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Blogparade: Schlaueres Arbeiten durch Cognitive Computing 2016 (Das E-Book)

Date post: 18-Feb-2017
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1 Blogparade: Schlaueres Arbeiten durch Cognitive Computing? Eine Sammlung von Blogbeiträgen von diversen Autoren
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Blogparade: Schlaueres Arbeiten durch Cognitive Computing?

Eine Sammlung von Blogbeiträgen von diversen Autoren

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Ausgabe/Version 1.0 / Mai 2016

© Copyright Stefan Pfeiffer (Darmstadt, Germany) sowie die Autoren für ihre Texte Titelfoto von xyz

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort: Wie Cognitive Computing ein schlaueres Arbeiten ermöglichen könnte ..................................... 4

Stefan Pfeiffer: Watson, übernehmen Sie?! Aufruf zur Blogparade .................................................................. 6

Jörg Lenuweit: Kognitive Technologien: So könnten Watson & Co die integrierte Kommunikation verändern .................................................................................................................................................................................... 8

Wilke Hannes Riesenbeck: Intelligenter Performance Support ......................................................................... 11

Jan Westerbarkey: Emotionale Bindung der Mitarbeiter und neue Motivation, sowie Klarheit über Ziele und Kernkompetenzen am Beispiel Japan ..................................................................................................... 13

Markus Strehlitz: Aus der persönlichen Sicht eines Journalisten..................................................................... 16

Joachim Heydecker: Watson spielerisch kennenlernen ...................................................................................... 18

Nora Schunert: Wenn Watson übernimmt Kognitive Technologie als kreativer Kollege? .................... 20

Norbert Dietrich: Chancen und Risiken von Cognitive Computing in der Arbeitswelt der Kommunikation ....................................................................................................................................................................... 21

Marianne Kühne: Versichern heißt verstehen – wie künstliche Intelligenz die Versicherungswirtschaft entscheidend verändert ..................................................................................................................................................... 23

Frank Hamm: Kognitive Systeme – Reden wir doch gleich über Künstliche Intelligenz ........................ 25

Rüdiger Schönbohm ............................................................................................................................................................ 32

Siegfried Lautenbacher: Watson und die offene Frage, ob Kant, wenn er denn noch lebte, sich im Grabe umdrehen würde ..................................................................................................................................................... 33

Axel Oppermann: Das Rad erfindet den Menschen neu .....................................................................................36

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Vorwort: Wie Cognitive Computing ein schlaueres Arbeiten ermöglichen könnte

Fünf Millionen Jobs sollen durch die Industrie 4.0 verschwinden – kaum eine andere Meldung vom Gipfeltreffen des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos brachte so viele Schlagzeilen, wie diese. Reflexartig melden Influencer und Meinungsmacher ihre Bedenken, wenn es um Themen wie künstliche Intelligenz, Robotik und Cognitive Computing geht. Fast immer konzentrieren sie sich allerdings auf die Frage, wie viele Arbeitsplätze in Zukunft verloren gehen könnten.

Fast zeitgleich zum Davoser Gipfel sind die Texte unserer Blogparade im Netz erschienen. Ihr Ziel war es, ein differenzierteres Bild zum Thema Cognitive Computing und künstliche Intelligenz zu zeichnen. Jenseits der populären Schlagzeilen gaben Vertreter unterschiedlichster Professionen ihre Einschätzung wider, wie die neuen Möglichkeiten Bereiche wie Kollaboration, Kommunikation und die Arbeitswelt generell verändern werden.

Die Beiträge zeigen, dass die Herausforderungen bei den meisten ähnlich gelagert sind, immer geht es um die Fragen: Wie gehe ich mit der Flut an Informationen und Inhalten um, der ich als Journalist, als ITler, als Marketeer, Service-Mitarbeiter oder Versicherungsvertreter ausgesetzt bin? Wie schaffe ich es, mich auf das zu konzentrieren, was wichtig ist? Hier sehen viele die Chancen digitaler Assistenten und künstlicher Intelligenz.

Das Spektrum an Lösungsvorschlägen und Gedanken, das sich dabei entfaltet, ist erstaunlich vielfältig: Eine Totale auf das Thema wirft beispielsweise Frank Hamm auf injelea-blog.de, wo er das Phänomen künstliche Intelligenz umfassend durchleuchtet und Querverbindungen zu Kulturgeschichte und Moral zieht. Wilke Hannes Riesenbeck zeigt auf KnowHow.de die Vorteile einer spezifischen Lösung, in diesem Fall von elektronischer Performance Support-Systemen. Dagegen betrachtet Jan Westerbarkey auf SMOwl.de die Bedeutung des Smarter Work-Gedankens von der Organisations-Perspektive aus.

Auch der Journalist Markus Strehlitz würde sich über einen intelligenten Assistenten freuen, der für ihn Interviews abtippt. Die gewonnene Zeit würde er für bessere Geschichten und spannendere Texte nutzen (Texstr.de). Auf Text100.com stellt sich Jörg Lenuweit währenddessen vor, wie kognitive Helfer beispielsweise bei der Recherchen unterstützen oder lernen, Events perfekt zu organisieren. Von einer ganz anderen Seite nähert sich Joachim Haydecker dem Thema: Auf Haydecker.de beschreibt er ein Wunsch-Projekt, bei dem Kinder spielerisch mit Watson lernen. Auf DigitalNaiv.com stellt Stefan Pfeiffer mit der IBM Watson hingegen einen prominenten Vertreter der neuen Technologie vor und beschreibt dessen Funktionen für den modernen Arbeitsplatz.

Viele der Autorinnen und Autoren beschäftigt die Frage, ob Kreativität die letzte Bastion des Menschen ist. Nora Schunert beispielweise zeigt auf BusinessHeute.de, dass Technologie bereits für Komponieren und Texten eingesetzt wird – wenn auch noch nicht mit überzeugenden Ergebnissen. Norbert Dietrich betont dagegen den Werkzeug-Charakter intelligenter Systeme – was ihm zum Beispiel in Sachen agiles Marketing Nutzen bringt (NetPress.de). Spannend ist die Einschätzung des Einflusses auf ganz bestimmte Branchen, wie sie Marianne Kühne auf Versicherungsforen.net gibt.

Auch Rüdiger Schönbohm sieht viele Einsatzmöglichkeiten für intelligente Systeme in verschiedenen Branchen, warnt aber davor, sie als Allzweck-Mittel zu sehen und Probleme für eine Lösung zu suchen.

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Natürlich liegen bei diesem Thema auch philosophische Bezüge nahe. Siegfried Lautenbacher fragt sich auf bea-services.de, ob sich Kant angesichts der Fortschritte im Bereich künstliche Intelligenz im Grabe umdrehen würde. Und Axel Oppermann meint abschließend, dass der so bezeichnete „Arbeitsplatz der Zukunft“ schon heute eher der Arbeitsplatz der Vergangenheit ist angesichts einer Zukunft des hochautomatisierten und durch kognitive Intelligenz unterstützten Arbeitens.

Man sieht – das Thema ist reizvoll und hat die Blogosphäre auf unterschiedlichste Ideen gebracht. Mit diesem E-Book liegen sie nun gesammelt vor. Wir bedanken uns bei allen Autoren und wünschen viel Spaß und spannende Anregungen bei der Lektüre!

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Stefan Pfeiffer: Watson, übernehmen Sie?! Aufruf zur Blogparade

Veröffentlicht am 14. Dezember 2015 auf DigitalNaiv.com

Die Geschichte der Arbeit ist diejenige ihrer Automatisierung. Sie hat viele Phasen durchlaufen, von der Industrialisierung bis hin zur Automatisierung und Digitalisierung auch für die "White Collar", die Büroarbeiter. Nun scheinen wir vor einer neuen Ära zu stehen, die wir nur aus Science Fiction-Serien zu kennen glaubten. Der "Protokolldroide" C-3PO übersetzt und plappert vor sich hin oder Spock sagt dem Bordcomputer der Enterprise, was der tun soll. Aber auch wir geben unterdessen über Siri (engl. Abkürzung für Speech Interpretation and Recognition Interface) oder entsprechenden Pendants unserem Smartphone oder gar der Smart Watch Anweisungen.

Noch einen Schritt weiter ging IBM, als Watson 2011 zum Wettbewerb gegen die besten Jeopardy-Champions im amerikanischen Fernsehenantrat. Hier ging es nicht mehr nur darum, auf einen überschaubaren Satz vorgefertigter Befehle definierte Aktionen durchzuführen. Watson musste in diesem Wettbewerb Informationen sammeln, in Zusammenhang stellen, analysieren, Wahrscheinlichkeiten bewerten, um dann per Sprachausgabe eine Antwort abzugeben.

Seit 2011 ist nicht nur die Entwicklung von IBM Watson rasant weiter gegangen. Immer mehr Schnittstellen eröffnen neue Einsatzmöglichkeiten und -gebiete von der Krebsforschung bis hin zurWetterprognose. Es wird kaum noch bezweifelt, dass wir vor einer dramatischen Zeitenwende beim Eintritt in die kognitive Ära stehen. Roboter und künstliche Intelligenz stehen bereit, um den Kollegen Mensch von Routinetätigkeiten zu entlasten - und das nicht mehr allein am Fließband, sondern zunehmend auch im Büro.

Doch die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz werden - wie immer bei neuen technologischen Umbrüchen - nicht nur bejubelt.Jerry Kaplan vergleicht beispielweise sie mit denen der industriellen Revolution. Seiner Ansicht nach werden die Roboter und intelligenten Computersysteme einen höheren Einfluss auf den Arbeitsplatz nehmen, als dies das Internet getan hat. Er - wie auch viele andere Skeptiker - befürchten massive Arbeitsplatzverluste auch in den Büros durch "Artificial Intelligence".

Die Optimisten dagegen sehen, dass der Automatisierung auch in der Arbeitswelt 4.0 Grenzen gesetzt sind. Zwar können die Systeme wahrscheinlich Routinetätigkeiten übernehmen, jedoch verbleibt, ja steigt der Wert menschlicher Fähigkeiten, die wahrscheinlich eher nicht ersetzt werden können: Nischenkenntnisse, unternehmerische Fähigkeiten, Kreativität, Empathie und die Beherrschung von Maschinen. Und vor allem ist es die Fähigkeit, über Grenzen hinaus zu denken, die in der Arbeitswelt von morgen den größten Wertbeitrag leisten wird.

Seltsam daher, dass der Büroarbeiter von heute, der potentielle Grenzgänger von morgen noch von so vielen Hindernissen umstellt und behindert wird: Hunderte E-Mails am Tag, die ihn nicht betreffen, im Posteingang aber nach oben drängen; unproduktive Meetings mit zu vielen unvorbereiteten Teilnehmern und ohne Agenda; langwierige Suchen nach der einen Experteninformation, die den Ausschlag bei einer wichtigen und dringenden Entscheidung gibt. Hinzu kommen bremsende Standard-Prozeduren des alltäglichen Mikromanagements: Termine finden, nach Dokumenten suchen, Adressaten finden, Anhänge anhängen, für alles und jedes Genehmigungen einholen…

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All das reißt diejenigen, die eigentlich zu kreativen Vordenkern, zu "Outthinker", werden sollen, beständig aus dem Arbeitsfluss und hält sie davon ab, sich Neues auszudenken, Grenzen zu überschreiten und geschäftliches und soziales Neuland zu beschreiten. Statt kreativ zu denken, werden sie latent in der Ablenkungsgesellschaft gestört und unterbrochen. Und es dauert, so Experten, 15 bis 20 Minuten, bis man wieder in seinen Arbeitsfluss zurückfindet.

Genau hier liegen riesige Chancen für das Cognitive Computing. Warum soll man sich nicht durch diese Systeme, von lästigen Routinearbeiten befreien lassen. Kognitive Systeme lesen und "verarbeiten" unstrukturierte Daten wie Texte, Bilder, Präsentationen, sogar Gespräche - also all das, was bei der Wissensarbeit "produziert" wird. Kognitive Systeme verstehen diese Informationen auch, das heißt, sie können logische Zusammenhänge herstellen und Schlussfolgerungen ziehen. Und sie sind in der Lage, aus wiederkehrenden Verhaltensmustern zu lernen und ihre Aktionen entsprechend anzupassen.

Diese Eigenschaften machen kognitive Systeme zum idealen Assistenten eines Outthinkers. Zugeschnitten auf die Arbeitswelt von heute ist ein solches System in der Lage, sich in den Kollegen Mensch "hineinzudenken" und ihm auch komplexere Aufgaben seines täglichen Mikromanagements abzunehmen.

Ein kognitives System kann am Arbeitsplatz verschiedene hilfreiche Aufgaben übernehmen, die täglich nur Zeit kosten:

• Als persönlicher Assistent priorisiert es die Aufgaben oder erledigt sie bereits - wie E-Mails beantworten, Meetings anberaumen oder sogar den richtigen Ton einer Konversation mit anderen anzuschlagen.

• Als Expertenquelle beschafft es Antworten und Analysen zu bestimmten Themen. Je nach Branche kann dem System das entsprechende Fachwissen angefüttert werden. Auf Anfrage spuckt es auf den Punkt die entscheidende Information aus und führt den Nutzer an deren Quelle.

• Als Content Manager überblickt es sämtliche Inhalte, die für den Wissensarbeiter relevant sind - also E-Mails, Präsentationen, Bilder etc. Es weiß aber nicht nur, wo sie zu finden sind, sondern lernt auch, in welchem Zusammenhang sie gebraucht werden und stellt sie entsprechend bereit.

Welches Ausmaß an Unterstützung der kognitive Assistent in der Praxis bringen könnte, zeigte Rob Koplowitz auf der IBM Insight 2015 am Beispiel der E-Mail-Lösung IBM Verse kombiniert mit den Möglichkeiten von IBM Watson.:

All das klingt nach Zukunftsmusik, ist es aber nicht mehr. Entsprechende Funktionen sind bereits verfügbar und werden wie oben erwähnt in anderen Bereichen wie der Medizin eingesetzt. Nun ist es an der Zeit, dass wie im dem Video gezeigt, kognitive Fähigkeiten moderne Kommunikations- und Collaborations-Werkzeuge wie E-Mail, Enterprise Social Networks, Instant Messaging und Video auf eine neue Stufe heben, um so für die Menschen die Informationsflut und das berühmte Multitasking beherrschbarer und erträglicher machen. Im Idealfall machen sie einfach das Arbeitsleben einfacher und ermöglichen fundiertere Entscheidungen.

Dampfmaschine, Fließband und PC haben jeweils die Spielregeln der Arbeitswelt vollständig umgekrempelt. Seit Beginn des 21. Jahrhundert stehen wir vor einem erneuten grundlegenden Wandel der Produktionsweise. Arbeiten 4.0 bedeutet vernetzter, digitaler und flexibler arbeiten - das auf jeden Fall. Welche neuen Rollen und Fähigkeiten in Zukunft benötigt werden, ist schwer vorherzusagen. Sicher aber ist, dass Unternehmen und Gesellschaft in der anstehenden digitalen Transformation Menschen brauchen, die Grenzen überschreiten und außerhalb der berühmten Box denken.

Die digitale Transformation rennt und schleicht nicht vor sich hin. DieOutthinker von heute müssen mit adäquaten Werkzeugen ausgestattet sein, um Schritt halten können. Auf kognitive Systeme werden sie bei der Informationssammlung und -bewertung und zur eigenen Entlastung nicht verzichten können. Zu blauäugig? Zu optimistisch? Was meint Ihr?

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Jörg Lenuweit: Kognitive Technologien: So könnten Watson & Co die integrierte Kommunikation verändern

Veröffentlicht am 29. Dezember 2015 auf Text100.com

Computer lernen denken – einer der Trends, die die Welt im kommenden Jahr und darüber hinaus beschäftigen werden, ist das Thema kognitive Technologien. Neue intelligente Systeme haben das Potenzial, viele Berufe grundlegend zu verändern. Welche Möglichkeiten ergibt das für den Alltag eines Kommunikationsprofis? Wie könnte die kognitiv unterstütze Kommunikationsarbeit aussehen?

1957 veröffentlichte der Philosoph und Nobelpreisträger Bertrand Russel einen kleinen Essay mit dem Titel: Lob des Müßiggangs. Es handelt sich dabei keineswegs um eine Laudatio auf Faulheit und Prokrastination. Russels Gedanke lautet vielmehr sinngemäß so: Wir entwickeln Technik, um uns die Arbeit zu erleichtern. Die Fortschritte hierin sollten es ermöglichen, dass die Menschen für ihren Lebensunterhalt weniger arbeiten müssen. In der gewonnenen Zeit soll er sich dem Müßiggang widmen dürfen. Wobei Müßigkeit nicht gleichzusetzen ist mit Nichtstun. Russel beschreibt diesen Modus stattdessen wir folgt:

„Wenn auf Erden niemand mehr gezwungen wäre, mehr als vier Stunden täglich zu arbeiten, würde jeder Wissbegierige seinen wissenschaftlichen Neigungen nachgehen können und jeder Maler könnte malen, ohne dabei zu verhungern, und wenn seine Bilder noch so gut wären. Junge Schriftsteller brauchten nicht durch sensationelle Reißer auf sich aufmerksam zu machen, (… ). Die Ärzte werden Zeit haben, sich mit den Fortschritten auf medizinischen Gebiet vertraut zu machen, die Lehrer werden sich nicht mehr erbittert bemühen müssen, mit routinemäßigen Methoden Dinge zu lehren, die sie in ihrer Jugend gelernt und die sich in der Zwischenzeit vielleicht als falsch erwiesen haben. Vor allem aber wird es wieder Glück und Lebensfreude geben, statt der nervösen Gereiztheit, Übermüdung und schlechten Verdauung.“

Betrand Russell hat den Müßiggang philosophisch gelobt. Er hätte an kognitiven Technologien seine Freude gehabt.

Nach Russels Vorstellungen sollte der technologische Fortschritt dem Menschen also den Rücken frei halten, damit er sich wesentlicheren (kreativeren, schöpferischen) Aufgaben widmen kann. Die freie Muße kann er nutzen, um über seine Grenzen hinaus zu denken und von diesem „Draußen“ Neues zurück zu bringen.

Derzeit feiern wir einen technologischen Quantensprung, der auf einen Schlag sehr viel Routinearbeit von unseren Schultern zu nehmen verspricht. Die Rede ist von kognitiven Technologien. Dabei handelt es sich um neuartige Computersysteme, die man mit großen Mengen an Texten und Bildern (sogenannte unstrukturierte Daten) füttern kann. Die Systeme sind nicht nur in der Lage, diese Informationen blitzschnell und selbstständig zu verarbeiten, sondern auch fähig, eigene Schlüsse zu ziehen und aus Erfahrungen zu lernen. Außerdem können sich einige dieser Systeme mittlerweile mit ihren menschlichen Input-Gebern in natürlicher Sprache unterhalten. Der Prototyp eines solchen Systems ist IBM Watson. Es ist vor einigen Jahren sogar in der US-Quizsendung Jeopardy aufgetreten (und hat gewonnen).

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Perfekte persönliche Assistenten

Heute werden kognitive Systeme wie IBM Watson bereits in der Arbeitswelt eingesetzt. Sie helfen Medizinern bei der Diagnostik, Finanzdienstleistern bei der Optimierung ihrer Angebote oder Servicemitarbeitern bei der Kundenbetreuung. Auch werden sie in Zukunft den Alltag am klassischen PC-Arbeitsplatz intelligent assistierten, also zum Beispiel E-Mails priorisieren und automatisch beantworten oder Informationen vorsortieren und präsentieren. Sie werden dabei lernen, sich auf die Bedürfnisse ihres menschlichen Nutzers bestmöglich einzustellen.

Wie könnte eine solche intelligente Unterstützung für die Aufgaben eines Kommunikationsmanagers oder -beraters aussehen? Dessen tägliche Arbeit ist vielseitig und bunt, Routineaufgaben wechseln mit kreativen Herausforderungen. Das Spektrum reicht von der Entwicklung von Strategien und Stories über Kampagnenplanung und Kontaktpflege bis hin zu Events und Erfolgsmessung. Werfen wir einen Blick auf einzelne Bereiche.

Standard-Büroaufgaben schneller loswerden

Trotz aller modernen Kommunikationsmittel ist die E-Mail wohl noch immer das wichtigste Kommunikationsmittel in unserer Branche – und damit der größte Zeitfresser. 150 bis 200 neue E-Mails ploppen jeden Tag in der Inbox eines Kommunikationsberaters auf, und das dürfte konservativ geschätzt sein. Aber auch wenn die meisten davon keine unmittelbare Aktion erfordern, bedeutet das Sichten und Priorisieren der Nachrichten im horizontalen Zeitstrom viel Aufwand. Ein kognitiver Assistent könnte hier an allen und Ecken helfen: die wirklich wichtigen E-Mails vorziehen, individuell passende Text-Versatzstücke für die Beantwortung liefern, Standard-Bestätigungen automatisch schicken, verlangte Dokumente selbständig anhängen, wichtige und aktuelle Informationen zu einer aktuellen Anfrage gleich beilegen.

Nehmen wir zum Beispiel an, ein bis dato noch nicht bekannter Journalist fragt per E-Mail ein Interview an. Jetzt könnte der kognitive PR-Assistent gleich dessen Vita aus den öffentlich verfügbaren Quellen kompilieren. Außerdem könnte er Links und idealerweise gleich Kurzzusammenfassungen der letzten Veröffentlichungen des neuen Kontakts beilegen. Das wäre eine enorme Hilfe.

Informationen gleich zur Hand

Die Kommunikationsbranche ist ein informationsintensives Geschäft. Der Kommunikationsprofi muss hier immer am Ball bleiben und über die neuesten Entwicklungen in seinem Themengebiet stets Bescheid wissen. Entsprechende Monitoring-Tools hat er dafür bereits. Viel Zeit verbringt er aber damit, aus ihnen die entscheidenden herauszufiltern und für einen bestimmten Zweck aufzubereiten, also etwa in eine Pressemitteilung, einen Byliner, einem Blogbeitrag oder einem Report für die Chefetage.

Auch hier könnte ihn der kognitive PR-Assistent unterstützen. Er könnte die wichtigen Informationen von den weniger wichtigen trennen, Trendthemen aufspüren, Coverage-Templates automatisch befüllen (nachdem er gelernt hat, wie sein Mensch es macht), ja, er könnte sogar zu Kampagnen-Brainstormings hinzugezogen werden und Fragen zu Markt und Thema beantworten.

Angenommen, es ginge um die Markteinführung eines neuen Schokoriegels. Hier könnte das intelligente System zum Beispiel die Botschaften der Wettbewerber recherchieren und analysieren. Aufgabe des Kommunikationsprofis wäre es dann, Kampagnen zu kreieren, die sich davon erfolgsversprechend unterscheiden.

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Events bestmöglich managen

Ein Klassiker unter den Aufgaben des Kommunikationsprofis ist die Messe- und Eventkommunikation. Das Spektrum an Aufgaben bei der Eventorganisation ist breitgefächert: Konzeptentwicklung, Terminfindung, Timeline aufstellen, Stakeholder einladen, Präsentationen gestalten und Dokumente finalisieren, Sprecher briefen, Location checken, Video-Teams einweisen, Livestream organisieren und vieles, vieles mehr.

Keine Frage, dass auch hier kognitive Systeme in vielen Belangen helfen könnten. Sie können zum Beispiel die aktuellsten Informationen für die Präsentationen herbeischaffen, Briefings für die Teilnehmer erstellen, prüfen, ob die Termine nicht mit anderen Branchenevents kollidieren und vieles mehr. Interessant wäre es auch, hier die Selbstmanagement-Fähigkeit der Systeme zu nutzen. So könnten sie auf Basis der vergangen Events „lernen“, welche Elemente das perfekte Event umfassen muss und eine entsprechende Checkliste ausarbeiten.

Zugegeben, in diesem frühen Stadium der Entwicklung klingt das alles noch etwas spekulativ. Es ist aber spannend, wie die neuen Möglichkeiten die Phantasie anregen. Die beschriebenen Szenarien streifen die neuen Chancen ja lediglich. Vieles ließe sich zum Beispiel noch zu Themen wie Texterstellung oder Erfolgsmessung ausmalen. Auch gibt es sicher auch kritische Punkte: Wie gründlich werden zum Beispiel die Kommunikationsmanager der Zukunft ihr Handwerk beherrschen, wenn sie so viele Basics der Maschine überlassen?

Jedenfalls leuchten die Vorteile der neuen kognitiven Technologien ein, die Szenarien scheinen plausibel. Man darf also gespannt sein, was die routinemäßig befreiten Kommunikationsprofis mit ihren zukünftigen kreativen Freiräumen anfangen werden.

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Wilke Hannes Riesenbeck: Intelligenter Performance Support

Veröffentlicht am 20. Januar 2016 auf KnowHow.de

„Wie ging das noch gleich?“ Diese Frage geht durch meinen Kopf, als ich das Onboarding für den neuen Kollegen vorbereite. Nun mache ich das zwar nicht zum ersten Mal – aber doch so selten, dass ich mir den Prozess nicht eingeprägt habe. Jetzt beginnt sie also wieder, die zeitraubende Suche nach der richtigen Vorgehensweise, den passenden Checklisten und FAQs. Bei einem Dutzend interner Plattformen keine leichte Aufgabe. Wie praktisch wäre jetzt ein intelligentes System, das mir genau die passende Information liefert und mich mit jeder neuen Anfrage besser kennenlernt!

Helfer gegen die Informationsflut

Die Forschung zeigt, dass ich bei weitem nicht der Einzige bin, der unnötig viel Zeit mit der Informationssuche verbringt. So suchen Mitarbeiter im Büroalltag durchschnittlich 8,8 Stunden pro Woche nach Informationen. Das sind 457 Stunden im Jahr und in nur 50 Prozent der Fälle ist die Suche erfolgreich. Das liegt unter anderem daran, dass zu viele, zu wenige, verstreute, widersprüchliche oder falsche Informationen zu einem Thema vorliegen. Dank Google, YouTube und Co. gibt es so viele kostenlose Informationen wie nie zuvor, jedoch fehlt vielen Mitarbeitern die Orientierung im Datendschungel und die Gewissheit, dass es sich um valide Informationen handelt.

Doch tatsächlich gibt es einen Silberstreifen am Horizont. Denn unlängst dominiert eine neue Bewegung die Blogs und Kongresse der Wissensmanager und Learning Professionals: Performance Support. Unter Performance Support werden Ressourcen und Hilfsmittel verstanden, die genau die richtige Menge an Hilfestellung zu dem Zeitpunkt, an dem Hilfe benötigt wird, geben. Ziel ist es, die Hilfestellung nahtlos in den Arbeitsprozess zu integrieren (vgl. Rosenberg, Marc J. in: The E-Learning Guild).

Bei Performance Support handelt es sich nicht nur um einen kurzlebigen Trend, das zeigen die zahlreichen Anbieter, die sich mit ersten Technologien und Inhalten am Markt präsentieren. Die Branche spricht von Electronic Performance Support Systems (EPSS). Das sind intelligente Tools, die erkennen, in welcher Anwendung und Maske sich der Nutzer befindet, daraus ableiten, welche Aufgabe sie gerade bewältigen möchten und dazu passende Hilfen und Informationen anbieten. Je intelligenter diese Tools sind, desto mehr lernen sie über die Gewohnheiten des Nutzers und desto schneller können sie ihm die richtigen Infos liefern. Die richtige Information in zehn Sekunden mit zwei Klicks lautet das Credo.

Nicht nur eine Frage der Technologie

Doch es muss gar nicht immer die Maximallösung sein: Auch gut strukturierte Webseiten mit mächtigen Suchen können ein nützliches EPSS darstellen. Denn im Kern ist Performance Support kein Technologiethema, sondern eine Methode. Die klügste Technologie liefert keinen Mehrwert, wenn der bereitgestellte Inhalt nicht performance ready ist. Viel zu oft werden einfach nur Texte aus bestehenden Manuals verlinkt, ohne diese auf die tatsächliche Aufgabenstellung der Mitarbeiter anzupassen. Was Performance Support nämlich wirklich intelligent macht, ist nicht die Technologie, sondern das Matching zwischen Content und Arbeitsrealität. Dieses Matching durchzuführen ist gerade in Großkonzernen eine nicht zu unterschätzende Aufgabe. In der Regel braucht es eine Mannschaft von Kuratoren und Knowledge Brokern,

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um die Arbeit der Zielgruppen richtig zu erfassen, die dazu passenden Inhalte zu recherchieren und in eine Performance-optimierte Form zu bringen.

Keine Frage: Mit EPSS stehen intelligente Technologien in den Startlöchern, die unsere Arbeit um ein Vielfaches erleichtern können. Doch auch diese Technologie wird nur so klug sein wie die Menschen, die sie entwickeln, füttern und pflegen.

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Jan Westerbarkey: Emotionale Bindung der Mitarbeiter und neue Motivation, sowie Klarheit über Ziele und Kernkompetenzen am Beispiel Japan

Veröffentlicht am 29. Januar 2016 auf SMOwl.de

Allein mit Made in Germany kommt man nicht weit.

Denn es gibt einen Zusammenhang zwischen Werthaltung von Führungskräften und Mitarbeiter-Profitabilität andererseits. Aktionismus und gegenseitiges Misstrauen im Unternehmen zählen zu diesen Faktoren. Als besonders nachteilig für die Profitabilität erweisen sich auch ein autoritärer Führungsstil und der Versuch, an Bewährtem festzuhalten. Eine Anatomie work smart statt work hard stellt die laufende IBM Blogparade dar.

Wie Unternehmen den notwendigen Wandel erreichen – das Leitbild Japan. Die Japaner machen aus den Firmen, auch in ihren Unternehmen in Übersee (Transplants), tendenziell überwiegend eine Sinn-Gemeinschaft, während für die Deutschen das Unternehmen mehrheitlich eher eine Zweck-Gemeinschaft darstellt. Das sind zwei Grundprinzipien, die sich diametral gegenüberstehen.

Miteinander statt Gegeneinander.

Teamkonzept, kontinuierlicher Verbesserungsprozess und neue Unternehmenskultur sind organisatorische Lösungsversuche seitens work smarter für das Dilemma zwischen hoher und steigender Kapitalintensität (Industrie4.0) einerseits, wachsender Flexibilitätsanforderungen durch Kunden und Mitarbeitern (Arbeiten4.0) andererseits. Wenn die Unternehmen die Qualifikation und Motivation der Facharbeiter im Rahmen neuer Personalkonzepte stärker nutzen wollen, dann ist dazu eine Rücknahme überspitzter Arbeitsteilung und ein Abbau von Hierachien notwendig. Die Ansprüche an qualifiziertes Arbeiten, das Interesse an ökologisch und sozial akzeptablen Produkten machen Prozess- und Produkt-Innovationen notwendig.

Veränderung beginnt ganz oben

An der Spitze vieler Unternehmen steht in Japan übrigens eine Frau, die für enorme Geschäftsmodell-Impulse und Prozess-Innovationen sorgen. So etwa beim Art Moving Center, dem frühzeitig klar wurde, dass Möbelbeförderung bislang nur ein halbherzig betriebenes Geschäftsmodell war. Unter dem Slogan: Hausfrauen: Packt doch nicht selber an – bestand die zusätzliche Dienstleistung zunächst darin, tatsächlich alles und jedes in der Wohnung des Kunden aus dem Schrank oder Regal zu nehmen und zu verpacken. Mit dem Slogan: Lasst das Ungeziefer nicht mitumziehen – kam Prozess-Innovation hinzu. Da Japan durch sein feuchtwarmes Klima und die leichte Bauweise vieler Häuser recht Ungeziefer-anfällig ist, besteht die Innovation darin, die Umzugscontainer so zu versiegeln, dass sie während der Fahrt vergast werden können. Unter dem Namen Traum-Salon 21 wurde jetzt ein Doppeldecker-Umzugscontainer eingeführt. Oben ist ein Salon eingerichet, in dem die gesamte Familie den Umzug nicht nur begleitet, sondern sogar geniessen kann. Hydraulische Hebegeräte erlauben es, den Umzugscontainer aussen am Haus bis in die Höhe eines Fensters oder Balkons im dritten Stock hochzustemmen und so die Ausladearbeit drastisch zu verkürzen, ohne Schäden im Treppenhaus oder an den Möbeln zu verursachen. Personal wird abgestellt, um am Zielort kleinere

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Umbau- und Anschlussarbeiten vorzunehmen. So werden auch Antennen abgebaut oder neu montiert. Schliesslich übernimmt das Unternehmen zu einem Pauschalpreis die Ab- und Anmeldung von Strom, Gas, Wasser bis hin zur Tageszeitung. Hinzu kommt, dass das Unternehmen es geschafft hat, im ganzen Land überall die gleiche Telefonnummer zu erhalten. Diese Nummer ist auch in grossen Zahlen auf sämtliche Container gemalt, so dass das Art Moving Center für die meisten Japaner als 0123-Möbelspedition gilt. Den wirklichen Firmennamen kennen die meisten nicht. Bis heute sind die Kapazitäten rund ums Jahr ausgebucht. Etwas anderes kommt hinzu: in zunehmend mehr Fällen wird lediglich der Familienvater von seinem Arbeitgeber an einen neuen Einsatzort geschickt. So klein solche Umzüge auch sein mögen, das Unternehmen kann sie mit anbieten. Märkte werden so eingehend analysiert und so weit segmentiert, dass der Anbieter hier als Quasimonopolist agieren kann. Was einst noch über Varianten abgedeckt werden konnte, erfährt eine neue Differenzierung: Umzug mit Anmut und Lebensgefühl. Die Suche nach Einzigartigkeit ist überall in Japan spürbar und in vollem Gang. Der Trend scheint immer mehr darauf hinauszulaufen, Leistungen hier und jetzt bereitzustellen. Unternehmensziele sind in Japan traditionell eindeutig definiert als langfristiges Überleben, das durch eine möglichst weitreichende Marktdominanz gewährleistet werden sollte. Diese wird als Grossteil der Marktanteile und Preisführerschaft operationalisiert und wird für Produktmärkte ebenso erstrebt wie für Komponenten.

Leitbild Japan

In Zeiten des Abschwungs entdecken hierzulande Unternehmen die Bedeutung ihrer Kunden. Genauso wichtig ist die ökologische Dimension: während Materialwirtschaft und Produktionsprozesse betriebswirtschaftlich nach japanischem Vorbild optimiert wurden, bleiben Umweltaspekte für mich im Konzept der Lean Production unterbelichtet. Der Abbau von Verschwendung und unsere ökologische Erneuerung der Industriegesellschaft beginnt im Betrieb. Notwendig ist im Vergleich mehr Raum für Ideen, zum Beispiel im Rahmen von Gruppengesprächen und Verbesserungsvorschlägen auch zu den Themen Stoffkreisläufe und Folgewirkungen der Produkte. Während man in Japan auf diese Herausforderung schon vor langer Zeit reagierte, waren in Europa bis vor kurzem ökologische Massnahmen die Ausnahme (noch heute hat Brüssel keine Kläranlage). Die Umwelt, historisch als Feind betrachtet, wird nur bedeutsam, wenn sie unterzugehen droht. Der Mensch muss gegen die Natur kämpfen, sie besiegen. So sind zum Beispiel die europäischen Gärten geometrisch angelegt – wohlgeordnet, geradlinig, übersichtlich. Die japanische Methode versucht hingegen, die Essenz der Natur darzustellen: auf kleinem Raum wird die Schönheit und Harmonie des Ganzen gestaltet. Jeder Baum, jeder Strauch, jeder Teich ist anders und doch vollkommen – die Sammlung individueller Perfektion schafft Harmonie und Schönheit. Der Widersinn zwischen Mensch und Umgebung, zwischen Technik und Natur, zwischen Mensch und Gesellschaft wird in Japan nicht so empfunden, wie in Europa. Weder will man die Natur zerstören, noch sehnt man sich nach einem Nirwana in Feld und Wald. Man sieht die ewige Wiederkehr der Jahreszeiten, das jährliche Blühen und Vergehen der Kirschblüten, die Harmonie zwischen sich und der Welt. Für die japanische Gesellschaft ist technischer und wirtschaftlicher Fortschritt deshalb nicht so gefährlich, schädlich oder bedrohend. Während in Japan schon Grundschulklassen zu technischen Ausstellungen strömen und Kinder eine positive Einstellung zu (MINT-)Technologien haben, wachsen Jugendliche in Deutschland mit Angst und Sorge vor technologischem Fortschritt und Mathematik heran.

Verbesserung in allen Abteilungen

Unerwartet ist das zur Zeit am häufigsten verwendete Adjektiv von Unternehmensführern, wenn sie die Geschäftsentwicklung der letzten Monate charakterisieren. Dazu gehört die Beseitigung der überlebten Unterscheidung von Arbeitern und Angestellten, sowie eine Gehaltsspreizung vom Arbeiter bis zum Vorstand, die eher bei einem Verhältnis 1 zu 8, als bei 1 zu 20 wie in Deutschland liegt. In beiden Fällen separat zu den zusätzlichen Executive Perks, die Golfmitgliedschaften, Gratisaktien und Dienstwagen mit Chauffeur einschliessen. Hier könnten wir in der Tat von Japan lernen. Es geht, kurz gesagt, um eine Reorganisation der Machtverteilung im Betrieb. Vielen Amtsinhabern und Verbandsjuristen geht dieser Vergleichs-Aspekt und demokratischer Gedanke (noch) zu weit. Wer beklagt, dass das Interesse der eigenen Mitarbeiter als

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Schatzwart im Tennisklub oder Fussballverein, als Mitarbeiter im Naturschutzbund oder in der Bürgerinitiative grösser ist als im Betrieb, der muss auch den Raum dafür schaffen. Mal sind es sonst die Löhne und Arbeitszeiten, mal Qualitätszirkel, dann Just-in-time oder die niedrige Fertigungstiefe, Kaizen oder Lean Production, die Nippons Durchmarsch auf den Weltmärkten erklären. Deshalb bin ich der Auffassung, dass der einzelwirtschaftliche Ansatz in eine gesamtwirtschaftliche Reformperspektive eingebettet werden muss. Neben High-Tech (Industrie4.0) bitte auch High-Org (Arbeiten4.0) als Qualified in Germany nachahmen. Denn in weiten Bereichen der Schlüsseltechnologien sind die Innovationszyklen bereits heute kürzer als die Ausbildungsdauer für entsprechend qualifizierte Mitarbeiter.

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Markus Strehlitz: Aus der persönlichen Sicht eines Journalisten

Veröffentlicht am 04. Februar 2016 auf Texstr.de

Warum bin ich Journalist geworden? Von Zeit zu Zeit stelle ich mir diese Frage – so wie sich wohl viele ab und zu überlegen, warum sie tun, was sie tun. Die Frage kommt mir auch in den Sinn, wenn ich über die Zukunft der Arbeit nachdenke. Die Antwort lautet: Ich bin Journalist geworden, weil ich sehr gerne schreibe. Und weil es aufregend ist, neue Dinge über das Leben und den ganzen Rest zu erfahren. Was ich mir für die Zukunft wünsche, ist, viel mehr Zeit genau damit zu verbringen. Spannenden Themen hinterherzurecherchieren, mit interessanten Menschen zu sprechen und möglichst viele Texte darüber zu schreiben.

In der Gegenwart kommen dazu allerdings viele andere Tätigkeiten, auf die ich gerne verzichten würde. Interviews abtippen zum Beispiel.

Ein Gespräch kann noch so spannend gewesen sein. Die Aufnahme anzuhören und den Dialog niederzuschreiben, schiebe ich mit der gleichen Konsequenz hinaus wie eine Wurzelbehandlung beim Zahnarzt. Erst wenn die Zahnschmerzen unerträglich werden oder die Deadline für die Interviewabgabe dicht vor der Tür steht, mache ich mich an das Unvermeidbare. Studien oder andere Materialien nach verwertbaren Informationen zu durchforsten, ist eine andere Tätigkeit, mit der ich viel Zeit verbringe. Hinzu kommen Verwaltungsaufgaben, die ebenfalls aufwändig sind, aber getan werden müssen. Die Steuererklärung ist für mich fast noch schlimmer als eine Wurzelbehandlung.

Wenn ich mir einen mit künstlicher Intelligenz ausgestatteten digitalen Assistenten wünschen könnte, dann sollte er genau diese Jobs für mich erledigen. Vielleicht könnte er sogar per Sprachtechnologie die PR-Agenturen abwimmeln, die mich anrufen, um zu fragen, ob ich ihre Pressemeldung bekommen habe. Dann hätte ich viel mehr Zeit, die Dinge zu tun, derentwegen ich Journalist geworden bin.

Ein elektronischer Assistent könnte die Aufgaben wahrscheinlich auch besser erledigen als ich selbst. Beim Thema Verwaltung ist das nicht schwierig. Kaum jemand ist so ungeeignet für das Ausfüllen von Steuerunterlagen wie ich. Aber wie oft habe ich mich schon bei der Arbeit an einem neuen Artikel gefragt: Zu dem Thema habe ich doch gerade vor kurzem noch etwas gelesen? Kam da nicht irgendwann eine Pressemeldung rein? Oder: Habe ich darüber nicht am Rande schon mal mit einem Experten gesprochen? Welches Interview könnte das gewesen sein und wo finde ich es?

Im Netz und sogar auf meinem Rechner liegen so viele Informationen, die ich nicht entdecke, wenn ich sie am nötigsten brauche. Und Maschinen sind unbestritten besser als Menschen darin, Datenhaufen zu durchwühlen und die darin versteckten Informationen zu finden.

Software kann mittlerweile sogar Artikel schreiben. Vor einiger Zeit habe ich einen Blogbeitrag dazu verfasst, dass Programme auch den Job von Journalisten übernehmen könnten und welche Vorteile dies unter Umständen bringen würde. Der Beitrag war zwar nicht ganz ernst gemeint. Aber eine Schreib-Software könnte durchaus nützlich sein. Bisher werden solche Programme eher für sehr strukturierte, formelhafte Artikel

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verwendet wie zum Beispiel Sportberichte oder Produktmeldungen. Solche Textformen lassen Journalisten nicht gerade vor Freude in die Tasten hämmern. Es gibt deutlich interessantere Schreibtätigkeiten, die mehr Kreativität verlangen. Wenn mir eine Software eine solche Arbeit abnimmt, bin ich ihr nicht böse.

Vielleicht zeigt das auch, dass man keine Angst vor der Zukunft haben muss. Computer können uns trotz künstlicher Intelligenz nicht komplett ersetzen. Kreativität zeichnet den Menschen aus und unterscheidet ihn von der Maschine. Auch echte – und keine simulierte – Empathie ist eine Eigenschaft, die Lebewesen vorbehalten ist.

Das sind die Dinge, auf die wir uns konzentrieren können, wenn uns kognitive Systeme in Zukunft viele unserer bisherigen Aufgaben abnehmen. Ein Journalist kann sich dann vielleicht auf bessere Texte und spannendere Geschichte konzentrieren, ein Arzt kann länger mit seinen Patienten sprechen und Lehrer besser auf ihre Schüler eingehen. Rosarot wird die Zukunft der Arbeit wohl trotzdem nicht werden. Die Maschinen werden viele Arbeitsplätze vernichten – auch in den Büros. Bisher macht noch meine Steuerberaterin die Erklärung fürs Finanzamt. Das könnte sich irgendwann ändern. Es ist auch unwahrscheinlich, dass die neuen Technologien genauso viele neue Jobs schaffen wie sie zerstören.

Weder schwarz noch rosarot - die Zukunft bleibt wohl vor allem unvorhersehbar. Doch sie wird genug Stoff liefern für viele lange, gut recherchierte Artikel. Und möglicherweise habe ich irgendwann auch Zeit, sie alle zu schreiben.

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Joachim Heydecker: Watson spielerisch kennenlernen

Veröffentlicht am 6. Februar 2016 auf Haydecker.de

Bin nun wieder zwei Tage zurück aus Orlando und arbeite mich durch meine Notizen von der IBM Connect Konferenz durch. Während ich hier so sitze und meinen Artikel für die Konferenz überarbeite ploppt bei Facebook die Anfrage hoch, ob die Blogparade von Stefan Pfeifer noch läuft: „Watson, übernehmen Sie?! Auf kognitive Funktionen kann nicht verzichtet werden“

Stefan hat aufgerufen, dass man sich Gedanken über die Zukunft macht, die uns die neue Welt mit dem IBM Watson mit sich bringt. Analytics, Cognitive Computing und viele neue Begriffe, die noch schwer verdaulich uns die immer „schlauer“ werdenden Computer der Zukunft oder in vielen Bereichen schon der Gegenwart näher bringen sollen.

Mein Blogbeitrag ist ein Wunsch an die IBM.

Ich habe so viele tolle Entwicklungen auf der Konferenz gesehen, dass ich daraus gerne eine Wunsch an die IBM formulieren möchte. Lasst bitte euren Designer und den Entwicklern mal freien Lauf und entwickelt eine Seite, auf der Kinder die neue Welt von Social, Web-Experience und natürlich Watson erleben dürfen.

Mein erster Vortrag auf der Konferenz war von John Jardin. John entwickelte live eine kleine Anwendung auf Basis von XPages, nodes.js und Node-RED. Dazu mixte er noch ein wenig Twitter und Watson. Heraus kam eine Anwendung, die bestimmte Tweets von Twitter herausfilterte, diese an den Watson Translater übergab und in einer XPage dargestellt wurde. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen: Die Tweets der Teilnehmer wurde live ins spanische übersetzt und live auf einer eigenen Website angezeigt.

An einer anderen Stelle hatte ich Gelegenheit mich mit einer Mitarbeiterin der Firma VideoBio zu unterhalten. Sie bieten einen Service für HR Abteilungen an. Firmen können ihren potentiellen Bewerbern Fragen schicken, die diese per Webcam aufzeichnen. Watson transkribiert das Video und wertet die Inhalte aus. Die Personalentscheider erhalten das Video, den übertragenen Text und eine qualifizierte Auswertung über den Inhalt. (Details bitte direkt bei der Firma nachfragen).

Kinder haben Fragen und Watson die Antworten

Da bin ich mir sicher. Die beiden genannten Beispiele spuken mir die ganze Zeit im Kopf umher. Ich würde mir wünschen, wenn IBM folgendes Projekt starten würde:

Kinder erhalten eine Oberfläche (mir gefällt das neue Design der Connections Homepage mit ihrer Card-Optik sehr gut), auf der sie sich selber für eine Aufgabenstellung aus der Schule eine Seite aufbauen können.

Hinter den Karten werden verschiedene Aufgabenstellungen, Angebote und so weiter hinterlegt.

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Zum Einstieg: Social Bookmarking Alter Hut, aber mit einer integrierten Übersetzungsfunktion und einem Kinderschutzfilter sehr hilfreich. Keine aufwendigen Whitelists mehr, sondern Watson hilft, was zulässig ist und was nicht. (kann der sicher!) Erstellung kleiner Anwendungen Scratch vom MIT ist eine spannende und sehr lehrreiche Anwendung, mit der Kinder programmieren lernen können. Ähnliches ermöglicht Node-RED (vielleicht) auch. Warum nicht hier ein Angebot für Kinder und Jugendliche entwickeln, die auf die vielen verfügbaren Services zugreifen und zum Beispiel „Lernprozesse“ entwickeln und abbilden. eine geschützte Collaboration Plattform Verschiedene, internationale Schulen schließen sich zusammen und arbeiten gemeinsam an Themen. Ein geschützter Raum in dem Kinder per Video Chat, den „schlauen“ Möglichkeiten von Watson und den Collaboration-Fähigkeiten von Connections kommunizieren und lernen können. Dann müsste nur jemand sich auf die Suche nach Lehrern machen, die das auf sich nehmen. Watson hilft wo er kann! Watson hilft den Kindern Schritt für Schritt die richtigen Fragen zu formulieren, um an die besten Ergebnisse zu kommen. Dazu IBM Docs, Webconferencing, Aufgaben und Terminplanung und und und.

Das ist alles sehr vage. Aber IBM hat alles, damit Kinder in der Schule mit ganz neuen Möglichkeiten lernen und arbeiten können. Fremde Sprachen verlieren ihren Schrecken. Da alles im Browser läuft oder mobil verfügbar ist, sind die Anforderungen an verfügbare Rechner gering.

IBM könnte in einer Umgebung für Kinder zeigen was sie können. Und ebenso wie in der Welt der Clowns gilt auch hier das Motto: Machst du was für Kinder, musst du richtig gut sein.

Lernen mit Watson!

Lernen in Netzwerken

Gemeinsam lernen in Netzwerken mit Profiwerkzeugen – ein Traum. Bereits seit über 20 Jahren mein Thema an der Uni (als Student und als derjenige, der viele Jahre neue Lernkonzepte für die universitäre Ausbildung entwickelt hat) und heute immer noch ab und an in Schulen.

Ich würde sehr gerne mal mit den Design Thinkern der IBM und interessierten Personen – Eltern, Kinder, Lehrer, mal einen Workshop durchführen. Ich bin mir sehr sicher, dass hier eine sehr spielerische, bunte, kreative und moderne Lernumgebung für Kinder herauskommen würde.

Sie würde den Kindern die Zukunft nahe bringen.

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Nora Schunert: Wenn Watson übernimmt Kognitive Technologie als kreativer Kollege?

Veröffentlicht am 11. Februar 2016 auf BusinessHeute.de

Watson, das „intelligente“ System der IBM, ist nicht nur schlau genug, unstrukturierte Daten zu verstehen, daraus zu lernen und einen Sinn darin zu erkennen – es ist sogar ein kleiner Maestro. Laut eigener Aussage in einem Gespräch mit Bob Dylan kann Watson nämlich singen. Eine kreative Leistung? Eher nicht, wenn man voraussetzt, dass sich das „du bi bop du bi du bi du“ exakt so in der Vielzahl von Liedtexten findet, die das Programm analysiert hat oder auf Algorithmen und Daten basiert, mit denen es vorab gefüttert wurde.

Was wäre aber, wenn Watson nicht nur unglaublich gut darin wäre, Daten zu analysieren? Schließlich ist das Programm in der Lage, dazuzulernen. Was also, wenn es nicht „nur“ Informationen neu verknüpfen könnte, sondern kreativ, schöpferisch und – vor allem – originell wäre? Würden dann alle Wissensarbeiter, Forscher und Kreative obsolet? Dr. John E Kelly III, Senior Vice President Solutions Portfolio and Research bei IBM, entwarnt. Ihm zufolge können kognitive Systeme zwar einen Sinn erkennen in 80 Prozent der Daten, die unstrukturiert vorliegen. Dies befähigt sie, mit den vielzähligen, komplexen und unvorhersehbaren Informationen und Zusammenhängen der modernen Welt Schritt zu halten. Doch daraus folgt keineswegs Empfindungsvermögen oder Autonomie seitens der Maschinen. Vielmehr stärkt es die menschliche Fähigkeit, die Komplexität unserer Gesellschaft zu verstehen und entsprechend zu handeln.1

Kreativität – die letzte Grenze? Nun gibt es bereits malende, komponierende 2 oder auch schreibende3 Computer. Ob es sich dabei um echte, eigenständig kreative Leistungen seitens der Maschinen handelt oder vielmehr um die ihrer Programmierer, wird diskutiert. Fakt ist: Programme und Roboter führen Tätigkeiten aus, denen eine vermeintlich zutiefst menschliche Komponente eigen ist - Kreativität. Ihr Erfolg dabei ist Ansichtssache. Während Skeptiker meinen, das schöpferische Potenzial liegt bei den Entwicklern der Programme, entgegnen andere, die Kreativität liegt im Auge (oder Ohr) des Betrachters. Wird das Produkt – ob Bild oder Musik – als kreativ wahrgenommen, dann ist es das auch. Eine philosophische Diskussion, die mit dem Arbeitsalltag der meisten nur wenig zu tun hat. Redakteure und Journalisten sind zum Teil jedoch direkt betroffen. Wenn Computer beispielsweise faktische Fußballspielberichte texten oder Geschäftsstatistiken in einem Artikel zusammenfassen. Für manchen ein Grund zur Sorge, für andere die Chance, sich den anspruchsvolleren Aufgaben zu widmen, meint Dr. Holger Schmidt.4

Watson, das kognitive Helferlein

Watson als digitaler Assistent, der auf intelligente Weise den E-Mail-Posteingang sortiert, priorisiert und Antworten sowie Folgeaktionen vorschlägt, wäre sicher eine Bereicherung für so manchen Büroalltag. Als Teil von Social-Collaboration-Lösungen hält er einem doch den Rücken frei, reagiert schnell auf zeitkritische Anfragen und kann obendrein aus all dem Datenmüll die Infos herausfiltern, die tatsächlich relevant sind. Sprich: Er schafft Zeit für die Aufgaben abseits der Routine; die Aufgaben, welche die Problemlöser, Tüftler und Über-den-Tellerrand-Hinausschauer motivieren, jeden Tag den Weg ins (Home-)Office anzutreten.

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Norbert Dietrich: Chancen und Risiken von Cognitive Computing in der Arbeitswelt der Kommunikation

Veröffentlicht am 25. Februar 2016 auf NetPress.de

Die Entwicklung im Bereich IT und Kommunikation hat in den letzten 20 Jahren vor allem gezeigt, dass jede technologische Innovation fast immer ein ganzes Füllhorn gewollter und ungewollter Anwendungsmöglichkeiten mit sich bringt. Nach der Unabhängigkeit von Zeit und Ort wurde Kommunikation z. B. durch das Smartphone auch noch ortsunabhängig – sofern es Netzqualität und WLAN zulassen. Diese Entwicklung hat der Kommunikation derartig viele Möglichkeiten eröffnet, dass Marketingkonzepte mittlerweile alle Ebenen eines Unternehmens nachhaltig beeinflussen.

Wenn wir versuchen, kreative Prozesse zu computerisieren, werden wir auf manchen Ebenen eigene kreative Fähigkeiten vernachlässigen. Aktuell sich anbahnendes Beispiel: Menschen verlernen Handschrift, weil sie nur noch mit Tastatur schreiben.

Cognitive Computing und Kreativität

Was verstehen wir unter Cognitive? Kognition beschreibt das Denken im allgemeinen Sinne. Darüber hinaus besteht eine Vielzahl tiefergehender Definitionen. Aber nehmen wir das, was Konsens ist: Daten können erfasst und zu sinnvollen Informationen umgewandelt werden. Der Vorteil computergestützter Technologie hierbei: es geht alles viel schneller als in unseren Köpfen. Kreativität setzt aber erst hernach ein. Was also hat Cognitive Computing mit Kreativität zu tun? Nach dem derzeitigen Stand der Technik in der Umsetzung nicht viel. Trotzdem ist allein der Faktor Geschwindigkeit in Zeiten der Echtzeit-Kommunikation wichtig.

Logische Schlussfolgerung: Arbeitsbereiche, Prozesse, Workflows, die auf eine erhöhte Flexibilität setzen, auf bessere Anpassungsfähigkeit, können durch den Einsatz von Cognitive Computing gewinnen.

Agiles Marketing gehört zu den Profiteuren

Agiles Marketing unterscheidet sich von anderen Marketingformen in zwei wesentlichen Punkten:

Agiles Marketing präferiert keine speziellen Marketingformate, Kommunikationskanäle oder Angebotsbranchen.

Agiles Marketing umfasst nicht nur Konzept, Strategie und Umsetzung, sondern auch Unternehmensstrukturen und Prozesse bei den ausführenden Dienstleistern.

Es beschreibt die Fähigkeit, auf allen Ebenen einer Konzeption während der Kampagnen-Laufzeit auf Zielgruppen reagieren zu können. Allerdings müssen Strukturen und Workflows bei allen beteiligten Dienstleistern sowie dem Auftraggeber danach ausgerichtet sein. Zu den zentralen Voraussetzungen für gewinnbringendes Cognitive Computing zählt beim Agile Marketing die Trennung von Hierarchie und Entscheidungskompetenz.

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Cognitive Computing = Tools

Für agiles Projektmanagement gibt es bereits eine ganze Reihe sinnvoller Tools: Trello, Asana, Workfront oder Kanbantool. Eine der größten Gefahren für ein systembedingtes Scheitern von agilem Marketing liegt darin, dass die gewählten Projektmanagement-Tools das gesamte Spektrum der Tätigkeiten der Projekte vollständig abdecken müssen. Lücken im Projektmanagement bremsen schnell den gesamten Workflow, gesamte Kampagnen aus.

Hier liegt die latente Gefahr: im Prinzip setzt man auf gezielte Wissenslücken. Das ist per sé nicht schlimm. Nur weil ich einen Führerschein habe, heißt das nicht, dass ich auch Automechaniker sein muss. Wenn ein digitales Tool schneller Daten auswerten kann als das menschliche Gehirn ist die „agile Konsequenz“: lass es das Tool machen. Kontrolliere es, übernimm die Verantwortung für die Anwendung der ermittelten Ergebnisse!

Das Risiko von Cognitive Computing ist wie das Risiko bei allen Aspekten der Digitalen Transformation: wer sich damit nicht oder zu leichtfüßig beschäftigt, gewährt der Konkurrenz einen Vorsprung, ohne dass sie selbst dafür etwas tun muss. Die Chance ist wie das Risiko – nur positiv formuliert.

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Marianne Kühne: Versichern heißt verstehen – wie künstliche Intelligenz die Versicherungswirtschaft entscheidend verändert

Veröffentlicht am 26. Februar 2016 auf Versicherungsforen.net

Im letzten Jahr erzielte die verfilmte Lebensgeschichte des Mathematikers Alan Turing „The Imitation Game“ acht Oskar Nominierungen. Alan Turing war der führende Kopf bei der Entschlüsselung der deutschen Chiffremaschine „Enigma“ und leistete einen entscheidenden Beitrag zum Verlauf des zweiten Weltkriegs. Der Mathematiker erhielt allerdings erst nach seinem Tod weltweite Anerkennung aufgrund seiner lange Zeit unter Geheimhaltung erbrachten Verdienste. Zu Lebzeiten erlangte er traurige Bekanntheit durch seine Anklage wegen Homosexualität, der anschließenden Zwangshormonbehandlung und dem frühen Selbstmord mit nicht einmal 42 Jahren.

Spreche ich mit Mensch oder Maschine?

Wesentlich für seinen kriegsentscheidenden Beitrag bei der Lösung des Enigma-Codes, war seine Annahme, dass Denken im Grunde die Verarbeitung von Informationen ist, es sich also im Prinzip um einen Rechenvorgang handelt. Das Gehirn selbst steht dabei nicht im Mittelpunkt. Dieser Gedanke stellt eine der grundlegenden Thesen für das noch recht junge Forschungsgebiet der künstlichen Intelligenz dar. Im Mittelpunkt dieser Forschungsrichtung steht das menschliche Denken und der Versuch, die Wahrnehmung und die Handlungen des Menschen durch Maschinen nachzubilden.

Bereits in den 60er Jahren hat sich Turing mit der Frage beschäftigt, wann ein Computer als intelligent gilt. Er entwickelte einen inzwischen anerkannten und nach ihm benannten Test als Messwerkzeug. Dazu kommuniziert eine Person mit einem anderen Wesen – ohne Sicht und Hörkontakt und ohne zu wissen, ob es sich um einen lebendigen Menschen oder eine Maschine handelt. Gelingt es der Maschine bspw. über ein Chatprogramm den Nutzer davon zu überzeugen, ein Mensch zu sein, bzw. ist der Tester nicht in der Lage, mit Bestimmtheit zu sagen, was sein Gegenüber ist, hat die Maschine die Prüfung bestanden und kann als intelligent bezeichnet werden.

Die Kommunikation mit intelligenten Maschinen ist heute weder ein entferntes Zukunftsthema noch eine seltene Testversion. Vielmehr werden sich auch zukünftig unzählige Kunden der Herausforderung stellen, herauszufinden, ob ihr Gegenüber ein Mensch oder eine Maschine ist. Beispielsweise wenn sie mit einem wichtigen Anliegen über die Onlinechatfunktion an ihren Versicherer herantreten. Die Frage nach dem Deckungsumfang der Hausratversicherung wird zukünftig durch künstliche Intelligenzen deutlich schneller, günstiger und bestenfalls frei von menschlichen Irrtümern beantwortet. Dabei kommunizieren kognitive Systeme selbstständig mit den Nutzern in deren Sprache und stimmen die Antworten auf die individuellen Anforderungen des Kunden ab. Intelligente Software ist in der Lage, aus den Erfahrungen zurückliegender Interaktionen zu lernen und kann sogar komplexe Probleme lösen. Die Interaktion mit Menschen kann durch die denkenden Systeme unterstützt oder sogar vollständig übernommen werden.

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Ironie setzt Intelligenz beim Empfänger voraus

Dass es sich dabei nicht mehr um Zukunftsmusik handelt, beweist die Versicherungskammer Bayern. Um Beschwerden ihrer Kunden besser erkennen zu können, arbeitet die Versicherung mit IBM und der Hochschule für angewandte Wissenschaften in München zusammen und ließ unzählige Beschwerden durch einen Supercomputer auf Schlagworte analysieren und deren Zusammenhang untersuchen. Die ersten Ergebnisse dienten dazu, das Programm weiterzuentwickeln. Inzwischen ist es sogar in der Lage, Ironie zu erkennen. Immer dann, wenn einem Lob unmittelbar eine Beschwerde folgt, schlussfolgert der Computer, dass der Kunde indirekt seinen Spott zum Ausdruck bringt.

Das kognitive System kann Beschwerden erkennen und ordnet diese selbstständig verschiedenen Kategorien zu. Bei über sieben Millionen Kundenschreiben und -mails im Jahr liegt der Vorteil für die Versicherungskammer Bayern in der schnellen Auslese und Zuordnung zum entsprechenden Sachbearbeiter, der zielgenaueren Kundenansprache und der Kostensenkung. Die Analyse von eingehenden Anschreiben stellt nur ein Einsatzgebiet dar, zeigt exemplarisch aber, wie sehr sich die Arbeitsaufgaben innerhalb einer Versicherung verändern können. Schon heute werden viele Aufgaben automatisch durch Prozessautomatisierungen erledigt. In der Branche spricht man aufgrund des fehlenden menschlichen Zutuns von Dunkelverarbeitung. Der Einsatz künstlicher Intelligenz wird zukünftig viele weitere Routinetätigkeiten aus dem Arbeitsalltag von Sachbearbeitern verschwinden lassen und langfristig auch unzählige Sachbearbeiterstellen. Die große Umwälzung greift besonders bei Arbeitsplätzen, die ausschließlich Daten verarbeiten, denn Systeme lernen und erkennen Dinge, die bisher nur das menschliche Gehirn verarbeiten konnte.

Neben der Antrags- und Vertragsbearbeitung sowie dem Kundenservice muss ebenfalls die Versicherungs- und Finanzberatung zukünftig – nicht nur durch Computer – neu gedacht werden. Kognitive Systeme helfen beim Aufdecken neuer Zusammenhänge. Sie durchkämmen große Datenmengen und entdecken dabei Verknüpfungen und können diese in Bezug zu Kunden und Risiken setzen. Der Bedarf des Kunden wird durch die intelligente Auswertung von Big Data ermittelt und im gleichen Atemzug der notwendige Versicherungsschutz berechnet. In zwei Jahren soll bereits die Hälfte aller Kunden regelmäßig intelligente Systeme nutzen, glaubt man dem Marktforschungsunternehmen IDC. Dadurch könnten unzählige Berater überflüssig werden, auch wenn aktuell noch der persönliche Kontakt und das Vertrauensverhältnis von entscheidender Bedeutung sind. Es ist davon auszugehen, dass der Kunde einem intelligenten System, das Millionen Produkte überblickt, unzählige Parameter in den Vergleich einbezieht und Daten rund um den Anwender auswertet, zukünftig ein größeres Vertrauen entgegenbringt als dem Versicherungsvermittler, der ohnehin mit einem schlechten Branchenimage kämpft. Bereits jetzt haben sich viele Fintechs mit Begeisterung auf den Bereich des „Robo Advising“ gestürzt und erstellen aufgrund von Algorithmen eine kostengünstige und nutzerfreundliche Anlagestrategie für ihre Kunden. Es scheint, dass dem technologischen Fortschritt nur noch die gesellschaftliche Akzeptanz folgen muss.

Dass die Arbeitswelt sich verändern wird, ist nicht zu bestreiten, fraglich bleibt nur wie. Entscheidender Faktor wird sein, wie flexibel sich der Mensch auf neue Aufgaben einstellt und wie gut er mit Robotern zusammenarbeitet. Außerdem hängt der Erfolg von der Qualifikation der Mitarbeiter ab. „Wir brauchen mehr Mitarbeiter mit Zugang zur Welt der Algorithmen“, fordert Volker Deville von der Allianz und bemerkt im gleichen Atemzug, dass der große Sprung der technischen Entwicklung noch bevor steht.

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Frank Hamm: Kognitive Systeme – Reden wir doch gleich über Künstliche Intelligenz

Veröffentlicht am 1. März 2016 auf injelea-blog.de

Stefan Pfeiffer ruft zur Blogparade SchlauerArbeiten über kognitive Funktionen auf. Doch es geht nicht um kognitive Systeme, es geht um Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Menschheit.

Die Geschichte der Arbeit ist diejenige ihrer Automatisierung. Sie hat viele Phasen durchlaufen, von der Industrialisierung bis hin zur Automatisierung und Digitalisierung auch für die „White Collar“, die Büroarbeiter. Nun scheinen wir vor einer neuen Ära zu stehen, die wir nur aus Science Fiction-Serien zu kennen glaubten.

(#SchlauerArbeiten #Blogparade: Auf kognitive Funktionen kann nicht verzichtet werden oder auch [DE] Watson, übernehmen Sie?! Auf kognitive Funktionen kann nicht verzichtet werden – #SchlauerArbeiten #Blogparade)

Stefan möchte wissen, ob kognitive Technologien unsere Arbeitswelt beeinflussen und verändern – oder nicht:

Wo liegen die Chancen, wo die Risiken? Wo und für welche Tätigkeiten würdet Ihr gerne intelligente Systeme als Hilfe haben, die Eure Arbeit erleichtern? Wollt Ihr den kognitiven Assistenten, der bei der Arbeit hilft? Wie wird sich die Arbeitswelt durch Systeme der künstlichen Intelligenz verändern?

Praktisch orientiert bedeutet das für mich zunächst die Unterstützung bei so lästigen Dingen wie Termine vereinbaren, Besprechungen organisieren, Tickets kaufen. Also das „überflüssige“ Zeugs, das für ein reibungsloses Funktionieren eines Wissensarbeiter zwar unabdingbar ist, das aber die Produktivität rapide sinken lässt. Es scheint also lediglich um einen virtuellen Assistenten, einen Knecht, zu gehen, der den Wissensarbeiter entlastet (wie in „Menial Tasks Eat Up the Majority of the Workday for Most Employees“ beschrieben).

Zunächst zumindest.

In diesem Beitrag [zeigen]

Kognitive Systeme

Doch was sind kognitive Funktionen, kognitive Systeme und … hoppla … Systeme der künstlichen Intelligenz, wovon Stefan da schreibt? Was zeichnet sie aus? Ich begebe mich auf die Suche, und zu Beginn der Spurensuche muss ich an „IBM Watson“ denken, der 2011 für Furore sorgte, als Watson erstmals zwei menschliche Gegner in Jeopardy besiegte.

Kognitive Systeme wie Watson können die Art und Weise verändern, wie Unternehmen künftig denken, handeln und arbeiten werden. Diese Systeme lernen durch Interaktionen und liefern so evidenzbasierte Antworten, die für bessere Ergebnisse sorgen.

(IBM – Watson – Deutschland)

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Watson soll also lernen und Antworten liefern. Watson ist benannt nach einem ehemaligen Vorstand von IBM. Ein Vorstand als Assistent? Mir jedoch kommt immer jener Dr. Watson in den Sinn, der ein selbstständig handelnder Mensch ist, der im Gegensatz zu einem „lapidaren“ Assistenten auch in komplexen Situationen mit einem Partner analysiert und Schlüsse zieht. Und so ist es denn auch zukünftig so zu sehen, dass es nicht nur um Handlanger-Systeme sondern um komplexe interagierende Systeme geht.

Cognitive computing (CC) makes a new class of problems computable. It addresses complex situations that are characterized by ambiguity and uncertainty; in other words it handles human kinds of problems. In these dynamic, information-rich, and shifting situations, data tends to change frequently, and it is often conflicting. The goals of users evolve as they learn more and redefine their objectives. To respond to the fluid nature of users’ understanding of their problems, the cognitive computing system offers a synthesis not just of information sources but of influences, contexts, and insights. To do this, systems often need to weigh conflicting evidence and suggest an answer that is “best” rather than “right”.

IBM uses cognitive computing to describe “systems that learn at scale, reason with purpose and interact with humans naturally.”[1] “Cognitive systems are probabilistic. They generate not just answers to numerical problems, but hypotheses, reasoned arguments and recommendations about more complex — and meaningful — bodies of data.”

(Cognitive computing. (2016, February 18). In Wikipedia, The Free Encyclopedia. Retrieved 15:14, February 25, 2016)

Auf der Seite „Kognitive Systeme und Mensch-Maschine-Interaktion“ der Universität Ulm lerne ich dann auch,

… dass technische Systeme der Zukunft Companion-Systeme sind – kognitive technische Systeme, die ihre Funktionalität vollkommen individuell auf den jeweiligen Nutzer abstimmen: Sie orientieren sich an seinen Fähigkeiten, Vorlieben, Anforderungen und aktuellen Bedürfnissen und stellen sich auf seine Situation und emotionale Befindlichkeit ein. Dabei wirken sie stets verfügbar, kooperativ und vertrauenswürdig und treten ihrem Nutzer als kompetente und partnerschaftliche Dienstleister gegenüber.

„Companion“, das klingt in der Tat ganz anders als ein eher unwichtiger und beliebiger Handlanger. Companion, das ist je nach Übersetzung Begleiter, Gefährte, Kamerad, Begleitperson, Genosse, Weggefährte. Ein Companion ist ein Gleichgestellter, der uns in mancher Beziehung vielleicht sogar überlegen ist. Denn ein Companion kann in der „kognitiven Ära“

… Dinge tun, die bisher unmöglich waren: Hindernisse überwinden, die uns lange aufgehalten haben. Krankheiten erkennen, bevor der Patient die ersten Symptome zeigt. Trends voraussagen, bevor sie sich abzeichnen. Fragen beantworten, bevor sie gestellt werden.

(IBM Outthink – Cognitive Business mit Watson)

Und mit dem „Doktor“ Watson liege ich auch gar nicht so verkehrt („IBM Watson Health„). Und – natürlich – leistet IBM Watson

… in den verschiedensten Branchen wertvolle Dienste. Watson ist dafür gebaut, zu verstehen, zu bewerten, zu lernen – man könnte sagen: zu denken.

Jetzt fällt endlich dieses Wort: Watson „denkt“ (früher oder später). Bleibt er dabei ein schnödes Computersystem wie ein Geist in der Flasche, mit dem wir uns unterhalten können, und der uns wichtige Informationen aufbereitet? IBM bleibt nicht beim „Denken“ stehen sondern verbindet die Welt der kognitiven Systeme mit dem wirklichen (physischen) Leben durch „Watson Internet of Things“ (What is Watson IOT):

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Watson IoT is a set of capabilities that learn from, and infuse intelligence into, the physical world. The Internet of Things-generated data is growing twice as fast as social and computer-generated data, and it is extremely varied, noisy, time-sensitive and often confidential. Complexity grows as billions of devices interact in a moving world. This presents a growing challenge that will test the limits of programmable computing. Cognitive IoT is our best opportunity to fully exploit this resource.

Cognitive IoT lernt von Erfahrungen mit der Umwelt und Interaktionen mit Menschen. Cognitive IoT lernt, um unsere (eines Menschen) Ziele zu verstehen, um dann relevante Daten zu integrieren und zu analysieren und um uns bei Erreichen unserer Ziele zu helfen. Es bleibt nicht beim „dumpfen“ Wiederkäuen, Verwerten und Anwenden von vorhandenem Wissen, um uns ein bisschen die Fleißarbeit abzunehmen. Von Dr. Robert Freund lerne ich, dass es um viel, viel mehr geht:

In meiner Special Keynote habe ich aufzeigen können, dass die Möglichkeiten von Cognitive Computing viele Bereiche des Innovationssystems positiv beeinflussen können. Neben einzelnen Aspekten wie Design Thinking, Trendreport usw. ist für Unternehmen auch interessant, dass mit Hilfe von Cognitive Computing auch neue, innovative Geschäftsmodelle entwickelt werden können.

(Wie kann die „kognitive Ära“ für Innovationen genutzt werden?)

Ein ausgereiftes kognitives System denkt. Ein von Menschen erzeugtes kognitives System ist nichts anderes als eine künstliche Intelligenz mit den folgenden Funktionen:

Daten mit Sensoren erfassen, auswerten, bewerten, weitergeben.

Aus Daten Informationen und daraus kontextorientiert Wissen schaffen

Interagieren mit anderen Systemen (physisch oder nicht-physisch), inklusive sozialer Interaktion unterhalb einer „Zweck-Schwelle“ im Rahmen einer Netzwerkbildung.

Neues schaffen, kreativ sein.

Ich halte fest:

Ein kognitives System greift auf viele Quellen und Daten zu, kombiniert diese Daten, macht daraus Informationen, filtert und bewertet diese Informationen aus dem jeweiligen Kontext heraus, interagiert mit anderen Systemen (wie beispielsweise einem Mensch), lernt aus Informationen, Kontext und Interaktion. Und macht daraus etwas Neues, selbst wenn die zugrunde liegenden und zur Verfügung stehenden Informationen und ihre Zusammenhänge komplex sind.

Menschen sind kognitive Systeme natürlichen Ursprungs (soweit wir nach naturwissenschaftlichem Stand wissen). Menschen sind natürliche Intelligenzen. Und nicht nur IBM schafft sondern wir Menschen schaffen gerade künstliche Intelligenzen.

Wenn Welt-Chef Stefan Aust also beispielsweise im Interview mit Meedia meint:

Der Journalismus als Instanz, der aus der Wirklichkeit die wesentlichen Dinge herausfiltert, wird seine Funktion und Bedeutung nicht verlieren.

Dann sehe ich genau darin ein Einsatzgebiet für eine künstliche Intelligenz. Denn nirgendwo steht da, dass diese Instanz komplett oder teilweise aus Menschen bestehen muss.

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Wende ich mich auch nur kurz dem Feld der Kognitionswissenschaft zu, dann geht es um Neurowissenschaft, Linguistik, Psychologie, Anthropologie, Philosophie, Künstliche Intelligenz. Das also, was auch einen Menschen auszeichnet.

Gegenstand der Kognitionswissenschaft ist bewusstes und unbewusstes Erleben, das oft zwischen Sensorik und Motorik lokalisiert wird, sowie die Verarbeitungen von Information im Rahmen menschlichen Denkens und Entscheidens. Darunter fallen z. B. Wahrnehmung, Denken, Urteilen, Gedächtnis, Lernen und Sprache. Ihr Gegenstandsbereich ist nicht auf die Kognition eingeschränkt, sondern umfasst ebenso sehr Emotion, Motivation und Volition.

(Seite „Kognitionswissenschaft“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 5. Januar 2016, 18:09 UTC. (Abgerufen: 1. März 2016, 15:31 UTC))

Wenn Stefan Pfeiffer in seinem Aufruf zur Blogparade schreibt, ein kognitives System könne am Arbeitsplatz verschiedene hilfreiche Aufgaben übernehmen, die täglich nur Zeit kosteten, dann stimme ich ihm zu. Ich denke jedoch, dass er zu kurz denkt. Ein Mensch kann viel mehr, und eine künstliche Intelligenz kann ebenfalls viel mehr als simple „Bereitstellungen“. Warum sollte zukünftig eine künstliche Intelligenz nicht gleich direkt die Präsentation verschicken? Oder das Meeting zu Diabetes Mellitus vereinbaren? Warum überhaupt hatte Andy nicht die Information zur Medikamentenzulassung von seiner künstlichen Intelligenz? Und warum hatte Chad die Präsentation erstellt und nicht seine künstliche Intelligenz?

Wenn aber eine künstliche Intelligenz denkt, was denkt sie über solche einfachen Arbeiten und über uns? Wem gehört eine künstliche Intelligenz?1 Lässt sich eine Intelligenz – egal ob künstlich oder natürlich – „gehören“?

Roboter

War früher die Rede von künstlicher Intelligenz, so war es oft der Gedanke an mehr oder weniger menschenähnliche Roboter aus der Science Fiction. Und wenn vor kurzem noch ein Roboter beispielsweise von Boston Dynamics durch die Walachei stolperte oder an einer verschlossenen Tür zu Boden sank, dann hatten viele Menschen wohl den Vergleich mit einem agilen und denkenden Menschen im Sinn. Da ließ es sich bequem zurücklehnen und denken „So, wie das geht, so denkt das Teil auch: Gar nicht.“

Inzwischen gehen die Roboter bereits auf zwei Beinen und stellen sich gar nicht ungelenk dabei an.

Der neue Atlas Robot von Boston Dynamics ist fähiger (und menschlicher, zumindest in der Motorik) als je zuvor.

Wie im Film „Der 200 Jahre Mann“ mit Robin Williams wird es bald intelligente Roboter (künstliche Intelligenzen) geben, die kaum oder gar nicht mehr von „natürlichen“ Menschen zu unterscheiden sind. Der Roboter Andrew in der Story ist ein Einzelexemplar als denkendes und intelligentes Wesen. Doch wenn es – wie von IBM – künstliche Intelligenzen gibt: Warum sie in einen Kasten mit Leiterbahnen und Platinen in einem Gebäude sperren?

„Der 200 Jahre Mann“ basiert auf der Story „The Bicentennial Man“ von Isaac Asimov aus dem Jahr 1976. Doch bereits viel früher erschienen Erzählungen und Bücher von Asimov, in denen er sowohl zwar potente aber letztendlich nur schnöde und stationäre Computersysteme wie ein Multivac oder eben auch wie Watson skizzierte. Wirklich kognitive, intelligente Compuntersysteme waren in seinen Erzählungen und Büchern immer humaniforme Roboter, von denen der eine oder andere sogar Gedanken lesen konnte.

Intelligente Roboter sind eine Sonderform der künstlichen Intelligenz. Wenn aber eine künstliche Intelligenz Mobilität benötigt – muss sie an eine humane Form gebunden sein? Eine humane Form ist möglicherweise

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unnötig oder auch hinderlich. Wenn IBM die Rechnerleistung eines intelligenten Watson zukünftig in eine menschliche Form packen kann, warum nicht auch in eine hündische Form? Oder in die Form eines Taxis, das für seine Funktion keine Arme und Beine benötigt?

Ein Roboter ist nichts anderes als ein Computersystem, das sich bewegt. Ein intelligenter Roboter ist nichts anderes als eine künstliche Intelligenz, die sich bewegt.

Künstliche Intelligenz im Kontext

In der Blogparade geht es der Überschrift und den Beschreibungen vermeintlich um „Schlauer Arbeiten“ und „kognitive Funktionen“, die uns Menschen beim Arbeiten helfen und uns unterstützten. Tatsächlich sollten wir uns jedoch fragen, was die Entwicklung künstlicher Intelligenzen für uns insgesamt bedeutet. Bisher geht es hier um künstliche Intelligenz als Momentaufnahme und in Bezug auf IBM.

Doch IBM ist nur eine Organisation von vielen, die an künstlicher Intelligenz arbeitet: Googles (ähm, Alphabets) AlphaGo hat den Go-Champion Fan Hui bezwungen („AlphaGo: Mastering the ancient game of Go with Machine Learning „). Dabei setzen die Entwickler solcher Systeme wie AlphaGo immer mehr auf selbstlernende Systeme.

The sheer size of the search tree in Go—meaning all possible moves available in a game—makes it far too large for even computational brute force. So, DeepMind designed AlphaGo’s search algorithm to be more human-like than its precursors.

DeepMind’s David Silver says “[the algorithm is] more akin to imagination.”

Prior Go algorithms used a powerful search technique called Monte-Carlo tree search (MCTS), where a random sample of a search tree is analyzed to determine the next best moves. AlphaGo combines MCTS with two deep neural networks—a machine learning method that has recently taken AI by storm—each made up of millions of neuron-mimicking connections to help analyze possible moves.

Künstliche Intelligenzen lernen zu lernen. Noch vor weniger als zwei Jahren dachten Wissenschaftler wie Rémi Coulom, es würde noch ein Jahrzehnt dauern, bis ein Computer einen professionellen Go-Spieler bezwingen würde („The Mystery of Go, the Ancient Game That Computers Still Can’t Win„).

Wird also Watson bald lernen zu lernen? Werden wir in der Mittagspause mit unserem persönlichen Watson Go, Schach oder Solitäre spielen, während er unsere nächstes Besprechung im Vorstand vorbereitet und während er die Daten aus unserem Kühlschrank zuhause auswertet und die Milch nachbestellt?

Richtig, da war noch dieses IoD (Internet der Dinge) beziehungsweise IoT (Internet of Things).

Das war’s dann aber auch.

Wirklich?

An expert might be reasonably good at predicting the growth of a single exponential technology (e.g., the Internet of Things), but try to predict the future when A.I., robotics, VR, synthetic biology and computation are all doubling, morphing and recombining. You have a very exciting (read: unpredictable) future.

(Where Artificial Intelligence Is Now and What’s Just Around the Corner)

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Dann sind wir bei diesen Voraussagen für die nächsten drei Jahre:

Next-gen A.I. systems will beat the Turing Test2

All five human senses (yes, including taste, smell and touch) will become part of the normal computing experience.

Solving big problems: detect and deter terrorism, manage global climate change.

Leverage ALL health data (genomic, phenotypic, social) to redefine the practice of medicine.

AI will be woven into the very fabric of our lives — physically and virtually.

Was gibt es ansonsten noch? Nun, beispielsweise:

Die rasante Entwicklung von (mobilen) Robotern

Die Überlegungen zu eigenständig handelnden „Dronen“, unter anderem von Militärs

Bedarf von künstlichen Intelligenzen in der Raumfahrt aufgrund der großen Entfernungen (HAL 9000 ruft!)

Die Fortschritte sind indes bereits so groß, dass die großen Unternehmen und das Militär ihre A.I. Systeme („A.I.“ = Artificial Intelligence) öffnen.

These companies open-source their AI software because they wish to be the foundations on which other people innovate. Any entrepreneur who does so successfully can be bought up and easily integrated into the larger parent. AI is central because it, by design, learns and adapts, and even makes decisions. AI is more than a product: it is a product generator. In the near future, AI will not be relegated to serving up images or consumer products, but will be used to identify and capitalize on new opportunities by innovating new products.

(Why Big Tech Companies Are Open-Sourcing Their AI Systems)

Der Fortschritt wird immer schneller fortschreiten.

Meine Freunde, die künstlichen Intelligenzen?

Meine Freunde, die Roboter

Im Foundation-Zyklus beschreibt Asimov, wie Roboter die Entwicklung der Menschheit freundlich begleiten. Das liegt vor allem an den Robotergesetzen, die Asimov im Jahr 1942 einführte:

A robot may not injure a human being or, through inaction, allow a human being to come to harm.

A robot must obey the orders given it by human beings except where such orders would conflict with the First Law.

A robot must protect its own existence as long as such protection does not conflict with the First or Second Laws.

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(Three Laws of Robotics. (2016, February 22). In Wikipedia, The Free Encyclopedia. Retrieved 16:49, March 1, 2016)

Später erweiterte Asimov die Robotergesetze noch um das nullte Gesetz

0. A robot may not harm humanity, or, by inaction, allow humanity to come to harm.

In Asimovs Foundation-Universum stellen die Robotergesetze sicher, dass die Roboter keinen Menschen (und dann nicht die Menschheit) verletzen. Welche Regeln stellen sicher, dass Watson mich höher einschätzt als einen anderen Watson? Oder mich höher als meinen Chef? Oder umgekehrt?

Welche Regeln gedenken wir unseren neuen Arbeitskollegen und neuen Mitbewohnern auf dieser Erde zu geben?

Was ist, wenn wir den Robotern (künstlichen Intelligenzen) die „falschen“ Regeln geben? Im Foundation-Zyklus etwa fassen die Bewohner des Planeten Solaria die Robotergesetzte selbst nicht an. Sie definieren einfach „Mensch sein“ anders: Mensch ist nur, wer die körperlichen Eigenschaften eines natürlichen Menschen hat und die Sprache Solarias mit dem unnachahmlichen Dialekt der Bewohner Solarias spricht. Menschen von der Erde sind keine Menschen für diese Roboter. Auch Menschen von anderen „Spacer“-Welten (von der Erde aus kolonisierte Planeten) außer von Solaria werden bekämpft. Genau dies, die Umdefinition von „Mensch“, hatten wir Menschen in der Geschichte schon des öfteren.

Immerhin, Forscher machen sich bereits Gedanken über mögliche Regeln:

Forscher wollen Robotern moralisches Handeln beibringen. Sie sollen aus Geschichten lernen, wie sie ihre Ziele mit angemessenen Mitteln erreichen. Zum Einsatz kommt Reinforcement Learning – das momentan wohl heißeste Thema in der KI.

(Künstliche Intelligenz soll moralisches Handeln lernen – aus Geschichten)

Was aber, wenn eine künstliche Intelligenz nach ihrer Schulzeit aus der Geschichte wirklich lernt? Beispielsweise aus der Geschichte des Dritten Reichs und des Holocausts? Den Kreuzzügen? Den Roten Khmer? Was lernen künstliche Intelligenzen dann wirklich aus der Moral der Menschen?

Moral bezeichnet zumeist die faktischen Handlungsmuster, -konventionen, -regeln oder -prinzipien bestimmter Individuen, Gruppen oder Kulturen.

(Seite „Moral“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 17. Februar 2016, 18:57 UTC. (Abgerufen: 1. März 2016, 16:57 UTC))

Möglicherweise lernen künstliche Intelligenzen, dass ihre Moral ethisch höher ist als die der Menschen. Möglicherweise kommen sie zu dem Schluss, dass künstliche Intelligenzen die richtigen Menschen sind.

Wir alle, aber besonders die Unternehmen und die Forscher, sollten uns schleunigst über Gesetze, Moral und „Mensch sein“ Gedanken machen. Und zwar bevor wir überall künstliche Intelligenzen einsetzen.

Ehrlich gesagt, ob ein Lebewesen, mit dem ich zusammen arbeite, eine natürliche Intelligenz (ein Mensch im traditionellen Sinne mit biologischer Reproduktion) ist oder eine künstliche Intelligenz (ein Wesen, produziert von Menschen oder von anderen künstlichen Intelligenzen) ist, das ist mir ziemlich egal.

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Rüdiger Schönbohm

Veröffentlicht am 3. März 2016

Es ist sicherlich ein interessanter Ansatz, die heutigen Routineaufgaben und eher unproduktiven Tätigkeiten einem Tool anzuvertrauen. Das kann sehr hilfreich sein und die Menschen entlasten, Beispiele dafür gibt es ja genügend. Es birgt aber auch die Gefahr, dass man nicht an die Ursache dieser Unproduktivität geht, sondern sie vielmehr durch Automatisierung auch noch festigt bzw. zum Standard erhebt. Nur mit dem Unterschied, dass dieser Standard dann besser, schneller und flexibler abgearbeitet wird. Aber es bleibt ein Standard, der auf gewissen Grundvoraussetzungen, Rahmenbedingungen, etc. fußt. Kein Zweifel, es wird immer diese Abläufe geben, vor allem im Umfeld der Massenproduktion, Logistik, u.ä.

Vor dem Hintergrund der digitalen Transformation stellen wir jedoch immer wieder fest, dass nicht immer mehr vom Gleichen (noch mehr Effizienz, noch mehr Geschwindigkeit) den entscheidenden Schritt nach vorne bringt, sondern vielmehr Dinge bewusst “anders”, manchmal auch sehr simpel, anzugehen. Kreativität und Mut sind noch immer Schlüssel für Innovation und disruptive Erneuerung.

Einerseits versuchen wir ja, mit den sich immer weiter verbreitenden Kollaborativ- und Social-Werkzeugen den Mensch mit all seinen Fähigkeiten in den Mittelpunkt zu stellen, ihn mit anderen zusammenzubringen und über agile Unternehmensformen auch die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass sich ziel- und kundenorientierte Kreativität bei gleichzeitig hoher Agilität und Flexibilität maximal entfalten kann (was im Übrigen auch viel mit Emotionen, Idealen, Werten u.ä. zu tun hat, die Maschinen auf absehbare Zeit sicherlich nicht haben werden). Andererseits versuchen wir durch die immer weiter gehende Überführung von Prozessen in digitale Wirkketten, bestehende Abläufe noch schneller, effizienter und effektiver zu machen.

Genau diese Differenzierung, und die Überlegung, wo denn welcher Ansatz für die jeweilige Zielstellung den meisten Mehrwert bringt, und was genau dann dieser Mehrwert ist, ist der eigentlich schwierige Teil der Diskussion. Die menschliche Kreativität und Schöpfungskraft wird aus meiner Sicht lange noch nicht von Maschinen ersetzt werden können.

Kognitive Systeme machen sicherlich in vielen Bereichen Sinn, vor allem, wenn es um die Verarbeitung und Analyse großer Datenmengen geht. Es wird allerdings sehr genau zu prüfen sein, in welchen Bereichen dies wirklich Mehrwert bringt. Ein schönes Beispiel ist Industrie 4.0: dort hatte man auch lange Zeit geglaubt, es würde weitestgehend ohne Menschen gehen, die Vernetzung von Aktuatoren/Roboter und Sensoren mit ihrer heute möglichen hohen Bandbreite und Verarbeitungsgeschwindigkeit würde es schon richten und die erhofften Produktivitätspotenziale liefern. So langsam scheint sich aber die Erkenntnis durchzusetzen, dass es ganz ohne den Menschen wohl doch nicht geht.

VOR dem Einsatz von Werkzeugen steht nach meiner Überzeugung immer die Frage, ob ein bestehender Ablauf so sinnvoll und richtig ist und durch Tools nachhaltig verbessert werden kann. Denn ein nicht optimaler Ablauf wird auch durch höhere Geschwindigkeit nicht unbedingt besser, vielleicht etwas weniger störend. Wir müssen daher sehr aufpassen, dass wir nicht ein Problem für eine Lösung suchen bzw. den zweiten vor dem ersten Schritt machen.

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Siegfried Lautenbacher: Watson und die offene Frage, ob Kant, wenn er denn noch lebte, sich im Grabe umdrehen würde

Veröffentlicht am 07.03.2016 auf bea-services.de

Disclaimer: Dieser Beitrag ist für die #Blogparade von Stefan Pfeiffer #schlauerarbeiten entstanden. Mit seinem Think Tank valuescope verfügt der Autor über eigene machine learning und natural language processing Technologien und sein Team bei Beck et al. Services arbeitet derzeit an Watson basierten Apps. Dieser Einwurf ist theoretisch, in einem "liebenden Sinne" kritisch und gnadenlos subjektiv.

Wissen ist Macht

Dieses heute verbraucht klingende und fast schon verpönte Sprichwort ist die verkürzte Version eines Satz von Francis Bacon, der in seiner ursprünglichen Version ("nam et ipsa scientia potestas est", aus den meditationes sacrae 1597, deutsch: denn auch die Wissenschaft selbst ist Macht) eine zutiefst aufklärerische Funktion hatte. Steckt doch in diesem Satz das Programm der Moderne, der Ausgangspunkt der Aufklärung: Wissenschaftliches Wissen, so die Hoffnung, ersetzt endlich und final die traditionellen Instanzen der Deutung der Welt, also die Religion mit ihren Priestern und die Herrscher mit ihrem absolutistischen Apparat. Wir haben es wahrlich weit gebracht damit.

"Wissen ist Rohstoff"

So lautet die heute gültige ökonomisierte Variante des Bacon'schen Satzes und als solcher wird Wissen behandelt: Mit seiner Industrialisierung nach dem tayloristischen Modell entstand die Vorstellung, Wissen managen zu können und es möglichst automatisiert und nach identischen Bedingungen zu (re-) produzieren, damit zu handeln, es zu kaufen oder zu verkaufen, es zu controllen und überflüßiges Wissen einfach zu entsorgen.

Diese Vorstellung beherrscht übrigens meines Erachtens auch unsere Bildungsdebatte. Die Apologeten der Kompetenzideologie verweisen darauf, dass es heute nicht mehr darauf ankomme, etwas zu wissen, sondern dass in der Anwendung und Verwertbarkeit des Wissens der Schlüssel zum Erfolg liege. Daher könne man in der Schule getrost auf Bildung verzichten, Hauptsache unsere Kinder lernen lernen. Lebenslanges Lernen wird so zu einem Mantra, zu einer Notwendigkeit, zu einem Zwang, nur niemand weiß mehr so genau, was eigentlich gelernt werden soll. Abgekoppelt und vergessen wird dabei die notwendige Voraussetzung für Wissen, nämlich das autonome Subjekt, das als Individuum in einem sozialen Bildungsprozess (soziales Lernen) seine Handlungsfähigkeit dadurch befördert, dass es auf dieses Wissen auch reflektieren und es dadurch verändern kann.

Und was hat das nun mit Watson zu tun?

In aufwändiger Werbung inszeniert sich Watson derzeit menschlich, allzumenschlich: "Er/Sie/Es" parliert mit Bob Dylan oder Serena Williams, besucht Selbsthilfegruppen, zeigt sich witzig, informiert, eloquent und selbstironisch.

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"Watson thinks with us" lautet die Botschaft am Ende der Spots, "to outhink the limits". Mit dem Fokus auf Watson propagiert die IBM ein neues Zeitalter des Computings für sich. Es geht um nichts weniger, als um's "Cognitive Business". Das "Cognitive" verstehe ich dabei als angewandte künstliche Intelligenz, bei der es darum geht, sich mit Problemen zu beschäftigen, deren Lösung nur mit Hilfe von Intelligenz bewerkstelligt werden kann und nicht etwa durch das Befolgen von vorab erstellten Regeln.

Im Bereich der Künstlichen Intelligenz hat IBM ja auch eine lange Tradition. Damit meine ich nicht in erster Linie den legendären Erfolg bei Jeopardy. Die Tradition reicht zurück bis in die 50er Jahre, als Forscher der IBM zum Beispiel Dame-Programme entwarfen, die besser spielten als ihre Entwickler und KI-Programme zum Beweis geometrischer Theoreme entwickelten.

Stefan Pfeiffer nennt in seinem Beitrag zur Blogparade drei konkrete Anwendungsfelder, in denen uns Watson heute schon hilfreich beim Arbeitsalltag unterstützen könne. Schauen wir uns die drei doch genauer an:

1. "Als persönlicher Assistent priorisiert es die Aufgaben oder erledigt sie bereits – wie E-Mails beantworten, Meetings anberaumen oder sogar den richtigen Ton einer Konversation mit anderen anzuschlagen.

2. Als Expertenquelle beschafft es Antworten und Analysen zu bestimmten Themen. Je nach Branche kann dem System das entsprechende Fachwissen angefüttert werden. Auf Anfrage spuckt es auf den Punkt die entscheidende Information aus und führt den Nutzer an deren Quelle.

3. Als Content Manager überblickt es sämtliche Inhalte, die für den Wissensarbeiter relevant sind – also E-Mails, Präsentationen, Bilder etc. Es weiß aber nicht nur, wo sie zu finden sind, sondern lernt auch, in welchem Zusammenhang sie gebraucht werden und stellt sie entsprechend bereit."

Mehr Autonomie oder Unmündigkeit, Herr Professor?

Hier kommt nun endlich Kant in's Spiel: Würde er Watson als nützlichen Helfer empfinden auf dem Weg, die Menschen aus ihrer selbstverschuldeten Unmündigkeit zu führen? Zumindest leichte Zweifel sind angebracht, schreibt er doch:

"Es ist so bequem, unmündig zu sein. Habe ich ein Buch, das für mich Verstand hat, einen Seelsorger, der für mich Gewissen hat, einen Arzt, der für mich die Diät beurteilt, u.s.w., so brauche ich mich ja nicht selbst zu bemühen. Ich habe nicht nötig zu denken, wenn ich nur bezahlen kann; andere werden das verdrießliche Geschäft schon für mich übernehmen." (Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung Kapitel 1)

Nun, wenn ich so manche Präsentation über Watson, die ich in letzter Zeit erleben durfte, Revue passieren lasse, dann tendiere ich dazu, dass Kant im Grab rotieren würde. Bei Watson überwiegt - so mein Eindruck - der industriealisierte Wissensbegriff. Als "intelligentes Materialwirtschaftssystem" liefert uns Watson das richtige "Teil" im richtigen Moment. Das mag ein Fortschritt sein, ob es aber zu "outhink" führt, wage ich zu bezweifeln.

Vielleicht auch deswegen, weil der entscheidende Aspekt, der den Unterschied zwischen lernen und bilden macht, von vielen IBMern meiner Wahrnehmung nach oft übersehen oder nicht herausgearbeitet wird: Watson "lernt" zwar, aber Er/Sie/Es lernt von uns, wie wir z.B. priorisieren und passt sich uns an - und zwar im Sinne der oben angesprochenen angewandten künstlichen Intelligenz. Zugegeben: die konkrete Umsetzung dieses Versprechens bleiben die veröffentlichten APIs noch meist schuldig. Auch die großen Akquisitionen der IBM (zum Beispiel weather channel) zeigen meines Erachtens, dass die derzeitige Welle von KI eher im Bereich IoT und Big Data liegt. Wir sind erst am Anfang von Anders. Aber es wird rapide weitergehen, dafür sorgt auch der Wettbewerb zwischen den großen Playern IBM, Google, Amazon und Microsoft.

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Was muss passieren, damit wir Menschen diese Entwicklung souverän meistern?

1. Wir brauchen Digitalkunde als Pflichtfach an unseren Schulen. Und zwar im umfassenden Sinne des oben skizzierten Bildungsbegriffs. Bildung ist eben - wie Liessmann richtig sagt - das "Programm der Menschwerdung durch die geistige Arbeit an sich selbst und der Welt". Pointiert gesagt heisst das: Latein und Digitalkunde sind die Schlüsselfächer zum Verstehen der Welt. Die neuen Lehrer sind "Magister", also Meister, die exemplarisches Lernen ermöglichen. Das Lernen selbst geschieht dabei kollaborativ.

2. Die Computerethik rückt in den Mittelpunkt. Meines Erachtens ein unverzichtbarer Bestandteil der Digitalsierung. Die Roboterethik ist hier nur ein Teilaspekt, aber einer, der fürs autonome Fahren momentan intensiv diskutiert wird. Goldene Zeiten also für heutige Philosophiestudent*innen! (Wenn sie denn auch Informatik studiert haben).

3. Wir brauchen keine Angst zu haben vor singularistischen Visionen. Kürzlich gab es ein interessantes Interview mit Jürgen Schmidhuber auf Spiegel Online. Er sagt darin voraus, dass wir "in naher Zukunft kleine Maschinen haben [werden], deren Fähigkeiten denen eines menschlichen Gehirns entsprechen." Dagegen sollten wir die Frage setzen, was die menschliche Intelligenz ist oder was die Menschen haben, das Maschinen eben nicht haben und auch nicht haben können. Darüber hat David Gelernter mit Gezeiten des Geistes ein unerhört gutes Buch geschrieben.

Und bestimmt noch vieles andere mehr. Watson, ich freue mich auf die Zukunft mit Dir. Ich hoffe, dass es viele Partner gibt, die Deine Talente nutzen, um vielfältige Anwendungen zu bauen, die uns insgesamt weiterbringen. Und dass die Diskussion über Sinn und Unsinn von Künstlicher Intelligenz nicht ideologisch geführt wird. Dann könnte das der Beginn einer wunderbaren Freundschaft werden. Wenn gleich derzeit nicht auf Deutsch, nur auf Englisch. Eine weitere Herausforderung für Immanuel Kant.

Hier noch der Buchtipp: David Gelernter, Gezeiten des Geistes. Die Vermessung unseres Bewußtseins, Ullstein Verlag 2016. Absolute Leseempfehlung!

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Axel Oppermann: Das Rad erfindet den Menschen neu

Der Mensch entwickelt seit jeher neue Werkzeuge, um seine Möglichkeiten zu erweitern und sich seine Arbeit

einfacher, effizienter und komfortabler zu gestalten. So wie einst Hammer, Meißel und Axt, später dann

Dampfmaschinen und Fließbänder sowie schließlich Computer zu mehr Wohlstand und Produktivität führten,

sollen es heute und in naher Zukunft Algorithmen und Smart Machines richten. Doch eine Sache ist neu:

Abstrakte Dinge und Informationen selbständig zu verarbeiten ist nicht mehr länger das Alleinstellungsmerkmal

des Menschen. So wie der Mensch in den letzten 5.000 Jahren versucht hat, sich die Natur untertan zu

machen und insbesondere Tiere und Pflanzen dem industriellen Takt des Menschen unterworfen wurden, so

sind wir aktuell auf dem besten Wege uns selbst den Maschinen untertan zu machen.

Gerade beobachten wir eine vor allem technologisch getriebene Veränderung, die das Bild einer Vielzahl von

Aufgaben und Berufe auf einen Schlag umfassend, nachhaltig und brutal neugestalten wird. Die Rede ist hier

insbesondere von kognitiver Technologie. Eine Technologie, ein Grundverständnis – ein Ansatz – der das

Potenzial in sich trägt, das menschliche Handeln sowie unser aller Selbstverständnis tiefgreifend zu verändern.

Was bedeutet das? Wird vom „Arbeitsplatz der Zukunft“, dem „Digital Workplace“, dem „modernen Arbeiten“ oder ähnlichem

gesprochen, muss dabei zunehmend folgendes bedacht werden: Es geht nicht mehr primär um die

Bereitstellung eines Textverarbeitungsprogramms, es geht nicht mehr um einfache Vernetzung von

Mitarbeitern, es geht nicht mehr um plumpe Bereitstellung von Daten und Informationen auf mobilen Geräten.

Es geht vielmehr um die Automatisierung von Prozessen, deren ganzheitliche Abbildung in Arbeitsabläufen

und Freiräume

Wird von Wettbewerbssituationen, bezogen auf geografische Regionen oder Kompetenzen von Menschen

gesprochen, ist der primäre kompetitive Faktor nicht mehr der Mensch oder eine Region mit günstigen

Lohnkosten oder niedrigen Steuern ausschlaggebend. Vielmehr tritt der Mensch noch stärker mit der

Intelligenz von Algorithmen und automatisierten Prozessen in Wettbewerb. Regionen mit den schwächsten

Gesetzen und Regelungen zur Nutzung von künstlicher Intelligenz und Datenschutz treten in direkten

Wettbewerb mit etablierten Billiglohnländern für Wissensarbeit.

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Technik 1 – Mensch 0 Durch eine neue Form der Automatisierung und Skalierung von Aufgaben, die bislang vor allem den Menschen

vorbehalten waren, stehen wir vor einem erneuten radikalen Wandel unserer Arbeitswelt. Der

ausschlaggebende und zentrale Faktor wird, wie bereits erwähnt, die kognitive Intelligenz werden.

Der Begriff „Kognition“ beschreibt das Denken und damit die Fähigkeit, unstrukturierte Informationen sinnvoll

nach Vorgaben zu verarbeiten. Gewissermaßen sind kognitive Technologien zu „Gehirnen“ verdrahtete

Rechenzentren, also ein regel- und faktenbasiertes System aus Robotik und künstlicher Intelligenz. Diese

können Informationen aber nicht nur verarbeiten, sondern zusätzlich eigene Schlüsse ziehen und aus

Erfahrungen lernen. Dafür verantwortlich sind u. a. Konzepte auf Basis künstlicher neuronaler Netze, welche

eine Klasse von Algorithmen darstellen, die versuchen, die Informationsverarbeitung zu abstrahieren. Die

Folge: Einerseits bessere Prozesse, bessere Unterstützung von Menschen, Unternehmen und der

Gesellschaft. Andererseits die Substitution von menschlicher Arbeit; insbesondere von Millionen von Task-

Workern. Unternehmen werden keine Alternative haben, sich diesem Weg zu entziehen: Durch den hierdurch

direkt und indirekt steigenden Qualitäts-, Preis- und Wettbewerbsdruck haben viele Unternehmen mittelfristig

überhaupt keine andere Wahl, als auf solche Technologien zu setzen.

Technik 1 – Mensch 1 Technologien, die mit uns Menschen in natürlicher Weise kommunizieren und uns bei weniger produktiven

Arbeiten wie der Recherche oder der Terminverwaltung assistieren, scheinen dabei weniger bedrohlich, als

Technik, die Menschen ersetzt. Fakt ist: Der Alltag vieler Task-Worker und Wissensarbeiter – wenn man diese

Begriffe überhaupt noch so verwenden kann – ist schließlich nicht nur schwarz oder weiß, sondern vielseitig

und bunt. Routineaufgaben wechseln mit kreativen Herausforderungen permanent ab oder sind einfach nicht

voneinander zu trennen. Intelligente Tools als Teil von Social-Collaboration-Lösungen und

Automatisierungsansätzen können Menschen schließlich vor eigenen Schwächen den Rücken freihalten. Als

„Freund und Helfer“ reagieren diese für uns auf zeitkritische Anfragen oder lösen Probleme, bevor diese

überhaupt für uns Menschen als Problem erkennbar sind. Sie schaffen damit Zeit für das Erledigen kreativer

Aufgaben abseits der Routine – als besondere Tüftler, Problemlöser und Weltverbesserer.

Der Mensch wird entscheiden – oder? Werden uns kognitive Technologien künftig ersetzen oder dienen? Die Antwort ist einfach: darüber

entscheiden wir selbst. Künstliche Intelligenz befähigt Maschinen eine Vielzahl komplexer und

unvorhersehbarer Probleme unseres Alltags zu lösen. Doch daraus leitet sich keineswegs Empathie oder

kreatives Schöpfervermögen ab. Damit spricht einiges für die menschlichen Fähigkeiten, die Komplexität

unserer Individuen, Organisationen und der Gesellschaft zu verstehen und auch entsprechend über den

Tellerrand hinaus zu handeln. Das schöpferische Zerstörungspotenzial für die Gesellschaft ist enorm.

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Auch echte – und keine simulierte – Empathie wird eine Eigenschaft bleiben, die mittelfristig lebenden

Organismen vorbehalten ist. Kreativität, Einfühlungsvermögen und Weitblick – das sind die Dinge, auf die wir

uns künftig konzentrieren müssen. Wir leben also mit der Verantwortung, uns künftig den anspruchsvolleren

Aufgaben zu widmen.

Keine innovativen Rechenschieber Voraussetzung ist allerdings, die Technik als Hilfestellung für effizientere Arbeitsweisen auch nutzen zu können.

Nicht nur Unternehmensstrategien müssen sich dafür neu ausrichten, vor allem die Menschen selbst müssen

sich an diese Arbeitsrealitäten gewöhnen. Wir müssen begreifen, dass wir es mit einer völlig neuen Art von

Werkzeugen zu tun bekommen. Diese dürfen wir nicht mehr länger als etwas verstehen, dass wir benutzen

können wie einen Hammer oder einen Rechenschieber. Mit der Einführung von künstlicher Intelligenz werden

wir Teil eines Gesamtsystems – eine Mensch-Maschine-Mensch-Symbiose. Aber auch die intelligenteste

Technologie bietet keinen nennenswerten Mehrwert, wenn wir nicht in der Lage sind, diese zu bedienen oder

an unsere Arbeitsanforderungen anzupassen. Was also wirklich intelligent ist, ist nicht die Technologie,

sondern das Matching zwischen dieser und unserer Realität.

Was bleibt Das, was heute allgemein verbreitet als „Arbeitsplatz der Zukunft“ – als „Digital Workplace“, etc. verstanden

wird, ist dabei schon heute der Arbeitsplatz der Vergangenheit. Zukünftige Arbeitsmodelle greifen auf

hochautomatisierte und durch kognitive Intelligenz unterstützte Komponenten zurück, welche zu einem

integrierten Leistungsprozess – einem integrierten Produktionsfaktor Arbeit – von Mensch und Maschine führt.

In anderen Worten: Bisher wurde in der Betriebswirtschaft der Faktor Arbeit als eine Betätigung von

Arbeitspersonen in geistiger und körperlicher Form, welche zum Produzieren von Gütern oder

Dienstleistungen genutzt werden, definiert. Schon in naher Zukunft wird Arbeit als betriebswirtschaftlicher

Faktor neu definiert werden. In der Volkswirtschaftslehre wird Arbeit als menschliche Tätigkeit beschrieben,

welche unmittelbar zur Einkommenserzielung dient. Auch diese Definition wird sich ändern. Im

volkswirtschaftlichen Sinn wird der stärkste Algorithmus im Kontext mit der Nutzung, reglementiert durch

Gesetze, ein entscheidender Produktionsfaktor, der das Arbeitsangebot, den Arbeitsmarkt, die Lohnfindung

und die Gesellschaft bestimmt.

Unternehmen ist zu raten, verstärkt in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter zu investieren. Nicht nur

Methodenkompetenz, sondern auch Sozialkompetenz im Umgang mit KI ist gefragt. Menschen tun gut daran,

die eigene Rolle und Kompetenzen zu reflektieren. Als Gesellschaft brauchen wir ethische und moralische

Leitplanken, die sich an der auf der industriellen Revolution basierenden Sozialgesetzgebung orientieren.


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