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Biologie im Kontext (bik) - direktzunw.de · Set-Treffen NRW 6. Dezember 2005 Düsseldorf Biologie...

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Set-Treffen NRW 6. Dezember 2005 Düsseldorf Biologie im Kontext (bik) Martin Linsner Aus Unterrichtsbeobachtungen lernen - Fehlvorstellungen und andere "Knackpunkte" im Biologieunterricht
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Set-Treffen NRW6. Dezember 2005Düsseldorf

Biologie im Kontext (bik)

Martin Linsner

Aus Unterrichtsbeobachtungen lernen -Fehlvorstellungen und andere "Knackpunkte" im Biologieunterricht

Geplanter Ablauf

• Vorunterrichtliche Vorstellungen• Problematik• Lerntheoretische Sicht auf vorunterrichtliche

Vorstellungen der Schüler und auf naturwissenschaftliche Konzepte

• Beispiele zu vorunterrichtlichen Vorstellungen

Unser Blick:

Was versperrt die „Sicht auf die Fachwissenschaft“schon während des Lernprozesses?

Es fehlen:

(1) Inhalte (basales Wissen)

(2) Fachwissenschaftliche Konzepte/ Prinzipien

Zusätzlich erzeugen „vorunterrichtliche Vorstellungen*“ der Schüler eine Barriere, die die Erschließung der Fachwissenschaft behindern.

*häufig findet man in der Literatur auch die Bezeichnungen: Fehlvorstellungen, Schülervorstellungen, Präkonzepte, Lebensweltliche Vorstellungen, Wissen, Vorkenntnisse

Was ist mit „Vorstellungen“ gemeint?

• Subjektive gedankliche Prozesse, die weder aufgenommen noch weitergegeben werden können, sondern immer von den Personen selbst konstruiert oder erzeugt werden (moderat-konstruktivistischer Ansatz)

für den Unterricht besonders wichtig, da Schüler daraus ihre Behauptungen, Aussagen oder Grundsätze zu Sachverhalten ableiten

• Vorstellungen werden nach steigender Komplexität unterteilt:– Begriff– Konzept– Denkfigur– Theorie

Woher stammen vorunterrichtlicheVorstellungen?

• Alltagserfahrungen im Umgang mit Phänomenen wie Bewegungen, Wärme, Licht

• Alttagssprache • Gespräche im Alltag, Lesen von Büchern,

Konsumieren von Produkten der Massenmedien• Vorangegangener Unterricht

Warum sind vorunterrichtliche Vorstellungen für den Unterricht besonders interessant?

• vorunterrichtliche Vorstellungen (lebensweltliche Vorstellungen/ Fehlvorstellungen) werden im naturwissenschaftlichen Unterricht mit wissenschaftlichen Vorstellungen konfrontiert

• Die Sichtweisen, über die man verfügt, haben sich über einen langen Zeitraum entwickelt und für Alltagssituationen als zweckmäßig erwiesen und werden daher nur sehr ungern aufgegeben

• Menschen neigen zum Widerstand gegen Änderungen ihrer Sichtweise (zeitweiser Verlust von Stabilität)vorunterrichtliche Vorstellungen beeinflussen das Lernen tiefgreifend

„Ein Eisblock, der in Wolle gehüllt ist, schmilzt schneller als ein Eisblock der

in Alufolie gehüllt ist“

• Experimentelle Befunde im naturwissenschaftlichen Unterricht haben häufig nur eine eingeschränkte Überzeugungskraft

• Statt die Sichtweise aufzugeben, werden Ad-Hoc-Argumenteherangezogen, warum in diesem speziellen Fall die Vorstellung nicht zur richtigen Vorhersage des Ergebnisses geführt hat

Aus lerntheoretischer Sicht gilt:

• Konzeptwechsel (concept-change): die im Gehirn gespeicherte Wissensstruktur aus vielfältig miteinander vernetzten Einzelbegriffen wird grundlegend umgestaltet

• Konzeptwachstum (concept-growth): die im Gehirn gespeicherte Wissensstruktur aus vielfältig miteinander vernetzten Einzelbegriffen wächst, indem neue Begriffe hinzukommen und sich neue Verbindungen zwischen den bereits vorhandenen Begriffen bilden

• Es findet beim Lernprozess (wahrscheinlich) weniger Konzeptwechsel statt, sondern eher Konzeptwachstum

• Problem: Alte und neue Konzepte stehen „nebeneinander“. Je nach Situation ist es möglich, das Phänomene nach den ursprünglichen Vorstellungen interpretiert werden.

Können vorunterrichtlicheVorstellungen durch den Unterricht

geändert werden?• Es steht fest: der naturwissenschaftliche

Unterricht geht nicht völlig spurlos an den Schülerinnen und Schülern vorbei ☺

• Aber: Unterricht, der sich ganz bewusst an den Vorstellungen der Schüler orientiert ist erfolgreicher!

• Lerntheoretisches Ziel: die Koexistenz zwischen Alltagsvorstellungen und fachwissenschaftlichen Vorstellungen

Beispiele für vorunterrichtlicheVorstellungen

Hammann: Aus Fehlern lernen (Vorstellungen zum Blutkreislauf)

Untersuchung in Klasse 5:

• Typische Fehlvorstellungen:– Die Schüler denken zwar an die Versorgung der Organe,

denken aber nicht an die Frage, was mit dem Blut geschieht, wenn es das betroffene Organ erreicht hat

– Es zeigt sich, dass der Hinweg des Blutes vor dem Rückweg Vorrang hat

– Blutgefäße werden ähnlich wie Einbahnstraßen, mit wechselnder Fahrtrichtung gesehen

– Auch unverbundene, kurze Blutbahnen, die jeglichen Kreislauf unmöglich machen, werden häufig gezeichnet

Das Denken in Kreisläufen fällt vielen Schülern sehr schwer

Untersuchung in Klasse 10• Probleme sind vergleichbar• das Denken in komplexen Zusammenhängen ist für

Lernende besonders schwierig– Wechseln der Systemebenen gelingt nicht– Denken in Kreisläufen gelingt nicht

• Ähnliche Untersuchungen in Klasse 6:– Der Lückentext wird häufig richtig

gelöst– Das Konzept „Kreislauf“ bleibt

aber trotzdem unverstanden

Baalmann et al.: Schülervorstellungen zu Prozessen der Anpassung

Wenn die Bäume größer wurden, haben die Giraffen wahrscheinlich immer versucht, da heranzukommen und dadurch hat sich ganz automatisch die Wirbelsäule gestreckt. (…) Wenn sie von klein auf damit anfangen mussten, haben sie vielleicht sogar mehr Wirbel gekriegt, als sie eigentlich hätten haben müssen. (Doris, 12. Klasse)

Der Körper stellt sich auf veränderte Bedingungen ein (Adaptive körperliche Umstellung)

[…] Sie [die Ente] merkt, dass sie sich im Wasser schlecht bewegenkann, wenn sie mit ihren drei Zehen da herumpaddelt. Sie denkt vielleicht nicht, aber instinktiv hat sie das Gefühl, oder doch: sie merkt, (…) dass man besser voran kommt, wenn man eine größere Fläche hat. Vielleicht hat sich mal ein Blatt dahinter verfangen, damit ist sie schneller vorangekommen, und dadurch hat sie das dann ge-merkt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie durch einen Denkprozess (von selber) darauf kommt (…). (Jens, 11. Klasse)

Das Lebewesen macht die Anpassung (gezieltes adaptives Handeln von Individuen)

[…] Dann haben die heute dunklen Falter gemerkt, dass die Bäume dunkler wurden und sie als helle Tiere darauf für Feinde wieder sichtbar waren (gut zu erkennen waren). (…) Ich stelle mir das jetzt irgendwie über die Gene vor, dass da eine Erkenntnis „ich muss schwarz werden“ stattgefunden hat und sich dann über mehrere Generationen verteilt in den Chromosomen festgeschrieben hat und die dann wirklich schwarz geworden sind. (Gerd, 12. Klasse)

Die Erkenntnis über eine nötige Anpassung gelangt als Information in die Erbinformation und wird dort festgelegt (Absichtsvolle genetische Transmutation)

Sonnefeld: Lebensräume helfen ordnen (Vorstellungen zur Klassifikation von Tieren)

- Die wurden zunächst 19 Präparate von Tieren zur Verfügung gestellt

- Anschließend sollten die Schüler folgenden Arbeitsauftrag bearbeiten:

Du hast die Aufgabe, für die ausgestellten Tiere deine ganz „persönliche" Ordnung zu erstellen! Bilde Gruppen mit den Tieren, die deiner Meinung nach zusammenpassen. Versuche danach, den verschiedenen Gruppen einen Namen zu geben. Ein Tier, das du keiner Gruppe zuordnen möchtest, kannst du als Einzelgänger aufschreiben.

Ergebnisse

• Die Schüler verwenden vor allem die Kriterien „Lebensraum“und „Fortbewegung“

• Die morphologisch-taxonomischen Kriterien werden erst an fünfter Stelle verwendet

• Schüler lernen die fachlichen Taxa oft nur als „Worte“, wenden diese aber beim Klassifizieren nicht an

• Die Schüler wechseln die Kriterien innerhalb eines Klassifikationssystems

Gemeinsamkeiten aller bisher vorgestellten Vorstellungen der

Schüler• Das Themengebiet ist den Schülern von

begrifflicher Seite bekannt• Die gedanklichen Konzepte der Schüler sind mit

der naturwissenschaftlichen Sichtweise unvereinbar

• Welche weiteren Fehlvorstellungen Ihrer Schüler sind Ihnen aus der Unterrichtspraxis bekannt?

Arbeitsauftrag

• Setzen Sie sich zu viert zusammen.• Wählen Sie ein bis zwei der genannten

Fehlvorstellungen aus.• Diskutieren Sie gemeinsam, wie Sie bisher mit diesen

Fehlvorstellungen umgegangen sind oder wie Sie mit diesen Fehlvorstellungen umgehen würden

• Notieren Sie Ihre unterrichtliche Vorgehensweise auf den ausgelegten Plakaten

• Sind Ihnen noch weitere Fehlvorstellungen aufgefallen?

„Knackpunkte“ im Unterricht

• Außer den „Fehlvorstellungen“ gibt es noch weitere Situationen/ Phasen im Unterricht, die– für uns Lehrer besonders schwierig sind– die bei Schülern häufig zu Problemen führen– die jede Kollegin/ jeder Kollege auf „ihre/ seine

Weise“ behandelt– …

Welche sind dies Ihrer Meinung nach???

„Hausaufgabe“

• (freiwillig!) Setzen Sie die Fragebögen zu verschieden Fehlvorstellungen in Ihrem Unterricht ein (ideal z.B. auch in einer Vertretungsstunde).

• Bringen Sie die ausgefüllten Fragebögen zum nächsten Settreffen wieder mit.

• Sammeln Sie weitere Fehlvorstellungen und Knackpunkte, die Ihnen im Unterricht begegnen

Ausblick

• Ergebnisse der Fragebögen zum Thema „Fehlvorstellungen“

• Zusammenfassung Ihrer Konzepte zum Umgang mit Fehlvorstellungen

• Bsp. für Konzepte aus der Literatur zum Umgang mit Fehlvorstellungen (Bitte keine Wunder erwarten!!!)

• Erstellung von Material/ Planung von Unterrichtssequenzen zum Umgang mit Fehlvorstellungen

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!Schöne Adventszeit!


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