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BLBS_11-12_2010

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Zeitschrift des Bundesverbandes der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen berufsbildende Die November/Dezember 2010 11/12 Schule
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Zeitschrift des Bundesverbandes der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen

berufsbildendeDie

November/Dezember 2010 11/12

Schule

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Zeitschrift des Bundesverbandes der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen

berufsbildendeDie

Schule

62. Jahrgang

November/Dezember 2010

Heft 11/12

Inhalt

Die berufsbildende Schule (BbSch) 62 (2010) 11/12 307

BLBS-AKTUELL

Der BLBS vor 20 Jahren . . . 309

THEMEN

Eveline Wuttke

Was wissen Lehrerinnen und Lehrerüber Langeweile? Eine explorative Studie 312

Jörg Biber, Martin Hartmann, Jürgen Poch,Wiete Schirmer

Technikerausbildung in Deutschland –ein immer noch unterschätztes Kleinod in derdeutschen Bildungslandschaft 319

UNTERRICHT

Ulla Zeitz

„Mobbing – nicht mit uns!“ – Die Durchführungeines komplexen Unterrichtsprojekts 325

Arthur Joretzki

Lernsituation Fußball – Unterrichtseinheit ausdem Fach Mathematik zur selbstständigenErarbeitung einer Abstandsberechnung 331

BLBS-NACHRICHTEN

– Rheinland-PfälzischerBerufsschultag 2010 333

– Fachtagung in Bremen zumdemographischen Wandel 334

– BMBF/OECD-Konferenz in Leipzig„Learning for Jobs“ 335

– Bildung in Deutschland 2025:Perspektiven des Bildungswesensim demographischen Wandel 336

– Nachrichten aus den Ländern:Thüringen: Fusion TVB und VLW 337

NACHRICHTEN 337

LITERATUR 339

Aus der Praxis für die Praxis

Lehrerinnen und Lehrer an

beruflichen Schulen unterrichten

ideenreich und innovativ.

Machen Sie Ihre Erfahrungen für

Kolleginnen und Kollegen zugänglich:

In der Rubrik

„Unterricht“ der BbSch

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Impressum

Die berufsbildende Schule (BbSch) 62 (2010) 11/12308

Die berufsbildende SchuleZeitschrift des Bundesverbandes der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen

Schriftleitung: Aufsätze (Themen, Unterricht), Diskussion, Literatur – Geschäftsführung:Professor Dr. Andreas ScheltenLehrstuhl für Pädagogik, Technische Universität München,Lothstraße 17, D-80335 MünchenTelefon (0 89) 28 92 42 77, Fax (0 89) 28 92 43 13E-Mail: [email protected]://www.paed.edu.tum.de

Berichte, Nachrichten, Recht, Veranstaltungen, Persönliches:Oberstudiendirektor Heiko PohlmannKapellenstraße 82, D-82239 AllingTelefon (0 81 41) 81 85 24, Fax (0 81 41) 81 85 24dienstlich: Telefon (0 89) 7 25 58 57, Fax (0 89) 7 25 56 95E-Mail: [email protected]

Autoren/Autorinnen dieses Heftes:

Wuttke, Eveline, Dr., Prof., Professur für Wirtschaftspädagogik, insbes. empirische Lehr-Lern-Forschung,Goethe-Universität Frankfurt, Grüneburgplatz 1, 60322 Frankfurt, E-Mail: [email protected]

Biber, Jörg, Dr., Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Beruflichen Fachrichtung Metall- und Maschinentechnik,Institut für Berufliche Fachrichtungen, Fakultät Erziehungswissenschaften, TU Dresden, 01062 Dresden,E-Mail: [email protected]

Hartmann, Martin, Dr., Prof., Berufliche Didaktik der Beruflichen Fachrichtung Metall- und Maschinentechnik, Institutfür Berufliche Fachrichtungen, Fakultät Erziehungswissenschaften, TU Dresden, Weberplatz 5, 01217 Dresden,E-Mail: [email protected]

Poch, Jürgen, Dipl.-Berufspädagoge, Metalltechnik/Englisch,Fachschullehrer an der Staatlichen Fachschule für Bau, Wirtschaft und Verkehr Gotha, Trützschler Platz 1, 99867 Gotha,E-Mail: [email protected]

Schirmer, Wiete, Dipl.-Ingenieur für elektronische Bauelemente, Lehrbefähigung für Elektrotechnik,Sächsisches Bildungsinstitut, Dresdner Straße 78 c, 01445 Radebeul, E-Mail: [email protected]

Zeitz, Ulla, StRin, Dipl.-Berufspäd. (Univ.), Berufliches Schulzentrum Mühldorf a. Inn, Innstraße 41, 84453 Mühldorf, E-Mail: [email protected]

Joretzki, Arthur, Dipl.-Berufspäd. (Univ.), Kemptener Straße 57 a, 88131 Lindau, E-Mail: [email protected]

Rach, Gerhard, OStD, E-Mail: [email protected]

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers oder der Schriftleitung wieder. Offizielle Äußerungen des Bundes verbandes der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen werden als solche gekennzeichnet.

Herausgeber: Bundesverband der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen (BLBS), Geschäftsstelle: Friedrichstraße 169/170, 10117 Berlin, Telefon (0 30) 40 81-66 50, Fax (0 30) 40 81-66 51, Internet: www.blbs.de, E-Mail: [email protected]: Oberstudiendirektor Berthold Gehlert, E-Mail: [email protected]

Verlag: dbb verlag GmbH, Friedrichstraße 165, 10117 Berlin, Telefon (0 30) 7 26 19 17-0, Sparkasse Köln/Bonn, Konto 21 006903, Commerzbank Berlin, Konto 073 399 800. Versand ort: Geldern. Auflieferort: Duisburg.

Herstellung und: dbb verlag GmbH, Friedrichstraße 165, 10117 Berlin, Internet: www.dbbverlag.de, E-Mail: [email protected] Anzeigenleitung: Katy Netz, Telefon (0 30) 7 26 19 17-24, E-Mail: [email protected].

Anzeigenschluss: 6 Wochen vor Erscheinung. Es gilt Anzeigenpreisliste Nr. 47, gültig ab 1. Oktober 2009. ISSN 0005-951X.

Erscheinungsweise Die Zeitschrift erscheint 10-mal jährlich. Bezugspreis jährlich 32,90 Euro, Einzelheft 3,60 Euro, jeweils zuzüglich Porto. und Bezug: Bestellungen bei Buchhandlungen oder dbb verlag GmbH, Friedrichstraße 165, 10117 Berlin.

Für Mitglieder des Bundesverbandes der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen ist der Bezugspreis im Mitglieds-beitrag enthalten. Abonnementskündigungen müssen bis zum 10. Dezember beim dbb verlag GmbH, Friedrichstraße165, 10117 Berlin, eingegangen sein, sonst muss der Bezugspreis für das nächste Jahr bezahlt werden.

Einsendungen: Manuskripte und Leserzuschriften zu den Rubriken der Zeitschrift sind an den jeweiligen Schriftleiter zu senden. Unauf-gefordert eingesandte Bücher werden nicht zurückgeschickt.

Zum Titelbild: Siehe den Beitrag „Was wissen Lehrerinnen und Lehrer über Langeweile? Eine explorative Studie“, S. 312 ff.(Gestaltung des Titelbildes: Dr. Edda Fiebig)

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Der BLBS vor 20 Jahren . . .Man erinnere sich an die Zeit des gesellschaftlichen Wan-dels in Deutschland vor etwa 20 Jahren, genauer gesagt andie Jahre 1989, 1990 und 1991, und daran, was der BLBS alsBeitrag dazu leisten konnte. Bahnbrechend war der18. Deutsche Berufsschultag in Würzburg. Dazu hatte derHauptvorstand des BLBS unter Leitung des damaligen Bun-desvorsitzenden Peter Grothe in erstmaliger Anwesenheitder Ländervorsitzenden der fünf Länder der ehemaligenDDR schon etwas vorbereitet, was dann bei der Vertreter-versammlung bei klarem Votum nur Formsache war:134 Vertreter stimmten mit lang anhaltendem „standingovation“ der Aufnahme der fünf Länder zu. Damit zeigtensie den etwa 100 Kolleginnen und Kollegen aus den neuenLändern deutlich, dass sie im BLBS ihre berufsständische Ver-ankerung gefunden hatten.

Zur geschichtlichen Erinnerung:

9. November 1989: Nach den ersten Zeichen der Auflösungder damaligen DDR strömen Zehntausende zu den Grenz-übergängen. Aufgrund des Ansturmes öffnen die Grenzernoch in der Nacht die Schlagbäume – nach 28 Jahren ist dieBerliner Mauer gefallen. Der Kalte Krieg ist vorbei.

18. Mai 1990: Finanzminister Theo Waigel und Walter Rom-berg unterzeichnen den Staatsvertrag über die Währungs-,Wirtschafts- und Sozialunion, der am 1. Juli 1990 in Krafttritt.

22. Juli 1990: Die Volkskammer beschließt die Wiederher-stellung der 1952 aufgelösten Länder Brandenburg, Meck-lenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thü-ringen.

23. August 1990: Die Volkskammer beschließt, den Beitrittder DDR zur Bundesrepublik möglichst rasch, schon am3. Oktober 1990, zu vollziehen.

31. August 1990: Bundesminister Schäuble und DDR-Staats-sekretär Krause unterzeichnen den Einigungsvertrag.

12. September 1990: Bundekanzler Helmut Kohl und dersowjetische Präsident Michail Gorbatschow unterzeichnenin Moskau den Zwei-plus-vier-Vertrag, der den Deutschendie Souveränität garantiert.

21. – 23. September 1990: In Würzburg findet der 18. Deut-sche Berufsschultag des BLBS mit dem Thema „Europa 1993– Wettbewerb der Berufsbildungssysteme“ statt.

24. September 1990: Die DDR tritt mit Einvernehmen derSowjetunion aus dem Warschauer Pakt aus.

2. Oktober 1990: Die Volkskammer der DDR beendet ihre Tä-tigkeit. Um Mitternacht wird vor dem Reichstag in Berlin fei-erlich die deutsche Flagge gehisst.

3. Oktober 1990: Mit Anbruch des Tages ist die deutsche Tei-lung beendet. Bundespräsident Richard von Weizsäcker sagt

bei einem Staatsakt in der Berliner Philharmonie: „Am heu-tigen Tag findet die vereinte deutsche Nation ihren aner-kannten Platz in Europa.“

„Europa 1993 – Wettbewerb derBerufsbildungssysteme“

Unter diesem Motto fand der 18. Deutsche Berufsschultagstatt. Wie schrieb der damalige Bundesvorsitzende des BLBS,Peter Grothe, in einem Leitartikel nach dem 18. DeutschenBerufsschultag 1990 in Würzburg in der Verbandszeitschrift„Die berufsbildende Schule“ (BbSch 42 (1990), 10, Seite574): „Am 20. September hat das oberste Organ unseres Ver-bandes, die Vertreterversammlung, die neu gegründetenLandesverbände der Lehrer an beruflichen Schulen einstim-mig in unseren Bundesverband aufgenommen. Berlin-Westund Berlin-Ost hatten sich schon vorher zu einem Landes-verband vereint. So hatte ich das Glück, als Bundesvorsit-zender unsere neuen Kolleginnen und Kollegen zu begrüßenund das Ergebnis der Vertreterversammlung in der Festver-anstaltung des 18. Deutschen Berufsschultages am 21. Sep-tember 1990 unter stürmischem Beifall zu verkünden.“

Festveranstaltung

Als Vorsitzende der neuen Landesverbände konnte der da-malige Bundesvorsitzende begrüßen:

– Joachim Söhner, Berufsschullehrerverband Sachsen-An-halt e.V.,

– Günter Lederer, Thüringer Verband der Berufsschulpäda-gogen e.V.,

– Wilhelm Gedicke, Landesverband Brandenburg der Lehreran berufsbildenden Schulen e.V.,

– Birger Cleven, Landesverband Mecklenburg-Vorpom-mern der Lehrer an berufsbildenden Schulen e.V.,

– Rainer Böttcher, Landesverband Sachsen der Lehrer an be-rufsbildenden Schulen e.V.

In seiner Ansprache bei der Festveranstaltung des 18. Deut-schen Berufsschultages verwies Peter Grothe auf die erheb-lichen Unterschiede zwischen dem dualen System der be-ruflichen Bildung in der Bundesrepublik und der DDR. Dieseien insbesondere festzustellen bei der Trägerschaft, der Fi-nanzierung, der inhaltlichen Festlegung, der Normierungs-und Kontrollinstanzen oder der Planungsbürokratie, bei derdie Zahl und Art der Ausbildungsplätze bis in die Betriebeund Kombinate festgelegt wurde.

Mit Blick auf die Entwicklung in der DDR stellte er fest, dasssich vieles schon bewegt und bewegt habe, dass das Be-rufsbildungsgesetz (BBiG) bzw. die Handwerksordnung be-reits in der „noch DDR“ gelte, dass aber daran gedacht wer-den müsse, dass jeder Auszubildende auch vertraglich ge-bunden sein und die Berufsschule besuchen müsse. Man sol-le aber auch daran denken, so Grothe, „dass es in der DDRein Vollzeitschulwesen für Berufe gab, die nicht durch unser

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BBiG abgedeckt sind.“ Dazu fragt er: „Was geschieht z. B. mitdem gut qualifizierenden Fachschulwesen für die Berufe, diebei uns anderen Bestimmungen unterliegen?“

Ferner erinnerte Peter Grothe daran, dass der BLBS seit No-vember 1989 seine Aktivitäten in Richtung Osten, insbe-sondere in Richtung DDR ausgedehnt habe. Man habe dort,wo es erwünscht gewesen sei, beraten, unterstützt, mitge-arbeitet, habe aber auch vieles dazugelernt und habe neueFreunde gewinnen können. Bewusst sei man sich aber auch,dass damit erst der Anfang gemacht sei und noch viele Pro-bleme zu lösen seien. „Wir sind bereit, unseren Beitrag auchweiterhin dazu zu leisten, damit das gesamte Deutschlandim Wettbewerb der Europäischen Gemeinschaft und mit al-len Ländern der Welt gute Positionen hat. Wir bitten Sie umIhre Mithilfe, um kritische Begleitung und dort, wo es an-gebracht ist, um Ihre Solidarität.“

Zum Schluss seiner Rede stellte er mit Blick in die Zukunftdie Positionen des BLBS dar:

– die Betriebs- bzw. Betriebsberufsschulen seien als leis-tungsfähiges Berufsbildungszentrum für duale und voll-zeitschulische Ausbildung und für die Fort-/Weiterbil-dung und Umschulung zu konzipieren;

– die beruflichen Schulen seien rechtlich so abzusichern,dass sie die Qualität sichern, ein hohes Maß an institu-tioneller Selbstverwaltung erhalten, und sie in der Lageseien, die pädagogische Freiheit umzusetzen;

– die Unabhängigkeit der Lehrer sei grundsätzlich durchden Beamtenstatus abzusichern;

– Möglichkeiten der Nachqualifizierung und der Weiterbil-dung seien zu schaffen;

– mit der Übernahme der gesetzlichen Bestimmungenmüsse etwas in Richtung „Dualpartner Berufsschule“ ge-tan werden. Das Strukturhilfegesetz biete sich dazu an,um den beruflichen Schulen die Möglichkeit zu geben, ih-ren Part bei der Aus- und Weiterbildung zu erfüllen;

– mit der Übernahme in die kommunale Trägerschaft müs-se auch die finanzielle Unterstützung gesichert sein. Hier-zu seien 500 Millionen als Sofortmaßnahme für die neu-en Länder angemessen.

Welche weiterreichenden Ziele der BLBS schon damals er-reichen wollte, hatte Peter Grothe in einem Leitartikel vordem 18. Deutschen Berufsschultag 1990 in Würzburg er-läutert (BbSch 42 (1990) 6, Seite 353): „Bildungspolitischkönnen und wollen wir weder im Westen noch (nach vielenAussagen in Kontaktgesprächen mit unseren Kolleginnenund Kollegen in der DDR) im Osten unseres Landes auf Wun-der warten. Ganz im Gegenteil! Wir stellen uns den Realitä-ten, die uns durch die Öffnung nach Nord, Süd und West undjetzt auch in Richtung Osten für ein vereintes Europa zu ge-meinsamem Handeln zwingen.“

Entwicklungen in den neuen Landesverbänden

Die Arbeit des BLBS war ab 1990/1991 eindeutig von Tätig-keiten in den neuen Ländern geprägt. So war sich der Haupt-vorstand darüber einig, dass man die Weiterentwicklung der

beruflichen Bildung nicht allein der Wirtschaft überlassendürfe, wie es von einigen Seiten gewünscht wurde. Dazuführte Peter Grothe in den Kultusministerien unter anderemin Thüringen und Sachsen-Anhalt Gespräche mit den Kul-tusministern. Ein Jahr nach Würzburg stellte er fest, dass beider Festlegung der Schulsysteme in den neuen Ländern dieAuseinandersetzung um die Gleichwertigkeit von berufli-cher und allgemeiner Bildung erneut beginne und dass kei-ne wesentlichen konkreten Maßnahmen zur Umsetzungdes Bildungsauftrages der beruflichen Schulen eingeleitetworden seien.

Daher forderte der BLBS von der Bundesregierung unter an-derem:

– die beruflichen Schulen ebenso finanziell zu fördern, wiedie Dualpartner,

– die beruflichen Schulen für die berufliche Weiterbildungauszubauen,

– die Begabten ebenso wie die Benachteiligten zu fördern,

– die Berufsperspektive für Frauen zu verbessern,

– die Ausbildung in den Berufen des Sozialwesens, derHauswirtschaft und des Gesundheitswesens neu zu or-ganisieren,

– den Kolleginnen und Kollegen Perspektiven zur Sicherungund Erhalt ihrer Arbeitsplätze zu geben,

– die Besoldung in allen Bundesländern anzugleichen oder

– sie bei der Fort- und Weiterbildung zu unterstützen.

Brandenburg

Dazu stellte der erste Vorsitzende des LLBS, Wilhelm Gedicke,für Die berufsbildende Schule fest, dass die erste große orga-nisatorische Maßnahme nach dem Fall der Mauer war, dieAbteilung Theorie aus den Betriebsberufschulen herauszu-lösen und kommunale Berufsschulen zu bilden, wobei dieLehrer Arbeitsverträge mit der Stadtverwaltung erhielten. Indieser Umbruchsituation habe sich, so Gedicke weiter, derBLBS schon eingeschaltet, und Peter Grothe habe am 21. Mai1990 zu einer Informationsveranstaltung nach Berlin einge-laden, aus der sich dann eine Initiativgruppe gebildet habe,die am 11. Juni 1990 zur Bildung eines Landesverbandes auf-

Aus BvSch 42 (1990) 11, Seite 699: Die fünf neuen Landesvorsitzenden: v. l. Gün-ter Lederer (Thüringen), Wilhelm Gedicke (Brandenburg), Rainer Böttcher (Sach-sen), Birger Cleven (Mecklenburg-Vorpommern), Joachim Söhner (Sachsen-An-halt), Dr. Müller (Fachschullehrerverband).

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gerufen habe. Schon am 23. Juni 1990 konnte mit Hilfe derKollegen aus Nordrhein-Westfalen der Landesverband Bran-denburg LLBS gegründet werden, der dann zum 18. Berufs-schultag nach Würzburg eingeladen wurde. Am 1. Dezem-ber 1990 fand die erste Vertreterversammlung statt und eswurde der erste legitimierte Vorstand gewählt.

Die von Peter Grothe gegründete Arbeitsgruppe „Neue Län-der“ war eine große Hilfe bei der Entwicklung der Landes-verbände. „Besonders gern und mit großer Dankbarkeit er-innere ich mich an die gute und kameradschaftliche Zu-sammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen des erstenVorstands des Landesverbandes. Allen ein herzliches Dan-keschön“, schreibt Wilhelm Gedicke für Die berufsbildendeSchule.

Mecklenburg-Vorpommern

Beim Besuch der „Interschul“ in Dortmund konnte BirgerCleven sich zum ersten Mal über das berufliche Schulwesenim „Westen“ informieren und kam dort glücklicherweise anden Stand des BLBS Nordrhein-Westfalen. Danach erfolgtedie Einladung durch Peter Grothe in die Sitzung des HV desBLBS, bei der Cleven die Situation im „Osten“ darstellenkonnte. Es folgte eine Informationsveranstaltung des Deut-schen Lehrerverbandes Hamburg (DL-H) für alle Lehrerinnenund Lehrer, zu der etwa 120 Kolleginnen und Kollegen nachWarnemünde kamen. Etwa 30 Berufsschullehrer tagten an-schließend in Anwesenheit eines Teiles des Bundesvor-stands des BLBS. Der Landesverband Mecklenburg-Vorpom-mern des BLBS wurde am 25. August 1990 in Rostock-War-nemünde gegründet und ein geschäftsführender Vorstandunter dem Landesvorsitzenden Birger Cleven gewählt. Esfolgte die Teilnahme am 18. Deutschen Berufsschultag undim Oktober die Gründung von Kreisverbänden.

Sachsen

Alles begann im Herbst 1989, als sich in Dresden Berufs-schullehrer zusammensetzten, um eine eigene Interessen-vertretung zu gründen. Hilfestellung dabei gaben vor allemder BLBS und aus Baden-Württemberg Rolf Dörflinger. In kür-zester Zeit entstand daraus mit mehreren hundert Berufs-pädagogen der BLBS Landesverband für die Berufsfelder2 bis 13, der dann zum 18. Deutschen Berufsschultag nachWürzburg eingeladen wurde. Mit dem Motto „Berufsbil-dung für Sachsen in Deutschland und ganz Europa“ fand un-ter der Schirmherrschaft des sächsischen Ministerpräsiden-ten Kurt Biedenkopf der 1. Sächsische Berufsschultag statt.„Der dbb und der Bundesvorstand des BLBS standen uns indiesen Aufbruchjahren mit Rat und Tat zur Seite“, so RainerBöttcher für Die berufsbildende Schule und weiter: „Hilfreichfür die Entwicklung des sächsischen Verbandes war vor al-lem, dass der Landesvorsitzende Rainer Böttcher am 19.Deutschen Berufsschultag in Leverkusen stellvertretenderBundesvorsitzender wurde.“ Damit hatten die neuen Län-der nun auch einen Vertreter im Bundesvorstand des BLBS.

Sachsen-Anhalt

Die Gründung des Berufsschullehrerverbandes Sachsen-An-halt (BLV) erfolgte am 14. Juni 1990 in Magdeburg. Hilfe-

stellung gab dabei Hannelore Schmidt aus Niedersachsen.Die folgenden Jahre waren geprägt von umfassenden Struk-turänderungen und Anpassungen an das bundesdeutscheberufliche Schulwesen. Die Tarifgestaltung der angestelltenLehrer und die Anerkennung der Studienabschlüsse warendabei wichtige Themen.

Thüringen

In Unkenntnis der Verbandslandschaft der Lehrerverbändefanden zu Beginn des Jahres 1990 Kämpfe zwischen ver-schiedenen Gruppierungen um alle Lehrer statt, wobei esum die Verbeamtung oder die Organisation ging. Einige er-kannten, dass es einen eigenen Verband der Berufsschul-lehrer geben musste, der sich von den anderen Lehrerver-bänden unterschied. Mit Hilfe des bayerischen Landesver-bandes, Josef Kraus vom Deutschen Lehrerverband (DL) undweiterer Personen wurde nach abenteuerlichen Wirren am26. März 1990 über die Gründung eines Berufsschullehrer-verbandes beraten, der am 28. Mai 1990 in das Vereinsre-gister des Kreisgerichtes Jena eingetragen wurde. Die Grün-dungs- und erste Vertreterversammlung fand am 30. Juni1990 in Jena statt, die Aufnahme in den BLBS beim 18. Deut-schen Berufsschultag. Der 1. Thüringer Berufsschultag un-ter dem Motto „Für eine solide Berufsausbildung in Thürin-gen – Verbeamtete Lehrer“ führte dazu, dass nun auch einVorstand mit dem Landesvorsitzenden Günter Lederer an derSpitze gewählt wurde.

20 Jahre danach wieder in Würzburg

Zu einem Gedanken- und Erfahrungsaustausch über die Ent-wicklung des BLBS und seiner neuen Landesverbände in den20 Jahren danach trafen sich Peter Grothe, von 1984 bis 1993Bundesvorsitzender des BLBS und seit 1993 Ehrenvorsit-zender, der seit 2005 amtierende Bundesvorsitzende, Bert-hold Gehlert, und Hermann Sauerwein, der im Jahre 1990Hausherr der Franz-Oberthür-Schule war, dem Austra-gungsort des 18. Deutschen Berufsschultages. Das Treffenfand wiederum in Würzburg statt und alle drei konnten fest-stellen, dass die damals begonnene Integration der Landes-verbände der neuen Länder in den BLBS weder ein Problemwar, noch gegenwärtig eines darstellt. Der BLBS, der heuteaus 16 Landesverbänden besteht, stellt eine Einheit dar, inder alle am gleichen Strang ziehen und man gemeinsam ver-sucht, anstehende Probleme zu lösen.

Man könne sich das heute gar nicht mehr vorstellen, so Pe-ter Grothe und Hermann Sauerwein einstimmig, dass es da-mals schwierig gewesen sei, in den neuen Ländern richtigeund wichtige Ansprechpartner zu finden, während die Kol-leginnen und Kollegen dort begierig waren, für die Umstel-lung die Lehrpläne, die Normen der Berufsbildung und derAbschlussprüfungen zu erhalten. Heute gibt es keine gra-vierenden Unterschiede, der Unterausschuss der Kultusmi-nisterkonferenz (KMK) hat ja sogar seit einigen Jahren bun-deseinheitliche Richtlinien für handlungsorientierte Lehr-pläne herausgegeben.

Ein Problem habe man allerdings noch immer nicht in denGriff bekommen. Darüber waren sich alle drei einig. Schonbeim 18. Deutschen Berufsschultag vom BLBS gefordert, ist

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es immer noch nicht zufrie-denstellend gelöst, gemeintist hierbei das Problem derVerbeamtung. „Überlei-tung“ hieß das damals,wie Grothe und Sauer-wein gemeinsam erläu-terten, Ziel war es, dieLehrerinnen und Lehrereinerseits zu verbeamtenoder andererseits indie Besoldungsstrukturen

des damaligen Bundesan-gestelltentarifs (BAT) über-

zuleiten. Bis zur Wende wur-den in der DDR alle Lehrer als

„Einheitslehrer“ gleich bezahlt.Durch die Entwicklung in den neu-

en Ländern, in denen die meisten Lehrer immer noch ange-stellt sind, haben sich die Proportionen auch im BLBS ver-schoben, neben verbeamteten Kolleginnen und Kollegen sit-zen auch angestellte Landesvorsitzende im Hauptvorstandund versuchen, das Problem gemeinsam zu lösen. Der BLBShat daher einen „Experten für Tarif und Rentenrecht der an-gestellten Lehrer“ installiert.

Schwierig sei es damals gewesen, den neuen Kolleginnenund Kollegen den Begriff „Verband“ zu erläutern, da man im-mer meinte, die Vertreter der westlichen Verbände kämenaus den Kultusministerien und würden sozusagen eine Un-terstützung „von oben“ anbieten. Heute ist wiederum zu er-kennen, dass sich die verbandlichen Strukturen in allen Bun-desländern gleich entwickelt haben, bei den Hauptvor-standssitzungen des BLBS, so legte Berthold Gehlert mit Ge-nugtuung dar, seien keine Unterschiede festzustellen, mansei im BLBS „eine große Familie mit einer gemeinsamen In-teressenvertretung bei einer einheitlichen Verbandsstruk-tur“ geworden. Dies zeige sich auch wohltuend in der Konti-nuität der gewählten und engagierten Landesvorsitzenden.

„Hoffen und wünschen wir“, darin waren sich alle drei Ge-sprächspartner einig, „dass sich der BLBS weiterhin positiventwickelt und sich intensiv um anstehende Probleme küm-mert und man diese gemeinsam löst!“ Einem bisherigenZiel, die Aussage „berufliche und allgemeine Bildung sindgleichwertig“ in den Institutionen der dualen Bildung undauch bei den Menschen zu verankern, ist der BLBS mit derletzten Studie der OECD wieder einen Schritt nähergekom-men. Die Autoren der Studie „Bildung auf einen Blick 2010“hatten nämlich festgestellt, dass die „Berufsbildung mit ei-ner starken dualen Komponente“ in Deutschland fest ver-ankert sei und einen hohen Stellenwert genieße.

Heiko Pohlmann

Unter dem Emblem von Franz Oberthür fand der 18. Deutsche Berufsschultagstatt. Hermann Sauerwein (links) und Peter Grothe (mitte) erinnern sich. Bert-hold Gehlert (rechts) freut sich, dass der BLBS heute eine große Familie aus 16Bundesländern ist.

> Themen

Eveline Wuttke

Was wissen Lehrerinnen und Lehrer über Langeweile?Eine explorative StudieLangeweile kennt jeder und aus Schülerbefragungen weiß man, dass sie eine im Unterricht häufig auftretende Emotionist, die potenziell negative Wirkungen auf Lernen und Leistung haben kann. Wenig ist dagegen bekannt, ob und wie Lehr-personen in der Lage sind, aus dem Verhalten von Lernenden auf Langeweile zu schließen. Auch bezüglich des Wissens vonLehrpersonen über Ursachen von Schülerlangeweile und insbesondere zu ihrer Fähigkeit, lernförderlich mit Langeweile um-zugehen, gibt es praktisch keine Befunde. Die hier berichtete Studie soll dazu beitragen, mehr darüber zu erfahren, wasLehrerinnen und Lehrer über Langeweile wissen und wie sie damit umgehen.

1 Das Problem mit der Langeweileim Unterricht

Langeweile – ob im Alltag oder im Unterricht – hat jederschon einmal erlebt. Aber besonders im Unterricht scheint

sie ein Problem zu sein. Sucht man in Chat-Foren nach „Lan-geweile im Unterricht“, findet man hunderte von Tipps, wiedieser zu begegnen sei. Und will man Treffer in Suchma-schinen als Gradmesser für die Aktualität von Themen se-

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Themen

Die berufsbildende Schule (BbSch) 62 (2010) 11/12 313

hen, ist Langeweile im Unterricht in der Tat ein zentrales Pro-blem (weit über 200.000 Nennungen). Ratschläge gegenLangeweile, die man in solchen Umgebungen findet, sindallerdings meist wenig produktiv. Im Allgemeinen geht esdarum, ihr irgendwie auszuweichen.

Erstaunlicherweise zeigt ein Blick auf die (berufs- und wirt-schafts-)pädagogische Forschung wenig Erhellendes zumThema Langeweile. Vorhandene Überlegungen und Befun-de sind zudem eher unsystematisch. Zum Lernen im beruf-lichen Bereich gibt es praktisch keine Ergebnisse. Vereinzel-te Schülerbefragungen deuten aber darauf hin, dass Lange-weile eine im Unterricht häufig auftretende Emotion mit po-tenziell negativen Wirkungen auf motivationale Variablen,Lernverhalten, die Aktivation kognitiver Ressourcen zur Wis-sensakquise und schließlich die Qualität von Lern- und Leis-tungsergebnissen ist (Götz, Frenzel & Pekrun 2007, Wuttke2008). Zum Phänomen Langeweile, zu ihren Ursachen, be-gleitenden Emotionen und Wirkungen gibt es aber noch er-heblich mehr offene Fragen als Antworten. Und wenig weißman darüber, was Lehrpersonen über Langeweile wissenund wie sie damit umgehen.

Mit der nachfolgend vorgestellten Studie werden zwei Zie-le verfolgt:

(1) Zum einen geht es darum, die Forschungslücke zur Lan-geweile auch und besonders im Feld der beruflichen Bil-dung zu schließen. Zwar könnte man argumentieren, dasLangeweileproblem müsse bei Berufsschülern wenigerausgeprägt sein, weil sie in dem von ihnen gewähltenund sie interessierenden Inhaltsbereich (Beruf) lernen.Andererseits deuten aber Studien darauf hin, dass Lan-geweile auch an Berufsschulen durchaus häufig erlebtwird (Götz, Frenzel & Pekrun, 2007; Lewalter, Krapp,Schreyer & Wild, 1998).

(2) Insbesondere soll aber analysiert werden, ob und wieLehrpersonen Langeweileerleben ihrer Schüler erkennenbzw. diagnostizieren können und über welche Strategiendes Umgangs mit Langeweile sie verfügen.

2 Zum Stand der Langeweileforschung

2.1. Langeweile als Emotion

Versucht man, Langeweile begrifflich zu fassen, wird schnelldeutlich, dass es weder eine eindeutige Begriffsbestim-mung noch – bislang – eine „Langeweiletheorie“ gibt. Häu-fig wird Langeweile als negativ beschrieben, wenn auchdurchaus positive Begleiterscheinungen (z. B. Reflexion undEntspannung, Harris 2000; Handelsinitiierung, Vodanovich2003; Selbstreflexion, Seib und Vodanovich 1998) und Fol-gen (Kreativität, die aus der „langweiligen“ Inkubationszeitheraus entsteht, Kast 2003) diskutiert werden. Physiolo-gisch ist sie durchaus identifizierbar: Wenn im Langeweile-zustand Hirnströme gemessen werden, fällt auf, dass die Vi-gilanz des Gehirns sich dabei drastisch verändert, es fährt ineine Art „Ruhemodus“ herunter, der mit frühen Schlafsta-dien vergleichbar ist (vgl. Westdeutscher Rundfunk 2007).

Es ist sicherlich keine Übertreibung, Langeweile als einenoch weitgehend unerforschte Emotion zu bezeichnen.Smith (1981) stellt im einzigen Review zum Thema Lange-weile fest, dass zwischen 1926 und 1981 lediglich 40 Studi-en publiziert wurden, in denen Langeweile explizit unter-sucht wurde. Die ersten wissenschaftlichen Studien zur Lan-geweile wurden ab 1930 primär im Kontext der Arbeitspsy-chologie durchgeführt. Sie thematisierten fast ausschließ-lich Umweltfaktoren als Langeweileursachen (Fisher 1993;Smith 1981). Motiviert von der Überzeugung, dass mit derLangeweile von Arbeitern Produktionseinbußen einherge-hen, wurden – v. a. in England durch das „Industrial FatigueResearch Board“ – Wirkungen von Monotonie, Routine undwenig stimulierenden Tätigkeiten auf das Langeweileerle-ben der Arbeiter untersucht. Für den schulischen Lern- undLeistungskontext zeigen Literaturrecherchen von Pekrunund Frese (1992) sowie von Götz (2004) und Lohrmann(2008), dass auch nach 1981 kaum Studien zum Thema Lan-geweile durchgeführt wurden. Dies ist insofern erstaunlich,als Langeweile eine häufig an Schulen anzutreffende Emo-tion darstellt (Götz, Frenzel & Pekrun, 2007, Larsen & Ri-chards, 1991). In Lewis und Havilands (2000) „Handbook ofEmotions“ wird Langeweile praktisch nicht erwähnt. Auchin zentralen Appraisaltheorien taucht sie kaum auf (z.  B.Johnstone & Scherer, 2000). Eine Ursache dafür könnte sein,dass es sich bei Langeweile im Gegensatz zu beispielsweiseÄrger oder Angst um eine unauffällige, „ruhige“ (den Un-terricht häufig nicht störende!) Emotion handelt. Insbeson-dere fällt auch auf, dass es kaum Studien gibt, die Hinweiseliefern, wie Langeweile durch kompetentes Handeln vonLehrkräften im Sinne einer dieser Emotion gegensteuern-den Unterrichtsgestaltung vermieden werden könnte.

Dass Langeweile im Unterricht wahrgenommen wird,scheint unbestreitbar. Larson und Richards haben 1991knapp 400 Schülerinnen und Schüler der 5. bis 9. Jahr-gangsstufe mit Hilfe der Experience-Sampling-Methode be-fragt und dabei feststellen müssen, dass sie sich durch-schnittlich knapp 32 % der Unterrichtszeit langweilen. In ei-ner Befragung von Götz et al. (2007) wurden sogar gut 28Minuten angegeben (bei einer Unterrichtszeit von 45 Mi-nuten!). Allerdings scheint es sich bei Langeweile um einensubjektiv relativ schwach negativ erlebten Gefühlszustandzu handeln (vgl. Götz 2004, Pekrun 2006), der verglichen mitanderen Emotionen auch untypisch ist. Während sonst dieIntensität sowohl positiver als auch negativer Emotionenmit zunehmender Wichtigkeit einer Situation zunimmt,sinkt sie bei Langeweile (vgl. Götz et al. 2007).

Zusammenfassend lässt sich festhalten: Bei Langeweilehandelt es sich um affektives Erleben, das von negativer Va-lenz („unangenehmes Gefühl“), Mangel an Interesse undStimulation sowie niedrigem physiologischen Arousal ge-prägt ist (Mikulas & Vodanovich, 1993). Zudem vergeht beiLangeweileerleben die Zeit subjektiv langsam (Zeitdilatati-on) und man möchte die Langeweile erzeugende Situationdurch behaviorale (nach Hause gehen) oder mentale Flucht(z. B. Tagträume) verlassen (Götz & Frenzel, 2006; Johnstone& Scherer, 2000; Wuttke 2008).

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2.2 Ursachen und Wirkungen von Langeweile

Bezüglich der Ursachen von Langeweile im Unterricht exis-tieren international drei Modelle1. In diesen werden nebensubjektiv erlebter Kontrolle von Situationen und Valenzenvon Lernen und Leistung bzw. des jeweiligen Faches, die eherder Person des Lernenden zuzuordnen sind2, vor allem schu-lische Umweltfaktoren angeführt (Ausmaß an Kompetenz -unterstützung, Leistungs- und Zielstrukturen, vgl. Pekrun2000, 2006; monotone Situationen, Freiheitsgrade in einerSituation, Möglichkeiten eines Aufgabenwechsels, vgl. Hill& Perkins 1985; monotoner Unterricht, Lehrer und Peers, vgl.Robinsohn 1975). Ähnliche Ursachen findet man in weite-rer einschlägiger Literatur, ohne dass diese in Modelle ein-gebunden wären (Monotonie, repetitive Tätigkeiten, ina d- äquate Stimulation durch die Außenwelt, äußerer Zwang,vgl. Geiwitz, 1966; Smith, 1981; Vodanovich & Kass, 1990).

Befunde aus aktuellen Studien zeigen, dass die Unterrichts-gestaltung eine zentrale Quelle für Langeweileerleben seinkann. Werden Schüler gebeten, sich eine besonders lang-weilige Stunde zu vergegenwärtigen, dann beziehen sie sichüberzufällig häufig auf eine Stunde, in der lehrerzentrierterFrontalunterricht durchgeführt wurde (Götz et  al. 2007;Wuttke 2008). Langeweile kann in solchen Stunden sowohldurch Unterforderung als auch durch Überforderung ent-stehen (vgl. Lohrmann 2008).

Pekruns Kontroll-Wert-Theorie zu Antezedenzien und Wir-kungen emotionalen Erlebens (Pekrun, 2006; Pekrun, Goetz,Titz & Perry, 2002) als neuerer theoretischer Ansatz geht da-von aus, dass Langeweile lern- und leistungsschädlich ist.Erste empirische Ergebnisse deuten auf die Richtigkeit die-ser Annahmen hin (Pekrun, Goetz, Daniels, Stupnisky & Per-ry, 2008). Bereits in den 80er und 90er Jahren wurde Lange-weile als „Plage der modernen Gesellschaft“ bezeichnet(Klapp, 1986; Spacks, 1995) und aktuell wird sie in der Ge-sellschaft als häufig auftretendes Phänomen wahrgenom-men (vgl. das allerdings empirisch kaum untermauerte Buch„Diagnose Boreout“ von Rothlin und Werder, das 2007 er-schienen ist). In einigen Schriften zur Langeweile wird je-doch auch ihre positive Wirkung diskutiert. Arbeiten im Kon-text der Pädagogik und Psychologie verweisen auf das derLangeweile immanente kreative Potenzial (Rule, 1998), diemit ihr einhergehenden potenziellen Möglichkeiten zur Re-flexion und Entspannung (Harris, 2000) sowie die von ihrausgehende Handelsinitiierung (Vodanovich, 2003) undSelbstreflexion (Seib & Vodanovich, 1998). Bornstein (1989)und Bornstein, Kale und Cornell (1990) betonen, dass die vonLangeweile initiierte Hinwendung zu Neuem („Aufregen-derem“) von evolutionärer Relevanz sein könnte. Dieses Po-tenzial kann sich allerdings vermutlich nur dann entfalten,wenn man sich auch tatsächlich „Neuem“ zuwenden kann.In Lehr-Lern-Situationen, in denen das Verbleiben in der ge-gebenen Situation und bei den vorgegebenen Inhaltenmeist unvermeidlich ist, dürfte das kaum der Fall sein.

Die Wirkung von Langeweile scheint u. a. davon abhängigzu sein, wie gelangweilte Personen mit dieser Emotion undihrer Regelung umgehen. Allgemein betrachtet finden Emo-tionsregulationen immer dann statt, wenn das subjektiveWohlbefinden vom angestrebten Soll-Zustand abweicht

und der Ist-Zustand als negativ erlebt wird (vgl. Götz et al.2007; Hascher 2004). In einem solchen Fall werden Coping-Strategien eingesetzt. Die Frage ist nun allerdings, ob derenEinsatz bei der im Zusammenhang mit Langeweile diag-nostizierten schwach negativen Valenz überhaupt für not-wendig gehalten wird bzw. ob dann auch adäquate Strate-gien eingesetzt werden. Drei mehr oder weniger förderliche Coping-Strategien werden diskutiert und lassen sich ent-sprechend auf Langeweileerleben anwenden (vgl. Götz et al.2007, Rost & Schermer 1987): Beim problemorientierten Co-ping werden aktiv Maßnahmen zur Situationsänderung er-griffen. Gelingt dies, wird Langeweile reduziert und der Lern-prozess ist nicht länger beeinträchtigt. EmotionsorientiertesCoping zielt auf eine direkte Veränderung der Emotion desLangeweileerlebens ab, ohne der als langweilig erlebten Si-tuation auszuweichen (z. B. Aktivation durch Sich-Strecken,Erzeugung langeweile-inkompatibler positiver Emotionen).Wenn diese Coping-Strategien erfolgreich sind, dann wirkensie langeweile-reduzierend und damit lern- und leistungs-förderlich. Mit meidensorientiertem Coping soll das Lange-weileerleben vermieden werden, v.  a. wenn der als lang-weilig erlebten Situation nicht ausgewichen werden kann(z. B. Schiffe versenken im Unterricht; Götz et al. 2007).

Befragt man Schüler, was sie in langweiligen Situationen amliebsten tun würden, geben sie überwiegend an, sich ablen-ken zu wollen (meidensorientierte Bewältigung, entwederindividuell, durch z.  B. malen, oder interaktiv, durch z.  B.Nachbarn ärgern) oder die Situation verlassen zu wollen(meidensorientiert, z. B. nach Hause gehen). Insgesamt wer-den v. a. Strategien der Bewältigung genannt, die als nichtlern- oder leistungsförderlich zu bezeichnen sind. Die Be-fundlage ist sehr ähnlich, wenn man Lernende fragt, was sietatsächlich tun (vgl. Götz et al. 2007; Wuttke 2008). Auchwenn Langeweile also grundsätzlich mit positiven Aspekteneinhergehen kann, ist sie im Unterricht wenig wünschens-wert, da von Langeweile geprägte Phasen in ohnehin be-grenzten nominellen und implementierten Lehr-Lernzeiteneine nicht verantwortbare Verschwendung wertvoller Hu-manressourcen darstellen.

3 Langeweile aus Lehrersicht – (auch) eine Facette der professionellen Kompetenz von Lehrpersonen

Die Rolle, die Lehrkräfte im Hinblick auf „guten“ Unterrichtspielen, ist derzeit Gegenstand intensiver wissenschaftli-cher, politischer und gesellschaftlicher Auseinanderset-zungen (vgl. Baumert & Kunter 2006). Von besonderem In-teresse ist, wie sich professionelle Kompetenz von Lehr-personen auf ihr Handeln im Unterricht und auf das Lern-ergebnis der Schülerinnen und Schüler auswirkt. Man gehtdabei im Prinzip davon aus, dass die Kompetenz das un-terrichtliche Handeln bestimmt und Lehrerhandeln dannseinerseits Auswirkungen auf Schülerlernen hat. Das skiz-zierte Ursache-Wirkungs-Gefüge ist durchaus einleuch-tend, aber nicht ausreichend empirisch untermauert (vgl.Beck 2005, 2006; Baumert & Kunter 2006; Brunner et al.2006a, 2006b; Lipowksy 2006; Seifried 2009; Terhart

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2002). Dabei wären eine empirische Absicherung dieserAnnahmen und eine Konkretisierung notwendiger Kom-petenzen besonders für die Lehrerausbildung von ent-scheidender Bedeutung.

Der Umstand, dass bei der Auseinandersetzung mit Bil-dungsqualität die „Lehrervariable“ als eine zentrale Deter-minante der Prozessqualität wieder stärker ins Blickfeldrückt, kann auch auf den Befund zurückgeführt werden,dass Unterricht in deutschen Schulen – ungeachtet des aufwissenschaftlicher Ebene eingeläuteten Paradigmenwech-sels von „traditionellen“ zu „konstruktivistischen“ Didaktik - ansätzen (vgl. Terhart 1999) – nach wie vor durch das Vor-herrschen des fragend-entwickelnden Unterrichts mit ex-tremer Engführung des Lehrer-Schüler-Gesprächs geprägtist und die skizzierte Vorgehensweise in der Summe nichtzu den gewünschten Resultaten führt (für den Physikunter-richt vgl. beispielsweise die Arbeiten von Seidel 2003 undSeidel & Prenzel 2006, für die kaufmännische Erstausbil-dung vgl. Sembill, Wolf, Wuttke, Santjer & Schumacher1998, Sembill, Wuttke, Seifried, Egloffstein & Rausch 2007sowie Wuttke & Seifried 2010). Bezüglich der Langeweilelässt sich aus den durch Einzelstudien erhaltenen Schüler-aussagen zu Langeweileursachen durchaus schließen, dassgerade diese Engführung und die damit verbundene Passi-vität der Lernenden eine zentrale Ursache für Langeweilesein könnte.

Bezieht man die Frage nach der Professionalität von Lehr-personen auf die Problematik des Langeweileerlebens, de-ren Diagnose und Prävention, dann ist insbesondere die Fa-cette von Professionalität angesprochen, die Wissen überLehren und Lernen umfasst (vgl. Diedrich, Thußbas & Klie-me 2002), d.h. Wissen über Lehr-Lern-Prozesse, Wissenser-werb und Gedächtnis, über Motive und Motivation, über so-ziale Strukturen in Lerngruppen und Klassen. Hierunter fälltauch Wissen über potenzielle Ursachen von Langeweile so-wie über deren Ausprägungen und Wirkungen, aber auchdie Kenntnis von Strategien, mit denen der Langeweile zubegegnen ist. Bislang gibt es keine Studien, inwieweit Lehr-personen überhaupt über (fundiertes) Wissen in diesem Be-reich verfügen.

4 Methode3

Folgende Fragestellungen liegen der explorativen Studie zu-grunde:

(1) (Woran) erkennen Lehrpersonen, dass Schüler sich lang-weilen?

(2) Was sind aus Sicht der Lehrpersonen zentrale Ursachenfür Langeweile?

(3) Wie reagieren Lehrkräfte, wenn Schüler sich langweilen?

Die Stichprobe stammt aus einer berufsbildenden Schule inFrankfurt. 28 Lehrpersonen (11  weibliche, 17  männliche,Durchschnittsalter 42 Jahre) wurden in Leitfadeninterviewsbefragt, ob und wie sie Langeweile im Unterricht wahrneh-men4, was sie als Ursache von Langeweile sehen und wie siedarauf und auf die von Schülern angewandten Regulati-

onsstrategien reagieren. Drei der befragten Lehrkräfte sindim Referendariat. Die Dienstjahre der beteiligten Lehrkräf-te bewegen sich von 0 bis über 25 Jahre, im Durchschnitt be-tragen sie 12 Jahre. Der Interviewleitfaden umfasst die Fra-genkomplexe (a) Diagnose von schulischer Langeweile, (b)Ursachen von schulischer Langeweile sowie (c) Lehrerum-gang mit Langeweile. Die Interviews wurden transkribiertund in Anlehnung an Götz et al. (2006, 2007) inhaltsanaly-tisch ausgewertet.

5 Befunde

Praktisch alle Lehrpersonen sind sich bewusst, dass in ihremUnterricht grundsätzlich Langeweile vorkommen kann. Ei-nige Lehrkräfte relativieren diese Antwort, indem sie ange-ben, dass sich manche Schüler langweilen oder die Schülersich hin und wieder langweilen. Nur eine Lehrperson gibt an,dass Schülerinnen und Schüler sich bei ihr nie langweilen,mit der Begründung, ihr Unterricht sei hochrelevant, weil sieselbst aus dem Berufsfeld stamme.

Lehrpersonen müssen – bevor sie etwas gegen Langeweiletun können – diese erst identifizieren können. Möglich istdas über die von den Lernenden eingesetzten Regulations-strategien (sowohl problem- als auch meidens- oder emoti-onsorientierte Strategien, s. o.), sofern diese externalisiertwerden.

In der Befragung zeigt sich, dass die beteiligten Lehrperso-nen Langeweile tatsächlich an den von Schülern eingesetz-ten Strategien erkennen. Wie in Abb. 1 dargestellt, sehen sieinsbesondere unterrichtsfremde Aktivitäten (71,43 %, z. B.telefonieren, sprechen, Bücher lesen, spielen etc.) als Aus-druck von Langeweile. In hohem Maße wird auch Passivität(passive Körperhaltung, gähnen, schlafen) und geistige Ab-wesenheit (Unaufmerksamkeit, aus dem Fenster schauen)als Hinweis auf Langeweile genannt. Unterrichtsfremde Tä-tigkeiten können als behaviorale, geistige Abwesenheit alsmentale Flucht klassifiziert werden (vgl. dazu auch Götz,Frenzel & Pekrun 2007, S. 316). Diese Befunde decken sichmit Ergebnissen einer Studie von Götz, Frenzel und Pekrun(2007), in der Schüler angeben, dass behaviorale Flucht diehäufigste Regulationsstrategie sei. Interessanterweisescheint Passivität eine Regulationsstrategie zu sein, dieLehrkräfte ganz besonders stört („da krieg ich total die Kri-se“), denn diese mentale Flucht der Schüler legt eine gewis-se Sinnlosigkeit des Tuns der Lehrkraft nahe.

Unspezifische Unruhe als Ausdruck von Langeweile kommtin der befragten Kohorte der (fast) erwachsenen Berufs-schüler nicht sehr häufig vor (32,14 % der Nennungen). DieLehrpersonen sehen ihre Schüler zudem als nicht unterfor-dert, zumindest nicht so sehr, dass daraus Langeweile re-sultieren würde. Somit wird deutlich, dass auch aus Lehrer-sicht insbesondere meidens- und emotionsorientierte Re-gulationsstrategien zum Einsatz kommen und als Indiz fürLangeweile identifiziert werden. Problemorientierte Strate-gien („Schüler sprechen mich darauf an, dass sie sich lang-weilen“) werden kaum eingesetzt. Auch diese Befunde ausder Lehrerbefragung decken sich mit solchen, die im Rah-

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Befragt man Lehrpersonen nach den vermeintlichen Ursa-chen für Schülerlangeweile, so zeigt sich ein interessanterBefund: Während Schüler in hohem Maße die Unterrichts-gestaltung und die Lehrinhalte / das Thema – aber durch-aus auch sich selbst – für Langeweile verantwortlich ma-chen (vgl. Wuttke 2008; Götz et al. 2007, siehe linke Spalteder Abb. 2), nennen Lehrpersonen an erster Stelle die Schü-ler, gefolgt vom Unterricht, der Lernsituation und der eige-nen Person.

Es wird deutlich, dass sowohl Lehrende als auch Lernendedie Ursachen für Langeweile in den Hauptakteuren des Un-terrichts und den Inhalten sehen und dass Rahmenbedin-gungen (im weiteren Sinne) eine untergeordnete Rolle spie-len. Betrachtet man die aus Lehrersicht genannten schüler-bedingten Ursachen (89,29 % der Nennungen) näher, dannzeigt sich ein weites Spektrum: Lehrer nehmen an, dassSchüler sich v. a. langweilen, weil sie:

– mit einem nicht passenden Anforderungsniveau kon-frontiert, d. h. entweder über- (42,86 %) oder unterfor-dert sind (28,57 %),

– kein Interesse haben (17,86 %),

men von Schülerbefragungen gewonnen wurden (z. B. Götzet al. 2007, Wuttke 2008).

Langeweileursachenaus Schülersicht

Langeweileursachenaus Lehrersicht

Unterrichtsgestaltung (73,03 %) Schüler (89,29 %)

Schüler selbst (56,18 %) Unterrichtsgestaltung (67,86 %)

Inhalt/Thema (52,81 %) Lernsituation (28,57 %)

Person des Lehrers (14,61 %) Lehrer (21,43 %)

Fach (14,04 %)

Formale Bedingungen (11,08 %)

Klasse/Mitschüler (10,11 %)

Abb. 1: Ausdrucksformen von Schülerlangeweile aus Lehrersicht (Mehrfachant-worten möglich)

– müde und/oder lustlos oder motivationslos sind ( je17,86 %),

– private Probleme haben (10,71 %),

– den falschen Beruf gewählt haben (10,71 %) und

– sich nicht konzentrieren können (7,14 %) (Mehrfachnen-nungen waren möglich).

Damit liegt ein nicht geringer Teil der genannten Ursachenfür schulische Langeweile – aus der Sicht der Lehrpersonen –mehr oder weniger außerhalb ihres Einflussbereiches. Al-lerdings schreiben Lehrpersonen sich selbst und den Lehr-plänen auch einen substanziellen Teil an Langeweileursa-chen zu. Hinter dem in Abb. 2 angeführten Stichwort „Un-terricht“ (67,86 %) stehen kritische Aussagen zur eigenenUnterrichtsgestaltung. Insbesondere sei der Unterricht me-thodisch zu wenig elaboriert (42,86 %, z. B. zu textlastig). Zu-dem seien viele Inhalte zu behandeln, die für Schüler „ein-fach uninteressant sind“ (32,14  %). Unter dem Stichwort„Lernsituation“ sind Langeweileursachen gefasst, die Rah-menbedingungen des Lernens darstellen wie ungünstigeLernzeiten, eine lernfeindliche Lernumgebung und zu gro-ße Klassen.

Als Zwischenfazit lässt sich festhalten, dass Lehrpersonendie Regulationsstrategien ihrer Schüler durchaus als Äu-ßerungen von Langeweile einordnen können und ver-schiedene Ursachen dafür vermuten. Interessant ist in derFolge die Frage, ob und wie sie auf Langeweile reagieren.In Anlehnung an die Einteilung der Bewältigungsstrate-gien von Emotionen in problem-, emotions- und meidens-orientiert lassen sich die von den Lehrern angewandtenMaßnahmen gegen Langeweile ebenfalls in diese Katego-rien einordnen:

– Problemorientierte Maßnahmen umfassen in diesemSinne jene Maßnahmen, die eine Lehrkraft gezielt ein-setzt, um die vom Schüler als langweilig empfundene Si-tuation zu ändern (z. B. Methodenwechsel).

– Emotionsorientierte Maßnahmen zielen auf eine Neube-wertung bzw. veränderte Wahrnehmung der Situation

Abb. 2: Langeweileursachen aus Schüler- und Lehrersicht. Nennungen in % (Mehrfachnennungen möglich)

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ab, ohne an der tatsächlichen Ursache etwas zu ändern(z. B. Verdeutlichen der Relevanz von Inhalten).

– Symptomorientierte Maßnahmen zielen darauf ab, die(oft störenden) Bewältigungsmaßnahmen der Schülerzu unterbinden, ohne gegen die Langeweile selbst etwaszu unternehmen.

Lernförderlich ist insbesondere die erste Kategorie, weil da-mit die Langeweileursache auch tatsächlich beseitigt wer-den kann. Möglicherweise kann auch den emotionsorien-tierten Maßnahmen ein gewisses Potenzial zugesprochenwerden, lenken sie doch zumindest den Fokus der Auf-merksamkeit (wieder) auf die Unterrichtsinhalte. Reinsymptomorientierte Maßnahmen sollten dagegen keinlernförderliches Potenzial haben, da sie nur oberflächlich dieRuhe herstellen und einen einigermaßen reibungslosen Ver-lauf des Unterrichts gewährleisten helfen. Abb. 3 zeigt, wieLehrpersonen auf die Langeweileäußerungen ihrer Schüle-rinnen und Schüler reagieren.

geistige Abwesenheit). Die von den Lehrpersonen als Aus-druck von Langeweile diagnostizierten Schülerreaktionendecken sich dabei weitgehend mit dem, was aus der schü-lerbezogenen Langeweileforschung bekannt ist (Götz et al.2007; Wuttke 2008). Aufschlussreicher wären diesbezüglichallerdings noch Prozessstudien, die untersuchen könnten,ob die von Lehrern erkannten Symptome von Langeweiletatsächlich mit dem Langeweileerleben von Schülern kor-respondieren, was Zeitpunkt, Dauer und Intensität angeht.

Als Ursache für Langeweile nehmen sich Lehrer zwar nichtan erster Stelle wahr, schreiben sich aber doch substanziellVerantwortung für das Langeweileerleben der Lernendenzu. Auffällig ist, dass Lehrpersonen nur über ein eher be-grenztes Repertoire an Maßnahmen zur Beseitigung vonLangeweile verfügen und der „Klassiker“ Ermahnung sehrhäufig genannt wird. Interessant ist ebenfalls, dass Über-forderung als zentraler Grund für Langeweile angegebenwird, diese aber häufig mit Zusatzaufgaben bekämpft wird,was eher nicht zur Reduzierung der Überforderung beiträgt.

Einschränkend sei angemerkt, dass die bisherigen Befundezwar vor dem Hintergrund der schülerbezogenen Lange-weileforschung plausibel sind, allerdings aus einer rechtkleinen Stichprobe stammen. Um weiterreichende Aussa-gen über die diagnostische Kompetenz der Lehrpersonenund ihren Umgang mit Langeweile treffen zu können, müss-ten diese Aspekte systematischer untersucht werden.

Anmerkungen1 Das sozialkognitive Modell der Entwicklung von Lern- und Leistungsemo-

tionen (Pekrun, 2000, 2006), ein situationsunspezifisches Modell von Hillund Perkins (1985) und ein Modell von Robinsohn (1975).

2 Diese und ähnliche Persönlichkeitsmerkmale scheinen dafür verantwort-lich zu sein, dass Menschen sich bei gleichen situativen Gegebenheiten un-terschiedlich schnell langweilen, d. h. unterschiedlich „anfällig“ sind fürLangeweile (vgl. O’Hanlon 1981). Auch die Passung von Umwelt- und Per-sonenmerkmalen wurde häufig im Hinblick auf ein für Lern- und Leis tungs-prozesse optimales Level an Arousal bzw. Stimulation thematisiert (Ha-milton, 1981; Larson & Richards, 1991; O’Hanlon, 1981). Derartige Pas-sungen spielen auch für Flow-Erleben eine zentrale Rolle, welches Csiks-zentmihalyi (1975) als das „Gegenteil“ von Langeweile bezeichnet. Lange-weile sollte entstehen, wenn die Passung nicht gegeben ist, v. a. wenn dieUmwelt stark unterfordert.

3 Ein Teil der Daten, die im Folgenden berichtet werden, wurde im Rahmender Diplomarbeit von Kathrin Baer an der Professur für Wirtschaftspäda -gogik der Goethe Universität Frankfurt gewonnen und ausgewertet.

4 Die Antworten beziehen sich auf den Unterricht in Reiseverkehrs-, Spedi-tions-, Bank-, Industrie-, Verkäufer- und Groß- und Einzelhandelsklassen.Unterrichtete Fächer waren Wirtschaftslehre, Politik, Englisch, Deutsch,EDV und Geografie.

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Abb. 3: Umgang mit Langeweile im Unterricht. Nennungen in % (Mehrfach-nennungen möglich)

Zwischen den Regulationsarten gibt es quantitativ nur we-nig Unterschiede. Unter die problemorientierten Maßnah-men, die aktiv gegen Langeweile gerichtet sind, fallen Zu-satzaufgaben, Methodenwechsel, individuelles Coachingund individuelle Hilfe. Emotionsorientierte Maßnahmen,die mit gleicher Häufigkeit genannt wurden, umfassen As-pekte wie z. B. die Relevanz des Themas zu verdeutlichenoder auch durch Variation von Gestik, Mimik und Stimmesowie durch Witze u. ä. die emotionale Grundstimmung zuverbessern. Sie können lernförderlich wirken.

Sehr häufig werden allerdings auch rein symptomorientier-te Strategien eingesetzt. Schülerinnen und Schüler werdenaufgefordert, besser aufzupassen, bei wahrgenommenerUnaufmerksamkeit aufgerufen oder bei Unruhe und Be-schäftigung mit unterrichtsirrelevanten Dingen ermahnt.Diese Maßnahmen mögen kurzfristig Wirkung zeigen, sindaber wenig geeignet, Langeweile zu bekämpfen und Schü-ler zur Beschäftigung mit den Inhalten anzuregen.

6 Fazit und Desiderate

Die Befunde zeigen, dass die befragten Lehrkräfte die Lan-geweileäußerungen ihrer Schüler durchaus differenziertwahrnehmen und auch solche Signale als Langweile deu-ten, die nicht ganz eindeutig in diese Richtung weisen (z. B.

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Themen

Die berufsbildende Schule (BbSch) 62 (2010) 11/12 319

1 Technikerausbildung an Fachschulen inDeutschland erfordert eine Erneuerung

Gegenwart und Rückblick

Bundesweit werden Techniker an Fachschulen in ca. 30 Fach-richtungen ausgebildet, die teilweise – regional bedingt – inSchwerpunkte untergliedert sind. Nach groben Schätzun-gen wurden von 1970 bis 2000 jährlich ca. 30.000 Technikerin Deutschland ausgebildet, so dass derzeit von ca. 750.000bis 1. Mio. staatlich geprüften Technikern in der Bundesre-publik ausgegangen werden kann, die einen nicht zu unter-schätzenden Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg unseresLandes beitragen.2 Techniker sind praxisorientierte Füh-rungskräfte des mittleren Managements, die bedingt durchihren Ausbildungsweg – Berufsausbildung, Arbeit im Berufund Fachschulausbildung – die Arbeit von Facharbeitern, In-genieuren und anderen Fachkräften sehr gut koordinierenkönnen. Sie werden von vielen Unternehmen wegen ihrerguten fachlichen Kompetenzen eingestellt. Vielfach sind siein die Ausbildung des Facharbeiternachwuchses sowie in dieMitarbeiterführung einbezogen.

Fachschulen als Ort der Technikerausbildung entwickeltensich von 1830 bis 1918 aus Sonntagsschulen im kaufmän-nischen und gewerblichen Bereich. Diese Schulen befandensich in den Händen der Industrie, der Gewerkschaften oderoft in freier Trägerschaft und orientierten sich vornehmlichan den Bedürfnissen der regionalen Wirtschaft. Im Zeitraumvon 1918 bis 1945 wurden diese Fachschulen zu TechnischenLehranstalten (TL). Dieser Begriff wurde noch in der Wei-marer Republik geschaffen und damit eine inhaltliche undorganisatorische Revision der damaligen preußischen Fach-schulen vorgenommen. Parallel wurden die Höheren Tech-nischen Lehranstalten (HTL) gegründet, deren Absolventenseit dieser Zeit als Ingenieure bezeichnet wurden. Zweijäh-rige Fachschulen gab es in verschiedenen Fachbereichen wieTechnik, Wirtschaft, Agrarwesen und Hauswirtschaft.3

Diese Fachschulen bildeten nach 1945 die Vorläufer einer-seits für die späteren Ingenieurschulen in der DDR und an-dererseits für die Höheren Fachschulen, die in der Bundes-republik ab 1971 nach und nach zu Fachhochschulen um-gewandelt wurden.4

Die erste Rahmenvereinbarung zur Ausbildung und Prüfungin Fachschulen mit 2-jähriger Dauer wurde in der BRD am27. Oktober 1980 beschlossen. Diese Regelung fand mit derWiedervereinigung beider deutscher Staaten ab 1990 auchin den neuen Bundesländern Anwendung. Für die Inge-nieurschulen der damaligen DDR bestanden in diesem Rah-men die Möglichkeiten, sich als Fachschule oder Fachhoch-schule zu profilieren.

Die Fachschulausbildung führt in Vollzeit- oder Teilzeitformzu qualifizierten Abschlüssen der beruflichen Weiterbil-dung und hat zum Ziel, Fachkräfte für Führungsaufgaben inBetrieben, Unternehmen, Verwaltungen und Einrichtungenzu befähigen.5 Der Abschluss erfolgt mit einer schriftlichenPrüfung in vier fachrichtungsbezogenen Fächern und min-destens einer mündlichen Prüfung in einem fachrichtungs-übergreifenden oder fachrichtungsbezogenen Fach. Zudemist eine abschließende Hausarbeit anzufertigen und zu ver-teidigen. Der Beleg wird als Planungsobjekt während des Fa-ches Projektarbeit (PA) bzw. des sächsischen Lernfeldes„Facharbeit erstellen“ bearbeitet.

Gründe und Ziele der Erneuerung

Die Ausbildung von Technikern ist neben der Ausbildung vonMeistern, Betriebs- und Fachwirten eine der möglichen Auf-stiegsfortbildungen in Industrie und Handwerk und spieltim technischen Bereich eine besondere Rolle. Die Absolven-ten erreichen an den Fachschulen im Freistaat Sachsen undanderen Bundesländern gleichzeitig die Fachhochschulrei-fe. Für die Ausbildung sind nach einer beruflichen Erstaus-bildung berufliche Erfahrungen in der gewählten Fachrich-

Jörg Biber, Martin Hartmann, Jürgen Poch, Wiete Schirmer

Technikerausbildung in Deutschland– ein immer noch unterschätztes Kleinod in der deutschenBildungslandschaft: Das Berufsbild „Staatlich geprüfter Techniker/Staatlich geprüfte Technikerin“ als Basis zur Lehrplanentwicklungfür die Fachschulausbildung

Ein wesentliches Anliegen der geplanten Erstellung von neuen Fachschullehrplänen für die Fachrichtungen „Sanitärtechnik“, „Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik“ sowie „Maschinentechnik“ und „Kältetechnik“ im FreistaatSachsen ist es, sich den Herausforderungen einer immer schneller verändernden Arbeitswelt mit immer komplexer wer-denden Arbeitsanforderungen zu stellen und dabei regionale Besonderheiten zu berücksichtigen. Nur so kann die Fach-schule in der neu zu strukturierenden deutschen und europäischen Bildungslandschaft eine konkurrenzfähige Rolle ein-nehmen und zugleich einen Beitrag zur Stärkung der regionalen Wirtschaft leisten. Damit diese Veränderungen in den neu-en Lehrplänen auch wirklich Berücksichtigung finden können, wurde im Vorfeld eine breitangelegte Studie zur Analyse undBeschreibung von Berufsbildern als Grundlage für die Entwicklung von lernfeldbezogenen Lehrplänen für die Techniker-ausbildung erstellt.1 Exemplarisch werden einige Ergebnisse daraus vorgestellt.

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Technikerausbildung in Deutschland

Die berufsbildende Schule (BbSch) 62 (2010) 11/12320

tung von mindestens einem Jahr erforderlich. Diese Berufs-praxis, die oft mehrere Jahre umfasst, sichert eine große Pra-xisnähe der Kenntnisse und Fähigkeiten der Techniker. DieAbschlüsse von Meistern und Technikern werden im Allge-meinen als äquivalent angesehen.6 Die Ausbildungsgängeunterscheiden sich jedoch an einigen Stellen, z. B.:

– Während die Meisterausbildung bei den Kammern (IHK,HWK) angesiedelt sind, werden Techniker an staatlichenoder auch privaten Fachschulen ausgebildet.

– Meister kommen heute eher in kleineren und mittlerenUnternehmen zum Einsatz, Techniker eher in mittlerenoder größeren Unternehmen der Industrie sowie in klei-neren Planungsbüros oder kleineren spezialisierten Un-ternehmen, die aber höher technisiert sind.

– Die Technikerausbildung ist verschulter, was im Vergleichzur Meisterausbildung Vor- und Nachteile hat. Bei derTechnikerausbildung ist die fachtheoretische Ausbil-dung ausgeprägter als die Praxisnähe. Durch verstärktesEinbeziehen von Beispielen mit Praxisrelevanz sowie ab-schließender Projektarbeiten – möglichst in Kooperati-on mit Unternehmen – wird die Praxisnähe erhöht.

In den vergangenen Jahren hat technischer, arbeitsorgani-satorischer und sozialer Wandel zu veränderten Strukturenin der Arbeitswelt geführt. Deshalb werden Techniker7 heu-te u. a. bis in die mittlere Leitungsebene, bei der Kundenbe-treuung, für die Integration und Vermittlung von Facharbeitund Ingenieurarbeit, in der Planung und Entwicklung vontechnischen Lösungen und immer häufiger auch als äqui-valenter Ersatz für fehlende FH-Ingenieure bzw. BA-Absol-venten eingesetzt.

Um den Praxisbezug in der Technikerausbildung weiter zuverbessern, verfolgt der Freistaat Sachsen das Ziel, neueLehrpläne zu konzipieren, die sich eng an den beruflichenAufgaben der Techniker orientieren. Diese Lehrpläne sollensich an die Konzeption der Lernfelder der beruflichen Erst-ausbildung anlehnen. Daraus resultiert die Leitfrage:„Durch welche Kompetenzen wird das Berufsbild der Tech-niker in der jeweiligen Fachrichtung beschrieben?“ Hierfürist unbedingt die Kenntnis der Schwerpunkte und Struktu-ren der Arbeit der Techniker erforderlich, so dass die Berufs-bilder vor dem Hintergrund des Wandels in den jeweiligenFachrichtungen erfasst werden müssen.

In der Vergangenheit waren die Lehrer der Lehrplankom-missionen zwar auch aufgefordert, Untersuchungen zumaktuellen Berufsbild des Technikers in der jeweiligen Fach-richtung durchzuführen, dies konnte angesichts fehlenderwissenschaftlicher Infrastruktur jedoch nur in begrenztemMaße erfolgen. Deshalb einigten sich die Professur Metall-und Maschinentechnik/Berufliche Didaktik der TU Dresdenund das Sächsische Staatsministerium für Kultus (SMK) –speziell das Sächsische Bildungsinstitut (SBI) – auf den Vor-schlag, im Vorfeld der Lehrplanentwicklung eine Studie zuden Berufsbildern der Techniker in den Fachrichtungen „Sa-nitärtechnik“, „Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik“,„Kältetechnik“ und „Maschinentechnik“ als Grundlage fürdie Entwicklung von lernfeldbezogenen Lehrplänen anzu-

fertigen.8 Diese Studie wurde in einem einjährigen For-schungsprojekt durch das SMK gefördert.

Mithilfe der Ergebnisse sollte die Reform der genanntenFachschullehrpläne ganz gezielt an den Bedarfen der Ar-beitgeber der Techniker und den Arbeitsaufgaben sowie anden Interessen der Techniker ausgerichtet werden. Deshalbgalt es, die Kern- und Nebentätigkeiten der Techniker in deneinzelnen Einsatzgebieten vor dem Hintergrund des Wan-dels in den Arbeits- und Geschäftsprozessen als Grundlagefür eine Erneuerung der Fachschullehrpläne zu untersuchen.Die Beschreibung der Berufsbilder der Fachrichtungen soll-te auch Empfehlungen beinhalten, welche Fachrichtungenund Schwerpunkte weiterhin angeboten werden solltenoder ob Zusammenlegungen zweckmäßig wären. Es galt dieVerschiedenartigkeit der Arbeitsaufgaben und die zu derenBewältigung erforderlichen Kompetenzen in unterschiedli-chen Branchen und die Rolle der Techniker im gesamten Ge-schäftsprozess zu analysieren, zu bewerten und zu verall-gemeinern. Ebenfalls von Belang sind die Zahl der nachge-fragten Absolventen in den verschiedenen Fachrichtungen;die Überschneidungen in den Arbeitsbereichen; die großeBreite der Differenzierung, insbesondere in der Fachrich-tung Maschinentechnik, der eine Technikerausbildungkaum gerecht werden kann; die Möglichkeit der inneren Dif-ferenzierung im Rahmen einer gemeinsamen Ausbildungdurch entsprechende Wahlangebote und die Möglichkeitder Sicherstellung des Angebots an technischen Fachrich-tungen durch den Freistaat.

2 Umfang und Untersuchungsverlauf zum Berufsbild „Staatlich geprüfter Techniker“ im Freistaat Sachsen

Die Recherche und Dokumentation der Ergebnisse bezog sichauf Fachschuleinrichtungen, Unternehmen und übergeord-nete Verbände, Kammern und Vereine im Freistaat Sachsenund darüber hinaus. Als Voruntersuchung fanden zunächstRecherchen unter den Techniker einstellenden Unternehmenin Sachsen sowie unter den sächsischen Fachschulen mit denausgewählten Fachrichtungen und eine Analyse von Stel-lenausschreibungen für Techniker statt. Schwerpunkte wa-ren bei Letzteren die Anzahl der Studierenden und die Klas-senanzahl, die Ausbildungsformen (Vollzeit, Teilzeit) und fürden Bereich der Maschinentechnik zusätzlich die Rechercheder angebotenen Schwerpunkte je Fachschule. Parallel wur-den Gespräche mit Expertinnen und Experten der Verbände,Kammern und Vereine mittels leitfadengestützten Inter-views vorbereitet, um auch hierüber Anhaltspunkte für dieBefragung der Unternehmen zu erhalten.

Es erfolgte eine Kontaktaufnahme zu den Fachschulen, mitdem Ziel, entsprechende Ordnungsmittel und Projektarbei-ten der Studierenden zu erhalten. Dankenswerterweisestellten die Schulen umfangreich Projektarbeiten zur Verfü-gung, die ein aussagekräftiges Ergebnis der berufsbezoge-nen Fachschulausbildung verkörpern. Die Themenstellungerfolgt entweder durch (regionale) Unternehmen oder dieLehrenden selbst. Diese Projektarbeiten wurden hinsicht-lich der Aufgabenstellung und den sich daraus ergebendenAnforderungen an die Studenten untersucht. Daraus abge-

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Themen

Die berufsbildende Schule (BbSch) 62 (2010) 11/12 321

leitete mögliche Arbeitsbereiche der Techniker bildeten ei-ne der Grundlagen für das Erstellen der Befragungsbögen,insbesondere für die angestrebten Kompetenzeinstufun-gen (Unterteilung der Arbeitsbereiche in Kompetenzfeldermit unterschiedlichen Kompetenzgraden), die für die Fra-gebögen explizit bestimmt werden sollten. Die Ergebnisseder Projektarbeiten wurden anhand folgender Aspekte re-flektiert:

– Wird in der Projektarbeit eine Aufgaben-/Problemstel-lung bearbeitet, die vom Unternehmen gestellt wurde?

– Ist die vorgegebene Problemstellung von praktischer Re-levanz für das Unternehmen oder inwieweit entsprichtdie Aufgabe einem real vergleichbaren Arbeitsauftrag?

– Welche Unterschiede ergeben sich in der Themenstel-lung der Teilzeit- und der Vollzeitform der Fachschule?

– Die Themen sind in der Teilzeitform der Fachrichtung Maschinentechnik oft nah verbunden mit dem gegen-wärtigen Betätigungsfeld der Lernenden.

– In der Vollzeitform sind die Themen entweder praxisfer-ner oder stärker an Entwicklungsaufgaben, wie sie vonIngenieuren gefordert werden, angelehnt.

– Welche Anforderungen an das Leistungsniveau und so-mit auch an den Umfang der Projektarbeit werden sei-tens der Fachschule gestellt und welche Anforderungenstellt das Unternehmen an die Bearbeitung einer Pro -b lemstellung im Rahmen solch einer Projektarbeit?

– Spielen regionale Besonderheiten in den von den Unter-nehmen gestellten Themen der Projektarbeiten eine be-sondere Rolle?

Um möglichst vergleichbare Aussagen in der Expertenbe-fragung zu den o. g. Aspekten zu erhalten, wurde die Formdes „Leitfaden gestützten Interviews“ gewählt. Des Weite-ren wurde entschieden, eine schriftliche Befragung mög-lichst vieler Unternehmen unterschiedlicher Branchen inSachsen, die Techniker der Fachrichtungen einstellen, durch-zuführen. Ziel war es dabei, Anforderungen und Vorstellun-gen möglicher Arbeitgeber zu erfassen, typische Arbeitsbe-reiche eines Technikers im Betrieb zu verifizieren sowie dieentsprechenden Kompetenzen der einzelnen Arbeitsberei-che in unterschiedlicher Ausprägung aufzuzeigen. 161 Fir-men (84 Maschinentechnik/77 SHK- und Kälte-Technik) er-hielten unsere Fragebögen. Für den Fachbereich SHK-Tech-nik ergab sich zusätzlich die Möglichkeit, in Kooperation mitder Staatlichen Fachschule für Bau, Wirtschaft und VerkehrGotha weitere Firmen der SHK-Branche zu befragen. DieRücklaufquote war unterschiedlich – für die Maschinen-technik bei 30 %, für die SHK-Technik lag sie bei 63 % sowiebei 25 % für die Kältetechnik.

Konkret unterteilte sich der Aufbau des Fragebogens in fol-gende Schwerpunkte:

– Allgemeine Angaben zur Struktur und Größe des Unter-nehmens

– Angaben zu den im Unternehmen beschäftigten Mitar-beitern

– Arbeitsbereiche (z.  B. Akquisition, Entwicklung, Ferti-gung, Vertrieb, Bauplanung usw.)

– Arbeitsbereiche des Technikers und Angaben zu konkre-ten Kompetenzen innerhalb dieser Arbeitsbereiche inunterschiedlicher Ausprägung

– Angaben zur Arbeitsorganisation im Unternehmen

– Kompetenzbewertung von Technikern in Abgrenzung zuMeistern und Ingenieuren

– Zukünftige Entwicklungen der einzelnen Branchen

– Möglichkeiten zu weiterführenden Ergänzungen

Um eine hohe Objektivität, Reliabilität und Validität der Be-fragung zu sichern, wurde eine weitestgehend geschlosse-ne Struktur der Fragestellung gewählt, bei der konkrete Ant-wortmöglichkeiten zur Wahl standen. Zugleich wurden aberan einigen Stellen Möglichkeiten zu selbstständigen Ergän-zungen eingeräumt, um zusätzlich eventuell fehlende wich-tige Aspekte erfassen zu können. Das Hauptziel der Befra-gung bestand in einer umfassenden Zusammenstellung al-ler für den Techniker relevanten Arbeitsbereiche und die Er-stellung eines diese Arbeitsbereiche betreffenden Kompe-tenzkataloges. Neben Fachrichtung, Branche und Beson-derheiten wurden Informationen zu Anforderungen undProfil von Technikern und zu deren Einsatzgebieten in denUnternehmen (Arbeitsbereiche) erfasst.

3 Übergreifende Untersuchungsergebnisse

Bevor ausgewählte Ergebnisse der Untersuchungen in Be-zug auf ein übergreifendes Berufsbild des Technikers fürSHK-Technik und die Unterschiede zur Fachrichtung Ma-schinentechnik differenziert dargestellt werden, ist metho-disch zu klären, wie die in das Berufsbild eingegangenenKompetenzfelder zu Stande gekommen sind. Anzunehmenwar, dass im Unterschied zu den Kompetenzen von Auszu-bildenden, die Tätigkeiten von Technikern in ihrem Komple-xitätsgrad und der zu übernehmenden Verantwortung hö-her anzusetzen sind. Vor diesem Hintergrund wurden dieübergreifenden Arbeitsbereiche, die von den Technikern zubewältigen sind, erfasst. Zum Tragen kamen in diesem Zu-sammenhang auch die Kompetenzdimensionen, wie sie vonder KMK in der Handreichung für die Erarbeitung von Rah-menlehrplänen (...) für den berufsbezogenen Unterricht inder Berufsschule ... formuliert werden (Fach-, Human- undSozialkompetenz“ bzw. quer dazu „Methoden-“ und „kom-munikative Kompetenz“), ergänzt um eine Komponente „In-novation“. Für alle Fachrichtungen konnten folgende Ar-beitsbereiche erfasst werden:

– Entwicklung und Planung

– Organisation und Arbeitsvorbereitung

– Kalkulation/Ökonomie

– Instandhaltung

– Qualitätsprüfung und Qualitätssicherung

– Kundenberatung und Kundenbetreuung

– Mitarbeiterführung und Teamfähigkeit

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Die berufsbildende Schule (BbSch) 62 (2010) 11/12322

Technikerausbildung in Deutschland

– Dokumentation und Kommunikation

– Ökologie und Umweltschutz

– Umgang mit Software

Die Identifizierung der Kompetenzen wurde also in den Kon-text einer vollständigen Auftragsabwicklung mit den not-wendig zu bewältigenden Handlungen gestellt. Den vonden Experten und den Technikern angesprochenen Arbeits-bereichen wurden zur Spezifikation ein bis drei Kompetenz-felder (im Rückgriff auf die Kompetenzdimensionen) zuge-ordnet. Diese wurden als von den Technikern in verschiede-nen möglichen Ausprägungsgraden (im Allgemeinen imSinne einer Komplexitätssteigerung) zu bewältigende Ar-beitsaufgaben formuliert, so dass sie von den befragten Un-ternehmen oder Technikern wertend zugeordnet werdenkonnten. Für jeden Bereich der Kompetenz („Kompetenz-feld“) erfolgte eine Beschreibung durch drei verschiedeneKompetenzgrade, um den Grad der Ausprägung zu erfassen.So konnten die spezifischen Arbeitsinhalte von Technikernerfasst werden. Die Techniker sind naturgemäß nicht über-all in gleichem Maße tief oder übergreifend in die Arbeits-bereiche der Unternehmen involviert. Durch die Erstellungvon Kompetenzfeldern mit den jeweiligen Kompetenzgra-den sollte ersichtlich werden, wo die Techniker nach Aussa-ge der befragten Arbeitgeber nur Grundkenntnisse oder -fertigkeiten benötigen oder wo sich das Aufgabengebiet ei-nes Technikers eventuell sogar mit dem eines Ingenieursüberschneidet.9 Im Sinne einer Stufung der Kompetenzgra-de wurden folgende Kompetenzgrade formuliert:

– Kompetenzgrad 1 bezieht sich je nach Inhalt des Kompe-tenzfeldes auf „Kennen, Verstehen, Auswählen oder Le-

sen“; Kompetenzgrad 1 stellt die niedrigste Stufe der ge-forderten Kompetenz dar.

– Kompetenzgrad 2 umfasst je nach Inhalt des Kompe-tenzfeldes hauptsächlich Formulierungen wie „Anwen-den, Planen, Entwickeln, Analysieren und Erstellen“.Kompetenzgrad 2 baut auf Kompetenzgrad 1 auf undschließt Kompetenzen der ersten Stufe mit ein.

– Kompetenzgrad 3 bezieht sich hauptsächlich auf Ar-beitsabläufe höherer Kompetenzstufen, die mit Formu-lierungen wie „Ändern, Weiterentwickeln und Optimie-ren“ im Zusammenhang stehen und beschrieben wer-den. Kompetenzgrad 3 schließt ebenfalls Kompetenz-grad 1 und 2 mit ein.

4 Das Berufsbild „Techniker für SHK-Technik“ –ein Ergebnis der Untersuchung

Eines der Ergebnisse der Analysen war die Erstellung von Be-rufsbildern in den drei Fachrichtungen Maschinentechnik,Sanitär, Heizung und Klimatechnik (SHK) und Kältetechnik.Eine gesonderte Ausweisung der Sanitärtechnik machtehiernach keinen Sinn, da die Untersuchung ergab, dass eskaum Unternehmen (0 % der befragten Unternehmen) gibt,die sich ausschließlich auf die Sanitärtechnik konzentrieren,aber 90 % der Unternehmen des Heizungsbaus auch Anla-gen der Sanitärtechnik installieren. Die Kältetechnik ist da-gegen als eigenständiger Bereich zu fassen, auch wenn esz. B. (zunehmende) Überschneidungen insbesondere im Ge-biet der Lüftungs- und Klimatechnik oder der Wärmepum-pentechnik gibt. Die Kenntnisse auf dem Gebiet der Kälte-technik gehen in weiten Bereichen über die in der Haus-technik erforderlichen hinaus.

AkquisitionVorplanung

AngebotsplanungBaubetreuungBauausführung

KundenbetreuungKontakt zu Firmen

InnendienstAußendienst

VertriebRechnungswesen

PersonalwesenAngebotserstellung

ZeichnungenDimensionierungAndere Bereiche

13%53%

63%69%

25%44%

56%47%

34%19%

16%9%

78%66%

84%6%

Abb. 1: Kern- und Nebentätigkeiten von Staatlich geprüften Technikern im SHK-Bereich.

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Themen

Die berufsbildende Schule (BbSch) 62 (2010) 11/12 323

Berufsbild: Techniker für SHK-Technik10

Staatlich geprüfte Techniker für Sanitär-, Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik arbeiten vorwiegend in kleinen bis mit-telgroßen Unternehmen.

Sie können dabei im Handwerk und in der Industrie, in Ingenieurbüros für technische Fachplanung, in Entwicklungsab-teilungen, bei kommunalen und staatlichen Behörden, in Versorgungsbetrieben, Verbänden, Organisationen und Kam-mern tätig werden. Auch Hersteller von Geräten der SHK-Technik kommen als Arbeitgeber in Frage. Darüber hinaus bie-ten Energie- oder Wasserversorgungsunternehmen, Abwasserzweckverbände etc. Beschäftigungsmöglichkeiten. Für Fir-men der Immobilienwirtschaft sind sie zum Beispiel im Gebäudemanagement von Wohnanlagen tätig. Sie arbeiten eben-falls als Dienstleister und Gutachter oder übernehmen Beratertätigkeiten in größeren Gebäudekomplexen wie Kran-kenhäusern oder Universitäten.

Aufgrund ihrer berufspraktischen Erfahrung und der durch die Fachschulausbildung erlangten Kenntnisse stellen Staat-lich geprüfte Techniker in der modernen Wirtschaft das Bindeglied zwischen Theorie und Praxis dar. Schwerpunkte ihrerArbeit sind – in Abhängigkeit vom Einsatzgebiet – Planung, Dimensionierung und Projektorientierung versorgungs-technischer Anlagen.

SHK-Techniker verfügen über umfangreiche PLANERISCHE FÄHIGKEITEN. Sie optimieren Produkte und Anlagen, schlagendabei im Planungsprozess Alternativen vor und können neue Technologien anwenden und beurteilen. Bei der Planungund Entwicklung von Anlagen treffen sie Entscheidungen im Rahmen der Kundenwünsche.

Die von SHK-Technikern im Zusammenhang mit der PROJEKTIERUNG benötigten Kompetenzen umfassen das selbst-ständige Erstellen von Projektierungsunterlagen nach gesetzlichen Grundlagen und gültigen technischen Regeln unterverschiedenen Anforderungsbedingungen sowie ein zielbewusstes, fachübergreifendes Anwenden von Kenntnissen/Fä-higkeiten und das Überschauen des Gesamtprozesses. Sie führen erforderliche Berechnungen, die Komponentenaus-wahl und DIMENSIONIERUNGEN durch und erstellen Angebote und Leistungsverzeichnisse. Das Anwenden mathemati-scher, natur- und technikwissenschaftlicher Methoden zur Aufgabenlösung, das Beherrschen wichtigster Konstruktions-und Berechnungsmethoden sowie die Anwendung entsprechender Branchensoftware sind eine weitere notwendige be-rufliche Qualifikation.

Die Planungs- und Projektierungstätigkeit von SHK-Technikern erfolgt unter Beachtung, Umsetzung und Einbindungneuer Technologien. Relevante Themen sind dabei Systemtechnik für neue Energiearten (Biomasse, Sonne, Erdwärme)und in diesem Zusammenhang die Kombinationsmöglichkeiten der Lüftungs- und Klimatechnik mit der Heizungstech-nik (z. B. Wärmepumpen). Techniker sollen des Weiteren über umweltbezogene Kenntnisse verfügen, die sie u. a. zurenergiesparenden Verwendung heizungstechnischer Komponenten (z. B. Wärmepumpen) einsetzen.

Weitere relevante Arbeitsbereiche, welche die genannten Kompetenzen konkretisieren sind u. a.:

KALKULATION/ÖKONOMIE

• Wirtschaftliches Denken, Kenntnisse und Erfahrungen in Kalkulation und Finanzierung,

• Angebotskalkulation (Angebotserstellung, Aufmaß, Kostenvoranschläge und Abrechnung),

• Materialien und Betriebsstoffe unternehmensspezifisch einkaufen,

• Wirtschaftlichkeits- und Kostenberechnungen verstehen und durchführen.

ORGANISATION UND ARBEITSVORBEREITUNG

• Logistik/Zeitwirtschaft/Terminierung

• ganzheitliche, Arbeitsvorbereitung:

– Material-, KFZ-, Betriebsmitteleinsatz planen,

– Mitarbeitereinsatzpläne erstellen,

– Abstimmen von Arbeits- und Planungsleistungenz. B. mit anderen Gewerken auf der Baustelle – Kooperationsfähigkeit.

FERTIGUNGS- UND MONTAGEÜBERWACHUNG

• Überwachen der fachgerechten Montage der gesamten Anlage auf der Baustelle.Dies schließt sowohl das Überprüfen einzelner Bauteile als auchdas Überprüfen des fachgerechten Einsatzes von Materialien ein.

MESS-, STEUERUNGS- UND REGELUNGSTECHNIK

• Wichtige Steuerungs-, Regelungs- und Automatisierungskonzepte und -einrichtungen erklären,

• Messungen durchführen, Regelkonzepte erstellen, Parameter nach Kundenwünschen festlegen.

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Technikerausbildung in Deutschland

Die berufsbildende Schule (BbSch) 62 (2010) 11/12324

Die Studie erforschte die Tätigkeitsprofile der Techniker. InAbbildung 1 (auf S. 322) sind neben der vermuteten Kern-tätigkeit „Planung von Anlagen“ weitere mehr oder weni-ger wichtige Tätigkeiten von Technikern in der FachrichtungSHK im Vergleich – und damit Einsatzbereiche in entspre-chenden Unternehmen – dargestellt. Als Kerntätigkeitenkönnen die „Anlagendimensionierung“, die „Angebotser-stellung“ und das „Anfertigen von Zeichnungen“ genanntwerden. Auch in der „Baubetreuung“ arbeiten ca. 70 % derangestellten staatlich geprüften SHK-Techniker.

Die zu erstellenden Berufsbilder sollten die spezifischen Auf-gaben der Techniker in den Fachrichtungen erfassen, dieseaber doch so allgemein halten, dass die Ergebnisse für dieLehrplankommissionen handhabbar bleiben. Dazu musstenu. a. die Angaben über die Unternehmen, die Branche, dieArbeitsbereiche der Techniker und ihren Arbeitsinhalt in ge-wissem Umfang generalisiert werden. Eine spezifischere Er-fassung der Kompetenzen ist aus den Kompetenzfeldern he-rauszulesen. Für die konkrete Ausgestaltung des Unterrichtsmüssen die durch die Aufgaben der Techniker gefordertenKompetenzen noch weiter spezifiziert werden.

In dem folgenden Berufsbild Techniker für SHK-Technik (sie-he Kasten auf Seite 323) kommt es bei den einzelnen Be-rufsmerkmalen vielfach zur Verknüpfung von Anforderun-gen auf unterschiedlichen Kompetenzfeldern und in unter-schiedlichen Kompetenzgraden. Dadurch wird zugleich dieKomplexität der beruflichen Anforderungen verdeutlicht.

5 Ausblick

Deutschland besitzt ein Aus- und Weiterbildungssystem,das über Jahrhunderte gewachsen ist und das sich stets be-dingt durch historische Entwicklungen oder wirtschaftlicheZwänge und Bedürfnisse fortentwickelte. Die Schaffung ei-nes Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) zur Einord-nung aller Bildungsabschlüsse des deutschen Bildungssys-tems als Konsequenz und Umsetzung der Maastrichter Be-schlüsse von 2004 (Maastricht-Kommuniqué)11 stellt dieheutige Bildungspolitik vor eine Herausforderung, der sichalle am gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Diskursteilnehmenden Entscheidungsträger stellen müssen. DerStaatlich geprüfte Techniker als Fachschulabschluss siehtsich in Konkurrenz zum deutschen Handwerksmeister undbeide zum Bachelorabschluss der Fachhochschulen und Be-rufsakademien und anderer privater Bildungsträger.

Will die Fachschule in der neu zu strukturierenden deut-schen und europäischen Bildungslandschaft eine konkur-renzfähige Rolle einnehmen, muss es ihr gelingen, die He-rausforderungen einer sich immer schneller wandelnden Ar-beitswelt mit immer komplexer werdenden Arbeitsanfor-derungen anzunehmen und zu meistern. Deshalb sollen in-nerhalb der nächsten beiden Jahre neue Lehrpläne – die dieneuen Aspekte aus den Unternehmen, neue Technologiensowie aktuelle Ausbildungsverfahren berücksichtigen – fürdie Technikerausbildung der Fachrichtungen der „Sanitär-,Heizungs- und Klimatechnik“ und der stark frequentierten„Maschinentechnik“ entwickelt werden und umgehend anden Fachschulen im Freistaat Sachsen zur Anwendung kom-men. Ständige Kontrolle der Qualität der Lehre zum einen

und ebenso die Überprüfung der Outcome-Qualität der ver-mittelten Kompetenzen zum anderen gehören zu den vor-rangigen Aufgaben der Fachschule, die kurz- und mittelfris-tig angegangen werden müssen.

Fachschulen sind ein Kleinod in der deutschen Bildungs-landschaft, das oft unterschätzt wird, und zwar von seineneigenen „Besitzern“, dem Staat. Fachschule hat Zukunft,wenn es politischer Wille auf der einen Seite ist und die Ab-solventen durch handlungsorientierten Unterricht mit ihrenerworbenen fachlichen und personalen Kompetenzen denAnforderungen des wachsenden europäischen Marktes aufder anderen Seite genügen können.

Anmerkungen1 Hartmann, Martin/Matthes, Nadine/Wagenschwanz, Mireen u.  a.: Ab-

schlussbericht des Forschungsprojektes: Analyse und Beschreibung vonBerufsbildern als Grundlage für die Entwicklung von lernfeldbezogenenLehrplänen für die Ausbildung zum/zur Staatlich geprüften Techniker/inin den Fachrichtungen Maschinentechnik sowie Sanitärtechnik, Heizungs-Lüftungs-, Klimatechnik und Kältetechnik, Fakultät Erziehungswissen-schaften, Institut für Berufliche Fachrichtungen, Berufliche FachrichtungMetall- und Maschinentechnik, Dresden Juli 2009, S. 3.

2 Vgl.: Verein der Techniker e.V. (VdT): Was ist der staatlich geprüfte Techni-ker?, http://www.v-dt.de/html/indexd61c.html vom 28.09.2009.

3 Vgl.: ebenda.

4 Vgl.: Pahl, Jörg-Peter: Berufsbildende Schule, Bestandsaufnahme und Per-s pektiven, Bielefeld, 2007, S. 60 ff.

5 Ebenda, S. 117/s. a. Rahmenvereinbarung über Fachschulen (Beschluss derKultusministerkonferenz vom 07.11.2002) http://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2002/2002_11_07-RV-Fachschulen.pdfvom 16.04.2009.

6 Das Bild bei der Befragung der Experten ist hier differenziert und ist auchdurch die Interessen der jeweiligen Interviewpartner geprägt.

7 Zur Erleichterung des Leseflusses werden in diesem Artikel für alle Berufs-oder Personenbeschreibungen nur die Kurzformen und der Maskulin ver-wendet. Zur Beschreibung des Titels „Staatlich geprüfte/r Techniker/inwird also „Techniker“ verwendet. Alle Personenbezeichnungen gelten da-her für weibliche und männliche Vertreter gleichermaßen!

8 Infolge der Untersuchungen wurde die Anzahl der Fachrichtungen redu-ziert und die beiden Fachrichtungen „Sanitärtechnik“ und „Heizungs-, Lüf-tungs- und Klimatechnik“ in einer Fachrichtung „SHK“ zusammengefasst;dazu mehr in Abschnitt 4.

9 Hartmann, Martin/Matthes, Nadine/Wagenschwanz, Mireen u.  a.: Ab-schlussbericht des Forschungsprojektes: Analyse und Beschreibung vonBerufsbildern als Grundlage für die Entwicklung von lernfeldbezogenenLehrplänen für die Ausbildung zum/zur Staatlich geprüften Techniker/inin den Fachrichtungen Maschinentechnik sowie Sanitärtechnik, Heizungs-,Lüftungs-, Klimatechnik und Kältetechnik, Fakultät Erziehungswissen-schaften, Institut für Berufliche Fachrichtungen, Berufliche FachrichtungMetall- und Maschinentechnik, Dresden Juli 2009, S. 14 ff.

10 Unterschiede in den Anforderungen zwischen Technikern der untersuch-ten Fachrichtungen werden hier nicht weiter dargestellt. Detaillierte In-formationen dazu finden sich im Abschlussbericht.

11 Kommuniqué von Maastricht im Dezember 2004 zu den künftigen Prioritätender verstärkten Europäischen Zusammenarbeit in der Berufsbildung (Fort-schreibung der Kopenhagener Erklärung vom 30.  November 2002) http://www.bmbf.de/pub/communique_de_141204_final.pdf vom 19.04.2007.

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Unterricht

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1 Einleitung

Auch wenn es durch den Fokus der Medien so scheinen mag,dass in letzter Zeit besonders die offen ausgetragene kör-perliche Gewalt an Schulen zugenommen hat, so täuschtdies über die tatsächliche Entwicklung hinweg: Das weitausgrößere Problem sind die verbalen Angriffe, das Ausgrenzenaus den sozialen Verbänden, das subtile Fertigmachen voneinzelnen Mitschülern2. Mobbing (engl.: anpöbeln, fertig-machen) ist eine Form offener oder verdeckter Gewalt ge-gen Personen über längere Zeit mit dem Ziel der sozialenAusgrenzung. Es kann sich dabei sowohl um verbale als auchphysische Gewalt handeln.

Mobbinghandlungen sind leider Alltag an deutschen Schu-len. Die Entwicklungspsychologin Mechthild Schäfer gehtnach einer Langzeitstudie der LMU München, die 2007 vor-gestellt wurde, davon aus, dass in Deutschland jeder siebteSchüler an einer weiterführenden Schule gemobbt wird (vgl.Burck, 2007).

2 Vorüberlegungen

Angesichts der aufgezeigten Bedeutung des Themenkom-plexes Mobbing an Schulen erscheint es sinnvoll, konkreteMaßnahmen zu finden und anzuwenden, die präventiv ge-gen Mobbing wirksam sind. Eine Möglichkeit stellt die ge-meinschaftliche Projektarbeit dar. Diese bietet die Förde-rung von Zusammenarbeit, Rücksichtnahme und gemein-samem Schaffen durch die aktive Auseinandersetzung mitgesellschaftlichen Problemen – wie z. B. Mobbing (vgl. Riedl,2004, S. 131).

Das Projekt „Mobbing – nicht mit uns!“ rückt Mobbing indas Bewusstsein von Schülern und Lehrern und ermöglichteine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema. Durchdie gezielte Förderung von humanen und sozialen Kompe-tenzen sollen ein gutes Klassen- und Schulklima gefördertwerden.3

3 Projektvorbereitung

Zu einer gelungenen Projektvorbereitung gehört die Analy-se einiger Teilbereiche (vgl. Boy u. a., 2001, S. 35). Zunächstmuss das Vorhaben nach bestimmten Kriterien als Projekt

definiert werden. Mit dem offiziellen Projektauftrag musseine eindeutige Zielformulierung einhergehen. Eng damitverknüpft findet eine gründliche Problemanalyse statt. Aberauch ein Abschätzen von Ressourcen und möglichen Pro-blemen in Form von Potenzialanalyse, Durchführbarkeits-prüfung und Prüfung der Wirtschaftlichkeit des Projektsdarf nicht fehlen. Erst dadurch ist eine erste Grobplanungmöglich.

Definition

Zunächst stellt sich also die Frage, was dieses „Projekt“ tat-sächlich zum Projekt macht. Das vorliegende Projekt hat ei-ne eindeutige Aufgaben- und Zielstellung: VerschiedeneKlassen des BSZ Mühldorf a. Inn gestalten eine Woche un-ter dem Motto „Mobbing – nicht mit uns!“. Dabei ist min-destens eine Ausstellung zum Thema vorgesehen, die mög-licherweise durch weitere Angebote wie Livedarbietungenerweitert werden kann. Diese Arbeit an einer großen ge-meinsamen, klassenübergreifenden Sache, die über mehre-re Wochen vorbereitet wird und vielfältige Absprachen imLehrerteam voraussetzt, stellt auf jeden Fall eine Einmalig-keit im Schuljahresverlauf dar. Der Anfangstermin für dasProjekt wurde für die Woche nach den Pfingstferien ange-setzt, den Endtermin stellte die „Projektwoche“ Mitte Julibzw. der Abschluss der Evaluation des Projekts dar. Die zeit-lichen Ressourcen beschränkten sich in der Regel auf dieSchulstunden der teilnehmenden Klassen bei den jeweili-gen Referendaren, angefangen Mitte Juni bis nach der Pro-jektwoche Mitte Juli 2009. Der finanzielle Aufwand mussteauf schulübliche Materialkosten (wie Kopien, Plakate etc.)beschränkt bleiben. Wie oben bereits angedeutet, wurdenfür das komplexe Vorhaben entsprechende Organisations-formen geschaffen: Zum einen fanden im Team der betei-ligten Lehrkräfte regelmäßig Treffen statt, bei denen der Pro-jektablauf, vorbereitende Maßnahmen und sonstige orga-nisatorische Dinge besprochen und festgelegt wurden. DieArbeit in den einzelnen Klassen wurde wiederum getrenntdurchgeführt. Dabei wurde Wert darauf gelegt, den übli-chen Stundenplan weitestgehend beizubehalten.

Projektauftrag

Ein Projektauftrag, wie in der Wirtschaft üblich, fehlt hiernatürlich. Im Bereich der Schule geht die Initiative für ein

> Unterricht

Ulla Zeitz

„Mobbing – nicht mit uns!“Die Durchführung eines komplexen UnterrichtsprojektsAls ein Teilbereich wirksamer Vorbeugung gegen Mobbing in der Schule1 wird mit verschiedenen Klassen ein mehrwöchi-ges Projekt von der Seminargruppe Gesundheits- und Pflegewissenschaften 2008/2009 am BSZ Mühldorf a. Inn durchge-führt. Dieses Vorhaben gipfelt in einer vielgestaltigen Projektwoche für die gesamte Schule. Ziel ist es, mit Un- oder Halb-wissen über Mobbing aufzuräumen, das Bewusstsein für Mobbing zu schärfen, für Unrecht zu sensibilisieren, Empathie zufördern, adäquates Verhalten zu ermöglichen und damit einen wichtigen Beitrag zu einem guten Schulklima zu leisten.

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Mobbing – nicht mit uns!

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Projekt in der Regel von Lehrern – oder idealerweise vonSchülern – aus (vgl. Riedl, 2004, S. 133). In diesem Fall wur-de das auffallende Interesse der Schüler am Thema „Mob-bing“ aufgegriffen, die Idee zur Durchführung eines klas-senübergreifenden Projekts entstand dann im Kreise derStudienreferendare. Die Forderung nach der Auseinander-setzung mit gesellschaftlich relevanten Themen und derEntwicklung von humanen und sozialen Kompetenzen las-sen sich aber selbstverständlich auch im Bayerischen Erzie-hungs- und Unterrichtsgesetz und in den Lehrplänen finden.

Problemanalyse

Wann spricht man eigentlich von Mobbing? Ist Mobbing einPhänomen unserer Zeit oder gab es Hänseln und Prügelnschon immer? Bin ich ein Mobber, wenn ich doch nur zuse-he und eigentlich gar nichts mache? Kann man eigentlichüberhaupt irgendetwas gegen Mobbing unternehmen?Gibt es an unserer Schule überhaupt Mobbing? Dies wareneinige der Fragen, die sich die Schüler stellten, während ineiner Klasse Mobbing – zunächst nur am Rande – themati-siert wurde. Dieses Interesse der Schüler wurde von den Re-ferendaren für Gesundheits- und Pflegewissenschaften amBSZ Mühldorf a. Inn aufgegriffen und erörtert. In dieser Dis-kussion fiel bald auf, dass dies ein komplexes Themengebietist, welches in den verschiedensten Klassen, die von den Re-ferendaren unterrichtet wurden, von großer Relevanz seinmüsste. Gerade im Fach Deutsch, das von allen unterrichtetwird, kann eine derartige Problematik gut thematisiert wer-den. Fast jede der Lehrkräfte konnte parallel das Thema„Mobbing“ in ihren Klassen einführen. Daraus entstand dieIdee, ein klassenübergreifendes Projekt zu dem Thema zugestalten. Dabei wurde der Fokus von Beginn an auf den Be-reich Mobbing in der Schule gelegt.

Zielklärung

Nun ging es darum, das Projektziel präzise zu definieren. Da-zu wurden im Team der beteiligten Lehrkräfte verschiedeneIdeen gesammelt. Dieses erste Brainstorming fand AnfangMai 2009 statt. Im Vordergrund stand hier bereits ein af-fektiver Lernerfolg bei den Schülern, die emotionale Betrof-fenheit bzw. die Sensibilisierung für das Thema Mobbing inder Schule. Die konkreten Ziele lauteten: Die Schüler sindsensibilisiert für Mobbingsituationen und setzen sich mitMobbing aus der Sicht der Mobbing-Opfer auseinander. Siesetzen sich aktiv dafür ein, Mobbing nicht entstehen zu las-sen, und kennen Verhaltensweisen, wie sie in Mobbingsi-tuationen adäquat reagieren können. Diese Ziele sollten fol-gendermaßen realisiert werden: Verschiedene Klassen derBerufsschule und der Berufsfachschulen des BSZ Mühldorfa. Inn bereiten in Einzelprojekten eine Projektwoche zumThema „Mobbing – nicht mit uns!“ vor, die in der Woche vom13. bis 17. Juli 2009 stattfinden sollte. In dieser Projektwo-che findet mindestens eine Ausstellung zum Thema statt,die gegebenenfalls durch weitere Projektbeiträge ergänztwird.

Besonders geeignet zur Überprüfung der Ziele ist dieSMART-Formel (vgl. Litke, 2009, S. 31). Ziele müssen SMARTsein, das heißt spezifisch, messbar, anspruchsvoll, realis-tisch und terminiert. Diese geforderten Qualitätsmerkmale

werden vom vorliegenden Projekt „Mobbing – nicht mituns!“ erfüllt: Das Vorhaben ist klar umgrenzt, wobei natür-lich den Schülern die Möglichkeit gelassen wird, frei zu ent-scheiden, in welcher Form sie sich in das Vorhaben einbrin-gen wollen. Messbar wird das Projekt durch die Durchfüh-rung einer Fragebogenaktion bei den Schülern während derProjektwoche. Jede am Projekt beteiligte Klasse bringt sichselbstständig, kreativ und aktiv mit einem eigenen Beitragein. Das Ziel ist realistisch gewählt: Das Vorhaben muss inrelativ kurzer Zeit mit relativ vielen unterschiedlichen Klas-sen zu einem gemeinsamen Ganzen zusammengefügt wer-den. Von vornherein steht fest, dass die Projektwoche, in derdie Ausstellung und sonstigen Präsentationen gezeigt wer-den sollten, in der Woche vom 13. bis zum 17. Juli 2009 statt-finden und das Projekt damit abgeschlossen sein wird.

Potenzial- und Durchführbarkeitsanalyse sowie Wirtschaft-lichkeit

In der Vorbereitungsphase eines Projekts sollen außerdemfolgende Fragen geklärt werden (vgl. Litke, 2009, S. 32 ff):Welche Risiken, etwa hinsichtlich der Planung, der Kostenoder der Zusammenarbeit, gibt es möglicherweise? Wer un-terstützt das Projekt – finanziell, aber auch nach außen hin?Wie wird das Projekt organisiert, das heißt, wie können Auf-gaben sinnvoll aufgeteilt werden? Wie viele und welcheTeammitglieder werden benötigt und stehen zur Verfü-gung?

Natürlich wurde bei den verschiedenen Vorschlägen das Po-tenzial gegen mögliche Probleme abgewogen. Die Relevanzdes Themas war zwar für alle Klassen gegeben, jedoch bie-ten nicht alle Fächer Verbindungen zum Thema Mobbing.Deshalb musste zunächst geklärt werden, welche Klassensich im Rahmen welcher Fächer am Projekt beteiligen konn-ten. Damit stieß man schnell auf den nächsten einschrän-kenden Punkt: die Zeit. Da das Projekt aus organisatorischenGründen in den Stunden, die von den Referendaren gehal-ten werden, ablaufen sollte, war das Zeitbudget, das deneinzelnen Klassen zur Verfügung stand, stark begrenzt. Inden meisten Klassen wurde nur eine Wochenstunde (z. B. inDeutsch) unterrichtet.

Die Heterogenität der Klassen, die für die Projektarbeit in-frage kam, war sehr groß – von der Bäckerklasse der Berufs-schule bis zur Altenpflegeklasse der Berufsfachschule. Zumeinen stellte dies eine Herausforderung an eine einführen-de Unterrichtsstunde über Mobbing dar, die in allen Klassengut durchführbar sein sollte. Gleichzeitig versprach geradediese Vielfalt aber auch großes Potenzial.

Ein weiterer Pluspunkt war die gute Zusammenarbeit imTeam der Lehrkräfte. Da fast ausschließlich die acht Studi-enreferendare des Seminars Gesundheits- und Pflegewis-senschaften beteiligt waren, konnten häufige und mitunterspontane Treffen vereinbart werden, um in der Projektpla-nung weiterzukommen. Im Rahmen des Seminars standZeit für verschiedene Tätigkeiten zur Verfügung wie z. B. Re-cherchearbeiten und die Erstellung sowie die Auswertungdes Evaluationsbogens.

Ein weiterer wichtiger Punkt war, dass das Projekt keine un-nötigen Kosten verursachen sollte. Der Termin der Projekt-

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woche sowie die Pausenhalle als Ausstellungsbereich wur-den in Absprache mit der Schulleitung festgelegt – hier wa-ren unter anderem die Termine von Abschlussprüfungenund -feiern zu beachten. Das Projekt fand von Anfang an Un-terstützung durch die Schulleitung4 und das Lehrerkollegi-um.

Projektdauer

Der Projektbeginn wurde für Mitte Mai festgelegt. Die ein-führende Unterrichtsstunde wurde für nach den Pfingstfe-rien Mitte Juni eingeplant. Die Vorbereitungen der Einzel-projekte in den Klassen erfolgten in der Zeit vor der eigent-lichen Projektwoche, die für Mitte Juli terminiert war. Fürden Abschluss des Projekts mit der Auswertung der Feed-backbogen wurde Ende Juli bestimmt.

4 Projektplanung

Die Aufteilung der Arbeiten in Arbeitspakete fand in etwafolgendermaßen statt: In regelmäßigen gemeinschaftli-chen Treffen im Team der Lehrkräfte (mindestens einmal wö-chentlich) wurden aktuelle anfallende Arbeiten besprochenund möglichst gerecht aufgeteilt. Gleichzeitig wurden ver-bindliche Termine (Meilensteine) vereinbart, zu denen dieArbeiten erledigt sein mussten. Einen Projektleiter im ei-gentlichen Sinne gab es nicht, jedoch kristallisierte sich imLaufe der Zeit ein kleiner „harter Kern“ innerhalb des Teamsheraus, der die Durchführung des Projekts antrieb.

Die Recherchearbeit wurde unter den Referendaren aufge-teilt, so dass jeder den Fokus anders setzen konnte: WelcheForschungsergebnisse zum Thema Mobbing liegen vor?Welche Rolle spielt Mobbing in der Schule? Welche Ansätzezur Mobbing-Prävention existieren bereits und wie erfolg-reich werden diese umgesetzt? Das sind einige der Fragen,denen hier – arbeitsteilig – nachgegangen wurde.

Die weiteren Arbeitspakete waren die Vorbereitung der ge-meinsamen Unterrichtsstunde zu Mobbing und die Erstel-

gartiebtkejorP )gnuthcirsgnudlibsuA( essalK traluhcS

sad melborP nie – neluhcS na gnibboM :oediV )rekcäB( a01äBwehtut!!!

Bü11b (Kaufleute für Bürokommunikation) Ausstellung: (fiktive und reale) Mobbing-Erzählungen

MF10a (Medizinische Fachangestellte) Ausstellung: Plakate mit Informationen zu Mobbing

Berufsschule II

ZF10b (Zahnmedizinische Fachangestellte) Talkshow: Mobbing in der Schule

egelfpnetlA red ni gnibboM :noissuksidsmuidoP )regelfpnetlA( 11PA egelfpnetlA rüf eluhcshcafsfureB

HW10a (Hauswirtschafter) Ausstellung: „Kummerkasten“ – reale Mobbing-Situationen regen zur Reflexion an.

Berufsfachschule für Hauswirtschaft

HW11b (Hauswirtschafter) Ausstellung: (fiktive) Berichte über Mobbingopfer mit Lösungsvorschlägen

eluhcS red ni gnibboM :retaehT )regelfpredniK( b01iK egelfpredniK rüf eluhcshcafsfureB

Abb. 1: Am Projekt beteiligte Klassen mit den jeweiligen Beiträgen.

lung und Auswertung eines geeigneten Feedbackbogenszum Projekt. Die Verantwortung über die Durchführung derUnterrichtsstunde und die Vorbereitung der Einzelprojektein den Klassen blieb bei jeder einzelnen Lehrkraft. Sie warfür die Planung des Projektbeitrags ihrer Klasse selbst ver-antwortlich: Zeiteinteilung, Ressourcenplanung, Medien,Räume finden etc.

Es wurde immer darauf geachtet, die Klassen möglichstselbstbestimmt und eigenverantwortlich arbeiten zu las-sen. Alle Arbeiten, die mit der Projektwoche in Zusammen-hang standen (Aufbau der Ausstellung, Betreuung der Akti-vitäten, Abbau etc.), wurden wieder möglichst gleichmäßigauf den Schultern der teilnehmenden Referendare verteilt,sofern die Arbeiten nicht von den Klassen selbst übernom-men werden konnten.

5 Projektrealisierung

In den Bereich der Realisierungsphase fällt nun die tatsäch-liche Umsetzung des geplanten Projekts, in dem die einzel-nen Arbeitspakete ausgeführt werden. Gegebenenfallsmuss (und darf) hier die Planung nachjustiert und aktuali-siert werden. Wichtige Abschnitte bilden die definiertenMeilensteine, an denen wesentliche Fortschritte im Pro-jektverlauf deutlich werden. Sollten sich Abweichungen vonder Projektplanung ergeben, so müssen sie so gesteuertwerden, dass das Projekt weiterverfolgt werden kann. AmEnde der Realisierungsphase steht die Abnahme des Pro-jekts durch den Auftraggeber – oder in diesem Fall die Durch-führung der geplanten „Projektwoche“.

Unterrichtsstunde „Mobbing – Grundlagen“

Diese Unterrichtsstunde stellt den Auftakt der unterschied-lichsten Unterrichtseinheiten zum Thema „Mobbing in derSchule“ dar. Zunächst hören die Schüler unterschiedliche Si-tuationen aus dem Schulalltag, die sie nach ihrem eigenenEmpfinden zuordnen sollen: Ist das schon Mobbing odernicht? Hier beziehen die Schüler selbst Stellung, indem sie

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2001, S. 36). Auch wenn das so nicht für Schulprojekte gel-ten kann, so wird doch auch hier gefordert, ein Projekt stetsbewusst zu beenden. Am Ende eines Projekts sollte immerein Ergebnis stehen. Dies kann, muss aber nicht in Form ei-nes Handlungsprodukts geschehen (vgl. Riedl, 2004, S. 134).

Das klassenübergreifende Projekt „Mobbing – nicht mituns!“ gipfelt in einer Projektwoche, in der die Einzelprojek-te der teilnehmenden Klassen der gesamten Schule zu-gänglich gemacht werden. Mit Beendigung der Ausstel-lungswoche endet auch das Projekt offiziell.

Um den Erfolg des Projekts beurteilen zu können, wurde einFragebogen entwickelt, der den Lernzuwachs bei den Schü-lern messen sollte. Dabei wurden Schüler, die aktiv am Pro-jekt beteiligt waren, sowie die Schüler, die die Ausstellungund die einzelnen Darbietungen genossen, gleichermaßenbefragt. Der Fragebogen lag für jedermann zugänglich in derPausenhalle aus und war mit möglichst wenig Aufwand zubearbeiten. Die Anonymität wurde durch die Abgabe in ei-nen eigens dafür eingerichteten Briefkasten gewährt. VierKategorien wurden abgefragt: die eigenen Erfahrungen mitMobbing, der Wissens- und Kenntniszuwachs, die affektiveBetroffenheit sowie die Verhaltens- und Einstellungsände-

Abb. 2: Die verschiedenen Aktionen im Laufe der Projektwoche.

eine eindeutige Zuordnung vornehmen (in diesem Fall auchräumlich im Klassenzimmer) und diese begründen müssen.Dadurch und durch die Erkenntnis, dass andere Mitschülerganz anders interpretieren und argumentieren, wird eine af-fektive Annäherung an das Thema ermöglicht. Sehr schnellmerken die Schüler, dass sie zu wenig darüber wissen, wannman tatsächlich von „Mobbing“ sprechen kann. Sie fragensich, ob sie nicht vielleicht selbst schon zum „Mobber“ ge-worden sind, und sind schockiert, welche Ausmaße Mob-bing annehmen kann.

Einzelprojekte der teilnehmenden Klassen

Den Klassen wurde die Entscheidung übertragen, sich andem gemeinsamen Projekt „Mobbing – nicht mit uns!“ zubeteiligen. Acht von neun infrage kommenden Klassen derBerufsschule und Berufsfachschulen wollten sich mit ver-schiedenen Einzelprojekten an dem Großprojekt beteiligen(vgl. Abb. 1, Seite 327).

Projektwoche

Für die Projektwoche (vgl. Abb.  2) wurde die Ausstellung„Mobbing – nicht mit uns!“ in der Pausenhalle des BSZ Mühl-dorf a. Inn aufgebaut. Zentral standen mehrere Stellwändemit informativen Plakaten zum Thema „Mobbing in derSchule“ und Wandzeitungen mit Erfahrungsberichten etc.,so dass alle Schüler des BSZ in den Pausen die Möglichkeithatten, sich über das Thema zu informieren und sich Ge-danken über die Auswirkungen von Mobbing in der Schulezu machen. Etwas abseits stand eine einzelne Stellwand –eine „Station“ zum Nachdenken und Hinterfragen des eige-nen Verhaltens.

Abb. 3: Theater: Schülerinnen mobben eine Mitschülerin.

Abb. 4: Ausstellung in der Pausenhalle.

Zusätzlich zur Ausstellung wurde jeweils in der Vormittags-pause der selbst gedrehte Videofilm „Mobbing – ein Pro-blem, das wehtut“ vorgeführt. Am Mittwoch fand zusätz-lich die Talkshow „Vroni’s Talk um 10 nach 10“ statt, in derunterschiedliche „Gäste“ zum Thema Mobbing in der Schu-le diskutierten. Am Donnerstag wurde durch eine Alten-pflegeklasse eine Podiumsdiskussion zum Thema Mobbingin der Altenpflege durchgeführt. Am Freitag schließlich wur-de das Theater Mobbing in der Schule aufgeführt (vgl. Abb. 3).

Diese Liveaufführungen fanden jeweils während der Vor-mittagspause in den jeweiligen Klassenzimmern der Klas-sen statt. Während der gesamten Zeit waren Evaluations-bögen ausgelegt, die von den Schülern ausgefüllt und in ei-nen Briefkasten in der Pausenhalle eingeworfen werdenkonnten.

6 Projektabschluss und Evaluation

Das Projekt wird zumeist mit dem Projektabschlussberichtbeendet und aufgelöst, die Projektmitarbeiter werden in ih-ren üblichen Arbeitsbereichen reintegriert (vgl. Boy u.  a.,

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rung der Schüler. Die Feedbackbögen wurden ausgewertetund eine Zusammenfassung des Projektablaufs erstellt.

Insgesamt haben 95 Schüler die Evaluationsbögen ausge-füllt. Davon waren 71 aktiv ins Projekt eingebunden, 24 ha-ben die Projektausstellung und/oder Liveauftritte besucht.Das Alter der Schüler reichte dabei von 16 bis 49 Jahren. Dererste Teilbereich der Untersuchung galt dem Wissen undden Kenntnissen zum Thema Mobbing. Auffallend ist hier,dass 93,7 % der Befragten bereits vor dem Projekt zum The-ma Mobbing schon – mehr oder weniger gut – informiertwaren. Der Großteil der Schüler gab an, durch das ProjektFormen (91,9 %), Auswirkungen (87,8 %) und an Mobbing-handlungen beteiligte Personengruppen (89,5  %) kennengelernt zu haben. Erfreulich ist auch die Tatsache, dass diemeisten Schüler (82,3 %) nun wissen, wie sie in Mobbingsi-tuationen reagieren und an wen sie sich wenden können.

Eine erschreckend hohe Zahl ist oder war persönlich (81,1 %als Beobachter, 52,1 % als Opfer und 44,2 % als Täter) vonMobbing betroffen. Immerhin 31,2 % der Befragten gab übersich an, gerne auf Kosten anderer Spaß zu haben.

Ein weiterer Teilbereich der Befragung zielte auf die affekti-ve Betroffenheit bei den Schülern: 77,9  % der befragtenSchüler ist der Meinung, dass das Thema Mobbing wichtigist. Die Thematisierung durch das Projekt hat die Meisten(66,7 %) nachdenklich gestimmt. Fast die Hälfte der Befrag-ten (42,3 %) hat das Bedürfnis, noch mehr über das ThemaMobbing zu erfahren.

Der Großteil (73,9 %) der Befragten gab an, in Zukunft sen-sibler auf Anzeichen von Mobbing zu achten. Die Meisten(82,3 %) wollen sich in Zukunft nicht (mehr) auf die Seite derMobber begeben. Außerdem wollen 71,6 % der Befragten inZukunft höflicher mit den Mitschülern umgehen. Erwäh-nenswert ist, dass immer noch 46,8 % der Schüler keine Be-ratung in Anspruch nehmen würde.

7 Kritische Beurteilung der Projektarbeit

Abschließend zeigen sowohl die Evaluation des Projekts„Mobbing – nicht mit uns!“ als auch die Erfahrungen, die beider Durchführung des Projekts gemacht wurden, die viel-fältigen Möglichkeiten, aber auch die Grenzen der Metho-de auf.

Auffallend war von Anfang an das große Interesse am The-ma Mobbing bei den Schülern und die sofortige Bereitschaft,innerhalb eines Projekts Engagement zu zeigen. In allenKlassen war eine enorm hohe intrinsische Motivation zuspüren. Durch das Projekt „Mobbing – nicht mit uns!“ hat-ten die Schüler die Möglichkeit, unstrukturiertes Vorwissenzu strukturieren und zu erweitern. Durch die Auseinander-setzung mit dem eigenen Verhalten in Bezug auf Mobbingwurde eine Sensibilisierung für Mobbinghandlungen undden Umgang damit geschaffen. Die Art des Lernens mit derProjektmethode schult neben der intensiven kognitiven undaffektiven Beschäftigung mit dem Thema Mobbing weiterewichtige humane und soziale Kompetenzen (wie beispiels-weise Verantwortung zu übernehmen, selbstständig zu ar-beiten, sich in der Gruppe abzusprechen, die eigene Mei-nung zu vertreten, aber auch andere Meinungen aufzuneh-

men). Dazu ist es aber zwingend notwendig, sich als Lehr-kraft bewusst zurückzunehmen und die Verantwortung tat-sächlich an die Schüler zu übertragen. Um die intrinsischeMotivation und das Wir-Gefühl der Klasse zu stärken, ist esaußerdem von Bedeutung, dass alle Schüler aktiv an der Pro-jektarbeit beteiligt sind. Das heißt unter anderem, dass dieArbeiten so verteilt sind, dass jeder einzelne Schüler zum Ge-lingen des Projekts beiträgt. Um keine Überforderung ent-stehen zu lassen, sollten den Schülern bereits gewisse Me-thoden (z. B. Gruppenarbeit oder Präsentationstechniken)vertraut sein.

Für den erfolgreichen Abschluss eines Projekts ist es wich-tig, den Beteiligten das Ergebnis ihrer Arbeit deutlich zu ma-chen. Im Fall des Projekts „Mobbing – nicht mit uns!“ war esja sogar ein wesentliches Ziel, die Ergebnisse auch den an-deren Schülern des BSZ Mühldorf a. Inn zu präsentieren. Dadie Ausstellung zentral in der Pausenhalle positioniert war,wurde diese auch von den meisten Schülern angesehen. Ei-ne besondere Attraktion stellte die täglich in der Vormit-tagspause stattfindende Videovorführung in Ausstellungs-nähe dar. Dank der Ankündigungen auf vielen Plakaten undzusätzlicher Durchsagen machten sich einige Schüler aufden Weg, die Vorführungen (Talkshow, Theater, Podiums-diskussion) in den Pausen in den Klassenräumen zu besu-chen. Um hier einer größeren Zahl von Schülern einen Zu-gang zu verschaffen, wäre es sinnvoll, diese Vorführungenentweder an einem zentralen Ort in der Schule aufzuführenoder einzelne Klassen während der Unterrichtszeit verbind-lich zu den Vorführungen einzuladen.

Die Evaluation des Lernzuwachses gerade im Bereich des af-fektiven Lernens stellt eine gewisse Herausforderung dar.Immerhin bringt das Ergebnis des Evaluationsbogens ins-gesamt gute bis sehr gute Ergebnisse zutage. Besonders imBereich „Wissen und Kenntnisse“ wurden gute Resultate er-zielt. Allerdings konnte mit dem Fragebogen an dieser Stel-le nicht der konkrete Lernzuwachs eruiert werden. Tatsäch-lich konnte bei den Schülern eine Sensibilisierung für dasThema Mobbing erreicht werden. Immerhin nimmt sich derGroßteil der Schüler vor, in Zukunft höflicher mit den Mit-schülern umzugehen und Mobbingopfern aktiv zu helfen.Noch zu wenig Schüler würden im Falle von Mobbing Hilfebei Beratungslehrern suchen. Hier hätte durch das Projektnoch mehr Transparenz geschaffen werden können.

Abb. 5: Ausstellung – „Der Mobber in mir ...“

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Beim vorliegenden Projekt bzw. dessen Einzelprojekten sindder zeitliche sowie der organisatorische Aufwand unter be-stimmten Voraussetzungen als durchaus machbar einzu-schätzen, so dass sich das Projekt in dieser oder ähnlicherForm durchaus gut im Schulalltag einbauen lässt. Allerdingsstößt man an der Stelle der Organisation und des Zeitauf-wands auch schnell an die Grenzen der Projektarbeit. Gera-de für die Vorbereitung von größeren Vorhaben, wie demDrehen eines Videofilms oder dem Proben eines Theater-stücks, müssen ausreichend Zeit und besonderes Engage-ment durch Lehrer und Schüler eingeplant werden. Abspra-chen mit Kollegen (etwa zum Stundentausch) sind hier fastunumgänglich. Unter der Voraussetzung eines gut ver-zahnten Lehrerteams ist es aber durchaus denkbar, die Pro-jektarbeit in mehreren Unterrichtsfächern parallel zu ver-ankern (z. B. Mobbing im Deutsch-, Religions- und Sozial-kundeunterricht). Auch die gemeinsame Arbeit mehrererKlassen an einem Einzelprojekt ist möglich. So könnte z. B.eine Hauswirtschaftsklasse Kostüme und Requisiten für dasTheaterstück der Kinderpflegeklasse erstellen.

Ein gemeinsam gestaltetes Projekt, an dem viele Klassenmitwirken, lässt einen guten „Schulgeist“ spüren: Wir ha-ben alle das Interesse daran, dass wir uns in unserer Schulewohlfühlen.

8 Resümee

Das Thema Mobbing ist in den Schulen präsent und brisant,so kann die Durchführung des Projekts „Mobbing – nicht mituns!“ als durchweg positiv beurteilt werden. Die Schüler set-zen sich kognitiv und vor allem affektiv mit der Thematikauseinander, sie arbeiten selbsttätig und eigenverantwort-lich. Am Ende der Projektarbeit steht ein Gesamtergebnis,das der gesamten Schule zugänglich gemacht wird. Mit die-sem Projekt wird aktiv Mobbing in der Schule vorgebeugt.

Dieses Projekt soll durchaus die Grundlage dafür darstellen,einen Anreiz auch für andere Lehrkräfte zu schaffen, an ih-rer Schule ein ähnliches Projekt in dieser oder ähnlicher Formzur Mobbing-Prophylaxe durchzuführen.5 Ernsthafte undwirksame Mobbingprävention darf sich dabei aber natür-lich nicht nur auf die Durchführung dieses Projekts be-schränken, sondern muss konsequent im Schulleben veran-kert sein. Dazu gehören ein höflicher und respektvoller Um-gang innerhalb des Lehrerkollegiums und der Klassenver-bände genauso wie das verbindliche Aufstellen von Regeln,an die sich alle halten. Aber auch z. B. gemeinsame Schul-feiern oder freundlich gestaltete Räumlichkeiten, in denensich Schüler und Lehrkräfte gerne aufhalten, tragen zu einerAtmosphäre bei, die Mobbing nicht entstehen lässt. DaMobbing aber auch an der besten Schule vorkommt, ist eswichtig, dass Mobbing-Handlungen erkannt werden undsofort adäquat darauf reagiert werden kann.

Anmerkungen1 In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Mobbing an Schulen

wird häufig der Begriff des Bullying verwendet. Im beschriebenen Projekt– und damit auch im vorliegenden Artikel – wird wegen der allgemeinenGebräuchlichkeit der Begriff Mobbing verwendet.

2 Im vorliegenden Artikel wird bei Personenbezeichnungen die grammatischmaskuline Form verwendet. Selbstverständlich ist damit auch die femini-ne Form angesprochen.

3 Das Projekt wurde im Schuljahr 2008/09 im Rahmen des Seminars für Ge-sundheits- und Pflegewissenschaften am Beruflichen Schulzentrum (BSZ)Mühldorf a.  Inn unter der Leitung von Seminarlehrerin OStRin MichaelaRiesner von den acht Studienreferendaren Katja Kreuz, Isabella Hiebl, BjörnMöhl, Regina Reichthalhammer, Michaela Schütz, Katharina Trommler,Cornelia Wittmann und Ulla Zeitz vorbereitet, durchgeführt und evaluiert.Die Studienreferendare befinden sich im ersten Ausbildungsjahr für dasLehramt an beruflichen Schulen Gesundheits- und Pflegewissenschaften2008/2009 unter der Zuständigkeit des Staatlichen Studienseminars fürdas Lehramt an beruflichen Schulen mit den Seminarvorständen OStDinMaria Sommerer und OStD Heiko Pohlmann. Die Durchführung des Pro-jekts fand von Mitte Mai bis Mitte Juli 2009 mit acht Klassen des BSZ Mühl-dorf a. Inn statt. Zudem wurde dieses Schulprojekt als Wettbewerbsbei-trag bei den Wettbewerben „Cornelsen Förderpreis Zukunft Schule 2009“der Cornelsen Stiftung und „Aktiv für Demokratie und Toleranz 2009“ desBündnis für Demokratie und Toleranz eingereicht und erhielt beim „Cor-nelsen Förderpreis Zukunft Schule“ den Sonderpreis für Referendarinnenund Referendare.

4 Schulleiter des BSZ Mühldorf a. Inn: OStD Ludwig Ecker

5 Interessierte Kollegen finden auf einer gesonderten Plattform des Fach-bereichs der Gesundheits- und Pflegewissenschaften der TU München aufdem BSCW (Basic Support for Cooperative Work), der Kooperationsplatt-form des Bayerischen Schulservers, einen Überblick über die Thematik„Mobbing in der Schule“, die Unterlagen zur einführenden Unterrichts-stunde zum Thema „Mobbing – Grundlagen“, die Kurzbeschreibung derEinzelprojekte sowie den Evaluationsbogen, die Auswertung desselbenund eine kritische Würdigung des Gesamtprojekts. Einen Zugang zum Ser-ver bekommt man nach einer Kontaktaufnahme über [email protected] Informationen unter: https://kooperation.schule.bayern.de/

LiteraturBayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus (o. J.): Bayerisches Ge-setz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen: http://www.verwaltung.bayern.de/Titelsuche-.116.htm?purl=http://by.juris.de/by/EUG_BY_2000_rahmen.htm (03.11.2009).

Boy, Jaques u. a. 2001: Projektmanagement. Grundlagen, Methoden und Tech-niken, Verhaltensweisen, Offenbach.

Bündnis für Demokratie und Toleranz 2009: Aktiv für Demokratie und Toleranz2009, Berlin: http://www.buendnis-toleranz.de/cms/beitrag/10026584/425926/ (04.11.2009).

Burck, Alexandra 2007: Expertin: Mobbing ist eine „Art Volkssport“, 500.000Fälle pro Woche an Deutschlands Schulen, Berlin: http://www.lichtblick99.de/ticker2341_07.html (06.11.2009).

Cornelsen Stiftung Lehren und Lernen 2009: Cornelsen Förderpreis Zukunft Schu-le 2009, Berlin: http://www.stiftungspreis-zukunft-schule.de/ (04.11.2009).

Jäger, Reinhold 2009: Aktuelle zepf-Studie zeigt: Nahezu zwei Millionen Schü-lerinnen und Schüler Opfer von Cybermobbing, Landau: http://www.zepf.uni-landau.de/ (06.11.2009).

Jäger, Reinhold et al. 2007: Mobbing bei Schülerinnen und Schülern in der Bun-desrepublik Deutschland. Eine empirische Untersuchung auf der Grundlageeiner Online-Befragung, Landau: http://www.zepf.uni-landau.de/ (06.11.2009).

Jannan, Mustafa 2009: Das Anti-Mobbing-Buch. Gewalt an der Schule – vor-beugen, erkennen, handeln, Weinheim.

Litke, Hans-Dieter et al. 2009: Projektmanagement, Planegg.

Litke, Hans-Dieter 2007: Projektmanagement. Methoden, Techniken, Verhal-tensweisen, München.

Olweus, Dan 2004: Gewalt in der Schule. Was Lehrer und Eltern wissen solltenund tun können, Bern.

Riedl, Alfred 2004: Grundlagen der Didaktik, Wiesbaden.

Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München (o. J.): Beruf-liche Schulen: Lehrpläne/Standards, München: http://www.isb.bayern.de/isb/index.asp?MNav=7&QNav=4&TNav=0&INav=0 (07.09.2009).

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1 Ziel der UnterrichtseinheitDie Schüler können eine Geradengleichung aufstellen. Ma-thematische Begrifflichkeiten werden vorgestellt und ver-innerlicht. Sie erfahren die Wichtigkeit der Propädeutik undwenden das Neuerlernte in der Gruppenarbeit an, um dieAusgangsproblematik zu lösen. Nach erfolgreicher Grup-penarbeit werden Ergebnisse präsentiert. Die Schüler kon-trollieren das Neuerlernte, indem Sie die einzelnen Schrittein mathematische Zusammenhänge bringen. Abschließendüben und vertiefen die Schüler das Neuerlernte.

2 Überlegungen zur Wahl der Methode

Um Interesse und Motivation für das abstrakte und kom-plexe mathematische Inzidenzproblem zu wecken, wirdeine aktuelle und adressatengerechte Lernsituation ge-schaffen. Die Sozialform der Gruppenarbeit dezimiert Leh-rerdominanz und Lehrerlenkung, so dass die Fähigkeit zurKooperation in der Gruppe entwickelt und schließlich dieSelbstständigkeit des Einzelnen gefördert wird.

3 Unterrichtsverlauf

Zu Beginn der Unterrichtseinheit kommentiert ein Sportre-porter die Situation, die im Klassenzimmer mit einem Fuß-ball-Spielfeld (Maße: Breite 60 cm, Höhe 100 cm), Toren undSpielfiguren nachgestellt ist. Um eine selbstorganisierteund kommunikative Ausgangssituation in mathematischenZusammenhang bringen zu können, werden drei Lesekar-ten von den Schülern nacheinander laut vorgelesen und imPlenum sukzessiv erarbeitet. Die Aufgaben der Lesekartenbeinhalten Angaben der Positionen des Freistoßpunktes(Punkt A) und der rechten oberen Innenecke des Tores(Punkt B), des Weiteren Angaben zum Aufstellen der Gera-den aus den beiden Punkten A und B. Zur Visualisierung derGeraden (Flugbahn des Balles) und zur Bestimmung des kür-zesten Abstandes vom Torwart (Punkt T ist in der Aufgabevorgegeben) zur Geraden wird ein Holzstab gelegt.

Ein Schüler notiert die im Plenum erarbeiteten Ergebnisseauf dem Flipchart. Am Modell werden die besondere Lageder Richtungsvektoren von den Schülern erarbeitet undneue Begriffe vorgestellt. Anschließend formuliert ein Schüler selbst die Erkenntnis über den Lotfußpunkt und hältsie an der Tafel schriftlich fest. Die Aufgabenbearbeitungwird am Overheadprojektor mit einem Beispiel überprüft.

Im Fokus der Unterrichtseinheit steht die Erarbeitungspha-se der Ausgangsproblematik.

Den Schülern wird ein Arbeitsauftrag mit einer Bearbei-tungszeit von zehn Minuten ausgegeben. Die Dispositiondes Arbeitsblattes ist sukzessiv und rigide aufgebaut, sodass die Schüler zielgerichtet die Lösung der Ausgangspro-blematik erarbeiten (siehe Abbildung 2).

Im ersten Schritt bestimmen die Lernenden den Vektor vonPunkt T (Schwerpunkt des Torwarts) zu Punkt L (Lotfuß-punkt). Danach wird nach der besonderen Lage des Rich-tungsvektors der Geraden und des Richtungsvektors des Lo-tes gefragt, um diese Erkenntnis mit Hilfe des Skalarpro-duktes in mathematischen Zusammenhang zu bringen. Imdritten Schritt stellen die Schüler den Lotfußpunkt in allge-meiner Form auf. Die bis hierher gewonnenen Erkenntnissewerden im vierten Schritt in eine vorstrukturierte mathe-matische Form zusammengetragen und nach der unbe-kannten skalaren Größe aufgelöst. Im vorletzten Schritt be-rechnen die Schüler den Lotfußpunkt und abschließend dieLänge des Vektors von Punkt T zu Punkt L.

Nach der Bearbeitungszeit präsentieren die Schüler die Er-gebnisse. Gruppe 1 trägt die Ergebnisse der Schritte eins bisdrei vor, Gruppe 2 die Schritte vier bis sechs. Jeweils eine Kontrollgruppe überprüft die beiden Präsentationen. AmModellspielfeld lässt sich durch einen Schüler zum Ab-schluss der berechnete Abstand im Maßstab (1 cm = 1 m)nachmessen.

Die Zusammenfassung der Unterrichtseinheit erfolgt vonallen Schülern an der Tafel. Applikationen zu den diskursi-

Arthur Joretzki

Lernsituation FußballUnterrichtseinheit aus dem Fach Mathematikzur selbstständigen Erarbeitung einer AbstandsberechnungDer folgende Artikel beschreibt eine 45-minütige Unterrichtseinheit aus dem Fach Mathematik, Berufsoberschule, Jahr-gangsstufe 12, Technik. Das Thema „Abstand eines Punktes von einer Geraden“ ist inhaltlich dem Lerngebiet Lineare Al-gebra und Analytische Geometrie zuzuordnen. Die Unterrichtseinheit umschließt enaktive, ikonische und symbolische Dar-stellungsformen und weist eine präoperative und formale Struktur auf. Ziele für selbstorganisiertes und vollständiges Ler-nen basieren auf Kooperation und Kommunikation der Schüler.

Unterricht

Abb. 1: Spielfeld

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Lernsituation Fußball

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ven Arbeitsschritten vom Arbeitsblatt werden unstruktu-riert fixiert. Die Aufgabe der Schüler besteht darin, diese inmathematisch sinnvollen Zusammenhang zu bringen.

Nach erfolgreicher Bewältigung der Gesamterfolgskon-trolle werden Alternativlösungen im Lehrer-Schüler-Ge-spräch erarbeitet und ein Ausblick für die kommenden Un-terrichtseinheiten geschaffen. Um eine Konsolidierungdes Neuerlernten zu erzielen wird eine weitere Aufgabeaus der Lernsituation (Mauer wird zum Schutz des Tor-wartes aufgestellt) konzipiert und als Hausaufgabe auf-gegeben.

4 Schlussbetrachtung

Diese Unterrichtseinheit hebt auf der einen Seite Aktualitätund Empathie im WM-Jahr hervor, in dem die Unterrichts-einheit stattfand. Auf der anderen Seite konkretisiert sie einhandlungsorientiertes, holistisches und anschauliches ma-thematisches Problem. Aufgrund der Abgeschlossenheitdes Lerninhaltes bietet sich ein konkretes Ausgangsprobleman, um Schlüsselqualifikationen wie Selbstständigkeit oderSozialformen beim Schüler zu festigen.

Die Schüler waren in dieser Unterrichtseinheit motiviert undinteressiert, besonders die leistungsschwachen haben einüberdurchschnittliches Engagement gezeigt. Das Arbeits-

blatt in der Erarbeitungsphase ist mit zehn Minuten be-sonders bei schwachen Schülern zeitlich knapp bemessen,da diese trotz der detaillierten Anweisungshilfen auf pro-pädeutische Probleme stoßen. Ein möglicher Lösungswegwäre leistungsstarke mit den leistungsschwachen Schülernin den Gruppen zu mischen, damit sich die Schüler gegen-seitig helfen.

Abb. 2. Arbeitsblatt

Abb. 3: Arbeitsblatt mit Lösung

Als positiv zu bewerten ist, dass der Lehrer in seiner bera-tenden Rolle verstärkt auf leistungsschwache Schüler ein-gehen und auf inhaltlicher Ebene in der Gruppenarbeit ein-greifen kann, um Frustration bei Lernenden zu vermeiden.Die Struktur des Arbeitsblattes ist durch Sukzessivität undSkizzen charakterisiert, so dass die Bearbeitung für alleSchüler gangbar ist. Insbesondere leistungsschwache Schü-ler fordern bei mathematischen und komplexen Sachver hal-ten ein pragmatisches Schema ein, um Sicherheit undÜbung zu bekommen.

Abschließend ist noch anzubringen, dass diese Unterrichts-einheit abwechslungsreich und belebend von Schülern undVerfasser gesehen wird. Ein großes Augenmerk bei der di-daktischen Erarbeitung wurde auf Selbstständigkeit, Kom-munikation und Kooperation gelegt.

Das Unterrichtsmaterial kann per E-Mail angefordert wer-den: [email protected].

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BLBS-Nachrichten

und die Sorgen und Mahnungen desLandesvorsitzenden ernst zu nehmenund sich für Revisionen und Korrektu-ren offen zu zeigen.

Ziel müsse es sein, die FOS in Rhein-land-Pfalz auch in der Bildungswirk-lichkeit im System der berufsbilden-den Schulen zu erhalten. Dazu steheder BLBS hier dem vlbs zur Seite undwerde sich gerne engagieren und beider Suche nach sinnvollen Lösungenmitarbeiten.

Rede des Landesvorsitzenden des vlbs

Rheinland-PfälzischerBerufsschultag 2010

Unter dem Motto: „Berufliche Schulen– Wir qualifizieren für Beruf und Stu-dium!“ fand in Bad Kreuznach der viel-beachtete Berufsschultag des Verban-des der Lehrerinnen und Lehrer an be-rufsbildenden Schulen Rheinland-Pfalz (vlbs) statt. An der Festveranstal-tung nahm auch der gesamte Vorstanddes BLBS teil, hatte doch der Bundes-vorsitzende, Berthold Gehlert, einGrußwort zu sprechen, das eigentlichmehr als das war. Mit Blick auf dieSchulstrukturreform der allgemeinbil-denden Schulen, nach der die Fach-oberschule unter Umgehung der be-rufsbildenden Schulen als „Realschuleplus“ an die Realschulen wandern soll,stellte er aus Sicht der Dachorganisati-on, des BLBS, unmissverständlich dieKernaufgaben berufsbildender Schu-len dar.

Grußwort desBLBS-Bundesvorsitzenden

be hier immer eine klare Position bezo-gen und jede Tendenz verurteilt, die dasallgemeinbildende Schulwesen zu Las-ten der berufsbildenden Schulen sa-nieren wolle. Dazu Gehlert wörtlich:„Nach Auffassung des BLBS muss derberufliche Bildungsweg mit einem un-verwechselbaren Profil als eigenstän-diger Weg sichtbar bleiben, wenn erweiterhin eine attraktive, durchgängi-ge und aufstiegsorientierte Alternativeim Bildungsangebot darstellen soll.“Da die beruflichen Schulen sowohl dieErstausbildung als auch die vielfältigenMöglichkeiten der Weiterbildung an-bieten, weisen sie maßgeschneidertKarrierewege zu Berufsabschlüssenund Zugänge zu Hochschulen und Uni-versitäten vor. Kennzeichen sind fol-gende Merkmale:

– Da die berufsbildenden Schulen ei-nen eigenständigen Bildungswegdarstellen, kann man nicht einzel-ne Bausteine wie die Fachober-schule aus dem System herauslö-sen.

– An berufsbildenden Schulen unter-richten Lehrkräfte, die ein wissen-schaftliches Studium mit starkerbetrieblicher Prägung durchlaufenhaben und dieses idealerweise miteiner abgeschlossenen Berufsaus-bildung begonnen haben.

– Das didaktische Konzept berufsbil-dender Schulen besteht darin, inVerbindung von Theorie und Praxis,von Allgemeinbildung und Berufs-bildung Handlungskompetenz fürdie Arbeitswelt anzubahnen.

Daher könne man, so Berthold Gehlert,„einen Allgemeinbildner nicht imDurchlauferhitzer zu einem ,Berufler‘machen.“ Auch gehöre eine berufsbil-dende Schule nicht durch eine schul-rechtliche Definition nach dem Motto„Frösche sind Fische im Sinne des Ge-setzes“ zu einer beruflichen Schule.

Dies war deutlich an die Ministerin fürBildung, Wissenschaft, Jugend undKultur des Landes Rheinland-Pfalz, Do-ris Ahnen, gerichtet, die den Grußwor-ten interessiert zuhörte. Gehlert batsie in persönlicher Ansprache, die Stel-lungnahmen des vlbs Rheinland-Pfalz

> BLBS-Nachrichten

Der Bundesvorsitzende Berthold Gehlert überbringtdie Grüße des BLBS und sagt Unterstützung zu.

Der Landesvorsitzende Ulrich Brenken übt deutlichKritik an der geplanten „Realschule plus“.

Der BLBS zeige seine Präsenz nicht nurauf Fachtagungen oder bei Gesprächs-kreisen, so Gehlert, er mische sich auchein. So könne eine Fachoberschule, dienach dem Verständnis der Kultusmi-nisterkonferenz (KMK) eine berufsbil-dende Schule sein soll, nicht an einerRealschule geführt werden, wie es dieneue Fachoberschulverordnung inRheinland-Pfalz vorsieht. Der BLBS ha-

Ulrich Brenken, alter und von der Ver-treterversammlung mit nur zwei Ent-haltungen wiedergewählter Landes-vorsitzender des vlbs, verwies in seinersehr kämpferisch und manchmal mitHumor gewürzten Rede darauf hin,dass in Rheinland-Pfalz in der Sekun-darstufe II einerseits die Oberstufe derallgemeinbildenden Schulen (Gymna-sium, IGS und Kollegs) mit insgesamtca. 45.000 Schülerinnen und Schülernangesiedelt sei. Andererseits seien dieberufsbildenden Schulen vollständigin der Sekundarstufe II angesiedeltund bildeten ca. 130.000 meist voll-jährige junge Menschen erfolgreichaus und qualifizierten sie weiter.

Die Versorgung mit Lehrern sei aller-dings verbesserungsbedürftig, soBrenken, und hinke allerdings immernoch stark hinter der der allgemeinbil-denden Schularten hinterher. Zudembelege Rheinland-Pfalz bei der Schü-

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ler-Lehrerrelation im Ranking der 16Bundesländer Kerngeschäft Berufs-schule nur Platz 13. Zwölf Bundeslän-der kämen demnach mit dem Lehr-kräftemangel besser zurecht alsRheinland-Pfalz.

Als im Jahre 2007 das Konzept der „Re-alschule plus“ verkündet worden sei,waren die Lehrkräfte an den berufsbil-denden Schulen erschrocken, weil derfür alle Schularten gemeinsam zu-ständige Dienstherr die „Berufsbild-ner“ an ihren Schnittstellen zur „Real-schule plus“ nicht einmal erwähnt, ge-schweige denn gefragt habe. DiesesVerfahren werde als „Steinbruch“ anden berufsbildenden Schulen wahrge-nommen, da die Fachoberschule zu100 % unter das Dach der „Realschuleplus“ verlegt wird. Der oft publizierteBegriff „Fachoberschule der Realschu-le plus“ sei irreführend und nicht sys-temgerecht, denn nach dem Gesetzwar, ist und bleibt die FOS in jeder Hin-sicht eine Schulform der berufsbilden-den Schulen, an der im Regelfall Be-rufsschullehrkräfte unterrichten.

Unverständlich sei, dass die Landesre-gierung nun wieder eine in den 80er-Jahren abgeschaffte 2-jährige FOS an-bietet, obwohl die Wege über die be-rufliche Bildung zur Fachhochschulrei-fe, zur fachgebundenen oder allge-meinen Hochschulreife vielfältig undmit großer Bandbreite umfassendsind. Gemäß dem Motto des Berufs-schultages würden die berufsbilden-den Schulen eben für Beruf und Studi-um qualifizieren. Dazu Ulrich Brenkenals stolzer Gewerbler: „Das Wirt-schaftswunder Deutschland, das welt-weite Renommee des ,Made in Ger-many‘, das uns glücklicherweise wie-der mal aus einer der heftigsten Wirt-schaftskrisen mit hohem Drehmo-ment herausführt, lief und läuft zu ei-nem großen Teil mit diesen Fachleutenaus der beruflichen Bildung.“ Das Gan-ze sei noch umso unverständlicher, dadie berufsbildenden Schulen bundes-weit das Label „Fachoberschule/Be-rufsoberschule“ in der Bevölkerungpositiv populär gemacht und überJahrzehnte mit hoher Wertigkeit sta-bilisiert hätten. Das werde den berufs-bildenden Schulen nun nur in Rhein-land-Pfalz begrifflich und räumlichentrissen und zwangsweise vollstän-

dig unter das Dach der „Realschuleplus“ verlegt.

Betrachte man den Server des Minis-teriums und klicke sich in die berufs-bildenden Schulen ein, dann könneman erfahren, dass unter den gesetz-lich den berufsbildenden zugeordne-ten Schulformen die FOS nicht einmalerwähnt wird. Obwohl sie als Schulartder Sekundarstufe II verortet sei, wer-de sie an der Sekundarstufe I Schulart„Realschule plus“ aufgeführt. Somitlasse die Regierung das Flaggschiff„Realschule plus“ bewusst unter fal-scher Flagge segeln. „Dagegen wehrenwir uns massiv!“, rief Brenken zu denrund 800 Zuhörern, die begeistert Bei-fall klatschten.

Das Gutachten des Verfassungsrecht-lers Prof. Dr. Dr. Battis, Berlin, das vlwund vlbs gemeinsam zu 100 % aus Mit-gliedsbeiträgen finanziert hätten, stel-le im Zusammenhang mit Entwürfenzur Ausgestaltung der Fachoberschulefest: Sollten diese umgesetzt werden,würde Rheinland-Pfalz gegen: 1. dieKMK-Vereinbarung, 2. das rheinland-pfälzische Schulgesetz, 3. das Landes-beamtengesetz, 4. das System der Sys-temgerechtigkeit, 5. die eigene Schul-laufbahnverordnung, 6. das Grundge-setz der Bundesrepublik Deutschland,7. das Laufbahnprinzip, 8. das Leis-tungsprinzip, 9. das Gleichbehand-lungsprinzip und 10. das Gebot der Fol-gerichtigkeit verstoßen. Ferner stelledas Gutachten fest: „Eine FOS der ,Re-alschule plus‘ kann es aus rechtlichenGründen nicht geben, da die FOS eineSchulform der berufsbildenden Schu-len ist.“

Dieses Gutachten sei dem Ministeri-um bereits im März diesen Jahres inder Hoffnung vorgelegt worden, dochnoch Bewegung in die Entwicklung zubringen. Im Zusammenhang mit einerArbeitsgruppe zum berufsbegleiten-den Aufstieg in den höheren Dienst seidies auch gelungen, ansonsten bleibees bis heute ohne erkennbare Wir-kung.

Festvortrag der Ministerin für Bildung,Wissenschaft, Jugend und Kultur desLandes Rheinland-Pfalz

Ministerin Doris Ahnen stellte fest,dass es im Moment bei der „Realschu-le plus“ unterschiedliche Betrach-

tungsweisen gäbe, die Zukunft aberzeigen werde, wie sich das entwickle.Ihrer Meinung nach sei die „Realschu-le plus“ in der Perspektive als zweiteSäule für das System fördernd. Zur De-ckung des Facharbeitermangels müss-ten auch die Zubringerschulen ihreSchüler ohne Abschluss so ausbilden,dass sie ausbildungsreif sind. Damitsei eine starke „Realschule plus“ alszweiter Weg und damit Zubringer fürdie weiterführenden beruflichenSchulen notwendig und wichtig.

Doris Ahnen verwies darauf, dass es ihrZiel sei, alle Schularten gleich zu be-handeln. Daher müsse bedacht wer-den, dass auch die Mittel für die Un-terrichtsversorgung nach der Anzahlder Lehrer und Schüler in den Schular-ten verteilt werden müssen. Verspre-chen könne sie aber, dass es für die Be-werber aus den Seminaren an den be-rufsbildenden Schulen keine Warte-schleife geben werde. Das Wichtigstesei für sie, genügend Lehrernachwuchsan den berufsbildenden Schulen zu ha-ben. Dazu versprach sie den Lehrerndes gehobenen Dienstes an berufsbil-denden Schulen, dass sie in Zukunftberufsbegleitende Aufstiegsmöglich-keiten in den höheren Dienst erhaltenwürden. Ferner solle das Fachschulan-gebot ausgebaut werden mit einerZertifizierung im Fort- und Weiterbil-dungsbereich.

H. P.

Fachtagung in Bremenzum demographischen Wandel

„Demographischer Wandel und die Zu-kunft der beruflichen Bildung“ war derTitel der Fachtagung Berufliche Bil-dung am 23. und 24. September in Bre-men. Eingeladen hatte die dortige Se-natorin für Bildung und Wissenschaft.

Der zu erwartende demographischeWandel stellt für viele gesellschaftli-che Bereiche eine große Herausforde-rung dar. Insbesondere die beruflicheBildung muss sich in diesem Zusam-menhang den Anforderungen stellen,dass zum einen die Jugendlichen eineaussichtsreiche Berufs- und Lebens-perspektive erhalten und zum anderendie Wirtschaft in allen Bereichen trotz

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sinkender Jahrgangszahlen qualifi-zierte Fachkräfte in ausreichendemUmfang zur Verfügung stehen. Wiekann das gelingen?

Die Fachtagung ging dabei zwei zen-tralen Fragestellungen nach. Die erstewar: „Wie gelingt es vor dem Hinter-grund des demographischen Wandelsdie Attraktivität der dualen Ausbil-dung insbesondere für leistungsstarkeJugendliche zu erhalten?“ Dieser Fra-gestellung stellten sich insbesondereKlaus Lorenz und Michael Krüger ausdem Ministerium für Kultur, Jugendund Sport Baden-Württemberg undWerner Eisenach und Reinhard Platteraus Bremen bei der Senatorin für Bil-dung und Wissenschaft. Die zweitezentrale Fragestellung der Fachtagungwar: „Wie muss das ÜbergangssystemSchule-Berufsbildung weiterentwi-ckelt werden, damit benachteiligte Ju-gendliche eine duale Ausbildung auf-nehmen können?“ Diese Fragestel-lung wurde eingeleitet durch Impuls-referate von Rainer Schulz, Leiter desHamburger Instituts für Berufliche Bil-dung, und Petra Jendrich von der Se-natorin für Bildung und Wissenschaftin Bremen.

Die Referenten konnten erste Impulseaus dem Blickwinkel der Bildungsad-ministration liefern. Die Organisati-onsform der Veranstaltung mit Work-shops und Open-Space-Phasen liefer-te viel Gelegenheit zum Austauschund zur Diskussion. Es wurde aberauch deutlich, dass die Fachtagungzur ersten Analyse der Problemstel-lung durchgeführt wurde. Trends oderabgesicherte „best parctice“-Beispie-le waren nicht erkennbar. Zudem fehl-ten wesentliche Vertreter aus demHandwerk und der Industrie, so dassdie Diskussion zeitweise einseitigwirkte.

Ein besonderer Höhepunkt war dereinführende Vortrag von Prof. Dr. Gun-ter Dueck, der mit beeindruckendenBeispielen die bevorstehende Auto-matisierung des Dienstleistungssek-tors skizzierte und mit interessantenphilosophischen Ansätzen sowohl dieBildungspolitik beleuchtete als auchdie Zukunft der Gesellschaft deutete.„Wir müssen das Ende der Dienstleis-tungs-Gesellschaft akzeptieren undneu aufbrechen, und zwar mit Hoch-

bildung für alle. Die Infrastruktur desInternets zieht uns in einen Strudel vonVeränderungen. Wer am Computer ar-beitet, kann das auch vom Urlaubs-strand oder von China aus tun“, so Prof.Dueck.

Die Fachtagung folgte einem gemein-samen Treffen der Abteilungsleiter fürberufliche Bildung aller Bundesländer,so dass kompetente Diskutanten ausden verantwortlichen Ministerien dieTagung bereicherten.

Dr. Sven Mohr

BMBF/OECD-Konferenz inLeipzig „Learning for Jobs“

An der Tagung des Bundesministeri-ums für Bildung und Forschung(BMBF) in Zusammenarbeit mit derOECD im Congress Center der MesseLeipzig nahm für den BLBS der stell-vertretende Bundesvorsitzende Wolf-gang Herbst teil. Bei einem Besuch desBMW-Werkes, das erst seit 2005 Autosproduziert, wurde das Konzept einerultramodernen Autofabrik erläutertund das Ausbildungssystem mitsamtder BMW-eigenen Ausbildungsphilo-sophie erläutert.

Interessant war die Gesprächsrundeam Abend, an der die Abteilungsleite-rin berufliche Bildung im BMBF, Korne-lia Haugg, der für die Moderation desKongresses bestellte WDR Korrespon-dent, Thomas Nehls, der hessische Mi-nisterialrat Ring, der seinerzeit den Be-rufsschultag in Frankfurt organisierthat, als Peter Grothe Bundesvorsitzen-der des BLBS war, Bianca Rohrbach, Be-raterin für berufliche Bildung im Bun-desministerium für wirtschaftlicheZusammenarbeit und Entwicklung,und der Vertreter des österreichischenBildungsministeriums, Herr Kreiml,teilnahmen.

In diesem Gespräch konnte das Pro-blem der mangelnden Anerkennungder von den beruflichen Schulen tes-tierten Leistungen durch die dualenPartner untergebracht werden, wassich dadurch auszahlte, dass der Mo-derator Thomas Nehls diesen Punkt inseiner Moderation am nächsten Tagmehrfach unterbrachte.

Der zweite Tag des Kongresses war ge-prägt durch die Vorträge

– der Staatssekretärin im BMBF, Cor-nelia Quennet-Thielen, mit demKernsatz: „Bildung ist die Kraft-quelle für die Zukunft unserer Ge-sellschaften“;

– der OECD-Direktorin für Bildung,Prof. Dr. Barbara Ischinger, mit denKernsätzen: „Berufliche Bildung istdie älteste Form des Lernens über-haupt“ und „Die Jugendarbeitslo-sigkeit steht in einem engen Zu-sammenhang zu dem Bildungssys-tem des betreffenden Landes“;

– der Kultusministerin Prof. Dr. Wolff,die die anderen Länder vor eventu-ellen Nebenwirkungen des von derOECD als beispielhaft gut bezeich-neten dualen Systems der deut-schen Berufsausbildung warnte.Diese sind: 1. ein erhöhter Bedarfan Colleges und 2. die Gefahr derÜberdifferenzierung in zu viele Ein-zelberufe. Sie ging besonders aufdie OECD-Empfehlung Nr. 4 ein, diefeststellt, dass die Noten des schu-lischen Teils der Berufsausbildunggleichberechtigt neben den Ab-schlussnoten der Kammern indie Abschlusszertifikate einfließensoll ten. In Vorschlag 5 empfiehlt dieOECD, dass die Durchlässigkeit zwi-schen der beruflichen Bildung undden Hochschulen zu verbessern sei;

– des Mitverfassers des jüngstenOECD-Berichts, Dr. Simon Field vonder OECD, der zunächst die Ver-gleichsstudie „Learning for Jobs“präsentierte. Danach ging er in sei-nem Beitrag schwerpunktmäßigauf die zukünftige Entwicklung inChina ein und stellte fest, dass die-ses riesige Land in zehn Jahren diegrößte Wirtschaft der Welt seinwird. Er stellte weiter fest: Chinawerde immer besser! China werdeimmer mehr zu einem Fabrikstand-ort, weil seine gut ausgebildetenFachkräfte ausländische Investorenanziehen würden. Lehrkräfte in denchinesischen Berufsschulen müs-sen, um am Ball der aktuellen Ent-wicklungen zu bleiben, einen Mo-nat im Jahr in der Industrie arbeiten;

– des Leiters der Aus- und Weiterbil-dung bei Gesamt-BMW, Manfred

BLBS-Nachrichten

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BLBS-Nachrichten

Theuner, der das BMW-Ausbil-dungssystem „Let´s move!“ skiz-zierte. Er forderte, dass die Notender Berufsschule in die Abschluss-zertifikate der Berufsausbildungaufzunehmen seien.

Wolfgang Herbst

„Bildung in Deutschland 2025:Perspektiven des Bildungs-wesens im demographischenWandel“

Die Veranstalter, das Bundesministeri-um für Bildung und Forschung (BMBF),das Leibniz-Institut für Bildungsfor-schung und Bildungsinformation(DIPF) und die Kultusministerkonfe-renz (KMK) hatten in der Einladung zudieser Tagung versprochen, die zentra-len Herausforderungen für das Bil-dungswesen unter veränderten demo-graphischen Bedingungen mit der in-teressierten Fachöffentlichkeit zu dis-kutieren.

Ziele der Bildungsberichterstattungund Bedeutung des Schwerpunktthe-mas im Jahre 2010

Hier wiederholten Frau Riesner von derKMK und Herr Greinert vom BMBF, wasdem Bundesbildungsbericht als Ziel-setzungen zu entnehmen sind:

– Integration von Kindern mit Migra-tionshintergrund und

– Vorbereitung auf das Erwerbsle-ben.

Als Aufgaben sind ihm zu entnehmen:

– Verringerung der Kluft im Bil-dungswesen zwischen Kindern ausbildungsfernen und bildungsna-hen Familienverhältnissen,

– Fortsetzung der dynamischen Ent-wicklung des deutschen Bildungs-systems,

– Verbesserung der individuellenFörderung,

– Verbesserung der frühkindlichenBildung,

– Verbesserung der Erzieherqualifi-zierung,

– Ausbau der Hochschulen und

– Verringerung des Übergangssek-tors.

Entwicklungsperspektiven des Bil-dungswesens im demographischenWandel – Zentrale Befunde des Bil-dungsberichts 2010

Dazu hob der Sprecher der Autoren-gruppe, Prof. Dr. Weishaupt, als zentra-le Bezugspunkte des neuen Bildungs-berichts hervor:

– Der Bildungsbericht ist Teil eines um-fassenden Bildungsmonitorings;

– Die Zieldimensionen sind: indivi-duelle Regulationsfähigkeit, gesell-schaftliche Teilhabe, Sicherung derHumanressourcen;

– Die Leitidee lautet: Bildung im Le-benslauf;

– Der Bericht stützt sich auf Indika-toren;

– Über diese Indikatoren wird ge-forscht mit dem Ziel der Verbesse-rung der Datenbasis.

Aktuell zu beobachten sind:

– Zunehmende Bildungsbeteiligungder unter 3-jährigen Kinder;

– Zunehmende Zahl von Ganztags-schulen;

– Zunehmende Schülerquote an denGymnasien;

– Leichte Entspannung bei der Be-rufsausbildung: abnehmende Dif-ferenz wegen verringerter Nachfra-ge trotz sinkenden Angebots;

– Leichte Entspannung im Über-gangssektor, aber immer noch zuviele Warteschleifen;

– Leicht steigende Studienanfänger-quote, aber immer noch unterOECD-Niveau;

– Zunehmende Quote der weibli-chen Studenten;

– Zunehmende Zahl der Hochschul-absolventen.

Aber:

– Fast jedes dritte Kind wächst in Ri-sikolagen auf;

– Integrationsprobleme entstehenoft aus Sprachenproblemen in Kin-dergärten;

– Es gibt Probleme, einen Ausbil-dungsplatz zu bekommen;

– Die sozialen Unterschiede sind im-mer noch groß (Akademikerkinderbesuchen eher die Hochschule);

– Der Anteil hochgebildeter Elternsteigt, aber gleichzeitig auch derAnteil der geringgebildeten Eltern(soziale Schere geht immer weiterauf);

– Die Anzahl der Akademiker beiMännern stagniert;

– Deutschland muss die Bildungs-strukturen weiter öffnen und dieQualität weiterhin steigern.

Prof. Dr. Weishaupt stellte auch die zu-künftigen Bedingungen dar, unter de-nen die angestrebten Ziele umgesetztwerden müssen. Ein bestimmendesElement sei in den kommenden Jahrendie Verschiebung des demographi-schen Berges der jetzt noch unter 55-Jährigen in Richtung Rentenalter. Diesführe zu einer deutlichen Zunahmedes Anteils der Versorgungsempfän-ger und bis 2060 zu einer Abnahme derGesamtbevölkerung um etwa 20 %.Während in den Flächenstaaten dieBevölkerung abnimmt, nimmt sie inden Stadtstaaten leicht zu.

Der Bildungspersonalbedarf ist in denunterschiedlichen Bildungsbereichenverschieden. Im Vorschulbereich rech-net man zunächst mit deutlich stei-gendem Bedarf, der Hochschulbereichbleibt auf hohem Niveau, in allen an-deren Bereichen ist mit sinkendem Be-darf zu rechnen. Der sinkende Lehr-kräftebedarf wird von den Bildungs-forschern als „demographische Rendi-te“ bezeichnet, die allerdings nur dannkommt, wenn die Bildungsausgabennicht gekürzt werden.

Im Bereich der beruflichen Schulennimmt man an, dass die Bildungsaus-gaben von 25,3 Mrd. Euro im Jahr 2008auf etwa 18,9 Mrd. Euro im Jahr 2025sinken werden.

Die demographischen Herausforde-rungen im Überblick:

– Ausbau der Tagesstätten für die un-ter 3-jährigen Kinder bis 2013 auf35 %;

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Die berufsbildende Schule (BbSch) 62 (2010) 11/12 337

BLBS-Nachrichten/Nachrichten aus den Ländern/Nachrichten

– Halbierung der Zahl der Schulab-gänger ohne Abschluss;

– HS-Abschluss mindern, RS-Ab-schluss steigern;

– Sonderpädagogische Förderung re-organisieren;

– Wohnortnahe Beschulung in derFläche erhalten (insbesondere beiden berufsbildenden Schulen);

– Keine Entlastung im Hochschulbe-reich bis 2025 in Sicht;

– Problem des steigenden Nach-wuchsbedarfs an Facharbeitern bei

weiterhin ca. 1,3 Mio. Menschenohne Schul- oder Ausbildungsab-schluss, die nicht in Erwerbsarbeitzu vermitteln sind.

Wolfgang Herbst

> Nachrichten aus den Ländern

Thüringen

Fusion TVB und VLW

Die beiden bisher getrennt agierendenVerbände, der Thüringer Verband derBerufsschulpädagogen (TVB) und derVerband der Lehrer an Wirtschafts-schulen (VLW) haben in Thüringenzum gemeinsamen Verband der Lehre-rinnen und Lehrer an berufsbildendenSchulen (BLV) fusioniert.

„Diese beschlossene Fusion ist abernur ein erster Schritt“, so schreibt derneue Vorsitzende Thilo Helms im Vor-wort zum Sonderheft 2010. „Die er-hofften positiven Aspekte für die Ver-bandsarbeit werden sich nicht von sel-ber einstellen, sondern alle Mitgliedersind aufgerufen, sich aktiv dafür ein-zusetzen.“

Am 12. Juni 2010 fanden die Vertre-terversammlungen des TVB und VLWstatt. In der anschließenden gemein-samen Veranstaltung beschlossen dieDelegierten die Fusion.

In den geschäftsführenden Vorstandwurden gewählt:

Thilo Helms,Vorsitzender,

Roland Hiepe,Stellvertretender Vorsitzenderund Leiter Fachbereich 1,

Heike Heinemann,Stellvertretende Vorsitzendeund Leiterin Fachbereich 2,

Torsten Schülbe,Geschäftsführer,

Manfred Penner,Vorstandsmitglied für die Arbeit derAusschüsse,

Birgit Sterzing,Vorstandsmitglied für Öffentlich-keitsarbeit,

Mario Köhler,Vorstandsmitglied für Finanzen.

Bei der Vertreterversammlung wurdenauch gleichzeitig die neue Satzungund die Organisationsstruktur be-schlossen.

Der BLBS wünscht dem neuen fusio-nierten Verband viel Erfolg und einegute gemeinsame Arbeit.

H. P.

> Nachrichten

Fachkräftesicherung –Herausforderung für denArbeitsmarkt

Die Wirtschaft erholt sich von derschweren Krise in raschem Tempo, undauch der Arbeitsmarkt sendet positiveSignale. Immer mehr Unternehmenwollen in den kommenden Monatenneue Mitarbeiter einstellen.

Nicht nur Akademiker werden gesucht

Jedes fünfte Unternehmen berichtetim aktuellen IHK-Unternehmensbaro-meter von Problemen, seine offenenStellen besetzen zu können. Jedeszweite gibt an, solche Schwierigkeitenbei einem Teil der offenen Stellen zuhaben, und bei nur 30 Prozent verläuftdie Stellenbesetzung problemlos. Eng-pässe zeigen sich auf nahezu allen

Qualifikationsniveaus: Offene Stellenfür Absolventen mit Master- oder Uni-versitätsabschluss können derzeit 15Prozent der Unternehmen nicht beset-zen. Dazu kommen noch einmal 35Prozent, die für diese Stellen teilweisenicht die passenden Bewerber finden.Doch nicht nur im Bereich der Akade-miker zeigt sich diese Entwicklung. Sobleiben auch Stellen für Absolventenmit Weiterbildungsabschlüssen wiez. B. Fachwirt oder Meister unbesetzt:16 Prozent der Betriebe finden hier kei-ne passenden Mitarbeiter und 41 Pro-zent haben diese Probleme bei einemTeil ihrer Stellen.

Fachkräfte werden knapp

Fast jeder zweite Betrieb erwartet inden nächsten fünf Jahren Fachkräfte-

mangel im Bereich der Hochqualifi-zierten. 43 Prozent rechnen damit,über alle Berufsgruppen hinweg mitEngpässen konfrontiert zu werden.Die Umfrage zeigt aber auch, dass rundein Drittel die Folgen des demographi-schen Wandels für den eigenen Betriebderzeit nicht einschätzen kann.

Mit Aus- und Weiterbildung gegenden Fachkräftemangel

Bei den Maßnahmen, mit denen dieUnternehmen auf künftige Fachkräf-teengpässe reagieren wollen, steht dieWeiterbildung ganz oben: Jeder zwei-te Betrieb plant eine Angebotsauswei-tung. Mit verstärkter Ausbildung wol-len sich 35 Prozent der Unternehmenwappnen, und fast ebenso viele (34Prozent) sehen in der Ausweitung ih-

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Die berufsbildende Schule (BbSch) 62 (2010) 11/12338

Nachrichten

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BERUFE.TV [www.berufe.tv] ist dasFilmportal der BA. Durch die gezielteVerknüpfung und Unterstützung an-derer BA-Online-Angebote, wie z. B.BERUFENET, planet-beruf.de oderabi.de hat BERUFE.TV seine Position alsBA-Filmportal weiter gestärkt undausgebaut.

Zum Hintergrund: So genannte Apps(Applikationen) sind kleine Program-me, die sich auf Smartphones und mo-bilen Geräten installieren lassen. DieBERUFE.TV-App finden Sie ab sofortzur kostenlosen Installation im Apple-App-Store.

Mehr Informationen zur BERUFE.TV-App finden Sie auf www.berufe.tv

BA

Deutschlandstipendium

Mit der neuen Internetseitewww.deutschland-stipendium.de in-formiert das Bundesministerium fürBildung und Forschung (BMBF) ab so-fort über das neue Deutschlandsti-pendium. Die Seite bietet potenziellenFörderern, Hochschulen und Stipen-dienbewerbern die wichtigsten Infor-mationen rund um das Stipendium.

Gleichzeitig startet eine Kampagne,die bei Unternehmen, Alumni und inder Bürgergesellschaft um Spendenfür die Stipendien wirbt.

Die neue Förderung in Höhe von 300Euro monatlich soll ab dem Sommer-semester 2011 bundesweit rund10.000 Stipendiatinnen und Stipen-diaten beim Studium den Rücken frei-halten. Die Stipendien werden vonprivaten Geldgebern und vom Bundgemeinsam finanziert. Die Bundesre-gierung stellt damit die Weichen füreine neue Stipendienkultur inDeutschland.

BMBF

Neue Perspektivenfür Ungelernte

Das Bundesministerium für Bildungund Forschung (BMBF) verdoppelt denUmfang des Programms „PerspektiveBerufsabschluss“. Bundesweit werdenseit diesem Monat insgesamt 98 Pro-jekte (vorher 49) gefördert.

Das BMBF unterstützt Bildungsketten,die Jugendlichen beim Übergang vonder Schule in den Arbeitsmarkt helfen,und erleichtert es ungelernten jungenErwachsenen, nachträglich einen Ab-schluss zu erwerben.

Die Mittel für das Programm „Per-spektive Berufsabschluss“ erhöhensich deutlich. Standen ursprünglich 40Millionen Euro zur Verfügung, so sinddies jetzt 67 Millionen Euro. DiesesGeld stellen bis 2013 das BMBF und derEuropäische Sozialfonds (ESF) bereit.

„Perspektive Berufsabschluss“ setzt inzwei Förderlinien auf Qualifizierung.Die Linie „Regionales Übergangsmana-gement“ zielt auf mehr Transparenzund bessere Verzahnung angesichts derspezifischen Situation in Deutschland.

Die zweite Förderlinie „Abschlussori-entierte modulare Nachqualifizie-rung“ hat eine andere Zielgruppe: an-und ungelernte junge Erwachsene mitund ohne Beschäftigung. Sie erhaltendie Möglichkeit, nachträglich einenBerufsabschluss zu erwerben und sodie eigenen Beschäftigungschancenzu verbessern.

Weitere Informationen finden Sie unter:www.Perspektive-Berufsabschluss.de/de/561.php

BMBF

Offene Lehrstellen sofort zubesetzen – in NRW suchenBetriebe noch Auszubildende

Fachbetriebe aus Handwerk, Industrieund Handel suchen noch qualifizierteBewerber/-innen, um ihre offenenAusbildungsstellen sofort zu beset-zen. Die Vermittlung dieser offenenAusbildungsstellen führen im Zugeder beiden Projekte „Starthelfer Aus-bildungsmanagement“ und „Passge-naue Vermittlung“ Fachkräfte derKammern in NRW durch – ein Service,der ermöglicht wird durch Mittel derEU und des Ministeriums für Arbeit, In-tegration und Soziales des LandesNRW bzw. des Bundesministeriumsfür Wirtschaft und Technologie.

Exemplarisch sind einige offene Stel-len aus verschiedenen Regionen desLandes genannt:

Industrie- und HandelskammerArnsberg:

Fachinformatiker/-in Systemintegrati-on (Möhnesee – Fachhochschulreife,gute Kenntnisse in Mathematik), Res-taurantfachmann/-frau (Lippstadt,Soest, Winterberg – Hauptschulab-schluss Kl. 10, gepflegtes Äußeres), Ho-telfachmann/-frau (Meschede – Fach-oberschulreife, gute Umgangsfor-men), Koch/Köchin (Medebach, Win-terberg, Möhnesee – Hauptschulab-schluss, gerne ab 18 Jahre).

Handwerkskammer OWL zu Bielefeld:

Elektroniker/-in Energie- u. Gebäude-technik (Gütersloh – FOR), Orthopä-die schuh macher/-in (Bielefeld – FOR/AHR).

Industrie- und HandelskammerOstwestfalen zu Bielefeld:

Koch/Köchin (Bad Oeynhausen – FOR),Fachkraft für Möbel-, Küchen- undUmzugsservice (Minden – guterHauptschulabschluss oder höher).

Industrie- und Handelskammer immittleren Ruhrgebiet zu Bochum:

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Nachrichten/Literatur

Die berufsbildende Schule (BbSch) 62 (2010) 11/12 339

Zerspanungsmechaniker/-in (Bo-chum – ab gutem Hauptschulab-schluss Kl. 10, technisches Interessewird vorausgesetzt), Tankwart (Hattin-gen – ab gutem HauptschulabschlussKl. 10), Fachinformatiker beider Fach-richtungen (Bochum – ab FHR, Hard-und Softwareerfahrung erwünscht).

Handwerkskammer Dortmund:

Anlagenmechaniker SHK (Dortmund –guter Hauptschulabschluss), Elektro-niker Energie u. Gebäudetechnik(Dortmund – guter Hauptschulab-schluss), KFZ-Mechatroniker Nutzfahr-zeugtechnik (Witten – guter Haupt-schulabschluss). Westdeutscher

Handwerkskammertag

Berufliche Bildung und Berufs-bildungsforschung

Das Bundesinstitut für Berufsbildung(BIBB) baut sein internationales Netz-werk in der beruflichen Bildung undder Berufsbildungsforschung syste-matisch aus. In Köln unterzeichnetender stellvertretende Rektor der Univer-

sität zu Köln, Prof. Dr. Thomas Kaul,und BIBB-Präsident Manfred Kremereinen Kooperationsvertrag. Ziel derVereinbarung ist die wechselseitigeUnterstützung, die Zusammenarbeitund der Informationsaustausch im Be-reich der beruflichen Bildung und derBerufsbildungsforschung.

Dies betrifft vor allem die fachliche Ko-operation im Bereich der wissenschaft-lichen Projekte und der Lehre, die Un-terstützung von Examensarbeiten undPromotionen sowie wissenschaftlichePraktika. Kooperationspartner des BIBBwird vornehmlich das an der Universi-tät zu Köln angesiedelte, neugegründe-te Forschungszentrum für vergleichen-de Berufsbildungsforschung G.R.E.A.T.(German Research Center for Compara-tive Vocational Education and Training)sein. BIBB

Sehbehinderter Azubides DIPF für herausragendeLeistungen geehrt

Die Leibniz-Gemeinschaft hat PeterHahling, einem sehbehinderten Aus-

zubildenden des Deutschen Institutsfür Internationale Pädagogische For-schung (DIPF) und der Frankfurter Stif-tung für Blinde und Sehbehinderte,den Leibniz-Auszubildenden-Preis ver-liehen. Mit dem neu ins Leben gerufe-nen, jährlich vergebenen Preis ehrt dieWissenschaftsgemeinschaft heraus-ragende Leistungen während der Aus-bildung an einem Leibniz-Institut undin den Abschlussprüfungen.

Peter Hahling, der nach seiner Ausbil-dung weiter als Fachangestellter fürMedien und Informationsdienste amDIPF beschäftigt ist, zeigte sich über-glücklich.

Schon seit 15 Jahren bildet das DIPFin enger Kooperation mit derStiftung auch Blinde und Sehbehin-derte aus.

Für ihre ebenfalls besonderen Leistun-gen wurden zwei weitere Auszubil-dende von Leibniz-Instituten alsZweitplatzierte geehrt: Ariane Lang-feldt, Biologielaborantin des For-schungszentrums Borstel (FZB), undChristian Frenzel, Physiklaborant desForschungszentrums Dresden (FZD).

DIPF

> Bücher

Dieter Euler, Günter Pätzold: Selbstgesteuertes und koope-ratives Lernen in der beruflichen Erstausbildung (SKOLA) Abschlussbericht des Programmträgers, projekt verlag, Bochum/Freiburg 2010, 330 Seiten, ISBN: 978-3-89733-214-0, 22,80

Der Abschlussbericht ist in der Reihe „Dortmunder Beiträgezur Pädagogik“, die von Udo von der Burg u. a. herausgege-ben wird, als Band 44 erschienen. Die Buchreihe verfolgt dieKonzeption eines hochschulverbindenden Diskussionsfo-rums für pädagogische Forschung und Lehre. Damit sollenzukunftserschließende Impulse zur Bereicherung pädago-gischen Denkens und Handels gefördert werden.

Dazu bieten gerade die im Zeitraum von 2004 bis 2008 ent-wickelten, erprobten und implementierten 21 Modellver-suche verschiedene Ansätze zur Förderung selbstgesteuer-ten und kooperativen Lernens. Das Modellversuchspro-gramm SKOLA steht hierbei für „Selbstgesteuertes und ko-operatives Lernen in der beruflichen Erstausbildung“. Aus-gangspunkt und Prämisse dieses Forschungsvorhabens bil-dete der bildungsplanerische Handlungsbedarf des Be-

schlusses der Kultusministerkonferenz aus dem Jahre 2000zu selbstgesteuerten Lernen. Verändere Arbeitsmarktbe-dingungen, Berufsstrukturen und die Neuausrichtung derAbsatzmärkte führten zu anderen Formen der Arbeitsorga-nisation, bei der Arbeitsstrukturen im Vordergrund stehen,in denen das kreative und synergetische Potenzial vonTeams umgesetzt werden muss.

Dazu wurden in sechs Maßnahmenbereichen Modelle zurFörderung selbstgesteuerten und kooperativen Lernens ent-wickelt und erprobt, die in dem Werk ausführlich und für dieNachahmung und Übertragung evaluiert und für die Praxisgeeignet dargestellt werden. Daneben findet eine ausführ-lich theoretische Einbettung der Grundlagen statt.

Die inhaltlichen Ergebnisse werden ausführlich auf etwa100 Seiten dargestellt, an die sich das Evaluationskonzeptdes Programmträgers anschließt. Forschungs- und Trans-ferprojekte sind ebenso dargestellt wie die daraus zu zie-henden Konsequenzen und Empfehlungen für die Bil-dungspolitik. Heiko Pohlmann

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Literatur

Die berufsbildende Schule (BbSch) 62 (2010) 11/12340

Jörg-Peter Pahl: Fachschule. Praxis und Theorie einer beruf-lichen Weiterbildungseinrichtung. W. Bertelsmann Verlag.Bielefeld 2010. 715 Seiten. ISBN 978-3-7639-4298-5 (Print)/ 978-3-7639-4299-2 (E-Book), 59 .

Mit der „Fachschule“ hat der Autor nach der „Berufsschule“(2004, 2. Auflage 2008), der „Berufsbildenden Schule“(2007) und der „Berufsfachschule“ (2009) ein weiteres um-fassendes Werk vorgelegt. Das Buch schließt somit einefachliterarische Lücke im Bereich des deutschen Berufsbil-dungssystems im Allgemeinen und des schulischen Weiter-bildungssystems im Besonderen. Die Institution „Fachschu-le“ wird in ihren Ausformungen und ihren wesentlichen Be-reichen reflektiert, analysiert und systematisiert darge-stellt. Diese Analyse, Beschreibung und Bestandsaufnahmebildet die Basis für erste Ansätze einer Praxis und Theoriedes Lernortes.

Im ersten Kapitel wird die Situation der Fachschule in derheutigen Zeit reflektiert. In den Ausführungen werden De-fizite bei der Praxis- und Theoriediskussion aufgezeigt undanschließend Praxis- und Theorieanforderungen als Be-zugspunkte für die Entwicklung der Fachschule herausge-arbeitet. Die folgenden Analysen untersuchen dann die ge-genwärtigen Aufgaben und Funktionen der Fachschule imWeiterbildungsbereich.

Das zweite Kapitel ist der Entstehungsgeschichte der Fach-schule und ihrer Entwicklung in den verschiedenen Epochengewidmet. Ausgehend von den vielfältigen und relativ un-übersichtlichen Wurzeln und Anfängen der formalisiertenErwachsenenbildung und entsprechender Bildungs- bzw.Erziehungsstätten zu Beginn der industriellen Revolutionwird die Entwicklung fachschulischer Formen chronologischbis in die Gegenwart dargestellt.

Im dritten Kapitel wendet sich der Autor den organisato-risch-rechtlichen Bedingungen und Gestaltungsmöglich-keiten zu. Nach einer Einordnung der Fachschule in das ge-sellschaftliche Bedingungsgefüge und der Einbindung indas Berufs- und Weiterbildungssystem werden die rechtli-chen Vorgaben, die Administration sowie Struktur und Or-ganisation dieser berufsbildenden Schulform analysiert unddiskutiert. Darauf aufbauend untersucht der Autor Mög-lichkeiten und Ansätze zur Organisations- und Personalent-wicklung.

Wie jede Schulform wird auch die Fachschule im wesentli-chen Maße durch ihre mittelbaren und unmittelbaren Ak-teure beeinflusst. So werden im fünften Kapitel die Klientelder Studierenden, die Lehrkräfte sowie die Interessengrup-pen im Umfeld der Schule reflektiert. Dabei werden sowohldie Interessen, Ansprüche und Wirkungsfelder der einzelnenAkteure als auch die Spannungsfelder zwischen den einzel-nen Akteursgruppen aufgezeigt.

Eine größere Beachtung erfährt der Bereich der lernorgani-satorischen Rahmenbedingungen im fünften Kapitel. Hierkonkretisiert der Autor die lernorganisatorischen Rahmen-

gebungen durch Ordnungsmittel insbesondere in den Bun-des- oder Landesgesetzen, KMK-Rahmenvereinbarungen,KMK-Rahmenlehrplänen oder Landeslehrplänen. Es werdenaber auch curriculare Gestaltungsfreiräume und -möglich-keiten durch Schulleitung, Lehrkräfte und Studierende, z. B.bei der Gestaltung der Lern-, Studier- und Arbeitsumge-bungen sowie beim Einsatz von Medien und Mediensyste-men, aufgezeigt.

Der Autor erörtert im sechsten Kapitel die didaktisch-me-thodische Praxis und Theorie der Fachschule. Zunächst wer-den gängige Bildungskonzepte beruflichen Lehrens und Ler-nens für Erwachsene und eine Didaktik der beruflichen Er-wachsenen- und Weiterbildung skizziert. Gebührende Be-achtung erfahren anschließend didaktische und methodi-sche Ansätze für berufliches Lehren und Lernen im Allge-meinen und spezielle didaktische Weiterbildungskonzeptean der Fachschule im Besonderen sowie die Auswahl und derEinsatz von Medien. Abschließend wird die effiziente Un-terrichtsgestaltung über Planung, Durchführung und Nach-bereitung des Unterrichts sowie in Form von Lernerfolgs-kontrollen expliziert.

Im letzten Kapitel konkretisiert der Autor Entwicklungs-möglichkeiten und Perspektiven der Fachschule. Aufgezeigtwerden Entwicklungen in der Wissensgesellschaft, Refor-mierungsmöglichkeiten und -grenzen, kurz- bis mittelfristi-ge Gestaltungsperspektiven sowie Langzeitperspektivendieser Institution. Besonders interessant sind die Vorschlä-ge zur Neuordnung der grundlegenden und weiterführen-den beruflichen Schulformen im Allgemeinen und zur Ein-ordnung der Fachschule in eine „Berufliche Weiterbil-dungsschule“ im Besonderen. Abschließend erfolgt ein Aus-blick auf die zukünftigen Aufgaben zur Praxis- und Theorie-entwicklung dieser Institution.

Insbesondere aus Sicht des Rezensenten, der viele Jahre ei-ne Fachschule leitete, kann das vorliegende Buch allen in die-sem weiterbildenden Bereich Tätigen uneingeschränktempfohlen werden, denn mit seinen sachkundigen und de-taillierten Ausführungen eröffnet der Autor die Option zurAuseinandersetzung mit einer bisher vernachlässigten The-matik. Der Gegenstand ist trotz oder gerade wegen seinerübergreifenden Komplexität sehr umfassend, übersichtlichund systematisch bearbeitet worden. Das Buch ist sowohlals durchgängige Monografie als auch durch den Suchindexwie ein Nachschlagewerk oder für Detailinformationen an-gelegt und nutzbar. Dadurch kann die Spanne der poten-ziellen Interessenten und Nutzer sehr weit gefasst werden.Angesprochen sind insbesondere Studierende oder Lehr-amtsanwärter sowie Lehrkräfte an berufsbildenden Schu-len im Allgemeinen und an Fachschulen im Besonderen. Da-rüber hinaus sind aber auch alle Personengruppen ange-sprochen, die auf dem Gebiet der Bildungspolitik und Bil-dungsplanung beruflichen Lehrens- und Lernens tätig sindoder tätig werden wollen. Gerhard Rach, OSTD

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Gebäudeenergieausweis:Begriffe, Daten, Fakten

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Gesetzgeber Immobilienbesitzer bei Vermietung und

Verkauf zur Erstellung eines Gebäudeenergieausweises.

2009 wurden die Anforderungen an die Gebäude-

energie-Effizienz verschärft. Der bundeseinheitliche

Ausweis will für mehr Transparenz im Energiever-

brauch von Gebäuden sorgen. Welche Pflichten

ergeben sich daraus für Immobilienbesitzer? Welcher

Ausweis wird benötigt? Wer erstellt ihn? Und wie

liest man als Kauf- oder Mietinteressent diesen

Ausweis? Der Ratgeber gibt kompetente Hilfestel-

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