130, 190, 250, 280 und 300 Pf =Versandstellensatz I; Ergänzungswerteebenfalls mit Bezug von der Versandstelle= VS-Satz 2: 5, 65, 75, 85, 145 Pf);

ab Tarif 1.4.1989 Tastensatz: 10, 20, 40, 60, 80,100, 140,

170, 180, 210, 240, 250, 320 und 350 Pf;VS-Satz 3: 20, 140, 170, 180, 210, 240,320, 350 Pf, Ergänzungswerte = VS-Satz4: 5, 25, 65, 105. 165 Pf)

ATM Berlin erhältlich ab Ersttag 4. Mai1987 auch bei den Versandstellen (VS) inFrankfurt/M und Weiden, letztere als dieVersandstelle für ATM konzeptioniert (Er-öffnung 23.9.1980)

Hintergrund: Seit dem 1. Februar 1987durften auch die zwei anderen Versand-stellen gemäß Bestellaufträge der Samm-ler selber ATM drucken und anbieten (zu-vor wurden Bestellungen nach Weidenumgeleitet). Druckertyp hierfür: Typ 829(Weiterentwicklung des Typs 651); weitereVerkaufsplätze: Postamt Fft.-Zeil und Re-gensburg (Außenstelle Weiden).

Ab Ersttag 4.5.1987 Berliner ATM auchin 5-Pf-Schritten nicht nur bei der Ver-sandstelle

Hintergrund (es geht um Schalterwert-zeichendrucker): „Druckten die neuenVersandstellengeräte noch vom 1.2.1987an nur die alte grüne ATM´ auch in Berlin,so kam ab 4.5.1987 die Berliner Ausgabemit Schloß Charlottenburg hinzu. Ab Erst-tag 4.5.1987 wurden auch fünf BerlinerPostämter (1000 Berlin PA 20; 30; 41; 44und 51 ) mit SWZD des neuen Typs 829ausgestattet , die im Gegensatz zur Berli-ner Versandstelle natürlich nur BerlinerATM abgaben bis zum 28.3.1991.“ (aus:www.postautomation.de)

Außengeräte: Neues kleines (Hänge-)Gerät, Klüssen-

dorf Typ 696, ersetzt im Berliner Stadtge-biet Zug um Zug mit seiner handlichenGröße nicht nur die Rollenmarken-Auto-maten (die im gesamten Bundesgebietverschwinden), sondern auf dem Feld derATM auch das Standgerät vom Typ 631;

Zeitpunkt: ab 20.3.1991.Merkmale des „696“: Noch Festwahl-

stufen, aber auch Abgabe der ATM in 10-Pf-Schritten (10 Pf - 9990 Pf), dabei Nenn-werte wählbar außerhalb der (per Tasten)

vorgegebenen Festwahlstufen, diese„Wahlwerte“ per E-Taste; kein Rückgeldmehr, sondern Rückgabe unverbrauchtenGeldes in sog. Restwerten (Marken zu100, 60, 40 und / oder 10 Pf).

Festwerteangebot des Typs 696: 10,40, 60, 60, 100, 140, 170 und 350 Pf.Mehrfachtasten 10x10, 5x20, 5x60,5x100, 10x100 und E-Taste. –

Übrigens, nur mal so nebenbei, für„Spurensucher“ deutscher modernerPostautomation: Der Typ 696 „startete“als erstes Außengerät erstmals im Ver-kehrsgebiet Ost ab dem 6. April 1992!(Du meine Güte! Der Autor bekommt fastGänsehaut, wenn er das schreibt und da-ran denkt, wie in den heutige Zeiten der„Kaufspaßphilatelie“ diese Zusammen-hänge am Sammler vorbeigehen!

Ende 1991, wieder wird www.postauto-mation.de zitiert: „So kam es dann am15.3.1991 zur erstmaligen Verwendungvon grüner Bund-ATM in Berlin im Klüs-sendorf 631.“ (Anm. des Autors: Gemeintist also das Außengerät! Es gab ihn noch,neben dem Typ 696. Zur Erinnerung: Inder VS Berlin waren grüne Bund-ATMschon seit dem 1.2.1987 erhältlich > Vor-läufer der Berlin ATM 1!).

„Im Gegensatz zum VerkehrsgebietWest und später auch Ost der DeutschenPost gab es in den alten "West"berliner631 eine zusätzliche 14. Wertstufe zu 40Pfennig!“ (Anm. in eig. Sache: Der Autorsucht eine solche Bedarfs-EF im BerlinerTarif bis 31.3.1991 auf diesem Wege! Aberbitte: keinen produzierten Beleg à la Leit-schuh, von Loeper, etc.).

Die Sachlage im DetailNach 30 Jahren gibt es, die FDC-Mate-

rie herauslassend, sammlerisch einenbrauchbaren Überblick. Er verstetigt, wassich schon bald nach Einführung der Mar-ken in Westberlin andeutete. Briefpostvon Postkunden „Hinz und Kunz“ gibt esganz überwiegend nur mit wenigen Nomi-nalen. Sie stellen das Gros der 36-Millio-nen-Auflage der Vordrucke bzw. Marken.

Im ersten Tarif, bis 31.3.1989, bedeutetdas: 40 Pf Ortskarte, 50 Pf Ortsbrief, 60 PfPostkarte, Drucksache, 80 Pf Brief Inland,Ortsbrief 21-50g, 250 Pf Einschreiben-Brief Ortsverkehr Berlin und 280 Pf Fern-Einschreiben-Inland.

Im Tarif 1.4.1989 bis Ortstarifende31.3.1991: Postkarte 40 Pf, Ortsbrief 60Pf, dito 21-50g 100 Pf.

Bis Gültigkeitsende 31.12.1991: Post-karte, Drucksache 60 Pf (wie bisher In-land/Cept-Zielländer), Brief-Inland 100 Pf,Brief-Inland bis 50g 170 Pf, Fern-Ein-schreiben 350 Pf.

Ausnahmen bestätigen die Regel: Ver-wendungen von Festwert-Nominalen au-ßerhalb dieses hier genannten Normal-spektrums sind natürlich vorhanden! Siefinden sich häufig auf Großformaten – unddie sind bei vielen Sammlern unbeliebt.

Das betrifft die Nominalen zu 110 Pfund 140 Pf (Tarif bis 31.3.89) oder 180 Pfund 200 Pf (ab 1.4.89) auf höhergewichti-gen Inlandsdrucksachen. Eine 190 Pf aufFernbrief-Inland (51-100g) im 1. Tarif –ebenfalls im Gerätespektrum enthalten –hat der Autor allerdings auch nach dreißigJahren noch nicht gesehen, ebenso nichteine 240 Pf, dito, im 2. Tarif: Die wie ge-sagt meist großformatigen Umschläge en-deten im Papierkorb!

Nachnahmen und Päckchen mit Berlin-ATM überwiegen mit „Bund“-Herkunft(fast ausschl. philatel. Absender, darunterVerlage). Allesamt sind sie wenig häufig.Auslandsendungen außerhalb des CEPT-Spektrums (bei 20g = Inlandsgebühren!),zumal mit Postabgang Westberlin, dürfenjedoch als besonders selten gelten.

Wissen über den Geräte-einsatz ist nützlich

Damit zu Details von Nominalen, beidenen sich die Frage stellt, woher siedenn kamen: Wo wurden sie „endprodu-ziert“?.

Die R-Orts-EF mit 310-Pf sollte prinzi-piell häufig sein, weil die parallelen Dauer-serien „Frauen“/„SWK“ dieses Porto imTarif 1.4.89 häufig zeigen. Diese Markekäme dann aus den fünf PÄ mit SchWZD-Ausrüstung und ganz zum Schluß, fürkurze Zeit, aus dem 696er. Das schränktdie Menge heute im Sammlermarkt be-trächtlich ein. Zahlreich sind Dokumentati-onsstücke vom sog. „Tarifersttag 1.4.89“(innerhalb dieser Betrachtung irrelevant).

Eine Marke aus SchWZD – top! Es gibtsie, wenn man nur sucht, auch in EF. Soz.B. den 330-Pf-Wert auf Fern-Einschrei-ben, 2. Gewichtsstufe, im 1. Tarif (130 Pf,R-Gebühr 200 Pf). Das Aufgabepostamtverfügte dann über den Gerätetyp 829.Oder man hat sie im der Goethestraßegekauft. So etwas ist zweifelsfreier, exzel-lenter Bedarf.

Die Verkaufsstelle der VS in der Goethe-straße wurde ja auch vom Sammler-Westbei Besuchen stark frequentiert, „Bun-dies“ unterhielten ein Abo nur in W-Berlin.Wo dann so ein Einschreiben in den Sek-toren aufgegeben wurde – egal! Allenfallsdie Dokumentaristen von Ersttagen, dieauch nach Quittungen Ausschau halten.Um das noch in Erinnerung zu rufen: 310-Pf-Einzelverwendungen auf Ortseinschrei-ben waren nur in Westberlin möglich!

I

I

I

Deutschland

5www.philatelie-digital.de 15/2017

Oder: Es gibt Belege wie einen Wert-brief-Inland zu 480 Pf (Wert 400, Brief 80Pf bis 20g) im 1. Tarif (bis 31.3.89) mitPoststempel Berlin – welche Freude! Wo-her kommt die Marke? Aus einem Schal-terwertzeichendrucker. Wo stand er? Inden schon genannten Postämtern Berlin20, 30, 41, 44 oder 51 oder in der Ver-sandstelle Berlin. Oder – bei Bund-Ver-wendung – in den übrigen VS im Bundes-gebiet.

Im Falle einer Bearbeitung in Westberlinhätte dann ein Sammler/Händler die Mar-ke in die Viersektorenstadt mit genommenoder sie zwecks dortiger postalischer Auf-gabe an Akteure nach Westberlin ge-schickt. Häufiger sind aber gerade beiWert- und Eilbriefen Bund-Verwendungen!

Politik und NutzenErgo und pauschal geurteilt: EF mit No-

minalen über 280 Pf (1.Tarif) und 350 Pf(2. Tarif) sind selten und falls, dann in allerRegel im Bundesgebiet entstanden. Aus-nahme: R-Briefe über 20g.

Sind es keine Einschreiben und kom-men sie aus Westberlin, fängt in aller Re-gel auch hier die Produktions-Philatelie ihrZepter zu schwingen (Belege in gleicherArt und größerer/hoher Zahl). Danebengibt es den philatelistischen Bedarf. Wasdie übermäßig philatelistische Beeinflus-sung betrifft, gilt das für die allermeistender im Markt kursierenden „VGO-Tarif-Stücke: Eilbriefe vom VGW ins VGO (er-mäß. 300 Pf), R-Drucksachen vom VGWin VGO, Eilbriefe VGW aus dem Bundes-gebiet oder solche Westberlin nach dem1.7. bis 31.12.1991 = 600 Pf) oder Nacht-eilbriefe von und nach Westberlin, u.a.m.).

Auch sind grundsätzlich die Stücke vonAußeneinsätzen der VS auf Ausstellungenetc. („Sonderstandorte“) eine Porto-Spiel-wiese für die Briefaufgeber: Der Ge-schmack bzw. das Interesse entscheidet!(s. Ausführungen dazu u.a. in „Speziali-sierungen in der modernen Briefpost – ei-ne Betrachtung (III)“ (14/2017).

Philatelistisch am überzeugendstensind bei Hochnominalen Verwendungenim Bundesgebiet auf hochwertigen Brie-fen mit Sonderdiensten (Einschreiben,usw.). Die Akzeptanz der im Unterschiedzur „grünen“ bundesdeutschen ATM 1bildlich und motivlich weitaus interessan-teren Berliner ATM im Bundesgebiet warbei philatelistischen Nutzern eindeutig. Soblieb es auch bis Postgültigkeitsende am31. Dezember 1991!

Die überaus starke Verwendung derMarken im Westen – mehr als bei jederanderen Westberliner Dauerserie – zeigtim übrigen, daß diese ATM-Ausgabe alsein philatelistisches Machwerk der Bon-

ner Entscheider gelten muß. Denn ein Be-darf bestand für diese Ausgabe ange-sichts einer nominal umfangreichenSchalterserie „Frauen“ und einer ebensol-chen Rollenserie „Sehenswürdigkeiten“nicht. Die seit Februar 1987 in den Goe-thestraße gedruckten grünen Bund-ATMkomplettierten das Angebot – Bund-Mar-ken war ja auch in West-Berlin postgültig!

In der Entstehung der Berlin ATM 1 ka-men wohl zwei Dinge zusammen: Das„Insiniueren“ einschlägiger philatelisti-scher Kreise, die nur einfach „etwas Neu-es“ wollten bei einem erlahmenden Inte-resse an Bund-ATM 1, und die Attitüde ei-ner Post, die nach Kohl-Brandtscher-Dok-trin für unbestimmte Zeiten von der Tei-lung Deutschlands ausging. Damit wurdeden Entscheidern der Post in Bonn und inder Landespostdirektion eine Neuheiten-Spielwiese zur Verfügung gestellt, auf de-ren Fläche das „Markenland wider Willen“(W. Pelikan), sprich; der philatelistische„Gestaltungswillen“ der „Besonderen Ein-heit Westberlin“ ein neuerliches Auskom-men, sprich: philatelistisches Highlight fin-den sollte.

Kleinwerte oho!Zu den Marken in 5-Pf-Wertstufen: Es

gibt für den Sammler, den das interessiert,viel Briefmix mit ATM aus Schalterwertzei-chendruckern, also vor allem Nennwer-ten, die auf 5 Pf enden. SchwZD-Markensind nicht per se selten. Die philatelisti-sche Beeinflussung der Nutzung der Mar-ken auf Briefpost ist groß. Dennoch gibtes auch pragmatische Portonutzungen.

Die 5-Pf-EF für Luftpostversendungenvon „Postsachen“ gehören allerdings nurentfernt dazu, die Verwendungen von 30-Pf- und 35-Pf-Marken – die im Prinzipniedrigsten Postgebühren unterhalb des„Standards“ von Ortspostkarten (= 40 Pf)auf Massendrucksachen sind jedoch Be-weis purer auch „philatelistischer“ Nütz-lichkeit: Im 1. Tarif (bis 31.3.89 galten fürdas niedrigste Gewicht (bis 20g) in denTarifarten a) und b) Entgelte von 35 Pf bzw30 Pf.

Diese Nennwerte waren nicht Teil derGerätetasten- und Versandstellensätze.Sie konnten nur aus den Schalterwerte-zeichendruckern und damit aus großenBestellmengen resultieren – und derenAufträge gingen sicher vor allem an dieVersandstellen in Frankfurt/M und Wei-den. Die Nutzung dieser Werte auf Werbe-massendrucksachen philatelistischer Ab-sender im Bundesgebiet jedenfalls ist be-kannt, Belege sind keine Mangelware:Vielleicht werden sie darum beim Samm-ler unterschätzt. Es gibt diese Bedarfs-stücke aber aus keinen anderen Quellen!

Gäbe es sie aus Berliner Quelle, dürfteman hier „Mache“ vermuten (Selbst Stük-ke aus der im Falle der „Sehenswürdig-keiten“ bekannten Quelle Dieter Schmidtwären selten, gäbe es sie!). Noch einmal:Es ist – bezogen auf Einzelfrankaturen –bis heute kein Berliner Versender (außervielleicht doch Fachhändler DieterSchmidt) bekannt, der Massendrucksa-chen mit Berliner ATM freigemacht undabsendergestempelt hätte. Auf jeden Fallist dem Autor kein nicht-philatelistischerVersender bekannt!

Höhere Nominalen, wegen der Tarif-struktur auf Massendrucksachen meist auf5 Pf endend, gibt es sogar nur von west-deutscher Quelle und die heißt zu gut 99Prozent Sieger/Lorch. Der Bedarfszweckder Sendungen ist eindeutig gegeben.

Im Tarif (a, b) vom 1.4.1989 (bis 31.3.93)stiegen die Gebühren für 20-g-Briefe auf38 Pf bzw. 33 Pf. Berlin-ATM dieser Nomi-nalen sind dem Verf. nicht bekannt (auchnicht bei Bund 1). Zu o.g. Datum wurdejedoch für die Nutzung der Postkarte eingesonderter, ermäßiger Preis eingeführt:Tarif a) 30 Pf und wichtig Tarif b) 25 Pf. Bisheute hat der Autor eine solche 25-Pf-EFder Berlin ATM auf Bedarfsstück nochnicht zu Gesicht gekommen.

Die 25-Pf-Marke kommt, logisch, ausdem Schalterwertzeichendrucker; ihr Vor-handensein im Ergänzungswertsatz derVersandstelle (VS 4) ist dabei ohne Be-lang: Ihre Nutzung auf absendergestem-pelten Massendrucksachen setzte dieEinlieferung von mindestens 1000 Sen-dungen oder mindestens 100 mit gleicherPostleitzahl voraus. – Was schon mehr-fach anklang; Seltenheit spielt sich nichtnur bei dieser Briefpostgattung ab. Dasherauszufinden, wird dem Freund für die-se andere Art der „Spaßphilatelie“ baldaufgehen!

Wird immer seltener im Markt: 2. Ergän-zungswertesatz vom 1.4.1989 mit 5 Pf-Wertfür Luftpost Inland (à 20g), 65 Pf und 165 Pffür Luftpostkarte-Inl. bzw. Luftpostleicht-brief Alle Welt), 25 Pf als LZ-1-Lupo-Zu-schlag und 105 Pf auf „Streifbandzeitung“101-250g, 1.1.91-30.6.92.

K

Fortsetzung in Teil II


Recommended