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Berufspolitik BDU

Date post: 25-Aug-2016
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BDU-Journal Berufspolitik 891 Der Urologe 6 · 2012 | Urologe 2012 · 51:891–903 DOI 10.1007s00120-012-2917-3 © Springer-Verlag 2012 Redaktion W. Bühmann, Wenningstedt/Sylt Editorial BDU-Strukturreform: „Wir haben einen Koffer in Berlin“ Liebe Kolleginnen und Kollegen, leicht abgewandelt zitiere ich den von Ralph Maria Siegel kompo- nierten und von Marlene Diet- rich 1957 interpretierten Welt- hit als neuen Baustein der BDU- Strukturreform: zum 1.Mai hat der Berufsverband sein Haupt- stadtbüro als Stützpunkt nahe der Gremien der Gesundheitspolitik und der ärztlichen Selbstverwal- tung eröffnet. Im Auftrag der Mitglieder- versammlung haben Präsidium und Hauptausschuss anlässlich der Frühjahrssitzung Ende Ap- ril in Kiel auch die personellen Weichen gestellt: nachdem be- reits die beiden erfahrenen und kompetenten Gesundheitsexper- ten Franz Knieps und Ulrich Til- Inhalt 891 892 894 895 895 896 897 898 898 899 899 899 900 900 901 902 903 903 Editorial: BDU-Strukturreform:   „Wir haben einen Koffer in Berlin“ Sektorenübergreifende Versorgung nach dem GKV-VStG-Teil III.  Einbindung niedergelassener Ärzte   in der stationären Versorgung als Honorarärzte Brief des Berufsverbands der Deutschen Urologen –   Landesverband Westfalen-Lippe – an die Kassenärztliche   Vereinigung Westfalen-Lippe, Dortmund Brauchen Urologen bald eine Hygienefachkraft?    Uro GmbH fordert Einsicht beim Infektionsschutzgesetz Interviewreihe: 6 Fragen an Dr. med. Stefan Mohr Ab 2013 verpflichtend. Männliche Unfruchtbarkeit:   Neue WHO-Richtlinie zur Diagnose Im Visier des Staatsanwalts: Abrechnung von extern   erbrachten Speziallaborleistungen Allgemeinmedizin-Pflicht im PJ ist vom Tisch Schnellschüsse aus der Opposition –  KBV-Statistik greift bei Arzttätigkeit zu kurz SPD will IGeL-Leistungen eindämmen BÄK hält IGeL-Eindämmungsgesetz für unnötig Montgomery plädiert für Erhalt des dualen Systems   in der Krankenversicherung Urteil gegen Orthopäden:  Verspäteter Fortbildungsnachweis senkt das Honorar Journal-Club: Verzichtbare Befunde Stressinkontinenz.   Urodynamische Untersuchung vor Op. unnötig Frauen besser als Männer.   Fitness: Ärzte schlechter als Durchschnittsbürger Nachruf: Prof. Dr. med. Dr. h.c. EGBERT SCHMIEDT Neue Mitglieder  Jubilare ly von Wiese Consult in Berlin als Berater des BDU gewonnen wer- den konnten, leitet Patricia Ex als Referentin des BDU-Präsidenten das Hauptstadtbüro und nimmt sukzessive geschäftsführende Aufgaben für unseren Verband wahr. Frau Ex war nach ihrem Studium in Gender Studies, Eng- lish-Speaking-Culture und Euro- culture in Deutschland, USA und Spanien mit Bachelor- und Mas- ter-Abschlüssen als Referentin im Deutschen Bundestag tätig. Mit dieser Konstellation be- tritt der BDU konzeptionell be- rufspolitisches Neuland: die in- novativen und zukunftssichern- den Ideen unseres Verbandes sollen zielorientiert an die Ent- scheider in Politik und Kranken- kassenlandschaft kommuniziert werden, ohne den komplizierten und nicht selten an föderalisti- schen Hürden der Selbstverwal- tung gescheiterten Weg einschla- gen zu müssen. Längst überfällig macht die Professionalität der nichtärztli- chen „Spieler“ im Gesundheits- wesen es notwendig, für die Wahrung unserer ureigenen In- teressen eine gleiche Augenhöhe herzustellen, indem die richtigen Konzepte für die Zukunft unserer kleinen, aber feinen Fachgruppe in angemessen deutlicher Spra- che direkt in die Ohren und Hir- ne derer gelangen, die die Wei- chen stellen. Mit Franz Knieps und Ulrich Tilly stehen uns nicht nur zwei an entscheidenden Positionen in verschiedenen gesundheitspoli- tischen Organisationen erfahre- ne Experten – sowohl in der Ge- schäftsführung des AOK-Bun- desverbandes wie auch als Ab- teilungsleiter im Bundesgesund- heitsministerium – zur Verfü- gung; ihre exzellenten Kontak- te in alle Bereiche des gesund- heitspolitischen Dschungels wir- ken gleichsam als Türöffner für uns. Für die stets aktuelle Kom- munikation zwischen Beratern, Sachausschüssen und Präsidium sowie für die Aufbereitung und Umsetzung der Inhalte bildet Frau Ex die Brücke. Diese Lob- byarbeit wird die Voraussetzun- gen ermöglichen, der Urologie wieder die ihr angemessene Be- deutung zu verschaffen. Aber: auch die beste berufs- politische Positionierung kann nur Erfolg zeitigen, wenn al- le Urologinnen und Urologen in Praxis und Klinik engagiert und vor allem solidarisch dazu bei- tragen. Lassen Sie uns auf diese Weise gemeinsam unsere berufli- che Zukunft sichern und gestal- ten – nur wir selbst haben sie in der Hand! Herzliche Grüße Ihr Wolfgang Bühmann BDU-Pressesprecher Franz Knieps Patricia Ex Ulrich Tilly
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Page 1: Berufspolitik BDU

BDU-Journal Berufspolitik

891Der Urologe 6 · 2012 |

Urologe 2012 · 51:891–903DOI 10.1007s00120-012-2917-3© Springer-Verlag 2012

RedaktionW. Bühmann, Wenningstedt/Sylt

Editorial

BDU-Strukturreform: „Wir haben einen Koffer in Berlin“Liebe Kolleginnen und Kollegen,

leicht abgewandelt zitiere ich den von Ralph Maria Siegel kompo-nierten und von Marlene Diet-rich 1957 interpretierten Welt-hit als neuen Baustein der BDU-Strukturreform: zum 1.Mai hat der Berufsverband sein Haupt-stadtbüro als Stützpunkt nahe der Gremien der Gesundheitspolitik

und der ärztlichen Selbstverwal-tung eröffnet.

Im Auftrag der Mitglieder-versammlung haben Präsidium und Hauptausschuss anlässlich der Frühjahrssitzung Ende Ap-ril in Kiel auch die personellen Weichen gestellt: nachdem be-reits die beiden erfahrenen und kompetenten Gesundheitsexper-ten Franz Knieps und Ulrich Til-

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Editorial: BDU-Strukturreform:  „Wir haben einen Koffer in Berlin“

Sektorenübergreifende Versorgung nach dem GKV-VStG-Teil III. Einbindung niedergelassener Ärzte  in der stationären Versorgung als Honorarärzte

Brief des Berufsverbands der Deutschen Urologen –  Landesverband Westfalen-Lippe – an die Kassenärztliche  Vereinigung Westfalen-Lippe, Dortmund

Brauchen Urologen bald eine Hygienefachkraft?   Uro GmbH fordert Einsicht beim Infektionsschutzgesetz

Interviewreihe: 6 Fragen an Dr. med. Stefan Mohr

Ab 2013 verpflichtend. Männliche Unfruchtbarkeit:  Neue WHO-Richtlinie zur Diagnose

Im Visier des Staatsanwalts: Abrechnung von extern  erbrachten Speziallaborleistungen

Allgemeinmedizin-Pflicht im PJ ist vom Tisch

Schnellschüsse aus der Opposition – KBV-Statistik greift bei Arzttätigkeit zu kurz

SPD will IGeL-Leistungen eindämmen

BÄK hält IGeL-Eindämmungsgesetz für unnötig

Montgomery plädiert für Erhalt des dualen Systems  in der Krankenversicherung

Urteil gegen Orthopäden: Verspäteter Fortbildungsnachweis senkt das Honorar

Journal-Club: Verzichtbare Befunde Stressinkontinenz.  Urodynamische Untersuchung vor Op. unnötig

Frauen besser als Männer.  Fitness: Ärzte schlechter als Durchschnittsbürger

Nachruf: Prof. Dr. med. Dr. h.c. EGBERT SCHMIEDT

Neue Mitglieder 

Jubilare

ly von Wiese Consult in Berlin als Berater des BDU gewonnen wer-den konnten, leitet Patricia Ex als Referentin des BDU-Präsidenten das Hauptstadtbüro und nimmt sukzessive geschäftsführende Aufgaben für unseren Verband wahr. Frau Ex war nach ihrem Studium in Gender Studies, Eng-lish-Speaking-Culture und Euro-culture in Deutschland, USA und Spanien mit Bachelor- und Mas-ter-Abschlüssen als Referentin im Deutschen Bundestag tätig.

Mit dieser Konstellation be-tritt der BDU konzeptionell be-rufspolitisches Neuland: die in-novativen und zukunftssichern-den Ideen unseres Verbandes sollen zielorientiert an die Ent-scheider in Politik und Kranken-kassenlandschaft kommuniziert werden, ohne den komplizierten und nicht selten an föderalisti-schen Hürden der Selbstverwal-tung gescheiterten Weg einschla-gen zu müssen.

Längst überfällig macht die Professionalität der nichtärztli-chen „Spieler“ im Gesundheits-wesen es notwendig, für die Wahrung unserer ureigenen In-teressen eine gleiche Augenhöhe herzustellen, indem die richtigen Konzepte für die Zukunft unserer kleinen, aber feinen Fachgruppe in angemessen deutlicher Spra-

che direkt in die Ohren und Hir-ne derer gelangen, die die Wei-chen stellen.

Mit Franz Knieps und Ulrich Tilly stehen uns nicht nur zwei an entscheidenden Positionen in verschiedenen gesundheitspoli-tischen Organisationen erfahre-ne Experten – sowohl in der Ge-schäftsführung des AOK-Bun-desverbandes wie auch als Ab-teilungsleiter im Bundesgesund-heitsministerium – zur Verfü-gung; ihre exzellenten Kontak-te in alle Bereiche des gesund-heitspolitischen Dschungels wir-ken gleichsam als Türöffner für uns. Für die stets aktuelle Kom-munikation zwischen Beratern, Sachausschüssen und Präsidium sowie für die Aufbereitung und Umsetzung der Inhalte bildet Frau Ex die Brücke. Diese Lob-byarbeit wird die Voraussetzun-gen ermöglichen, der Urologie wieder die ihr angemessene Be-deutung zu verschaffen.

Aber: auch die beste berufs-politische Positionierung kann nur Erfolg zeitigen, wenn al-le Urologinnen und Urologen in Praxis und Klinik engagiert und vor allem solidarisch dazu bei-tragen. Lassen Sie uns auf diese Weise gemeinsam unsere berufli-che Zukunft sichern und gestal-ten – nur wir selbst haben sie in der Hand!

Herzliche GrüßeIhr

Wolfgang BühmannBDU-Pressesprecher

Franz Knieps

Patricia Ex

Ulrich Tilly

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892 | Der Urologe 6 · 2012892 | Der Urologe 6 · 2012

BDU-Journal Berufspolitik

R). Der Gesetzgeber hat jedoch durch die im Zuge des GKV-VStG vorgenommene Gesetzes-änderung des § 115 b SGB V klar-gestellt, dass im Bereich des Am-bulanten Operierens Leistungen auf Grundlage einer vertragli-chen Zusammenarbeit mit nie-dergelassenen Vertragsärzten ambulant im Krankenhaus er-bracht werden können, er hat al-so die Hinzuziehung externer – nicht angestellter – Ärzte durch das Krankenhaus legitimiert (vgl. auch Teil I dieser Aufsatzreihe).

Eine derartige klarstellende gesetzliche Regelung für die Ein-bindung niedergelassener Ärzte in die stationäre Versorgung steht aus. Es bleibt umstritten, ob sek-torenübergreifende Kooperatio-nen dieser Art zulässig sind.

Ein Teil der sozialgerichtli-chen Rechtsprechung (z.B. SG Kassel, Urt. v. 24.11.2010, Az. S 12 KR 168/10) und der juristischen Fachliteratur verneint die Zuläs-sigkeit der Einbindung niederge-lassener Ärzte als Honorarärzte. Dies wird damit begründet, dass ein Krankenhaus die von ihm abgerechneten Kernleistungen selbst erbringen müsse. Lediglich zur Erbringung solcher Leistun-gen, die ergänzende oder unter-stützende Funktion im Vergleich zur Hauptbehandlungsleistung haben, könnten externe Ärzte als Konsiliarärzte hinzugezogen werden. Diese Auffassung wird aus § 2 Abs. 2 Nr. 2 KHEntgG hergeleitet.

§ 2 Abs. 2 Nr. 2 KHEntgG: Vom Krankenhaus veranlasste Leistungen Dritter sind Krankenhaus-leistungen

Ein anderer Teil der sozialge-richtlichen Rechtsprechung (z.B. SG Fulda, Urt. v.19.1.2010, Az. S 4 KR 495/06) und verschiede-ne Stimmen in der juristischen Fachliteratur (z.B. Clemens in MedR 2011, S. 770 ff) teilen die-se restriktive Auffassung nicht. Vielmehr könne das Kranken-haus sich auch zur Erbringung von Hauptleistungen Dritter – also externer Ärzte – bedienen,

zumindest unter Einhaltung be-stimmter Voraussetzungen. Die-se Stimmen berufen sich berech-tigterweise auf den Wortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 2 KHEntgG. Hier-nach gehören auch die von einem Krankenhaus veranlassten Leis-tungen Dritter zu den Kranken-hausleistungen. Es stehe daher dem Krankenhaus grundsätzlich frei, beliebige Dritte zur Behand-lung von Patienten heranzuzie-hen und zwar auch hinsichtlich der Erbringung von Hauptleis-tungen. Eine Differenzierung zwischen Hauptbehandlungsleis-tungen und ergänzenden Leis-tungen lässt sich der Vorschrift zudem nicht entnehmen. Die-se Auslegung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 KHEntgG gelte zumindest so-lange, wie Leistungen erbracht werden, die vom Versorgungs-auftrag des Krankenhauses um-fasst sind und solange das Kran-kenhaus die Gesamtverantwor-tung für jene Leistungen trägt. Teilweise wird zusätzlich erwar-tet, dass diese Leistungen nur im Einzelfall vom Krankenhaus ab-gerufen werden. Letztere Voraus-setzung sei zudem nur dann er-füllt, wenn die Leistungen Drit-ter nur einen untergeordneten Umfang der jeweiligen Kranken-hausabteilung einnehmen.

Allerdings hält die verwal-tungsgerichtliche Rechtspre-chung die Einbindung von Ho-norarärzten in die stationäre Ver-sorgung für uneingeschränkt zu-lässig. Auch die Leistungen nie-dergelassener Ärzte seien allge-meine Krankenhausleistung und somit im Rahmen von Budget-verhandlungen zu berücksich-tigen (vgl. VG Frankfurt, Urt. v. 09.02.2010, Az. 5 K 1985/08.F; VG Hannover, Urt. v. 22.07.2010, Az. 7 A 3146/08).

Dieser Auffassung ist im Er-gebnis zuzustimmen.

Sachfremde Differenzierungen

Nicht zuletzt der Wortlaut des § 20 Ärzte-ZV, der von der zuläs-sigen „Zusammenarbeit“ zwi-schen Krankenhaus und Ver-tragsarzt spricht und nicht ex-

Sektorenübergreifende Versor-gung nach dem GKV-VStG-Teil IIIEinbindung niedergelassener Ärzte in der stationären Versorgung als Honorarärzte

Nachdem im ersten Teil der Auf-satzreihe zur sektorenübergrei-fenden Versorgung die Koopera-tionsmöglichkeiten im Bereich des ambulanten Operierens beleuch-tet wurden, und der zweite Teil sich mit der Kooperation im Rah-men der vor- und nachstationä-ren Behandlung befasste, soll in diesem Artikel der rechtliche Rah-men für die Einbindung nieder-gelassener Ärzte in der stationä-ren Versorgung als sogenannte Honorarärzte dargestellt werden.

Bis zum Jahre 2006 war es Ver-tragsärzten regelmäßig unter-sagt, mit Krankenhäusern zu ko-operieren. Diese sektorenüber-greifende Zusammenarbeit war mit der Tätigkeit des (ambulant tätigen) Vertragsarztes nicht ver-einbar. Der Gesetzgeber hat diese unüberwindbare Hürde mit dem Vertragsarztrechtsänderungsge-setz zum 1.1.2007 abgebaut und in § 20 Abs. 2 Ärzte-Zulassungsver-ordnung (Ärzte-ZV) normiert, dass die Tätigkeit in oder die Zu-sammenarbeit mit einem zuge-lassenen Krankenhaus mit der Tätigkeit des Vertragsarztes ver-einbar ist. Hieraus wurden einige Kooperationsmodelle zwischen Kliniken und Vertragsärzten ent-wickelt, in denen Vertragsärzte die von Ihnen zunächst ambulant behandelten Patienten nach vor-heriger Einweisung in eine Klinik zum Zweck der Durchführung einer stationären Behandlung dort selbst behandelten. Gegen-stand der Zusammenarbeit ist insbesondere die Durchführung der operativen Leistungen durch den Vertragsarzt. Dieser erhält dann für seine Leistungen von der Klinik eine zuvor vereinbar-te Vergütung. Die Klinik wiede-rum rechnet die erbrachten sta-tionären Leistungen, die (auch) durch den hinzugezogenen Arzt erbracht wurden, gegenüber den

Kostenträgern ab. Diese von der Klinik hinzugezogenen Ver-tragsärzte werden in der Praxis zumeist als „Honorararzt“, „Ko-operationsarzt“ oder „Konsiliar-arzt“ bezeichnet. Sowohl in der Rechtsprechung als auch in der juristischen Literatur ist umstrit-ten, inwieweit die Einbeziehung von Honorarärzten rechtlich zu-lässig ist.

Grundsatz: Anstellung in der Klinik zulässig

Unzweifelhaft zulässig ist es, dass niedergelassene Vertragsärzte – solange sie für die vertragsärztli-che Versorgung weiterhin im er-forderlichen Maße persönlich zur Verfügung stehen und Sprechzei-ten zu den in der vertragsärztli-chen Versorgung üblichen Zeiten anbieten (§ 20 Ärzte-ZV) – von Krankenhäusern als angestell-te Ärzte beschäftigt werden kön-nen, um stationäre Leistungen zu erbringen.

Der Honorararzt als freier Mitarbeiter?

Aus den unterschiedlichsten Gründen geschieht die Einbin-dung niedergelassener Ärzte bei der Erbringung der stationä-ren Leistungen jedoch regelmä-ßig als Honorararzt und somit auf Grundlage einer freien Mit-arbeit. Zu diesem Zweck werden Kooperationsverträge zwischen dem Arzt und der Klinik abge-schlossen.

Die Einbindung von nieder-gelassenen (Vertrags-)Ärzten als freie Mitarbeiter durch Kliniken wurde bis zum Inkrafttreten des GKV-Versorgungsstrukturgeset-zes (GKV-VStG) durch das Bun-dessozialgericht für den Bereich des Ambulanten Operierens als unzulässig erachtet (BSG; Urt. vom 23.03.2011, Az. B 6 KA 11/10

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893Der Urologe 6 · 2012 |

plizit von der „Anstellung“ des Vertragsarztes im Krankenhaus, spricht m.E. dafür, dass § 2 Abs. 2 Nr. 2 KHEntgG weit auszule-gen ist. Auch die Gesetzesände-rungen, die im Zuge des GKV-VStG in § 115 a und § 115 b SGB V vorgenommen wurden, spre-chen dafür, dass sich das Kran-kenhaus zur Erbringung von sta-tionären Leistungen auch nieder-gelassener Vertragsärzte bedie-nen darf. Es ist kein sachlicher Grund erkennbar, weshalb ein Krankenhaus gemäß § 115 a SGB V vor- und nachstationäre Leis-tungen auf Grundlage eines Ko-operationsvertrages auch durch Vertragsärzte erbringen lassen darf und zwar sogar am Stand-ort der Praxis des Vertragsarztes, die Einbeziehung von Vertrags-ärzten bei der Erbringung statio-närer Leistungen jedoch unzuläs-sig sein soll. Eine solche Differen-zierung zwischen vor- und nach-stationären Leistungen einer-seits und den übrigen stationä-ren Leistungen andererseits wäre sachfremd, zumal es sich bei vor- und nachstationären Leistungen grundsätzlich auch um stationä-re Leistungen handelt, die origi-när vom Krankenhaus zu erbrin-gen sind.

Der Gesetzgeber hat leider nicht im Rahmen des GKV-VStG ausdrücklich die Hinzuziehung von Vertragsärzten bei der Er-bringung von stationären Haupt-leistungen gestattet. Hieraus lässt sich jedoch nicht automatisch herleiten, dass er dieses Koope-rationsmodell für unzulässig hält. Vielmehr steht zu vermuten, dass er davon ausging, dass die vor-handene Vorschrift des § 2 Abs. 2 Nr. 2 KHEntgG ausreicht, um die Einbeziehung von Honorar-ärzten zu legitimieren. Schließ-lich ist kein sachlicher Grund er-kennbar, weshalb im Bereich des ambulanten Operierens und bei Leistungen nach § 115 a SGB V die Einbeziehung von Vertrags-ärzten durch Kliniken gestattet, auf dem stationären Sektor dies jedoch nicht erlaubt sein soll.

Deswegen sprechen gute Ar-gumente dafür, dass die Einbin-dung von Vertragsärzten als frei-

berufliche Honorarärzte durch Kliniken zulässig ist. Rechtliche Sicherheit kann jedoch nicht ge-währt werden.

Rechtliche Schranken der Zusammenarbeit

Selbst wenn man die Zulässigkeit der Einbindung von Honorarärz-ten bejaht, bedeutet dies nicht, dass diese im Übrigen schran-kenlos zulässig ist.

Eine Schranke ergibt sich aus § 20 Ärzte-ZV. Der Vertrags-arzt muss für die vertragsärztli-che Versorgung an seinem Ver-tragsarztsitz weiterhin zur Erfül-lung seines Versorgungsauftrags im ausreichenden Maße persön-lich zur Verfügung stehen und Sprechstunden zu den üblichen Zeiten anbieten.

Kick-Back-Verbot beachten: Angemessene Vergütung

Eine weitere Schranke ergibt sich jedoch aus dem Verbot des Kick-Backs. So muss sicherge-stellt sein, dass in der Vergütung, die der Vertragsarzt vom Kran-kenhaus für seine honorarärzt-liche Tätigkeit erhält, keine ver-steckte Prämie für die Zuwei-sung enthalten ist. Ist dies doch der Fall, liegt nicht nur ein Ver-stoß gegen § 31 der Musterberufs-ordnung und dem dort normier-ten Verbot der Zuweisung gegen Entgelt vor. Durch die neue Vor-schrift des § 73 Abs. 7 SGB V ist das Kick-Back-Verbot unmittel-bar in das Vertragsarztrecht im-plementiert worden mit der Fol-ge, das ein Verstoß gegen dieses Verbot zulassungsrechtliche Kon-sequenzen mit sich bringen kann.

Es ist daher Wert darauf zu legen, dass die Vergütung, die der Vertragsarzt für seine ho-norarärztliche Tätigkeit erhält, eine angemessene Höhe hat und nicht unangemessen hoch aus-fällt. Wann von einer angemes-senen Höhe der Vergütung aus-zugehen ist, ist rechtlich noch nicht abschließend geklärt. In Anlehnung an die Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs zur Zusammenarbeit zwischen

Leistungserbringern könnte u.a. eine Vergütung unter Zugrun-delegung des einfachen GOÄ-Satzes in Betracht kommen (vgl. BGH, Urt. v.12.11.2009, Az. III ZR 110/09). Denkbar wäre es auch, die Vergütung an den Anteil der DRGs anzulehnen, die das Kran-kenhaus auf Grundlage der sog. InEK-Kalkulation von den Kos-tenträgern für die vom Honorar-arzt erbrachten Leistungen erhält. Ob diese Vergütungsmodelle tat-sächlich vor dem Blickwinkel des Verbots der Zuweisung gegen Entgelt von der Rechtsprechung als rechtmäßig anerkannt wer-den, ist zweifelhaft. Schließlich hat die Rechtsprechung in der Vergangenheit jeden wirtschaft-lichen Vorteil, der aus einer Zu-weisung resultiert, als unzuläs-sig erachtet. Nach dieser – nach diesseitiger Auffassung zu weit gehenden – Rechtsprechung könnte bereits in der Möglich-keit des Hinzuverdienstes durch die Tätigkeit als Honorararzt in der Klinik ein sachfremder und somit unzulässiger wirtschaftli-cher Vorteil erkannt werden.

Fazit

Auch wenn die überwiegenden Gründe dafür sprechen, dass ein Krankenhaus zulässigerweise nie-dergelassene Ärzte als Honorar-ärzte zur Erbringung stationä-rer Leistungen beauftragen darf, ist diese Frage noch nicht hinrei-chend geklärt. Es bleibt zu hof-fen, dass der Gesetzgeber diese Art der Zusammenarbeit – nicht zuletzt auf Grund des in der Zu-kunft zu befürchtenden Fachärz-temangels – legitimieren wird. Entsprechende Gesetzesinitiati-ven sind bereits gestartet wor-den. Bis zu einer solchen Geset-zesänderung oder bis zu einer Ent-scheidung des Bundessozialge-richts bleibt die Anstellung die si-cherste Variante der Zusammen-arbeit zwischen niedergelassenen Ärzten und Kliniken. Auch hier-bei ist jedoch aus oben genann-ten Gründen auf die Angemessen-heit der Vergütung des angestell-ten Arztes Wert zu legen. So lan-ge die Rechtsfrage der Zulässig-

keit der Einbeziehung von Hono-rarärzten nicht geklärt ist, ist es darüber hinaus dringend ratsam, dass das Kooperationsmodell gegenüber den Kostenträgern transparent gemacht wird. Auf diesem Wege könnte ein mögli-cher strafrechtlich relevanter Vor-wurf, die Kostenträger über eine unzulässige Leistungserbringung durch Honorarärzte getäuscht zu haben, entkräftet werden.

Christian GerdtsRechtsanwaltFachanwalt für Medizinrechtk | s | b  RECHTSANWÄLTE • NOTARETelefon: +49 (40) 355372 - 222Telefax: +49 (40) 355372 - [email protected]  www.ksb-recht.de

Page 4: Berufspolitik BDU

894 | Der Urologe 6 · 2012894 | Der Urologe 6 · 2012

BDU-Journal Berufspolitik

Brief des Berufsverbands der Deutschen Urologen – Landes-verband Westfalen-Lippe – an die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe, Dortmund

Sehr geehrter Herr Kollege Dryden, sehr geehrter Herr Kollege Nordmann, sehr geehrter Herr Kriedel,

den Plänen der KBV zur Einfüh-rung von Budgets für das OIII La-bor muss entschieden widerspro-chen werden.

Urologen bieten die komplet-te Diagnostik und Therapie in einer Hand an. Dies gewährleis-tet einen hohen Standard in der Versorgung. Wesentlich ist die ganzheitliche Betrachtung von Patient und Parameter in en-gem zeitlichen Zusammenhang und die Beurteilung des Verlaufs, fundiert durch die detaillierten Kenntnisse über die verwende-ten Analysemethoden.

Exemplarisch zeigt dies die aktuelle Diskussion zu multi-resistenten Keimen und Hospi-talismus. Urologen sind durch ihre bakteriologische Diagnostik kurzfristig in der Lage, eine dif-ferenzierte Therapie von Harn-wegsinfektionen zu leisten und so den ungezielten Einsatz von Antibiotika zu reduzieren und vor allem zu vermeiden.

Die neue Regelung der KBV offenbart wieder einmal die Unkenntnis über das tatsächli-che Spektrum urologischer Tä-tigkeit. Der bisher nicht budge-tierte Laborbereich zeigt exem-plarisch die Entwicklung im Ge-sundheitswesen auf. Vermehrte Laboranalysen durch Urologen sind das Resultat der zunehmen-den Morbidität einer alternden Gesellschaft sowie der verbesser-ter Qualifikation und veränder-ter diagnostischer und therapeu-tischer Verfahren in der Urolo-

gie. Selbstverständlich kommt es zu Weiterentwicklungen in der Diagnostik. Daraus resultiert lo-gischerweise eine Zunahme der notwendigen Analysen.

Dargestellt wird dies nun als ein von den Ärzten veranstalteter Kompensationsmechanismus zur Honoraroptimierung oder -stabi-lisierung. Es geht der Kassenärzt-lichen Bundesvereinigung somit einzig um die Kostenkontrolle. Auf diese Diskussion werden wir uns gar nicht einlassen.

Urologen beweisen durch ihr Engagement im Gebiet der Fort- und Weiterbildung, dass sie sich den veränderten Bedingungen in der Medizin stellen und ihre Arbeit nicht auf dem Stand ihres Staatsexamens praktizieren. Die Diagnostik urologischer Erkran-kungen erfolgt im hohen Maße durch Laboranalysen, die durch Urologen selbst eigenverantwort-lich und mit Sachverstand unmit-telbar erbracht werden, und für die sie gemäß Weiterbildungs-ordnung ausgebildet sind.

Ein pauschales Budget, in welcher Höhe auch immer, für die Fachgruppe der Urologen berücksichtigt nicht die Zusatz-qualifikationen. So ist die Zu-satzqualifikation Andrologie im EBM überhaupt nicht abgebil-det. Urologen, die diese Zusatz-qualifikation erworben haben und über die Zulassung der Er-bringung der Leistung des Kapi-tels 32.3 EBM verfügen, müssen zwangsläufig ein höheres Kon-tingent an Laborleistungen er-bringen. Schließlich werden sie von einer bestimmten Patien-tengruppe deshalb gezielt aufge-sucht. Deshalb wurde das Sper-miogramm jüngst aufgewertet.

Ist dies in den Berechnungen der KBV berücksichtigt?

Ebenfalls nicht berücksich-tigt ist die höhere diagnostische Belastung im Rahmen von Tu-morerkrankungen (Diagnostik und Therapie bösartiger Erkran-kungen, abgebildet durch die Zu-satzqualifikation „Medikamen-töse Tumortherapie“). Dies er-fordert ebenfalls eine zeitnahe Labordiagnostik bei steigenden Fallzahlen. Es ist zu befürchten, dass durch den Wegfall der La-bor-Ausnahmeziffern bei chro-nisch erkrankten Patienten not-wendige Labordiagnostik nicht mehr im ausreichend Maß er-bracht werden kann.

Wiederum wird nicht be-rücksichtigt, dass im Fachgebiet der Urologen derzeit der höchs-te Zuwachs an Behandlungsfällen und Morbidität durch die demo-graphische Veränderung stattfin-det. Die Bevölkerungspyramide mit den daraus resultierenden zunehmenden Konsultationen in der Zielgrupe der Prävention führt in diesen Jahren das abso-lute Maximum an Männern im Rahmen der Früherkennung des Prostatakarzinoms in unsere Pra-xen. Grenzwertig erhöhte PSA-Werte müssen leitliniengerecht kontrolliert und abgeklärt wer-den. Dies erfordert zusätzliche Messungen von PSA und frei-em PSA, in Zukunft des proPSA. Diese Werte werden somit von einem erwartungsvollen Klientel gezielt beim Facharzt mit seiner hoher Kompetenz nachgefragt.

Palliative Therapien von Pros-tatakarzinomen nehmen eben-falls bedingt durch die demo-graphische Entwicklung zu. Zur Therapiekontrolle sind PSA-Messungen unabdingbar und dem Stand der medizinischen Versorgung entsprechend die Kontrolle der Effektivität der Me-dikation durch eine Messung des Testosterons.

Die zeitnahe mikrobiologi-sche Diagnostik von Harnwegs-infekten ist zwingend notwendig, wenn eine ungezielte Behand-lung mit Antibiotika vermieden werden soll (Stichwort „resisten-te Keime“, „MRSA“-Thematik).

Im Labor der Urologen erfolgt eine schnelle, qualitätsgesicher-te Identifikation der Erreger und in der Konsequenz die optimale Therapie. In zunehmendem Ma-ße müssen Patienten von Urolo-gen in Altenheimen versorgt wer-den, bei denen eine Supervision von Harnwegsinfekten dringend angezeigt ist. Dies führt zu einer Zunahme von OIII Leistungen der Kollegen mit mikrobiologi-scher Zusatzqualifikation.

Folgerichtig ist ein historisch abgerechnetes Laborkontingent nicht abzusenken, sondern zu erhöhen. Der seit Jahren etab-lierte Modus der Ausnahmezif-fern muss erhalten bleiben.

Der Einsatz des Labors ist durch die Morbidität (ICD) zu erklären und kontrollierbar! Eines Budgets bedarf es nicht.

Seit dem Staatsexamen von Herrn Köhler und anderen be-rufspolitischen Entscheidern hat sich die Urologie erheblich ver-ändert. Wir sind zu Fort- und Weiterbildung verpflichtet. Be-sonders die Urologen in Westfa-len-Lippe stellen das durch dop-pelte CME-Kontrolle (Onkolo-gievereinbarung) und die An-zahl ihrer Zusatzqualifikationen unter Beweis. Eine Auseinander-setzung mit den Innovationen kann nicht schaden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. med. Christian Tschuschke1. Landesvorsitzender

Dr. med. Dirk Spelmeyer2. Landesvorsitzender

Page 5: Berufspolitik BDU

895Der Urologe 6 · 2012 |

Brauchen Urologen bald eine Hygienefachkraft? Uro GmbH fordert Einsicht beim Infektionsschutzgesetz

Rund neun Monate nach Inkraft-treten der Neufassung des Infek-tionsschutzgesetzes (IfSG) unter-breitete die Landesregierung NRW ihren Entwurf zur Umset-zung des § 23 Abs. 5 und 8. Vor allem die Interpretation des Ab-satzes 8 könne laut Uro-GmbH Nordrhein fatale Folgen für je-de urologische Praxis haben. Dr. Wolfgang Rulf, Geschäftsführer der Managementgesellschaft for-dert das Ministerium zum Um-denken auf.

Eigentlich erwähnen die Ab-sätze 5 und 8 des § 23 IfSG aus-drücklich Einrichtungen zum ambulanten Operieren. Aber durch schwammige Formulie-rungen im Gesetz scheint es möglich, dass auch nicht ope-rierende, aber endoskopierende Praxen – und damit letztendlich alle urologischen Praxen – eben-falls unter die neuen gesetzlichen Vorgaben fallen. Hintergrund: Absatz 5 fordert von den Ver-antwortlichen innerbetriebliche Verfahrensweisen zur Infektions-hygiene in Hygieneplänen, um – in Kombination mit § 23 Abs. 3 IfSG – die Weiterverbreitung von Krankheitserregern, insbe-sondere mit Resistenzen, zu ver-meiden. Dies sollte jedoch mitt-lerweile in den urologischen Pra-xen problemloser Standard sein. Gemäß § 23 Abs. 4 IfSG ist aber darauf zu achten, dass das Auf-treten von Keimen mit Resisten-zen und Multiresistenzen sowie deren Management organisiert und dokumentiert wird. Verstö-ße gegen Absatz 4 können mit 25.000 Euro sanktioniert wer-den. Brisant ist die Umsetzung des Absatzes 8, der die Landes-regierungen verpflichtet, durch Rechtsverordnung Maßnahmen zur Verhütung, Erkennung, Er-fassung und Bekämpfung von nosokomialen Infektionen und Krankheitserregern mit Resisten-

zen zu regeln. Acht Regeln sol-len dazu umgesetzt werden, eine heißt: „… die erforderliche per-sonelle Ausstattung mit Hygiene-fachkräften und Krankenhaushy-gienikern und die Bestellung von hygienebeauftragten Ärzten, ein-schließlich bis zum 31. Dezember 2016, umzusetzen.“

Im Entwurf der Landesre-gierung wurde bei der Interpre-tation der Regeln eine Differen-zierung zwischen Praxen und Krankenhäusern vorgenommen

– allerdings mit einer gravieren-den Ausnahme: der Verpflich-tung für Praxen zu einer Hygie-nefachkraft. „Es ist müßig darü-ber nachzudenken, ob der Lan-desregierung bei der Formulie-rung ‚Hygienefachkraft‘ bewusst war, dass es sich hier um eine ge-schützte Berufsbezeichnung han-delt“, meint Rulf. „Hygienefach-kräfte müssen eine abgeschlosse-ne Berufsausbildung zur Kran-kenschwester oder zum Kran-kenpfleger, eine mehrjährige Be-rufstätigkeit und eine sich daran anschließende zweijährige Zu-satzweiterbildung haben. Selbst wenn, was selbstredend nicht der Fall ist, die Praxen derarti-ge Fachkräfte finanzieren könn-ten, wären bei Weitem nicht aus-reichend Hygienefachkräfte auf dem Markt.“

In der Folge hat die KV Nord-rhein eine Stellungnahme an die Landesregierung weitergeleitet. Die Einwände sind im Ministe-rium aber auf taube Ohren ge-stoßen. Es verzichtete nur auf die Forderung der festen Einstel-lung. Im Februar 2012 forderte die KV Nordrhein alle ambulant operativ tätigen Vertragsärzte auf, die „Anforderungen an die hygi-enische Aufbereitung von Medi-zinprodukten“ umzusetzen. „Bei genauer Durchsicht fällt auf, dass diese sogar höhere Anforderun-gen an die Aufbereitung stellen

als die gesetzlich legitimierten Normen der Kommission am Robert-Koch-Institut“, verdeut-licht Rulf. „Zudem steht im § 23 Absatz 3 des IfSG, dass die Ein-haltung des Standes der medi-zinischen Wissenschaft vermu-tet wird, wenn die Empfehlun-gen des RKI eingehalten wurden. Weitgehende Anforderungen können nicht ernsthaft verlangt werden.“ www.uro-gmbh.de

komm | public! Gesunde PR für die Medizin-branche Isabell Adam Große Düwelstraße 28 30171 Hannover   fon: +49-511-89 88 10-17 fax: +49-511-89 88 10-10   

Interviewreihe

6 Fragen an Dr. med. Stefan Mohr

Sie arbeiten aktiv in den Gre-mien der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V. und des Berufs-verbandes der Deutschen Urolo-gen e.V. oder vertreten die Urolo-gie darüber hinaus auf nationaler und internationaler Ebene: Zahl-reiche Urologinnen und Urologen engagieren sich ehrenamtlich für ihr Fachgebiet. Darunter ist auch Dr. med. Stefan Mohr. Er ist nie-dergelassener Facharzt für Urolo-gie in Ilmenau, Vorsitzender des BDU-Landesverbands Thüringen und im BDU-Sachausschuss Mit-gliederservice aktiv.

1. Warum haben Sie sich für die Urologie entschieden?Bereits als Student hat mich am Fach Urologie der vielfältige Ein-satz von minimalinvasiven dia-gnostischen und therapeuti-

schen Verfahren begeistert, dies war in den 80er Jahren bis da-to in keinem anderen medizini-schen Fachgebiet so konsequent und zielstrebig umgesetzt wor-den. Weiterhin arbeitet der uro-logische Facharzt auf den ersten Blick in einem relativ klar struk-turierten und überschaubaren Organgebiet, so dass man über ein intensives Spezialwissen ver-fügt. Auf der anderen Seite er-möglicht die Urologie eine viel-fältige interdisziplinäre Vernet-zung mit zusätzlichen Aufgaben-gebieten - wie Onkologie, Neph-rologie, Mikroskopie und Zyto-logie, Andrologie, Mikrobiolo-gie, Röntgen, Männerarzt (Meta-bolisches Syndrom, Sportmedi-zin), Urogynäkologie, Urodyna-mik, Spermiogramm, Infektiolo-gie, Psychosomatik und geriatri-sche Urologie.

2. Was hat Sie in die Ver-bands-/Gremienarbeit für Ihr Fachgebiet geführt?Schon bald interessierte ich mich für berufspolitische Fra-gestellungen in Zusammenhang mit der täglichen urologischen Arbeit. Hierbei zeigte sich, dass nur durch eine zielstrebige Be-rufspolitik die komplexen und schnelllebigen Veränderungen

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BDU-Journal Berufspolitik

der Medizin und Gesundheits-politik sowohl für die Ärzte als für die Patienten sinnvoll und demo-kratisch umgesetzt werden kön-nen. Durch die Arbeit im Berufs-verband und in den entsprechen-den Gremien ist man immer mit den aktuellsten Problemen kon-frontiert und kann dann im Team nach und nach problemorientier-te Lösungen erarbeiten. Dies ist oftmals auch mit bürokratischer Sisyphusarbeit verbunden, aber letztendlich freut man sich über die kleineren oder auch gelegent-lich größeren Erfolge.

3. Was sind die aktuellen in-haltlichen Schwerpunkte, an denen Sie dort mitarbeiten?Bei der berufspolitischen Arbeit in Thüringen bemühen wir uns seit langem um eine kollegiale und konstruktive Zusammen-arbeit zwischen niedergelasse-nen und stationär arbeitenden Urologen. Dies spiegelt sich so-wohl in der täglichen Arbeit, als auch in der Planung und Orga-nisation von regionalen Fortbil-dungsveranstaltungen und On-line-Meetings wieder. Zu die-sem Zweck haben wir vor 15 Jah-ren den Arbeitskreis Urologische Onkologie Thüringen gegründet, welcher seitdem vielfältige uro-logische und onkologische Fra-gestellungen konzipiert und ko-ordiniert. Über eine jeweilige Homepage sind der AUO Thü-ringen und BDU Thüringen in-haltlich verlinkt.

Momentan befinden wir uns in der Phase der Neustrukturie-rung des Sachausschusses Mit-gliederservice. Ziel ist die kon-sequente Weiterentwicklung des Mitgliederservices unter Einbe-ziehung der gesamten Infrastruk-tur. Das betrifft den Ausbau der Rechtsberatung sowie die Unter-stützung und Beratung bei Nie-derlassung oder Praxisabgabe und im Personalmanagement. Dazu gehört auch die Etablierung einer internetgestützten Infor-mationsdatenbank. Diese soll ak-tuelle regionale und bundesweite Veränderungen in Röntgendiag-nostik, Sonographie, Labor sowie Hygienerichtlinien und Ringver-

suche sowie urologisch relevante Veränderungen der politischen Rahmenbedingungen beinhal-ten und über das Urologenportal realisiert werden.

4. Welches sind die langfristi-gen Ziele Ihres Engagements?Langfristig soll die Arbeit des Berufsverbandes der Deutschen Urologen unserem Fachgebiet dazu dienen, sich zukunftsorien-tiert und innovativ zu entwickeln. Dabei wollen wir unseren Nach-wuchs für unser breit aufgestell-tes Fach so begeistern und moti-vieren, dass auch weiterhin viele Kollegen den Schritt in die Nie-derlassung gehen können. Dies bedarf der vielfältigen Koopera-tionen in und zwischen den me-dizinischen Versorgungsebenen. Als onkologisches Schwerpunkt-fach können wir dem Patienten bei entsprechenden Erkrankun-gen die Versorgung aus „einer Hand“ anbieten und gleichzeitig die interdisziplinäre Zusammen-arbeit koordinieren. Die Einbin-dung und der Dialog mit den Pa-tienten bei diagnostischen und therapeutischen Entscheidun-gen soll weiter verbessert wer-den. Dazu werden auch die mo-dernen elektronischen Kommu-nikationswege zunehmend in-tensiver genutzt.

5. Woher nehmen Sie die Kraft für Patienten und Ehrenamt?Wenn man selbst von etwas über-zeugt (begeistert) ist, kann man auch selbst überzeugen (begeis-tern). Wenn man positiven Wan-del erleben und fördern möchte, braucht man neue Formen des gemeinsamen Denkens und gute Freunde/Kollegen. Im Zweifels-fall spreche ich nochmals mit mir wichtigen Kollegen oder schlafe eine Nacht darüber. Und natür-lich muss man auch einmal ‚Nein sagen’ oder etwas delegieren kön-nen und Prioritäten setzen.

Kraft gibt mir auch das Kin-derlachen bei meinen jährli-chen medizinischen Einsätzen in der Dritten Welt. Ein beson-derer Dank gilt meiner Frau und meiner Familie, welche oft viel

Verständnis für die unablässi-ge Arbeit und die verschiedenen ehrenamtlichen Tätigkeiten auf-bringen müssen.

6. Was beschäftigt Sie, wenn Sie nicht in der Praxis/in der Klinik sind?Tennis, Waldläufe, Reisen oder Fahrrad fahren. Ein interessan-

tes Buch lesen oder mit Freun-den reden. Einfach in der Sonne liegen. Mit meiner Familie am Frühstückstisch sitzen. Über so-ziale Ideen nachdenken: Sucht-prävention, soziale Ungerechtig-keit, Hilfe zur Selbsthilfe.

Ab 2013 verpflichtend: Männ- liche Unfruchtbarkeit – neue WHO-Richtlinie zur Diagnose Die neue WHO-Richtlinie zur Ejakulatuntersuchung bei männ-licher Unfruchtbarkeit liegt in deutscher Übersetzung vor.

Ab 2013 gelten dann verpflich-tend die strengen Kriterien der fünften Überarbeitung der Richt-linie von 2010, die auch Grund-lage der aktuellen Richtlinie der Bundesärztekammer ist.

Damit werde ein hoher Qua-litätsstandard in andrologischen Laboren und Vergleichbarkeit er-reicht, teilt die Deutsche Gesell-schaft für Urologie/Hamburg mit.

Für die Männer bedeute das mehr Sicherheit bei der Abklä-rung der Ursachen der männli-chen Infertilität, so dass eine ge-zielte Kinderwunschtherapie ein-geleitet werden könne.

Zur Diagnose zählen:F Ultraschall des HodensF eine Blutuntersuchung zur

Bestimmung des Hormon-haushalts

F Ejakulatanalyse mit unter an-deren den Parametern Volu-men, pH-Wert des Ejakulats sowie Gesamtzahl, Konzent-ration, Beweglichkeit, Form und Vitalität der Spermien.

Die Untersuchung erfolgt nun nach den strengen Kriterien der fünften und neuesten Überarbei-tung der WHO-Richtlinie von 2010, die inzwischen im „WHO Laborhandbuch“ übersetzt wur-de und Grundlage der aktuellen Richtlinie der Bundesärztekam-

mer zur Qualitätssicherung labo-ratoriumsmedizinischer Unter-suchungen ist.

Für die Bewertung der genann-ten Parameter der Ejakulatanaly-se legt die WHO-Richtlinie neue untere Grenzwerte fest. Sie beru-hen erstmals auf evidenzbasier-ten Daten, die in einer weltwei-ten Studie (T.G. Cooper et al.) mit mehr als 4500 Männern aus 14 verschiedenen Ländern auf vier Kontinenten erhoben wur-den und deutlich unter den vori-gen Richtwerten von 1999 liegen.

Außerdem macht die WHO neue Vorgaben bei der Spermien-präparation und legt Mindestan-forderungen für die Qualitätssi-cherung in andrologischen Labo-ren in Form einer internen und externen Qualitätskontrolle fest.

„Zur schnellen Umsetzung der Richtlinie initiieren die DGU und die Deutsche Gesellschaft für Andrologie e.V. (DGA) bereits seit 2011 bundesweite Fortbildun-gen“, so Professor Sabine Kliesch, Pressesprecherin der Deutschen Gesellschaft für Urologie. Kliesch

WHO Laborhandbuch zur Untersuchung und Aufarbeitung des menschlichen EjakulatesNieschlag, E.; Schlatt, S.;  Behre, H.M.; Kliesch, S. (Hrsg.) 5. Aufl. 2012, 2012, XVIII, 252 S.  48 Abb., 14 in Farbe.  Springer

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ist Chefärztin des Centrums für Reproduktionsmedizin und An-drologie (CeRA) in Münster. Die Klinik ist WHO Kollaborations-zentrum und WHO Referenzla-bor in Deutschland.

Etwa jedes sechste Paar in Deutschland ist ungewollt kin-derlos. In Deutschland nehmen nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Urologie jährlich rund 200.000 Paare eine repro-duktionsmedizinische Behand-lung in Anspruch.

Die Ursachen dafür liegen zu gleichen Teilen bei Mann oder Frau oder bei beiden. „Mindes-tens sieben Prozent aller Männer im fortpflanzungsfähigen Alter

haben zeitweise Probleme mit der Zeugungsfähigkeit“, so Kliesch.

Mögliche Ursachen sind et-wa Hodenhochstand im Kindes-alter, Hormonstörungen, eine In-fektion der Samenwege, Varizem im Hoden, genetische Ursachen oder andere Allgemeinerkran-kungen.

Auch Nikotin, Stress, Alkohol, Übergewicht, Umwelteinflüs-se, Drogen, Doping mit anabo-len Steroiden oder Medikamen-teneinnahme können die männ-liche Fruchtbarkeit negativ be-einflussen.

(eb), Ärztezeitung

Im Visier des StaatsanwaltsAbrechnung von extern erbrachten Speziallaborleistungen

Nun ist die Frage also geklärt: Die Weiterberechnung von ex-tern erbrachten Speziallaborleis-tungen gegenüber Patienten stellt nicht nur einen Verstoß gegen die Vorschriften der GOÄ dar, sondern kann nach einer aktuellen Ent-scheidung des Bundesgerichts-hofs (BGH) auch den Tatbestand des Betrugs erfüllen (Beschluss vom 25.01.2012, Az: 1 StR 45/11).

Der Fall

Im Zentrum des dortigen Ver-fahrens stand die Abrechnungs-praxis eines Allgemeinarztes, der von einem externen Labor Leis-tungen der Klassen M III und M IV (Speziallaborleistungen) bezog und dafür nach GOÄ auf der Grundlage eines 0,32- oder 1,0-fachen Steigerungssatzes be-zahlte. Gegenüber seinen Pa-tienten ließ er – über eine Abre-chungsfirma – die Analytik hin-gegen mit dem üblichen 1,15-fa-chen Satz abrechnen, ohne offen zu legen, dass jene Leistungen ein Laborarzt erbracht hatte.

Der BGH sah hierin den Straf-tatbestand des gewerbsmäßigen

Betruges zulasten der Patienten verwirklicht. Er bestätigte damit die vom Landgericht München – auch wegen anderer Abrechungs-verstöße – ausgesprochene Ver-urteilung zu einer Freiheitsstra-fe von drei Jahren und drei Mo-naten und machte deutlich, dass Verstöße gegen die GOÄ keine Kavaliersdelikte sind.

Das Problem

Nach § 4 Abs. 2 GOÄ darf ein Arzt nur „eigene Leistungen“ ab-rechnen, also Leistungen, die er selbst erbracht hat oder die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht wurden.

Für Untersuchungsleistungen des Laborarztes steht dem ein-sendenden Arzt also kein eigener Honoraranspruch zu. Durch eine entsprechende Rechnungsstel-lung gegenüber dem Patienten wird nach Auffassung des BGH aber genau dies wahrheitswidrig behauptet und der gutgläubige Patient insofern getäuscht.

Das Argument des betroffe-nen Arztes, nur die an ihn abge-tretene Fremdforderung des La-

bors eingezogen zu haben, war für den BGH lediglich eine vor-geschobene Schutzbehauptung, um eine in Wahrheit gewoll-te umsatzabhängige und berufs-ordnungswidrige Zuwendung („kick back“) zu verdecken. Ent-scheidend kommt für den BGH hinzu, dass zwischen Laborarzt und Patient gerade keine Ver-tragsbeziehungen begründet werden sollten, was auch erklärt, dass der Allgemeinarzt seine Pa-tienten bewusst und entgegen § 4 Abs. 5 GOÄ nicht über die Beauf-tragung des dann ihm gegenüber liquidationsberechtigten Labors informierte.

Worin soll aber der für eine Strafbarkeit wegen Abrechnungs-betrugs erforderliche Schaden überhaupt liegen, wenn der Pa-tient doch eine tatsächlich benö-tigte und fachlich korrekte Leis-tung erhalten hat, die „ihr Geld wert ist“ (und die er bei korrekter Gestaltung dem Laborarzt hät-te vergüten müssen)? Der BGH überträgt hier die aus dem Ver-tragsarztrecht bekannte „streng formale Betrachtungsweise“ auf den Bereich privatärztlicher Ab-rechnungen, wonach einer ärzt-lichen Leistung nur dann ein wirtschaftlicher Wert zukommt, wenn sämtliche formalen Ab-rechnungsvoraussetzungen ein-gehalten wurden. Oder anders gewendet: Eine Leistung, die (so) nicht abgerechnet werden kann, ist für den Patienten wirtschaft-lich wertlos. Auf die subjektive Einschätzung des Patienten, ob er sich geschädigt fühlt, kommt es nicht an.

Auch den Einwand, der Pa-tient erleide keinen Vermögens-schaden, wenn ihm seine priva-te Krankenversicherung das be-zahlte Arzthonorar erstattet, las-sen die Richter nicht gelten; auch einen Autodieb könne es nicht entlasten, wenn die Versiche-rung des Bestohlenen den Scha-den ersetzt.

Nach den Feststellungen des Gerichts war dem Allgemeinarzt auch bewusst, dass er sich durch Vortäuschen eines tatsächlich nicht bestehenden Zahlungsan-spruchs zu Unrecht bereicher-

te. Er handelte dennoch (weil er nach eigenen Angaben „das Geld brauchte“) und damit mit Betrugsvorsatz.

Fazit

Mit der Entscheidung des BGH ist eine umstrittene Frage des privat-ärztlichen Gebührenrechts geklärt. Nun ist damit zu rechnen, dass die im gesamten Bundesgebiet gegen zahlreiche Ärzte im Zusam-menhang mit Laborabrechnun-gen geführten Ermittlungsver-fahren, die im Hinblick auf die er-wartete Grundsatzentscheidung des BGH ausgesetzt waren, wie-der aufgenommen werden. Auch die beteiligten Laborärzte wer-den vermutlich wegen des Ver-dachts der Beihilfe bzw. Anstif-tung zum Betrug von den Staats-anwälten ins Visier genommen.Strafrechtlich höchst riskant sind

– wie der vom BGH entschiede-ne Fall zeigt – Konstruktionen, in denen der einsendende Arzt mit der Abrechnung der nicht selbst erbrachten Speziallaborleistun-gen finanzielle Vorteile erlangt. Aber auch der Arzt, der seinen Pa-tienten im Sinne eines wohlge-meinten Serviceangebots ledig-lich zusätzliche Vertrags- und Ab-rechnungsbeziehungen (oder schlichtweg zusätzliche Korre-spondenz) mit dem beauftrag-ten Labor ersparen will und des-halb – ohne eigenen finanziellen Vorteil – die Laborleistungen zu-sammen mit den eigenen ärztli-chen Leistungen liquidiert, ver-stößt gegen die einschlägigen Vorschriften der GOÄ – und setzt sich damit ohne Not Strafbar-keitsrisiken aus. Insofern gilt auch hier die Empfehlung, eine sol-che Abrechungspraxis zu ändern. Denn: Staatsanwälte kennen BGH-Urteile und handeln da-nach. Ärzte sollten dies auch tun.

Dr. jur. Philip SchellingDr. jur. Maximilian WarntjenKanzlei Ulsenheimer FriederichMaximiliansplatz 12 80333 Mü[email protected]@uls-frie.de

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BDU-Journal Berufspolitik

Allgemeinmedizin-Pflicht im PJ ist vom TischErst Proteste, jetzt Freude: Mit seiner Entscheidung hat sich der Bundesrat auf die Seite vie-ler Medizinstudenten gestellt. Am 11. Mai lehnte er die Pflicht-zeit in der Allgemeinmedizin ab.

Am Ende einer emotionalen und hitzigen Debatte im Vor-feld ging es ganz leidenschaftslos, fast technokratisch zu. Die Län-dervertreter gaben ihre Reden zu Protokoll, sie stimmten unter unverständlichen Abkürzungen wie „12ABBAAA“ über die „Ers-te Verordnung der Approbations-ordnung für Ärzte“ ab und setz-ten damit der Diskussion um ein allgemeinmedizinisches PJ-Pflichtquartal ein Ende. Damit machen sie auch die Hoffnun-gen des Hausärzteverbandes, der Deutschen Gesellschaft für Allge-meinmedizin (DEGAM) und an-derer Verbände zunichte, die sich für eine Stärkung der Allgemein-medizin durch eine Pflichtzeit im PJ eingesetzt haben. Die Univer-sitäten werden aber durch die nun vorliegende Approbations-ordnung verpflichtet, ab 2019 für bis zu 20 Prozent der Studenten einen PJ-Platz in der Allgemein-medizin bereit zu stellen. Außer-dem wird mit der Approbations-ordnung die Mobilität im PJ er-höht: Während es bisher einfa-cher ist ein Tertial in Kenia zu absolvieren, als zwischen Müns-ter und Köln zu wechseln, kön-nen Studenten künftig – „sofern genügend Plätze vorhanden sind“

–, die Uniklinik während des PJ wechseln.

Gegner der Pflichtzeit Allge-meinmedizin in Feierlaune

Die Sektkorken knallen bei den Gegnern der Pflichtzeit Allge-meinmedizin im PJ: Studenten-vertreter, Entscheidungsträger an Medizinfakultäten und vie-le Fachgesellschaften und Be-rufsverbände hatten sich in den vergangenen Tagen gegen ein

Pflichttertial oder -quartal aus-gesprochen.In mehr als 13 Städ-ten hatten Studenten gegen die geplante Pflichtzeit protes-tiert. „Der Einsatz hat sich ge-lohnt“ heißt es von den Fakultä-ten. „Heute ist ein großer Tag für alle Studierenden“, erklärte Kris-tian Otte, Vorsitzender der Medi-zinstudenten im Hartmannbund, der „Ärzte Zeitung“. Im Sozia-len Netzwerk Facebook, wo sich rund 2000 Medizinstudenten gegen das Pflichtquartal organi-siert hatten, wurde die Entschei-dung gefeiert.Auch die erhöhte Mobilität im Studium wurde mit Freude aufgenommen - war dies doch eine langjährige Forderung der Medizinstudenten. Auch wird das momentane „Hammer-examen“ deutlich entschärft, in-dem Prüfungszeiten vor das PJ gelegt werden.

BMG begrüßt Entscheidung des Bundesrates; DEGAM enttäuscht

Auch das Bundesgesundheits-ministerium begrüßte die Ent-scheidung des Bundesrates. Ein Sprecher verwies darauf, dass ge-meinsam mit dem Versorgungs-strukturgesetz und der Appro-bationsordnung nun eine Ver-besserung der Versorgungssitua-tion in der Allgemeinmedizin er-reicht werden soll. Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedi-zin (DEGAM), deren Vorschlag das Pflichtquartal war, zeigte sich über die Entscheidung enttäuscht. Es wäre „ein Sieg der Vernunft“ gewesen, wäre das Pflichtquartal Realität geworden. Eine Stärkung der Allgemeinmedizin im Medi-zinstudium wollen die Länder aber weiter forcieren. Der Bun-desrat hat in einer Schlussbemer-kung festgestellt, dass noch nicht genügend für die Allgemeinme-dizin getan wird.

„Im Interesse einer möglichst frühzeitigen Bindung der Studie-renden an das Gebiet ‚Allgemein-

medizin‘ hält der Bundesrat ver-pflichtende Ausbildungsbestand-teile in der hausärztlichen Pra-xis für unerlässlich.“Und weiter heißt es am Ende der Beschluss-empfehlung: „Der Bundesrat fordert das BMG daher auf, die

praktische Umsetzung der Quo-teneinführung aufmerksam zu beobachten.“

Rebecca Beerheide, ÄrzteZeitung 

Schnellschüsse aus der OppositionKBV-Statistik greift bei Arzttätigkeit zu kurz

Auf die Vorwürfe, bestimm-te Vertragsarztgruppen behan-delten zu wenige Kassenpatien-ten und bevorzugten Privatversi-cherte, die nach einer parlamen-tarischen Anfrage unter Führung der Grünen-Abgeordneten Biggi Bender laut wurden, entgegnet der Bundesvorsitzende des NAV-Virchow-Bundes, Dr. Dirk Hein-rich: „Die von der KBV vorgeleg-ten Zahlen lassen die von Grünen und Krankenkassen gezogenen Schlüsse nicht zu. Weder geht aus den Daten hervor, ob hälftige Zu-lassungen entsprechend umge-rechnet wurden, noch berück-sichtigen die Zahlen die Vielfäl-tigkeit der Arzttätigkeit.“

So seien Praxen denkbar, die mit relativ geringer Scheinzahl schwerstkranke Patienten mit einer hohen Behandlungstiefe behandelten, erläutert der Vorsit-zende. „Ebenso finden sich Pra-xen, die fast ausschließlich leicht erkrankte Patienten behandeln und daher sehr hohe Scheinzah-len produzieren.“ Darüber hi-naus seien durch den häufigen Wechsel bei den größeren Berufs-ausübungsgemeinschaften statis-tische Fehlallokationen denkbar.

„Allein mit dem kleinen Aus-schnitt, den die KBV-Statistiken liefern, kann der Umfang ärzt-licher Tätigkeit nicht abgebildet werden“, konstatiert Dr. Heinrich.

Kritisch äußert sich Dr. Hein-rich hinsichtlich sogenannter Hobbypraxen, die trotz voller Zu-

lassung nur geringe Scheinzah-len produzierten: „Solche Pra-xen sind nicht erwünscht.“ Den-noch gehe die Diskussion am Ziel vorbei. „Würde man versu-chen, alle niedergelassenen Kas-senärzte zu zwingen, eine durch-schnittliche Scheinzahl zu errei-chen, so würde vermutlich eine größere Anzahl von Ärzten ihre Tätigkeit als Kassenarzt aufge-ben“, warnt der Bundesvorsit-zende. Um den Ärztemangel ab-zuwenden, brauche es vielmehr Anreize, dass Kassenärzte voll tä-tig würden. Dazu gehöre allen vo-ran eine adäquate und dem Auf-wand und Umfang der Praxistä-tigkeit entsprechende Bezahlung.

Die simple Ausweitung der Bedarfsplanung reiche dagegen nicht aus. „Viele Ärzte stehen schlicht und einfach nicht zur Verfügung oder haben unter den jetzigen Bedingungen kein Be-dürfnis, Kassenarzt zu werden.“

Die Kritik an den Behand-lungszeiten, ergänzt der Vorsit-zende, verletzte außerdem den Grundsatz der ärztlichen Frei-beruflichkeit. „Der freie Arzt ist die Grundlage, dass medizi-nische Versorgung hierzulan-de auf Höchstniveau stattfindet. Zur freiberuflichen Tätigkeit ge-hört jedoch auch die eigenstän-dige Gestaltung der Arbeitszeiten und der verantwortliche Einsatz der ‚Ressource Arztpraxis’.“

Wie abwegig die Attacken auf die Vertragsärzte seien, zeige

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der Blick auf andere Freiberuf-ler. „Wer käme denn auf die Idee, einem Rechtsanwalt eine Min-destzahl von Mandanten vorzu-schreiben? Dabei haben auch sie übergeordnete gesellschaftliche Berufspflichten, wie den Erhalt der Rechtspflege“, so Dr. Hein-rich.

PressestelleChausseestraße 119b10115 BerlinE-Mail:[email protected]

SPD will IGeL-Leistungen eindämmenDie SPD-Bundestagsfraktion will das Erbringen Individueller Ge-sundheitsleistungen (IGeL) er-schweren. So soll es Ärzten künf-tig verboten werden, innerhalb eines Tages sowohl IGeL-Leis-tungen als auch Leistungen zu-lasten der gesetzlichen Kranken-versicherung (GKV) für einen Patienten abzurechnen, wie es in einem SPD-Antrag heißt, der gestern in erster Lesung im Bun-destag diskutiert wurde. Zudem soll der Arzt dazu verpflichtet werden, seinen Patienten dar-über zu informieren, weshalb die IGeL-Leistung nicht Teil des GKV-Leistungskataloges ist. Die SPD fordert darüber hinaus, dass in jeder Praxis eine von der Bun-desregierung erstellte Übersicht über die angebotenen IGeL-Leistungen aushängen soll, in der ebenfalls erklärt wird, wes-halb diese nicht im Leistungska-talog enthalten sind. Zudem soll sichergestellt werden, dass Ver-tragsärzte den überwiegenden Anteil ihrer Arbeitszeit für Kas-senleistungen verwenden.

Die Geschäftemacherei in ärztlichen Praxen wachse ra-sant, kritisierte die zuständige Berichterstatterin im Gesund-heitsausschuss, Mechthild Ra-wert (SPD). So seien im Jahr 2010 Individuelle Gesundheits-leistungen im Wert von 1,5 Mil-liarden Euro in deutschen Arzt-praxen erbracht worden. Von Bürgern höre sie, dass diese in

der Praxis mit IGeL überhäuft würden und manche nur dann einen Termin beim Arzt erhiel-ten, wenn sie zuvor einer IGeL-Leistung zugestimmt hätten. Die Patienten könnten IGeL-Leis-tungen schwer einschätzen, sag-te der Gesundheitsexperte der Linken, Harald Weinberg. Vie-le ahnten nur, dass die wenigsten dieser IGeL sinnvoll, die meisten nutzlos und einige sogar schäd-lich seien. Im Durchschnitt ver-diene jeder Arzt in Deutschland 11.000 Euro mit IGeL-Leistungen.

Für manche sei das ein sehr gutes Geschäftsmodell. Dadurch könne sich jedoch das Arzt-Pa-tient-Verhältnis ändern. In die-sem Zusammenhang zitiert Weinberg den Vorstandsvorsit-zenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Köhler, der an die Ärzte appel-liert habe, sensibel mit den IGeL umzugehen, weil anderenfalls das Vertrauensverhältnis zwi-schen Arzt und Patient Schaden nehmen könne.

Der Gesundheitsexperte der Union, Erwin Rüddel, erklärte, dass manche IGeL-Leistungen durchaus sinnvoll sein könn-ten, zum Beispiel Impfungen vor Fernreisen oder sportmedizi-nische Untersuchungen. Es ste-he dem Patienten frei, diese An-gebote in Anspruch zu nehmen.Der Antrag der SPD renne bei der Koalition offene Türen ein, sei je-doch nicht frei von Übertreibun-

gen und erwecke den Eindruck, dass der SPD jegliche Wahlfrei-heit von Patienten ein Dorn im Auge sei. Rüddel verwies auf das Patientenrechtegesetz, das zum Beispiel die Aufklärung über Kosten und Nutzen von IGeL-Leistungen durch den behan-

delnden Arzt enthalten und das zum Jahreswechsel in Kraft tre-ten werde.

Der SPD-Antrag wurde zur weiteren Beratung an den Ge-sundheitsausschuss überwiesen.

© fos/aerzteblatt.de

BÄK hält IGeL-Eindämmungs- gesetz für unnötigDie Bundesärztekammer (BÄK) warnt vor einer Gängelung der Patienten durch die von der SPD angestrebte Beschränkung der individuellen Gesundheitsleis-tungen (IGeL). Die SPD schie-ße weit über das Ziel hinaus, sag-te BÄK-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rochell im Interview mit BÄK-Intern. Rochell kriti-sierte unter anderem den SPD-Vorschlag, nach dem IGeL-Be-handlungen nicht mehr am sel-ben Behandlungstag mit GKV-Leistungen erbracht werden sol-len. „Mit so einer Vorgabe wür-den nicht nur die Wartezeiten auf einen Arzttermin länger, die Pa-

tienten würden auch in absolut unakzeptabler Weise gegängelt“, so der Hauptgeschäftsführer. Es reiche völlig aus, wenn IGeL-Be-handlungen grundsätzlich nicht in direktem Zusammenhang mit den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht würden. „In dem Entwurf für ein Patientenrechtegesetz der Bun-desregierung sind Vorgaben für IGeL enthalten, die den Patienten nützen, ohne IGeL per se zu ver-teufeln“, erklärte Rochell. Wenn der Gesetzgeber das umsetze, sei ein weiteres Gesetz unnötig.

hil/aerzteblatt.de

Montgomery plädiert für Erhalt des dualen Systems in der KrankenversicherungDie Bundesärztekammer (BÄK) hat davor gewarnt, das duale Sys-tem von gesetzlicher Kranken-versicherung (GKV) und priva-ter Krankenversicherung (PKV) infrage zu stellen. Damit bekräf-tigte Kammerchef Frank Ulrich Montgomery erneut seine ab-lehnende Haltung gegenüber der von SPD, Grünen und Linken fa-vorisierten Bürgerversicherung.

„Um die Qualität des jetzigen Ge-sundheitssystems trotz schwin-dender Ressourcen zu erhalten, brauchen wir den Wettbewerb zwischen gesetzlicher und priva-

ter Krankenversicherung“, unter-strich Montgomery in einem Interview mit der Tageszeitung Die Welt.

Dieser garantiere einen um-fangreichen Katalog an Leistun-gen, von denen alle Patienten profitierten. Viele neue Formen der Diagnostik und der Thera-pie gäbe es ohne die private Kran-kenversicherung nicht. „Die PKV genehmigt sie schnell und setzt die Krankenkassen damit in der Regel unter Zugzwang, mit dem Ergebnis, dass sie folgen und alle Patienten von Innovationen pro-

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Urteil gegen Orthopäden: Verspäteter Fortbildungsnach-weis senkt das Honorar Ärzte sollten den Kalender im Blick behalten: Denn selbst wenn sie ihre 250 Fortbildungspunkte erreicht haben, kann die KV den Rotstift ansetzen - nämlich dann, wenn der Nachweis zu spät einge-reicht wird. Geht es um die Fort-bildungspflicht von Vertragsärz-ten, drücken nicht nur die KVen, sondern auch die Gerichte kein Auge zu: Wie das Sozialgericht (SG) Marburg entschied, muss die KV einem Arzt auch dann das Honorar kürzen, wenn er es lediglich versäumt hat, rechtzei-tig gegenüber der KV seine Fort-bildungen nachzuweisen. Ob er diese tatsächlich innerhalb des gesetzlich vorgegebenen Fünf-Jahres-Zeitraumes absolviert hat, sei nicht entscheidend.

Im verhandelten Fall wurde einer orthopädischen Gemein-schaftspraxis mit zwei Fachärz-ten das Honorar für die Quarta-le III und IV 2009 um insgesamt 11.473,11 Euro gekürzt. Einer der beiden Ärzte hatte nicht rechtzei-tig zum Stichtag 30. Juni 2009 be-legt, dass er über seine 250 Fort-bildungspunkte verfügte. Aller-dings wurde die Honorarkür-zung laut KV auf den säumigen Arzt herunter gerechnet. Dage-gen klagte die Praxis. Der Arzt

habe im maßgeblichen Zeitraum seine Fortbildungspflichten er-füllt. Es liege kein Säumnis hin-sichtlich der Fortbildung vor, sondern lediglich ein Säumnis hinsichtlich des Nachweises.Und auch die Landesärztekammer Hessen bestätigte, dass der be-troffene Arzt bis zum 30.6.2009 sogar mehr als 250 Punkte er-reicht hatte. Der Nachweis darü-ber sei allerdings erst am 6. No-vember 2009 bei der Kammer er-folgt.Und genau das ist das Prob-lem. Wie das Sozialgericht klar-stellte, stelle die gesetzliche Rege-lung deutlich auf den Nachweis und eben nicht nur auf die Erfül-lung der Fortbildungspflicht ab.

Da es sich bei der Stichtags-regelung in Paragraf 95d SGB V außerdem um eine Ausschluss-frist handele, sei eine Wiederein-setzung in den vorherigen Stand ausgeschlossen.Die Praxis konn-te – so die Richter – auch nicht belegen, dass sie die Nachweis-frist ohne eigenes Verschulden versäumt hatte.

Az.: S 12 KA 854/10;

Autor: Rebekka Höhl Quelle: Ärzte Zeitung 

Journal-Club

Dieser Beitrag soll zur fachbezogenen Diskussion anregen und stellt nach Meinung der Redaktion eine interessante These auf:

Verzichtbare Befunde Stress-inkontinenz: Urodynamische Untersuchung vor Op. unnötig Für jede Patientin mit Stressin-kontinenz steht vor dem Ein-griff die urodynamische Diag-nostik. Dabei wird mit Hilfe von Drucksonden und Elektroden die Funktionsweise der Harnbla-se bestimmt. US-amerikanische Wissenschaftler stellen diese Pra-xis nun infrage, denn die Befun-de haben, so ihre aktuelle Studie, keinen Einfluss auf den Opera-tionserfolg.

Bereits in der Vergangenheit hatten eine Cochrane-Analyse und das britische National Insti-tute for Health and Clinical Excel-lence den Nutzen dieser Untersu-chung für den Operationserfolg angezweifelt, da sich die Indika-tion zur Operation vor allem an dem Leidensdruck der Patientin-nen orientiert. Beide hatten kon-trollierte Studien gefordert. Wis-senschaftler des Urinary Inconti-nence Treatment Network liefern nun Ergebnisse.

An der Value of Urodynamic Evaluation (VALUE)-Studie be-teiligten sich elf Zentren mit ins-gesamt 630 Patientinnen. Die Frauen litten seit mindestens drei Monaten an einer unkomplizier-ten Stressinkontinenz und hatten eingewilligt, sich einer Operation zu unterziehen. Waren diese Vor-aussetzungen erfüllt, wurden sie randomisiert entweder vor der Operation urodynamisch unter-sucht oder nicht. Als primären Endpunkt definierten die Auto-ren den Operationserfolg nach zwölf Monaten. Als erfolgreich galt eine Operation, wenn die Punktzahl im Urogenital Dis-tress Inventory, ein Fragebogen zum Ausmaß der Beschwerden, um mindestens 70% gesunken war, und wenn die Patienten die Symptomatik im Global Impres-

sion Improvement als „sehr viel besser“ oder „viel besser“ bewer-teten.

Die beiden Gruppen unter-schieden sich in diesem Punkt nicht. Bei 76,9% der Frauen mit urodynamischer Diagnostik und bei 77,2% der Patientinnen oh-ne eine solche Funktionsanalyse war der Eingriff erfolgreich. Der Unterschied von 0,3 Prozent-punkten war statistisch nicht si-gnifikant. Auch in den sekun-dären Endpunkten, wie Inkon-tinenzgrad, Lebensqualität, Pa-tientenzufriedenheit, Anteil der positiven Provokationsstress-tests, Blasenentleerungsstörun-gen und Operationskomplikatio-nen schnitten die beiden Grup-pen ähnlich ab.

Befunde ohne Konsequenz

Zwar wurde bei Frauen mit uro-dynamischer Diagnostik seltener eine überaktive Blase und häu-figer eine Blasenentleerungsstö-rung diagnostiziert als bei Frau-en ohne weiterführende Dia-gnostik, doch das beeinflusste nicht die Wahl der Operations-methode, so die Studienautoren. Fast 93% der Frauen beider Stu-diengruppen wurden mit einer spannungsfreien Urethraschlin-ge versorgt. Die Studienautoren sehen somit keinen Sinn in der routinemäßigen präoperativen urologischen Funktionsanalyse. Autor: Dr. Dagmar Kraus  Quelle: springermedizin.de basie-rend auf: Nager C W et al.: A Rando-mized Trial of Urodynamic Testing before Stress-Incontinence Surgery. NEJM, published on May 2, 2012;  doi: 0.1056/NEJMoa1113595 

fitieren können“, so der BÄK-Prä-sident.

Gleichzeitig sieht Montgome-ry die privaten Krankenversiche-rer in der Verantwortung, finan-zielle Herausforderungen selbst zu lösen. Dabei nahm er vor al-lem das Vertriebsmodell der PKV ins Visier: Es sei dramatisch, dass die Privatkassen jährlich rund 2,7 Milliarden Euro in Maklerprovi-sionen investieren. „Das ist im-merhin halb so viel, wie sie für die Leistung von uns Ärzten aus-geben“, monierte er. Grundsätz-lich hält er die PKV durchaus für

zukunftsfähig, allerdings wer-de die Luft dünner. „Die Bran-che muss etwas tun, sonst ist ihr Geschäftsmodell infrage gestellt“, unterstrich Montgomery. Der 115. Deutsche Ärztetag vom 22. bis zum 25. Mai in Nürnberg hat sich intensiv mit Finanzierungs-fragen der Gesetzlichen Kran-kenversicherung befasst und mit Gesundheitspolitikern von Union und SPD Reformmodel-le diskutiert.

© hil/aerzteblatt.de

Page 11: Berufspolitik BDU

901Der Urologe 6 · 2012 |

Fitness: Ärzte schlechter als Durchschnittsbürger

Beim Thema Sport sind viele Ärz-te kein Vorbild für Patienten: In einem Walking-Test von Sport-wissenschaftlern haben männli-che Mediziner deutlich schlech-ter abgeschnitten als weibli-che. Die mittlere körperliche Leis-tung der Ärzte blieb sogar unter Bevölkerungsdurchschnitt.

Im Praxis- oder Klinikalltag ra-ten Ärzte ihren Patienten zu ge-sundem Lebensstil, ausgewoge-ner Ernährung und regelmäßi-gem Sport. Doch wie ist es um ihre eigene Fitness bestellt? Lau-fen sie ihren Patienten mit gu-tem Beispiel voran? Das wollten Forscher um Professor Klaus Bös vom Institut für Sport und Sport-wissenschaft am Karlsruher Insti-tut für Technologie (KIT) wissen und testeten fast 2000 Ärztinnen und Ärzte auf ihre körperliche Leistungsfähigkeit. Das Ergebnis ist zumindest für die männlichen Mediziner wenig schmeichelhaft: Sie schnitten über alle Altersklas-sen hinweg signifikant schlech-ter ab als der Durchschnittsbür-ger, während Ärztinnen tatsäch-lich leistungsfähiger sind als die Norm. Bisherige Studien legen nahe, dass Ärzte im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung seltener rauchen, weniger Alkohol konsu-mieren, mit ihrer Gesundheit zu-friedener sind und durchschnitt-lich drei Jahre länger leben. Doch die Untersuchungen zur Gesund-heit von Ärzten basieren sämtlich auf Befragungen und relativ klei-nen Stichproben, Testergebnisse zur Fitness von Ärzten lagen bis-lang nicht vor.

Studie mit 1919 Ärztinnen und Ärzte

Wissenschaftler des KIT und des Instituts für präventive Diag-nostik, Aktivitäts- und Gesund-heitsförderung (IDAG) in Karls-ruhe haben diese Lücke geschlos-

sen. Sie befragten 1919 Ärztinnen und Ärzte im Alter von 26 bis 75 Jahren zu ihrer Gesundheit und ließen sie einen Walking-Test ab-solvieren, der am UKK Institut in Finnland evaluiert worden ist.Hierbei mussten die Probanden

– allesamt Teilnehmer an ärztli-chen Fortbildungsveranstaltun-gen zu Diabetes und Präventions-medizin – eine 2000 Meter lange ebene Strecke in möglichst kur-zer Zeit mit forciertem Armein-satz in einem Bereich von 80 bis 95 Prozent der maximalen Herz-frequenz gehen. Bezogen auf die reinen Laufzeiten, schnitten die Ärzte im Vergleich zu einer von Studienleiter Bös entwickel-ten Normstichprobe eher durch-schnittlich oder leicht schlechter ab, die Ärztinnen schnitten da-gegen tendenziell besser ab.

Genauere Ergebnisse liefer-te der sogenannte Walkingin-dex, der außer der Geschwindig-keit auch das Alter, den BMI und die Herzfrequenz berücksich-tigt. Hier lagen die Ärzte deut-lich unter den Normwerten (92 Prozent der Norm), die Ärztin-nen dagegen deutlich darüber (103 Prozent).

Vor allem Ärzte ab 66 Jahren schlecht

Schlüsselt man die Ergebnisse nach dem Alter auf, so zeigt sich, dass vor allem die 66- bis 75-jäh-rigen Ärzte überdurchschnitt-lich schlecht und ihre gleichalt-rigen Kolleginnen überdurch-schnittlich gut abschnitten. Bis zum Alter von 35 Jahren gab es beim Walkingindex keine nen-nenswerten Unterschiede zwi-schen Ärzten und Ärztinnen, mit fortschreitendem Alter klafft die Schere jedoch immer weiter aus-einander.

Ein solches Ergebnis spiege-le das allgemeine Gesundheits-verhalten von Mann und Frau

in Deutschland, so Studienleiter Bös. „Wir haben in der Gemein-de Bad Schönborn eine 20 Jahre lang laufende Längsschnittstudie und sehen auch dort, dass Frau-en gesundheitsbewusster sind als Männer. Die Längsschnitt-entwicklung zeigt eine Schere: Frauen holen hinsichtlich Akti-vität und Fitness deutlich auf und überholen zum Teil sogar gleich-altrige Männer.“

Dass junge Ärzte in puncto Fitness besser abschneiden als die Norm, nach ihrem Studium aber so drastisch nachlassen, er-klärt der Karlsruher Sportwissen-schaftler mit der hohen Berufs-belastung von Akademikern, die wenig Zeit für körperliche Akti-vität lasse, wodurch die Fitness auf Dauer leide. Dennoch soll-ten auch Ärzte regelmäßige Be-wegung fest in ihren Alltag ein-bauen.

Trotzdem: Ärztinnen und Ärzte insgesamt gesünder

Unter dem Strich sind Ärzte und Ärztinnen jedoch tatsächlich ge-

sünder als die Allgemeinbevölke-rung, wie die Studie ergab. Nur gut drei Prozent der Befragten gaben an, in den vergangenen sechs Monaten ernstlich krank gewesen zu sein, 73,8 Prozent nannten sich gänzlich frei von Beschwerden. Auch hier schnit-ten Frauen besser ab als Männer. 13,2 Prozent der Ärzte leiden an Herzerkrankungen und hohem Blutdruck (Ärztinnen 8,9 Pro-zent), dagegen sind sie von Ge-lenkschmerzen und Arthrose mit 11,3 Prozent seltener betroffen als ihre Kolleginnen (14,7 Prozent).

„Gute Fitness“, so Bös, „ist ja nur ein Faktor für gute Gesund-heit. Auch regelmäßige Vorsorge und gute Medikamenteneinstel-lung spielen ja eine ganz wesent-liche Rolle. Ich gehe davon aus, dass hier Ärzte ihr Gesundheits-wissen auch für sich gut nutzen.“ Insofern seien sie ihren Patienten denn doch ein Vorbild.

Pete Smith,Ärzte Zeitung  

Page 12: Berufspolitik BDU

902 | Der Urologe 6 · 2012902 | Der Urologe 6 · 2012

BDU-Journal Berufspolitik

Nachruf

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Egbert SchmiedtEhem. Direktor der Urologischen Klinik und Poliklinik der Ludwig-Maximilians Universität München, Ehrenmitglied des Berufsverbandes der Deutschen Urologen e.V.

Im Dezember 2011 verstarb Prof. Dr. Dr. h.c. Egbert Schmiedt im Alter von 91 Jahren. Er war eine große und beeindruckende Per-sönlichkeit, ein Chef mit klini-scher und wissenschaftlicher Integrität, weltweiter akademi-scher Anerkennung und einem natürlichen Sinn für Disziplin.

Im November 2010 hat-ten wir anlässlich einer Feier zu seinem 90. Geburtstag, bei der ein Großteil seiner Schü-ler zusammengekommen war, die Gelegenheit, zu erleben, wie jung und präsent unser „alter“ akademischer Lehrer geblie-ben war. Wir verbrachten zu-sammen mit Egbert Schmiedt und seiner Gattin Dorle einen Abend in guter Laune und mit vielen Erinnerungen, der bis weit in die Nacht andauerte.

Egbert Schmiedt war nicht nur ein exzellenter Chirurg und Wissenschaftler, er war auch ein großer Lehrer, der seinen Schülern Raum, Freiheit und Möglichkeiten gab, ihren eige-nen Ideen und Visionen zu fol-

gen. So förderte er die innovati-ven Ansätze diagnostischer und therapeutischer Verfahren im Be-reich der Hochfrequenz- und La-sertechnologie wie auch der In-fektiologie. Er führte neue, offene Operationstechniken besonders in der Tumorchirurgie ein, war aber auch einer der ersten, der die Endourologie förderte und ausbaute. Im Gegensatz zu vie-len seiner Kollegen war er bereit, das Risiko einer Entwicklung der extrakorporalen Stoßwellenlitho-tripsie auf sich zu nehmen. Der Erfolg gab ihm recht und festig-te seine nationale und internatio-nale Anerkennung noch weiter.

Dies wurde durch viele Aus-zeichnungen und Ehrungen be-stätigt. Unter diesen finden sich die Maximilian-Nitze Medail-le, das Ehrendiplom der Medi-zinischen Akademie Sofia, die Medaille der Bulgarischen Aka-demie der Wissenschaften, der Förderpreis für die Europäische Wissenschaft, der Distinguished Contribution Award der Ameri-kanischen Gesellschaft für Uro-

logie (AUA), die Honorary Fel-lowship des American College of Surgeons und die Ehrenmit-gliedschaft der Chilenischen Ge-sellschaft für Urologie.

Egbert Schmiedt war Träger des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse, des Ordens „Kyrill und Method“ der Bulgarischen Re-gierung, der Medaille „Pro Mu-nere Grates“ der Universität Pre-toria, gefolgt von der Ehrendok-torwürde der Universität Pretoria und der Ehrenmitgliedschaft der Südafrikanischen Gesellschaft für Urologie.

Seine Verdienste für die Deut-sche Urologie fanden ihre An-erkennung in seiner Präsident-schaft sowie der Ehrenmitglied-schaft der Deutschen Gesell-schaft für Urologie.

Egbert Schmiedt war Grün-dungspräsident der Deutschen Gesellschaft für Lasermedizin, der Südostdeutschen Gesell-schaft für Urologie und der Bay-erisch-Österreichischen Urolo-genvereinigung.

Für viele von uns wurde Eg-bert Schmiedt eine - zugegebe-nermaßen nicht immer ganz einfache – Vaterfigur, die man aber in jedem Falle respektier-te und der man immer vertrau-en konnte.

Er war ein Chef, der immer hinter seinen Schülern stand.

Seine Schüler und Freunde werden ihn vermissen.

Die deutsche und interna-tionale Akademische Urologie hat in Prof. Dr. Dr. h.c. Egbert Schmiedt einen ihrer Großen verloren, dessen Andenken im-mer fortbestehen wird.

Christian G. Chaussy

Page 13: Berufspolitik BDU

903Der Urologe 6 · 2012 |

F (6) BremenDr. med. Kai LübbersmeyerFacharzt für UrologieUrologische Gemeinschaftspraxisim Fachärztezentrum am Klinikum Bremen-NordHammersbecker Straße 224a28755 Bremen

F (8) HessenPD Dr. med. Jon JonesLeitender ArztHochtaunuskliniken Bad HomburgUrseler Straße 3361348 Bad Homburg

Dr. Univ. Zagreb Tomislav KalemGemeinschaftspraxis Betz, KalemEichhofstraße 136341 Lauterbach

F (17) ThüringenDr. med. Catherina GüttnerFachärztin für UrologieGemeinschaftspraxis Greve, GüttnerSchwarzburger Chaussee 76a07407 Rudolstadt

Dr. med. Torsten HuschkeMVZ SRM Poliklinik GmbH GeraNaumburger Straße 807629 Hermsdorf

Neue Mitglieder

JubilareDer Berufsverband gratuliert seinen Mitgliedern

80 Jahre alt werden17.07.1932  Dr. med.WolfgangDegenhardt 29.07.1932  Dr. med. Dieter Lobenstein 

75 Jahre alt werden08.07.1937  Prof.Dr.med. Hansjörg Melchior 30.07.1937  Dr. med. Gerhart Eickemeyer 

70 Jahre alt werden03.07.1942  Dr. med. Michael Scherzberg 14.07.1942 Dr. med. Volker Wittig 21.07.1942  Dr. med. Werner Bauer 

65 Jahre alt werden04.07.1947  Dr. med. Jens Tönißen 10.07.1947  Dr. med. Carl-F. Lotzin 21.07.1947  Dr. med. Andreas W. Lahm 

Sehr geehrter Jubilar,falls Sie eine Bekanntgabe Ihres Jubiläums auf diesen Seiten nicht wünschen, teilen Sie dies bitte rechtzeitig dem BDU  ([email protected] oder Tel. 0211/95 13 729) mit.


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