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BRAF-Mutationstestung beim metastasierten malignen Melanom; BRAF mutation detection in metastatic...

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Dietel M und Enk A sind gleichermaßen an der Publikation und den Qualitätssicherungsaktivi- täten beteiligt, ebenso Schirmacher P und Stadler R. Pathologe 2012 · 33:352–356 DOI 10.1007/s00292-012-1609-5 Online publiziert: 14. Juni 2012 © Springer-Verlag 2012 M. Dietel 1  · A. Enk 2  · A. Lehmann 1  · J. Bauer 3  · C. Garbe 3  · U. Kellner 4  · T. Kirchner 5  ·  A. Jung 5  · H. Kreipe 6  · S. Merkelbach-Bruse 7  · R. Büttner 7  · J. Rüschoff 8  · W. Schlake 9  ·  P. Schirmacher 10  · R. Penzel 10  · R. Stadler 11 1 Institut für Pathologie, Charité, Berlin 2 Hautklinik, Universität Heidelberg 3 Hautklinik, Sektion Dermatologische Onkologie, Universität Tübingen 4 Institut für Pathologie, Johannes Wesling Klinikum, Minden 5 Pathologisches Institut, LMU, München 6 Pathologisches Institut, Medizinische Hochschule Hannover 7 Institut für Pathologie, Universitätsklinikum Köln 8 Institut für Pathologie Nordhessen, Kassel 9 Pathologisches und Gewerbepathologisches Institut, Gelsenkirchen 10 Pathologisches Institut, Universität Heidelberg 11 Hautklinik, Johannes Wesling Klinikum, Minden BRAF-Mutationstestung  beim metastasierten  malignen Melanom Gezielt wirkende Therapien („targe- ted therapy“), die selektiv molekulare Signalwege im Tumor unterbrechen können, haben das Spektrum der Tu- morbehandlungen deutlich erwei- tert. Eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg einer gezielten Therapie ist die genaue Kenntnis über den Sta- tus des Signalwegs im individuellen Fall. Mithilfe molekularbiologischer Nachweisverfahren können im Tumor des einzelnen Patienten sog. prädikti- ve Biomarker bestimmt werden. Dies ist die unabdingbare Voraussetzung für eine individualisierte Tumorthera- pie [1]. Diese auf der prädiktiven mo- lekularpathologischen Analyse spe- zifischer Biomarker aufbauende The- rapieform wird schon länger mit Er- folg beispielsweise beim Mamma- und Magenkarzinom (HER2), beim metastasierten kolorektalen Karzi- nom (K-RAS), beim nichtkleinzelligen Lungenkarzinom (EGFR), bei gastro- intestinalen Stromatumoren (cKIT, PDGFR-a) und bei chronischer myeloi- scher Leukämie (BCR-ABL) eingesetzt. Seit kurzem steht nun mit Vemurafe- nib (Zelboraf®) ein spezifischer BRAF- Inhibitor zur Verfügung, der für die Behandlung von Patienten mit BRAF- V600-Mutation-positivem, inopera- blem oder metastasiertem Melanom zugelassen ist. Die Mutation muss vor Therapiebeginn durch eine entspre- chende molekularpathologische Ana- lyse des Tumorgewebes nachgewie- sen werden. Das maligne Melanom der Haut zeichnet sich durch ein besonders hohes Potenzial zur Metastasierung aus [2]. Seine Inzidenz nimmt stärker zu als die der meisten an- deren Krebserkrankungen mit Ausnahme von Lungenkarzinomen [3]. In Deutsch- land erkranken pro Jahr etwa 8.000 Frau- en und 6.000 Männer an einem malignen Melanom, wobei Menschen im Alter zwi- schen 45 und 60 Jahren besonders häufig betroffen sind [4]. Das maligne Melanom wird i.d.R. operativ entfernt. Bei einer Eindringtiefe von mehr als 2 mm wird eine adjuvan- te Therapie mit Interferon-α empfoh- len. Bei metastasierten Melanomen kön- nen neben Operation und Strahlenthera- pie eine Chemotherapie z. B. mit Dacar- bazin, Temozolomid, Fotemustin, Carbo- platin oder Paclitaxel und/oder eine Im- muntherapie mit Interferon-α und In- terleukin-2 eingesetzt werden. Seit Som- mer 2011 ist der CTLA-4-Antikörper Ipi- limumab als Zweitlinientherapie zur Be- handlung von fortgeschrittenen (nichtre- sezierbaren oder metastasierten) Melano- men bei Erwachsenen zugelassen, die be- reits zuvor eine Therapie erhalten hatten. Seit kurzem steht mit Vemurafenib nun auch eine selektiv einsetzbare und gezielt wirkende Therapie zur Verfügung, die für Patienten mit BRAF-V600-Mutation-po- sitivem fortgeschrittenem Melanom zuge- lassen worden ist. Redaktion K.W. Schmid, Essen 352 | Der Pathologe 4 · 2012 Pathologie-Forum
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Page 1: BRAF-Mutationstestung beim metastasierten malignen Melanom; BRAF mutation detection in metastatic melanoma;

Dietel M und Enk A sind gleichermaßen an der Publikation und den Qualitätssicherungsaktivi-täten beteiligt, ebenso Schirmacher P und Stadler R.

Pathologe 2012 · 33:352–356DOI 10.1007/s00292-012-1609-5Online publiziert: 14. Juni 2012© Springer-Verlag 2012

M. Dietel1 · A. Enk2 · A. Lehmann1 · J. Bauer3 · C. Garbe3 · U. Kellner4 · T. Kirchner5 · A. Jung5 · H. Kreipe6 · S. Merkelbach-Bruse7 · R. Büttner7 · J. Rüschoff8 · W. Schlake9 · P. Schirmacher10 · R. Penzel10 · R. Stadler11

1 Institut für Pathologie, Charité, Berlin2 Hautklinik, Universität Heidelberg3 Hautklinik, Sektion Dermatologische Onkologie, Universität Tübingen4 Institut für Pathologie, Johannes Wesling Klinikum, Minden5 Pathologisches Institut, LMU, München6 Pathologisches Institut, Medizinische Hochschule Hannover7 Institut für Pathologie, Universitätsklinikum Köln8 Institut für Pathologie Nordhessen, Kassel9 Pathologisches und Gewerbepathologisches Institut, Gelsenkirchen10 Pathologisches Institut, Universität Heidelberg11 Hautklinik, Johannes Wesling Klinikum, Minden

BRAF-Mutationstestung beim metastasierten malignen Melanom

Gezielt wirkende Therapien („targe-ted therapy“), die selektiv molekulare Signalwege im Tumor unterbrechen können, haben das Spektrum der Tu-morbehandlungen deutlich erwei-tert. Eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg einer gezielten Therapie ist die genaue Kenntnis über den Sta-tus des Signalwegs im individuellen Fall. Mithilfe molekularbiologischer Nachweisverfahren können im Tumor des einzelnen Patienten sog. prädikti-ve Biomarker bestimmt werden. Dies ist die unabdingbare Voraussetzung für eine individualisierte Tumorthera-pie [1]. Diese auf der prädiktiven mo-lekularpathologischen Analyse spe-zifischer Biomarker aufbauende The-rapieform wird schon länger mit Er-folg beispielsweise beim Mamma- und Magenkarzinom (HER2), beim metastasierten kolorektalen Karzi-nom (K-RAS), beim nichtkleinzelligen Lungenkarzinom (EGFR), bei gastro-intestinalen Stromatumoren (cKIT, PDGFR-a) und bei chronischer myeloi-

scher Leukämie (BCR-ABL) eingesetzt.Seit kurzem steht nun mit Vemurafe-nib (Zelboraf®) ein spezifischer BRAF-Inhibitor zur Verfügung, der für die Behandlung von Patienten mit BRAF-V600-Mutation-positivem, inopera-blem oder metastasiertem Melanom zugelassen ist. Die Mutation muss vor Therapiebeginn durch eine entspre-chende molekularpathologische Ana-lyse des Tumorgewebes nachgewie-sen werden.

Das maligne Melanom der Haut zeichnet sich durch ein besonders hohes Potenzial zur Metastasierung aus [2]. Seine Inzidenz nimmt stärker zu als die der meisten an-deren Krebserkrankungen mit Ausnahme von Lungenkarzinomen [3]. In Deutsch-land erkranken pro Jahr etwa 8.000 Frau-en und 6.000 Männer an einem malignen Melanom, wobei Menschen im Alter zwi-schen 45 und 60 Jahren besonders häufig betroffen sind [4].

Das maligne Melanom wird i.d.R. operativ entfernt. Bei einer Eindringtiefe

von mehr als 2 mm wird eine adjuvan-te Therapie mit Interferon-α empfoh-len. Bei metastasierten Melanomen kön-nen neben Operation und Strahlenthera-pie eine Chemotherapie z. B. mit Dacar-bazin, Temozolomid, Fotemustin, Carbo-platin oder Paclitaxel und/oder eine Im-muntherapie mit Interferon-α und In-terleukin-2 eingesetzt werden. Seit Som-mer 2011 ist der CTLA-4-Antikörper Ipi-limumab als Zweitlinientherapie zur Be-handlung von fortgeschrittenen (nichtre-sezierbaren oder metastasierten) Melano-men bei Erwachsenen zugelassen, die be-reits zuvor eine Therapie erhalten hatten. Seit kurzem steht mit Vemurafenib nun auch eine selektiv einsetzbare und gezielt wirkende Therapie zur Verfügung, die für Patienten mit BRAF-V600-Mutation-po-sitivem fortgeschrittenem Melanom zuge-lassen worden ist.

RedaktionK.W. Schmid, Essen

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BRAF-Mutation beim metastasierten Melanom

Beim malignen Melanom der Haut sind genomische Veränderungen häufig, möglicherweise begünstigt durch die lan-ge Lebensdauer der Melanozyten und de-ren Lokalisation in der Haut, die sie für DNA-Schäden durch UV-Strahlen emp-fänglich macht. So wurden bei mehr als 70% der Melanome Veränderungen in drei Genen gezeigt, die an der norma-len Differenzierung und Proliferation der Melanozyten beteiligt sind [5, 6].

Am häufigsten sind Mutationen des BRAF-Onkogens, die bei etwa 50% der metastasierten Melanome vorliegen. Hu-manes BRAF gehört zu einer Familie von drei humanen RAF-Genen: ARAF, BRAF und CRAF (auch bekannt als RAF-1; [7]). RAF-Proteine sind Serin/Threonin- Kinasen, die für die intrazelluläre Wei-terleitung aktivierender Signale im RAS-RAF-MEK-ERK-Signaltransduktionsweg verantwortlich sind [2, 3, 6, 7]. Die BRAF-Mutation ist bei Melanomen und anderen Tumoren nicht die einzige genetische Ver-änderung, sie hat aber eine zentrale protu-morigene Bedeutung [6].

Die beim malignen Melanom häu-figen aktivierenden Mutationen finden sich fast ausschließlich im Kodon V600; in den meisten Fällen ist Valin durch Glu-

taminsäure ersetzt (V600E). Dies führt zu einem Protein, das ständig aktiviert ist und im Vergleich zum Wildtyp eine bis zu 800-fach erhöhte Kinaseaktivität auf-weist [5, 6].

BRAF-Inhibitor Vemurafenib

Vemurafenib (PLX4032, RG7204) ist ein kleinmolekularer, selektiver BRAF-Ki-nase-Inhibitor, ein Kinasehemmer, der den MAP-Kinaseweg nur in Zellen mit aktivierender BRAF-Mutation hemmt (. Abb. 1). Der molekulare Mechanis-mus beruht darauf, dass BRAF und CRAF ihre Signale normalerweise nur in dimeri-sierter Form übertragen können. Mutier-tes BRAF kann auch als Monomer akti-vierend wirken. Bindet der BRAF-Inhibi-tor an ein Molekül eines nichtmutierten RAF-Dimers, wird das andere RAF-Mo-lekül aktiviert, es kann dann eine Akti-vierung des RAF-Signal- und weiter des MAP- Kinasewegs resultieren [2]. Diese führt ihrerseits zu einer Wachstumssti-mulation.

Vemurafenib ist also bei Melanompa-tienten ohne BRAF-Mutation nicht wirk-sam. Es kommt durch eine Aktivierung des MEK-ERK-Stoffwechselweges sogar zu paradoxen Effekten [8]. In den klini-schen Studien der Phasen I–III wurden daher nur Patienten behandelt, bei denen

eine therapiewürdige Mutation nachge-wiesen worden war [8–10].

In der Phase-II-Studie BRIM-2 mit 132 Patienten, die an einem Melanom mit BRAF-Mutation erkrankt waren, konn-te in 2,3% der Fälle ein komplettes und in 50% der Fälle ein partielles Ansprechen erreicht werden. Das progressionsfreie Überleben dauerte im Median 6,7 Mona-te [10].

In der randomisierten, offenen, kon-trollierten, multizentrischen Phase-III-Studie BRIM3 wurde Vemurafenib mit der Standardtherapie Dacarbazin vergli-chen. An der Studie nahmen 675 Patien-ten mit nicht vorbehandeltem, für die BRAF-V600-Mutation positivem, nicht resezierbarem oder metastasiertem Mela-nom teil. Primäre Endpunkte waren das Gesamtüberleben (OS) und das progres-sionsfreie Überleben (PFS). Ein weite-rer Endpunkt war die bestätigte allgemei-ne Ansprechrate. In BRIM3 wurde das Sterberisiko durch Vemurafenib im Ver-gleich zu Dacarbazin um 56% verringert [„hazard ratio“ (HR) =0,44, p<0,0001]. Zum Zeitpunkt der Analyse war das me-diane Gesamtüberleben der Patienten, die Vemurafenib erhielten, noch nicht erreicht. Bei den Patienten unter Dacar-bazin betrug es 7,9 Monate. Vemurafe-nib verringerte das relative Mortalitäts-risiko sowie das relative Risiko für eine Progression der Erkrankung um 74% im Vergleich zu Dacarbazin (HR=0,26, p<0,0001). Patienten unter Vemurafenib überlebten im Median progressionsfrei 5,3 Monate unter und unter Chemothera-pie 1,6 Monate. Die bestätigte Ansprech-rate betrug 48,4% bei Vemurafenib-Pati-enten (1% komplettes Ansprechen, 47,4% partielles Ansprechen) und nur 5,5% (par-tielles Ansprechen) bei Patienten, die mit Dacarbazin behandelt wurden (p<0,0001; [10]).

Die häufigsten Nebenwirkungen mit WHO-Schweregrad 3 oder höher, die unter Vemurafenib häufiger beobachtet wurden als unter Dacarbazin, waren Plat-tenepithelkarzinome der Haut (cSCC) einschließlich Keratoakanthomen (18% vs. <1%), Hautausschlag, Leberfunktions-störungen, Gelenkschmerzen und erhöh-te Empfindlichkeit gegenüber Sonnen-licht. Wenn ein cSCC auftrat, wurde dies i.d.R. entfernt und die Patienten wurden

VEMURAFENIB(PLX4032, RG7204, RO5185426)

RTK

RAS

BRAF V600mut50% der malignenMelanome ATP

ATPMEK

ERK

Zellproliferation überlebende Zellen

Abb. 1 8 Der rezeptoraktivierte RAS-RAF-MEK-ERK-Signaltransduktionsweg ist in zahlreichen benignen und malignen Zellentypen aktiviert. In malignen Melanozyten besteht in etwa 50% der Fälle eine mutationsbedingte Auto-aktivierung von BRAF, die zu einer rezeptorunabhängigen intrazellulären Stimulation des Signalwegs und somit zu einem kontinuierlichen Wachs-tumssignal für die Tumorzellen führt. Der Wirkmechanismus von Vemurafe-bib besteht darin, BRAF selektiv zu hemmen und somit die Aktivierungskas-kade zu unterbrechen. Dies führt zur Wachstumsreduktion oder bestenfalls sogar zum Zelluntergang

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ohne Änderung des Therapieschemas weiterbehandelt [11].

Auf der Basis dieser Daten hat die Europäische Kommission im Februar 2012 Vemurafenib in Monotherapie für die Behandlung von Patienten mit nichtresektablen oder metastasierten Me-lanomen zugelassen, bei denen eine ak-tivierende V600-BRAF-Mutation nach-gewiesen ist. Da diese Mutationsanalyse nur an histopathologisch charakterisier-tem Tumorgewebe durchgeführt werden darf, kommt der Molekularpathologie in der Therapiesteuerung eine entscheiden-de Bedeutung zu.

Welche Patienten sollen getestet werden?

Die Mutationstestung sollte bei allen Pa-tienten mit nichtresektablen Tumoren vor Einleitung einer medikamentösen Thera-pie (z. B. mit Dacarbazin oder Vemurafe-nib) durchgeführt werden. Dies betrifft vor allem Patienten im klinischen Sta-dium der Fernmetastasierung. Bei etwa 80% aller Melanompatienten entwickelt sich keine Fernmetastasierung, sodass hier die Testung keine therapeutischen Konsequenzen hat. Wegen des hohen Re-zidivrisikos soll eine Testung bereits im Stadium klinisch manifester Haut- und/oder Lymphknotenmetastasierung (Sta-dium IIIB/C) vorgenommen werden [12].

Das am besten geeignete Tumormate-rial für die Testungen stellt Gewebe aus möglichst aktuell entnommene Metasta-sen dar. Da V600-Mutationen häufig erst im Laufe des Krankheitsprozesses ausge-bildet werden, wird damit sichergestellt, dass der zu therapierende Tumor die ent-sprechende Mutation auch tatsächlich aufweist. Für die Testung kann auch for-malinfixiertes, in Paraffin eingebettetes Tumormaterial (FFPE) aus Lymphkno-ten-Metastasen, das zu einem früheren Zeitpunkt entnommen wurde, oder Ge-webe aus dem Primärtumor verwendet werden. Bisherige Erfahrungen zeigen, dass die Mutationen über verschiedene Progressionsstadien weitestgehend erhal-ten bleiben [12].

Abb. 2 8 Lymphknoten mit kleinem umschriebenen metastatischen Herd eines malignen Melanoms, immunhistologisch nachgewiesen mittels Melan A. Mittels histologiebasierter manueller Mikrodissektion präpariertes Fragment mit hohem Tumorzellanteil („insert“). Nur dieser Gewebeteil ist für die molekulare Analyse geeignet und ergab im vorliegenden Fall eine V600E. Ohne Mikrodissektion wäre die Mutation nicht erkannt worden

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Pathologie-Forum

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Zusätzlich zu den verschiedenen V600-Mutationen, z. B. V600E, V600R, V600K (s. unten), wird zukünftig vermut-lich auch die Testung auf Mutationen von NRAS und CKIT empfehlenswert oder notwendig, da sich entsprechende Inhi-bitoren in der Entwicklung befinden. Ob diese nur bei Subtypen des Melanoms, z. B. beim akralen oder mukosalen Mela-nomen, indiziert sein wird, werden die ak-tuell laufenden Studien zeigen.

Verfahren zur Mutationsanalyse

Das klassische Verfahren zur Mutations-analyse ist die Sequenzierung nach Am-plifikation des zu untersuchenden Gen-abschnitts mittels Polymerasekettenreak-tion (PCR). Als grundsätzlich geeignet haben sich die Sanger- und die Pyro-Se-quenzierung erwiesen, das gilt auch für den „ Real-time“-PCR-Nachweis (s. unten, Qualitätssicherung).

Vorteil der offenen Methoden (Sanger- und Pyrosequen) ist, dass prinzipiell al-le Mutationen – also auch die selteneren V600R- und V600K-Mutationen – im amplifizierten Abschnitt detektiert wer-den und dass die Qualität der Sequenzie-rungsdaten visuell sicher erfasst werden kann. Nachteil ist, dass die Sanger-Metho-de Mutationen nicht mehr sicher diagnos-tiziert, wenn weniger als 20% der unter-suchten Zellen Tumorzellen sind. Durch die zwingend vorgeschriebene morpho-logische Gewebekontrolle mit Anreiche-rung der Tumorzellen mittels manueller Mikrodissektion („tumor cell enrich-ment“) wird diese Einschränkung ausge-glichen (. Abb. 2). Dies gilt insbesonde-re bei malignen Melanomen, da in aller Regel ausreichend Tumorgewebe vorhan-den ist. Deutlich sensitiver ist die Pyro-Se-quenzierung, die daher von einigen Insti-tuten insbesondere in schwierigen Fällen als ergänzendes Verfahren oder Alterna-tivmethode eingesetzt wird.

Der „Real-time“-PCR-Mutationstest basiert auf mutationsspezifischen und Wildtyp-Sonden (cobas® 4800 BRAF V 600; Roche Diagnostics) und wurde bei den zulassungsrelevanten BRIM-Studien eingesetzt. In Deutschland fungierte das Institut von Prof. Rüschoff in Kassel als zentrales Testlabor für die BRIM-3-Stu-dien. Der „Real-time“-PCR-Test detek-

tiert mit hoher Sensitivität Mutationen ab 5% Tumorzellanteil. Allerdings wird vor-wiegend die prädominante BRAF-V600E Mutation detektiert, für die der Test spe-ziell entwickelt und optimiert wurde [10]. Die seltenen, möglicherweise ebenfalls therapierelevanten und seitens der euro-päischen Arzneimittelagentur (EMA) zu-gelassenen Mutationen wie V600R und V600K können mit diesem Verfahren zum Teil nicht erkannt werden. Da es bisher keine abschließenden klinischen Daten zu seltenen Mutationen gibt, soll-te deren systematische Erfassung ange-strebt werden.

Unabhängig von der Detektionsme-thode sei noch einmal betont, dass eine morphologische Kontrolle mit sorgfälti-ger Auswahl des zu untersuchenden Tu-morabschnitts eine „conditio sine qua non“ der molekularen Analyse ist.

Maßnahmen der Qualitätssicherung

Die Deutsche Gesellschaft für Pathologie und der Bundesverband Deutscher Pa-thologen haben im Rahmen der Quali-tätssicherungsinitiative Pathologie (QuIP) zusammen mit der Deutschen Dermato-logischen Gesellschaft in Kooperation mit der Firma Roche Pharma vereinbart, einen bundesweiten Ringversuch für die qualitätskontrollierte Bestimmung der BRAF-Mutation zu initiieren. Die leitende Organisation liegt bei den Instituten für Pathologie in Berlin und Heidelberg, wei-tere sieben Panel-Institute haben sich an der Vorbereitung des Ringversuchs betei-ligt. Dieses Panel hat den internen Ring-versuch Anfang des Jahres erfolgreich durchgeführt, sodass die Testsystematik, das Testmaterial und die Auswertungs-kriterien bereits definiert wurden. Wie die QuiP-Ringversuche für KRAS, EGFR etc. [13, 14] ist auch der BRAF-Ringver-such ergebnisbezogen sowie methoden-offen und unterliegt den bewährten Be-wertungskriterien.

Am folgenden ersten offenen Ringver-such können sich bis zu 60 weitere Insti-tute beteiligen, die ein geeignetes Detek-tionsverfahren bereits eingerichtet haben und planen, den Nachweis von BRAF-Mutationen eigenverantwortlich durch-zuführen. Für die erfolgreiche Teilnahme,

die die richtige Bestimmung der unter-suchten Gewebeproben voraussetzt, wird ein Zertifikat vergeben. Die korrekte Dia-gnostik, die Sicherung der diagnostischen Qualität und die Aufdeckung möglicher Fehlerquellen sind für die Patienten von entscheidender Bedeutung [12].

Grundsätzlich und dringend ist zu empfehlen, dass sich jedes Institut, das einen molekularpathologischen BRAF-Mutationstest in der Routinediagnostik erbringen möchte, regelmäßig an einem Ringversuch beteiligt. Kliniker, Leiter von klinischen Studien und industriel-le Kooperationspartner werden aufge-fordert, nur mit Instituten für Patholo-gie oder Dermatopathologie zusammen zu arbeiten, die sich regelmäßig und mit Erfolg einer externen Qualitätssicherung mit nachgewiesener Zertifizierung unter-ziehen.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Dr. h.c. M. DietelInstitut für Pathologie, Charité-Universitätsmedizin Berlin, Campus Charité MitteCharitéplatz 1, 10117 [email protected]

Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor weist auf folgende Beziehungen hin: Dietel M: Hono-rar für „Advisory-Board“-Sitzung, Fahrtkostenerstat-tung, Forschungsdrittmittel (Roche). Enk A: Beraterho-norar und Reisekosten von Roche. Lehmann A: kein In-teressenkonflikt. Bauer J: Der Koautor erhielt ein Hono-rar für die Erstellung eines SlideKits von Roche Pharma AG. Garbe C: kein Interessenkonflikt. Kellner U: Berater-honorar für Roche im Rahmen der BRAF-Studie. Kirch-ner T: Honorar für Vorträge von den Firmen Amgen, Merck Serono und Roche; Beraterhonorar von Firmen Amgen, AstraZeneca, Merck Serono, Novartis und Ro-che; Drittmittel von Amgen, Merck, Serono und Roche. Jung A: Beraterhonorar und Referent für Roche Phar-ma. Kreipe H: Berater: Roche, Astra Zeneca, Pfizer, No-vartis; Honorare für Vorträge: Genomic Health, Astra Zeneca, Roche, Novartis. Merkelbach-Bruse S: Referen-tin für die Firma Roche Pharma, innerhalb der vergan-genen 5 Jahre Drittmittelförderung durch Roche Phar-ma und Roche Applied Science. Büttner R: kein Inter-essenkonflikt. Rüschoff J: Honorar für die Teilnahme an Roche BRAF-„Advisory-Board“-Sitzung und Fahrtkos-tenerstattung. Schlake W: Berater für Roche und Fahrt-kostenerstattung im Rahmen der BRAF-Studie. Schirm-acher P: Honorar für „Advisory-Board“-Sitzung, Fahrt-kostenerstattung, Forschungsdrittmittel (Roche). Pen-zel R: Honorar für „Advisory-Board“-Sitzung, Fahrtkos-tenerstattung (Roche). Stadler R: honorierte Beratung der Fa. Roche.

Anmerkung. Die organisatorischen Vorbereitungen des Ringversuchs wurden finanziell seitens der Fa. Roche unterstützt.

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Literatur

1. Gabbert H, Kirchner T (2012) Prädiktive Biomarker als Entscheidungsgrundlage für die onkologische Therapie. Forum 27:27–32

2. Flaherty KT (2012) Targeting metastatic melano-ma. Annu Rev Med 63:171–183

3. Pacheco I, Buzea C, Tron V (2011) Towards new the-rapeutic approaches for malignant melanoma. Ex-pert Rev Mol Med 13:e33

4. Deutsche Krebsgesellschaft Malignes Melanom. http://www.krebsgesellschaft.de/pat_ka_haut-krebs_melanom,107801.html. (Zugegriffen 13 Feb 2012)

5. John A (2005) Curtin, distinct sets of genetic alte-rations in melanoma. N Engl J Med 353:2135–2147

6. Long GV, Menzies AM, Nagrial AM et al (2011) Prognostic and clinicopathologic associations of oncogenic BRAF in metastatic melanoma. J Clin Oncol 29(10):1239–1246

7. Flaherty KT (2001) BRAF inhibitors and melanoma. Cancer J 17(6):505–511

8. Maurer G, Tarkowski B, Baccarini M (2011) Raf ki-nases in cancer – roles and therapeutic opportuni-ties. Oncogene 30(32):3477–3488

9. Flaherty KT, Puzanov I, Kim KB et al (2010) Inhibi-tion of mutated, activated BRAF in metastatic me-lanoma. N Engl J Med 363(9):809–819

10. Sosman JA, Kim KB, Schuchter LM et al (2012) Survival in BRAF V600-mutant advanced mela-noma treated with Vemurafenib. N Engl J Med 366(8):707–714

11. Chapman PB, Hauschild A, Robert C et al (2011) Improved survival with Vemurafenib in mela-noma with BRAF V600E mutation. N Engl J Med 364(26):2507–2516

12. Garbe C, Bauer J, Stadler R et al (2012) Mutations-diagnostik beim malignen Melanom – jetzt schon Routine?! JDDG 10:141–142

13. Dietel M, Tannapfel A, Baretton G et al (2008) Mo-lecular pathologic KRAS mutation analysis. A pre-requisite of effective antibody treatment for meta-stasized colorectal cancer. Chirurg 79:576–579

14. Penzel R, Sers C, Chen Y et al (2011) EGFR mutation detection in NSCLC–assessment of diagnostic ap-plication and recommendations of the German Pa-nel for Mutation Testing in NSCLC. Virchows Arch 458:95–98

356 |  Der Pathologe 4 · 2012

Entscheidung über Organspen-de fällen oft die Angehörigen

In 9 von 10 Todesfällen werden die Angehöri-

gen derzeit zu einer möglichen Organspende

befragt, weil der Verstorbene seinen Willen

nicht dokumentiert hat. Dies bestätigen die

aktuellen Zahlen aus dem Jahr 2011 der Deut-

schen Stiftung Organtransplantation (DSO).

Laut Umfragen geben zwar rund 20% der

Deutschen an, einen Organspendeausweis

zu besitzen – in der Realität im Krankenhaus

sieht dies jedoch anders aus. Nur knapp 7%

haben ihre Entscheidung zur Organspende

schriftlich – z. B. in einem Organspendeaus-

weis – hinterlegt und damit zu Lebzeiten eine

Entscheidung getroffen. Die Ablehnungsrate

ist am höchsten, wenn die Entscheidung

alleine im Ermessen der Angehörigen liegt.

Aus Unsicherheit, die falsche Entscheidung

zu treffen, kommt es hier in 4 von 10 Fällen zu

einer Ablehnung der Organspende.

Diese Bitte um Entscheidung bedeutet für die

Angehörigen die schwierigste Frage inmitten

einer Situation von Trauer und Verzweiflung.

Die Ärzte auf der Intensivstation werden in

der Ausbildung meist nicht auf diese Gesprä-

che vorbereitet, hinzu kommen Arbeitsüber-

lastung und Zeitmangel der Mediziner.

Die DSO bietet den Ärzten Unterstützung

durch einen DSO-Koordinator an. Ein gemein-

sames Gespräch mit dem behandelnden Arzt

und dem DSO-Koordinator erleichtert es den

Angehörigen, eine Entscheidung zu treffen.

Denn die Koordinatoren können die Familien-

mitglieder ausführlich und ohne Zeitdruck

beraten. Ziel des Gesprächs ist es, die Familie

bei der Entscheidungsfindung zu begleiten

und zu einer stabilen Entscheidung für oder

gegen Organspende zu kommen. Jede Ent-

scheidung wird dabei akzeptiert.

Quelle: Deutsche Stiftung Organ-

transplantation,

www.dso.de und www.fuers-leben.de

Fachnachrichten

Aktionsbündis Patienten- sicherheit

Das seit 2005 bestehende Aktionsbündnis Pa-

tientensicherheit e.V. hat sich zur Aufgabe ge-

macht, die Patientensicherheit in Deutschland

zu fördern und die Erforschung, Entwicklung

und Verbreitung dazu geeigneter Methoden

zu unterstützen. Konkret heißt das, eine Schä-

digung der Patienten im Behandlungs- und

Versorgungsprozess zu vermeiden und auf

mögliche Risiken aufmerksam zu machen.

Die Zusammenarbeit dient dem fachlichen

Austausch, sowie der Vorbereitung und

Durchführung von Aktionen und Kampagnen

zur Verbesserung der Patientensicherheit.

Laufende Projekte sind hierbei beispielswei-

se, die „Aktion Saubere Hände“, die zu einer

verbesserten Aufmerksamkeit bei der Hän-

dedesinfektion führen soll. Ebenso das Kran-

kenhaus-CIRS-Netzwerk (Critical Incident Re-

porting System), das vermehrt in deutschen

Krankenhäusern eingeführt werden soll. Wei-

terhin sollen Probleme im klinischen Alltag

mehr in den Fokus gelegt werden. Dabei sind

die Vermeidung unbeabsichtigt belassener

Fremdkörper im OP-Gebiet oder Eingriffsver-

wechslungen in der Chirurgie zu erwähnen.

Das Aktionsbündnis Patientensicherheit

pflegt Kooperationen mit Verbänden, Fach-

gesellschaften, Forschungsinstituten, Kran-

kenkassen und Patientenorganisationen und

wird vom Bundesministerium für Gesundheit

unterstützt. Der Verein wirbt aktiv um Mitglie-

der und heißt Spenden willkommen.

Quelle: Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V.,

www.aps-ev.de


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