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Brauchen Fachkräfte der Sozialen Arbeit „Europakompetenz“?

Date post: 23-Dec-2016
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Brauchen Fachkräfte der Sozialen Arbeit „Europakompetenz“? Die Krise Europas als Herausforderung für die Soziale Arbeit Die aktuelle Krise in Europa wird nicht ohne Folgen für die Soziale Arbeit bleiben, die sich mit den Auswirkungen auf das Klientel so- wie die eigene Profession auseinandersetzen muss. Das wirft die Frage auf, inwiefern Fachkräfte der Sozialen Arbeit über „Europakom- petenz“ verfügen sollten und wie diese ausgestaltet sein könnte. Wenn von der Krise in Europa die Rede ist, steht längst nicht mehr nur der Finanzmarkt im Mit- telpunkt der Betrachtungen, sondern zunehmend auch die möglichen Auswirkungen auf die Sozial- politik (vgl. Schneider, Stiller, Woitering 2013). Die Folgen der Krise belasten die Sozialleistungs- systeme in den Mitgliedsländern der Europäi- schen Union durch den Anstieg der Armutsquo- ten. Dass es künftig zu einem Rückbau sozialstaat- licher Leistungen kommen kann, wird ebenfalls umfänglich diskutiert (vgl. Schulte 2013).Bevor auf die Ausgangsfrage eingegangen wird, soll zunächst der Stellen- wert Europas für die Soziale Arbeit skizziert werden. Stellenwert Europas für die Soziale Arbeit Ungeachtet der Krise zeigt sich, dass der Einfluss der Europäi- schen Union sowie der fachlichen Entwicklungen in anderen euro- päischen Ländern immer bedeutsamer für die Soziale Arbeit hier- zulande wird (vgl. Erath 2012, Möhle 2013, S. 6 f.). Obwohl es keine einheitliche europäische Sozialpolitik gibt, ist seit der Jahr- tausendwende die Idee eines „Europäischen Sozialmodells“ von hoher Bedeutung, wonach sozialstaatliche Strukturen und soziale Dienste ein wesentliches Grundelement der Europäischen Union ausmachen sollen. Dabei ist mit dem Europäischen Sozialmodell explizit nicht gemeint, dass es zu einer Vereinheitlichung der So- zialpolitiken der EU-Mitgliedsländer kommen soll. Ganz im Gegenteil wird in der Vielfalt der unterschiedlichen Modelle und Konzepte ein Charakteristikum Europas gesehen. Aber erst durch den grenzüberschreitenden Austausch über die verschiedenen Ansätze der sozialen Sicherung und Sozialpolitik kann erst wirklich von einem „Europäischen“ Sozialmodell ge- sprochen werden und nicht mehr nur von einem Nebeneinander vieler verschiedener nationaler Sozialstaaten. Und nur ein solches „mit Leben erfülltes“ Europäisches Sozialmodell kann dazu beitra- gen, dass die Lebensbedingungen in ganz Europa nach und nach ausgeglichener werden. Hierbei kommt der Sozialen Arbeit eine Schlüsselrolle zu. Voneinander lernen Um diese Entwicklung zu einem Europäischen Sozialmodell zu unterstützen, hat die Europäische Union mit der „Offenen Me- thode der Koordinierung“ ein Verfahren entwickelt, das den Mit- gliedsländern erlauben soll, voneinander zu lernen. Hier werden in verschiedenen sozialpolitischen Feldern Informationen erarbei- tet und „Best-Practice“-Modelle vorgestellt. Ziel ist dabei die „Mo- dernisierung der Sozialsysteme und der darauf aufbauenden Siche- rungssysteme“ (Dahme, Wohlfahrt 2012, S. 18), um die Wettbe- werbsfähigkeit der Europäischen Union zu verbessern. Allerdings war bei diesem Verfahren, das mittlerweile seit über zehn Jahren existiert, von Anfang an das Problem erkennbar, dass die Zivilgesellschaft und damit auch die Wohlfahrtsverbände nicht ausreichend mit eingebunden waren (vgl. BAG FW 2007, S. 11). Angesichts der aktuellen Krise in Europa zeigt sich, dass es zu er- heblichen Verwerfungen in den von der Krise besonders betrof- fenen Ländern kommt und dies deutlich macht, wie wichtig der grenzüberschreitende Informationsaustausch zur Bewältigung der Krise ist. Soziale Dienste und Europa 2020 Mit der aktuellen Strategie „Europa 2020“ hat sich die EU kla- re sozialpolitische Ziele auf die Fahnen geschrieben, wie etwa die Senkung der Zahl von Armut betroffener und bedrohter Men- schen um mindestens 20 Millionen. Dass dieses Ziel europa- weit nur mit gut ausgebauten sozialen Diensten zu verwirklichen Abstract / Das Wichtigste in Kürze Die Krise in Europa erreicht zunehmend auch die sozialpolitische Diskussion, was die Soziale Arbeit vor zunehmende Herausforderungen stellt. Vor diesem Hintergrund wird diskutiert, ob Fachkräfte der Sozialen Arbeit über „Europakompetenz“ verfügen müssen und wie diese gestaltet werden könnte. Keywords / Stichworte Krise, Europa, Europakompetenz Marion Möhle *1965 Professorin für Sozial- und Europapolitik an der Hochschule Esslingen. marion.moehle@ hs-esslingen.de 6 Sozial Extra 1 2014: 6-9 DOI 10.1007/s12054-014-0001-5 Beruf und Qualifikation 
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Brauchen Fachkräfte der Sozialen Arbeit „Europakompetenz“?

Die Krise Europas als Herausforderung für die Soziale Arbeit

Die aktuelle Krise in Europa wird nicht ohne Folgen für die Soziale Arbeit bleiben, die sich mit den Auswirkungen auf das Klientel so-wie die eigene Profession auseinandersetzen muss. Das wirft die Frage auf, inwiefern Fachkräfte der Sozialen Arbeit über „Europakom-petenz“ verfügen sollten und wie diese ausgestaltet sein könnte.

Wenn von der Krise in Europa die Rede ist, steht längst nicht mehr nur der Finanzmarkt im Mit-telpunkt der Betrachtungen, sondern zunehmend auch die möglichen Auswirkungen auf die Sozial-politik (vgl. Schneider, Stiller, Woitering 2013). Die Folgen der Krise belasten die Sozialleistungs-systeme in den Mitgliedsländern der Europäi-schen Union durch den Anstieg der Armutsquo-ten. Dass es künftig zu einem Rückbau sozialstaat-licher Leistungen kommen kann, wird ebenfalls umfänglich diskutiert (vgl. Schulte 2013).Bevor

auf die Ausgangsfrage eingegangen wird, soll zunächst der Stellen-wert Europas für die Soziale Arbeit skizziert werden.

Stellenwert Europas für die Soziale Arbeit Ungeachtet der Krise zeigt sich, dass der Ein�uss der Europäi-

schen Union sowie der fachlichen Entwicklungen in anderen euro-päischen Ländern immer bedeutsamer für die Soziale Arbeit hier-zulande wird (vgl. Erath 2012, Möhle 2013, S. 6 f.). Obwohl es keine einheitliche europäische Sozialpolitik gibt, ist seit der Jahr-tausendwende die Idee eines „Europäischen Sozialmodells“ von hoher Bedeutung, wonach sozialstaatliche Strukturen und soziale Dienste ein wesentliches Grundelement der Europäischen Union ausmachen sollen. Dabei ist mit dem Europäischen Sozialmodell explizit nicht gemeint, dass es zu einer Vereinheitlichung der So-zialpolitiken der EU-Mitgliedsländer kommen soll. Ganz im Gegenteil wird in der Vielfalt der unterschiedlichen

Modelle und Konzepte ein Charakteristikum Europas gesehen. Aber erst durch den grenzüberschreitenden Austausch über die verschiedenen Ansätze der sozialen Sicherung und Sozialpolitik kann erst wirklich von einem „Europäischen“ Sozialmodell ge-sprochen werden und nicht mehr nur von einem Nebeneinander

vieler verschiedener nationaler Sozialstaaten. Und nur ein solches „mit Leben erfülltes“ Europäisches Sozialmodell kann dazu beitra-gen, dass die Lebensbedingungen in ganz Europa nach und nach ausgeglichener werden. Hierbei kommt der Sozialen Arbeit eine Schlüsselrolle zu.

Voneinander lernen Um diese Entwicklung zu einem Europäischen Sozialmodell zu

unterstützen, hat die Europäische Union mit der „O�enen Me-thode der Koordinierung“ ein Verfahren entwickelt, das den Mit-gliedsländern erlauben soll, voneinander zu lernen. Hier werden in verschiedenen sozialpolitischen Feldern Informationen erarbei-tet und „Best-Practice“-Modelle vorgestellt. Ziel ist dabei die „Mo-dernisierung der Sozialsysteme und der darauf aufbauenden Siche-rungssysteme“ (Dahme, Wohlfahrt 2012, S. 18), um die Wettbe-werbsfähigkeit der Europäischen Union zu verbessern.Allerdings war bei diesem Verfahren, das mittlerweile seit über

zehn Jahren existiert, von Anfang an das Problem erkennbar, dass die Zivilgesellschaft und damit auch die Wohlfahrtsverbände nicht ausreichend mit eingebunden waren (vgl. BAG FW 2007, S. 11). Angesichts der aktuellen Krise in Europa zeigt sich, dass es zu er-heblichen Verwerfungen in den von der Krise besonders betrof-fenen Ländern kommt und dies deutlich macht, wie wichtig der grenzüberschreitende Informationsaustausch zur Bewältigung der Krise ist.

Soziale Dienste und Europa 2020Mit der aktuellen Strategie „Europa 2020“ hat sich die EU kla-

re sozialpolitische Ziele auf die Fahnen geschrieben, wie etwa die Senkung der Zahl von Armut betro�ener und bedrohter Men-schen um mindestens 20 Millionen. Dass dieses Ziel europa-weit nur mit gut ausgebauten sozialen Diensten zu verwirklichen

Abstract / Das Wichtigste in Kürze Die Krise in Europa erreicht zunehmend auch die sozialpolitische Diskussion, was die Soziale Arbeit vor zunehmende Herausforderungen stellt. Vor diesem Hintergrund wird diskutiert, ob Fachkräfte der Sozialen Arbeit über „Europakompetenz“ verfügen müssen und wie diese gestaltet werden könnte.

Keywords / Stichworte Krise, Europa, Europakompetenz

Marion Möhle *1965

Professorin für Sozial- und Europapolitik an der Hochschule Esslingen.

[email protected]

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Sozial Extra 1 2014: 6-9 DOI 10.1007/s12054-014-0001-5

Beruf und Quali�kation 

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ist, wird von der Europäischen Kommission betont, die heraus-streicht, dass „für hochwertige Sozialdienstleistungen eine trag-fähige Finanzierung unerlässlich“ sei (Europäische Kommission 2011, S. 18). Um das Ziel der Verringerung von Armut zu erreichen, hat die

Europäische Kommission die „Europäische Plattform gegen Ar-mut und Soziale Ausgrenzung“ eingerichtet. Diese Plattform stellt einen Handlungsrahmen dar, mit dem die Mitgliedsländer der EU Maßnahmen zur Armutsbekämpfung entwickeln sollen und es hier zu einem umfassenden und vielfältigen Austausch kom-men soll. Dabei stehen Bereiche wie Arbeitsmarkt, Mindestein-kommen, Gesundheitsversorgung, Bildung, Wohnraum und die Erö�nung von Basiskonten im Mittelpunkt, die allesamt Kern-bereiche der Sozialen Arbeit darstellen. Besonders deutlich wird hervorgehoben, dass Nichtregierungsorganisationen als entschei-dende Akteurinnen im Kampf gegen Armut und soziale Ausgren-zung hier verstärkt einbezogen werden sollen (vgl. Europäische Kommission 2010, S. 18).

Konzepte aus verschiedenen europäischen Ländern Der Ein�uss anderer europäischer Länder auf die Soziale Arbeit

in Deutschland hat aber eine sehr lange Tradition und lässt sich exemplarisch am Feld der Sozialen Arbeit mit Menschen mit Be-hinderungen darstellen. Hier haben Konzepte wie das Normali-sierungsprinzip, das aus Dänemark stammt, ebenso Eingang ge-funden wie das Snoezelen, das aus den Niederlanden herkommt. Die verschiedenen Assistenzmodelle, die ihren Ursprung in ver-schiedenen europäischen Ländern haben, sind ebenso selbstver-ständlicher Bestandteil alltäglicher Praxis geworden wie das per-sönliche Budget, das seine Wurzeln in angelsächsischen Ländern, Schweden und den Niederlanden hat. An diesem Beispiel wird deutlich, dass die Soziale Arbeit in

Deutschland schon längst in hohem Maße „europäisiert“ ist, wo-bei dies noch keinen systematischen und selbstverständlichen Ein-

gang in die Curricula der Studiengänge der Sozialen Arbeit gefun-den hat. Dabei hat der Blick über den Tellerrand durchaus Tra-dition – so fanden bereits in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts große internationale Wohlfahrtskonferenzen statt, bei denen ländervergleichende Diskussionen einen großen Stellen-wert hatten (vgl. Friesenhahn, Kniepho�-Knebel 2011,S. 24 �.). Mit der aktuellen Krise in Europa werden Fachkräfte der Sozialen Arbeit gefordert, sich mit den möglichen sozialen Folgen zu be-fassen. Hier soll nun erörtert werden, ob eine spezi�sche „Euro-pakompetenz“ für die Soziale Arbeit sinnvoll sein kann. Dabei ist zunächst zu klären, was mit diesem Begri� gemeint ist.

Was ist „Europakompetenz“? Das Konzept der „Europakompetenz“ ist im Bereich der Verwal-

tungswissenschaften entstanden und lässt sich als ein Bündel von Wissensbeständen und Fähigkeiten umschreiben. Bischo� (2003) benennt fünf Kernbereiche, die für Fachkräfte in der Verwaltung von Bedeutung sind. Diese fünf Kernbereiche lassen sich wie folgt zusammenfassen:1. Kenntnis der „Philosophie“ des europäischen Einigungspro-

zesses2. Kenntnis der europäischen Institutionen3. Kenntnis der politischen Systeme, Geschichte, Kultur und der

„Mentalitäten“ in den europäischen Partnerländern4. Kenntnis des europäischen Rechts und seiner Transformati-

on in nationales Recht5. Kenntnis der Programme europäischer Fördermittel (vgl. Bi-

scho� 2003, S. 2). Kann dieses Konzept der Europakompetenz für die Soziale Ar-

beit verwendet werden?

Gestaltung von „Europakompetenz“ für die Soziale Arbeit Obwohl es in den Tätigkeitsfeldern der Sozialen Arbeit und der

Verwaltung eine Vielzahl an Berührungspunkten gibt, ist es den-

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noch nicht möglich, das Konzept der Europakompetenz aus dem Bereich der Verwaltung unmittelbar auf die Soziale Arbeit zu übertragen. Soziale Arbeit hat zwar immer auch einen Verwal-tungsanteil, ist aber in ihrer Heterogenität sehr viel komplexer und vielgestaltiger. Greift man nun oben genanntes Beispiel der Sozialen Arbeit mit

Menschen mit Behinderungen auf, so wird deutlich, dass ein Be-standteil für Europakompetenz zunächst in der O�enheit für An-sätze und Methoden aus anderen europäischen Ländern gegeben sein muss. Dies setzt eine hohe Lernbereitschaft voraus und auch die Fähigkeit, mit FachkollegInnen aus anderen Ländern zu kom-munizieren – was in der Regel in englischer Sprache geschieht. Gleichzeitig ist es auch erforderlich, sich mit den Strukturen und Rahmenbedingungen von Einrichtungen der Sozialen Arbeit in anderen europäischen Ländern vertraut zu machen, um innovati-ve Konzepte überhaupt als solche erkennen zu können. Um eine tiefergehende Auseinandersetzung mit diesen Konzepten zu er-möglichen, ist ein Fachkräfteaustausch oder ein Studienaufent-halt in einem anderen europäischen Land sinnvoll. Dies setzt die Kenntnis von europäischen Förderprogrammen voraus und damit der grundlegenden Strukturen der europäischen Förderpolitik. Wird folglich das Konzept der Europakompetenz auf die Sozi-

ale Arbeit angewandt, so lassen sich folgende Punkte benennen: 1. O�enheit gegenüber Konzepten und Methoden der Sozialen

Arbeit aus anderen europäischen Ländern sowie hohe Lernbe-reitschaft und Interesse am Fachkräfteaustausch

2. Wissen über relevante europäische Akteure in den Feldern der Sozialen Arbeit (nicht nur auf EU-Ebene, sondern v.a. auch der Nichtregierungsorganisationen)

3. Wissen über Sozialpolitik in Europa (unterschiedliche Sozi-alstaatsmodelle und Rahmenbedingungen für die Soziale Ar-beit; Ein�uss der EU auf die Sozialstaaten)

4. Kenntnisse über den Ein�uss des europäischen Rechts auf die rechtlichen Rahmenbedingungen der Sozialen Arbeit in Deutschland (z.B. Antidiskriminierungsrecht)

5. Kenntnisse über die europäische Förderpolitik (Struktur-fonds, insb. Europäischer Sozialfonds sowie relevante Ak-tions- und Förderprogramme wie z.B. Progress, Erasmus etc.)

6. Selbstverständlicher Gebrauch der englischen Sprache als eu-ropäische „lingua franca“ (um grenzüberschreitenden kollegi-alen Fachaustausch zu ermöglichen)

7. Wissen über die Bedeutung der europäischen Integration für die Zukunft der Sozialen Arbeit (Stellenwert des Europäischen Sozialmodells)

Differenzierte „Europakompetenz“ für verschiedene Arbeitsfelder Sicherlich benötigt nicht jede Fachkraft der Sozialen Arbeit Euro-

pakompetenz in gleichem Ausmaß. So wird eine Fachkraft, die in einem kommunalen Kontext ein Jugendzentrum leitet über einen anderen Zuschnitt an Europakompetenz verfügen müssen als eine Fachkraft, die in einer Komplexeinrichtung der Behindertenhilfe

für die Akquise von EU-Fördermitteln zuständig ist. Gleicherma-ßen muss sich eine Migrationsfachberaterin, die junge arbeitslose MigrantInnen aus den Krisenländern Europas berät, intensiver mit den Ursachen und Folgen der Krise in Europa befassen als etwa ein Schulsozialarbeiter, für den die Auseinandersetzung mit Migrati-onsursachen und –folgen in anderer Weise ebenfalls wichtig ist.

Weiterentwicklung des Europäischen SozialmodellsIst nun Europakompetenz für Fachkräfte der Sozialen Arbeit un-

erlässlich? Diese Frage lässt sich sicherlich dann bejahen, wenn man die Zukunft des Sozialstaats und der Sozialen Arbeit in Deutschland untrennbar mit der Weiterentwicklung eines Euro-päischen Sozialmodells verbindet. Angesichts des enormen und wachsenden Ein�usses Europas auf die Soziale Arbeit in sämtli-chen Praxisfeldern wird ein Mindestmaß an Europakompetenz vonnöten sein. Diese sollte auch darin bestehen, die von den Pi-onierinnen und Pionieren der Sozialen Arbeit etablierte O�en-heit gegenüber Entwicklungen in anderen Ländern wieder aufzu-greifen und als einen selbstverständlichen Bestandteil in Aus- und Weiterbildung aber auch im beru�ichen Alltag zu betrachten. s

Literatur

BAG FW (2007). Ein soziales Europa für die Menschen. Positionen zum Europäischen Sozialmodell aus der Sicht gemeinwohlorientierter Unternehmen. Brüssel. URL: http://www.bagfw.de/uploads/media/m02043_983a24f15f6d5273ed52104fdb892a36_02.pdf (Zugri� am 28. November 2013)

BISCHOFF, DETLEF (2003). Die Europakompetenz der Verwaltungen – als ein bestimmender Wirtschaftsfaktor. Europäische Akademie Berlin. URL:// http://www.eunop.eu/site/download/EuropakompetenzderVerwaltungen.pdf (Zugri� am 25. November 2013)

DAHME, HANS-JÜRGEN; WOHLFAHRT, NORBERT (2012). Produktionsbedingungen Sozialer Arbeit in nationaler und internationaler Perspektive. In: Dies. (Hrsg.): Produktionsbedingungen Sozialer Arbeit in Europa. Analysen und Länderberichte (S. 7-32). Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren

ERATH, PETER (2012). Sozialarbeit in Europa. Fachliche Dialoge und transnationale Entwicklungen. Stuttgart: Kohlhammer

EUROPÄISCHE KOMMISSION (2010). Europäische Plattform gegen Armut und Soziale Ausgrenzung. Ein europäischer Rahmen für den sozialen und territorialen Zusammenhalt. Brüssel. SEK (2010) 1564 endg. URL: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2010:0758:FIN:DE:PDF (Zugri� am 23. November 2013)

EUROPÄISCHE KOMMISSION (2011). Die soziale Dimension der Strategie Europa 2020. Ein Bericht des Ausschusses für Sozialschutz. Zusammenfassung. Luxemburg: Amt für Verö�entlichungen der Europäischen Union

FRIESENHAHN, GÜNTER J.; KNIEPHOFF-KNEBEL, ANETTE (2011). Europäische Dimensionen Sozialer Arbeit. Schwalbach: Wochenschau Verlag

MÖHLE, MARION (2013). Europäische Gesundheits- und Sozialpolitik. Entwicklung – Politikfelder – Akteure. Aachen: Shaker

SCHNEIDER, ULRICH; STILLING, GWENDOLYN; WOITERING, CHRISTIAN (2013). Die Krise ist da. Armut in Deutschland auf dem Vormarsch. In: Blätter der Wohlfahrtsp�ege, 2/2013 (S. 68-72)

SCHULTE, BERND (2013): Die Politik des „Konsolidierungsstaates“ in Europa. Konsequenzen für die Mitgliedsstaaten der der EU und das Europäische Sozialmodell. In: Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit, 5/2013 (S. 380-390)

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