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braucht man Gewichtsträger. - therapiepferd.de · Denken wir immer daran, dass ein Therapiepferd...

Date post: 18-Aug-2018
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Nur lieb und zuverlässig sein reicht nicht. les Pferd und ritt den Vollblüter, Gerade Therapiepferde müssen viele Anforderun- während der Jugendliche mit der Spastik in Armen und Bei- gen erfüllen. - nen die Appaloosa-Stute ritt, die er in seinen Reiterferien ken- nen und lieben gelernt hatte. Für das Therapeutische Reiten kommen Pferde aller Rassen in Frage. Eingesetzt werden am häufigsten Haflinger, Fjord- und Islandpferde, verschiedene engli- sche Ponyrassen, Pasos, Criollos, Huzulen, Polopferde, Appaloosa und Quarterhorses, Tinker, Frie- sen, Lipizzaner, Knabstrupper, Schwarzwälder Kaltblut, Trakeh- ner, Hannoveraner und andere europäische Warmblutrassen Araber, Vollblüter und lsland- pferde sollten jedoch am besten nur privat geritten und sehr sorg- sam ausgesucht werden - pas- send zu ihrem behinderten Reiter und seinem Partner. Besonders in der Hippotherapie und im Behindertenreiten ist es 12 freizeit im sattel 3/2001 wichtig, für jede/n das richtige Pferd auszuwählen. Behinderte brauchen unterschiedliche Pferde t.0 Mehrmals stellte ich auf der Equitana im großen Ri ng eine Gruppe behinderter Reiter vor. Ich wollte zeigen, dass auch sie sehr gut reiten können und dass sie ganz unterschiedliche Pferde brauchen: Neben drei Warm- blütern wurden ein Vollblut, ein Fjordpferd und eine Appaloosa- Stute eingesetzt. Die Reiterin mit der altersbedingten Hüftbe- hinderung brauchte ein schma- Kinder lieben Geeignet als kleine Ponys Therapiepartner? Die Poster auf internationalen Kongressen und Tagungen zei- gen, dass in der Hippotherapie und im Heilpädagogischen Rei- ten meistens Kleinpferde einge- setzt werden. Kinder lieben klei- ne Pferde mit langer Mähne, die sie auch putzen, pflegen und knuddeln können und mit deren Bewegungen sie beim Reiten gut harmonieren. Führt man aber Hippotherapie durch mit schweren und sehr un- beweglichen Patienten, so Die folgenden Eigenschaften sollten Pferde erfüllen, die im Therapeutischen Reiten einge- setzt werden. Alter: Das Pferd muss ausge- reift, körperlich und seelisch ge- sund sein, aus guter Hand kom- men, keine schlechten Erfahrun- gen gemacht haben. Exterieur: Ein Therapiepferd sollte keine gravierenden körper- lichen Mängel aufweisen, wie et- wa steile Schulter, steile Fesse- lung, spitzer hoher Widerrist. braucht man Gewichtsträger. Auch im Heilpädagogischen Vol- tigieren verwendet man gerne große Pferde mit weiten Galopp- Sprüngen, ebenso im sportlichen Reiten.
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Page 1: braucht man Gewichtsträger. - therapiepferd.de · Denken wir immer daran, dass ein Therapiepferd keine leichte Aufgabe hat. Es trägt in der Hippotherapie alle 20 Minuten einen anderen

Nur lieb und zuverlässig sein reicht nicht. les Pferd und ritt den Vollblüter,

Gerade Therapiepferde müssen viele Anforderun- während der Jugendliche mitder Spastik in Armen und Bei-

gen erfüllen. - nen die Appaloosa-Stute ritt,die er in seinen Reiterferien ken-nen und lieben gelernt hatte.Für das Therapeutische Reiten

kommen Pferde aller Rassen inFrage. Eingesetzt werden amhäufigsten Haflinger, Fjord- undIslandpferde, verschiedene engli-sche Ponyrassen, Pasos, Criollos,Huzulen, Polopferde, Appaloosaund Quarterhorses, Tinker, Frie-sen, Lipizzaner, Knabstrupper,Schwarzwälder Kaltblut, Trakeh-ner, Hannoveraner und andereeuropäische WarmblutrassenAraber, Vollblüter und lsland-pferde sollten jedoch am bestennur privat geritten und sehr sorg-sam ausgesucht werden - pas-send zu ihrem behinderten Reiterund seinem Partner.Besonders in der Hippotherapieund im Behindertenreiten is t es

12 freizeit im sattel 3/2001

wichtig, für jede/n das richtigePferd auszuwählen.

Behinderte brauchenunterschiedlichePferdet.0Mehrmals stellte ich auf derEquitana im großen Ring eineGruppe behinderter Reiter vor.Ich wollte zeigen, dass auch siesehr gut reiten können und dasssie ganz unterschiedliche Pferdebrauchen: Neben drei Warm-blütern wurden ein Vollblut, einFjordpferd und eine Appaloosa-Stute eingesetzt. Die Reiterinmit der altersbedingten Hüftbe-hinderung brauchte ein schma-

Kinder lieben Geeignet alskleine Ponys Therapiepartner?

Die Poster auf internationalenKongressen und Tagungen zei-gen, dass in der Hippotherapieund im Heilpädagogischen Rei-ten meistens Kleinpferde einge-setzt werden. Kinder lieben klei-ne Pferde mit langer Mähne, diesie auch putzen, pflegen undknuddeln können und mit derenBewegungen sie beim Reiten gutharmonieren.Führt man aber Hippotherapiedurch mit schweren und sehr un-bewegl ichen Patienten, so

Die folgenden Eigenschaftensollten Pferde erfüllen, die imTherapeutischen Reiten einge-setzt werden.

Alter: Das Pferd muss ausge-reift, körperlich und seelisch ge-sund sein, aus guter Hand kom-men, keine schlechten Erfahrun-gen gemacht haben.

Exterieur: Ein Therapiepferdsollte keine gravierenden körper-lichen Mängel aufweisen, wie et-wa steile Schulter, steile Fesse-lung, spitzer hoher Widerrist.

braucht man Gewichtsträger.Auch im Heilpädagogischen Vol-tigieren verwendet man gernegroße Pferde mit weiten Galopp-Sprüngen, ebenso im sportlichenReiten.

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Denken wir immer daran, dass ein Therapiepferd keine leichte Aufgabe hat.Es trägt in der Hippotherapie alle 20 Minuten einen anderen Patien-

ten, auf den es sich einstellen muss. Für jeden dieser behinderten oderkranken Menschen müssen wir ein geeignetes Pferd suchen und dürfennicht schwere Patienten auf kleine, alte Ponys setzen, nur weil es beque-mer ist.

Im Behindertenreiten muss das Pferd akzeptieren, dass ein Reiterbeispielswe ise nur ein Bein einsetzen kann und an der Seite des fehlen-den Beines eine lange Gerte braucht, dass ein anderer Reiter Spezialzügelbenutzt. Wir Menschen haben die Verantwortung zu erkennen, dass wirdiesen Pferden nicht genug danken können.

Jedes Pferd ist eine Persönlichkeit. Intelligente, sensible Pferdeiten und denken mit - in gewisser Weise übernehmen sie Verant-

wortung. Viele entwickeln einen besonderen Sinn für die Nöte und Probleme ihrerPatienten/Reiter. Sie bleiben zum Beispiel sofort von

stehen, wenn ihr Reiter ins Rutschen kommt.

Wir wünschen uns ein harmo-nisch gebautes Pferd mit solidemFundament. Der Rücken mussgut bemuskelt sein, damit auchdas Sitzen ohne Sattel ange-nehm ist. Spastiker und Hüftbe-hinderte beispielsweise habenAbspreizprobleme, ihr Pferd darfnicht zu breit sein.Bewegungen: Der Bewe-gungsablauf soll taktmäßig undgeschmeidig sein, das Pferd einenfleißigen Schritt, einen weich zusitzenden Trab, eine gute Galop-pade und fließende Übergängevon einer Gangart in die anderehaben. Bei Islandpferden brau-chen wir einen guten sicherenTölt im Mitteltempo, dabei darfdas Pferd nicht davonstürmen.Reiter mit schlaffen Lähmungen(durch Polio, MS, Muskelerkran-kungen, Querschnittslähmung)brauchen zum Reiten beispiels-weise gut vorwärtsgehende Pfer-de, für sie sind etwa Islandpferdegeeignet. Reiter jedoch, diedurch Spastik zum Klemmen nei-gen, können solche Pferde nichtsitzen. Das hat schon zu Unfällenmit bösen Folgen geführt.

Interieur: Grundsätzlich gilt -viel wichtiger als das Exterieur istdas Interieur! Ein Pferd kannnoch so edel sein, wenn der Cha-rakter nicht gut ist, kann es nichtim Therapeutischen Reiten ein-gesetzt werden.Ich werde oft gefragt, nach wel-chen Kriterien ich ein Therapie-Pferd aussuche. Zuerst schaueich einem Pferd in die Augen: DerBlick muss ruhig und vertrauens-voll auf den Menschen gerichtetsein und Intelligenz ausdrücken.Wache, kluge Pferde sind zurMitarbeit bereit, sture nicht.Dann sehe ich die Maulpartie,das Ohrenspiel. Ich rede mit dem

Pferd, streichle es... erst dannschaue ich auf das Exterieur.Ein Beispiel, das ich erlebt habe:In der Schweiz bat mich eine be-hinderte Reiterin, die nur ein Beineinsetzen kann, einen Fuchswal-lach anzuschauen, der ihr zumKauf angeboten worden war undden sie schon zur Probe gerittenhatte. Ich schaute mir das Pferdan: Sein Exterieur war gut, zeigtekeine Mängel, aber der Blick desWallachs gefiel mir absolut nicht.Ich riet vom Kauf ab - und daswar gut! Das Pferd war charak-terlich sehr schwierig -weder imUmgang noch beim Reiten ein-fach und fand lange keinen Käu-fer trotz guter Ausbildung.Ich denke, dass Menschen, die vielmit Pferden umgehen, auch die-ses Gefühl entwickeln und so das,,richtige” Pferd aussuchen kön-nen. Dabei sollte man sich aberimmer Zeit nehmen und jedesPferd, das in Frage kommen könn-te, zehn bis 14Tage zur Probe neh-men. Das akzeptieren inzwischenauch die meisten Händler, diesonst nie ein Pferd zur Probe ge-ben. Doch nur in einer Probezeitkann man die Eigenschaften fest-stellen, die man braucht, nämlich:Problemlosigkeit im Umgang(schmiede- und verladefromm),Zuverlässigkeit, Ausgeglichenheit,Scheufreiheit, freundliches Wesendem Menschen und anderenPferden gegenüber, aufnahmebe-reit und lernwillig.

Wo findet mandas idealeTherapiepferd?

Erfolgreich ist die Suche häufigbei verantwortungsvollen Züch-tern und Privatleuten. Manche

Menschen hören auf zu reitenaus gesundheitlichen oder zeitli-chen Gründen und suchen danneinen guten Platz und eine neueAufgabe für ihr Pferd. Solche Tie-re werden oft günstig abgege-ben, aber auch sie müssen vonJugend an Vertrauen, Respektund Gehorsam dem Menschengegenüber gelernt haben.

Unbedingtnotwendig:artgerechte Haltungund Fütterung

Professor Dr. Klaus Zeeb wiesschon 1982 beim lnternationa-len Kongress TherapeutischesReiten in Hamburg darauf hin,dass gerade Therapiepferde eineartgerechte Haltung brauchen.Überlegen wir doch einmal, dassein Leben in der Herde für jedesPferd Sicherheit bedeutet, dasses da Sozialverhalten lernt, Do-minanz und Unterordnung, dasses Freundschaften schließt undhäufig im Herdenverband die Be-treuung und Erziehung vonJungtieren mit übernimmt vorallem aber, dass es sich als Lauf-tier frei bewegen kann. Wennwir das bedenken, wird uns klar,wie stark der Eingriff des Men-schen ist, wenn das Pferd aus-schließlich im Stall gehalten undwenig geritten wird. Hier ist Aus-gleich dringend erforderlich:Natürlich ist Offenstallhaltungmit Weidegang ideal. Aber gera-de auch Boxenpferde brauchenneben der Arbeit, neben demReittraining auch möglichst vielfreie Bewegung - idealerweisemit anderen verträglichen Pfer-den zusammen. Die Therapie-pferde einiger Sondereinrichtun-gen für Therapeutisches Reitenbeispielsweise haben Oster- undSommerferien auf weiten Wei-den und können dann wiederfröhlich ihre Aufgabe mit behin-derten Menschen erfüllen.Die Fütterung entspricht immerdem Alter, der Rasse und der Lei-stung des Pferdes. Im Therapeu-tischen Reiten werden vieleKleinpferde eingesetzt, die ei-weißarme Kost brauchen - hierbedarf es besonderer Sorgfalt beider Fütterung.Eine große Gefahr kann entste-hen, wenn ein behinderter Rei-

Ein erfahrenes Therapie-Pferd bleibt zuverlässigstehen. Dennoch gehört(wie hier, vom Pferdverdeckt) ein zweiterHelfer ans Pferd, der denPatienten eventuell stütztund sichert, wenn diesersein linkes Bein vorne überden Pferdehals nimmt, umin die Reitpositionzu gelangen.

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arbe

alleine

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ter zum ersten Mal ein eigenesPferd hat, dem er sehr viel Gut-es tun möchte. Da muss seinReitausbilder beraten und aufentsprechende Fachliteraturhinweisen.

Was ein Therapiepferdkönnen muss

Jedes Pferd im TherapeutischenReiten braucht eine solideGrundausbildung. Das bedeu-tet, dass es intensiv an der Lon-ge geschult wird, natürlich aufbeiden Händen, ebenso an derDoppellonge. Soll es in der Hip-potherapie eingesetzt werden,muss es lernen, am Langzügel zugehen. Die Ausbildung einesReitpferdes in der klassischenReitweise richtet sich nach derAusbildungsskala (nachzulesenin ,,Richtlinien für Reiten undFahren” der FN und in anderenguten Reitlehren). Auch für We-sternpferde und Gangpferde,die ebenfalls im Therapeutischen

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Reiten eingesetzt werden, gibtes spezielle Ausbildungsrichtlini-en, die eingehalten werden müs-sen. Auch Elemente der Pferde-ausbildung beispielsweise nachLinda Tellington-Jones, Pat Parel-li und Monty Roberts könnenTherapiepferde in ihrer Arbeitbereichern.Aus Erfahrung kann ich sagen,dass ein A-Dressur ausgebildetesPferd in der Regel nach kurzerZeit der Eingewöhnung bereits imTherapeutischen Reiten einge-setzt werden kann, ebenso ein erfahrenes Voltigierpferd. Selbst-verständlich müssen diese Pferdeimmer wieder korrigiert werden,denn ihre positiven Eigenschaf-ten müssen unbedingt erhaltenbleiben! Deshalb sind immer wie-der auch Bodenarbeit, Gehor-samkeitsübungen, Dressurreitenund Longieren, Geländereiten,Springgymnastik und alles, wasAbwechslung in den Pferdealltagbringt, regelmäßig angesagt.Diese Ausgleichsarbeit brauchenauch ganz besonders die Privat-

pferde behinderter Reiter. Des-halb müssen für diese gute(Reit)Partner gefunden werden,die verantwortungsvoll im Sinnedes behinderten Reiters entspre-chend der individuellen Veranla-gung des Pferdes korrigieren.

Absolut notwendig:Sicherheitstraining

Bevor Pferde für kranke und be-hinderte Menschen eingesetztwerden können, müssen sie mitallen fremden Dingen vertrautgemacht werden - immer mit vielLob, Liebe und Konsequenz. Dassind typische Situationen:

Mit Helfern werden sie anRollstühle, Rampen und Lifte her-angeführt, ein Nichtbehindertersitzt übungshalber auf.

Sie lernen, dass eine Kran-kengymnastin zusammen mit ei-nem Kind auf ihrem Rücken sitzt,

dass ein Patient zum Absitzensein Bein vorne über den Pferde-hals legen muss, um an der Seite

rAls e 27 Jahre alt war, musste ichmeinen langjährigen KollegenTyrol einschläfern lassen. 1980hatte ich ihn, damals achtjährig,kennen gelernt. Ich arbeitete da-mals als Sozialpädagogin in einerZweigstelle eines großen Erzie-hungsheimes. Schon vor meinerEinstellung hatte ich mit Kinderndes Hauptheimes das Heil-pädagogische Voltigieren auf ei-nem Pferd einer Freundin durch-geführt, es sollten nun dort aucheigene Pferde angeschafft wer-den. So kam die Einrichtung zuTyrol, einem Deutschen Reit-pony-Schimmel.Als ich ihn proberitt, war ich ent-täuscht: Er war völlig verritten,reagierte auf keinerlei Hilfen undwar faul und lustlos. Schon jungwar er dem Heim geschenkt unddort ohne fachliche Kompetenz

als Schulpferd eingesetzt wor- den. Als ich Tyrol Iongierte, be- kam ich dann doch Hoffnung,ihn nutzen zu können. Denn er

ging einigermaßen fleißig, schienTyrol wirkte unscheinbar, war aber eine große Pferdepersöniichkeit,die für viele Menschen Bedeutung hatte. Der kleine Schimmel hatsein Leben im besonderen Dienst für die Menschen gelebt.

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auch nicht empfindlich, als ichein paar Voltigierübungen pro-bierte. Also nahm ich ihn - nach

dem Motto ,, besser Tyrol als garkein Pferd“. Auf dem Michaels-hof wurde eine Weide vom Haus-meister und den Jungs mit selbstgefällten Bäumen aus dem eige-nen Wald eingezäunt, ein Offen-stall gebaut- und so zog Tyrol zuuns ins Heim. Ein kleiner Hengstdes Hausmeisters verhindertesein Alleinsein.Bald ging es los mit Voltigieren,und Tyrol war brav. Obwohl dieJungen recht groß wurden, konn-ten sie auch zu zweit auf ihm vol-tigieren - und das sogar manch-mal im Galopp. Sie lernten dabeiihre Angst kennen, sich ihr zustellen, sie zu überwinden, sielernten zu kooperieren, Rücksichtzu nehmen und vieles mehr. Sieversorgten Tyrol unter meiner An-leitung selbst. Ich denke, dass derkleine Schimmel ihnen einiges fürihr Leben mitgegeben hat.Nach vier Jahren wurde diesesZweigheim geschlossen. Da Ty-rol, bei dem sich eine Heuallergieherausgestellt hatte, sicher nichtdas Pferd war, das im Hauptheimmit festen Ställen und Reithalleeine Zukunft gehabt hätte, kauf-

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m it Hilfestellung herabzurut-schen

Im Heilpädagogischen Volti-gieren werden oft Bälle, Reifen,Tücher eingesetzt und Kinderlaufen und springen um das Vol-tigierpferd herum, manche sindlaut - auch daran muss ein Pferdsich erst gewöhnen.

Oft werden Behinderte auf er-nem Handpferd mit in die Naturgenommen; da müssen beidePferde absolut sicher sein.Mein Tipp: In einem guten Videozeigt Frau Dr med. Ingrid Strauss(siehe fs 2/2001, Seite 1 O), wieihre Therapiepferde sich aufgroßen Weiden frei bewegendürfen, wie sie auf dem Außen-platz und im Verkehr von siche-ren Reitern geritten werden, wieman sie an Rampen und Lifte ge-wöhnt und wie sie dann gedul-dig ihre behinderten Patienten(viele MS-Kranke) tragen. DiesePferde kommen jung dorthin,werden ausgebildet und sindnoch im Alter von 20 Jahren ger-ne im Dienste kranker und be-

hinderter Menschen. So sollte es

Fazit: Wer Therapeutisches Rei-ten durchführen will, braucht viel

überall sein!

Wissen generell ums Pferd, nichtnur ein Pferd, das auf einemFeldweg geführt wird, mit einembehinderten Kind im Sattel oderam Gurt, sondern mehrere un-terschiedliche Pferde - nämlichfür jeden Behinderten das richti-ge! Und er braucht Fachwissendurch eine Zusatzausbildung(darüber mehr in einer späterenAusgabe der fs), sowie die ge-eigneten Platzverhältnisse: DasDeutsche Kuratorium für Thera-peutisches Reiten beispielsweiseverlangt eine Reithalle in derGröße 20 mal 40 Meter,während man in der Schweiz inHippotherapie und im Heil-pädagogischen Reiten viel mitKleinpferden auf einem Außen-platz oder einer Ovalbahn arbei-tet oder mit Handpferd im Gelän-de. Eine Halle ist jedoch nicht nuraus Sicherheitsgründen zu emp-fehlen, sondern auch wegen der

wetterunabhängigkeit: weil ge-rade Kinder sich zum Beispiel aufihre eine Reitstunde in der Wo-che unheimlich freuen - unddann fällt sie aus wegen schlech-ten Wetters und in der nächstenWoche wieder, weil es regnetoder der Boden steinhart gefro-ren ist. Hier ist der Trainingsver-lust dann groß und ebenso dieEnttäuschung !Enttäuschung!Wichtig ist, dass immer im Um-gang mit Behinderten und Pfer-den Ruhe herrscht, und jedes Risi-ko vermieden wird. Alle Pferde ge-horchen ihren Naturgesetzen, zudenen auch die Flucht gehört. Da-her muss man beispielsweise aucheine Reitstunde abbrechen, wennes bei einem Gewitterregen aufsReithallendach prasselt - nicht sosehr wegen der in der Regel ner-venstarken Pferde, sondern weildabei ein blinder Reiter völlig dieOrientierung verlieren kann.Werden alle diese Punkte einge-halten, dann ist das Tierrisiko -von dem immer gesprochen wird- relativ gering. m

te ich ihn in meiner Angst,dasser unter die Räder käme, obwohlich selbst erst einmal arbeitsloswurde und zu Hause schon zweiAraberhengste hatte. Ich über-legte schon, spaßeshalber eineAnzeige aufzugeben: ,,Therapie-pferd und Sozialpädagogin su-chen einen neuen Wirkungs-kreis”, Ich fand dann tatsächlicheine Anstellung mit Tyrol zusam-men - in einer Suchtklinik fürFrauen, wo ich für die Mutter-Kind-Therapie eingestellt wurde.Auch dort lebte Tyrol im Offen-stall mit Weide und ReitplatzNach einem Jahr kaufte ich ihmnoch eine kleine Eselstute zurGesellschaft. Zehn Jahre arbeite-ten wir zusammen in dieser Kli-nik, Für viele Kinder, aber auchfür viele Frauen war er dort einwichtiges Erlebnis. Ich entwickel-te dort das Mutter-Kind-Reitenund die Selbsterfahrung auf demPferd für essgestörte Frauen mitihm (siehe auch fs 11/93, Seite746 und 1194, Seite 16). BeideMethoden stellte ich weltweitvor (Österreich, Schweiz, USA).Obwohl ich schon früh in Fach-

kreisen auf die mangelnde Qua-lität von Tyrols Gängen ange-sprochen wurde, bestand ich aufseinem Einsatz und schätzte dieQualitäten, die er mitbrachte: Erwar zuverlässig, eigensinnig, erschützte sich selbst teilweise mitFaulheit, teilweise mit Beißen.Aber auch an seinen Unartenkonnten Menschen lernen. Erverstand seine Arbeit und dach-te mit. Wir wurden ein Team, dassich gegenseitig respektierte undSchwächen zugestand. Er brach-te Leben in die Klinik, auch wenner morgens nach einem Aus-bruch den frisch gelieferten Jo-ghurt fraß oder wenn der Haus-meister nachts herausgeklingeltwurde, weil ein Pferd auf derStraße stand und kein Auto vor-beiließ.Nach vielen Jahren, Tyrol warmittlerweile 22 Jahre alt, hatte ichden Eindruck, dass er müde undalt wurde und etwas empfindlichim Rücken bei den Übungen. Als.ich dann aufhörte, in der Klinikzuarbeiten, fand ich bei meinem Pa-tenkind Sina einen idealen Platzin artgerechter Haltung für ihn.

Sina freute sich sehr über ihr er-stes eigenes Pony, auf dem sie rei-ten lernen konnte. Und dortwachte der schon alt gewähnteFaulpelz wieder auf-ganz ein soeinfaches Kinderpony war erdann doch nicht! Tyrol erinnertesich wohl an seine Jugend, wenner plötzlich buckelnd loslief, undSina lernte fallen und doch wei-terreiten. Er wurde älter undschien unverwüstlich - bis er ei-nes Sommers plötzlich nichtmehr auf der Weide kugelrundwurde und müde wirkte. Zuerstwaren die Zähne im Verdacht,aber bei einem Besuch in derTierärztlichen Klinik in Hannoverstellte sich dann doch heraus,dass Tyrol eine ernsthafte Krank-heit hatte. Obwohl wir alle hoff-ten, dass er trotzdem noch einbisschen Zeit hätte, baute er soschnell ab, dass er bald daraufeingeschläfet-t werden musste.Ich empfinde auch heute nochDankbarkeitfür seine langjährigegute Zusammenarbeit. Tyrol warimmer mein liebster Kollege-ne-ben der Eselstute Grisella.

Pia Strausfeld

Bernhard Kähny - mitder Kutsche durch Amerika (3)

Unsere Tage sind voller Abenteuer -anstrengend, aber wunderschon.was essen wir? Wo ubernachtenwir? Diese Fragen werden täglichneu geklärt . Es gibt Nächte untermSternenhimmel, Nächte in einem Zelt,Nächte bei neuen Freunden oder,wie neulich, bei der Ranger Stationin Ocotrllo Wells - mitten in derWüste zwischen San Diego undYuma.Drei behinderte Fahrsportler - einAmerikaner, ein Deutscher, einMexikaner - Pferde, Hunde, dieHelfe rinnen und der riesige Begleit-Truck - wo wir auch hinkommen,erwecken wir großes Aufsehen.Und wir beweisen täglich, dassauch wir mit unseren Handicapsnicht nur ein wunderbares Lebenführen, sondern auch vieles leistenkönnen. Unser fast blinder, mexika-nischer Kollege Jose hatte seinengroßen Auftritt beim Team Penning,und das funkt ioniert so: In einerArena laufen 30 Rinder. Drei Reitersortieren drei zugeloste Stiere ausdem Verband und treiben diese inein Gatter Das schnellste Teamgewinnt. Jose wurde zum Mitma-chen eingeladen. Er ritt auf dieHerde zu und rief. ,,Wo ist er, wo ister?” Er hat es geschafft, den Stierins Gatter zu treiben - gemeinsammit einem Pferd, das er nie zuvorgeritten hatte.Doch beweisen müssen wir unsauch im Alltag. Manchmal wird derStraßenverkehr für uns und dieTiere so unerträglich, dass wir einenPferdehänger organisieren undandere Wege suchen müssen.Oder wir können gar nicht weiter.Wind und Sand halten uns tagelangzurück, jegliches Weiterkommenist äußerst mühsam. Nach solchenEtappen genießen wir es um somehr, wenn wir auf eine Farmkommen, mit Betten, heißenDuschen, guten Freunden undeinem Sonnenuntergang.

Bernhard Kähny

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