Fachzentrum Landwirtschaft
Biodiversität und Landwirtschaftein unlösbarer Zielkonflikt?
München, Hanns Seidel Stiftung
11.07.20116
Dr. Lothar Hövelmann, DLG,
Fachzentrum Landwirtschaft
Einordnung der Biodiversitätsdiskussion in den historischen ZeitablaufEinordnung der Biodiversitätsdiskussion in den historischen Zeitablauf1950er Ernährungssicherheit; Integration der Entwurzelten
1960er EWG; Produktionsintensivierung; Strukturwandel1960er EWG; Produktionsintensivierung; Strukturwandel
1970er „Butterberge“
1980er Vorbereitung auf EU‐Binnenmarkt; Ökolandbaug
1990er Größenwachstum, Effizienzsteigerung, Globalisierung
2000er Starkes Selbstbewusstsein: hohe Produktpreise, aufnahmefähige Weltmärkte
2010er Digitalisierung, enge Integration Wertschöpfungskette,ausgefeilte Produktionssysteme,zunehmende Kritik aus der Gesellschaft + Entfremdung;zunehmende Kritik aus der Gesellschaft + Entfremdung;steigende Regelungsdichte
1950‐1990 Produktivitäts‐ und Effizienzsteigerungenab 1990 in der Landwirtschaft wächst allmählich Problembewusstsein für
Umwelt‐ und BiodiversitätsfragenUmwelt‐ und Biodiversitätsfragen.
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Was die Landwirtschaft aktuell stark bewegtWas die Landwirtschaft aktuell stark bewegtBetriebsmanagement:
• Markt- und Preissituation (Erzeugerpreise, Strukturwandel)
• Produktivität vs. negative Umwelteffekte …
Tierhaltung:
• Gesellschaftliche Akzeptanz der TierhaltungGesellschaftliche Akzeptanz der Tierhaltung
• Umgang mit Auflagen (Emissionen, Stallbau) …
Landtechnik MarktProduktion
• Datenmanagement
• Prognosemodelle
• Landwirtschaft 4 0 GesellschaftLandwirtschaft 4.0 …
Pflanzenbau:
• Herbizidresistenzen und Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln
• Potenziale für Fruchtfolgeerweiterungen
• Bodenbearbeitung
• Umsetzung der Düngeverordnung (N-Bilanz-Saldo)Umsetzung der Düngeverordnung (N Bilanz Saldo)
• Biodiversität …
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DLG e.V.
• Gründung 1885, heute 27.000 Mitglieder (überwiegend Landwirte), 3.000 ehrenamtliche und 250 hauptamtliche Mitarbeiter
DLG e.V.
ehrenamtliche und 250 hauptamtliche Mitarbeiter
• Selbsthilfeorganisation (Landwirtschaft, Agribusiness, Lebensmittelwirtschaft)
• Problemanalyse
• Problemlösung
• Knowhow-Transfer (Innovationen)
• Impulsgeber für technischen organisatorischen und gesellschaftlichen Fortschritt
• an wissenschaftlichen Ergebnissen orientiert
liti h bhä i i t ti l i ht t• politisch unabhängig, international ausgerichtet
• 3 Arbeitsfelder
• Facharbeit (80 Gremien 100 Veranstaltungen Forschungsprojekte)• Facharbeit (80 Gremien, 100 Veranstaltungen, Forschungsprojekte)
• Ausstellungen und Messen (20 Ausstellungen und Messen)
• Qualitätsprüfungen (1.200 Landwirtschaft, 30.000 Lebensmittel)p g ( )
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Problemanalyse und Problemlösung: die 80 Ausschüsse der DLGy g
Feldberegnung
ForstwirtschaftAckerbau
Arbeitswirtschaft und Prozesstechnik
Gräser
SchweinehaltungTechnik Tierhaltung
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Entscheidend sind die langen Linien: Nachhaltigkeit“ (darunter Biodiversität)
1978 -1990: Seit 2008
Entscheidend sind die langen Linien: „Nachhaltigkeit (darunter Biodiversität) seit ca. 40 Jahren kontinuierliches Thema in der DLG
2001-2007 2015
AG Landwirtschaft und Umwelt
Seit 1979 jährlich:
AG Nachhaltige Landwirtschaft
DLG im RNE der Bundesregierung
(P.v.d. Bussche, J. Rimpau)
2016
DLG-Nachhaltigkeits-
bericht Landwirtschaft in
Seit 2003
Fachgebiet1993 1998
DLG-Kolloquium1999-2010
AG Landwirtschaft und Naturschutz
Landwirtschaft in Deutschland
Fachgebiet Nachhaltige Landwirtschaft
1993-1998
DLG-Umweltgespächeseit 1998
Ausschuss Ökolandbau
Seit 2005
1978 1990 2000 2010
Seit 2011
Projekte Nachhaltige Schweinehaltung und
Seit 2005
Projekt Nachhaltiger AckerbauBiodiversität
gNachhaltige Rinderhaltung
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Thema Biodiversität auf sektoraler und
einzelbetrieblicher Ebene angehen!
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Biodiversität auf Sektorebene: DLG Nachhaltigkeitsbericht 2016Biodiversität auf Sektorebene: DLG-Nachhaltigkeitsbericht 2016
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DLG-Nachhaltigkeitsbericht 2016: An den Entwicklungstendenzen ausgewählter Indikatoren wird das Spannungsfeld deutlich!Positive Entwicklungen HerausforderungenPositive Entwicklungen Herausforderungen
Flächenproduktivität Arbeitsunfälle
Stallproduktivität Treibhausgase
Qualität der Ausbildung Stickstoffbilanzg
Belastung des Grundwassers mit Pflanzenschutzmitteln Biodiversität Vogelartenindex (Agrararten)
Ca. 40% vom Zielwert entfernt; sinkende Tendenz
Pflanzenschutzmittelrückstände in TiergerechtheitPflanzenschutzmittelrückstände in Lebensmitteln
Tiergerechtheit
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Die sektorale Ebene zeigt Handlungsbedarf bei Biodiversität. Wie lässt sich das auf Ebene landwirtschaftlicher Betriebe operationalisieren?
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Ei d d Bi di ität i di N hh lti k it l d i t h ftli h B t i b
Ökologie Ökonomie Soziales
DLG-NachhaltigkeitsstandardEinordnung der Biodiversität in die Nachhaltigkeit landwirtschaftlicher Betriebe
• Stickstoff-Saldo
• Phosphor Saldo
Ökologie
• Betriebseinkommen
• Rel Faktorentlohnung
Ökonomie
• Entlohnung der AK
• Arbeitsbelastung
Soziales
• Phosphor-Saldo
• Humusbilanz
• Biodiversität
• Rel. Faktorentlohnung
• Ausschöpfung der
mittelfristigen
• Arbeitsbelastung
• Aus- und Fortbildung
• Urlaubstage
• Energieintensität
• Pflanzenschutzintensität
g
Kapitaldienstgrenze
• Eigenkapitalveränderung
g
• Mitbestimmung
• Arbeits- und
• Bodenschadverdichtung
• Bodenerosion
• Treibhausgase
• Nettoinvestition
• Gewinnrate
Gesundheitsschutz
• Gesellschaftliche
Leistungen• Treibhausgase Leistungen
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Auswahlprinzip: Beziehung des Indikators zu Umweltmedien
Indikator Einfluss auf die Umwelt
ur-
n er tätÖkologische Säule
Res
sou
cen
Bod
en
Was
se
Luft
Bio
-di
vers
i t
Stickstoff-Saldo + ++ ++ +• Stickstoff-Saldo
Ökologische Säule
Stickstoff-Saldo + ++ ++ +
Phosphor-Saldo ++ ++ ++ +
H S ld
• Phosphor-Saldo
• Humus-SaldoHumus-Saldo ++ + +
Energieintensität ++ +
• Energieintensität
• Treibhausgase
Treibhausgase ++
Pflanzenschutzintensität + ++
• Pflanzenschutzintensität
• Bodenschadverdichtung
Bodenschadverdichtung ++
Bodenerosion ++ +
• Bodenerosion
• Biodiversität
Biodiversität + ++
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Beeinflussung der Biodiversität auf einzelbetrieblicher Ebene (Informationsquellen:Beeinflussung der Biodiversität auf einzelbetrieblicher Ebene (Informationsquellen: Ackerschlagdatei und GIS-Daten d. Agrarantrags)
Sortendiversität0,1
Fr chtartendi ersität0 2
Strukturen0,5
Fruchtartendiversität
Fruchtgruppendiv.
Nutzungsdiversität
0,2
0,3
0,4
0,3
Schlaggröße0,1
0,05 Randlänge
0,05 Variationskoeffizient
InputsBiodiversität 0,25
LF o. PS‐Maßnahmen0,1
Behandlungsindex 0,06
Düngungsniveau0,06
Verfahrensdiv. Bodenbearbeitung0,03
Verfahrensdiversität Ernte0,1
Maßnahmen0,25Ernte0,1
Nutzungshäufigkeit0,06
Überrollhäufigkeit0,06
Siebrecht und Hülsbergen
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N hh lti k it fil A h d d E b i d t ll i N t di i dNachhaltigkeitsprofil: Anhand der Ergebnisdarstellung im Netzdiagramm wird Handlungsbedarf sichtbar. Hier am Beispiel: Handlungsbedarf bei Biodiversität!
0,75
1,00 Humus-Saldo
Stickstoff-Saldo
Phosphor-Saldo
Pflanzenschutzintensität Arbeits- und Gesundheitsschutz
Arbeitnehmerbelange
Gesellschaftliches Engagement
0,25
0,50 Energieintensität
TreibhausgaseUrlaubstage
Aus- und Weiterbildung
0,00
Treibhausgase
Wassererosion Arbeitszeit
Urlaubstage
Bodenschadverdichtung
Biodiversität
rel. FaktorentlohnungNettoinvestition
Gewinnrate
Entlohnung
ord. BetriebseinkommenAusschöpfung der
Kapitaldienstgrenze
Eigenkapitalveränderung
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Sofortmaßnahme: Die Betriebe sollten alle ihnen zur Verfügung g gstehenden Maßnahmen zur Steigerung der Artenvielfalt nutzen, die auf ihrem Standort sinnvoll sind.
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Di ößt K flikt t i l li f d h h d ktiDie größten Konfliktpotenziale liegen auf den hochproduktiven Standorten.
Auf dem Acker soll Weizen stehen!“„Auf dem Acker soll Weizen stehen!
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Internationales DLGInternationales DLG Pflanzenbauzentrum (IPZ)Pflanzenbauzentrum (IPZ)Plattform für anwendungsorientierte pflanzenbauliche Versuche:Produktionstechnik; Nachhaltigkeit; biotischer/abiotischer Naturschutz
Internationales DLGInternationales DLG--Pflanzenbauzentrum (IPZ)Pflanzenbauzentrum (IPZ)
Gründung: Oktober 2010 durch DLG Größe: ca. 600 ha Standort: Bernburg/Sachsen-Anhalt
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Produktionstechnische Versuche
0 00
0,25
0,50
0,75
1,00 Humus-Saldo
Stickstoff-Saldo
Phosphor-Saldo
Pflanzenschutzintensität
Energieintensität
Treibhausgase Urlaubstage
Aus- und Weiterbildung
Arbeits- und Gesundheitsschutz
Arbeitnehmerbelange
Gesellschaftliches Engagement
0,00 Wassererosion
Bodenschadverdichtung
Biodiversität
rel. Faktorentlohnung
ord. BetriebseinkommenAusschöpfung der
Kapitaldienstgrenze
Eigenkapitalveränderung
Nettoinvestition
Gewinnrate
Entlohnung
Arbeitszeit
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Zielkonflikt Produktivität und Artenvielfalt lösen.Zielkonflikt Produktivität und Artenvielfalt lösen.Ansatz: Agrar-Ökologische Partnerschaft (AÖP) (Karl, Noleppa, Staubach, 2016)
Ziel: Mehr Artenvielfalt bei Aufrechterhaltung produktiver Bewirtschaftung
• Definition des konkreten Problems, der Interessensvertreter und der Kooperationsbereitschaft
• Identifikation der lokalen und relevanten Interessensvertreter (Gemeinde, Landwirte, Verbände…))
• Ausloten der Kooperationsbereitschaft
• Problemidentifikation (Gebietskulisse, Artenentwicklung)
Zi l Mitt l D fi iti Zi lb it ä Ei l ß h• Ziel-Mittel-Definition, Zielbeiträge von Einzelmaßnahmen
• Bestandsaufnahme Biodiversitätsschutzziel, Produktions- und Einkommensziel
• Definition Maßnahmenkatalog (Ziel-Mittel-Vorgaben)
• Festlegung Maßnahmen, Zielbeiträge und Kompensation
• Implementierung, Monitoring, Anpassung
U t d M ß h• Umsetzung der Maßnahmen
• Kontrolle der Umsetzung
• Monitoring
• Anpassung Zielvorstellungen, Zielbeiträge
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Fazit• Der Zielkonflikt besteht weniger zwischen Landwirtschaft und Biodiversität, sondern
mehr zwischen Produktivität und Biodiversitätmehr zwischen Produktivität und Biodiversität
• Hohe Produktivität verringert Biodiversität, hohe Biodiversität verringert Produktivität
• Das Spannungsverhältnis zwischen beiden Zielen ist möglicherweise größer als p g g gzwischen Produktivität und anderen Umweltzielen (z.B. Verringerung N-Bilanz-Saldo, Verringerung Einsatz von Pflanzenschutzmitteln)
• Verschärfend wirkt die Komplexität von Biodiversität:• Verschärfend wirkt die Komplexität von Biodiversität:
• Standortabhängigkeit
• Messbarkeit
• Schwellenwerte
• Wirksamkeit und Kosten von Maßnahmen.
• Dennoch kann Landwirtschaft in Bezug auf Biodiversität deutlich mehr leisten als bisher.
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Lösungsansätze
1 L d i t A t l t l P bl k t d fü d Lö1. Landwirte: Artenverlust muss als Problem erkannt und für dessen Lösung muss Verantwortung übernommen werden.
2. Gesellschaft: Der prinzipielle Konflikt zwischen Produktivität und Biodiversität sollte zur Kenntnis genommen werden.
3. Freiwillige und honorierte Maßnahmen im Rahmen von Agrarumwelt-programmen sollten ausgebaut werden Zugangsschwellen sollten abgesenktprogrammen sollten ausgebaut werden, Zugangsschwellen sollten abgesenkt werden (vgl. DLG/WWF).
4. Die Unterstützung durch spezialisierte Biodiversitätsdienstleister (Landwirte mit besonderer Kenntnis, Landschaftspfleger…) sollte ausgebaut werden (Geschäftsmodell!).
5. Standortspezifische und machbare Biodiversitätsziele sollten definiert und in den5. Standortspezifische und machbare Biodiversitätsziele sollten definiert und in den Regionen „vereinbart“ werden; dabei könnte der Ansatz von „Agrar-Ökologischen Partnerschaften“ hilfreich sein.