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Beton-Kalender 2010 Einstiegsseite · den Nachweis in Abschnitt 3.5.7.3 erla¨utert wer-den. R d...

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Beton-Kalender 2010 Schwerpunkte: Brücken, Betonbau im Wasser Herausgeber: Konrad Bergmeister, Johann-Dietrich Wörner, Frank Fingerloos Copyright © 2009 Ernst & Sohn, Berlin ISBN: 978-3-433-02931-2 Wilhelm Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG Rotherstraße 21, 10245 Berlin Deutschland www.ernst-und-sohn.de Probekapitel
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Page 1: Beton-Kalender 2010 Einstiegsseite · den Nachweis in Abschnitt 3.5.7.3 erla¨utert wer-den. R d ist der Bemessungswert des Tragwiderstands. Dieser ha¨ngt prima¨r von den Bemessungswerten

Beton-Kalender 2010 Schwerpunkte: Brücken, Betonbau im Wasser Herausgeber: Konrad Bergmeister, Johann-Dietrich Wörner, Frank Fingerloos Copyright © 2009 Ernst & Sohn, Berlin ISBN: 978-3-433-02931-2 Wilhelm Ernst & Sohn

Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG Rotherstraße 21, 10245 Berlin Deutschland www.ernst-und-sohn.de

Probekapitel

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system ausgebildet war, wirkt nunmehr als Durch-lauftrager. Dafur wird das Durchlauftragersystemin der Regel durch nachtraglich einzuziehendeSpannglieder zusatzlich vorgespannt. Durch dieSchnittgroßenumlagerungen infolge Kriechensund Schwindens des Betons gleichen sich die Ge-samtschnittgroßen im Laufe der Zeit stark demDurchlauftragersystem als Eingusssystem an.

Weitere Hinweise zur Bemessung und Konstruk-tion von Fertigteilbrucken enthalt Abschnitt 3.8.

3 Bemessung und Konstruktionvon Betonbruckennach DIN-Fachbericht 102

3.1 Grundlagen fur die Tragwerksplanung

3.1.1 Grundlegende Anforderungen

Den neuen, europaischen Normen liegt das semi-probabilistische Sicherheitskonzept zugrunde.Die Bemessung erfolgt nach der Methode der

Grenzzustande unter Verwendung von charakte-ristischen Werten, Teilsicherheitsbeiwerten undKombinationsbeiwerten. Zusatzlich zu den Nach-weisen in den definierten Grenzzustanden derTragfahigkeit (GZT) und Gebrauchstauglichkeit(GZG) mussen die Regeln fur die konstruktiveDurchbildung der Bauteile sowie Anforderungenan die Dauerhaftigkeit beachtet werden.

3.1.2 Grenzzustande der Tragfahigkeit

Die Grenzzustande der Tragfahigkeit grenzen diesicheren bzw. akzeptierten Bereiche von denjeni-gen, die als Versagen eingestuft werden, ab. DerGrenzzustand der Tragfahigkeit steht im Zusam-menhang mit dem Verlust der Tragsicherheit einesganzen Tragwerks oder eines Bauteils. Zu denGrenzzustanden der Tragfahigkeit gehoren dieNachweise gegen Bruchzustande, Nachweisenach Theorie II. Ordnung fur schlanke Druckglie-der, Nachweise gegen Versagen ohne Vorankundi-gung bei Verlust des inneren Tragwiderstands so-wie Nachweise gegen Ermudung, wobei dasNachweisformat wie folgt definiert ist:

Ed JRd (1)

Dabei ist Ed der Bemessungswert der Beanspru-chung. In der Regel sind dies die Schnittgroßenin den einzelnen Querschnitten des Tragwerks in-folge der um die Teilsicherheitsbeiwerte vergro-ßerten charakteristischen Werte der Einwirkun-gen. Diese Teilsicherheitsbeiwerte haben vor al-lem die Aufgabe Modellunsicherheiten sowie diestatistischen Streuungen auf der Einwirkungsseiteabzudecken.

Der Bemessungswert der Beanspruchung Ed mussaus der maßgebenden Kombination der gleichzei-tig auftretenden Einwirkungen ermittelt werden.Dazu sind die nachfolgenden Kombinationennach DIN-Fachbericht 101 anzuwenden:

164 Entwurf, Bemessung und Konstruktion von Betonbrucken

Bild 59. Neubau einer Brucke uber die Autobahn,Verlegen und Ausrichten der Fertigteilbalken

a) standige und vorubergehende Situationen

Ed wEXjj1

gG,j � Gk,j � gP � Pk � gQ,1 � Qk,1 �Xii1

gQ,i � c0,i � Qk,i

( )(2)

b) außergewohnliche Situationen

EdA wEXjj1

gGA,j � Gk,j � gPA � Pk � Ad � c1,1 � Qk,1 �Xii1

�c2,i � Qk,i

( )(3)

c) Situationen infolge Erdbeben

EdAE wEXjj1

Gk,j � Pk � gl � AEd �Xij1

�c2,i � Qk,i

( )(4)

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Die standigen Situationen stehen fur die normalenNutzungsbedingungen des Tragwerks. Voruberge-hende Bemessungssituationen sind Bauzustande,das „Anheben zum Auswechseln von Lagern“und der „Ausbau eines externen Spannglieds“.Fur Letztere ist gemaß DIN-Fachbericht 101,Tab. 4.4 eine spezielle Lastgruppe infolge Verkehr(gr 6) anzusetzen.

Die außergewohnlichen Situationen umfassen imWesentlichen die Anpralllasten sowie den Nach-weis des Ankundigungsverhaltens bei einem Ver-lust des inneren Tragwiderstandes.

Erdbebennachweise fur Brucken werden inDeutschland derzeit nur in Einzelfallen und in Ab-stimmung mit der zustandigen Behorde gefuhrt.

Fur die Nachweise gegen Ermudung gelten an-dere Kombinationsregeln, die beim entsprechen-den Nachweis in Abschnitt 3.5.7.3 erlautert wer-den.

Rd ist der Bemessungswert des Tragwiderstands.Dieser hangt primar von den Bemessungswertender Materialfestigkeiten und den geometrischenQuerschnittsabmessungen ab. Die Teilsicherheits-beiwerte fur die Materialfestigkeiten decken imWesentlichen deren statistische Streuungen sowieModellunsicherheiten auf der Widerstandsseiteab. Die geometrischen Abmessungen werdeni. Allg. mit ihren planmaßigen Werten, d. h. ohneBerucksichtigung von Abweichungen eingefuhrt.

Die Bemessungswerte der Materialfestigkeiten er-geben sich durch Division der charakteristischenWerte mit dem jeweiligen Teilsicherheitsbeiwert.

Der Bemessungswert des Tragwiderstands Rd istin Abhangigkeit vom Verfahren der Schnittgro-ßenermittlung zu ermitteln.

Linear-elastische Berechnung der Schnittgroßen:

Rd wR a � fck

gc

;fyk

gs

;ftk,cal

gs

;fpo,1k

gs

;fpk

gs

� �(5)

Nichtlineare Verfahren der Schnittgroßenermitt-lung:

Rd w1

gR

R fcR;fyR;ftR;fp0,1R;fpR

� �(6)

Fur den Nachweis der Lagesicherheit des Trag-werks als weiteren Grenzzustand der Tragfahig-keit, gilt das folgende Nachweisformat:

Ed,dst JEd,stb (7)

Dabei ist der Bemessungswert der destabilisieren-den Einwirkung Ed,dst dem Bemessungswert derstabilisierenden Einwirkung Ed,stb gegenuberzu-stellen. Sind dabei die Ergebnisse empfindlich ge-

gen Schwankungen der Große einer standigenEinwirkung, so sind die ungunstigen und gunsti-gen Anteile dieser standigen Einwirkungen je-weils als eigenstandige Einwirkungen zu betrach-ten, wobei dem gunstigen Anteil gG,inf w 0,95und dem ungunstigen Anteil gG,sup w 1,05 zuge-ordnet wird.

Anwendungen sind beispielsweise der Nachweisder Sicherheit gegen Abheben bei Lagern undder Bauzustand des Waagebalkens beim Freivor-bau, etc.

3.1.3 Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit

Die Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeitbetreffen im Wesentlichen das Verhalten der Bau-werke unter den Beanspruchungen des normalenGebrauchs in Bezug auf die Durchbiegungen unddie Rissbildung. Dagegen spielt das Schwin-gungsverhalten bei Straßenbrucken in Betonbau-weise aufgrund der großen Steifigkeiten i. Allg.keine Rolle.

Besonderer Beachtung bedurfen Grenzzustandeder Gebrauchstauglichkeit, bei deren �berschrei-tung mit Schaden zu rechnen ist, welche dieDauerhaftigkeit und bei unterlassener Instandset-zung im Laufe der Zeit die Tragfahigkeit beein-trachtigen konnen (z. B. Begrenzung der Rissbrei-ten). Daher sind diese Nachweise insbesondere beiSpannbetonbrucken von großer Bedeutung.

Bei �berschreitung der Grenzzustande der Ge-brauchstauglichkeit sind die festgelegten Krite-rien fur das Verhalten eines Tragwerks unter einerdefinierten Einwirkungskombination nicht mehrerfullt.

Das Nachweisformat ist wie folgt definiert:

Ed JCd (8)

Dabei ist Ed der Bemessungswert der Auswirkungund Cd der Bemessungswert der Grenze desGebrauchstauglichkeitskriteriums. Beispielsweisedarf die Spannung/Rissbreite (Ed) unter einer defi-nierten Einwirkungskombination einen zulassigenGrenzwert fur die jeweilige Große (Cd) nicht uber-schreiten.

Der Bemessungswert der Beanspruchung Ed mussaus der Kombination der unabhangigen, gleichzei-tig auftretenden Einwirkungen ermittelt werden.Hierfur enthalt DIN-Fachbericht 101 die folgen-den Einwirkungskombinationen:

x Seltene (charakteristische) Kombination

Ed,rare wEXjj1

Gk,j � Pk � Qk,1 �Xii1

c0,i � Qk,i

( )

(9)

165Bemessung und Konstruktion von Betonbrucken nach DIN-Fachbericht 102

III

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166 Entwurf, Bemessung und Konstruktion von Betonbrucken

x Nicht-haufige Kombination

Ed,in frequ wEXjj1

Gk,j � Pk � c1,1l � Qk,1 �Xii1

c1,i � Qk,i

( )(10)

x Haufige Kombination

Ed,frequ wEXjj1

Gk,j � Pk � c1,1 � Qk,1 �Xii1

c2,i � Qk,i

( )(11)

x Quasi-standige Kombination

Ed,perm wEXjj1

Gk,j � Pk �Xij1

c2,i � Qk,i

( )(12)

In diesen Kombinationsregeln sind die Teilsicher-heitsbeiwerte gG und gQ gleich 1,0 gesetzt. DieKombinationsbeiwerte c sind in Tab. C.2 desDIN Fachberichtes 101 enthalten.

3.1.4 Anforderungen an die Dauerhaftigkeit

Die Dauerhaftigkeit hat einen großen Einfluss aufden notwendigen Aufwand bei der Bauwerkser-haltung, die Tragsicherheit unter Einschluss desFaktors Zeit und damit die Nutzungsdauer einerBrucke. Einzelne Bauteile des Ausbaus wie Ab-dichtung und Belag, Entwasserung, Kappen sowiemechanische Bauteile (Lager, Fahrbahnuber-gange) etc. unterliegen dem naturlichen Ver-schleiß und mussen haufig vorzeitig ersetzt wer-den. Als besonders aggressive Einwirkung furden Beton und Stahl ist die Verwendung von Tau-salzen anzusehen. Kritisch sind Durchfeuchtun-gen des Konstruktionsbetons (Korrosion, Frost-wechsel). Hieraus folgt die entscheidende Bedeu-tung einer einwandfreien Abdichtung und Ent-wasserung fur die Dauerhaftigkeit.

Die Anforderungen an die Dauerhaftigkeit nachDIN-Fachbericht 102, II-4.1 beinhalten fur dasTragwerk aus Konstruktionsbeton im Wesentli-chen die Wahl einer geeigneten Betonzusammen-setzung, Mindestwerte fur die Betondeckung derBewehrung sowie die Begrenzung der Rissbreitenund den Nachweis der Dekompression.

Als dauerhaft gilt das Bauwerk, wenn es unter denvorgesehenen Nutzungsbedingungen wahrend dervorgesehenen Nutzungsdauer die Anforderungenhinsichtlich der Tragsicherheit und Gebrauchs-tauglichkeit bei einem angemessenen Instand-haltungsaufwand erfullt. Um eine angemesseneDauerhaftigkeit des Tragwerks aus Konstruk-tionsbeton sicherzustellen, mussen die Nachweisein den Grenzzustanden der Tragfahigkeit und Ge-brauchstauglichkeit sowie die konstruktiven Re-geln nach DIN-Fachbericht 102 erfullt sein. Zu-satzlich mussen Anforderungen an die Zusam-mensetzung und Eigenschaften des Betons be-

rucksichtigt werden. Neben den mechanischenBeanspruchungen sind auch die chemischen undphysikalischen Einflusse aus den Umgebungsbe-dingungen zu beachten.

Bei den meisten Schaden, die in der Vergangenheitan Betonbrucken festgestellt wurden, handelte essich um Dauerhaftigkeitsschaden. Ursachen wa-ren haufig unzulassig breite Einzelrisse und zu ge-ringe Betondeckungen. Fur den Korrosionsschutzder Bewehrung ist die Begrenzung der Rissbreiteauf zulassige Werte sowie vor allem die Qualitatder Betondeckung maßgeblich.

Die Korrosionsmechanismen im ungerissenen so-wie im gerissenen Beton und die maßgebendenEinflusse fur den Korrosionsablauf wurden in[13] erstmals von Schießl grundlegend zusammen-gestellt und veroffentlicht.

Danach hat sowohl bei karbonatisierungsinduzier-ten als auch bei chloridinduzierter Korrosion dieRissbreite im Bereich bis etwa 0,4 mm keinennachweisbaren Einfluss auf die Intensitat der Kor-rosion. Differenzierte Vorgaben an die Rissbreitevon Stahlbetonbauwerken sind von daher wissen-schaftlich nicht begrundbar. Von entscheidendemEinfluss fur den Korrosionsschutz der Bewehrungist die Qualitat der Betondeckung.

Bei karbonatisierungsinduzierter Korrosion fuh-ren Rissbreiten bis ca. 0,4 mm bei normgemaßerQualitat der Betondeckung nur zu sehr kleinenAbtragungsraten. Dagegen konnen bei chloridin-duzierter Korrosion auch bei sehr kleinen Riss-breiten sehr große Abtragungsraten entstehen.Ein Einfluss der Rissbreite ist dabei unter bau-praktischen Gesichtspunkten nicht vorhanden.

Besonders korrosionsgefahrdete Bauteile sindstark chloridbeaufschlagte horizontale Bauteile,bei denen Salzanreicherungen auftreten konnen.In Rissbereichen muss daher das Eindringen vonChloriden durch besondere Schutzmaßnahmenverhindert werden. Dies erfolgt bei Straßenbru-cken durch eine Abdichtung entsprechend den

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ZTV-ING. Zusatzlich muss durch ausreichendesOberflachengefalle und eine wirkungsvolle Ent-wasserung das Oberflachenwasser moglichstschnell abgefuhrt werden.

Wahrend bei Betonstahlen die Schadigung durchabtragende Korrosion erfolgt, kann bei den korro-sionsempfindlicheren Spannstahlen auch Span-nungsrisskorrosion hinzukommen. Durch eineentsprechende Zulassungsprufung des DIBt wirdjedoch eine gewisse Unempfindlichkeit desSpannstahls sichergestellt. Da Korrosion nurnach ortlicher Depassivierung der Spannstahl-oberflache moglich ist, gilt als grundsatzlichesBemessungsprinzip, dass eine Depassivierungder Spannstahloberflache wahrend der Lebens-dauer des Bauwerks ausgeschlossen bleiben muss.

Nach Schießl ist dies bei planmaßig dauernd offe-nen Rissen ohne Chlorideinwirkung gegeben,wenn die Betondeckung der vollstandig verpress-ten Hullrohre mindestens 5 cm betragt und dieRissbreiten an der Betonoberflache 0,2 mm nichtuberschreiten. Ein Vordringen von Chloriden zurSpannstahloberflache muss durch zusatzlicheSchutzmaßnahmen verhindert werden.

Diese Grundsatze sind im DIN-Fachbericht 102 inVerbindung mit den erganzenden TechnischenBaubestimmungen (s. Abschn. 3.3) umgesetzt.Besonders gefahrlichen Einwirkungen (z. B. Ver-wendung von Tausalzen) muss mit moglichst vie-len Maßnahmen begegnet werden, da einzelneFehlstellen bei der Bauausfuhrung nicht mit Si-cherheit ausgeschlossen werden konnen.

3.1.5 Schnittstelle zwischen Bauwerk undBaugrund

An der Schnittstelle zwischen Bauwerk und Bau-grund sind zwei verschiedene Regelwerke zu be-achten:x DIN-Fachbericht 102:2009-03 „Betonbru-

cken“ [16] fur die Bemessung der Stahlbeton-bauteile.

x DIN 1054:2005-01 „Baugrund – Sicherheits-nachweise im Erd- und Grundbau“ fur die geo-technischen Nachweise [17].

Die beiden Regelwerke weisen Unterschiede imSicherheitskonzept auf. So sind die Teilsicher-heitsbeiwerte fur die Einwirkungen zum Teil un-terschiedlich anzusetzen, DIN 1054 berucksich-tigt uberdies keine Kombinationsbeiwerte. Teil-weise werden die Nachweise nach DIN 1054 aufder Grundlage charakteristischer Beanspruchun-gen Ek,i gefuhrt.

Daher mussen grundsatzlich in den Beruhrungs-flachen zwischen Bauwerk und Baugrund charak-teristische Beanspruchungen Ek,i in Form vonSchnittgroßen oder Spannungen getrennt nach

Einzeleinwirkungen ubergeben werden. Damit er-folgen die geotechnischen Nachweise konsequentnach DIN 1054. Die Bemessung der Grundungs-bauteile aus Stahlbeton erfolgt konsequent nachden Regeln des DIN-Fachberichtes 102. In derKontaktflache zwischen Bauwerk und Baugrund,beispielsweise in der Sohlflache von Flachgrun-dungen, sind sowohl die DIN-Fachberichte 101und 102 als auch DIN 1054 zu beachten.

Hierzu wird nachfolgend der Fall einer Flachgrun-dung mit minimaler Vertikallast (1,0-fach) undmaximaler Horizontalkraft (g-fach) betrachtet.Die geotechnischen Nachweise sind auch in diesemFall mit charakteristischen Beanspruchungen Ek,i

zu fuhren (Bild 60a):x Sicherheit gegen Kippen: Klaffen der Fuge

hochstens bis zum Schwerpunkt der Funda-mentflache (Sohldruckresultierende innerhalbder 2. Kernweite) ggf. mit Berucksichtigungder Einflusse nach Theorie II. Ordnung.

x Keine klaffende Fuge aus standigen Einwir-kungen (1. Kernweite) ohne Berucksichtigungder Theorie II. Ordnung.

Die Grundungsbauteile aus Stahlbeton sind dage-gen mit den Bemessungswerten der Beanspru-chungen Ed,i auf der Grundlage der Teilsicher-heitsbeiwerte nach DIN-Fachbericht 101 und 102zu bemessen. Bei minimaler Vertikallast und ma-ximaler Horizontalkraft setzt dies jedoch voraus,dass die Wirkungslinie der Resultierenden nochdie Sohlflache zwischen Fundament und Bau-grund schneidet. Dazu muss die erforderlicheMindestlange des Fundaments aus dem Nachweisder Lagesicherheit nach DIN-Fachbericht 101(Bild 60b) ermittelt werden. Das Fundament darfnicht um die vordere Kante kippen. Der ungunsti-gere Nachweis (Bild 60a oder b) ist fur die Funda-mentabmessung maßgebend.

Die Stahlbetongrundungskorper werden dagegenmit den Bemessungswerten und Teilsicherheits-beiwerten nach DIN-Fachbericht 102 und 101 be-messen. Hierzu ist die sich aus der Gleichge-wichtsbedingung im Grenzzustand der Tragfahig-keit ergebende Resultierende der fiktiven Boden-pressung als Bemessungswert anzusetzen. DieseBodenpressung darf ohne betragsmaßige Begren-zung angenommen werden (Bild 60c).

Wenn bei schlanken Pfeilern fur die Stahlbetonbe-messung die zusatzlichen Momentenanteile nachTheorie II. Ordnung maßgebend sind, so sindauch fur die geotechnischen Nachweise die Mo-mentenanteile nach Theorie II. Ordnung unterden charakteristischen Einwirkungen am verform-ten Tragwerk zu ermitteln. Fur Letztere sollten aufder sicheren Seite liegend die Tragwerksverfor-mungen aus der Stahlbetonbemessung im Grenz-zustand der Tragfahigkeit zugrunde gelegt werden(Bild 61).

167Bemessung und Konstruktion von Betonbrucken nach DIN-Fachbericht 102

III

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Fur die Stahlbetonbemessung kann die Schnitt-großenermittlung nach Theorie II. Ordnung mitden gR-Verfahren nach DIN-Fachbericht 102,II-Anhang 2 durchgefuhrt werden. Bei diesemnichtlinearen Verfahren sind die Tragwerksverfor-mungen nach Theorie II. Ordnung im Grenz-zustand der Tragfahigkeit unter den gR-fachenBemessungswerten der maßgebenden Einwir-kungskombinationen zu ermitteln (Bild 61). DieBerechnungen erfolgen auf der Grundlage vonrechnerischen Mittelwerten der Baustofffestig-keiten fcR, fyR und ftR.

fcR w 0,85 � a � fck mit aw0,85 (bis C 50=60)

fyR w 1,1 � fyk ftR w 1,08 � fyR

(Betonstahl mit hoher Duktilitat)

Bei Anwendung des nichtlinearen Verfahrens han-delt es sich beim Tragwiderstand um die System-traglast. Da der Berechnung rechnerische Mittel-werte der Festigkeiten zugrunde gelegt werden,

ist ein zusatzlicher Teilsicherheitsbeiwert gR furden Systemtragwiderstand bzw. die System-traglast zu berucksichtigen. Die Systemtraglastmuss um den Faktor gR großer sein als die Bemes-sungswerte der Einwirkungen.

Rd w1

gR

R (fcR; fyR; ftR)wEd

R (fcR; fyR; ftR)w gR � Ed (13)

Standige und vorubergehende Bemessungs-situation:gR w 1,3

Außergewohnliche Bemessungssituation:gR w 1,1

Fur Tiefgrundungen ist analog vorzugehen. BeimNachweis der Lagesicherheit nach Bild 62b istggf. zu untersuchen, ob bei abhebenden Pfahlen

168 Entwurf, Bemessung und Konstruktion von Betonbrucken

Bild 60. Nachweise fur Flachgrundungen unter minimaler Vertikallast und maximaler Horizontallast;a) geotechnische Nachweise nach DIN 1054, b) Nachweis der Lagesicherheit nach DIN-Fachbericht 101,c) Stahlbetonbemessung nach DIN-Fachbericht 102

Bild 61. Schlanker Pfeiler nach Theorie II. Ordnung (gR-Verfahren)

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eine negative Mantelreibung angesetzt werdendarf.

Die geotechnischen Nachweise (außere Stand-sicherheit) erfolgen auf der Grundlage vonDIN 1054:2005-01. Dazu sind die charakteristi-schen Widerstande (Mantelreibung, Spitzen-druck) Rk,i aus dem Baugrund zu ermitteln. Diecharakteristische Normalspannung sh,k zwischenPfahl und Boden darf den im ebenen Fall berech-neten Wert der charakteristischen passiven Erd-widerstandspannung eph,k nicht uberschreiten(Bild 62a). Zusatzlich darf der seitliche Bodenwi-derstand nicht großer angesetzt werden, als es derBemessungswert des raumlichen Erdwiderstandeszulasst.Die Bemessungswerte Ed,i der Beanspruchungenergeben sich durch Multiplikation der charak-teristischen Beanspruchungen Ek,i mit den Teil-sicherheitsbeiwerten fur Einwirkungen nachDIN 1054:2005-01. Die Bemessungswerte Rd,i

der Widerstande des Baugrundes ergeben sichdurch Division der charakteristischen Wider-stande Rk,i mit den entsprechenden Teilsicher-heitsbeiwerten fur Bodenwiderstande ebenfallsnach DIN 1054:2005- 01.Die Bemessung der Stahlbetonbauteile erfolgt da-gegen mit den Bemessungswerten und Teilsicher-heitsbeiwerten nach DIN-Fachbericht 101 und102 (Bild 62c).Eine Bemessung der Pfahle fur den Fall einer ma-ximalen Biegebeanspruchung bei gleichzeitig zu-gehoriger minimaler Langsdruckkraft (nur stan-dige Lasten) wurde im Falle eines Versagens aufder Biegezugseite mit dem ursprunglichen Sicher-heitskonzept nach DIN 1054:2005-01 zu einer un-sicheren Bemessung fuhren. Der Teilsicherheits-beiwert fur gunstige Einwirkungen infolge stan-diger Lasten betragt in DIN 1054:2005-01gG w 1,35, in den DIN-Fachberichten dagegen

gG w 1,0. Eine Korrektur hierzu fur DIN 1054 ent-halt [18].Eine umfassende Abhandlung uber das Teilsicher-heitskonzept fur Grundungen ist in [19] enthalten.

3.1.6 Einwirkungen wahrend der Bauzeit

Die Regelungen zu veranderlichen Einwirkungenim Bauzustand sind derzeit im DIN-Fachbericht102 (II-2.2.2.2) enthalten. Wahrend der Bauzeitsind die veranderlichen Einwirkungen in Abhan-gigkeit von der zum Einsatz kommenden Ausrus-tung und Montagemaßnahmen mit mindestens1,5 kN/m2 und eine zusatzliche veranderlicheund bewegliche Einwirkung durch Personen von1 kN/m2 festgelegt. Treten in Abhangigkeit vomgewahlten Bauverfahren großere charakteristischeEinwirkungen auf, sind diese bei der Ausfuh-rungsplanung zusatzlich zu berucksichtigen. EineAbminderung der veranderlichen Einwirkungenist nur in begrundeten Fallen mit Zustimmungdes Bauherrn ggf. unter Auflagen moglich.

Gegen unplanmaßige Horizontalkrafte aus unver-meidbaren Imperfektionen ist das Bauwerk in al-len Bauzustanden einschließlich Hebe- und Ab-senkvorgangen in Langs- und Querrichtung zu si-chern; sie sind in allen vorhandenen Bauteilen ein-schließlich Hilfsunterstutzungen zu verfolgen.Wird kein genauerer Nachweis erbracht, sind sieaus einer ungewollten Schiefstellung der Bau-werksteile bzw. der Hilfsunterstutzungen von 1 %zu berechnen.

3.1.7 Berechnungswerte der Vorspannung

Der Mittelwert der Vorspannkraft Pm,t (II-2.5.4.2)wird bestimmt mit

Pm,t w P0 – DPm(x) – DPsl – DPc – DPt(t) (14)

169Bemessung und Konstruktion von Betonbrucken nach DIN-Fachbericht 102

III

Bild 62. Nachweise fur Tiefgrundungen unter minimaler Vertikallast und maximaler Horizontallast

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Dabei ist

Pm,t Mittelwert der Vorspannung zur Zeit t aneiner Stelle x langs des Bauteils

P0 aufgebrachte Hochstkraft am Spannankerwahrend des Spannens

DPm(x) Spannkraftverlust infolge Reibung

DPsl Spannkraftverlust infolge Ankerschlupfgemaß Spannverfahrenzulassung (nichtbei sofortigem Verbund)

DPc Spannkraftverlust infolge elastischerVerformung des Bauteils bei der Spann-kraftubertragung

DPt(t) Spannkraftverlust infolge Kriechen,Schwinden und Relaxation zur Zeit t

Die verschiedenen Spannkraftverluste DP sindnach DIN-Fachbericht 102, II-2.5.4.2 zu berech-nen.

Bei den Nachweisen im Grenzzustand der Ge-brauchstauglichkeit ist fur den Bemessungswertder Einwirkungen der charakteristische Wert derVorspannkraft Pk maßgebend. Dabei ist die mogli-che Streuung der Vorspannkraft durch einen obe-ren und einen unteren charakteristischen Wertder Vorspannkraft zu berucksichtigen:

Pk,sup w rsup · Pm,t (15)

Pk,inf w rinf · Pm,t (16)

Die Werte von rsup und rinf sind der Tabelle 10 furdie Nachweise im Endzustand und Tabelle 11 furdie Nachweise im Bauzustand zu entnehmen.Diese Werte berucksichtigen die Streuung derSpanngliedreibung sowie der Kriech- undSchwindverluste. Von dieser Regel ausgenom-men ist der Nachweis der Druckspannungen(II-2.5.4.3(3)), der mit dem Mittelwert der Vor-spannkraft Pm,t (rsup a rinf a 1) gefuhrt werdendarf. Bei der Berechnung der Krafteinleitung vonSpanngliedern im Grenzzustand der Gebrauchs-tauglichkeit (z. B. Rissbreitenbeschrankung furdie Spaltzugbewehrung) ist fur den Bemessungs-wert der Spannkrafte Pm0 zugrunde zu legen(II-4.2.3.5.7 (104) P).

Bei den Nachweisen im Grenzzustand der Tragfa-higkeit werden die Bemessungswerte der Vor-spannung Pd (II-2.5.4.2 und II-2.5.4.4.1) im All-gemeinen mit dem Mittelwert der Vorspannkraftals charakteristischem Wert (Pk w Pm,t) bestimmt:

Pd w gP · Pm,t w 1,0 · Pm,t (17)

Bei der Berechnung der Krafteinleitung vonSpanngliedern im Grenzzustand der Tragfahigkeit(z. B. Spaltzugbewehrung) ist jedoch fur den Be-messungswert der Spannkrafte Pd w 1,35 · Pm0,max

zugrunde zu legen (II-4.2.3.5.7 (104) P).

Fur die zulassige Spannkraft am Spannanker P0

sind gemaß DIN-Fachbericht 102 mehrere Gren-zen zu beachten. Die in den Spannverfahrenzulas-sungen angegebenen Werte P0,max (w zulassigeHochstkraft am Spannanker beim Spannen) undPm0 konnen in aller Regel vom Tragwerksplanernicht ausgenutzt werden (siehe Bild 63). Die Aus-nutzbarkeit des Spanngliedes ist nach den folgen-den drei Kriterien festzulegen:

Die Zugspannungen im Spannstahl der Spannglie-der sind in jedem Querschnitt mit dem Mittelwertder Vorspannung unter der quasi-standigen Ein-wirkungskombination nach Abzug der Spann-kraftverluste (t w T) auf den Wert 0,65 fpk zu be-grenzen. Dieser Grenzwert soll der Gefahr einerSpannungsrisskorrosion entgegenwirken undstellt insbesondere eine wichtige Grundlage furdie Ermudungsfestigkeit von Spanngliedern dar.Erfahrungsgemaß kann diese Grenze bei kurzenoder gering umgelenkten Spanngliedern maßge-bend werden. In Bild 63 ist dieser Fall durch denhorizontalen Anfangsbereich der Kurve fur die zu-lassigen Spannstahlspannungen nach DIN-Fach-bericht 102 zu erkennen. Die Begrenzung0,65 fpk ist nicht erforderlich fur externe Spann-glieder und interne Spannglieder ohne Verbund,sofern deren Auswechselbarkeit sichergestellt ist

170 Entwurf, Bemessung und Konstruktion von Betonbrucken

Tabelle 10. Streuung der Vorspannkraft bei denNachweisen im Grenzzustand der Gebrauchs-tauglichkeit (Endzustand)

Vorspannart rsup rinf

sofortiger Verbund oder ohneVerbund

1,05 0,95

nachtraglicher Verbund 1,10 0,90

Externe Spannglieder 1,00 1,00

Tabelle 11. Streuung der Vorspannkraft beiden Nachweisen der Dekompression in denBauzustanden

Einsatzbedingungen des Spann-gliedes

rsup rinf

internes Spannglied mit geraderoder nahezu gerader Spannglied-fuhrung (z. B. Vorspannung furdas Taktschieben)

1,00 1,10

interne girlandenformig gefuhrteSpannglieder

0,95 1,10

externe Spannglieder 1,00 1,00

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(II-4.4.1.4). Davon ist bei den Spanngliedern ohneVerbund gemaß DIN-Fachbericht 102, Kapitel III„Erganzungen fur Betonbrucken mit externenSpanngliedern“ und ZTV-ING, Teil 3, Abschnitt2, 2.3.2 (5) auszugehen.

Der Mittelwert der Vorspannkraft Pm,0 zum Zeit-punkt t w 0, die unmittelbar nach dem Absetzender Pressenkraft auf den Anker (Vorspannung mitnachtraglichem Verbund) oder nach dem Losender Verankerung (Vorspannung mit sofortigemVerbund) auf den Beton aufgebracht wird, darfden kleineren der nachstehenden Werte nicht uber-schreiten:

Pm0 w spm0 · Ap w 0,75 fpk · Ap

oder 0,85 fp0,1k · Ap (18)

wobei spmo die Spannung im Spannglied unmittel-bar nach Absetzen der Vorspannkraft auf den Be-ton und Ap die Querschnittsflache des Spannglieds(II-4.2.3.5.4 (3)*P) ist. In der Regel wird dieseGrenze bei Spanngliedern mit nachtraglichemVerbund nicht zur Festlegung der Hochstkraftbeim Spannen P0 maßgebend.

Die am Spannglied aufgebrachte Hochstkraft P0,d. h. die Kraft am Spannende wahrend des Spann-vorgangs, darf auch bei einem notwendigen �ber-spannen den kleineren der folgenden Werte nichtuberschreiten (II-4.2.3.5.4).

P0,max w 0,80 fpk · Ap

oder 0,90 fp0,1k · Ap (19)

Bei Spanngliedern mit nachtraglichem Verbund istdazu die Hochstkraft P0 fur das Vorspannen wie

folgt abzumindern (der kleinere Wert ist maßge-bend):

P0,max w 0,80 fpk · Ap · esm�g(ks1)

oder 0,90 fp0,1k · Ap · esm�g(ks1) (20)

Dabei ist

m Reibungsbeiwert des Spannverfahrens nachallgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung

g w u S k · L Summe der planmaßigen (hori-zontalen und vertikalen) und un-planmaßigen Umlenkwinkel zwi-schen Spannanker und Festankerbzw. fester Kopplung

Bei nahezu gleichzeitigem Vorspannen von beidenSpanngliedenden genugt es ohne weitere Nach-weise nur eine Halfte des Spanngliedes zugrundezu legen. Auf der sicheren Seite liegend wird da-bei die Spanngliedhalfte mit dem großtem g ange-nommen. Wie bei den Spannkraftverlusten ausKriechen, Schwinden und Relaxation wird manzu Beginn einer statischen Berechnung auch dieGroße von g zunachst nach Erfahrungswerten ab-schatzen und nach dem Vorliegen der genauenKonstruktionsplane uberprufen.

k Vorhaltemaß zur Sicherung einer �ber-spannreserve

w 1,0 fur externe Spannglieder undinterne Spannglieder ohne Verbund

w 1,5 bei ungeschutzter Lage des Spann-stahls im Hullrohr bis zu drei Wochenoder mit Maßnahmen zum Korro-sionsschutz

w 2,0 bei ungeschutzter Lage uber drei Wo-chen (Gefahr von Flugrost und erheb-licher Vergroßerung der Spannglied-reibung)

Der Bauablauf ist im Regelfall so vorzusehen,dass das Vorhaltemaß zur Sicherung einer �ber-spannreserve mit k w 1,5 ausreichend ist. Auf einVorhaltemaß zur Sicherung der �berspannreservedarf bei Spanngliedern mit nachtraglichem Ver-bund nicht verzichtet werden; alternative kon-struktive Maßnahmen (z. B. Ersatzhullrohre) sindnicht vorzusehen. In Bild 63 ist der Einfluss desVorhaltemaßes fur das �berspannen durch diemit der Summe der Umlenkwinkel abfallendeKurve fur die zulassigen Spannstahlspannungennach DIN-Fachbericht 102 zu erkennen.

Fur die Festlegung der Mindestbetonfestigkeitbeim Vorspannen wird in der jeweiligen Spann-verfahrenzulassung die Mindestbetonfestigkeitals Zylinderdruckfestigkeit fcm0 angegeben (s.Abschn. 3.2.3.1 „Spannverfahren“).

171Bemessung und Konstruktion von Betonbrucken nach DIN-Fachbericht 102

III

Bild 63. Zulassige Spannstahlspannungen nachDIN-Fachbericht 102 am Beispiel eines Litzen-spanngliedes (St 1570/1770, fp0,1k w 1500 N/mm2,k w 1,5, m w 0,2)

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3.2 Baustoffe

3.2.1 Beton

Die fur die Bemessung und Konstruktion relevan-ten mechanischen Eigenschaften des Betons sindim DIN-Fachbericht 102, II-3.1, die Bemes-sungswerte und Spannungs-Dehnungs-Linien inII-4.2.1 geregelt. Betontechnologische Festlegun-gen sind im DIN-Fachbericht 100 „Beton“ enthal-ten. Der Geltungsbereich des DIN-Fachberichtes102 umfasst nur die Verwendung von Normalbe-ton fur Brucken innerhalb der Festigkeitsklas-sen C 12/16 (z. B. fur Sauberkeitsschichten) bisC 50/60. Fur die Verwendung von hoherfesten Be-tonen sind zusatzliche Regeln zu beachten.

Fur Stahlbetonbauteile soll die Festigkeitsklassedes Betons mindestens einem C 20/25 und furSpannbetonbauteile mindestens einem C 30/37entsprechen. Sollen andere Betone (z. B. hochfes-ter Beton, Leichtbeton) verwendet werden, ist eineZustimmung im Einzelfall erforderlich.

Zusatzlich zu beachten sind die Vorgaben derZTV-ING, Teil 3 „Massivbau“, Abschnitt 1 „Be-ton“. So betragt die Mindestdruckfestigkeitsklassealler frost- und tausalzbeanspruchten BauteileC30/37 (28d) und der Bruckenkappen aus LP-Be-ton C25/30 (28d). Diese Sonderregeln gelten nurfur den Normalfall der Bestimmung der Druckfes-tigkeitsklasse im Alter von 28 Tagen, im �brigengilt DIN-Fachbericht 100. Fur die Qualitatssiche-rung des Betons sind in der Regel die �berwa-chungsklasse 2 nach DIN 1045-3, Tab. 3 zugrundezu legen und die verlangerte Nachbehandlungs-dauer zu beachten (vgl. ZTV-ING, Teil 3 „Massiv-bau“, Abschnitt 2 „Bauausfuhrung“).

Fur eine umfassende Darstellung des BaustoffsBeton wird auf Kapitel V in diesem Beton-Kalen-der verwiesen.

3.2.2 Betonstahl

Die mechanischen Eigenschaften des Betonstahlssind im DIN-Fachbericht 102, II-3.2, die Bemes-sungswerte der Spannung-Dehnungs-Linien inII-4.2.2 geregelt. Fur Bruckenuberbauten ist aus-schließlich hochduktiler Stahl nach der NormreiheDIN 488 oder nach allgemeiner bauaufsichtlicherZulassung zu verwenden. Betonstahl mit hoherDuktilitat muss die folgenden Duktilitatsanforde-rungen erfullen:

euk j 5% und ft=fy

� �kj 1,08

Hierbei bezeichnet euk den charakteristischen Wertder Dehnung bei Hochstlast und (ft/fy)k den cha-rakteristischen Wert des Verhaltnisses von Zugfes-tigkeit zu Streckgrenze.

Wahrend diese Anforderungen von Stabstahli. Allg. erfullt werden, ist dies fur Betonstahlmat-

ten i. Allg. nicht gegeben. �berdies weisen Be-tonstahlmatten aufgrund der Schweißverbindun-gen eine deutlich geringere Ermudungsfestigkeitals Stabstahl auf und verfugen nur uber einen be-grenzten Bewehrungsquerschnitt. Daher sind imDIN-Fachbericht 102 nur Betonstabstahl und Be-tonstahl vom Ring geregelt.

Besteht trotz dieser Einschrankung in Ausnah-mefallen im Einvernehmen mit dem Bauherrender Wunsch z. B. bei Unterbauten ohne ermu-dungswirksame Beanspruchungen Betonstahl-matten einzusetzen, so kann auf die Regelungender DIN 1045-1 zuruckgegriffen werden. DieseBetonstahlmatten sollten die Duktilitatsanforde-rungen fur normale Duktilitat erfullen:

euk j 2,5% und ft=fy

� �kj 1,05

Der Verbund ist von entscheidendem Einfluss furdie erforderlichen Verankerungs- und �bergrei-fungslangen bei Stoßen der Bewehrung sowie furdas Rissverhalten. Maßgebend fur die Verbund-festigkeit und -steifigkeit ist die Rippung derOberflache.

3.2.3 Vorspannung

3.2.3.1 Spannverfahren

Im Geltungsbereich des DIN-Fachberichtes 102wird nur die Vorspannung von Betonbauteilendurch Spannglieder (II-1.1 (2) P) zugelassen.

Maßgebend fur die Zulassung von Spanngliedernist die europaische Zulassungsleitlinie fur Spann-verfahren ETAG 013 der Europaischen Organisa-tion fur Technische Zulassungen (EOTA). SeitEinfuhrung von DIN 1045-1 und DIN-Fachbe-richt 102 sind vom Deutschen Institut fur Bautech-nik (DIBt) die allgemeinen bauaufsichtlichen Zu-lassungen (abZ) fur Spannverfahren auf die An-forderungen dieser Zulassungsleitlinie angepasstworden. Parallel dazu wurden von den europa-ischen Zulassungsstellen auch Europaische Tech-nische Zulassungen (ETA) fur Spannverfahrennach ETAG 013 erteilt. Es stellt sich heraus, dasses in Europa unterschiedliche Auffassungen undTraditionen zum Inhalt der Spannverfahrenzulas-sungen in wichtigen Details gibt. Deshalb durfenETA in Deutschland nur mit einer zugehorigenAnwendungszulassung (Z-13.7...) des DIBt an-gewendet werden. Dies wird insbesondere furStraßenbrucken durch die „Hinweise zu denZTV-ING, Teil 3 – Abschnitt 2“ vorgeschrieben.Mit der Anwendungszulassung wird die jeweiligeETA so vervollstandigt und in die nationalen Vor-schriften eingebettet, dass sie als gleichwertig zudem allgemeingultigen technischen Standard derabZ gelten kann. Dem Vernehmen nach werdenderartige nationale Anwendungsregeln der ETAim Ausland ebenfalls durch projektspezifische

172 Entwurf, Bemessung und Konstruktion von Betonbrucken

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Nebenabreden in den Ausschreibungstexten oderdurch spezielle Regelwerke der nationalen Bau-aufsichten erganzt.

Es stehen inzwischen eine ausreichende Anzahlvon Spannverfahrenzulassungen nach ETAG 013zur Verfugung, sodass im Geltungsbereich desuberarbeiteten DIN-Fachberichtes 102 zukunftignur noch diese Zulassungen Anwendung findensollen. Die in [1] noch enthaltenen �bergangs-regeln fur Spannverfahren nach DIN 4227-Teil 1sind daher nicht mehr anzuwenden.

Durch den Einfluss der europaische Zulassungs-leitlinie ETAG 013 haben sich einige Detailre-geln verandert, die im uberarbeiteten DIN-Fach-bericht 102 berucksichtigt wurden. So werdendie Mindestbetonfestigkeiten fur das Aufbringender Vorspannung im Rahmen des Zulassungsver-fahrens fur Anker und Kopplungen konkret ge-pruft. Die so ermittelten Betonfestigkeiten werdenin den Spannverfahrenzulassungen (abZ oderETA) unmittelbar angegeben. Dies gilt auch beider Verlangerung von abZ fur externe Spannglie-der. Die am vorzuspannenden Bauteil vorhande-nen Betonfestigkeiten sind vor dem Spannennachzuweisen. Fur ein Teilvorspannen mit 30 %der Vorspannkraft P0,max ist eine Mindestbetonfes-tigkeit von 0,5 fcm0 erforderlich. Zwischenwertedurfen linear interpoliert werden. Die Werte furdie Mindestbetonfestigkeiten beziehen sich aufdie lokale Einleitung der Spannkraft. Davon unbe-ruhrt bleibt die Notwendigkeit von weiteren Nach-weisen fur das Gesamtbauteil in diesem Bauzu-stand (z. B. Abheben des �berbaus von der Scha-lung bei eingeschrankter Betonfestigkeit). Diesesind mit einer Betonfestigkeit

fck J fcm0 – 8 N/mm2

zu fuhren.

Bisher ungewohnt ist in Deutschland auch die Auf-gabenteilung, die gemaß ETA seitens der Spann-gliedproduzenten moglich ist. Zulassungsinhaberfur das Spannverfahren, Hersteller der Spannglied-komponenten und bauausfuhrende Spezialfirma(Bild 64) konnen, mussen aber nicht derselben Un-ternehmung angehoren. Außerdem enthalten ETAnicht mehr die notwendigen Regeln fur dieBauausfuhrung, da in einer ETA nach geltendereuropaischer Rechtsmeinung grundsatzlich nurdas Bauprodukt (Qualitat, Zertifizierung) – nichtaber seine Verarbeitung auf der Baustelle – gere-gelt wird. Insbesondere fur Spannverfahren ent-steht dadurch eine gravierende Regelungslucke,denn die Funktionstuchtigkeit und Dauerhaftigkeitvon Spanngliedern hangt nicht nur von der Eig-nung der Komponenten ab, sondern in erheb-lichem Umfang auch vom ordnungsgemaßen Ein-bau auf der Baustelle.

Diese gravierende Regelungslucke wird inDeutschland durch die Anwendungszulassungendes DIBt geschlossen. Mit den Anwendungszulas-sungen werden die „DIBt-Grundsatze fur die An-wendung von Spannverfahren“ (DIBt-Mitteilun-gen Heft 4, 2006) verbindlich fur den Bauvertragvereinbart. Diese Regelungen erganzen die all-gemeine Bauausfuhrungsnorm des BetonbausDIN 1045-3 fur die speziellen Anforderungender Spannverfahren. Außerdem werden die Ver-antwortlichkeiten der Beteiligten geregelt. Insbe-sondere werden auch Anforderungen (Personal,Ausrustung, Qualifizierung) an die ausfuhrendeSpezialfirma festgelegt. Diese muss im Besitzeiner Zertifizierung durch den Zulassungsinhabersein, der mit seiner Zertifizierung Verantwortungfur die einwandfreie Qualifizierung und Ausrus-tung der Ausfuhrenden Spezialfirma ubernimmt.Die Bauaufsicht vor Ort ist verpflichtet, nur zerti-fizierte Spezialfirmen auf den Baustellen zuzulas-sen. Erste Erfahrungen bei der Umsetzung dieserneuen Regeln in die Praxis haben gezeigt, dasssich sehr ernste Fehlentwicklungen bei den sicher-heitsrelevanten Spannarbeiten ergeben konnen,wenn diese noch ungewohnten Regeln nicht ein-gehalten werden.

3.2.3.2 Einpressen von Spanngliedern

Die Sicherstellung einer einwandfreien Qualitatdes Einpressmortels von Spanngliedern ist furSpannbetonbrucken mit Spanngliedern mit nach-traglichem Verbund von hochster Bedeutung. Feh-ler bei den Einpressarbeiten (Bild 65) konnen gra-vierende Mangel fur das Bauwerk zur Folge habenund seine Gebrauchstauglichkeit und Tragfahig-keit ernsthaft gefahrden:

– fehlender Korrosionsschutz fur den Spann-stahl,

173Bemessung und Konstruktion von Betonbrucken nach DIN-Fachbericht 102

III

Bild 64. Vorspannarbeiten auf der Baustelle

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– verringertes Sicherheitsniveau im Grenz-zustand der Tragfahigkeit durch fehlendenVerbund,

– Vergroßerung der Rissbreiten durch fehlendeVerbundwirkung der Spannglieder.

Leider sind unzureichend mit Einpressmortel ver-fullte Spannglieder – auch in jungster Vergangen-heit – immer noch vereinzelt angetroffen worden.Diese Mangel werden in der Regel nur zufalligentdeckt, da nach wie vor das Problem der fehlen-den Kontrollierbarkeit einer ausreichenden Ver-fullung der Spannkanale besteht. Auch spaterkonnen Fehlstellen von Einpressmortel nichtsicher aufgefunden werden, weil sich die Spann-glieder uberwiegend unzuganglich im Konstruk-tionsbeton befinden. Aus diesem Grunde ist diedurchaus zur Verfugung stehende Technologiezur nachtraglichen Instandsetzung derartiger Ein-pressmortelfehlstellen beim Bauwerksbestandnur begrenzt einsetzbar.

Umso wichtiger ist es, wahrend der Bauphase eineeinwandfreie Ausfuhrungsqualitat der Einpressar-beiten sicherzustellen. Dieses Ziel verfolgt daseuropaische Regelwerk

x DIN EN 445 „Prufverfahren“,x DIN EN 446 „Einpressverfahren“ undx DIN EN 447 „Anforderungen fur ublichen

Einpressmortel“.

In Deutschland gelten diese Normen zusammenmit den Anlagen zur Bauregelliste A Teil 1 undder „Richtlinie zur �berwachung des Herstellensund Einpressens von Zementmortel in Spannka-nale“ des Deutschen Instituts fur Bautechnik

(DIBt). Aufbauend auf dem bewahrten Stand derEinpresstechnologie soll die konsequente Umset-zung dieser Technologie durch eine verbessertePlanung und Arbeitsvorbereitung der Einpressar-beiten, im Rahmen der durch den Auftragnehmeraufzustellenden „Arbeitsanweisung Einpressen“,sowie durch den Einsatz einer anerkannten �ber-wachungsstelle (Fremduberwachung) auf derBaustelle erreicht werden.

Die Arbeitsanweisung Einpressen bildet zusam-men mit den Planen des Bauwerks die Grundlageder Einpressarbeiten auf der Baustelle. Die Ar-beitsanweisung muss deshalb die Arbeitsabfolgeauf der Baustelle vollstandig regeln. Dies umfasstauch vorsorgliche Maßnahmen fur Storfalle (Ge-rateausfall oder Verstopfer), Besonderheiten furdas Einpressen im Winter oder Sommer oder tem-porare Korrosionsschutzmaßnahmen fur Spann-stahl (Bild 66). Die Arbeitsanweisung Einpressenist der anerkannten �berwachungsstelle vorzule-gen. Bei Bruckenbaustellen u. �., bei denen dieZTV-ING bauvertraglich vereinbart sind, ist dieArbeitsanweisung Einpressen rechtzeitig auchbeim Auftraggeber vorzulegen. Weitere Erlaute-rungen zu dieser Thematik enthalt [21].

3.3 Dauerhaftigkeit und Betondeckung

3.3.1 Allgemeines

Grundsatzlich sind die Anforderungen an denBeton und die Betondeckung von den Umge-bungsbedingungen (Expositionsklassen), denendas Bauteil wahrend seiner Nutzung ausgesetztist, und der geplanten Nutzungszeit des Bauwerksabhangig. Bei Brucken und anderen Ingenieur-bauwerken an Verkehrswegen sind diese Daten je-doch in aller Regel aufgrund von umfangreichenErfahrungen des Bauherrn hinlanglich bekannt.Die von den Betonbaunormen vorgesehene pro-jektspezifische Klassifizierung durch den Trag-

174 Entwurf, Bemessung und Konstruktion von Betonbrucken

Bild 65. Einpressen von Spanngliedernmit nachtraglichem Verbund

Bild 66. Trocknung von langerer Zeit unverpresstenSpannglieder

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werksplaner kann daher in aller Regel entfallen.Die speziellen Anforderungen an den Beton furVerkehrsbauten an Straßen (dies sind Grenzwerteder Zusammensetzung, Mindestdruckfestigkeits-klasse und Mindestnachbehandlungsdauer) wer-den durch die ZTV-ING vorgegeben [20]. DenAnforderungen an Betondeckung, Begrenzungder Rissbreite und Dekompression bei Bruckenliegen die Einwirkungen aus Karbonatisierungund Chlorid aus Tausalz im Zuge von Bundes-fernstraßen zugrunde. Diese Anforderungen sindim DIN-Fachbericht 102 und [2] explizit vorge-geben.

3.3.2 Beton

Abweichend von den Expositionsklassen gemaßDIN Fachbericht 100 lassen die ZTV-ING furKappenbeton einen w/z-Wert bis 0,5 zu, um ho-here Festigkeiten als C25/30 moglichst zu vermei-den. �berfestigkeiten fur Kappenbeton mussenvermieden werden, da die in den RiZ-ING angege-bene Kappenbewehrung sonst nicht mehr zur Be-grenzung der Rissbreiten ausreicht.

3.3.3 Betondeckung

Die Betondeckung hat im Wesentlichen drei Auf-gaben zu erfullen:x Sicherstellung des Verbundes zwischen Beton

und Stahl,x Schutz der Stahleinlagen vor Korrosion,

x Schutz der Stahleinlagen gegen Brand-einwirkung.

Die erforderlichen Werte der Betondeckung furBetonstahl sind fur alle ublichen Bruckenbauteilein Tabelle 12 explizit angegeben. Daruber hinaussind die Regeln fur die Mindestbetondeckungvon Spanngliedern oder Spannstahl mit soforti-gem Verbund zu beachten (II-4.1.3.3), wobei einzusatzliches Vorhaltemaß zu berucksichtigen ist.Die tatsachlich am Bauwerk vorhandene Beton-deckung von Spanngliedern ist in jedem Fall gro-ßer als die Betondeckung des Betonstahls, weilsich die Spannglieder innerhalb der Oberflachen-bewehrung befinden. Am Bauwerk mussen die ge-forderten Mindestmaße der Betondeckung einge-halten werden.

3.4 Ermittlung der Schnittgroßen

3.4.1 Allgemeines

Die moglichst realitatsnahe Ermittlung derSchnittgroßen bzw. Spannungszustande in denTragwerken ist eine Grundvoraussetzung, um beider Bemessung sowohl die Anforderungen an dieTragsicherheit als auch die Wirtschaftlichkeitmoglichst optimal erfullen zu konnen. Dies setzteine entsprechende Modellbildung mit einer reali-tatsnahen Erfassung der Steifigkeiten und Rand-bedingungen voraus, um mit der Berechnung daswirkliche Tragverhalten moglichst zutreffend zuerfassen.

Im Gebrauchszustand (GZG) sind die Schnittgro-ßen nach DIN-Fachbericht 102 unter Berucksich-tigung der Vertraglichkeitsbedingungen am elasti-schen System zu ermitteln, wobei i. Allg. die Stei-figkeiten fur das ungerissene Tragwerk zugrundegelegt werden. Im Gebrauchszustand sind zwarin ihrer Breite begrenzte Risse zulassig, die Zug-spannungen im Stahl werden jedoch so begrenzt,dass plastische Dehnungen verhindert werden.Rissbildungen im Beton fuhren in Abhangigkeitvom Bewehrungsgrad zu einer Verminderung derSteifigkeiten was begrenzte Umlagerungen derSchnittgroßen und Vergroßerungen von Verfor-mungen zur Folge haben kann, die im Einzelfallzu beachten sind. Daher sind nach DIN-Fachbe-richt 102, II-2.5.3.2.1 Rissbildungen im Beton,die einen deutlich ungunstigen Einfluss auf dasVerhalten des Tragwerks haben, zu berucksichti-gen. Sind die Auswirkungen gunstig, durfen sieunter Erfullung der Vertraglichkeitsbedingungenin Rechnung gestellt werden.

Im Bruchzustand (GZT) bestehen keine Anforde-rungen an die Begrenzung von Rissbreiten, undes durfen plastische Dehnungen im Stahl sowieim Beton zugelassen werden. Die Schnittgroßen-ermittlung kann in Abhangigkeit von den beson-deren Tragwerkseigenschaften im Grenzzustand

175Bemessung und Konstruktion von Betonbrucken nach DIN-Fachbericht 102

III

Tabelle 12. Betondeckung des Betonstahls(Tab. 4.101, [16])

Bauteil min c[mm]

nom c[mm]

�berbau 40 45

Kappen u. dgl.bei Straßenbrucken

– nicht betonberuhrte Flachen 40 50

– betonberuhrte Flachen 20 25

Kappen u. dgl.bei Eisenbahnbrucken

– nicht betonberuhrte Flachen 30 35

– betonberuhrte Flachen 20 25

Unterbauten

– nicht erdberuhrte Flachen 40 45

– erdberuhrte Flachen 50 55

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Pu w min(C1 � zSC2 � D) � gl � z

C3 � D � gl � z

�(26)

Die P-y-Kurven konnen tiefenabhangig nach Gl.(27) erstellt werden:

PwA1 � Pu � tanhki � z

A2 � Pu� y

� �(27)

mit

A1, A2 empirische Faktoren

A1 w A2 w Astat w (3,0 s 0,8 · z/D) j 0,9fur statische Belastung

A1 w A2 w Azyk w 0,9 fur zyklische Belastung

ki Anfangsbettungsmodul,ansatzweise nach Tabelle 7

Es ist zu beachten, dass es besonders bei Pfahlenin Sand zu einer Kolkbildung (s. Abschn. 2.3.1)kommen kann, die den oberflachennahen Wider-stand beeintrachtigt. Sind keine Kolkschutzmaß-nahmen vorgesehen, ist eine Mindestkolktiefe an-zusetzen, siehe hierzu z. B. [29, 40, 59]. Des Wei-teren haben Untersuchungen gezeigt, dass der An-satz von Azyk vor allem bei vergleichsweisegeringer Belastung aber hohen Lastwechselzahlenauf der unsicheren Seite liegt. In [55] wird daherein reduziertes Azyk-Profil im oberflachennahenBereich vorgeschlagen:

A1, A2 empirische Faktoren in Gl. (27)

A1 w 0,343 · z/D J 0,9

A2 w 0,9

8 Wande8.1 Art und Zweck

Wandartige Bauwerke und Wande sind vertikaleoder uberwiegend vertikale Bauwerke, die vor-nehmlich auf Biegung infolge horizontaler Lastenbeansprucht werden. Als Baustoff kommt bei ma-rinen Grundungsstrukturen uberwiegend Stahlzum Einsatz, Sonderausfuhrungen konnen aus

Stahlbeton, Spannbeton und Holz sowie Kombi-nationen aus den Genannten bestehen. �blicher-weise werden Spundwande eingesetzt, weitereWandbauweisen sind Tragerbohlwande, Bohr-pfahlwande und Schlitzwande. Die Wahl derWandart und des Baustoffs erfolgt u. a. aufgrundder Baugrundeigenschaften, der Grundwasserver-haltnisse, der Herstellbedingungen, der Anforde-rungen an den Verbau, der Herstellzeit und derKosten.

Wande konnen statisch zum Abtrag von Horizon-tallasten aus Erd- bzw. Wasserdruck uber Biegungsowie zum Abtrag von Vertikallasten uber Mantel-reibung und Spitzendruck eingesetzt werden. An-wendung finden Wande als marine Grundungs-strukturen in Form von Hochwasserschutzwandensowie zur Sicherung von Gelandesprungen beiUfereinfassungen. Die Umfassung von Fange-dammen erfolgt ebenfalls durch Wande. Die kon-struktive Wirkung von Wanden besteht in der Ver-hinderung von Boden- und/oder Wassereinbru-chen. Ein weiterer Einsatzzweck besteht in derBarrierewirkung als Abdichtung, Einkapselungoder in einer Abschirmwirkung gegen Schwin-gungen im Boden.

8.2 Herstellverfahren

Vorgefertigte Wandelemente werden in dafur vor-gesehene flussigkeitsgestutzte bzw. ausreichendstandsichere Schlitze eingestellt oder direkt inden Baugrund gepresst, gerammt oder vibriert.Wande aus Ortbeton werden i. d. R. in flussig-keitsgestutzten Schlitzen hergestellt, ggf. erfor-derliche Bewehrung wird vor dem Betonieren inden Schlitz eingestellt.

Das Herstellverfahren ist abhangig vom anstehen-den Baugrund sowie der gewahlten Wandart. DasEinstellen von Wanden ist von der Moglichkeiteiner Schlitz- oder Bohrlochherstellung abhangig.Fur Verfahren, mittels derer Wande oder Wandel-emente direkt in den Boden eingebracht werden,sind erforderlichenfalls Einbringhilfen in Formvon Auflockerungsbohrungen, Spulhilfen, Spren-gungen oder Bodenaustausch erforderlich.

Zur Erzielung der geforderten Vertikalitat derWand sind entsprechende Fuhrungen wahrendder Herstellung anzubringen. Die exakte Positio-nierung der Elemente ist durch entsprechende Ver-messung sicherzustellen, ggf. sind konstruktiveMaßnahmen zur Qualitatssicherung vorzusehen.

8.3 Bemessung von Wanden

8.3.1 Allgemeines

Fur die Bemessung wandartiger Bauwerke existie-ren unterschiedliche Berechnungsansatze. Es sinddies Verfahren auf Grundlage der klassischen Erd-druck-/Erdwiderstandstheorie, Verfahren der elas-

101Wande

IX

Tabelle 7. Anfangsbettungsmodulnach DIN EN ISO 19902

fl[h]

ki

[MN/m3]

25 5,4

30 11

35 22

40 45

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tischen Idealisierung des Baugrundes gemaß desBettungsmodulverfahrens sowie Ansatze aufGrundlage des Traglastverfahrens.

Das Bemessungskonzept regelt DIN 1054 [42]. InAbschnitt 10 „Stutzbauwerke und im Boden einge-bettete Bauwerke“ wird das Format der erforderli-chen Nachweise bereitgestellt. Die Festlegungvon Einwirkungen, Widerstanden, Rechenverfah-ren und Konstruktionen regeln die Fachnormen so-wie die Empfehlungen der Hafentechnischen Ge-sellschaft und der Deutschen Gesellschaft fur Geo-technik, insbesondere die EAU 2004 [7].

8.3.2 Sicherheitskonzept, Grenzzustande undLastfalle

Geotechnische Bauwerke sind gemaß DIN 1054[42] und erganzend DIN 4020 [46] hinsichtlichder Anforderungen an Umfang und Qualitat geo-technischer Untersuchungen, Berechnung und�berwachung in geotechnische Kategorien einzu-teilen. Gemaß EAU 2004 sind Ufereinfassungen

grundsatzlich in Kategorie 2, bei schwierigenBaugrundverhaltnissen in Kategorie 3 einzuord-nen. Ein Fachplaner fur Geotechnik ist stets miteinzubeziehen.Hinsichtlich der Grenzzustande werden Grenzzu-stande der Tragfahigkeit nach dem Grenzzustanddes Verlustes der Lagesicherheit (GZ 1A), demGrenzzustand des Versagens von Bauwerk undBauwerksteilen (GZ 1B) und dem Grenzzustanddes Verlustes der Gesamtstandsicherheit (GZ 1C)sowie der Grenzzustand der Gebrauchstauglich-keit (GZ 2) unterschieden. Fur Wande sindi. d. R. die Grenzzustande GZ 1B und GZ 1C so-wie anforderungsspezifisch GZ 2 maßgebend.Die Bemessungssituation ergibt sich aus demLastfall. Dieser resultiert aus den Einwirkungs-kombinationen in Verbindung mit den Sicher-heitsklassen. Die Einordnung ist nach DIN 1054,Abschnitt 6.3 vorzunehmen.

In Abhangigkeit von Lastfall und maßgebendemGrenzzustand ergeben sich die Teilsicherheitsbei-

102 Marine Grundungsbauwerke

Tabelle 8. Teilsicherheitsbeiwerte fur Einwirkungen und Beanspruchungen gemaß EAU 2004

Einwirkung Formelzeichen Lastfall

LF 1 LF 2 LF 3

GZ 1A: Grenzzustand des Verlustes der Lagesicherheit

Gunstige standige Einwirkungen gG,stb 0,90 0,90 0,95

Ungunstige standige Einwirkungen gG,dst 1,00 1,00 1,00

Stromungskraft bei gunstigem Untergrund gH 1,35 1,30 1,20

Stromungskraft bei ungunstigem Untergrund gH 1,80 1,60 1,35

Ungunstige veranderliche Einwirkungen gQ,dst 1,50 1,30 1,00

GZ 1B: Grenzzustand des Versagens von Bauwerken und Bauwerksteilen

Standige Einwirkungen allgemein1 gG 1,35 1,20 1,00

Wasserdruck bei bestimmten Randbedingungen 2 gG,red 1,20 1,10 1,00

Standige Einwirkungen aus Erdruhedruck gE0g 1,20 1,10 1,00

Ungunstige veranderliche Einwirkungen gQ 1,50 1,30 1,00

GZ 1C: Grenzzustand des Verlustes der Gesamtstandsicherheit

Standige Einwirkungen gG 1,00 1,00 1,00

Ungunstige veranderliche Einwirkungen gQ 1,30 1,20 1,00

GZ 2: Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit

gG w 1,00 fur standige Einwirkungen

gQ w 1,00 fur veranderliche Einwirkungen

1 einschließlich standigem und veranderlichem Wasserdruck2 wenn Voraussetzungen gemaß EAU 2004 E 8.2. 0.3 erfullt

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werte fur die Einwirkungen, Beanspruchungenund Widerstande gemaß EAU 2004 wie in denTabellen 8 und 9 dargestellt.Eine Reduktion der Teilsicherheitsbeiwerte furden Wasserdruck sowie des Erdwiderstandes beider Bestimmung des Biegemomentes nach EAUist dann moglich, wenn großere Verformungenvon der Uferwand schadlos aufgenommen werdenkonnen.Die anzusetzenden Wasserstande bei Reduktionder Teilsicherheitsbeiwerte fur den Wasserdruck

sind in ihrer Hohe und zeitlichen Abhangigkeitfundiert zu belegen, in ihrer Bandbereite auf dersicheren Seite liegend abzuschatzen sowie durchgeometrische Randbedingungen zu begrenzen.

Die Reduktion des Teilsicherheitsbeiwertes furden Erdwiderstandes ist nur zulassig, wenn derim Erdwiderstandsbereich anstehende Boden min-destens mittlere Festigkeit bzw. steife Konsistenzaufweist. Sind diese Voraussetzungen erst ab einerKote unterhalb der Berechnungssohle erfullt isteine Reduktion nur ab dieser Tiefe zulassig.

103Wande

IX

Tabelle 9. Teilsicherheitsbeiwerte fur Widerstande gemaß EAU 2004

Widerstand Formelzeichen Lastfall

LF 1 LF 2 LF 3

GZ 1B: Grenzzustande des Versagens von Bauwerken und Bauteilen

Bodenwiderstande

Erdwiderstand und Grundbruchwiderstand gEp, gGr 1,40 1,30 1,20

Erdwiderstand bei der Ermittlung des Biegemomentes 1 gEp,red 1,20 1,15 1,10

Gleitwiderstand gGl 1,10 1,10 1,10

Pfahlwiderstande

Pfahldruckwiderstand bei Probebelastung gPc 1,20 1,20 1,20

Pfahlzugwiderstand bei Probebelastung gPt 1,30 1,30 1,30

Pfahlwiderstand auf Druck und Zug aufgrund vonErfahrungswerten

gP 1,40 1,40 1,40

Verpressankerwiderstande

Widerstand des Stahlzuggliedes gM 1,15 1,15 1,15

Herausziehwiderstand des Verpresskorpers gA 1,10 1,10 1,10

Widerstande flexibler Bewehrungselemente

Materialwiderstand der Bewehrung gB 1,40 1,30 1,20

GZ 1C: Grenzzustand des Verlustes der Gesamtstandsicherheit

Scherfestigkeit

Reibungsbeiwert tan fl des dranierten Bodens gj, gju 1,25 1,15 1,10

Kohasion c des dranierten Bodens und Scherfestigkeit cudes undranierten Bodens

gc, gcu 1,25 1,15 1,10

Herausziehwiderstande

Boden- bzw. Felsnagel, Ankerzugpfahle gN, gZ 1,40 1,30 1,20

Verpresskorper von Verpressankern gA 1,10 1,10 1,10

Flexible Bewehrungselemente gB 1,40 1,30 1,20

1 wenn Voraussetzungen gemaß EAU 2004 E 8.2. 0.2 erfullt

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8.3.3 Einwirkungen und Widerstande

Wandkonstruktionen sind primar durch Erd- undWasserdruck belastet. Die Ermittlung dieser Gro-ßen ist in den EAU 2004, den EAB [9] sowie derweiterfuhrenden Literatur [124] behandelt. DieNorm zur Ermittlung des Erddrucks ist DIN 4085[48].

Der Erddruck ist stark vom Verformungsverhaltender Wand abhangig. Die Abhangigkeiten sind inBild 24 dargestellt. Die Berucksichtigung des Ver-formungsverhaltens der Wand und die daraus re-sultierende Umlagerung der Erddrucke findensich in der EAU 2004, E77.

Fur die Ermittlung des Erdwiderstandes findensich ebenfalls Anhaltswerte in den genanntenQuellen. Die Bauteilwiderstande der konstruk-tiven Wandbauteile sind den jeweiligen Bauart-normen zu entnehmen.

8.3.4 Statische Systeme

Grundlage der statischen Berechnung ist die mog-lichst realitatsnahe Systemidealisierung. Das Ver-formungsverhalten der Wand ist durch die Belas-tungssituation, die Lagerungsbedingungen amWandfuß sowie die Art und Anordnung eventuel-ler Aussteifungen oder Ruckverankerungen be-stimmt.

Hinsichtlich der Lagerungsbedingungen im theo-retischen Wandfußpunkt werden frei aufgelagerte,teilweise eingespannte sowie vollstandig einge-spannte Wande unterschieden, bezuglich der Stut-zung konnen die Wande in ungestutzte, einfachoder mehrfach gestutzte Wande unterteilt werden.Beispielhafte Systeme sowie deren Lastbilder, La-gerungsbedingungen, Schnittgroßen und Verfor-mungen sind in Bild 25 dargestellt.

Die Lagerungsbedingungen werden uber defi-nierte Kraft- bzw. Verformungsrandbedingungenam Wandfuß realisiert. Die freie Auflagerung istdie minimal mogliche Einbindelange, bei der einVersagen der Spundwand durch horizontales Ver-schieben des Wandfußes verhindert ist. Bei freierAuflagerung ist eine Aussteifung bzw. Ruckver-ankerung der Wand zwingend erforderlich. Einevolle Einspannung des Wandfußes liegt vor,wenn die Wand eine vertikale Tangente im theore-tischen Fußpunkt aufweist. Eine weitere Verlange-rung der Wand ist fur das horizontale Tragverhal-ten unerheblich, da keine Wandverformung unter-halb des theoretischen Fußpunktes auftritt und da-mit rechnerisch zu beiden Seiten der Wand derErdruhedruck anzusetzen ist. Eine Ruckveranke-rung oder Aussteifung ist fur vollstandig einge-spannte Wande aus statischer Sicht nicht zwin-gend erforderlich. Wird eine Einbindelange ge-wahlt, die zwischen der freien Auflagerung undder vollen Einspannung liegt, liegt eine teilweiseEinspannung im Boden vor. Fur diesen Fall sindsowohl die Fußverdrehung als auch die horizon-tale Auflagerkraft im Fußauflager von null ver-schieden. Eine Aussteifung oder Ruckveranke-rung ist nicht erforderlich, jedoch zur Begrenzungder Verformungen sinnvoll.

Nach Festlegung der Lagerungsbedingung amWandfuß kann die rechnerisch erforderliche Ein-bindelange der Wand auf Grundlage des statischenGleichgewichts bestimmt werden. Fur einfacheFalle kann dies mithilfe von Nomogrammen er-folgen.

Die Spannungsverteilung bei einer Einspannungim Boden wird nach Blum [14] erfasst. Der Be-reich unterhalb der Baugrubensohle wird dabeidurch eine dreiecksformige Erdwiderstandsfigurund eine im theoretischen Wandfußpunkt an-greifende Ersatzkraft C idealisiert (Bild 26). Die

104 Marine Grundungsbauwerke

Bild 24. Wandbewegung und Spannungsverteilung im Boden in Abhangigkeit der Lagerung [124]

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flachenhafte Verteilung des Erdwiderstandes un-terhalb des theoretischen Wandfußpunktes wirddurch einen Zuschlag zur so ermittelten Einbinde-tiefe berucksichtigt.

Die Nomogramme nach Blum zur Ermittlung derEinbindetiefe sind in Bild 27 fur unverankerte,vollstandig im Boden eingespannte Wande, inBild 28 fur frei aufgelagerte, einfach ruckveran-kerte Wande und in Bild 29 fur einfach ruckveran-kerte, vollstandig im Boden eingespannte Wandedargestellt. Teileinspannung konnen gemaß [7]berechnet werden.

Ist der Einspanngrad großer als 0, so ist die rech-nerisch ermittelte Einbindelange der Wand umden sog. Rammtiefenzuschlag zu erhohen. Dieser

ergibt sich gemaß EAU 2004, E56 bei vollstan-dig eingespannten Wanden vereinfacht gemaßGl. (28).

Dtwt1s 0

5(28)

oder in Weiterentwicklung des Ansatzes nachLackner [89] zu

DtjCh,d � gEp

ephC,kunter Einhaltung von

DtjDtmin w

t1s 0

100� t1s 0

10(29)

105Wande

IX

Bild 25. Darstellung verschiedener Wandsysteme sowie deren Lastbilder, Lagerungsbedingungen,Verformungsfiguren, Schnittgroßen und Verdrehungen

Bild 26. Systemidealisierung nach Blum [124]

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106 Marine Grundungsbauwerke

Bild 27. Nomogramm zur Bestimmung der Einbin-detiefe einer unverankerten, vollstandig im Bodeneingespannten Wand [14]

cw gl � 1

gEp

� Kph s gG � Kah

!

uweah,d(zw 0)

c

mw

6

c�Xh

su

Q0

nw6

c�Xh

su

Q0h0 w6

c

Xh

su

M0

Es muss gelten: x3smxs nw 0

max MwM0 S 0,385 � Q0 �ffiffiffiffimp

Bild 28. Nomogramm zur Bestimmung der Einbin-detiefe einer verankerten, im Boden frei aufgelager-ten Wand [14]

Kr w1

gEP

� Kph s gG � Kah

mw

6

gl � Kr � l3�XS 1

s l0

P � a

Es muss gelten: 2j3S 3j2

Smw 0

tw uS x

Aw

XS l

s l0

Ps

Kr � x2

2� g

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8.3.5 Erforderliche Nachweise

Fur alle Nachweise im Grenzzustand GZ 1 ist ge-maß DIN 1054 die Grenzzustandsgleichung

Ed JRd (30)

zu erfullen. Dabei bezeichnet E die aus den auf dieWand einwirkenden Kraft- oder Verformungsgro-ßen (Einwirkungen) resultierenden Beanspru-chungen und R die Schnittgroße bzw. Spannungim oder am Tragwerk oder im Baugrund infolgeder Festigkeit bzw. der Steifigkeit der Baustoffeoder des Baugrundes (Widerstande). Der Index dgibt an, dass es sich dabei um die Bemessungs-werte handelt.

GZ 1A ist fur Wande nicht maßgebend.

Fur den Grenzzustand GZ 1B sind im Einzelnenfolgende Nachweise zu fuhren:– Nachweis gegen Versagen des Erdwiderlagers

bei gleichzeitiger Einhaltung der Gleichge-wichtsbedingung

PHw 0:

– Nachweis gegen Aufbruch des Verankerungs-bodens vor Ankerplatten bzw. Ankerwanden.

– Nachweis gegen Versagen der Lastubertra-gung durch Zugpfahle bzw. Ankerverpress-korper.

– Nachweis gegen Versinken von Bauteilen.– Nachweis gegen Versagen in der tiefen Gleit-

fuge.– Nachweis gegen Versagen des Materials.

Die Gesamtstandsicherheit von Gelandesprungenim Sinne eines Boschungs- oder Gelandebruchsist in DIN 1054 in Kombination mit DIN 4084[47] geregelt. Der Nachweis ist erfullt, wenn dieGrenzzustandsgleichung (30) fur die infragekommenden Bruchmechanismen und ggf. maß-gebenden Bauzustande im Grenzzustand GZ 1Cerfullt ist.

Daruber hinaus ist der Nachweis des Grenzzustan-des der Gebrauchstauglichkeit zu fuhren. FurWande kann dies beispielsweise mittels des Bet-tungsmodulverfahrens [124] oder der Finite-Ele-mente Methode [70] erfolgen.

8.4 Hochwasserschutzwande

8.4.1 Allgemeines

Hochwasserschutzwande stellen den Schutz ge-wassernaher Gebiete vor �berflutung sicher. DerEinsatz von Hochwasserschutzwanden erfolgtvornehmlich in Bereichen, in denen ein Schutzdurch Deiche nicht moglich ist. Die Richtlinien

107Wande

IX

Bild 29. Nomogramm zur Bestimmung der Einbindetiefe einer verankerten, vollstandig im Bodeneingespannten Wand [14]

Kr w1

gEP

� Kph s gG � Kah

mw

6

gl � Kr � l3�XS 1

s l0

P � a

nw6

gl � Kr � l5�XS 1

s l0

P � a3

Es muss gelten:

0,8j5S 2,5j4

S 2j3smj2

s 2mjsmS nw 0

tw uS x

A ¼XS 1

s l0

Ps

1

1S x

XS 1

s l0

P � asg � Kr � x3

6 (1S x)

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zur Festlegung der fur die Bemessung maßgebli-chen Wasserstande sowie der Ansatz von Wasser-uberdrucken und Wichten des Bodens sind inEAU 2004 enthalten.

Die Einbindetiefe von Hochwasserschutzwandenergibt sich zum einen aus dem Nachweis gegenVersagen des Erdwiderlagers sowie dem Nach-weis gegen Gelandebruch. Daruber hinaus kon-nen auch konstruktive Gesichtspunkte wie dieSicherstellung der Dichtigkeit oder die Herstel-lung eines ausreichenden Sickerweges maßge-bend werden.

8.4.2 Bemessung

Hochwasserschutzwande werden ublicherweiseals eingespannte Wand ausgefuhrt. Fur Hoch-wasserschutzwande großer Hohe besteht die Mog-lichkeit einer landseitigen Absteifung. Fur diesenFall ist jedoch sicherzustellen, dass die nachoben gerichteten Vertikalkrafte aus der Absteifungaufgenommen werden konnen.

Hochwasserschutzwande sind im Wesentlichendurch Wasserdruck belastet. Zusatzlich wirkendazu auf der Gewasserseite der Wand der aktiveErddruck und auf der Landseite der Erdwider-stand. Im Hinblick auf den Nachweis der Gleich-gewichtsbedingung Vk jBv,k ist der zugrunde ge-legte negative Neigungswinkel dp sowie der Nei-gungswinkel der Ersatzkraft dc ggf. in den zulassi-gen Grenzen zu erhohen [69].

Neben den Beanspruchungen aus Erd- undWasserdruck sowie eventuellen veranderlichenLasten ist zusatzlich ein Treibgutstoß im Hoch-wasserfall mit mindestens 30 kN zu berucksich-tigen.

8.4.3 Beispiel

Das beispielhaft zu bemessende System sowie diecharakteristischen Werte der Einwirkungen sind inBild 30 dargestellt.

Die Einbindelange wurde fur eine vollstandig ein-gespannte Wand ermittelt.

Die erforderlichen Nachweise ergeben sich wiefolgt:

– Nachweis des Erdwiderlagers:

1

2� 9,50 � 29,2 � 1,35S 146,3 � 1,5ð Þ

J

1

2� 11 � 3,4822 � 9,52

1,4Bh,d w 1230 kN=mJ 1230 kN=mwEph,d

– Nachweis des moglichen Gleichgewichtes invertikaler Richtung

1

2� 29,2 � 9,5 � tan 20h

S

1

2� 335,1 � tan 5h

j

1

2� 29,2S 146,3ð Þ � 9,5s

1

2� 335,1

� �� tan 5h

Vk w 65,1 kN=mj 58,3 kN=mwB*v,k

Daruber hinaus sind die Nachweise gegen Versin-ken von Bauteilen sowie der Nachweis der Ge-samtstandsicherheit zu fuhren.

8.4.4 Bauliche Maßnahmen

Konstruktive Maßnahmen, die im Umfeld einerHochwasserschutzwand vorzusehen sind, sindu. a. die Kolksicherung gegen uberschlagendesWasser auf der Landseite, das Vorsehen einer Ver-teidigungsstraße, der Einbau eines Entspannungs-

108 Marine Grundungsbauwerke

Bild 30. System und Belastung einer beispielhaften Hochwasserschutzwand

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filters und die konstruktive Sicherstellung derDichtigkeit insbesondere elementbasierter Kon-struktionen durch entsprechende Schlossdichtun-gen.

8.5 Ufereinfassungen

8.5.1 Allgemeines

Ufereinfassungen dienen der Sicherung des Ge-landesprungs zwischen Gelandeoberkante undGewassersohle. Die Richtlinien zur Berechnungund Bemessung von Ufereinfassungen sind inEAU 2004 enthalten. Die charakteristischen Ein-wirkungen und Widerstande werden im GZ 1B ge-maß DIN 1054 angesetzt.

8.5.2 Bemessung

Gemaß EAU 2004 sind die Nachweise gegenBruch des Bodens im Erdwiderstandsbereich in-folge Horizontalbeanspruchung des Bodenaufla-gers, axiales Versinken der Wand im Baugrund in-folge Vertikalbelastung sowie der Nachweis gegenGelandebruch zu fuhren. Bei ruckverankertenKonstruktionen sind zusatzlich der Nachweis ge-gen den Aufbruch des Verankerungsbodens, derNachweis der Lastubertragung der Ankerkraftvom Ankerverpresskorper auf den Baugrund so-wie der Nachweis der Standsicherheit in der tiefenGleitfuge zu fuhren.

Ufereinfassungen sind im Wesentlichen durchErddruck, Wasseruberdruck und vertikale Lastenbelastet. Die Bemessung erfolgt auf der Grundlageder EAU 2004, Beispiele zur Anwendung derRichtlinien finden sich in [118].

8.5.3 Beispiel

Das beispielhaft zu bemessende System sowie diecharakteristischen Werte der Einwirkungen sind inBild 31 dargestellt. Die Einbindelange wurde fureine zu 50 % eingespannte Wand ermittelt.

Die erforderlichen Nachweise ergeben sich wiefolgt:

– Nachweis des Erdwiderlagers:

1

2� 5,47 � (150,38 � 1,35S 8,16 � 1,5)

J

1

2� 11 � 5,0041 � 5,472

1,4

Bh,d w 588 kN=m2J 588 kN=m2

wEph,d

– Nachweis des moglichen Gleichgewichtes invertikaler Richtung

17,93S 24,26ð Þ2

� 9S35,48S 52,31ð Þ

2

� 5,47S 8,39 � 8,15s 1,15

2

�� tan 20h

S 132,23S 20,34ð Þ � tan 32,5h

j

1

2� 150,38S

1

2� 8,16

� ��

� 5,47s1

2� 113,70S 13,34ð Þ

�� tan 20h

Vk w 264 kN=m2j 135 kN=m2

wB*v,k

109Wande

IX

Bild 31. System und Belastung einer beispielhaften Ufereinfassung

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– Nachweis gegen Versinken von BauteilenFur den Nachweis gegen Versinken von Bau-teilen wird ein Pfahlspitzenwiderstand qb1,kvon 5,0 MN=m2 auf die sechsfache Netto-querschnittsflache angesetzt.

1,35 � 17,93S 24,26

2� 9S

35,48S 52,31

2� 5,47

� ��

� tan 20h

S 132,23 � tan 32,5h S 20,21

�S 1,5

� 8,39 � 8,15s 1,15

2� tan 20h S 20,34 � tan 32,5h

� �

J

1

1,4� 1

2� 5,47 � 150,38S 8,16ð Þ

� tan 20h

S 6 � 0,01813 � 5000

�Vd w 388 kN=mJ 501 kN=mwRd

– Nachweis der inneren StandsicherheitEs ergeben sich folgende Bemessungswerteder Schnittgroßen:Bemessungswert der NormalkraftNmax ,d ws 274 kNBemessungswert des BiegemomentesMy, max ,d w 383 kNmFur den Nachweis wird vereinfachend ange-nommen, dass die Maximalwerte fur Normal-kraft und Biegemoment im selben Schnittauftreten383 � 100

2320S

s 274

181,3

J 24

1,1

sd w 18,0 kN=m2J 21,8 kN=m2

w fy,d

Daruber hinaus sind der Nachweis der Standsi-cherheit in der tiefen Gleitfuge, der Nachweis derGesamtstandsicherheit und die Nachweise derRuckverankerung zu fuhren.

8.6 Fangedamme

8.6.1 Allgemeines

Fangedamme stellen mittels Wanden umfangeneSchwergewichtskonstruktionen dar, die im mari-nen Bereich als Uferbauwerke, Wellenbrecheroder Molen eingesetzt werden. Fangedamme las-sen sich hinsichtlich ihrer Tragwirkung in Zellen-fangedamme und Kastenfangedamme unterteilen.Als Zellenkonstruktionen kommen Kreiszellen,Flachzellen, spezielle Festpunktzellen sowie Mo-nozellen zur Anwendung. Mogliche Grundrisseunterschiedlicher Fangedammkonstruktionen sindin Bild 32 dargestellt.

Bei Fangedammen als Ufer- oder Molenbauwerkist es vorteilhaft, eine Entwasserung des Fange-damms sowie der Bauwerkshinterfullung zu er-moglichen. Um großere Havarieschaden zu ver-

meiden sind konstruktive Elemente robust zu ent-werfen sowie lastverteilende Bauteile und ggf.Fender mit großem Arbeitsvermogen vorzusehen.

8.6.1.1 Zellenfangedamme

Zellenfangedamme sind allein durch eine geeig-nete Fullung standsicher, eine Einbindung in denBoden sowie eine eventuelle Gurtung bzw. Ver-ankerung ist nicht erforderlich. Sie erfordern da-her eine hohe Ringzugfestigkeit der Konstruk-tionselemente. Bei Stahlprofilen ist insbesonderedie Schlosszugfestigkeit entscheidend. Bei Kreis-zellenfangedammen kann jede Zelle einzeln ge-stellt und verfullt werden. Flachzellen kommenzum Einsatz, wenn die Ringzugkrafte bei Kreis-zellen zu groß werden. Diese sind stufenweise zuverfullen. Zudem sind die Endpunkte eines Flach-zellenfangedamms als standsicher auszubilden,bei langen Bauwerken empfehlen sich zudemstandfeste Zwischenzellen. Hinweise zur Berech-nung finden sich in [25, 81].

Als besondere Anwendung bei Molenkopfen oderGrundungen im Wasser werden Monozellen ein-gesetzt.

8.6.1.2 Kastenfangedamme

Kastenfangedamme bestehen aus zwei parallelangeordneten, gegeneinander verankerten, beischmalen Trennmolen auch gegeneinander ausge-steiften Wanden. Bei Kastenfangedammen istmindestens eine Ankerlage bei Einbindung in

110 Marine Grundungsbauwerke

Bild 32. Schematische Grundrisse von Fangedammennach [7]

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den tragfahigen Baugrund und zwei Ankerlagenbei Grundungen auf Fels erforderlich. Fur dieBauausfuhrung und die Begrenzung von Havarie-schaden ist die Anordnung von Querwanden bzw.Festpunktblocken sinnvoll. Kastenfangedammesind analog zu Flachzellenfangedammen stufen-weise zu verfullen.

8.6.2 Berechnung

Die Berechnung von Fangedammen ist in EAU2004 in E100 fur Zellenfangedamme und inE101 fur Kastenfangedamme geregelt.

8.6.2.1 Zellenfangedamme

Der Nachweis gegen Versagen von Zellenfange-dammen im GZ 1B erfolgt, wie in Bild 33 darge-stellt, durch den Nachweis der Gleitsicherheit ge-maß DIN 1054 auf einer Gleitfuge durch denFangedamm oder den darunter liegenden Boden.Aufgrund der geringen Formanderungen von Zel-lenfangedammen ist der Erdwiderstand nur in ab-geminderter Große anzusetzen, in der Regel mitKp w 1,0, bei tiefer Einbindung in das Lockerge-stein mit Kp fur dp w 0.

Der Nachweis gegen Versagen des Fangedammsist erfullt, wenn der um den Pol der ungunstigstenGleitlinie drehende Bemessungswert der Momen-tenbeanspruchung infolge der Einwirkungen klei-ner ist als das Bemessungsmoment des Widerstan-des um den gleichen Pol, siehe Gl. (31).

MEd wMkG � gG SMw€u � gG SMkQ � gQ �MR

kG

gGl

(31)

Die ungunstigste Gleitlinie ist diejenige logarith-mische Spirale, die durch die Fußpunkte bzw.Querkraftnullpunkte der Wande geht und denkleinsten Bemessungswert des Widerstandes er-gibt. Die Krummung der Gleitlinie kann dabeiwie in Bild 33 angedeutet nach unten oder nachoben verlaufen. Die rechnerische Breite bl ergibtsich durch Umrechnung der tatsachlichen Grund-rissflache auf ein flachengleiches Rechteck.

Der erforderliche Widerstand gegen das Versagendurch Gleiten kann erhoht werden durch Verbrei-tern des Fangedamms, Wahl eines Verfullmate-rials mit großerer Wichte g und großerem Rei-bungswinkel f, eine Zellentwasserung oder dieErhohung der Einbindetiefe des Fangedamms.Fur Fangedamme, die nicht auf Fels stehen, ist zu-satzlich der Nachweis gegen Versagen des Fange-damms im GZ 1B infolge Grundbruch gemaß DIN4017 [45] auf Grundlage der DIN 1054 sowie imGZ 1C infolge Gelandebruchs gemaß DIN 4084zu fuhren. Bei Auftreten einer Wasserstromungist der Stromungsdruck bei den genannten Nach-

weisen zu berucksichtigen. Zusatzlich ist derNachweis gegen Versagen infolge eines hydrauli-schen Grundbruchs sowie infolge eines Erosions-grundbruchs zu fuhren. Ggf. sind Abdichtungenvorzusehen, um diese Mechanismen zu unterbin-den.

Der Nachweis der inneren Tragfahigkeit bei Zel-lenfangedammen erfolgt uber den Nachweis ge-gen Versagen des Profils infolge der Ringzugkraftin der Hauptzellenwand, der Zwickelwand sowieder gemeinsamen Wand.

8.6.2.2 Kastenfangedamme

Der Nachweis gegen Gleitversagen von Kasten-fangedammen im GZ 1B erfolgt prinzipiell analogzu Zellenfangedammen. Als rechnerische Breitebl des Fangedamms wird der Achsabstand der bei-den Spundwandachsen angesetzt. Der Erdwider-stand Ep vor der luftseitigen Spundwand darf we-gen der erhohten Verformbarkeit der Konstruktionunter einem Neigungswinkel dp i 0 angesetztwerden. Die maßgebenden Gleitlinien verlaufenbei der luftseitigen Wand bei freier Auflagerungdurch den Fußpunkt und bei einer Einspannungder Wand im Boden durch den Querkraftnull-punkt. Bei der lastseitigen Wand verlaufen dieGleitlinien auf der gleichen Hohe oder bei gerin-gerer Einbindung durch den Fußpunkt der Wand.

Zusatzlich zu den moglichen Maßnahmen bei Zel-lenfangedammen sind bei Kastenfangedammeneine Erhohung der Standsicherheit durch eine Ver-dichtung des Fullmaterials, eine Erhohung derEinbindelange sowie der Einbau zusatzlicher An-kerlagen moglich.

Die Berechnung der Wande erfolgt analog zuUfereinfassungen. Fur den Fall einer einseitigenBelastung des Fangedamms tragt dieser die

111Wande

IX

Bild 33. Einwirkungen und mogliche Gleitfugen furden Nachweis der Gleitsicherheit eines Fangedammsnach [7]

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Momentenbeanspruchung als monolithischer Bo-denblock in den tragfahigen Baugrund ab. Da-durch sind die vertikalen Spannungen uber dieBreite des Fangedamms veranderlich und weisenan der lastabgewandten Wand ihren Hochstwertauf. Dies kann gemaß EAU 2004 durch eine Erho-hung des mit da w 2=3 flk berechneten aktivenErddrucks um 25 % ausreichend genau beruck-sichtigt werden. Fur die statische Berechnungsind auch eventuelle Bauzustande zu betrachten.

Zusatzlich sind nach EAU 2004 die Sicherheit ge-gen Versagen des Kastenfangedamms im GZ 1Bauf der tiefen Gleitfuge gemaß Bild 34 sowie diein Abschnitt 8.6. 2.1 genannten Nachweise zu fuh-ren.

Einen alternativen Ansatz zur Berechnung der in-neren Standsicherheit von Fangedammen liefertWalz [72].

8.6.3 Bauliche Maßnahmen

Fangedamme durfen nur auf tragfahigem Bau-grund errichtet werden. Die Ausbildung vonZwangsgleitflachen, verursacht durch weicheBodenschichten im Sohlbereich, sind zu vermei-den. Als Fullmaterial ist ein Boden mit großerWichte und großem Winkel der inneren Reibungzu verwenden, Der Einbau feinkorniger Bodennach DIN 18 196 [44] ist untersagt. Die Durchlas-sigkeit des Materials sowie der Entwasserungsoff-nungen in der luftseitigen Wand ist sicherzustel-len.

Die Wandungen, eventuelle Ankeranschlusse und�berbauten sind so auszufuhren, dass die Gefahrlokaler Beschadigungen durch lastverteilendeBauteile reduziert und die globale Standsicher-heit der Fangedammkonstruktion sichergestelltwird.

Bei Kastenfangedammen ist insbesondere die un-tere Verankerung sorgfaltig zu entwerfen, die An-schlusse sind moglichst einfach aber wirksam aus-zufuhren. Die Sohlflache ist ggf. vor dem Verful-len zu reinigen, um Zwangsgleitfugen und erhohteBeanspruchungen der unteren Ankerlage zu ver-meiden.

9 Kajen9.1 Einleitung

Die Abmessungen der Seeschiffe, insbesonderedie der Containerschiffe, wachsen kontinuierlich(Bild 35). Die Schiffsgroßen fuhren zu entspre-chend großen Kajenabmessungen und damiteinhergehenden erhohten Beanspruchungen aus

112 Marine Grundungsbauwerke

Bild 34. Nachweis der Standsicherheit der Veranke-rung in der tiefen Gleitfuge gemaß EAU 2004, E10,Abschn. 8.4.9

Bild 35. Entwicklung von Lange, Breite und Tiefgang von Containerschiffen

Page 26: Beton-Kalender 2010 Einstiegsseite · den Nachweis in Abschnitt 3.5.7.3 erla¨utert wer-den. R d ist der Bemessungswert des Tragwiderstands. Dieser ha¨ngt prima¨r von den Bemessungswerten

Bergmeister, K. / Fingerloos, F. / Wörner, J.-D. (Hrsg.) Beton-Kalender 2010 Schwerpunkte: Brücken, Betonbau im Wasser Unter dem Schwerpunktthema Brücken behandelt der Beton-Kalender den Entwurf und die Bemessung von Massivbrücken nach den neuen DIN-Fachberichten vom März 2009. Zur Gewährleistung der Gebrauchs-tauglichkeit und Dauerhaftigkeit von neuen und bestehenden Brücken-bauwerken durch die Straßen- und Eisenbahnverwaltungen ist heute das Monitoring ein wichtiges Instrument. Bei der Planung von Gründungs-bauwerken im Wasser sind besondere Anforderungen an den Baustoff und an die Konstruktion zu berücksichtigen. Für die wichtigsten Marinen Bauwerke wird die Bemessung ausführlich dargestellt. Der Konstruktionstyp

Weiße Wanne für den Hochbau wird grundsätzlich behandelt. Zu beiden Schwerpunktthemen werden die einschlägigen Normen und Richtlinien vollständig abgedruckt. (XXXV, 1284 Seiten, 758 Abb., 217 Tab.. Gebunden. Erschienen)

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