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In den Aufgabenstellungen werden unterschiedliche Operatoren (Arbeitsan- weisungen) verwendet; sie weisen auf unterschiedliche Anforderungsbereiche (Schwierigkeitsgrade) hin und bedeuten, dass unterschiedlich viele Punkte erzielt werden können. Die Lösungen zeigen beispielhaft, welche Antworten die verschiedenen Operatoren erfordern. Alles Wissenswerte rund um die Abiprüfung finden Sie im Buch im Kapitel „Prüfungsratgeber und Prüfungsaufgaben“. Originalklausuren mit Musterlösungen zu weiteren Fächern finden Sie auf www.duden.de/abitur in der Rubrik „SMS Abi“. Das Passwort zum Download befindet sich auf der vorderen Umschlagklappe. Die Veröffentlichung der Abitur-Prüfungsaufgaben erfolgt mit Genehmigung des zuständigen Kultusministeriums. Das Schnell-Merk-System fürs Abi – aufschlagen, nachschlagen, merken Buch … Prüfungswissen für Oberstufe und Abitur systematisch aufbereitet nach dem SMS-Prinzip Extrakapitel mit Prüfungsaufgaben zu allen Unterrichts- einheiten, zu Operatoren und Anforderungsbereichen … und Download Originalklausuren mit Musterlösungen als Beispiele für den Umgang mit Operatoren kostenlos auf www.duden.de/abitur Für die Fächer Deutsch, Englisch, Mathematik, Geschichte, Biologie, Chemie, Physik sowie Politik und Wirtschaft Originalklausur mit Musterlösung Abitur Biologie Aufgabe I: Homo sapiens / Neandertaler Aufgabe II: MERFF-Syndrom Aufgabe III: Lebensgemeinschaft Ameisen / Ameisenpflanzen
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Page 1: BI08 x L HT 01 GG A -   · PDF fileBI LK HT 1 Seite 1 von 6 Name: _____ Nur für den Dienstgebrauch! Abiturprüfung 2008 Biologie, Leistungskurs Aufgabenstellung:

In den Aufgabenstellungen werden unterschiedliche Operatoren (Arbeitsan-weisungen) verwendet; sie weisen auf unterschiedliche Anforderungsbereiche (Schwierigkeitsgrade) hin und bedeuten, dass unterschiedlich viele Punkte erzielt werden können. Die Lösungen zeigen beispielhaft, welche Antworten die verschiedenen Operatoren erfordern.

Alles Wissenswerte rund um die Abiprüfung finden Sie im Buch im Kapitel „Prüfungsratgeber und Prüfungsaufgaben“.

Originalklausuren mit Musterlösungen zu weiteren Fächern finden Sie auf www.duden.de/abitur in der Rubrik „SMS Abi“. Das Passwort zum Download befindet sich auf der vorderen Umschlagklappe.

Die Veröffentlichung der Abitur-Prüfungsaufgaben erfolgt mit Genehmigung des zuständigen Kultusministeriums.

DasSchnell-Merk-SystemfürsAbi– aufschlagen,nachschlagen,merken

Buch…

■ Prüfungswissen für Oberstufe und Abitur ■ systematisch aufbereitet nach dem SMS-Prinzip ■ Extrakapitel mit Prüfungsaufgaben zu allen Unterrichts- einheiten, zu Operatoren und Anforderungsbereichen

…undDownload■ Originalklausuren mit Musterlösungen als Beispiele für den Umgang mit Operatoren ■ kostenlos aufwww.duden.de/abitur

Für die Fächer Deutsch, Englisch, Mathematik, Geschichte,Biologie, Chemie, Physik sowie Politik und Wirtschaft

Originalklausurmit Musterlösung

AbiturBiologieAufgabeI: Homo sapiens / NeandertalerAufgabeII: MERFF-SyndromAufgabeIII: Lebensgemeinschaft Ameisen / Ameisenpflanzen

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Nur für den Dienstgebrauch!

Abiturprüfung 2008

Biologie, Leistungskurs

Aufgabenstellung:

Thema: Homo sapiens und Neandertaler I.1 Erläutern Sie die Bedeutung der DNA-Sequenzanalyse bei dem Erstellen von Stamm-

bäumen. Werten Sie die in den Materialien A und B angeführten Informationen (Se-quenzanalyse, Datierungen, räumliche Zuordnung) aus und entwickeln Sie im Hin-blick auf die Verwandtschaftsbeziehungen der Neandertalerpopulationen Hypothesen zur Erklärung der dargestellten Befunde. (18 Punkte)

I.2 Beschreiben Sie die PCR-Methode und erläutern Sie vor dem Hintergrund möglicher

Untersuchungsaussagen den Einsatz der verschiedenen Primer. Fassen Sie das Er-gebnis von Tabelle 2 (Material C) zusammen und erläutern Sie es. (22 Punkte)

I.3 Werten Sie die Daten der Materialien D und E aus und diskutieren Sie auch unter Berücksichtigung von Material C, ob die Daten eine schlüssige Aussage bezüglich einer Vermischung oder Nichtvermischung der Neandertaler- und Homo-sapiens-Populationen erlauben. (12 Punkte)

I.4 Erläutern Sie die globale Ausbreitung von Homo sapiens unter Hinweis auf DNA-

Untersuchungen und Fossilfunde (Material F). Entwickeln Sie eine begründete Stammbaumhypothese zur Evolution von Homo sapiens und von Neandertalern un-ter Einbeziehung deren Ausbreitung, die von Homo erectus ausgeht, und erörtern Sie die Frage, ob Homo sapiens die Neandertaler in Europa verdrängt haben könnte. (14 Punkte)

Zugelassene Hilfsmittel: • Wörterbuch zur deutschen Rechtschreibung

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Material A: Stand der Forschung

1856 wurden in der Feldhofer Grotte im Neandertal bei Düsseldorf große Teile des Skeletts eines Mannes gefunden. Die deutlichen Unterschiede vor allem in der Anatomie des Schä-dels führten zu der Erkenntnis, dass es sich um eine ausgestorbene Menschenform (den „Neandertaler“) handeln müsse.

Das Alter des Skeletts wurde mit einer Radiokarbondatierung auf 42 000 Jahre bestimmt. Seitdem wurden etwa 300 weitere Überreste von Neandertalern ausschließlich in Europa und Westasien gefunden. Die jüngsten Überreste von Neandertalern sind ca. 30 000 Jahre alt. In-zwischen geht man davon aus, dass es im Zuge der Eis- und Zwischeneiszeiten zu Verände-rungen der Areale von verschiedenen Populationen gekommen ist. Material B: Ein neuer Fund aus Spanien

2005 wurde in einer Höhle in El Sidrón in Spanien ein Neandertaler-Oberschenkelknochen ausgegraben. Die Wissenschaftler haben mtDNA (Mitochondrien-DNA) aus diesem Kno-chen untersucht und konnten eine Teilsequenz bestimmen. Tabelle 1 zeigt das Ergebnis im Vergleich zu bisher bekannten mtDNA-Sequenzen von anderen Fundorten (Abb. 1). Tabelle 1: Anzahl der Basenunterschiede von Neandertaler-mtDNA-Teilsequenzen

El Sidrón Düsseldorf Monti Lessini Vindija Mezmaiskaya

El Sidrón (43 000 Jahre alt)

Düsseldorf (42 000 Jahre alt)

2

Monti Lessini (50 000 Jahre alt)

7 7

Vindija 77 (39 000 Jahre alt)

1 1 6

Mezmaiskaya (29 000 Jahre alt)

5 5 8 4

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Nur für den Dienstgebrauch!

Abb. 1: Fundorte von Neandertaler-Fossilien, deren DNA untersucht wurde.

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Material C: Verschiedene Primer als Test

Um genügend Genmaterial für eine Analyse der DNA aus Fossilien zu gewinnen, wird normalerweise die PCR-Methode (polymerase chain reaction) eingesetzt. Entscheidend ist dabei die Verwendung der richtigen Primer. Der Leipziger Biologe David Serre hat 2004 zwei verschiedene Typen von Primern eingesetzt: „Hominoiden-Primer“, die auf homologe Mitochondrien-DNA-Stücke von Neandertalern, Homo sapiens und Menschenaffen passen und „Neandertaler-Primer“, die nach bisherigen Erkenntnissen die Vervielfältigung von Stücken der Neandertaler-DNA ermöglichen. Tabelle 2: DNA-Vervielfältigung mit Hominoiden-Primern und Neandertaler-Primern bei

Neandertalern und frühen Homo-sapiens-Funden. Die Angabe 2/3 bedeutet: 2 erfolgreiche Vervielfältigungen bei 3 Versuchsansätzen

Hominoiden-Primer Neandertaler-Primer

Neandertaler-Funde

Vindija 77 (Kroatien) 39.000 Jahre 3/3 2/3

Engis 2 (Belgien) (Alter bisher nicht feststellbar) 2/3 2/3

La Chapelle-aux-Saints (Frankreich) 45.000 Jahre 3/3 2/3

Homo-sapiens-Funde

Mladec 25 C (Tschechien) 31.000 Jahre 3/3 0/3

Mladec 2 (Tschechien) 31.000 Jahre 2/2 0/2

Cro Magnon (Frankreich) 30.000 Jahre 3/3 0/3

Abri Pataud (Frankreich) 18.600 Jahre 3/3 0/3

La Madeleine (Frankreich) 15.000 Jahre 2/3 0/3

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Material D: Ergebnisse der mtDNA-Analyse des Düsseldorfer Neandertalers

Der deutsche Wissenschaftler M. Krings und seine Mitarbeiter haben Knochenmark aus dem Skelett des 1856 in der Nähe von Düsseldorf gefundenen Neandertalers untersucht und die Ergebnisse 1997 veröffentlicht. Es gelang ihnen, eine Sequenz zu rekonstruieren, die insge-samt 379 Basenpaare umfasste. Diese Sequenz wurde mit 994 verschiedenen mtDNA-Sequenzen verglichen, die von heute lebenden Menschen stammten. Auch heute lebende Menschen unterscheiden sich natürlich untereinander in ihren mtDNA-Sequenzen. Diesbezügliche Untersuchungen ergaben, dass sich die Europäer um 5 Basen, Asiaten um 6 Basen und Afrikaner um 8 Basen im statistischen Mittel innerhalb der jewei-ligen Bevölkerungsgruppe voneinander unterscheiden. Tabelle 3: Anzahl unterschiedlicher Basen der mtDNA heute lebender Menschen

im Vergleich zu der des Düsseldorfer Neandertalers

Anzahl unterschiedlicher Basen

Düsseldorfer Neandertaler – Europäer 28

Düsseldorfer Neandertaler – Ureinwohner Australiens 28

Düsseldorfer Neandertaler – Afrikaner 27

Düsseldorfer Neandertaler – Ureinwohner Nordamerikas 27

Düsseldorfer Neandertaler – Asiaten 28

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Material E: Vergleich der mtDNA des Düsseldorfer Neandertalers und des Kaukasus-Neandertalers aus Mezmaiskaya

Die Analyse der Mitochondrien-DNA (mtDNA) eines etwa zwei Monate alten Neanderta-ler-Säuglings aus der Berghöhle bei Mezmaiskaya im Kaukasus (ca. 2500 km von Düssel-dorf entfernt) konnte im Jahr 2000 durchgeführt werden. Radiokarbonuntersuchungen zeigten, dass der Fund etwa 29 000 Jahre alt war. Tabelle 4: Anzahl unterschiedlicher Basen der mtDNA (Die Längen der untersuchten mtDNA- Sequenzausschnitte unterscheiden sich von denen in Material B.)

Anzahl unterschiedlicher Basen (Mittelwerte)

Neandertaler aus Mezmaiskaya – Düsseldorfer Neandertaler 12

Neandertaler aus Mezmaiskaya – heute lebende Afrikaner 23

Neandertaler aus Mezmaiskaya – heute lebende Asiaten 23

Neandertaler aus Mezmaiskaya – heute lebende Europäer 25

Material F: Die Ursprünge von Homo sapiens

Homo erectus lebte vor 1,8 Millionen Jahren bis etwa 400 000 Jahren vor heute in Afrika, Europa und Asien. Neandertaler-Fossilien fand man bisher nur in Europa und Westasien; die jüngsten Fossilien sind ca. 30 000 Jahre alt. Die ältesten Fossilien von Homo sapiens stammen aus Afrika (Äthiopien, 195 000 Jahre); die ältesten Homo-sapiens-Funde aus Asien (China) sind 67 000 Jahre alt und die ältesten Homo-sapiens-Funde in Europa (36 000 Jahre alt) stammen aus Rumänien. Der amerikanische Bio-loge Allan Wilson veröffentlichte 1987 die Ergebnisse seiner Untersuchungen der Mito-chondrien-DNA (mtDNA) von 147 heute lebenden Individuen aus Afrika, Asien, Australien, Neuguinea und Europa. Das Ergebnis waren 133 verschiedene Typen von mtDNA, die mit mathematischen Methoden in einem „Ähnlichkeits-Stammbaum“ dargestellt werden konnten. Es stellte sich heraus, dass der Stammbaum in zwei Gruppen zerfiel: eine rein afrikanische und eine mit Vertretern aus allen untersuchten Kontinenten. Die afrikanische Gruppe zeigt re-lativ größere Unterschiede untereinander und ist älter. Das Alter des (weiblichen) gemeinsa-men Vorfahren („Eva“) schätzte Wilson auf ca. 200 000 Jahre.

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Abiturprüfung 2008

Biologie, Leistungskurs

Aufgabenstellung:

Thema: Das MERRF-Syndrom II.1 Begründen Sie, warum x-chromosomale Vererbung des MERRF-Krankheitsbildes,

wie in Material C dargestellt, ausgeschlossen ist und eine autosomal rezessive Ver-erbung wenig wahrscheinlich ist. Erläutern Sie dies anhand geeigneter Falldarstel-lungen aus Abbildung 1. (16 Punkte)

II.2 Beurteilen Sie, inwieweit eine mitochondriale Vererbung durch das Material A bis D abgesichert erscheint, und erklären Sie das Zustandekommen des Krankheitsbildes. (12 Punkte)

II.3 Beschreiben Sie kurz die Vorgänge bei der Translation und gehen Sie dabei beson-ders auf die Rolle der tRNA ein. Erläutern Sie unter Bezug auf die in Material E dargestellten Erkenntnisse die molekulargenetische Ursache des MERRF-Krankheitsbildes. (24 Punkte)

II.4 Stellen Sie dar, welche Inhalte eine genetische Beratung der Schwestern und Brüder

der Mutter des Patienten in Material B anlässlich geäußerter Kinderwünsche haben muss. (14 Punkte)

Zugelassene Hilfsmittel: • Wörterbuch zur deutschen Rechtschreibung

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Nur für den Dienstgebrauch!

Material A: MERRF-Syndrom und Mitochondrien

Beim MERRF-Syndrom, einer recht seltenen Krankheit, wurde nach seiner Entdeckung eine erbliche Komponente zunächst widersprüchlich diskutiert. MERRF bedeutet: Myoclonic epilepsy associated with ragged-red muscle fibers (Muskelschüttelkrämpfe verbunden mit ausgefransten roten Muskelfasern).

Aufgrund der Symptome wurden die Mitochondrien in die Untersuchungen einbezogen. Mitochondrien vermehren sich durch eine vom Zellzyklus unabhängige Teilung, die der Zellteilung von Bakterien sehr ähnlich ist. Tatsächlich fand man Mitochondrien mit einge-schränkter Funktion („defekte Mitochondrien“) in den Gewebszellen von MERRF-Kranken, daneben allerdings auch vollständig intakte Mitochondrien. Denn bei jeder Zellteilung erfolgt eine zufällige Verteilung der Mitochondrien, so dass in den Tochterzellen intakte und defekte Mitochondrien nebeneinander existieren (Heteroplasmie) oder alle Mitochondrien die glei-che Mutation in ihrer DNA tragen (Homoplasmie). Innerhalb eines Gewebes treten entspre-chend gesunde Zellen neben krankhaft veränderten auf. Die Krankheit wird erst dann auf-fällig, wenn der Heteroplasmiegrad im entsprechenden Gewebe 50 – 80% beträgt. Material B: Patient mit MERRF-Syndrom

(gekürzte Schilderung aus einem Patientenforum)

„Sven ist heute 6½ Jahre alt und die Diagnosesuche ging los, da war er fast 2 Jahre alt und bis wir die Diagnose hatten, gingen ca. 1½ Jahre ins Land. Bei uns war es auch so, dass die Ärzte die Muskelbiopsie, also die Entnahme und Untersuchung von Muskelzellen aus dem Oberschenkelmuskel erstmal nicht machen wollten, aber letztendlich nicht drum herum kamen. ...

Sven war leider noch ein Frühchen (Frühgeburt) aus der 27. Schwangerschaftswoche und da wurden viele Auffälligkeiten erstmal auf seine Frühgeburt geschoben. …

Trotzdem fiel auf, dass sich seine Muskulatur wie Wackelpudding anfühlte und auch sehr wenig Muskelgewebe überhaupt da war. Nach allen Seiten drehen konnte er sich erst mit fast 3 Jahren. Es hieß, er würde nie laufen lernen und nie sprechen lernen. Aber, die Ärzte irrten sich, Gott sei Dank. Er lernte sprechen, viel später, aber das ist egal. Und er lernte so-gar das freie Laufen mit fast 5 Jahren. Allerdings hat er eine starke Belastungsintoleranz [...] aufgrund des Energiemangels. Kurze Strecken geht er, und für draußen hat er seinen Rolli. Er hat auch immer wieder sehr schlappe Phasen, wo er fast den ganzen Tag nur liegt.“

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Material C: Stammbaum einer betroffenen Familie

Abb. 1: MERRF-Stammbaum, Merkmalsträger sind schwarz dargestellt. Die Personen 3, 6 und 10 stammen

aus Familien, in denen das Krankheitsbild nachweislich nie aufgetreten ist.

Material D: Mitochondrien in Eizellen, Spermien und verschiedenen Geweben

Jedes Spermium besitzt im Halsteil weniger als 50 Mitochondrien, jede Eizelle im Plasma Tausende. Bei der Befruchtung dringt nur der Kopf des Spermiums in die Eizelle ein. Den höchsten Mitochondriengehalt haben die Gewebe, in denen der Sauerstoffbedarf sehr hoch ist, dazu gehören die Skelettmuskulatur (vor allem Arme und Beine), das Gehirn und das Herz.

Mitochondrien besitzen eigene DNA, eigene Ribosomen, eigene Proteine und vermehren sich unabhängig vom Zellzyklus. Abb. 2: Größenvergleich Eizelle/Spermium

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Material E: Molekulare Ursachen des MERRF-Krankheitsbildes

Abb. 3: Karte der mitochondrialen DNA des Menschen.

Dargestellt sind der ringförmige DNA-Strang eines Mitochondriums sowie beispielhaft für einige Bereiche die Position der Basen; so codiert z. B. der Bereich von 648 bis 1601 für die kleine Untereinheit der Ribosomen (12s rRNA). Beschriftet sind außerdem Bereiche, die für bestimmte Proteine codieren, z. B. „ND“ für NADH-Dehydrogenase und „CO“ für Cytochrom c-Oxidase, beides Enzyme, die an der Energiebereitstellung beteiligt sind. Zu-sätzlich erkennt man, welche Bereiche in tRNA transkribiert werden, so steht z. B. „K“ für die tRNALysin und „G“ für die tRNAGlycin.

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Abb. 4: Ausschnitt aus der mitochondrialen DNA eines Gesunden und eines an MERRF Erkrankten

Abb. 5: Proteine in Mitochondrien eines MERRF-Kranken.

Außer den in Abbildung 5 angeführten Proteinen findet man in den Mitochondrien Erkrank-ter ein sogenanntes MERRF-Protein. Es handelt sich dabei um unvollständige Reste des Proteins COI; auch fand man unvollständige Reste des Proteins ND2 in hoher Konzentrati-on in MERRF-Mitochondrien.

Anzahl der Lysin-Bausteine im fertigen Protein

Genom: Homo sapiens, Mitochondrium, Positionen 8295 – 8364

normal: CACTGTAAAGCTAACTTAGCATTAACCTTTTAAGTTAAAGATTAAGAGAACCAACACCTCTTTACAGTGA 8300 8350 MERRF: CACTGTAAAGCTAACTTAGCATTAACCTTTTAAGTTAAAGATTAAGAGAGCCAACACCTCTTTACAGTGA

8300 8350

Prozentzahl vollständ

iger Proteine (V

ergleich m

it Gesund

em) Dargestellt ist der Prozentsatz vollständiger Proteine in

den Mitochondrien eines MERRF-Kranken (verglichen mit einem gesunden Menschen) und zwar in Abhän-gigkeit von der Anzahl des in den Proteinen vorhande-nen Aminosäurebausteins Lysin. Die Kurve stellt einen mathematischen Zusammenhang dar, der hier nicht berücksichtigt werden muss.

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Abiturprüfung 2008

Biologie, Leistungskurs

Aufgabenstellung:

Thema: Eine Lebensgemeinschaft von Ameisen und Ameisenpflanzen

III.1 Fassen Sie die in den Materialien A und B dargestellten Ergebnisse der durchgeführ-

ten Versuche zusammen. (18 Punkte)

III.2 Begründen Sie mit Hilfe der Materialien A und B, dass es sich bei der Lebensge-

meinschaft von Ameisen und den verschiedenen Ameisenpflanzen um eine Sym-

biose entsprechend der in Material C angegebenen Definition handelt. Diskutieren

Sie diese Lebensgemeinschaften vor dem Hintergrund von Aufwand und Nutzen.

(22 Punkte)

III.3 Fassen Sie die Aussagen der Abbildungen 3, 4 und 5 aus Material D zusammen und

erläutern Sie mit Hilfe der Abbildung 6 und unter Einbezug aller Materialien, auf

welche Weise die Produktion von Blattnektar über den Fraßdruck reguliert wird. Er-

klären Sie die biologische Funktion dieses Regulationsmechanismus in Bezug auf

Aufwand und Nutzen. (26 Punkte)

Zugelassene Hilfsmittel: • Wörterbuch zur deutschen Rechtschreibung

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Material A:

In Südostasien, speziell in West-Malaysia und auf Borneo, ist die Baumgattung Macaranga

beheimatet. Auf vielen dieser Macaranga-Bäumen leben Ameisenkolonien der Gattung

Crematogaster. Es handelt sich bei den Bäumen um ein Beispiel von so genannten „Amei-

senpflanzen“. Das Verhalten dieser Ameisen gegenüber Insekteneiern und Raupen wird in

Tabelle 1 dargestellt. Außerdem kappen sie die Ranken von Schlingpflanzen, sobald diese

ihren Wirtsbaum berühren.

Viele Macaranga-Bäume produzieren auf ihren Blättern so genannten extrafloralen Nektar (Blattnektar), der nicht der Anlockung von bestäubenden Insekten dient, sondern eine Nah-

rungsquelle für Ameisen, Wespen und andere räuberische Insekten darstellt. Außerdem

werden Futterkörperchen von diesen Bäumen produziert. Sie werden von diesen Bäumen

von ihren Nebenblättern als spezielle Produkte gebildet.

Als fakultative Ameisenpflanzen bezeichnet man solche, die nur zum Nahrungserwerb besucht werden.

Als obligate Ameisenpflanzen bezeichnet man Arten, die dauerhaft bewohnt werden.

Versuch 1

In einem Versuch untersuchte man das Verhalten von Ameisen auf einer obligaten Amei-

senpflanze.

Tabelle 1: Untersuchungen zum Verhalten von Ameisen gegenüber Eiern von Insekten, Raupen und Futterkörperchen nach ihrer Entdeckung

Eier von Insekten 90 % wurden von den Ameisen von den Blättern entfernt, keine Nahrungsquelle

Raupen 80,5 % wurden von den Ameisen durch Bisse vertrieben, keine Nahrungsquelle

Futterkörperchen wurden von den Ameisen gefressen

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Versuch 2

Eine Analyse der chemischen Zusammensetzung der Futterkörperchen unterschiedlicher

fakultativer und obligater Ameisenpflanzen wurde durchgeführt. Ziel war es, die Bedin-

gungen zu ermitteln, nach denen Ameisen obligate Pflanzen auswählen.

Tabelle 2: Chemische Zusammensetzung und Energiegehalt der Futterkörperchen ver-schiedener obligater und fakultativer Ameisenpflanzen

Pflanzenarten Vergesell-schaftung

Pflanze/ Ameise

Kohlenhydrate (mg/g Frisch-

gewicht)

Proteine (mg/g Frisch-

gewicht)

Lipide (mg/g Frisch-

gewicht)

Energiegehalt (kJ/g Frisch-

gewicht)

Macaranga triloba obligat 10,3 15,9 146,9 6,0

M. hullettii obligat 19,7 17,8 156,4 6,6

M. hosei obligat 22,4 21,8 91,5 4,2

M. tanarius fakultativ 39,3 6,1 82,6 3,9

Pseudomyrmextricuspidata fakultativ 14,8 6,0 5,0 0,5

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Material B:

Versuch 3

Es wurde eine Langzeitstudie bei Pflanzen der Art Macaranga triloba durchgeführt, bei der

während eines Jahres das relative Blattwachstum bzw. der relative Blattverlust bedingt

durch pflanzenfressende Insekten untersucht wurden. Untersucht wurden Pflanzen, die von

Ameisen bewohnt waren und solche ohne Ameisen.

Die Ergebnisse dieser Studie werden in der folgenden Abbildung 1 dargestellt.

-100

0

100

200

300

400

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17

Nummer des Pflanzenpaares

Macaranga triloba

in Anwesenheit von Ameisen

ohne Anwesenheit von Ameisen

kennzeichnet eine Versuchspflanze, die während derVersuchsdauer wieder besiedelt wurde.

Werte von zwei vergleichbaren Pflanzen (eine mit, eine ohne Ameisen)wurden nebeneinander gezeichnet und bilden ein Paar.

Abb. 1: Relatives Blattwachstum bzw. relativer Blattflächenverlust (Zuwachs bzw. Verzehr durch pflanzen-

fressende Insekten bezogen auf einen Durchschnittswert) von Pflanzen der Art Macaranga triloba in-nerhalb eines Jahres mit und ohne Ameisen

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Versuch 4

Bei einem weiteren Versuch wurde bei jeweils 30 Ameisenpflanzen die Ausbildung von

zusätzlichen Futterkörperchen angeregt (+ Futterkörperchen) bzw. entfernt (- Futterkörper-

chen) oder die Pflanzen wurden nicht manipuliert (Kontrolle). Nach 30 Tagen wurden die

Anzahl der Ameisen und die Altersstruktur der Ameisenpopulation (Eier, Larven, Puppen)

bestimmt (Abb. 2).

Abb. 2: Abhängigkeit einer Ameisenkolonie von dem Vorhandensein bzw. Fehlen der Futterkörperchen

Material C:

In einem Schulbuch findet man folgende Definition für ein Beispiel einer interspezifischen

Beziehung:

Ein Symbiose ist „eine Beziehung zwischen artverschiedenen Lebewesen, die für beide

Partner vorteilhaft und durch enges räumliches Zusammenleben gekennzeichnet ist.“

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Material D:

In einem Experiment wurden 30 von Ameisen besiedelte Ameisenpflanzen sechs Wochen

lang alle vier Tage mit Jasmonsäure besprüht, durch Fraß oder gezielt mit Nadelstichen be-

schädigt. Jasmonsäure ist ein Stoff, der in Pflanzen produziert wird und verschiedene Reak-

tionen bewirkt. Jasmonsäure kann auch in Experimenten auf die Pflanzen gesprüht werden

und wirkt dann ebenfalls.

Die Ergebnisse des Experiments zeigen Abb. 3, 4 und 5.

Abb. 3:

Nektarproduktion von Macaranga tanarius unter

verschiedenen Bedingungen (Nektar: ausge-

schiedener, stark zuckerhaltiger Pflanzensaft) Kontrolle: Pflanzen wurden nicht behandelt

Sprüh-Kontrolle: die Pflanzen wurden nur mit dem

Lösungsmittel und nicht mit Jasmonsäure besprüht

Künstlicher Schaden: die Pflanzen wurden ge-

zielt mit Nadelstichen beschädigt (Löcher)

Fraß: man lässt Insekten fressen Jasmonsäure: wurde aufgesprüht

Abb. 4: Auswirkung von einer mechanischen Beschädi-

gung und einer Behandlung mit Jasmonsäure auf

Fraßschäden durch pflanzenfressende Insekten.

Die von Ameisen besiedelten Pflanzen wurden

erst mit Jasmonsäure behandelt bzw. künstlich

beschädigt. Anschließend wurde das Ausmaß an Fraßschäden ermittelt.

Kontrolle: Die untersuchten Pflanzen wurden

nicht behandelt bzw. nicht beschädigt.

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Abb. 5: Anzahl der auf mit Jasmonsäure behandelten und auf Kontrollpflanzen auftretenden räuberischen

Insekten und nektarsuchenden Insekten (z. B. Ameisen)

Abb. 6: Regulation der Blattnektar-Produktion von Ameisenpflanzen:

Dargestellt sind die relative Konzentration an der von der Pflanze selbst im Gewebe gebildeten

Jasmonsäure, die relative Menge des von der Pflanze gebildeten Nektars, die relative Anzahl der

Raupen, die relative Anzahl der Ameisen, die relative Anzahl der Futterkörperchen sowie das

Wachstum der Knospen in Symbolen.

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Musterlösungen für die Prüfungsaufgaben Abitur Prüfungsfach: Biologie (Nordrhein-Westfalen 2008) Autor: Elke Schindler

I. Aufgabe I: Homo sapiens und Neandertaler I.1 Bei einer DNA-Sequenzanalyse wird die exakte Reihenfolge der Nucleotide in einem DNA-Strang durch Sequenzierung ermittelt. Der Vergleich von DNA-Sequenzen z. B. mitochon-drialer DNA kann ziemlich genau Aufschluss darüber geben, ob zwei Arten miteinander verwandt sind und wenn mehrere Arten oder Gruppen verglichen werden, welche näher miteinander verwandt sind als andere. Der Verwandtschaftsgrad wird dabei an Basen- bzw. Nucleotidunterschieden festgemacht. Jedoch ist sie als einzige Methode nicht ausreichend um Stammbäume zu erstellen, denn dies würde eine konstante Mutationsrate und damit konstante Austauschrate von Nucleotiden voraussetzen. Es scheint aber, dass die Mutationsrate unter wechselnden äußeren Bedingungen variabel ist. Daher erlaubt die DNA-Sequenzanalyse anhand der Basenunterschiede nur quantitative Aussagen wie „näher verwandt“ oder „nicht näher verwandt“, nicht aber Aussagen darüber, wann sich z. B. verschiedene systematische Gruppen aufgespalten haben. Erst wenn beides bekannt ist, kann ein Stammbaum aufgestellt werden. Deshalb benötigt man zusätzlich zu DNA-Sequenzanalysen i. d. R. auch Fossilien, anhand derer die zeitliche Abfolge des Auftretens neuer Merkmale mithilfe von morphologischen Untersuchungen und Altersbestimmungen nachvollzogen werden kann. Die Fundorte der Neandertaler-Fossilien sind ausschließlich auf Europa und Westasien verteilt. Die jüngsten Überreste sind 29000 Jahre alt, die ältesten der in Material B untersuchten Neandertaler sind 50000 Jahre alt. Insgesamt gesehen sind die Basenunterschiede in den untersuchten mtDNA-Sequenzen mit 1 bis maximal 8 Basen Unterschied recht gering. Der größte Basenunterschied besteht zwischen dem ältesten (Monti Lessini, 50000 Jahre alt) und dem jüngsten Fund (Mezmaiskaya, 29000 Jahre alt). Ähnlich alte Funde haben nur wenige Basen Unterschied. Man könnte annehmen, dass z. B. die Funde von El Sidrón, Düsseldorf und Vindija, die ähnlich alt sind und sich nur durch 1 oder 2 Basen unterscheiden, ursprünglich einer Population entstammen, von der Teilpopulationen z. B. in Zwischeneiszeiten nach Norden gezogen bzw. bei Eintritt einer Eiszeit nach Süden gezogen sind. Zumindest scheinen die Individuen aus diesen drei Fundorten näher miteinander verwand zu sein, als mit den beiden Funden aus Monti Lessini und Mezmaiskaya und auch als die beiden Letzeren untereinander. Dafür spricht auch, dass sie mit 43000, 42000 und 39000 Jahren ähnlich alt sind.

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I.2 Die Polymerase-Kettenreaktion ist eine Methode, die zur Vervielfältigung von DNA-Abschnit-ten eingesetzt wird, aber auch zum Nachweis bestimmter Gensequenzen. Hierzu wird die zu untersuchende doppelsträngige DNA bei 94 °C denaturiert und in die Einzelstränge gespal-ten. Nach Abkühlung auf 50 °C wird ein Primer zugesetzt, das ist ein künstlich hergestellter Polynucleotidabschnitt mit der komplementären Basensequenz des gesuchten DNA-Ab-schnitts. Will man eine bestimmte Gensequenz nachweisen, benötigt man zwei Primer, mit denen man Anfang und Ende des zu kopierenden Abschnitts festlegt. Die Primer heften sich an die nachzuweisende DNA-Sequenz an und nach Zugabe von DNA-Polymerase und Nucleotiden stellt die DNA-Polymerase eine Kopie der Ausgangs-DNA her. Dieser Zyklus aus Denaturierung, Zugabe und Bindung des Primers sowie DNA-Synthese wird so oft wie-derholt, bis eine analytisch messbare Menge der gesuchten DNA-Sequenz vorhanden ist. In den Versuchen in Material C wurden von den zu testenden DNAs jeweils zwei Ansätze mit zwei verschiedenen Primern gefahren. Der Hominoiden-Primer ist komplementär zu Stücken aus der mtDNA von Neandertaler, Homo sapiens und Menschenaffen und ermöglicht so deren Vervielfältigung. Der Neandertaler-Primer hingegen ist nach bisherigen Kenntnisstand nur komplementär zu Stücken aus der Neandertaler-mtDNA, d. h. man kann mit ihm ganz spezifisch diese Neandertaler-DNA vervielfältigen, nicht aber z. B. DNA von Homo sapiens. Mit jedem der acht Funde (drei Neandertaler-Funde und fün Homo sapiens-Funde) wurden mit jedem der Primer je drei Ansätze gefahren und notiert, bei wie viel Ansätzen es zur Vervielfältigung kam. Alle Ansätze mit dem Hominoiden-Primer zeigten bei mindestens zwei der drei Ansätze Vervielfältigungen, egal ob es sich um Neandertaler- oder Homo sapiens-Funde handelt. Dieses Ergebnis war zu erwarten, da dieser Primer auf homologe mtDNA-Stücke von Neandertaler und Homo sapiens (und Menschenaffen) passt. Beim Einsatz des Neandertaler-Primers zeigt sich ein anderes Bild: Bei den Neandertaler-Funden kommt es bei zwei von drei Ansätzen zu Vervielfältigungen. Bei den Homo sapiens Funden hingegen kommt es bei keinem der Ansätze zu einer Vervielfältigung. Dieses Ergebnis ist eindeutig und es bestätigt, dass die dem Neandertaler zugeordneten Funde auch wirklich Neandertaler sind und die Homo sapiens zugeordneten Funde auf jeden Fall keine Neandertaler sind, da der Primer spezifisch nur auf Neandertaler-mtDNA anspricht. I.3 Die Anzahl der Basenunterschiede zwischen Neandertaler und heute lebenden Menschen aller Kontinente liegen durchweg bei 27 bzw. 28 Basen. Hingegen liegen die Basenunter-schiede zwischen den untersuchten Gruppen der heute lebenden Menschen bei fünf bis acht Basen, sind also deutlich geringer. Ein ähnliches Bild zeigte sich ja beim Vergleich der mtDNA-Teilsequenzen der Neandertaler aus den verschiedenen europäischen Fundorten (Material B). Auch bei ihnen beträgt die Zahl der unterschiedlichen Basen maximal acht, bei drei Gruppen untereinander sogar nur eins bis zwei Basen. Allerdings kann dies auch an der Länge der Teilstücke liegen, denn in Material E wurden immerhin 12 unterschiedliche Basen zwischen einem Neandertaler aus Düsseldorf und einem aus dem Kaukasus festgestellt. Dies ist aber immer noch höchstens die Hälfte der Unterschiede zwischen Neandertaler und Homo sapiens. Zwar kann aufgrund der Daten nicht vollkommen ausgeschlossen werden, dass es eine Vermischung von Neandertaler- und Homo-sapiens-Populationen gab, doch fand sie vermutlich, wenn überhaupt, nur in äußerst geringem Ausmaß statt bzw. führte nicht dazu, dass sich bedeutendere Mengen Neandertaler-DNA im Homo-sapiens-Erbgut wiederfinden. Selbst wenn es zu sexuellen Kontakten gekommen sein kann, ist es möglich, dass daraus entweder keine Nachkommen entstehen konnten (im Sinne einer Artbarriere zwischen Neandertaler und Homo sapiens) oder eventuelle Hybride von Neandertaler und Homo sapiens waren steril und das Erbgut konnte deshalb nicht an weitere Generationen weitergegeben werden. Außerdem muss auch berücksichtig werden, dass die in den Materialien betrachteten Basenunterschiede sich auf die mtDNA beschränken. Dies ist ein geringer Teil der Gesamt-DNA, der zudem nur maternal vererbt wird. Um wirklich

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verbindliche Aussagen treffen zu können, müssen die Ergebnisse weiterer Untersuchungen von Neandertaler und Homo-sapiens-DNA abgewartet werden. I.4

Globale Ausbreitung von Homo sapiens: Aus Material F geht hervor, dass aufgrund von Untersuchungen der mtDNA die Linie des modernen Homo sapiens vor rund 200000 Jahren in Afrika entstanden ist. Davon ist eine Gruppe in Afrika verblieben, eine andere verließ Afrika und besiedelte die anderen Kontinente. Wann das geschah, geht aus dem Material nicht hervor. Sicher ist danach nur, dass Asien früher besiedelt wurde (älteste Funde in China 67000 Jahre alt) als Europa (älteste Funde 36000 Jahre alt). Dass die afrikanische Gruppe untereinander größere Unterschiede zeigt, als die über alle Kontinente verstreute Gruppe, lässt zumindest darauf schließen, dass die Auswanderungswelle erst deutlich später stattfand. Denn, bei Annahme einer konstanten Mutationsrate, sind die Basenunterschiede innerhalb einer Gruppe umso größer, je älter sie ist, je länger also Zeit für das Entstehen von Mutationen war. Wenn sich z. B. die Auswanderungsgruppe erst 100000 Jahre nach Entstehen des modernen Homo sapiens aufmachte, sich über die Erde verstreute und sich dabei wiederum in Populationen aufspaltete, die die verschiedenen Kontinente besiedelten, dann hatte deren mtDNA nur 100000 Jahre (bis heute) Zeit, um untereinander wiederum Unterschiede zu entwickeln, sie sind demnach untereinander ähnlicher als mit ihrer afrikanischen (Stamm)Gruppe.

Stammbaumhypothese: Aus Homo erectus, der bis vor rund 400000 Jahren in Afrika, Europa und Asien lebte entwickelten sich sowohl eine Linie, aus der später der Neandertaler hervorging, als auch eine Linie, aus der Homo sapiens hervorging. Diese Abspaltung geschah früh. Aus der Homo sapiens-Linie spalteten sich dann von der (älteren) afrikanischen Gruppe die Gruppen ab, die auswanderten und nach und nach alle Kontinente besiedelten, wobei Letztere untereinander ähnlicher sind, als mit der (ursprünglichen) afrikanischen Gruppe, aus der sie stammen.

Aus den Daten in Material B, D und E kann interpretiert werden, dass sich Neandertaler und Homo sapiens nicht oder nicht nennenswert miteinander vermischten. Sie müssen aber andererseits zumindest eine gewisse Zeit (Material F) gleichzeitig in Europa gelebt haben. Daher liegt es durchaus im Bereich des Mögli-chen, dass die Neandertaler von Homo sapiens in Europa verdrängt wurde. Wie dies geschehen sein soll, geht aus dem Material nicht hervor. Es gibt verschiedene Möglich-keiten: z. B. könnte Homo sapiens letztlich sich besser an das sehr wechselhafte Klima (Eiszeiten und Zwischeneiszeiten, Material A) angepasst und dadurch einen größeren Fortpflanzungserfolg gehabt haben. Homo sapiens könnte, zumindest regional, die erfolgreichere Art im Kampf um eventuell begrenzte Ressourcen gewesen sein und dadurch wiederum einen höheren Fortpflanzungserfolg gehabt haben. Vielleicht war aber auch insgesamt die Fortpflanzungsrate von Homo sapiens (artbedingt) höher als die der Neandertaler; vielleicht starben die Neandertaler aber auch aus, weil sie sich nicht dauerhaft an die Klimaschwankungen oder rauen Klimaverhältnisse so anpassen konnten, dass sie sich ausreichend fortpflanzen konnten.

II. Aufgabe II: Das MERRF-Syndrom II.1 Bei Betrachtung des Stammbaums in Material C, fällt auf den ersten Blick auf, dass, wenn die Mutter am MERRF-Syndrom erkrankt ist, alle Nachkommen erkrankt sind, ist die Mutter gesund (Person 10), dann sind alle Nachkommen gesund. Da männliche und weibliche Nachkommen bei einer kranken Mutter gleichermaßen erkranken, müsste bei einer X-chro-mosomalen Vererbung der Erbgang dominant sein, sonst würden nicht alle weiblichen Nachkommen erkranken. Im Falle der Nachkommen der Eltern 9 und 10 sind die Nach-

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kommen jedoch alle gesund, das aber kann überhaupt nur möglich sein, wenn der Erbgang rezessiv wäre. Daher ist eine X-chromosomale Vererbung auszuschließen. Ein autosomal rezessiver Erbgang kann eigentlich auch nicht vorliegen. Die Symptom-träger müssten auf jeden Fall homozygot in Bezug auf das Merkmal sein, sonst hätten sie keine Symptome (ein krankes rezessives Allel wird durch ein gesundes dominantes kom-pensiert). Und wenn sicher ist, dass in den Familien der Personen 3,6 und 10 niemals das Krankheitsbild aufgetreten ist, sollte man davon ausgehen, dass diese Personen das kranke Allel überhaupt nicht besitzen. Dies aber wäre Voraussetzung, dass die Personen 3 und 4 sowie 6 und 7 überhaupt kranke Nachkommen haben, denn diese müssten ja wieder homozygot in Bezug auf das Merkmal sein, das kranke Allel also von beiden Eltern geerbt haben, was nach den vorliegenden Angaben nicht wahrscheinlich ist. Ein autosomal rezessiver Erbgang ist also ebenfalls weitgehend auszuschließen. II.2 Für eine mitochondriale Vererbung sprechen folgende Indizien:

Mitochondrien spielen auf jeden Fall eine Rolle beim MERRF-Syndrom, denn wie aus Material A hervorgeht, wurden beim MERRF-Kranken defekte Mitochondrien gefunden, wobei die Krankheit erst auffällig wird, wenn der Anteil der defekten Mitochondrien im Gewebe mindestens 50 % beträgt.

Mitochondrien besitzen eine eigene DNA, eigene Ribosomen und eigene Proteine und sie vermehren sich unabhängig vom Zellzyklus (Material D). In der mitochondrialen DNA können Mutationen entstehen, die dann bei der Teilung der Mitochondrien weitergegeben werden, sodass neben intakten auch defekte Mitochondrien gebildet werden. Da bei der Zellteilung die Mitochondrien zufällig auf die Tochterzellen verteilt werden (Material A), erklärt sich daraus die Tatsache, dass bei MERRF-Kranken in unterschiedlichem Verhältnis intakte und defekte Mitochondrien nebeneinander gefunden werden (Heteroplasmie).

Mitochondrien sind besonders zahlreich in der Skelettmuskulatur (insbesondere der Arme und Beine) sowie im Gehirn und im Herz (Material D). Das erklärt sich daraus, dass Mitochondrien als „Kraftwerke der Zelle“ für die Bereitstellung von Energie aus dem oxidativen Abbau (Atmungskette) zuständig sind und die betreffenden Gewebe einen sehr hohen Energiebedarf haben, den sie vorwiegend bis ausschließlich (Herz, Gehirn) aus dem oxidativen Abbau decken. MERRF-Kranke haben vor allem Probleme mit der Muskulatur (ausgefranste rote Muskelfasern und insgesamt wenig Muskel-gewebe, das sich weich anfühlt, Material A und B). Außerdem haben sie neurologische Probleme (Muskelkrämpfe, Material A) und sie haben Probleme mit der (ausreichenden) Energiebereitstellung für jedwede Muskelarbeit (Material B). Diese Symptome sind mit einem mitochondrialen Defekt sehr gut in Einklang zu bringen.

Aus allen Verbindungen, in denen die Mütter erkrankt waren, gehen ausschließlich kranke Nachkommen hervor. Aus Material D ist zu entnehmen, dass die Eizelle Tausende von Mitochondrien besitzt, das Spermium jedoch nur weniger als 50. Und diese wenigen Mitochondrien kommen bei der Befruchtung nicht in die Eizelle, da sie im Halsteil des Spermium sitzen, bei der Befruchtung jedoch nur der Kopf des Sper-miums in die Einzelle dringt. Sind die Mitochondrien der Eizelle defekt, wird dies in jedem Fall auf alle Nachkommen vererbt, denn ein maternaler Erbgang folgt nicht den mendelschen Regeln. Ob die Krankheit dann auffällig wird oder nicht, hängt nur noch vom Anteil der defekten Mitochondrien in den betroffenen Geweben ab (Material A) und diese werden ungleichmäßig auf die Gewebe des Embryos verteilt, da die Verteilung der Mitochondrien bei der Zellteilung zufällig erfolgt.

II.3 Bei der Translation werden die Basentripletts der mRNA in die Aminosäuresequenz übersetzt und die entstehenden Aminosäuren in der vorgegebenen Reihenfolge aneinander geknüpft. Die Translation findet an den Ribosomen statt und für die „Anlieferung“ der jeweils richtigen Aminosäure sorgt die tRNA. Für jedes mögliche Basentriplett gibt es eine passende tRNA, die am einen Ende ein dem Codon der mRNA entsprechendes Basentriplett trägt, das

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Anticodon. Am anderen Ende der tRNA wird bei Bedarf die dazu passende Aminosäure angehängt. Dies wird katalysiert durch das Enzym Aminoacyl-tRNA-Synthetase. Dieses Enzym hat eine sehr hohe Substratspezifität. Die eindeutige Zuordnung der tRNA wird durch die Komplementarität von Codon und Anticodon gewährleistet. Ein Ribosom besteht aus zwei Untereinheiten, von denen die kleinere Untereinheit die mRNA gebunden wird, während die größere Untereinheit die katalytische Aktivität für die Ausbildung der Peptidbindung zur Verfügung stellt. Sie besitzt drei Bindungsstellen für die tRNA (A, P und E-Stelle), wobei immer zwei Bindungsstellen besetzt sind. An ein mRNA-Molekül lagern sich immer mehrere Ribosomen an, sodass immer zeitgleich mehrere Polypeptide synthetisiert werden. Diese Komplexe aus mehreren nebeneinander liegenden Ribosomen werden als Polysomen bezeichnet. Die wachsende Polypeptidkette beginnt schon am Ribosom damit, sich zur Sekundär- und Tertiärstruktur zu falten. Die Translation wird in drei Phasen unterteilt, die Initiation, Elongation und Termination bezeichnet werden: 1. Initiation: Die Bildung des Initiationskomplexes wird durch das Startcodon AUG initiiert.

Hierbei vereinigen sich mRNA, die erste tRNA (beladen mit Methionin) sowie die Unter-einheiten des Ribosoms. Dabei ist die Met-tRNA an der Peptidylbindungsstelle (= P-Stelle) lokalisiert, das ist die mittlere der Bindungsstellen.

2. Elongation: An der Aminoacyl-Bindungsstelle (= A-Stelle) kommt es zur Codon-Anti-codon-Paarung zwischen mRNA und tRNA. Von der tRNA auf der P-Stelle (im ersten Durchgang Met) wird der Aminosäurerest (später die wachsende Peptidkette) auf die Aminosäure der tRNA in der A-Stelle übertragen (Peptidyltransfer). Dann kommt es zur Translokation, d. h. die neu beladene Peptidyl-RNA rückt mit der mRNA von der A-Stelle ein Triplett weiter auf die P-Stelle und die vorher entladene tRNA rückt auf die E-Stelle, wo sie wieder freigegeben wird. Nun wird die frei gewordene A-Stelle durch die nächste tRNA besetzt und ein neuer Zyklus der Elongation beginnt.

3. Termination: Kommt eines der Stoppcodons (UAA, UAG, UGA) an die A-Stelle, dann wird die Proteinsynthese abgebrochen, das gebildete Protein freigesetzt und die Unter-einheiten des Ribosoms trennen sich wieder.

Wie aus Material E Abb. 3 und 4 hervorgeht, liegt beim MERRF-Syndrom eine Punktmuta-tion der mitochondrialen DNA vor, die für die tRNA für Lysin codiert. Hierbei ist ein Adenin durch ein Guanin ersetzt. Die Folge ist, dass die tRNA für Lysin funktionsunfähig ist und die Folge davon ist, dass bei der Proteinbiosynthese (die Mitochondrien haben eine eigene Pro-teinbiosynthese) in die Proteine kein Lysin eingebaut wird. Dadurch werden die Proteine je-doch verändert bzw. unvollständig und zwar umso mehr, je höher der Lysinanteil im Protein ist. Dies geht aus der Abb. 5 hervor, in welcher der Anteil vollständiger Proteine in Prozent in Abhängigkeit von der Anzahl der Lysin-Bausteine im fertigen Protein aufgetragen ist. Die Er-gebnisse entstammen den Mitochondrien eines MERRF-Kranken und der Anteil in Prozent vollständigen Proteins wird verglichen mit dem Anteil an vollständigen Proteinen eines Ge-sunden. Hierbei zeigt sich, dass der Ausfall der Lysin-Bausteine verheerende Folgen hat. Bereits bei etwa zwei Lysinbausteinen (Protein: NADH-Dehydrogenase 6) führt der Defekt dazu, dass nur noch etwa 60 % der gebildeten Proteine vollständig sind, bei etwa drei Lysin-bausteinen sind nur noch 30 % vollständig (dies betrifft z. B. die Cytochrom-C-Oxidase III und die NADH-Dehydrogenase 3) und bei zehn Lysinbausteinen im Proteinmolekül (Cyto-chrom-C-Oxidase I) sind nur noch 10 % der gebildeten Proteine vollständig. Bei Proteinen, die noch mehr Lysin-Bausteine enthalten geht der Anteil der vollständigen Proteine gegen Null. Die betroffenen Enzyme, im Wesentlichen NADH-Dehydrogenasen und Cytochrom-C-Oxidasen, sind wichtige Enzyme der Atmungskette und damit essentiell für die Energie-bereitstellung im Organismus. Dies erklärt auch die in Material B geschilderten Symptome. II.4

Den Brüdern der Mutter kann gesagt werden, dass sie bedenkenlos eigene Kinder be-kommen können, selbst wenn sie selber vom MERRF-Syndrom betroffen sein sollten. Dies aus dem Grund, dass hier aufgrund der mitochondrialen Vererbung ein rein ma-ternaler Erbgang vorliegt und Männer die Krankheit nicht weiter vererben können.

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Bei den Schwestern der Mutter sollte vor der genetischen Beratung nach Anzeichen der Erkrankung gesucht werden: Muskelbiobsie mit Suche nach Cytochrom-C-Oxi-dase-negativen Muskelfasern und Aussehen der Muskelfasern (ragged-red muscle fibers), Laktatwerte im Blut (denn wenn der oxidative Energiestoffwechsel gestört ist, läuft die Energiegewinnung verstärkt über anaerobe Glykolyse höhere Laktat-produktion). Unabhängig von der Schwere der Erkrankung bei den Schwestern sollte ihnen Folgendes mitgeteilt werden: - der Nachweis der Erkrankung, v. a. in leichten Fällen ist schwierig, da Heteroplasmie vorliegt, also verschiedene Gewebe unterschiedlich stark betroffen sind. - der Erbgang ist maternal, d. h., wenn die Frau betroffen ist, vererbt sie die Krankheit. - Die Heteroplasmie durch die zufällige Verteilung der Chromosomen bei Zellteilungen macht die Einschätzung schwer, wie hoch das Risiko für die Nachkommen jeweils ist. Das Ausmaß der Erkrankung bei der Mutter lässt letztendlich keine Rückschlüssen darauf zu, wie sie bei ihren Kindern zum Ausbruch kommen wird. - Eine pränatale Diagnostik ist wenig aussagekräftig, da infolge der Heteroplasmie in den verschiedenen Geweben unterschiedliche Anteile an mutierter mitochondrialer DNA vorhanden sind. Es ist also sowohl bei der Chorionzottenbiopsie als auch bei der Amniozentese vom Zufall abhängig, ob mutierte DNA gefunden wird oder nicht und dies lässt keine verlässliche Aussage darüber zu, ob und wie stark der Fötus von der Mutation betroffen ist. -Entscheiden sich die Schwestern dafür, auch bei bestehendem Risiko eigene Kinder zu bekommen, sollten sie über Möglichkeiten der Früherkennung informiert werden bzw. auch den zuständigen Arzt über ihr Risiko informieren, damit notwendige medi-zinische Behandlungen möglichst frühzeitig einsetzen können.

III. Aufgabe III: Eine Lebensgemeinschaft von Ameisen und Ameisenpflanzen III.1 In Tabelle 1 von Material A ist das Verhalten von Ameisen gegenüber Fressfeinden der von den Ameisen besiedelten Pflanze dargestellt und gegenüber den von der Pflanze produ-zierten Futterkörperchen. Es zeigt sich, dass die Ameisen sowohl die Eier von Insekten (die schlüpfenden Larven könnten die Pflanze befressen) als auch Raupen fast vollständig, nämlich zu 90 % bzw. 80,5 % von der Pflanze durch Beißen vertreiben, wobei beide keine Nahrungsquelle für die Ameisen darstellen. Die Ameisen handeln hier also vordergründig im Interesse der Pflanze. Gleiches gilt im Übrigen für das Kappen der Ranken von Schling-pflanzen. Auch diese sind keine Nahrungsquelle für die Ameise, könnten jedoch „ihre“ Pflanze gefährden, indem sie sie zuwuchern. Die von der Pflanze produzierten Futterkörper-chen hingegen werden von den Ameisen gefressen. Aus Tabelle 2, Material A geht nun hervor, dass die Zusammensetzung und der Energie-gehalt der von verschiedenen Ameisenpflanzen produzierten Futterkörperchen einen Einfluss darauf hat, ob die Ameisen eine Pflanze dauerhaft besiedeln (obligate Ameisen-pflanze) oder sie nur zum Nahrungserwerb besuchen (fakultative Ameisenpflanze). Die Tabelle zeigt die Gehalte an Kohlenhydraten, Proteinen und Lipiden (in mg/g Frischgewicht) sowie den Energiehalt (in kJ/g Frischgewicht) von fünf verschiedenen Pflanzenarten und den Charakter der Vergesellschaftung zwischen Ameise und Pflanze. Die Ergebnisse zeigen, dass insbesondere der Proteingehalt ausschlaggebend dafür ist, ob die Pflanze eine obligate oder eine fakultative Ameisenpflanze ist. Alle obligaten Pflanzen zeigen einen Proteingehalt, der den 2,5- bis 3,5-fachen Wert der fakultativen Pflanzen hat. In zweiter Linie scheint der Lipidgehalt eine Rolle zu spielen, denn die obligaten Pflanzen haben deutlich höhere Lipidgehalte als die fakultativen. Die Unterschiede sind recht groß, ein relativ niedrigerer Lipidgehalt bei Macaranga hosei scheint durch den im Vergleich höheren Gehalt an Proteinen ausgeglichen zu werden. Zwar spielt die Höhe des Energiegehalts, der im Wesentlichen durch den Anteil an Lipiden bestimmt wird, auch eine Rolle, denn die Pflanzen

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mit dem höheren Energiegehalt sind die obligaten Pflanzen. Doch bleibt der Anteil an Proteinen (die ja eigentlich einen niedrigeren Brennwert haben als Kohlenhydrate und Lipide) der ausschlaggebende Faktor. Der Anteil an Kohlenhydraten spielt für die Dauerbesiedlung offensichtlich keine Rolle, da die fakultativen Pflanzen höhere Kohlenhydratgehalte haben als die obligaten Pflanzen. Abb. 1 aus Material B zeigt die Ergebnisse eines Versuches, in dem während eines Jahres das relative Blattwachstum bzw. der relative Blattverlust durch pflanzenfressende Insekten an Pflanzen untersucht wurde. Dabei wurden 17 Pflanzenpaare aus miteinander vergleich-baren Pflanzen untersucht, von denen die eine Pflanze von Ameisen besiedelt ist und die andere nicht. Die Ergebnisse zeigen, dass bei den von Ameisen besiedelten Pflanzen 12 von 17 über den Versuchszeitraum einen Zuwachs an Blattfläche zeigen, während bei den nicht besiedelten Pflanzen 15 von 17 einen relativen Blattflächenverlust durch Verzehr aufweisen. Eine zuvor ameisenfreie Pflanze, die während des Versuchs durch Ameisen besiedelt wurde, zeigt ebenfalls einen Zuwachs an Blattfläche, der einem relativen Blattwachstum in der Größenordnung von 150 % entspricht. Die Werte für das relative Blattwachstum bei den besiedelten Pflanzen sind sehr unterschiedlich die höchsten Werte liegen bei 400 % (1 Individuum) bzw. 250 % (2 Individuen) und 160 % (2 Individuen), der Rest schwankt um die 50 % relatives Blattwachstum. Fünf besiedelte Pflanzen zeigen einen relativen Blattflächen-verlust, der jedoch mit Werten für den relativen Blattflächenverlust um -10 % bis -50 % deutlich geringer ist, als derjenige bei den unbesiedelten Pflanzen. Hier schwanken die Werte für den relativen Blattflächenverlust um -100 %. Die Ergebnisse zeigen insgesamt, dass sich die Besiedlung mit Ameisen sehr positiv auf das relative Blattwachstum der besiedelten Pflanzen auswirkt. Besiedelte Pflanzen zeigen in diesem Versuch nur bei knapp 30 % der Individuen einen relativen Blattverlust und der ist dann im Vergleich zu nicht besiedelten deutlich geringer. In Abb. 2 von Material B ist die Abhängigkeit der Größe von Ameisenkolonien von dem Vorhandensein bzw. Fehlen der Futterkörperchen aufgetragen. Angegeben werden jeweils die mittlere Individuenzahl und die Altersstruktur, wobei differenziert wird zwischen adulten Ameisen sowie den einzelnen Entwicklungsstadien Eier, Larven und Puppen. Verglichen wurde eine Kontrollgruppe (ohne Manipulation der Pflanze) mit einer Gruppe, bei der die Ameisenpflanzen zur Bildung zusätzlicher Futterkörperchen angeregt wurden sowie mit einer Gruppe, bei der die Bildung der Futterkörperchen bei den Pflanzen unterdrückt wurde. Bei Anregung der Bildung der Futterkörperchen ist die Zahl der Individuen in den Ameisen-populationen deutlich gestiegen (mittlere Individuenzahl 1800 gegenüber 1400 in der Kon-trollgruppe). Die Altersstruktur ist dabei im Vergleich zur Kontrollgruppe gleich geblieben: 50 % adulte Ameisen und 50 % Entwicklungsstadien, wobei die Verteilung der drei Stadien auf die 50 % gleichmäßig ist, also je ein Drittel Eier, Larven und Puppen. Offensichtlich ist die Fortpflanzungsrate zwar gleichgeblieben, doch konnten sich mehr Eier erfolgreich bis zum adulten Tier entwickeln, sodass die Individuenzahl insgesamt anstieg. Wurden die Futterkörperchen entfernt, so zeigt sich ein anderes Bild: Die mittlere Indivi-duenzahl ist auf 800 gesunken (Kontrollgruppe 1400) und auch die Altersstruktur hat sich verändert: Hier nehmen die verschiedenen Entwicklungsstadien nur noch ein Drittel der Gesamtindividuenzahl ein, d. h. die Fortpflanzungsrate ist deutlich gesunken und der Zu-wachs an Individuen liegt unter der Sterberate, sodass auch die Zahl der adulten Ameisen und damit die Gesamtindividuenzahl abnimmt. Die Futterkörperchen als Nahrungsquelle scheinen demnach einen direkten Einfluss auf den Fortpflanzungserfolg der Ameisen zu haben. III.2 Um die Frage zu beantworten muss man prüfen, ob die verschiedenen Bedingungen erfüllt sind, damit die Lebensgemeinschaft zwischen Ameisen und Ameisenpflanzen als Symbiose bezeichnet werden kann.

1. Bedingung: „Beziehung zwischen artverschiedenen Lebewesen“. Diese Bedingung ist auf jeden Fall erfüllt, zumal die beiden Partner der Lebensgemeinschaft sogar verschiedenen Reichen zugehören, die Ameisen den Tieren und die Ameisenpflanzen eben den Pflanzen.

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2. Bedingung: „Beziehung ..., die für beide Partner vorteilhaft ist“. Von einem Vorteil kann man jedoch nur dann sprechen, wenn der Nutzen den Aufwand überwiegt. Der Nutzen der Ameisenpflanzen liegt darin, dass die Ameisen sie durch Entfernen der Insekteneier und der Raupen vor Fressfeinden schützen und zudem noch vor Konkurrenten um Licht und Nährstoffe, indem die Ameisen die Ranken von Schling-pflanzen kappen, wenn sie die Ameisenpflanze berühren. Der Aufwand, den die Ameisenpflanzen betreiben müssen besteht darin, dass sie Nährstoffe, wie Tabelle 2 zeigt, insbesondere Proteine und Lipide, abzweigen müssen, um sie den Ameisen zur Verfügung zu stellen. Denn nur so bringen sie die Ameisen dazu, sie zu besiedeln und vor Fressfeinden und Konkurrenten zu schützen. Der Vorteil der obligaten Ameisenpflanzen besteht nun darin, dass ihr relatives Blattwachstum durch die Besiedlung mit Ameisen gefördert wird (Material B, Abb. 1). Sie sind kräftiger und können mehr Nährstoffe produzieren, der Nutzen überwiegt also den Aufwand. Der Nutzen der Ameisen liegen darin, dass die Ameisenpflanzen ihnen mit den Futterkörperchen und dem extrafloralen Nektar hochwertige Nährstoffe in genügender Menge zur Verfügung stellen, welche die Ameisen zudem ohne großen Aufwand „ernten“ können. Der Aufwand der Ameisen besteht darin, dass sie Fressfeinde der Pflanze abwehren und zudem die Ranken der Schlingpflanzen kappen, Tätigkeiten, für die sie Energie aufwänden müssen. Dagegen ist ein Vorteil der Ameisen, dass sie bei Besiedlung der Ameisenpflanzen wenig Aufwand mit der Nahrungssuche haben, da ihnen energiereiche Nahrung in Form der Futterkörperchen praktisch „auf dem Silber-tablett“ präsentiert wird. Der Vorteil der guten Versorgung mit Nährstoffen zeigt sich in den Ergebnissen von Versuch 4 (Material B, Abb. 2), denn die zeigen, dass die Ver-sorgung mit Futterkörperchen sich direkt auf den Fortpflanzungserfolg der Ameisen auswirkt und dass der Aufwand durch den Nutzen übertroffen wird. Diese Betrachtungen gelten für die Lebensgemeinschaft zwischen Ameisen und obligaten Ameisenpflanzen. Bei der Beziehung zwischen Ameisen und fakultativen Ameisenpflanzen sieht die Aufwand-Nutzen-Betrachtung anders aus: Fakultative Ameisenpflanzen bieten weniger nährstoffreiche Fruchtkörperchen, sind aber auch nicht vor Fressfeinden und Konkurrenten wie die Schlingpflanzen geschützt. Die sie besuchenden Ameisen betreiben zwar keinen Aufwand für die Abwehr von Insekten-eiern und -larven sowie Schlingpflanzen, bekommen aber weniger nährstoffreiche Nahrung und müssen zudem mehr Aufwand zur Nahrungsbeschaffung betreiben, da sie die Pflanze erst aufsuchen müssen. Hier liegt der Verdacht nahe, dass Aufwand und Nutzen sich höchstens die Waage halten und daher die Partner dieser Beziehung nicht unbedingt Vorteile haben. Zumindest müsste im Einzelfall geprüft werden, ob die Bedingung, dass beide Partner Vorteile haben, wirklich erfüllt ist. Darüber geben auch die vorliegenden Materialien keine Auskunft.

3. Bedingung: „Beziehung ..., die ... durch enges räumliches Zusammenleben gekenn-zeichnet ist“. Dies trifft nur für das Zusammenleben von Ameisen und obligaten Amei-senpflanzen zu, nicht aber für die Beziehung zwischen Ameisen und fakultativen Pflan-zen, da Letztere von den Ameisen nur zum Nahrungserwerb aufgesucht werden.

Fazit: Nur die Lebensgemeinschaft zwischen Ameisen und obligaten Ameisenpflanzen erfüllt demnach alle drei Bedingungen einer Symbiose und ist daher als solche anzusehen. III.3 Die Abbildungen in Material D zeigen Ergebnisse eines Experimentes, in dem 30 von Amei-sen besiedelte Ameisenpflanzen sechs Wochen lang alle vier Tage mit Jasmonsäure be-sprüht, durch Fraß oder durch Nadelstiche geschädigt wurden.

Abb. 3 zeigt die Nektarproduktion von Macaranga tanarius in Abhängigkeit von ver-schiedenen Behandlungen: Besprühen mit Jasmonsäure, Insektenfraß, Anstechen der Blätter mit einer Nadel, Besprühen mit Lösungsmittel, ohne Behandlung (Kontrolle). Dabei zeigt sich, dass die Nektarproduktion besonders stark durch Jasmonsäure (etwa 590 % Zunahme der relativen Nektarmenge) und durch künstliche Beschädigung (etwa 550 % Zunahme der relativen Nektarmenge) angeregt wird. Fraß durch Insekten bringt eine relative Nektarzunahme von 200 %, also gut ein Drittel der durch Jasmonsäure

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oder Nadelstiche induzierten Zunahme. Die Kontrollbäume und auch die nur mit Lösungsmittel besprühten Bäume zeigten keinerlei Veränderung der Nektarmenge.

Abb. 4 zeigt die Abhängigkeit des Ausmaßes von Fraßschäden (in % Blattfläche) von der Behandlung der Bäume mit Nadelstichen (mechanische Schädigung) bzw. Jas-monsäure. Während bei der (unbehandelten) Kontrolle die Fraßschäden bei rund 8,5 % liegen, nehmen sie bei Behandlung mit Jasmonsäure auf weniger als 1 % ab und bei Hervorrufen künstlicher Schäden auf ungefähr 1 %. Hier ist also sowohl durch künstliche Schädigung als auch durch Jasmonsäurebehandlung eine drastische Ab-nahme der Fraßschäden zu verzeichnen, wobei die Jasmonsäurebehandlung geringfü-gig wirksamer scheint.

Abb. 5 zeigt die Anzahl von nektarsuchenden Insekten sowie von räuberischen Insek-ten auf Pflanzen, die mit Jasmonsäure behandelt wurden, im Vergleich mit unbehan-delten Kontrollpflanzen. Hierbei zeigt sich, dass vor allem die Anzahl nektarsuchender Insekten nach Behandlung mit Jasmonsäure stark zunimmt, etwa auf das 9fache der Anzahl auf den Kontrollpflanzen. Aber auch die Anzahl der räuberischen Insekten nimmt deutlich zu nach Behandlung mit Jasmonsäure, etwa auf das 4,5fache der An-zahl auf den Kontrollpflanzen. Dies steht in Einklang mit den Ergebnissen, die in Abb. 3 dargestellt sind, nämlich dass durch Behandlung mit Jasmonsäure die Nektarproduk-tion der Pflanzen stark angeregt wird. Dies wiederum lockt verstärkt nektarsuchende Insekten (z. B. Ameisen) an. Diese sind in der Kontrollgruppe nur in sehr geringer Zahl vorhanden, da kein oder wenig Blattnektar auf der Pflanze ist. Die räuberischen Insekten werden angelockt, weil die Jasmonsäure ihnen signalisiert, dass pflanzenfressende Insekten und damit Beute auf der Pflanze zu finden sind, denn auch Insektenfraß induziert die Bildung von Jasmonsäure (Abb. 3). Die Zunahme ist nur etwa halb so hoch wie bei den nektarsuchenden Insekten, was nicht zuletzt auch daran liegt, dass die Anzahl räuberischer Insekten in der Kontrollgruppe von vorne-herein höher war. Vermutlich deshalb, weil es immer irgendwelche Beutetiere auf der Pflanze gibt, die sie erbeuten können. Die räuberischen Insekten haben für die Pflanze die Funktion von Schutzinsekten.

Abb. 6 zeigt, wie die Blattnektar-Produktion von Ameisenpflanzen reguliert wird: Ohne Schadinsekten ist die relative Menge an Jasmonsäure und an Nektar verhältnismäßig gering. Sobald in diesem Beispiel Raupen beginnen, die Pflanze zu befressen, steigt die Jasmonsäureproduktion stark an (geschätzt auf das Drei- bis Vierfache). Als Folge steigt die Nektarproduktion extrem stark an (geschätzt auf das siebenfache) und auch die Produktion von Futterkörperchen nimmt stark zu. Die Zunahme an Blattnektar und Futterkörperchen wiederum lockt verstärkt Ameisen an, welche die Zahl der Raupen vermindern, indem sie sie vertreiben. Die Pflanze beginnt parallel neue Knospen zu bil-den. Sobald die Raupen weg sind, sinken zuerst die Jasmonsäurekonzentration und die Zahl der Futterkörperchen sowie nachfolgend die Menge an Blattnektar und die Zahl der Ameisen, bis der Ausgangswert wieder erreicht ist. Die Zahl der neugebilde-ten Knospen nimmt zu. Dies zeigt, dass erhöhter Fraßdruck die Produktion von Blattnektar anregt, wobei Jasmonsäure eine Schlüsselfunktion im Hinblick auf das Auslösen der erhöhten Blattnektarproduktion hat. Die biologische Funktion ist eindeutig: Die Pflanze lockt bei Befall durch Fraßinsekten über die vermehrte Produktion von Blattnektar und Futterkörperchen nektarsuchende Insekten (in diesem Beispiel Ameisen) an und zusätzlich mit der vorher gebildeten Jasmonsäure auch noch räuberische Insekten (Abb. 5). Sowohl nektarsuchende als auch räuberische Insekten vertreiben bzw. fressen die Fraßinsekten und schützen so die Pflanze vor größeren Schäden. Die Pflanze muss zwar einen gewissen Aufwand betreiben, indem sie Jasmonsäure, Blattnektar und Futterkörperchen produziert, hat jedoch einen großen Nutzen, denn der Schaden durch Fraßinsekten kann kontrolliert werden. Darüber hinaus ist sie dann wieder in der Lage durch Bildung neuer Knospen wieder Blätter zu bilden, die ihrerseits wieder Nährstoffe bilden und dadurch der Pflanze helfen, die Fraßschäden auszugleichen und ihr weiteres Wachstum ermöglichen.

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Die hier abgedruckten Lösungsvorschläge sind nicht die amtlichen Lösungen des zuständigen Kultusministeriums. Impressum: Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, vorbehaltlich der Rechte die sich aus den Schranken des UrhG ergeben, nicht gestattet. © Dudenverlag, Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, Mannheim 2008 Redaktionelle Leitung: Simone Senk Redaktion: Christa Becker Autor: Elke Schindler


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