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Bone bruise und MRT - link.springer.com · ligem klinischem Befund und projekti-onsradiographisch...

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Trauma Berufskrankh 2006 · 8[Suppl 2]: S171–S177 DOI 10.1007/s10039-006-1101-7 Online publiziert: 21. März 2006 © Springer Medizin Verlag 2006 R. Braunschweig 1 · O. Schilling 1 · I. Höller 1 · W. Wawro 2 1 Klinik für bildgebende Diagnostik und Interventionsradiologie, BG-Kliniken Bergmannstrost, Halle, Saale 2 Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, BG-Kliniken Bergmannstrost, Halle, Saale Bone bruise und MRT Klinischer Stellenwert eines diagnostischen Zeichens Bone bruise Bei der Betrachtung von ossären, ligamen- tären, kapsulären und sonstigen Weich- teilveränderungen steht neben Entzün- dungen und muskuloskelettalen Tumo- rerkrankungen v. a. das „Trauma“ als we- sentlicher behandlungspflichtiger Ge- samtkomplex im Vordergrund. Diagnostische Herausforderung ist bei der Erstbetreuung von muskuloske- lettalen Verletzungen der Nachweis eines manifesten Organschadens bei auffälliger Klinik (Schmerzen, functio laesa), jedoch fehlendem Befund im projektionsradi- ographischen Untersuchungsspektrum (Röntgen, s. . Tab. 1). Im Rahmen der bildgebenden Diagnostik hat die Magne- tresonanztomographie bei der Erstbeur- teilung und Verlaufskontrolle (inklusive Begutachtung) muskuloskelettaler Ver- letzungen wesentliche Bedeutung bei der Differenzierung bzw. dem Ausschluss auch geringer ossärer Verletzungsmuster erlangt. Herausragendes Merkmal ist die hoch sensitive Nachweisrate von (z. B. röntgenologisch okkulten) Verletzungs- mustern, z. B. von Bone bruise. Grund- lage hierfür bilden Ödematisierung und Hämatombildung in den jeweiligen Kom- partmenten (z. B. Knochen). Definition Die Bone bruise äußert sich als hyperin- tense Signalveränderung in T2-gewich- teten magnetresonanztomographischen Untersuchungssequenzen mit diffuser oder lokalisierter Ausbreitung im Kno- chen [5]. Es handelt sich nicht um ei- ne Fraktur, Grundlage der Bone bruise sind vielmehr Wasser- bzw. Blutansamm- lungen. Sie ist von Mikrofrakturen und/ oder okkulten Frakturen abzugrenzen (. Abb. 1, 2). Sie ist keine „übersehene Fraktur“ (. Abb. 3). Die Bone bruise bedarf einer exakten klinischen und anamnestischen Einord- nung. Beim Fehlen weiterer Verletzungs- folgen (z. B. additive Frakturen usw.) er- klärt sie ggf. Schmerzsituationen und kann als gutachterlicher Ausgangsbefund gewertet werden. Das diagnostische Zeichen „Bone bruise“ definiert seinen klinischen Stel- lenwert vorrangig aus der Konstellati- on „auffällige Klinik und leeres Röntgen- bild“. Die Bone bruise ist als ein MR-mor- phologisches Bindeglied zwischen auffäl- Tab. 1 Diagnose muskuloskelettaler Verletzungen Verfahren Physikalisches Prinzip der Bilderzeugung Vorteile Nachteile Besonderheiten Röntgen (Projektionsradiographie) Ionisierende Strahlung Schnell, billig Strahlenbelastung Hohe Detailerkenn- barkeit Flächendeckend verfügbar Überlagerungen Konventionelle Tomographie Reproduzierbar Eingeschränkte Weich- teilinformation CT Ionisierende Strahlung Überlagerungsfreie Darstellung Strahlenbelastung Hoher Qualitäts- standard 3D-Rekonstruktionen 3. Ebene MRT Hochfrequenzfelder Hervorragender Weichteilkontrast Störanfällig Hohe Sensitivität Keine Schädigungen bekannt Cave: z. B. Metallim- plantate Teilweise hohe Spezifität Sonographie Darstellung von Impedanz- unterschieden Schnell Untersucherabhängig Weichteilbefunde (z. B. Sehnen) Kostengünstig Schlecht reprodu- zierbar Beliebige Schnitt- orientierung Keine Schädigungen bekannt S171 Trauma und Berufskrankheit Supplement 2 · 2006 |
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Page 1: Bone bruise und MRT - link.springer.com · ligem klinischem Befund und projekti-onsradiographisch okkulter Bildgebung zu verstehen! Klinische Konsequenzen sind nicht al-lein aus dem

Trauma Berufskrankh 2006 · 8[Suppl 2]:

S171–S177

DOI 10.1007/s10039-006-1101-7

Online publiziert: 21. März 2006

© Springer Medizin Verlag 2006

R. Braunschweig1 · O. Schilling1 · I. Höller1 · W. Wawro2

1 Klinik für bildgebende Diagnostik und Interventionsradiologie,

BG-Kliniken Bergmannstrost, Halle, Saale2 Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie,

BG-Kliniken Bergmannstrost, Halle, Saale

Bone bruise und MRTKlinischer Stellenwert eines diagnostischen Zeichens

Bone bruise

Bei der Betrachtung von ossären, ligamen-

tären, kapsulären und sonstigen Weich-

teilveränderungen steht neben Entzün-

dungen und muskuloskelettalen Tumo-

rerkrankungen v. a. das „Trauma“ als we-

sentlicher behandlungspflichtiger Ge-

samtkomplex im Vordergrund.

Diagnostische Herausforderung ist

bei der Erstbetreuung von muskuloske-

lettalen Verletzungen der Nachweis eines

manifesten Organschadens bei auffälliger

Klinik (Schmerzen, functio laesa), jedoch

fehlendem Befund im projektionsradi-

ographischen Untersuchungsspektrum

(Röntgen, s. . Tab. 1). Im Rahmen der

bildgebenden Diagnostik hat die Magne-

tresonanztomographie bei der Erstbeur-

teilung und Verlaufskontrolle (inklusive

Begutachtung) muskuloskelettaler Ver-

letzungen wesentliche Bedeutung bei der

Differenzierung bzw. dem Ausschluss

auch geringer ossärer Verletzungsmuster

erlangt. Herausragendes Merkmal ist die

hoch sensitive Nachweisrate von (z. B.

röntgenologisch okkulten) Verletzungs-

mustern, z. B. von Bone bruise. Grund-

lage hierfür bilden Ödematisierung und

Hämatombildung in den jeweiligen Kom-

partmenten (z. B. Knochen).

Definition

Die Bone bruise äußert sich als hyperin-

tense Signalveränderung in T2-gewich-

teten magnetresonanztomographischen

Untersuchungssequenzen mit diffuser

oder lokalisierter Ausbreitung im Kno-

chen [5]. Es handelt sich nicht um ei-

ne Fraktur, Grundlage der Bone bruise

sind vielmehr Wasser- bzw. Blutansamm-

lungen. Sie ist von Mikrofrakturen und/

oder okkulten Frakturen abzugrenzen

(. Abb. 1, 2). Sie ist keine „übersehene

Fraktur“ (. Abb. 3).

Die Bone bruise bedarf einer exakten

klinischen und anamnestischen Einord-

nung. Beim Fehlen weiterer Verletzungs-

folgen (z. B. additive Frakturen usw.) er-

klärt sie ggf. Schmerzsituationen und

kann als gutachterlicher Ausgangsbefund

gewertet werden.

Das diagnostische Zeichen „Bone

bruise“ definiert seinen klinischen Stel-

lenwert vorrangig aus der Konstellati-

on „auffällige Klinik und leeres Röntgen-

bild“. Die Bone bruise ist als ein MR-mor-

phologisches Bindeglied zwischen auffäl-

Tab. 1 Diagnose muskuloskelettaler Verletzungen

Verfahren Physikalisches Prinzip der

Bilderzeugung

Vorteile Nachteile Besonderheiten

Röntgen (Projektionsradiographie) Ionisierende Strahlung Schnell, billig Strahlenbelastung Hohe Detailerkenn-

barkeit

Flächendeckend verfügbar Überlagerungen Konventionelle

TomographieReproduzierbar Eingeschränkte Weich-

teilinformation

CT Ionisierende Strahlung Überlagerungsfreie Darstellung Strahlenbelastung Hoher Qualitäts-

standard

3D-Rekonstruktionen 3. Ebene

MRT Hochfrequenzfelder Hervorragender Weichteilkontrast Störanfällig Hohe Sensitivität

Keine Schädigungen bekannt Cave: z. B. Metallim-

plantate

Teilweise hohe

Spezifität

Sonographie Darstellung von Impedanz-

unterschieden

Schnell Untersucherabhängig Weichteilbefunde

(z. B. Sehnen)

Kostengünstig Schlecht reprodu-

zierbar

Beliebige Schnitt-

orientierungKeine Schädigungen bekannt

S171Trauma und Berufskrankheit Supplement 2 · 2006 |

Page 2: Bone bruise und MRT - link.springer.com · ligem klinischem Befund und projekti-onsradiographisch okkulter Bildgebung zu verstehen! Klinische Konsequenzen sind nicht al-lein aus dem

Abb. 1 8 Differenzialdiagnose Mikrofraktur: röntgenologisch (a) kein (eindeutiger) Frakturnachweis, computertomographisch (b, Pfeil) Nachweis einer mäßig dislozierenden medialen Schenkelhalsfraktur; koronare Rekonstruktion (c): Nachweis der medi-alen Schenkelhalsfraktur rechts, keine Bone bruise sondern computertomographisch (und projektionsradiographisch?) fassbare Mikrofraktur

Abb. 2 9 MRT-Befund: auffällige Klinik vs. „lee-res“ Röntgenbild: Nachweis einer landkartenar-tigen Bone bruise am dorsalen Femurkondylus (Pfeil), Zeichen einer morphologisch fassbaren Verletzung (b), röntgenologisch unauffälliger Be-fund (a), keine Fraktur

Abb. 3 9 Differenzialdiagnose okkulte Fraktur: röntgenologisch (a) Nachweis der osteosynthe-tisch versorgten, typischen, (s. Abriss des Proces-sus styloideus ulnae) distalen Radiusfraktur, ma-gnetresonanztomographisch (b) Nachweis einer zusätzlichen Fraktur in der distalen Ulnametaphy-se (Pfeil), damit Nachweis einer (projektionsradio-graphisch) okkulten Fraktur in der Ulna, einer an-deren Klassifikation (distale Unterarmfraktur) ent-sprechend, Befunde sind gegenüber Bone bruise abzugrenzen

S172 | Trauma und Berufskrankheit Supplement 2 · 2006

Bone bruise

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ligem klinischem Befund und projekti-

onsradiographisch okkulter Bildgebung

zu verstehen!

Klinische Konsequenzen sind nicht al-

lein aus dem Befund „Bone bruise“ ab-

zuleiten. Diese Diagnose determiniert in

der Regel eher ein konservatives Behand-

lungskonzept.

Diagnosetechnik

Die Projektionsradiographie (klassisches

Röntgen) hat sich als wesentliche Bildge-

bung bei ossären Verletzungen bewährt.

Das Verfahren ist überall verfügbar, kos-

tengünstig und sichert standardisierte

Technik und Qualität.

Neben wenigen indirekten Zeichen

(z. B. Humeruskopfhochstand, Radius-

kopfsubluxation, Gelenkaufklappbarkeit

usw.) sind jedoch additive, ligamentäre,

kapsuläre oder sonstige Weichteilverlet-

zungen nur unsicher bewertbar. Im Ge-

gensatz zur Projektionsradiographie ist

die Magnetresonanztomographie (MRT)

als Schnittbildverfahren und aufgrund

der anderen bildgebenden Technologie

(. Tab. 1) in der Lage, additiv zum Rönt-

genbild intraossäre und ligamentäre bzw.

Weichteilverletzungen sensitiv nachzu-

weisen [1]. So können z. B. mit einer Sen-

sitivität von 96% durch spezielle fettgesät-

tigte, T2-gewichtete Spinechosequenzen

(STIR-Sequenz) ein treffsicherer Nach-

weis bzw. Ausschluss von intraossären

Verletzungsmanifestationen (z. B. Bone

bruise, Mikrofrakturen) geführt werden.

Substrat und Bildgebung

Pathophysiologisch-anatomisches Subs-

trat des magnetresonanztomographischen

Nachweises von intraossären Verände-

rungen sind Protonendichteverschie-

bungen im jeweils dargestellten Zielor-

gan. Diese werden durch Wasserein-

strom (Ödem) und/oder Hämatombil-

dung (Blut und Abbauprodukte) bewirkt

(. Abb. 4).

Bereits frühe Publikationen zur MRT-

Diagnostik haben auf den klinischen Stel-

lenwert und die Definition [5] der Bone

bruise aufmerksam gemacht. Ödem- oder

Hämatombildung durch andere Ursachen

(Entzündungen, Tumoren usw.) sind nicht

als Bone bruise zu bezeichnen.

Zusammenfassung · Abstract

Trauma Berufskrankh 2006 · 8[Suppl 2]: S171–S177 DOI 10.1007/s10039-006-1101-7

© Springer Medizin Verlag 2006

R. Braunschweig · O. Schilling · I. Höller · W. Wawro

Bone bruise und MRT . Klinischer Stellenwert eines diagnostischen Zeichens

Zusammenfassung

1. Ossäre und Weichteilverletzungen bedür-

fen einer subtilen Diagnostik mittels bild-

gebender Verfahren. Differenzierte Thera-

pieansätze stehen zur Verfügung.

2. Als Basis steht die Projektionsradiographie

in 2 Ebenen zur Verfügung. Ein im Hin-

blick auf Anamnese, Unfallhergang und kli-

nischem Beschwerdebild adäquater Be-

fundnachweis beendet in aller Regel die

bildgebende Diagnostik.

3. Computertomographische Verfahren kom-

men als ergänzende Basisdiagnostik zur

Beantwortung operationstaktischer Fragen

zum Einsatz.

4. Bei diskrepanter Befundkonstellation zwi-

schen auffälligem klinischem Befund, je-

doch leerem Röntgenbild, folgt unmittelbar

die Kernspintomographie zum Ausschluss

von Mikrofrakturen bzw. Bone bruise.

5. Die Bone bruise ist eine an ein Trauma ge-

bundene Ödem- oder Hämatombildung

intraossär. Diese kann hoch sensitiv kern-

spintomographisch erfasst werden. Die Bo-

ne bruise ist gegenüber Mikrofrakturen

oder okkulten Frakturen im Sinne der tra-

becularen Zerstörung abzugrenzen und

mit diesen nicht gleichzusetzen.

6. Untersuchungstechnisch sind sowohl im

Gelenk- als auch im Stammskelettbereich

T1- und T2-gewichtete sowie STIR- und

SPIR-orientierte Sequenzen einzusetzen. Es

ist auf eine möglichst dreidimensionale or-

thogonale Darstellung zu achten.

7. Der Nachweis der Bone bruise ergibt kein

aktives chirurgisches Vorgehen. Die Bone

bruise kann jedoch den Verletzungsmecha-

nismus insgesamt einordnen, die Befund-

objektivierung ergänzen und ggf. konser-

vative Therapieansätze oder mittelfristige

Begutachtungen determinieren. Bei kern-

spintomographisch fehlendem Nachweis

einer Bone bruise ist eine Verletzung aus-

zuschließen.

Schlüsselwörter

Ossäre Verletzungen · Weichteilverletzungen ·

Auffällige Klinik – leeres Röntgenbild · Bone

bruise · Diagnosealgorithmus

Bone bruise and MRI . Relative value of a diagnostic sign in clinical practice

Abstract

Bony and soft tissue injuries require precise

diagnosis by means of imaging techniques.

The basic examination performed is projec-

tion radiography in two planes. If the findings

yielded by this technique appear to bear out

expectations raised by the history, the mech-

anism of injury and the clinical examination,

no further imaging procedures need be car-

ried out. CT may be helpful when decisions

have to be made on any surgery to be per-

formed. When there is a discrepancy in the

findings (e.g. suggestive clinical findings and

unremarkable roentgenogram) MR imaging

should be performed to check for microfrac-

tures and/or bone bruising. The latter takes

the form of intraosseous oedema or haema-

toma linked with a trauma, and it is impor-

tant to differentiate it from microfractures or

occult fractures. Both T1- and T2-weighted

sequences are needed, as are STIR- and SPIR-

oriented sequences; as far as possible, the im-

ages must be three dimensional and orthog-

onal. Detection of bone bruising does not

generally mean that active surgical interven-

tion is indicated, but it does help to classi-

fy the mechanism of injury and complement

the objectivization of the findings; it is also a

significant factor in selection of the conserva-

tive treatment approach to be adopted or for

a medium-term expert assessment.

Keywords

Bony injuries · Soft tissue i njuries · Sugge-

stive clinical findings – Unremarkable roent-

genogram · Bone bruising · Algorithmus for

diagnosis

S173Trauma und Berufskrankheit Supplement 2 · 2006 |

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Ihre klinische Wertigkeit erfährt die

Bone bruise durch

a) weitere diagnostische Zeichen aus der

Computertomo- und/oder Projekti-

onsradiographie und

b) wesentlich durch ihre Einordnung in

Anamnese und klinischem Verlet-

zungsmuster („leeres Röntgenbild“ –

„auffällige Klinik“).

Die Bone bruise ist keine Fraktur und

muss von dieser abgegrenzt werden.

Empfohlene MRT-Methode

Nachfolgend sollen

F das MR-tomographische Erschei-

nungsbild,

F die Befundkonstellationen und -inter-

pretationen sowie

F die klinische Einordnung

der Bone bruise erörtert werden.

Periphere Gelenke/KnochenKlassischerweise werden 3 Sequenzen ein-

gesetzt. Herauszuheben ist, dass sich eine

Abb. 4 9 Definition Bone bruise: Vergleich von a.-p. Röntgenaufnahme (a) und koronarer STIR-Sequenz (b) (MRT), röntgenologisch unauffäl-liger Befund, magnetresonanztomographisch er-heblicher Densitätsanstieg einer geografisch me-taepiphysären Läsion im Bereich des distalen Ra-dius, Befund entspricht Bone bruise (am ehesten Einblutung)

Abb. 5 8 Definition Bone bruise: seitliche Röntgenaufnahme des Kniegelenks (Projektionsradiographie, b) mit unauffälligem Befund, zusätzlich Darstellung protonengewichteter SPIR-Sequenzen (sagittal) der Fibula (a) und der dorsalen Tibia (c), Nachweis einer mäßigen Densitätserhöhung mit nicht geografischer Ausbreitung (Pfeil), Diagnose: Bone bruise (am ehesten Ödem)

S174 | Trauma und Berufskrankheit Supplement 2 · 2006

Bone bruise

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T1-gewichtete, eine T2-gewichtete und

eine protonengewichtete SPIR-Sequenz

ergänzen sollten [3]. Die dabei gewähl-

ten Schichtorientierungen sollten in den

3 orthogonal zueinander stehenden Ebe-

nen angefertigt werden. Auf diese Weise

ist es möglich, einen Befund sowohl tech-

nologisch (T1-T2-STIR-Vergleich) als

auch anatomisch in Beziehung zu setzen

(. Abb. 5, 6).

Grundsätzlich ist röntgenologisch und

nachgeordnet magnetresonanztomogra-

phisch nach Verletzungsmustern im Ge-

lenkbereich bzw. in den angrenzenden os-

sären Strukturen (z. B. Talus oder Kalkane-

us oder Femurkondylus) zu suchen [2, 4].

Eine Verwerfung von trabekulären Struk-

turen im Röntgenbild kann auf eine Mi-

krofraktur hinweisen (. Abb. 1, 7). Die

Bone bruise ist hingegen definitionsge-

mäß im Röntgenbild nicht erkennbar. Wir

empfehlen dem strengen diagnostischen

Prinzip – bei leerem Röntgenbild folgt Ma-

gnetresonanztomographie – zu folgen und

in einer entsprechenden Befundkonstella-

tion die MRT zu veranlassen.

Häufigste Manifestationsorte der Bo-

ne bruise sind

F im Handgelenkbereich die proximale

Handwurzelreihe bzw. die Metaphy-

sen von Radius und Ulna (. Abb. 8),

F im Bereich des Kniegelenks die dor-

sale Begrenzung der Femurkondylen

bzw. vorderer oder hinterer Tibiarand

(beachte v. a. das Sagittalbild) oder

F im Bereich des Talus die subchon-

dralen kranialen Talusanteile bzw. der

kaudale Anteil des Kalkaneus.

StammskelettDas Auftreten einer Bone bruise ist er-

wartungsgemäß im Stammskelett selten.

Infolge der geringeren Exposition ist es

weniger prädestiniert, einem Mikrotrau-

ma mit der Folge einer Bone bruise aus-

gesetzt zu sein. Verletzungen im Stamms-

kelett sind in aller Regel Rasanzverlet-

zungen, die in eindeutig projektionsradi-

ographisch fassbaren Verletzungsmustern

münden (Frakturen). Dennoch sind Bo-

ne-bruise-Befunde möglich.

Sinnvollerweise wird hier mit einer T1-

, T2- und einer STIR-Sequenz in jeweils

orthogonal aufeinander orientierten Ebe-

nen untersucht. Insbesondere die T1- und

T2-gewichteten und hier vorrangig die

fettgesättigten Sequenzen, erlauben fol-

gende klinische Aussagen:

a) hoch sensitiver Hinweis auf Verlet-

zungen – bis zu 96% [1]

b) isolierte Nachweismuster (keine wei-

teren Verletzungsmanifestationen) er-

klären Schmerzkonstellation und be-

Abb. 6 7 MRT-Befund, Erklärung für Unfallme-chanismus: ausgeprägte ventralseitige Bone

bruise des Femurs (MRT, b, Pfeil), Hinweis auf er-hebliche Gewalteinwirkung, Befund zur klinisch

und anamnestisch bekannten Patellaluxation korrelierend, röntgenologisch unauffälliger Be-

fund bei erfolgter Reposition der Patella (a)

Abb. 7 7 Differenzialdiagnose und Kausa bei Mi-krofraktur: T1-Wichtungen: Mikrofrakturen im

Kalkaneus (Pfeil), zusätzlich Nachweis einer Dys-plasie der Fettzapfen (a), vgl. regelrechten Be-

fund (b)

S175Trauma und Berufskrankheit Supplement 2 · 2006 |

Page 6: Bone bruise und MRT - link.springer.com · ligem klinischem Befund und projekti-onsradiographisch okkulter Bildgebung zu verstehen! Klinische Konsequenzen sind nicht al-lein aus dem

Abb. 8 9 MRT: hohe Sensitivität der SPIR-Se-quenz: sowohl koronar (Hand) als auch sagittal (Knie) Nachweis nicht geografischer metaphy-särer Veränderungen im distalen Radius bzw. in der Tibia (Pfeil, c, d), gegenüber projektionsradi-ographisch unauffälligen Befunden (a, b) Nach-weis einer (morphologisch manifesten) Verlet-zung ohne Fraktur, cave: klinisches Beschwerde-bild beachten – therapieführend

Abb. 9 9 Bone bruise an der Wirbelsäule: rönt-genologisch Nachweis mäßiggradiger Sinte-rungen bei Osteopenie sowie subchondrale Skle-rosierung (a), magnetresonanztomographisch in sagittaler Schichtorientierung hyperintense sub-chondrale Areale (Pfeil) (b), Befunde nicht den sklerosierten subchondralen Veränderungen der Degeneration entsprechend, eher Zeichen der noch persistierenden Sinterungsprozesse mit re-aktivem Ödem

S176 | Trauma und Berufskrankheit Supplement 2 · 2006

Bone bruise

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gründen in aller Regel eine konserva-

tive Therapie

c) Sind keine Bone-bruise-Kriterien ab-

leitbar, kann eine Verletzung ausge-

schlossen werden.

Grundsätzlich kann gesagt werden, dass

mittels MRT frühzeitig ein Verletzungs-

mechanismus der Wirbelsäule ausge-

schlossen werden kann. Dies hat insbe-

sondere für spätere gutachterliche Beur-

teilungen bei Rentenbegehren oder der

Bewertung von Folgebefunden wesent-

liche Bedeutung. Wir empfehlen daher

dringend bei klinisch auffälliger Situation

bzw. adäquatem Rasanztrauma, jedoch

negativem Röntgenbild, die Anschlussdi-

agnostik mittels MRT (. Abb. 9).

Auswirkungen der Diagnose Bone bruise

Therapeutische Konsequenzen im Sinn

eines chirurgischen Vorgehens werden

aus der Diagnose Bone bruise in aller Re-

gel nicht gefolgert. Hingegen ist ihr Nach-

weis für die Einordnung der Befunde aus

chirurgischer Sicht ein wesentlicher Bei-

trag zur Klärung des Verletzungsmusters

im Hinblick auf den Therapieansatz sowie

die spätere Begutachtung [6].

Fazit

1. Ossäre und Weichteilverletzungen be-

dürfen einer subtilen Diagnostik mit-

tels bildgebender Verfahren. Diese

münden in differenzierte Therapiean-

sätze.

2. Als Basis dient die Projektionsradio-

graphie in 2 Ebenen. Ein im Hinblick

auf Anamnese, Unfallhergang und kli-

nischem Beschwerdebild adäquater

Befundnachweis beendet in aller Re-

gel die bildgebende Diagnostik.

3. Computertomographische Verfah-

ren kommen als ergänzende Basisdi-

agnostik zur Beantwortung operati-

onstaktischer Fragen zum Einsatz.

4. Bei diskrepanter Befundkonstellati-

on zwischen auffälligem klinischem

Befund, jedoch leerem Röntgenbild

folgt unmittelbar die MRT zum Aus-

schluss von Mikrofrakturen bzw. Bone

bruise.

5. Die Bone bruise ist eine an ein Trauma

gebundene intraossäre Ödem- oder

Hämatombildung. Sie kann hoch sen-

sitiv mittel MRT erfasst werden. Sie

ist gegenüber Mikro- oder okkulten

Frakturen im Sinne der trabekularen

Zerstörung abzugrenzen und mit die-

sen nicht gleichzusetzen.

6. Untersuchungstechnisch sind sowohl

im Gelenk- als auch im Stammskelett-

bereich T1- und T2-gewichtete sowie

STIR- und SPIR-orientierte Sequenzen

einzusetzen. Es ist auf eine möglichst

dreidimensionale orthogonale Dar-

stellung zu achten.

7. Der Nachweis der Bone bruise indi-

ziert in aller Regel kein aktives chir-

urgisches Vorgehen. Er dient jedoch

der Einordnung des Verletzungsme-

chanismus, der Befundobjektivierung

und ggf. der Auswahl des konserva-

tiven Therapieansatzes oder mittel-

fristigen Begutachtungen. Bei ma-

gnetresonanztomographisch feh-

lendem Nachweis einer Bone bruise

ist eine Verletzung auszuschließen.

Korrespondierender AutorDr. R. BraunschweigKlinik für bildgebende Diagnostik und Interventionsradiologie, BG-Kliniken Bergmannstrost,06002 Halle, [email protected]

Interessenkonflikt. Keine Angaben

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S177Trauma und Berufskrankheit Supplement 2 · 2006 |


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