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Bildgebende Verfahren bei peri- und postnatalen hypoxisch-ischämischen Veränderungen Reifgeborener

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P.Winkler • Radiologisches Institut, Olgahospital, Stuttgart Bildgebende Verfahren bei peri- und postnatalen hypoxisch-ischämischen Veränderungen Reifgeborener Zum Thema Mit modernen Hochleistungsgeräten werden in der bildgebenden Diagnostik Einblicke auch in funktionelle und biochemische Vor- gänge möglich. Die Beurteilung von Bildern nach hypoxisch-ischämischen Ereignissen setzt neben der Kenntnis klinischer Daten die Wahl geeigneter bildgebender Verfahren voraus. Für manche Diagnosen ist auch der Vergleich von Befunden mehrerer Verfahren hilfreich. In den ersten Lebenswochen ist wegen der noch offenen Fontanelle die zerebrale Sonographie die Methode der Wahl. Bei un- geklärten, persistierenden Krampfanfällen kann als Ergänzung die Kernspintomogra- phie eingesetzt werden. Nach dem Fonta- nellenschluß gibt die Magnetresonanztomo- graphie die besten Ergebnisse. Nach hypoxisch-ischämischen Ereignis- sen finden sich in der weißen und der grauen Substanz charakteristische Schädigungsmu- ster. Die häufigste Läsion bei Frühgeborenen ist die periventrikuläre Leukomalazie in ver- schiedenen Varianten. Bei reifgeborenen Kindern ist sie atypisch. Hier ist die multizy- stische Enzephalomalazie vorherrschend. Davon zu unterscheiden sind die Formen der hypoxisch-ischämischen Schädigungen der tiefen grauen Substanz. Bei langdauernden und tiefgreifenden Ischämien sind weiße und graue Sustanz an den Läsionen beteiligt. Die Erhebung bildgebender Befunde ist auch vom zeitlichen Ablauf der pathophy- siologischen Veränderung abhängig. Unmit- telbar nach dem hypoxisch-ischämischen Er- eignis sind die sich anbahnenden Läsionen nur durch diffusionsassoziierte Kernspinto- mographie zu erfassen. Sonographie, CT und konventionelle Kernspintomographie sind in dieser Phase ungeeignet. Deutlicher werden die Veränderungen in der 2. bis 3. Woche nach dem Ereignis. Ab der 4. Woche sind die Zeichen eines Hirnparenchymschwunds und zystischer Defekte eindeutig. Es entsteht das Vollbild der Enzephalomalazie. Dabei kön- nen nach schweren hypoxisch-ischämischen Ereignissen kombinierte oder komplexe Schädigungsmuster auftreten. Grundlagen einer fundierten Analyse bildgebender Daten In der bildgebenden Diagnostik voll- zieht sich ein enormer Wandel. Die mit modernen Hochleistungsgeräten erfaß- baren Daten liefern nicht nur eine hohe Präzision und Auflösung, sondern erlauben auch einen Einblick in funk- tionelle Vorgänge und biochemische Komposition. Messung und Abbildung von Blutflußgeschwindigkeit, Dynamik der Zerebrospinalflüssigkeit, Durchblu- tungsänderungen oder Diffusionsvor- gänge sind möglich oder erfaßbar. An- wesenheit und relative Konzentration normaler oder abnormer molekularer Bausteine können gemessen werden. Diese neuen und ständig zunehmenden diagnostischen Möglichkeiten erfor- dern einen proportionalen Zuwachs an Kenntnissen und Spezialisierung im Sinne einer breitbasigen Wissenserwei- terung und Erfahrungskonzentration. Die Abhängigkeit der Ergebnisse von Untersucher, Gerät und Infrastruktur ist in hohem Maß vorhanden. Nicht sel- ten erfolgt eine Aufsplitterung von bild- gebenden Untersuchungen in verschie- dene ärztliche/radiologische Bereiche, so daß eine effektiver Ablauf bildgeben- der Datenerhebung und eine optimale Synthese der Ergebnisse oft nicht oder unvollständig gegeben sind. Im Hin- blick auf die Bewertung von Bildern nach hypoxisch-ischämischen Ereignis- sen sollten gewisse Voraussetzungen vorhanden sein, wenn eine fundierte und aussagekräftige Analyse erstellt werden soll (Tabelle 1). Von herausragender Bedeutung ist die Kenntnis einer proportionalen oder dysproportionalen Entwicklung des Kopfumfangs, da die Differenzierung von Hirnentwicklungsverzögerung oder Hirnatrophie und Liquorzirku- lationsstörung bildgebend schwierig oder unmöglich sein kann. Diese Schwierigkeiten werden durch eine nicht selten bestehende Kombination von Atrophie und kommunizierender Liquorzirkulations- bzw. Resorptions- störung weiter kompliziert. Sinn und Unsinn einer Bildanalyse ist eng mit der Bewertung der Qualität der Unter- suchung verknüpft. Diese ist im krania- len Computertomogramm (CCT) und in der zerebralen Kernspintomographie gut zu beurteilen – in der Sonographie ist ein Urteil nur bei offensichtlich schlechter Qualität der Bilder möglich: schöne Bilder bedeuten nicht, daß bei einem Normalbefund nicht pathologi- sche Befunde übersehen wurden. Hier ist es deshalb von besonderer Bedeu- Der Gynäkologe 8·98 697 Gynäkologe 1998 · 31:697–704 Springer-Verlag 1998 Zum Thema Dr. P.Winkler Radiologisches Institut, Olgahospital, Bismarckstraße 8, D-70176 Stuttgart
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Page 1: Bildgebende Verfahren bei peri- und postnatalen hypoxisch-ischämischen Veränderungen Reifgeborener

P. Winkler · Radiologisches Institut, Olgahospital, Stuttgart

Bildgebende Verfahrenbei peri- und postnatalenhypoxisch-ischämischenVeränderungen Reifgeborener

Zum Thema

Mit modernen Hochleistungsgeräten werdenin der bildgebenden Diagnostik Einblickeauch in funktionelle und biochemische Vor-gänge möglich. Die Beurteilung von Bildernnach hypoxisch-ischämischen Ereignissensetzt neben der Kenntnis klinischer Daten dieWahl geeigneter bildgebender Verfahrenvoraus. Für manche Diagnosen ist auch derVergleich von Befunden mehrerer Verfahrenhilfreich.

In den ersten Lebenswochen ist wegender noch offenen Fontanelle die zerebraleSonographie die Methode der Wahl. Bei un-geklärten, persistierenden Krampfanfällenkann als Ergänzung die Kernspintomogra-phie eingesetzt werden. Nach dem Fonta-nellenschluû gibt die Magnetresonanztomo-graphie die besten Ergebnisse.

Nach hypoxisch-ischämischen Ereignis-sen finden sich in der weiûen und der grauenSubstanz charakteristische Schädigungsmu-ster. Die häufigste Läsion bei Frühgeborenenist die periventrikuläre Leukomalazie in ver-schiedenen Varianten. Bei reifgeborenenKindern ist sie atypisch. Hier ist die multizy-stische Enzephalomalazie vorherrschend.Davon zu unterscheiden sind die Formen derhypoxisch-ischämischen Schädigungen dertiefen grauen Substanz. Bei langdauerndenund tiefgreifenden Ischämien sind weiûeund graue Sustanz an den Läsionen beteiligt.

Die Erhebung bildgebender Befunde istauch vom zeitlichen Ablauf der pathophy-siologischen Veränderung abhängig. Unmit-telbar nach dem hypoxisch-ischämischen Er-eignis sind die sich anbahnenden Läsionennur durch diffusionsassoziierte Kernspinto-mographie zu erfassen. Sonographie, CT undkonventionelle Kernspintomographie sind in

dieser Phase ungeeignet. Deutlicher werdendie Veränderungen in der 2. bis 3. Wochenach dem Ereignis. Ab der 4. Woche sind dieZeichen eines Hirnparenchymschwunds undzystischer Defekte eindeutig. Es entsteht dasVollbild der Enzephalomalazie. Dabei kön-nen nach schweren hypoxisch-ischämischenEreignissen kombinierte oder komplexeSchädigungsmuster auftreten.

Grundlagen einer fundiertenAnalyse bildgebender Daten

In der bildgebenden Diagnostik voll-zieht sich ein enormer Wandel. Die mitmodernen Hochleistungsgeräten erfaû-baren Daten liefern nicht nur eine hohePräzision und Auflösung, sondernerlauben auch einen Einblick in funk-tionelle Vorgänge und biochemischeKomposition. Messung und Abbildungvon Blutfluûgeschwindigkeit, Dynamikder Zerebrospinalflüssigkeit, Durchblu-tungsänderungen oder Diffusionsvor-gänge sind möglich oder erfaûbar. An-wesenheit und relative Konzentrationnormaler oder abnormer molekularerBausteine können gemessen werden.Diese neuen und ständig zunehmendendiagnostischen Möglichkeiten erfor-dern einen proportionalen Zuwachs anKenntnissen und Spezialisierung imSinne einer breitbasigen Wissenserwei-terung und Erfahrungskonzentration.Die Abhängigkeit der Ergebnisse vonUntersucher, Gerät und Infrastrukturist in hohem Maû vorhanden. Nicht sel-ten erfolgt eine Aufsplitterung von bild-

gebenden Untersuchungen in verschie-dene ärztliche/radiologische Bereiche,so daû eine effektiver Ablauf bildgeben-der Datenerhebung und eine optimaleSynthese der Ergebnisse oft nicht oderunvollständig gegeben sind. Im Hin-blick auf die Bewertung von Bildernnach hypoxisch-ischämischen Ereignis-sen sollten gewisse Voraussetzungenvorhanden sein, wenn eine fundierteund aussagekräftige Analyse erstelltwerden soll (Tabelle 1).

Von herausragender Bedeutung istdie Kenntnis einer proportionalen oderdysproportionalen Entwicklung desKopfumfangs, da die Differenzierungvon Hirnentwicklungsverzögerungoder Hirnatrophie und Liquorzirku-lationsstörung bildgebend schwierigoder unmöglich sein kann. DieseSchwierigkeiten werden durch einenicht selten bestehende Kombinationvon Atrophie und kommunizierenderLiquorzirkulations- bzw. Resorptions-störung weiter kompliziert. Sinn undUnsinn einer Bildanalyse ist eng mitder Bewertung der Qualität der Unter-suchung verknüpft. Diese ist im krania-len Computertomogramm (CCT) undin der zerebralen Kernspintomographiegut zu beurteilen ± in der Sonographieist ein Urteil nur bei offensichtlichschlechter Qualität der Bilder möglich:schöne Bilder bedeuten nicht, daû beieinem Normalbefund nicht pathologi-sche Befunde übersehen wurden. Hierist es deshalb von besonderer Bedeu-

Der Gynäkologe 8´98 697

Gynäkologe1998 ´ 31:697±704 � Springer-Verlag 1998 Zum Thema

Dr. P. WinklerRadiologisches Institut, Olgahospital,Bismarckstraûe 8, D-70176 Stuttgart

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tung, neben den Bildern auch den jewei-ligen schriftlichen Untersuchungsbe-fund und ± falls bekannt ± die Erfahrungdes Untersuchers mit zu berücksichti-gen. Die Diskussion häufiger und selte-ner Differentialdiagnosen zur hypox-isch-ischämischen Enzephalopathie

sind von groûer Bedeutung. Sie sind inmanchen Fällen nur auf der Grundlagemehrerer bildgebender Untersuchun-gen (Verlauf) und unter Einbeziehungklinischer Daten zu treffen. Gelegentlichmuû eine Frage nach einer infektions-bedingten oder hypoxisch-ischämi-

schen, genetisch bedingten oder kombi-nierten zerebralen Schädigung aus bild-gebender Sicht offen bleiben.

Wahl des geeignetenbildgebenden Verfahrens undUntersuchungstechnik

Die zerebrale Sonographie stellt in denersten Lebenswochen die Basis und in-itiale bildgebende Erhebungsmethodedar. Sie kann in hoher Qualität durchge-führt werden [11] und ist für die Kindernicht nennenswert belastend, insbe-sondere da schwerkranke Neugeboreneoder Säuglinge auf der Station (im Inku-bator) untersucht werden. Bei schwieri-gen oder durch die Sonographie nichtbefriedigend erklärten Situationen wieunerklärte andauernde Krampfanfälleoder fokale Reflexanhebungen unklarerGenese kann es sinnvoll sein, die So-nographie durch eine Kernspintomo-graphie zu ergänzen [6]. Auch jenseitsder sonographisch ergiebigen Unter-suchungsperiode (Fontanellenschluû)ist eine Magnetresonanztomographie(MRT) die Untersuchungsmethode derWahl. Myelinisierung, gliöse Reaktio-nen oder kleinste Hämosiderinablage-rungen können mit keiner anderen bild-

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Zum Thema

Tabelle 1Voraussetzungen einer fundierten Analyse bildgebender Daten

Einige für die Bildwer-tung wesentliche klini-sche Daten

Pränatale und Geburtsanamnese; Gestationsalter und Geburts-gewicht; Kopfumfangskurve in Relation zur Körperentwicklungund Familienanamnese; Apgar; Krampfanfälle? Zeichen einerprä-, peri- oder postnatalen Infektion? Mechanische Beatmung?Reintubation? Schwerer Herzfehler, Herzstillstand, Reanimation?Wesentliche Gerinnungsstörung, Polyzythämie, disseminierteintravasale Gerinnungsstörung, schwere Hyperbilirubinämie?Komplizierte Zwillingsschwangerschaft? Hinweise auf eine gene-tische oder metabolische Erkrankung?

Bilddaten und derenAuswertung

Vollständigkeit? (Bildgebung/Sonographien der ersten Lebens-tage!); Qualität? Fragestellung? Trennung von Befundund Bewertung; ausführliche Diskussion der Differentialdia-gnose; zusätzliche Diagnostik sinnvoll?

Qualifikation desAuswerters

Aktive und umfangreiche (mehrjährige) Erfahrung in der Neuro-sonographie (DEGUM-Ausbilder, Kinderradiologe/-in); Erfahrungund Ausbildung in der nichtsonographischen Schnittbilddia-gnostik des Zentralnervensystems von Kindern (Kinderneuro-radiologie)

Tabelle 2Peri- und postnatale hypoxisch-ischämische Hirnveränderungen der grauen und weiûen Sub-stanz unter Berücksichtigung des Gestationsalters

Frühgeburt (< 37 SSW) reifgeborenes Kind

Weiûe Substanz:Fokal/multifokal/zystisch

Periventrikuläre Nekrose:Periventrikuläre LeukomalaziePeriventrikulärer venöser Infarkt

Nekrosen:Multizystische EnzephalomalaziePeriventrikuläre und subkortikale Nekrose

Diffus Gliose der weiûen Substanz

Graue Substanz:Kortikal (Mitbeteiligungsubkortikaler weiûerSubstanz möglich)

Kortikale Nekrosen (bei Frühgebo-renen atypisch, am ehesten in Formeiner laminaren kortikalen Nekrose)

Fokale, multifokale, regionale kortikaleNekrose (parasagittaler oder Wasserscheiden-infarkt, Ulegyrie, laminare kortikale Nekrose)

Tiefe graue Substanz Thalamus und Basalganglien:Status marmoratus; infantile Striatumnekrose; selektive Thalamusischämie; Bilirubin-Enzephalopathie (Kernikterus)

Kortikale und tiefegraue Substanz

Pontosubikuläre und selektive neuronale Nekrosen unter Einschluû von zusätzlichenfokalen Nekrosen an anderen Stellen (zerebellär, neokortikal, thalamisch oder in denBasalganglien)

Graue und weiûeSubstanz

Infarkt vom Erwachsenentyp (territorial)ist bei Frühgeborenen relativ selten(z. B. Embolus plazentarer Herkunft)

Territorialer Infarkt; globale Nekrose: Infarktvom Erwachsenentyp (territorial, am häufig-sten im Stromgebiet der A. cerebri media)Globale Nekrose einer oder beider Hemisphären

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gebenden Methode in annähernd ver-gleichbarer Präzision erfaût werden.Kleinere subarachnoidale Blutungen ±die der Kernspintomographie initialentgehen ± können mit der Sonographieund Dopplersonographie diagnostiziertwerden. Nur Verkalkungen sind im CCT

eindeutiger darzustellen als mit Ultra-schall und dem Magnetresonanzverfah-ren. Dem Vorteil einer schnelleren Un-tersuchung und dem geringeren Auf-wand für die Sedierung stehen dieNachteile der Strahlenexposition (Lin-sen- und Knochenmarkbelastung) und

der wesentlich geringeren diagnosti-schen Aussagekraft und Flexibilität imVergleich zur MRT gegenüber. Das CCTsollte bei hypoxisch-ischämischer En-zephalopathie deshalb nur noch in be-gründeten Ausnahmen Anwendung fin-den.

Peri- and postnatalehypoxisch-ischämischeHirnveränderungen dergrauen und weiûen Substanzunter Berücksichtigung desGestationsalters (Frühgeburt± reifgeborenes Kind)

Für die Interpretation bildgebenderUntersuchungen sind einige grundle-gende pathologisch-anatomische Vor-aussetzungen zu berücksichtigen. Imfolgenden werden deshalb einige cha-rakteristische Schädigungsmuster derweiûen und grauen Substanz aufge-führt (Tabelle 2). Die typische und beiweitem häufigste hypoxisch-ischämi-sche Läsion bei Frühgeborenen ist dieperiventrikuläre Leukomalazie (PVL).Sie stellt eine Koagulationsnekroseder periventrikulären weiûen Substanzdar und kann fokal, multifokal, band-förmig (Abb. 1) sowie auch unilateralauftreten. Einige Varianten der PVLwurden ergänzend zu der klassischenvon Banker und Larroche [1] darge-legten Form beschrieben. Dazu gehö-ren Formen mit ausgeprägter Beteili-gung auch der tiefen weiûen Substanzund Dominanz der Gliareaktion(Abb. 2) (¹perinatal telencephalic leu-koencephalopathyº and ¹white mattergliosisº [8] ± sowie Leukomalaziender tiefen weiûen Substanz mit starködematösem oder hämorrhagischemCharakter (¹nonclassic leukomalaciaª[7].

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c

a b

Abb. 1 a±c~ Abnorme periventrikuläre Reflexanhebung mit zystischer Transformation (zystischePeriventrikuläre Leukomalazie) bei einem Frühgeborenen der 29. SSW. Im Koronarschnitt (a) undrechtseitigen Sagittalschnitt (b) zeigt sich eine vorwiegend lateral und etwas oberhalb der Hirnsei-tenventrikel liegende Reflexanhebung mit kleinem verstärkt reflexreichen Areal am Übergang vomOkzipital- zum Temporallappen, einem hämorrhagischen Fokus entsprechend (b). 3 Wochen späterzeigt sich eine deutliche zystische Transformation, einer zystischen Form der periventrikulären Leu-komalazie entsprechend (c)

Abb. 23 Periventrikuläre Leukomalazie beieinem reifgeborenen Kind. 4 1/2 Jahre alterJunge nach ausgeprägter perinataler Asphy-xie. Spastische Hemiparese links und mini-male Spastik auf der rechten Seite. Dietransversale protonengewichtete Schichtdurch das Zentrum Semiovale zeigt ein ab-norm angehobenes Signal und eine Verrin-gerung des Volumens der weiûen Substanzim Verhältnis zur grauen Substanz

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Bei reifgeborenen Kindern stellt dieLeukomalazie eine atypische aber in ge-wissen Konstellationen (hypoplasti-sches Linksherzsyndrom) nicht seltenzu beobachtende Folge eines hy-poxisch-ischämischen Ereignisses dar.Periventrikuläre Zysten (mit Gliareakti-on) prä- oder direkt postnatal (Abb. 3)zeigen das Vorliegen einer intrauterinentstandenen Leukomalazie an [10].Subkortikale meist multifokale Signal-veränderungen sind Ausdruck für einebei reifgeborenen Kindern typischesubkortikale Leukomalazie (Abb. 4).

Die multizystische Enzephalomala-zie [3] ist die häufigste Folge einerhypoxisch-ischämischen ± gelegentlichauch infektiös bedingten ± Schädigungder weiûen Substanz bei reifgeborenenKindern (Abb. 5). Häufig kommt es da-bei auch zu einer kortikalen Mitbeteili-gung (Abb. 6).

Die tiefe graue Substanz in den Ba-salganglien [9] und im Thalamus kannsowohl bei Frühgeborenen als auch beiReifgeborenen im Rahmen einer Is-

chämie betroffen sein, während fokaleoder laminare Kortexnekrosen (Abb. 7)auch in Kombination mit lentikulärenIschämien vorwiegend nach hypox-isch-ischämischen Ereignissen bei reif-geborenen Kindern auftreten. Differen-

tialdiagnostisch ist bei kortikalen Pro-zessen an eine zerebrale Infektion zudenken, vorwiegend in Form einer Her-pes-Enzephalitis und deshalb fast aus-schlieûlich nach der unmittelbar post-natalen Periode.

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Zum Thema

Abb. 3~ Kongenitale zystische periventrikuläre Leukomalazie (PVL). Bei diesemreifgeborenen Kind zeigten sich bereits am 1. Lebenstag periventrikuläre zystische For-

mationen, vorwiegend am Vorderhorn beiderseits mit kleinem reflexreichem Randsaum (Pfeile).Die kongenitale zystische PVL hat erfahrungsgemäû oft erstaunlich wenig motorische

Defizite, möglicherweise aufgrund der gröûeren intrauterinen kompensatorischenKapazität (¹Plastizitätª) und der etwas weiter rostral liegenden Lokalisation

Tabelle 3Peri- und postnatale hypoxisch-ischämische Hirnveränderungen: Erscheinungsbilder des sequentiellen und zeitlichen Ablaufsund deren pathologisch-anatomisches Korrelat

Erste Stunden(hyperakute Phase)

Tage/1. Woche(akute Phase)

2. und 3. Woche(subakute Phase)

4. Woche und später(chronische Phase)

Pathologisch-anatomisch

Intrazelluläres Ödem (Insuffizi-enz der intrazellulären Energie-bereitstellung, abnorme Ionen-verschiebung, Azidose)

Intra- und extrazelluläresÖdem, (Mikro-/hämorrhagi-sche) Infarkte, neuronale Ne-krosen, Leukomalazie (Kolli-quationsnekrose)

Defektbildungen, z. B. mikrokavi-täre Defekte, Pseudozysten), gliöseReaktion

Defektbildungen: Pseudo-zysten, multizystische Enze-phalomalazie; gliöse Reaktion;sekundäre (Waller-) Degene-ration und/oder Hirnent-wicklungsstörung/Atrophie

Sonographie Normalbefund (evtl. diastoli-sche Fluûgeschwindigkeitsre-duktion bei der Dopplersono-graphie)

Zeichen der ödembedingtenVolumenzunahme; beginnendediffuse oder multifokale Verän-derung des Reflexmusters,leichte Unschärfe der Sulci

Angehobene Reflexintensität; ab-norme Reflexinhomogenität; ver-minderte strukturelle Definition(Verwaschenheit); vereinzelte/gruppierte zystische Defekte; be-ginnende Erweiterung der innerenund äuûeren Liquorräume

Multizystisches Erscheinungs-bild und/oder Bild eines Hydro-cephalus ex vacuo; evtl. Persi-stenz abnormer Reflexintensi-tät (Basalganglien)

CCT Normal Zeichen des Ödems; vermin-derte Abgrenzbarkeit weiûervon grauer Substanz; vermin-derte Dichte der Basalganglien

Beginnende Erweiterung der inne-ren und äuûeren Liquorräume; evtl.Dichteänderung in den Basalgan-glien; beginnende Defektbildung

Multizystisches Erscheinungs-bild und/oder Bild eines Hydro-cephalus ex vacuo

MRT Abnormes Signalverhalten inder Diffusionsbildgebung(erhöhtes Signal)

Erhöhte Signalintensität desKortex (T2) evtl. der Basalgan-glien (T1 > T2); kortikale Ver-waschenheit (T2-gewichtet);kortikomedulläre Kontrastver-minderung

Beginnende Erweiterung der inne-ren und äuûeren Liquorräume; Si-gnalanhebung (T1, T2, Protonen/FLAIR; ± T2: auch Signalreduktionmöglich); zystische Veränderungen

Multizystisches Erscheinungs-bild und/oder Bild eines Hydro-cephalus ex vacuo; persistie-rende oder prominente Signal-anhebung (T1, T2, Protonen/FLAIR) evtl. Ulegyrie

CCT Cranial Computerized Tomography; MRT Magnetresonanztomographie

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Hirnrinde und subkortikale weiûeSubstanz sind beim parasagittalen oderWasserscheideninfarkt betroffen, dersich durch sein parasagittales oder pa-rietoocipitales Verteilungsmuster aus-zeichnet. Dies betrifft die arteriellenGrenzgebiete zwischen der A. cerebrianterior und media (Abb. 8 a) sowiezwischen A. cerebri media und posteri-or. Nicht selten bleiben nur partiell ge-schädigte Hirnrindenanteile pilzförmigstehen, einer Ulegyrie entsprechend(Abb. 8 b)

Eine kombinierte Beteiligung wei-ûer und grauer Substanz ist nach lang-dauernden und tiefgreifenden ischämi-schen Ereignissen nahezu regelhaft vor-handen und kann im Extremfall zu einerglobalen Nekrose einer oder beider He-misphären führen. Beim klassischen In-farkt vom Erwachsenentyp resultiertdie Schädigung grauer und weiûer Sub-stanz aus einer Ischämie arteriellerVersorgungsgebiete. Bei Neugeborenensind hierfür meist Embolien plazenta-rer ± in besonderen Fällen auch fetaler± Herkunft verantwortlich.

Peri- and postnatale hypoxisch-ischämische Enzephalopathiebeim reifgeborenen Kind:Erscheinungsbilder dessequentiellen und zeitlichenAblaufs

Während und unmittelbar nach ei-nem hypoxisch-ischämischen Ereignis

kommt es zu einem Versagen der intra-zellulären Energieversorgung. Diese be-dingt eine abnorme transmembranöseIonenverschiebung, eine Überaktivie-rung von Aminosäuren (Glutamat) ±Rezeptoren, Bildung freier Radikaleund eine intrazelluläre Azidose [5]. Indieser frühen Phase sind Sonographie,CT und konventionelle Kernspintomo-

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Abb. 4" Ausgedehnte subkortikaleLeukomalazie bei einem reifgebore-nen Kind. 4 1/2 Jahr alter Junge mit

statomotorischer Entwicklungsverzö-gerung, gestörter Sprachentwicklung,muskulärer Hypotonie und gesteiger-

ten Sehnenreflexen. Die koronareFLAIR (fluid-attenuated inversion re-

covery)-Sequenz zeigt ausgeprägt ab-norme Signale am linken Hirnseiten-

ventrikel, subkortikal parasagittal,subkortikal frontal, insbesondere inder Inselregion und beiderseits sub-

kortikal temporal. Eine metabolischeErkrankung war durch den Verlauf der

Erkrankung auszuschlieûen

Tabelle 4Hypoxisch-ischämische Hirnveränderungen bei Reifgeborenen: Weniger häufige oder ungewöhnliche strukturelle Verände-rungen (nicht selten treten Kombinationen der aufgelisteten Schädigungsmuster auf z. B. von Basalganglien und Kortex)

Struktur Schädigung Sonographie MRT

Kortex Laminare kortikaleNekrose

Kortikale Verdickung und Reflexverstärkung(mindestens 7-Mhz-Schallsonde)

Kortikale Verdickung; Zeichen der petechialenBlutung, z. B. Signalerhöhung in der T1-gB

KortikomedullärerÜbergang (subkorti-kale weiûe Substanz)

Wasserscheideninfarkt (para-sagittaler Infarkt); Ulegyrie;subkortikale Leukomalazie

Initial parasagittale kortikomedulläre Re-flexanhebung ± liegt häufig auûerhalb desnormalen sonographischen ¹Sichtbereichsª

Kortikale Signalerhöhung in der T2-gB/Verminde-rung kortikaler Abgrenzbarkeit an den Grenzenvaskulärer Stromgebiete; pilzkappenartige Dar-stellung von Kortexanteilen (Ulegyrie)

Weiûe und graueSubstanz

Territorialer Infarkt;Hemisphärennekrose

Regionale oder globale Reflexanhebung;arterielle Signalreduktion/-ausfall in derFarbdopplersonographie (+ Spektralanalyse)

Fokale Verminderung kortikaler Abgrenzbarkeit inder T1/T2-gB; vermindertes/erhöhtes Signal in derT2-gB im arteriellen Stromgebiet

Thalamus undBasalganglien

Status marmoratus; infantileStriatumnekrose; selektiveThalamusschädigung

Echogene Foci, inhomogenes Echomuster Signalanhebung in der T2-gB/FLAIR-Sequenz(Ödem); bei hämorrhagischen Nekrosen entspre-chend Blutungsstadium ± Signalanhebung in derT1-gB häufig (cave: Verkalkung)

Hirnstamm Neuronale Nekrose Reflexanhebung Signalanhebung in der T2-gB/FLAIR-Sequenz(Ödem)

Hippokampus Neuronale Nekrose Nicht beschrieben Frühveränderungen? Nach Monaten bis Jahren:dysproportionale Volumenreduktion des Hippo-kampus; mesiale temporale Sklerose

T1-gB T1(Spin-Echo)-gewichtete Bildgebung; T2-gB T2(Spin-Echo)-gewichtete Bildgebung

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graphie mit Standardsequenzen nega-tiv. Die diffusionsassoziierte Kernspin-tomographie kann eine pathologischeVeränderung jedoch bereits 1±3 h nachdem hypoxisch-ischämischen Ereignisanzeigen [2] (Tabelle 3).

In den ersten Tagen nach dem hyp-oxisch-ischämischen Ereignis könnenmit bildgebenden Verfahren interstitiel-les Ödem (Abb. 5 a), (hämorrhagische)Nekrosen der weiûen oder grauen Sub-stanz mittels indirekter (Abb. 5 b), weni-ger häufig direkter Zeichen (Abb. 5 c)dargestellt werden. Mit allen Methodenlassen sich Veränderungen wie engeVentrikel, Zisternen und Subarachnoi-dalräume finden, die auf eine ödembe-dingte Volumenvermehrung hinweisen.Diese Allgemeinveränderungen könnenjedoch irreführend (falsch-positiv oderfalsch-negativ) sein, da eine groûe Va-riationsbreite des Normalen besteht.Zuverlässig beurteilbar sind dagegengeringe raumfordernde Effekte bei fo-kalen oder regionalen Ischämien. DieSonographie zeigt relativ früh Verän-

derungen, die wie ein qualitativ nichtganz befriedigendes Sonogramm wir-ken. Sie bestehen aus einer leichten Un-schärfe reflektierender Grenzflächen(Sulci, Fissura Sylvii) und einer leichtenReflexinhomogenität evtl. auch beginn-nenden Reflexanhebung (Abb. 5 a). Diefrühzeitige Erfassung solcher Verände-rungen erfordert ein hohes Maû an Ge-räte- und Dokumentationsqualität undUntersuchererfahrung.

¾hnliches gilt für die Kernspinto-mographie. Die zunächst diskrete korti-kale Signalanhebung im T2-gewichtetenBild führt zu einem verminderten Kon-trast zwischen weiûer und grauer Sub-stanz, die von einem Teilvolumeneffektabzugrenzen ist. Daher sind dünne, re-lativ hochauflösende Schichten erfor-derlich. Das MRT ist der CT hinsichtlichQualität, Spezifität und Gesamtaussagemit Ausnahme der Darstellung von Ver-kalkungen und akuten Subarachnoidal-blutungen deutlich überlegen. Letzterekönnen jedoch auch mit der Sonogra-phie direkt und indirekt erfaût werden

[11]. Im Hinblick auf ein hypoxisch-is-chämisches Ereignis und die Prognosesind kleinere Subarachnoidalblutungenvon untergeordneter oder ohne Bedeu-tung.

In der 2. bis 3. Woche nach einemausgeprägten hypoxisch-ischämischenEreignis werden die Veränderungen inder Sonographie sehr viel eindeutiger ±wenngleich das Ausmaû der Verände-rungen auch jetzt noch deutlich unter-schätzt werden kann. Verstärkte Reflex-intensität, Reflexinhomogenität; ver-minderte strukturelle Definition, zysti-sche Defekte und Erweiterung derinneren und äuûeren Liquorräume sinddie wesentlichen Marker der ischämi-schen Schädigung des Hirnparen-chyms. In der MRT lassen sich Signal-anhebungen in T1-gewichteten (hämor-rhagische Komponenten) sowie T2-,Protonen- und FLAIR-Sequenzen (gli-öse Reaktionen, zelluläre Akkumulatio-

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Zum Thema

a b

c

Abb. 5 a±c~ Sonographie einer zunehmenden Parenchymveränderung nach perinataler Asphyxie.a zeigt am 2. Lebenstag eine auûerordentlich diskrete Reflexanhebung, enge Ventrikel und äuûereLiquorräume sowie eine diskrete Unschärfe einzelner normalerweise etwas stärkere reflexgeben-der Strukturen, insbesondere im Bereich der Hirnseitenventrikel. b zeigt am 11. Lebenstag eine zu-nehmende hochgradig pathologische Reflexanhebung, wobei die Parasagittalregion oberhalbdes Balkens die Basalganglien bzw. Thalami und die Inselregion in besonderem Maûe betroffen er-scheinen. c Im Alter von 3 1/2 Wochen kommt es dann bereits zu einer beginnenden zystischenTransformation. Alle Sonographien zeigen Koronarschnitte mit 7 bzw. 6-MHZ-Schallsonde

Tabelle 5Peri- und postnatale hypoxisch-ischämische Hirnveränderungen beiReifgeborenen:Differentialdiagnose

· Intrauterine/perinatale Infektion

· Posthämorrhagischer Hydrozephalus

· Multizystische Enzephalomalazie/Poren-zephalie intrauteriner Genese (Embolienmaternalen oder fetalen Ursprungs, intra-uterine Infektion)

· Zystische Hirnfehlbildung

· Kongenitaler zystischer Tumor

· Pränatale/intrauterine Leukomalazie

· Infantile metabolische Erkrankung

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nen, residuales Ödem) nachweisen. Si-gnalverminderungen in T1-gewichtetenund FLAIR-Sequenzen, die sich wienicht oder wenig bewegte Zerebrospi-nalflüssigkeit verhalten, zeigen zysti-sche Defekte an.

In der 4. Woche und später tretendie zystischen Defekte und die Zeichendes Hirnparenchymschwunds (Erwei-

terung der inneren und äuûeren Li-quorräume) immer mehr in den Vorder-grund. Es entsteht das Bild einer regio-nalen (Abb. 5 c) oder globalen (Abb. 6 b)multizystischen Enzephalomalazie.

Peri- and postnatalehypoxisch-ischämischeHirnveränderungen beimreifgeborenen Kind: komplexeund ungewöhnlicheErscheinungsbilder

Neben der typischen multizystischenEnzephalomalazie gibt es zahlreiche an-dere Schädigungsmuster infolge einerhypoxisch-ischämischen Enzephalopa-thie. Die Schädigung betrifft die in Ta-belle 4 aufgeführten strukturellen Kom-ponenten. Einige dieser Veränderungenereignen sich in Regionen, die sowohlfür die Ultraschalldiagnostik als auchfür die CT Problemareale darstellen.Dies ist in der Sonographie auf akusti-sche ¹Sichtlückenª und Probleme derGewebedifferenzierung (weiûe undgraue Substanz) zurückzuführen. ImCCT wird die Erkennbarkeit direkt un-terhalb der Schädelkalotte und im Be-reich der Schädelbasis durch Artefaktelimitiert. Beide Verfahren haben einegegenüber der MRT deutlich geringereKontrastauflösung im Schädelinnen-raum.

Nach schweren hypoxisch-ischämischen Ereignissen treten nichtselten kombinierte oder komplexeSchädigungsmuster auf. Beispiele fürsolche Erscheinungsbilder sind Hirn-stammnekrosen und Basalganglien-schädigung bei Herzstillstand/nach Re-animation; Nekrosen im Neokortex,den Basalganglien, der Pons und demAmmonshorn nach langdauerndemStatus epilepticus oder die pontosubi-kuläre neuronale Nekrose, wobei nebeneiner Beteiligung von Hirnstamm undHippokampus auch Nekrosen im Kor-tex des Kleinhirns und Thalamus nach-zuweisen sind [4].

Differentialdiagnosehypoxisch-ischämischerHirnveränderungen undAussagen zum Zeitpunkt derSchädigung

Die Differenzierung hypoxisch-ischämischer Läsionen von andersarti-gen Erkrankungen ist von nicht zu über-schätzender Bedeutung. Besondersschwierig ist die Abgrenzung beim Vor-liegen einer Bilddokumentation, dienur das letzte Glied einer Kette von bild-gebend nicht vorliegenden oder nichtdokumentierten Abläufen darstellt.

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Abb. 7~ Laminare kortikale Nekrose bei einem reifgeborenen 2 1/2 Wochen alten Kind mit schwererpostpartaler Asphyxie bei komplettem AV-Kanal und zusätzlicher Niereninsuffizienz. Ein transversa-les T1-gewichtetes Bild durch den 3. Ventrikel zeigt eine bandförmige kortikale Signalanhebung mitabnorm erweiterter linker Inselzisterne. Die Verteilung ist kurzstreckig frontal, links mehr als rechts,und beiderseits temporal, geringer okzipital. Die erhöhten Signale entsprechen laminaren kortikalenund petechialen Einblutungen. Eine Herpesinfektion kann in seltenen Fällen ein ähnliches Bild her-vorrufen

a

b

Abb. 63 Ausgedehnte multizystischeEnzephalomalazie auf der Grundlagemultifokaler hämorrhagischer Infarkte.Der Koronarschnitt im hinteren Anteilder Hirnseitenventrikel zeigt eine mul-tizystische Veränderung des nahezugesamten Hirnparenchyms in diesemBereich mit erweiterten Subarachno-idalräumen. In der Kernspintomogra-phie (b) findet sich beim selben Kindim T2-gewichteten Bild ein noch aus-geprägterer Befund einer schwerstenmultizystischen Encephalomalazie(4 Jahre altes Kind)

Page 8: Bildgebende Verfahren bei peri- und postnatalen hypoxisch-ischämischen Veränderungen Reifgeborener

Eine unmittelbar postnatal durchge-führte zerebrale Sonographie ist oft vonunschätzbarem Wert ± insbesonderewenn diese Untersuchung bereits pa-thologische Befunde zeigt. Am 1. Le-benstag festgestellte periventrikuläreZysten typischer Lokalisation entspre-chen beispielsweise einer bereits intra-uterin abgelaufenen Leukomalazie, daEinschmelzungen frühestens nach eini-gen Tagen, in der Regel 2±4 Wochennach der Kolliquationsnekrose auftre-ten. Eine kompetente zusammenfassen-de Beschreibung und Wertung allerBilddaten wird ± bei ausreichender Do-kumentation und Qualität ± evtl. im

Verbund mit einer aktuellen MRT ± inden meisten Fällen keine differential-diagnostischen Probleme aufwerfen.Kritischer ist die Bestimmung des Zeit-punktes oder Zeitraumes des hypox-isch-ischämischen Ereignisses. Hiersind engmaschige und frühe Ultra-schalluntersuchungen wegweisend.

Fazit für die Praxis

In den ersten Tagen nach einem hypoxisch-ischämischen Ereignis sind eher Allgemein-veränderungen als indirekte Zeichen mitgroûer Variationsbreite sichtbar. Sie könnenauch im Normalbereich vorkommen. Deshalbist ein hohes Maû an Geräte- und Dokumen-tationsqualität und an Erfahrung des Unter-suchers notwendig, um frühzeitige Verände-rungen zu erfassen.

Eine aus forensischen Gründen wichtigeBestimmung des Zeitpunkts und des Zeit-raums des hypoxisch-ischämischen Ereignis-ses kann sehr schwierig sein. Engmaschigeund frühe Sonographien können weiter-helfen.

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Zum Thema

a b

Abb. 8 a, b~ Parasagittaler Wasserscheideninfarkt und Ulegyrie. 15 Jahre altes Mädchen. In derVorgeschichte Hydrops congenitus bei schwerer EPH-Gestose der Mutter mit schwerer intrauteri-ner Asphyxie sowie Verdacht auf intrauterine fetomaternelle Transfusion. Notsectio, grünes Frucht-wasser bei drohendem intrauterinen Fruchttod. Nach Entbindung kein Herzschlag, keine Spontan-atmung, Austauschtransfusion. Im Alter von 20 h generalisierte Krampfanfälle. a Das transversaleKernspintomogramm (FLAIR-Sequenz) zeigt eine ausgeprägt pathologisch parasagittal angeordneteSignalanhebung mit kleineren zystischen Defekten sowie einem gröûeren rechts parietalen Defekt.b Die sagittale T2-Schichtführung zeigt pilzförmig stehengebliebene parietale Gyrusanteile oberhalbdes erweiterten Okzipitalhorns, einer Ulegyrie entsprechend. Diese stehengebliebenen, teilweisegeschädigten Rindenanteile sind nicht selten Ursache für schwer zu therapierende Krampfanfälle.Wasserscheideninfarkte entstehen durch ausgeprägte evtl. rezidivierende Ischämien, beispielsweiseim Rahmen von kritischen hypotensiven Ereignissen


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