Universitätsklinikum Ulm
Institut für Geschichte, Theorie und Ethik in der Medizin
Direktor: Prof. Dr. Heiner Fangerau
Aus der Klinischen Ökonomik
Leiter: Prof. Dr. Franz Porzsolt
Bedeutung der medizinischen Semiotik und deren Hürden bei der
Anwendung im klinischen Alltag
Dissertation
zur
Erlangung des Doktorgrades der Medizin
der Medizinischen Fakultät
der Universität Ulm
von
Cindy Schubert
Filderstadt
2011
- II -
Amtierender Dekan: Prof. Dr. Thomas Wirth
1. Berichterstatter: Prof. Dr. Franz Porzsolt
2. Berichterstatter: Prof. Dr. Manfred Weiß
Tag der Promotion: 15.11.2012
- III -
Für meine Eltern und Frieder
- IV -
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis ....................................................................................................... VI
1 Einleitung ...................................................................................................................... 1
1.1 Definition und Geschichte der medizinischen Semiotik 3
1.2 Fragestellung der Arbeit 6
2 Methodik ........................................................................................................................ 7
2.1 Theoretische Aspekte der Semiotik 7
2.1.1 Beurteilung von diagnostischen Tests 7
2.1.2 Schwelle von Diagnostik zur Therapie 10
2.2 Identifizierung „vergessener“ Zeichen 13
2.3 Zeichen aus der Literatur 15
2.4 Medizinisches Zeichen von klinischer Relevanz 17
3 Ergebnisse .................................................................................................................... 20
3.1 Foetor hepaticus 20
3.1.1 Semiotische Aussage 20
3.1.2 Wissenschaftliche Fundierung 21
3.2 Geruch von schizophrenen Patienten 27
3.2.1 Semiotische Aussage 27
3.2.2 Wissenschaftliche Fundierung 28
3.3 Meniskusläsionen 33
3.3.1 Semiotische Fragestellung 33
3.3.2 Wissenschaftliche Fundierung 34
- V -
3.3.3 Entwickeltes Studiendesign – die Fix-Flex-Studie 69
4 Diskussion ................................................................................................................... 72
4.1 Bewertung der erhobenen Daten 72
4.1.1 Ergebnisse der Literaturrecherchen 72
4.1.2 Anwendbarkeit der Ergebnisse im klinischen Alltag 74
4.1.3 Hürden bei der Anwendung der medizinischen Semiotik 75
4.2 Bedeutung der Semiotik in der Medizin 79
4.2.1 Semiotik im klinischen Alltag 79
4.2.2 Ökonomische Aspekte der Semiotik 81
4.2.3 Semiotik in der Ausbildung von Medizinstudenten 85
4.3 Schlussfolgerung 86
5 Zusammenfassung ....................................................................................................... 87
6 Literaturverzeichnis ..................................................................................................... 89
Danksagung ....................................................................................................................... 102
Lebenslauf ......................................................................................................................... 103
- VI -
Abkürzungsverzeichnis
A+ Arthroskopie positiv
A- Arthroskopie negativ
ACS Akutes Koronarsyndrom
AP Angina Pectoris
CT Computertomographie
DMS Dimethylsulfid
EBMR Evidence Based Medicine Reviews
K+ Krank
K_ Nicht krank (gesund)
KU Klinische Untersuchung
KU+ Klinische Untersuchung positiv
KU- Klinische Untersuchung negativ
l Lateral
LK Lymphknoten
LM Lateraler Meniskus
LR+ Positive Likelihood Ratio
LR- Negative Likelihood Ratio
m Medial
Mio. Millionen
MM Medialer Meniskus
Mrd. Milliarden
MRI Magnetic Resonance Imaging
MRT Magnetresonanztomographie
MRT+ Magnetresonanztomographie positiv
MRT- Magnetresonanztomographie negativ
N Anzahl
- VII -
NBA N-Butyl-Alkohol
NPV Negative Predictive Value = Negativer Vorhersagewert
NVL Nationale VersorgungsLeitlinie
OECD Organisation for Economic Co-operation and Development
P Wahrscheinlichkeit
PE Erwartete Übereinstimmungsrate
Po Beobachtete Übereinstimmungsrate
PPV Positive Predictive Value = Positiver Vorhersagewert
PVS Privatärztliche Verrechnungsstelle
T+ Test positiv
T_ Test negativ
TMHA Trans-3-Methyl-2-Hexenoic-Acid
VPI Verbraucherpreisindex
WHO Weltgesundheitsorganisation
- 1 -
1 Einleitung
Die Medizin (von lateinisch ars medicina, Heilkunst) befasst sich mit der Vorbeugung,
Erkennung und Behandlung von Krankheiten und Verletzungen. Sie hat in den letzten
Jahrzehnten durch intensive Forschung und ein besseres Krankheitsverständnis eine
grundlegende Veränderung erfahren. Es wurden zahlreiche neue technische und
laborchemische Verfahren entwickelt und hierdurch die diagnostischen Möglichkeiten
erweitert. Der diagnostische Prozess ist dennoch nicht einfach. Es ist leicht vorstellbar,
dass es eine Reihe von Schritten erfordert, um von dem Symptom des Patienten zur
richtigen Diagnose und zur abschließenden Bewertung der durchgeführten
diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen zu gelangen. Dieser schrittweise
ablaufende Prozess ist in den verschiedenen medizinischen Fachbereichen seit langem
von grundlegender Bedeutung (Renz-Polster et al. 2006, Uexküll & Wesiack 1996).
Um auch die Konsequenzen und den Nutzen der durchgeführten Maßnahmen bewerten
zu können, ist die Abfolge von sechs konsekutiven Schritten notwendig. Im ersten
Schritt nimmt der Patient bei sich ein Symptom war. Er sucht, wenn er das Problem
selbst nicht lösen kann, einen Arzt auf. Ein Symptom ist definiert als „subjektive
Beschwerde“ (Uexküll & Wesiack 1996, S. 301). „Symptome sind […] Konstrukte des
menschlichen Verstands“ (Uexküll & Wesiack 1996, S. 301). Im zweiten Schritt
registriert der Arzt die geschilderten Symptome und filtert die relevante Information
heraus. Er identifiziert die wichtigen Zeichen und gibt ihnen eine Bedeutung. Peirce
(1839-1914), der Begründer der modernen Semiotik, hat das Zeichen folgendermaßen
definiert: „A sign, or representamen, is something which stands to somebody for
something in some respect or capacity.“ (Peirce 1955, S. 99). Ein Zeichen kann ein
typischer Hautausschlag, inspiratorisches Knisterrasseln bei Auskultation oder ein von
der Norm abweichender Laborwert sein. Als dritter Schritt folgt die Interpretation
dieser Zeichen. Ein typischer Ausschlag kann für eine Maserninfektion sprechen. Die
Sklerosiphonie (inspiratorisches Knisterrasseln) kann auf eine Lungenfibrose hindeuten
- 2 -
(Herold 2009). Im vierten Schritt muss die klinische Relevanz der Interpretation
geprüft werden. Nicht jedes Zeichen hat zwingend eine klinische Bedeutung. Ein dritter
Herzton tritt bei Jugendlichen meist ohne Krankheitswert auf. Er hat keine klinische
Bedeutung. Bei älteren Patienten kann dieser dritte Herzton dagegen ein Hinweis auf
eine Herzinsuffizienz sein (Bundesärztekammer et al. 2010). Dieses Zeichen ist klinisch
relevant und muss abgeklärt werden. Der fünfte Schritt besteht aus der Ableitung einer
möglichen Konsequenz. Die Entscheidung über Behandlung oder Nichtbehandlung ist
abhängig von der jeweiligen Schwelle der Therapie (Pewsner et al. 2001). Die
Behandlungsschwelle ist definiert als der Punkt, an dem von der Diagnostik auf die
Therapie übergegangen wird. Der Beginn einer Therapie ist abhängig von dem Nutzen
der Behandlung und anderen wichtigen Komponenten, „wie Häufigkeit und
Schweregrad von Nebenwirkungen, Behandlungsalternativen oder benötigte[n]
Ressourcen“ (Kunz 2003, S. 59). Beispielsweise ist die Verschreibung von
Protonenpumpeninhibitoren bei einer gastroösophagealen Refluxkrankheit mit weitaus
weniger Risiken verbunden als die Entscheidung für eine Operation (Stier & Heidecke
2008). Für eine hocheffektive und nebenwirkungsarme Behandlung wird sich generell
eine niedrige Behandlungsschwelle ergeben. Eine wenig effektive und
nebenwirkungsreiche Behandlung weist eine hohe Behandlungsschwelle auf. Als
sechster Schritt muss abschließend stets der Nutzen der durchgeführten diagnostischen
und therapeutischen Maßnahmen bewertet werden. Das „Vier-Säulen-Modell“ nach
Porzsolt (Porzsolt 2010) beinhaltet eine Bewertung dieser Maßnahmen auf der Basis
von vier Kriterien: der generellen Wirkung, der Kosten, der Wirksamkeit aus Sicht des
Arztes und des Werts aus Sicht des Patienten. Dabei ist die Beurteilung der Diagnostik
häufig sehr viel schwieriger als die der Therapie. Ein positives Ergebnis in der
Diagnostik bedeutet noch bei weitem keine Besserung des Patienten. Bei der Therapie
dagegen wird meist schnell klar, ob sie wirkt oder nicht.
Bei kritischer Betrachtung lässt sich leicht erkennen, dass für eine sinnvolle und
vollständige Diagnostik alle sechs Schritte notwendig sind. Bei Nichtbeachtung eines
Schrittes ist der Behandlungserfolg gefährdet.
- 3 -
Das Ziel dieser Arbeit ist die nähere Beleuchtung des zweiten Schrittes des
diagnostischen Prozesses, dem Erkennen von Zeichen. Dabei werden die Bedeutung,
die aktuelle klinische Relevanz und die Risiken diskutiert, die mit diesem Schritt
assoziiert sind. Vorab wird zum besseren Verständnis ein kurzer Überblick über die
Entwicklung der Semiotik in der Medizin gegeben.
1.1 Definition und Geschichte der medizinischen Semiotik
Die Semiotik ist die „Lehre von den Zeichen“ (Eco 2002, S. 29). Sie beschäftigt sich
mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Zeichensystemen (zum Beispiel Gestik,
Mimik, Sprache, Verkehrszeichen, Kunst und Krankheitszeichen). Die Semiotik leitet
sich von dem griechischen Wort sēmeîon (Zeichen, Kennzeichen) ab (Nessa 1996). Die
Semiotik ist fachgebietsübergreifend. Sie ist unter anderem ein Teilgebiet der
Philosophie, Linguistik, Wissenschaftstheorie und der Kunst-, Musik-, Theater- und
Sozialwissenschaften (Nöth 1990). Die medizinische Semiotik ist eine „disziplin-
gebundene […] Zeichenlehre“ (Eckart 1996, S. 1). Sie befasst sich mit der
Beobachtung, Interpretation und Beurteilung von medizinischen Zeichen am
Krankenbett. Sie hat in der Geschichte der Medizin einen großen Bedeutungswandel
erlebt.
Bereits die hippokratischen Ärzte deuteten auf der Grundlage reichlicher klinischer
Erfahrung körperliche Zeichen hinsichtlich des Wesens der Krankheit und des zu
erwartenden Krankheitsschicksals. Dabei waren „die akribische Einbeziehung der
Krankengeschichte und eine sorgfältige Beobachtung aller wahrnehmbaren
Körperäußerungen“ (Eckart 1996, S. 2) von grundlegender Bedeutung.
Um 1800 erlebte die medizinische Semiotik als eigenes medizinisches Lehrfach eine
Blütezeit (Eckart & Jütte 2007). Die Ziele der Semiotik waren die Bereitstellung einer
anamnestischen, diagnostischen und prognostischen Hilfsmethode durch genaue
Beobachtungen am Krankenbett.
Ab dem Jahr 1850 verschwand der Begriff „Semiotik“ aus den medizinischen
Lehrwerken. Der Begriff „Semiotik“ wurde ersetzt durch die „Diagnostik“. Diese
- 4 -
enthielt jedoch durchaus noch Elemente der alten Zeichenlehre. Eckart stellte Folgendes
fest: „Im Grunde liefert das neue Wort nicht viel mehr als den begrifflichen Überbau für
eine Vielzahl neuer, alter und bisweilen differenzierterer Elemente der alten
Zeichenlehre. Lediglich die Zeichen sind vielfältiger geworden und spiegeln das tiefere
Eindringen einer erweiterten ärztlichen Diagnostik [wider].“ (Eckart 1996, S. 11).
Es gibt zwei wichtige Wegbereiter der modernen Semiotik. Der Schweizer Linguistik
Professor Ferdinand de Saussure (1857-1913) beschreibt ein Zeichen als eine duale
Entität (Saussure 1986, Nessa 1996). Das Zeichen hat nach Saussure ein Signifikat, das
heißt eine Bedeutungsseite. Durch den Signifikanten wird das Zeichen manifest (Nöth
1990, Hess 1998). Dieser arbiträre Zeichenbegriff spielte vor allem eine Rolle in der
Linguistik bei der Definition von sprachlichen Zeichen.
Nach dem amerikanischen Philosoph und Logiker Charles Sanders Peirce (1839-1914)
ist die Semiotik die Grundlage jeder Kommunikation. Sie ist auch die Voraussetzung
für jede Form der Erkenntnis, denn jedes Denken sei ein Denken in Zeichen. Seine
Theorie begreift das Zeichen nicht als ein statisches Objekt, sondern als eine triadische
Relation (Baum 2003, Nessa 1996) (siehe Abbildung 1).
Abbildung 1: Triadisches Zeichenmodell von C. S. Peirce (Nessa 1996, S. 368)
Dieses triadische Zeichenmodell wird von Peirce wie folgt definiert: „A sign, or
representamen, is something which stands to somebody for something in some respect
or capacity. It addresses somebody, that is, creates in the mind of that person an
equivalent sign, or perhaps a more developed sign. That sign which it creates I call the
interpretant of the first sign. The sign stands for something, its object. It stands for that
object, not in all respects, but in reference to a sort of idea, which I have sometimes
called the ground of the representamen.” (Peirce 1955, S. 99).
Peirce drückt damit aus, dass der Interpretant ein weiterentwickeltes Zeichen ist,
Objekt Zeichen
Interpretant
- 5 -
welches dem primären Zeichen seine Bedeutung verleiht. Sowohl das Zeichen als auch
der Interpretant beziehen sich dabei auf das Objekt. Diese triadische Struktur von Peirce
korrespondiert sehr gut mit der klinischen Situation (Abbildung 2).
Abbildung 2: Klinische Situation korrespondierend zum triadischen Zeichenmodell von C. S.
Peirce (Nessa 1996, S. 368)
Der Patient weist ein Symptom auf. Dieses wird vom Arzt als Diagnose interpretiert.
Beide beziehen sich auf das gleiche Objekt, die Krankheit (Nessa 1996). In der Medizin
ist die Beziehung zwischen den Zeichen einer Krankheit und der Erkrankung selbst von
besonderem Interesse.
Die moderne medizinische Semiotik befasst sich unter anderem mit der Wahrnehmung
der Zeichen des Patienten. Diese können Symptome, Anamnese, Gesten, Geräusche,
körperliche Untersuchung und Testergebnisse beinhalten (Burnum 1993). Die
Anwendung der Semiotik, das heißt die Wahrnehmung von medizinischen Zeichen, ist
ein wichtiger Schritt im diagnostischen Prozess.
Krankheit Symptom
Diagnose
- 6 -
1.2 Fragestellung der Arbeit
Die medizinische Semiotik stellt einen wichtigen Teilbereich der Medizin dar. Im
schrittweise ablaufenden diagnostischen Prozess sind medizinische Zeichen das
Bindeglied zwischen den Symptomen des Patienten und der richtigen Interpretation und
Diagnosestellung. Unklar ist jedoch häufig, welchen diagnostischen Wert medizinische
Zeichen haben und mit welcher Sicherheit sie in der Praxis eingesetzt werden können.
Aufgrund dieser Unsicherheit werden im klinischen Alltag oftmals zusätzliche
Untersuchungen durchgeführt, um die Diagnose abzusichern. Für eine sinnvolle
Anwendung der Semiotik in der Medizin ist deshalb die Kenntnis der Validität und der
Aussagekraft von medizinischen Zeichen zwingend erforderlich.
In der folgenden Arbeit werden zwei verschiedene Aspekte der Semiotik betrachtet.
• Im ersten Teil der Arbeit werden zunächst die Validität von drei ausgewählten
medizinischen Zeichen mittels Literaturrecherchen geprüft und Grenzen der
Anwendbarkeit dieser Zeichen aufgezeigt.
• Im zweiten Teil wird die generelle Bedeutung der Semiotik im klinischen Alltag
dargestellt. Dabei wird auf Voraussetzungen für die erfolgreiche Anwendung
der Semiotik eingegangen und insbesondere Hürden hierzu erörtert.
- 7 -
2 Methodik
2.1 Theoretische Aspekte der Semiotik
2.1.1 Beurteilung von diagnostischen Tests
Im medizinischen Alltag werden klinische Befunde (Zeichen) erhoben und
diagnostische Tests durchgeführt, um eine Diagnose wahrscheinlicher zu machen oder
zu widerlegen. Die Aussagekraft eines positiven oder negativen Ergebnisses variiert
dabei abhängig von dem jeweils durchgeführten Test. Dieser diagnostische Wert eines
Tests muss bekannt sein, um eine sinnvolle Diagnostik zu ermöglichen. Mittels
statistischer Verfahren können Tests individuell untersucht und ausgewertet werden.
Der zu untersuchende Test wird mit dem Goldstandard, das heißt mit einem in der
klinischen Praxis etabliertem Testverfahren, verglichen. Das Entscheidungsschema
eines diagnostischen Tests ist in Tabelle 1 dargestellt.
Tabelle 1: Allgemeines Entscheidungsschema eines diagnostischen Tests. Es gibt zwei richtige
(blau) und zwei falsche Möglichkeiten (rot) der Entscheidung.
Realität (Goldstandard)
Testergebnis krank gesund
positiv (krank) richtig-positiv falsch-positiv
negativ (gesund) falsch-negativ richtig-negativ
Im klinischen Alltag muss bei der Diagnosestellung stets bedacht werden, dass ein Test
negativ ausfallen kann, obwohl die Erkrankung vorliegt (falsch-negativ). Der Test kann
auch positiv sein, obwohl die Erkrankung nicht vorliegt (falsch-positiv). Die
beobachteten Häufigkeiten können wie in Tabelle 2 dargestellt werden.
- 8 -
Tabelle 2: Beobachtete Häufigkeiten eines diagnostischen Tests. In der Vierfeldertafel werden
die absoluten Häufigkeiten der Ergebnisse eines diagnostischen Tests dargestellt (Test positiv
[T+] und negativ [T-], Krank [K+], Gesund [K-], richtig-positiv (a), richtig-negativ (d), falsch-
positiv (b), falsch-negativ (c), Anzahl (n)).
Realität (Goldstandard)
Test [K+] [K -] gesamt
[T+] a b a+b
[T -] c d c+d
gesamt a+c b+d n = a+b+c+d
Wichtige Gütekriterien für die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines diagnostischen
Tests sind Sensitivität und Spezifität. Die Sensitivität (SNout) gibt die
Wahrscheinlichkeit für einen positiven Test unter den tatsächlich Kranken an.
ca
a
+==++
Erkranktender Gesamtzahl
Test positivemmit Erkranktender Zahl )/K(T P
„A highly sensitive test is good for ruling out (SNout) the disease condition” (Nawaz &
Kassi 2009, S. 135). Dies bedeutet, dass ein Test mit hoher Sensitivität eine Erkrankung
mit hoher Sicherheit ausschließen kann. Die Spezifität (SPin) gibt die
Wahrscheinlichkeit für einen negativen Test unter den tatsächlich Gesunden an.
db
d
+==
Gesunden der Gesamtzahl
Test negativemmit Gesunden der Zahl)-/K-P(T
„A highly specific test is good for ruling in (SPin) the disease condition“ (Nawaz &
Kassi 2009, S. 135). Das heißt ein spezifischer Test dient der Bestätigung einer
vermuteten Krankheit. Er sollte angewendet werden, wenn kein Gesunder als erkrankt
fehlklassifiziert werden soll.
Im Gegensatz zur Sensitivität und Spezifität hängen die prädiktiven Werte von der
Prävalenz ab. Als Prävalenz bezeichnet man die Häufigkeit einer bestimmten Krankheit
in einer Gruppe definierter Größe zu einem bestimmten Zeitpunkt. Der positive
prädiktive W ert (PPV) gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der im Falle eines positiven
Tests eine bestimmte Erkrankung tatsächlich vorliegt.
ba
a
+==++
Fällesitiven der testpo Gesamtzahl
Test positivemmit Erkranktender Zahl )/TP(K
- 9 -
Der positive prädiktive Wert steigt bei zunehmender Prävalenz an. Deshalb sind bei der
Anwendung eines Tests in einem Risikokollektiv höhere positive Vorhersagewerte zu
erreichen als beispielsweise in der Normalbevölkerung. Der negative prädiktive Wert
(NPV) gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der im Falle eines negativen Tests eine
bestimmte Erkrankung nicht vorliegt.
dc
d
+==
Fällegativen der testne Gesamtzahl
Test negativemmit Gesunden der Zahl )/TP(K --
Der negative prädiktive Wert sinkt, wenn die Prävalenz steigt.
Die Qualität von diagnostischen Tests kann auch anhand der Likelihood Ratios beurteilt
werden. Die positive Likelihood Ratio (LR+) ist wie folgt definiert:
Spezifität
ätSensitivitLR
−=+
1
Sie beschreibt das Verhältnis der Wahrscheinlichkeit für ein positives Testergebnis
unter den Kranken zur Wahrscheinlichkeit für ein positives Testergebnis unter den
Gesunden. Entsprechend ergibt sich für die negative Likelihood Ratio (LR-):
Spezifität
ätSensitivitLR
−=− 1
„Ein Test wird als akzeptabel bewertet, wenn LR+ Werte größer als 3 bzw. LR- Werte
kleiner als 0,3 annimmt. Er wird hingegen als exzellent bewertet, wenn LR+ größer als
10 bzw. LR- kleiner als 0,1 ist.“ (Hilgers et al. 2007, S. 89).
Für die Bewertung eines diagnostischen Tests kann die Richtigkeit (Accuracy) (Po)
intuitiv als Anteil der korrekten Ergebnisse an der Gesamtzahl der Testergebnisse
berechnet werden. Die Summe der richtig positiven und richtig negativen Ergebnisse
wird durch die Gesamtzahl der Testergebnisse geteilt:
n
daPo
+=
Der Anteil der Fälle, die per Zufall übereinstimmen (PE) beträgt:
²
))(())((
n
dbdccabaPE
+++++=
- 10 -
In der klinischen Praxis werden meist verschiedene, sich ergänzende Testverfahren
angewendet. Ein sensitiver Test wird gewählt, wenn das Übersehen der Erkrankung zu
schweren Nachteilen für den Patienten führt (Faller 2005). Dies trifft für gefährliche,
aber behandelbare Erkrankungen zu. Im Gegensatz dazu dient ein spezifischer Test
häufig zur Bestätigung einer Diagnose. Ein hoch spezifischer Test ist selten positiv,
wenn die Erkrankung nicht vorliegt. Hoch spezifische Tests sind besonders dann
notwendig, wenn ein falsch-positives Ergebnis einen physischen, emotionalen oder
finanziellen Nachteil für den Patienten impliziert (Hilgers et al. 2007).
2.1.2 Schwelle von Diagnostik zur Therapie
„Grundlegend für medizinisches Handeln ist die Auffassung von Gesundheit und
Krankheit“ (Honecker 1995, S. 83). Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist
Gesundheit ein Zustand vollkommenen physischen, geistigen und sozialen
Wohlbefindens und nicht bloß das Fehlen von Krankheit und Gebrechen („Health is a
state of complete physical, mental and social well-being and not merely the absense of
disease or infirmity.“) (Constitution of the World Health Organization 1946, S. 2).
Krankheit wird dagegen oft als Gegenteil von Gesundheit definiert. „Es gibt keinen
rein objektiven, naturwissenschaftlich exakten Krankheitsbegriff. Man kann Krankheit
nämlich als jedes Abweichen von der Norm der Gesundheit bezeichnen, welches das
Wohlbefinden der Menschen stört“ (Honecker 1995, S. 83). Folglich gibt es nicht nur
die zwei Dimensionen krank und gesund, sondern ein weites Kontinuum zwischen
diesen beiden Endpunkten.
Ein diagnostischer Test sollte die Wahrscheinlichkeit für die eine Richtung
(Gesundheit) oder die andere Richtung (Krankheit) erhöhen. Das heißt, dass „die
Anwendung eines Tests nur dann sinnvoll ist, wenn […] eine Chance besteht, dass
dieser Test uns in den Bereich jenseits der «Test-Therapie-Schwelle» (Behandlung)
oder jenseits der «Test-Keine-Therapie-Schwelle» (Nichtbehandlung) bringt“ (Pewsner
et al. 2001, S. 48). Pewsner et al. definieren die „Test-Therapie-Schwelle“ als „die
Krankheitswahrscheinlichkeit, bei der die beiden Optionen «weitere Abklärung» und
«Therapie» gleichwertig sind. Beim Überschreiten dieses Grenzwerts wird die Diagnose
- 11 -
gestellt und somit eine Behandlung eingeleitet.“ (Pewsner et al. 2001, S. 47).
Für die Diagnostik entsteht dadurch folgendes Problem. Im theoretischen Idealfall
könnte durch ein fixes Entscheidungskriterium klar zwischen Gesundheit und Krankheit
unterschieden werden (Abbildung 3). Dieses Entscheidungskriterium könnte zum
Beispiel in der Labordiagnostik ein definierter Messwert sein. Alle Werte kleiner oder
gleich dem definierten Messwert sprächen für Gesundheit. Größere Werte würden
Krankheit bedeuten.
Abbildung 3: Idealfall der Verteilung Kranker und Gesunder. Anhand eines fixen
Entscheidungskriteriums (z.B. ein definierter Messwert) kann zwischen Gesundheit (hellblau)
und Krankheit (dunkelblau) unterschieden werden.
Die Realität sieht jedoch anders aus. Statistische Normalbereiche diskriminieren häufig
nicht ausreichend zwischen normal und pathologisch (Abbildung 4). Es gibt bei nahezu
jedem Test falsch-negative und falsch-positive Befunde. Dies erhöht die
Wahrscheinlichkeit einer Fehldiagnose, wenn blind dem Testergebnis vertraut wird.
Von besonderer Bedeutung ist deshalb die bewusste Auswahl einer geeigneten
diagnostischen Methode unter Berücksichtigung ihrer Aussagekraft.
Wah
rsch
ein
lich
keits
dic
hte
Höhe des Messwerts
En
tsch
eid
ung
skri
teri
um
gesund krank
- 12 -
Abbildung 4: Realität der Verteilung Kranker und Gesunder. Bei nahezu jedem Test gibt es
falsch-positive und falsch-negative Befunde. Je höher die diagnostische Sensitivität, desto
weniger falsch-negative Befunde. Die Zahl der falsch-positiven Ergebnisse nimmt dann jedoch
zu. Je höher die diagnostische Spezifität gewählt wird, desto geringer sind die falsch-positiven
Ergebnisse. Die Zahl der falsch-negativen Ergebnisse steigt jedoch.
Die Auswahl einer diagnostischen Methode ist abhängig von der jeweiligen Krankheit
und den Konsequenzen, die aus einer Diagnose entstehen. Bei einer schwerwiegenden,
aber heilbaren Krankheit sollte die Sensitivität des diagnostischen Tests erhöht werden.
Dabei sollte eine falsch positive Klassifizierung klinisch, psychologisch und
ökonomisch unschädlich sein. Wenn die Therapie einer Krankheit jedoch sehr belastend
und eine falsch positive Diagnose bedenklich ist, sollte die Spezifität erhöht werden.
Dadurch wird die Anzahl der falsch positiven Diagnosen minimiert (Dörner 2006).
Dennoch kann meist nicht von einem positiven (oder negativen) Testresultat auf
Krankheit (oder Gesundheit) geschlossen werden. Wie Pewsner et al. andeuten, ist
häufig ein Test nicht ausreichend, um die Test-Therapie-Schwelle zu überschreiten.
Vielmehr sind der gezielte Einsatz und die Kombination verschiedener Testverfahren,
die sich hinsichtlich Sensitivität und Spezifität unterscheiden, sinnvoll. Durch die
Minimierung von Fehldiagnosen wird auch eine größtmögliche Sicherheit für den
Patienten erreicht.
Wah
rsch
ein
lich
keits
dic
hte
Höhe des Messwerts
En
tsch
eid
un
gs-
krite
riu
m
gesund krank
falsch-negativ falsch-positiv
Diagnost. Spezifität
Diagnost. Sensitivität
- 13 -
2.2 Identifizierung „vergessener“ Zeichen
Um die Bedeutung der medizinischen Semiotik im klinischen Alltag mittels Beispielen
darzustellen, wurde ein Aufruf an erfahrene Mediziner gestartet (Abbildung 5). Dieser
Aufruf wurde in der Zeitschrift des PVS-Verbandes im März 2009 veröffentlicht.
Zusätzlich erfolgte eine Kontaktaufnahme durch persönliche Anschreiben und Telefon.
Abbildung 5: Veröffentlichung der Anfrage bei erfahrenen Kollegen in der Zeitschrift des PVS-
Verbandes im März 2009
Anfrage bei vorwiegend älteren Kolleginnen und Kollegen
Sehr verehrte Frau Kollegin,
sehr geehrter Herr Kollege,
im Rahmen verschiedener Dissertationsarbeiten möchten wir „altes diagnostisches Wissen“
sammeln, das in Lehrbüchern kaum mehr zu finden ist, weil es durch moderne Verfahren
ersetzt wurde. Ein Beispiel wären die Probleme, die zu erwarten sind, wenn Mütter mit großen
Händen und Füßen zu Entbindung kommen. Ob diese angenommenen Zusammenhänge
tatsächlich zutreffen, ist häufig unklar. Wir haben konkrete Hinweise, dass durch die neuen,
deutlich empfindlicheren Nachweismethoden Befunde erhoben werden, die klinisch
unbedeutend sind und letztlich zu einer Überbehandlung der Patienten führen.
Dass wir durch überflüssige diagnostische Maßnahmen vermeidbare finanzielle Belastungen
generieren, ist das geringere Problem. Schwerwiegender sind überflüssige therapeutische
Konsequenzen und unerwünschte Wirkungen, die wir den Patienten zumuten könnten.
Wir halten es deshalb für sinnvoll, das „alte diagnostische Wissen“ zu sammeln, dann nach
publizierter wissenschaftlicher Evidenz zu suchen und falls sich diese nicht finden lässt, bei
ausgewählten Beispielen eigene Daten zur Bestätigung der Annahmen zu erheben.
Wenn Sie uns bei diesem Projekt unterstützen möchten, bitten wir Sie, uns formlos „altes
diagnostisches Wissen“ unter Angabe Ihrer Kontaktmöglichkeiten mitzuteilen […].
Mit freundlichen Grüßen, […]
- 14 -
Das Ziel war die Identifizierung von alten medizinischen Zeichen, die in Vergessenheit
geraten sind. Die erfahrenen Mediziner wurden nach altem diagnostischem Wissen
gefragt, das in Lehrbüchern kaum mehr zu finden ist, weil es durch moderne Verfahren
ersetzt wurde.
Das Resultat dieses Versuchs, alte, früher bedeutende medizinische Zeichen zu
identifizieren, war ungenügend. Die Anzeige in der Zeitschrift des PVS-Verbandes
blieb unbeantwortet. Von insgesamt 47 gestellten Anfragen an Oberärzte und Chefärzte
verschiedener Kliniken blieb in 32 Fällen eine Antwort aus. 14 Ärzte antworteten,
konnten jedoch bei dieser Fragestellung nicht weiterhelfen. Der einzige Hinweis kam
von einem erfahrenen Internisten. Dieser berichtete über einen charakteristischen
Geruch von Leberkranken, dem so genannten Foetor hepaticus. Der Foetor hepaticus
wurde zur weiteren Untersuchung ausgewählt, da es sich um ein altes medizinisches
Zeichen handelt, welches in der heutigen Medizin an Bedeutung verloren hat. In
aktuellen Lehrbüchern (Renz-Polster et al. 2006, Herold 2009) wird der Lebergeruch
(noch) als Symptom im Stadium III und IV der hepatischen Enzephalopathie aufgeführt.
Um die klinische Relevanz dieses medizinischen Zeichens zu klären, wurde
anschließend mittels Literaturrecherche nach wissenschaftlicher Evidenz gesucht.
Folgende Datenbanken wurden ausgewählt:
• Medline
• OldMedline
• Embase
• Evidence Based Medicine Reviews (EBMR)
Die Schlagworte, nach welchen gesucht wurde, waren:
1. liver disease
2. hepatic disease
3. fetor hepaticus
4. alveolar air
5. GC-MS
6. halitosis
7. breath odor
8. dimethylsulfide
- 15 -
9. mercaptans
10. liver cirrhosis
11. hepatic encephalopathy
12. hepatic coma
13. diagnosis smell
14. liver smell diagnosis
15. odor liver disease
16. olfactory diagnosis
17. diagnostics
Diese Schlagworte wurden zusätzlich durch die „And“-Funktion kombiniert (1+3, 1+4,
1+5, 1+6, 1+7, 1+17, 2+3, 2+7, 2+8, 2+9, 2+13, 3+4, 3+5, 3+8, 3+9, 3+13, 4+10, 4+13,
5+8, 5+9, 7+8, 7+9, 7+10, 10+13, 12+13).
Dabei wurden 15 Publikationen zur Thematik des Foetor hepaticus gefunden (Butt &
Mason 1954, Challenger & Walshe 1955 a/b, Söderström 1956, Chen & Mahadevan et
al. 1970, Chen & Zieve et al. 1970, Kaji et al. 1978, Kaji et al. 1979, Müting & Sommer
1979, Müting et al. 1983, Tangerman et al. 1994 a/b, Shimamoto et al. 2000, Sehnert et
al. 2002, Van den Velde et al. 2008). Die Aussagekraft dieser Publikationen wurde
überprüft und die Validität des Foetor hepaticus herausgearbeitet. Die hierfür benötigte
Methodik wurde in Kapitel 2.1.1 detailliert erläutert. Aufgrund der eindeutigen
Ergebnisse wurde auf eine eigene Datenerhebung verzichtet.
2.3 Zeichen aus der Literatur
Aufgrund der mangelhaften Ergebnisse bei der Anfrage bei erfahrenen Medizinern
wurde ein zweites medizinisches Zeichen mittels Literaturrecherche herausgearbeitet.
Während der Recherche über den Foetor hepaticus wurden weitere Artikel zu
Krankheiten mit charakteristischem Geruch entdeckt (Clark 1917, Pope 1928, Engel
1953, Cone 1968, Liddell & White 1975, Liddell 1976, Lukas et al. 1977, Hayden 1980,
Lockman 1981, Smith et al. 1982, Durham et al. 1993, Pavlou & Turner 2000, Whittle
et al. 2007).
- 16 -
Liddell und Hayden betonten die enorme Bedeutung des Riechens im diagnostischen
Prozess:
• „The odour emitted by the patient may be one of the first major clues leading to
an early diagnosis“ (Liddell 1976, S. 136),
• „Characteristic patient odors accompany many diseases and intoxications, and
their recognition can provide diagnostic clues, guide the laboratory evaluation,
and affect the choice of immediate therapy“ (Hayden 1980, S. 110).
Sowohl Liddell (1976) als auch Hayden (1980) erwähnten in ihren Publikationen einen
bei schizophrenen Patienten auftretenden charakteristischen Geruch. Dies stellte
sich bei Kontaktaufnahme mit erfahrenen Psychiatern als klinisch irrelevant heraus.
Kein Arzt hatte weder von diesem Phänomen gehört noch den Geruch selbst
wahrgenommen. Diese interessante Konstellation eines in der Literatur erwähnten
Zeichens, das klinisch jedoch weitgehend unbekannt ist, sollte genauer untersucht
werden. Es wurde erneut eine Literaturrecherche durchgeführt, um nach weiteren
Informationen und nach wissenschaftlicher Evidenz für dieses Zeichen zu suchen.
Folgende Datenbanken wurden ausgewählt:
• Medline
• OldMedline
• Embase
• PsycINFO
• Evidence Based Medicine Reviews (EBMR)
Die Schlagworte, nach welchen gesucht wurde, waren:
1. schizophrenia
2. odour
3. sweat
4. smell
5. diagnostics
6. diagnosis
7. psychosis
8. metabolism
- 17 -
9. body odour
10. trans-3-methyl-2-hexenoic acid
Diese Schlagworte wurden durch die „And“-Funktion untereinander kombiniert (1+2,
1+3, 1+4, 1+5, 1+6, 1+7, 1+8, 1+9, 1+10, 1+4+5, 2+5, 2+6, 3+4, 3+10, 4+5, 4+9, 5+10,
6+7, 8+10, 9+10).
Dabei konnten 13 Publikationen herausgefiltert werden (Clark 1917, Hoagland 1958,
Altschule 1959, Smith & Sines 1960, Smith et al. 1969, Perry et al. 1970, Smith &
Leong 1972, Gordon et al. 1973, Moberg et al. 1999, Brewer et al. 2003, Malaspina &
Coleman 2003, Di Natale et al. 2005, Brewer et al. 2007). Diese wurden anschließend
auf ihre Aussagekraft und ihre klinische Bedeutung untersucht (Methodik siehe Kapitel
2.1.1). Da die Ergebnisse sehr eindeutig waren, wurde auf eine eigene Datenerhebung
verzichtet.
2.4 Medizinisches Zeichen von klinischer Relevanz
Als drittes medizinisches Zeichen sollte ein aktuelles, klinisch relevantes Zeichen
ausgewählt werden. Durch den Kontakt mit Ärzten aus der unfallchirurgischen
Universitätsklinik wurde das Augenmerk auf die Knieuntersuchung gerichtet. Die
Unfallchirurgen bestätigten die Probleme bei der Beurteilung der klinischen
Untersuchung von Meniskusläsionen. Bisher sei nicht geklärt, ob und wann ein MRT
(Magnetresonanztomographie) zusätzlich zur klinischen Untersuchung benötigt wird.
Um die aktuelle Datenlage zu erfassen, wurde eine Literaturrecherche durchgeführt. Die
Recherche wurde sehr breit angelegt, um Informationen sowohl zur klinischen
Untersuchung als auch zum MRT zu erhalten.
Dafür wurden folgende Datenbanken ausgewählt:
• Medline
• Embase
• Evidence Based Medicine Reviews (EBMR)
Gesucht wurde nach folgenden Schlagwörtern:
1. meniscus
- 18 -
2. tear
3. knee
4. knee joint
5. meniscal tear
6. diagnostics
7. knee injuries
8. clinical diagnosis
9. clinical examination
10. physical examination
11. clinical symptoms
12. MRI (magnetic resonance imaging)
13. diagnostic imaging
14. diagnostic value
15. arthroscopy
16. value of clinical examination
17. diagnostic errors
Diese wurden anschließend durch die „And“-Funktion kombiniert, um gezielte
Ergebnisse zu erhalten (1+2, 1+2+3, 1+6, 1+2+7, 1+2+8, 1+9, 1+2+11, 1+2+12,
1+2+16, 4+9, 4+15, 4+16, 5+6, 5+9, 5+11, 5+12, 5+13, 5+12+14, 5+15, 5+16, 9+12,
9+12+15, 9+17, 12+14). Zudem wurde bei interessanten Artikeln nach ähnlichen
Studien („Find Similar“) und nach weiteren Artikeln des betreffenden Autors gesucht.
Aus 1021 Studien wurde anhand des Titels eine Auswahl aus 81 Publikationen
getroffen. Nach Betrachtung und Bewertung dieser 81 Abstrakts wurden 35
Publikationen selektiert (Fowler & Lubliner 1989, Boden et al. 1990, Boeree &
Ackroyd 1991, Boeve et al. 1991, Fischer et al. 1991, Spiers et al. 1993, Biedert 1993,
De Smet et al. 1994, Terry et al. 1995, Gelb et al. 1996, Miller 1996, Rose & Gold
1996, O'Shea et al. 1996, Muellner et al. 1997, Weinstabl et al. 1997, Munk et al. 1998,
Elvenes et al. 2000, Bryan et al. 2001, Kocher et al. 2001, Solomon et al. 2001, Brooks
& Morgan 2002, Shepard et al. 2002, Kocabey et al. 2004, Esmaili Jah et al. 2005,
Karachalios et al. 2005, Makdissi et al. 2006, Frobell et al. 2007, Hegedus et al. 2007,
Mohan & Gosal 2007, Ryzewicz et al. 2007, Yelland 2007, Amendola 2008, De Smet &
- 19 -
Mukherjee 2008, Nikolaou et al. 2008, Schurz et al. 2008).
Anschließend wurden die einzelnen Artikel bearbeitet und ihre Aussagekraft überprüft.
Mit der Methodik aus Kapitel 2.1.1 wurden die Validität der klinischen Untersuchung
und die Validität des MRT untersucht. Trotz der großen Studienanzahl blieben einige
klinisch relevante Fragen unbeantwortet. Deshalb wurde in Zusammenarbeit mit
Kollegen aus der Unfallchirurgie ein neues Studiendesign für die Durchführung einer
klinischen Studie entwickelt. Durch dieses Design können die klinisch relevanten
Fragen beantwortet werden. Die Studie wurde in dieser Arbeit nicht mehr durchgeführt,
da sie den Rahmen gesprengt hätte. Sie ist jedoch in Planung.
- 20 -
3 Ergebnisse
3.1 Foetor hepaticus
3.1.1 Semiotische Aussage
Als Foetor hepaticus bezeichnet man den typischen Geruch der Atemluft von Patienten,
bei welchen eine schwere Lebererkrankung oder ein Leberversagen vorliegt. Dieser
Lebergeruch wird in der Literatur wie folgt beschrieben:
• „sharp and pungent“ (Butt & Mason 1954, S. 831),
• „resembled the odor from a small bit of decaying liver tissue“ (Chen, Zieve et al.
1970, S. 628),
• „a mixture of rotten eggs and garlic“ (McGee 2007, S. 78),
• „a sweet, musty or slightly fecal aroma of the breath” (Van den Velde et al.
2008, S. 344).
Der Foetor hepaticus war früher ein bekanntes Phänomen. Er war ein medizinisches
Zeichen für fortgeschrittene Lebererkrankungen. Im Laufe der Jahre wurde dieses
Zeichen weitgehend von der modernen Diagnostik verdrängt. In den Köpfen junger
Mediziner sucht man den Lebergeruch heute teilweise vergeblich.
Auf Grund dieser Entwicklung soll die vorhandene Literatur nach wissenschaftlicher
Evidenz untersucht werden. Die wichtigsten Studien werden näher beleuchtet. Auf
dieser Basis wird anschließend die aktuelle Bedeutung des Foetor hepaticus diskutiert.
- 21 -
3.1.2 Wissenschaftliche Fundierung
3.1.2.1 Ergebnisse der Literaturrecherche
Eine der frühesten Untersuchungen zum Lebergeruch stammt aus dem Jahr 1954 von
Butt und Mason („Fetor Hepaticus: Its Clinical Significance and Attempts at Chemical
Isolation“). In die Studie von Butt und Mason wurden 111 leberkranke Patienten mit
Ikterus und 56 Kontrollen eingeschlossen. Der Ikterus wurde eingeteilt in obstruktiv
und nicht-obstruktiv. Ihr Ziel war es, eine Beziehung zwischen dem Lebergeruch und
Lebererkrankungen herzustellen. Um eine Auswertung zu ermöglichen, wurden alle drei
Gruppen (Patienten mit obstruktivem Ikterus, Patienten mit nicht-obstruktivem Ikterus
und die Gesamtzahl an Patienten mit Ikterus) jeweils mit der Kontrollgruppe verglichen.
Abbildung 6 zeigt die ausgewerteten Ergebnisse.
Obstruktiver Ikterus (59 Patienten) Nicht-obstruktiver Ikterus (52 Patienten)
� Inzidenz des Lebergeruchs: 34% � Inzidenz des Lebergeruchs: 69% Sensitivität = 0,34 Sensitivität = 0,69 Spezifität = 1,00 Spezifität = 1,00 Gesamt (167 Patienten)
� Inzidenz des Lebergeruchs: 50% Sensitivität = 0,50 Spezifität = 1,00
Abbildung 6: Ergebnisse von Butt & Mason (1954) zur Untersuchung des Foetor hepaticus
dargestellt in Vierfeldertafeln. Die Darstellung der Ergebnisse erfolgt getrennt für den
obstruktiven Ikterus (links oben) und den nicht-obstruktiven Ikterus (rechts oben). Die
Zusammenfassung aller Ergebnisse wird links unten gezeigt. Zudem wurden Inzidenz,
Sensitivität und Spezifität des Lebergeruchs berechnet.
krank gesund gesamt Riechen + 36 0 36 Riechen - 16 56 72 gesamt 52 56 108
krank gesund gesamt Riechen + 20 0 20 Riechen - 39 56 95 gesamt 59 56 115
krank gesund gesamt Riechen + 56 0 56 Riechen - 55 56 111 gesamt 111 56 167
- 22 -
Der Foetor hepaticus wurde bei nicht-obstruktivem Ikterus häufiger beobachtet als bei
obstruktivem Ikterus. Für den Lebergeruch ergaben sich eine Sensitivität von 0,50 und
eine Spezifität von 1,00. Bei vielen Patienten konnte trotz Lebererkrankung kein
typischer Geruch detektiert werden. Es gab jedoch keine falsch positiven Tests. Das
heißt, Patienten mit Foetor hepaticus hatten in jedem Fall eine Erkrankung der Leber.
Der Geruch trat am häufigsten in der Patientengruppe mit den größten parenchymalen
Schäden auf. Das Verschwinden des Geruchs ging mit einer Besserung des
Patientenzustands einher.
Beurteilung: In der Auswertung ergibt sich für den Foetor hepaticus eine sehr gute
Spezifität bei mangelhafter Sensitivität. Die Aussagekraft der Studie ist jedoch, wie die
Autoren selbst einräumten, durch den Studienaufbau stark begrenzt. Beispielsweise gab
es in der nicht verblindeten Studie nur einen Beobachter, der den subjektiven
Geruchstest durchführte.
1970 untersuchten Chen, Zieve & Mahadevan die Inhaltsstoffe des Foetor hepaticus
(„Mercaptans and Dimethyl Sulfide in the Breath of Patients with Cirrhosis of the
Liver”) . Es wurde eine direkte Korrelation zwischen der Intensität des Atemgeruchs
von leberkranken Patienten, dem Grad der klinischen Symptomatik und der
Konzentration von Dimethylsulfid (DMS) im Atem festgestellt. Mercaptane spielten für
den Lebergeruch keine Rolle. Eine weitere Arbeit von Chen, Mahadevan & Zieve
stammt ebenfalls aus dem Jahr 1970: „Volatile Fatty Acids in the Breath of Patients
with Cirrhosis of the Liver“. Beim Vergleich des Atems von Patienten mit
Leberzirrhose und Gesunden konnte ein signifikanter Unterschied der flüchtigen
Fettsäuren nachgewiesen werden. Dies war zurückzuführen auf den portosystemischen
Shunt bei schweren Lebererkrankungen. Ein Zusammenhang zwischen Lebergeruch
und flüchtigen Fettsäuren konnte jedoch nicht entdeckt werden.
Beurteilung: Chen et al. machten keine Angaben über die Häufigkeit und das
Vorkommen des Foetor hepaticus. Der Geruchstest kann hier nicht beurteilt werden.
Müting und Sommer publizierten 1979 ihre Arbeit über „Auslösende Faktoren und
klinisches Bild des Leberkomas bei 152 Leberzirrhosepatienten“. Bei 102 Patienten war
das Leberkoma exogen bedingt. Hier wiesen 25% den typischen Lebergeruch auf. Bei
- 23 -
50 Patienten handelte es sich um eine Kombination aus exogenem und endogenem
Leberkoma. 50% dieser Patienten zeigten den Foetor hepaticus. 1983 wurde eine
weitere Arbeit von Müting et al. („Ursachen, Diagnostikkriterien des Coma hepaticum
– Eine Analyse von 560 Fällen“) veröffentlicht. Ein wichtiger Aspekt war, dass der
Foetor hepaticus erst im Stadium III und IV des Leberkomas auftrat. Frühe Hinweise
auf eine schwere Lebererkrankung sind laut Müting et al. Veränderungen von
Schriftproben und Konzentrationsvermögen.
Beurteilung: In diese Studien von Müting et al. wurden nur Patienten mit bereits
fortgeschrittener Lebererkrankung aufgenommen. Deshalb erreichte die Inzidenz des
Lebergeruchs Werte von 25-50% je nach Genese des Leberkomas. Die Autoren
betonten selbst, dass der Lebergeruch ein Spätzeichen des Leberkomas wäre und damit
keinerlei diagnostische Relevanz hätte. Nur durch eine Früherkennung im Stadium I
oder II des Leberkomas könnte die Prognose dagegen noch verbessert werden.
In der Publikation „Cause and Composition of Foetor Hepaticus“ (1994) von
Tangerman et al. wurde die Bedeutung von Dimethylsulfid (DMS) in der Genese des
Lebergeruchs betont. DMS war die einzige Substanz, die in allen Atemproben von
Patienten mit typischem Geruch vorhanden war. Die Konzentration von DMS war bei
Leberkranken signifikant höher als bei Gesunden („The concentration of DMS in
cirrhotics (range 0.1-14.1 nmol/l) was greater (p<0.05, Wilcoxon) than that of controls
(range 0.13-0.65).“ (Tangerman et al. 1994, S. 483)). Der Lebergeruch war jedoch erst
ab einer DMS-Konzentration von mindestens 1 nmol/l für die menschliche Nase sicher
zu entdecken. Die DMS-Konzentration in der Atemluft korrelierte signifikant mit der
Präsenz eines chirurgischen Shunts bei Zirrhose.
Beurteilung: In dieser Arbeit wurde kein standardisierter Geruchstest durchgeführt.
Damit ist keine Aussage zur Validität des Lebergeruchs möglich. Dennoch lassen sich
zwei wichtige Erkenntnisse gewinnen. Die dem Foetor hepaticus zugrunde liegende
Substanz ist laut Tangerman et al. Dimethylsulfid. Von DMS wird eine bestimmte
Schwellenkonzentration benötigt, damit der Geruch von der menschlichen Nase
wahrgenommen werden kann.
Shimamoto et al. publizierten 2000 ihren Artikel „Breath and Blood Ammonia in Liver
- 24 -
Cirrhosis“. Von großer Bedeutung bei der hepatischen Enzephalopathie war
Ammoniak. Sowohl im Blut als auch im Atem waren die Werte erhöht. Ein Bezug von
Ammoniak zum Foetor hepaticus konnte jedoch nicht hergestellt werden.
Beurteilung: Da nur 20 Patienten und zehn gesunde Kontrollen in die Studie
eingeschlossen wurden, ist die Aussagekraft begrenzt. Durch diese Studie können keine
neuen Erkenntnisse über den Lebergeruch gewonnen werden.
Abschließend wird eine aktuelle Publikation zum Foetor hepaticus untersucht. Van den
Velde et al. veröffentlichten 2008 ihre Arbeit über die „GC-MS Analysis of Breath
Odor Compounds in Liver Patients“. Sie analysierten die Inhaltsstoffe des
Lebergeruchs und diskutierten seine Bedeutung für die Praxis. Die Grundlage für die
Durchführung ihrer Untersuchung stellte Folgendes dar: „Liver diseases are one of the
prominent extra-oral causes of bad breath. Even in a stage of cirrhosis, the disease can
be asymptomatic for many years. [...] Breath analysis might be helpful to detect occult
liver pathology” (Van den Velde et al. 2008, S. 344). Mittels der GC-MS Analyse
wurde die Alveolarluft von 52 Leberkranken und 50 Gesunden untersucht. Dabei
konnte im Atem von Patienten mit Lebererkrankungen signifikant erhöhte Werte für
Dimethylsulfid, Azeton, 2-Butanon und 2-Pentanon nachgewiesen werden. Die Werte
für Indol und Dimethylselenid waren signifikant verringert. Das heißt, die Alveolarluft
von Patienten mit Foetor hepaticus unterschied sich in mehreren Bereichen von der
Alveolarluft Gesunder. Zudem war der süße Geruch der Ketone sehr viel schwerer zu
erkennen als der schweflige Geruch von Dimethylsulfid („This means that dimethyl
sulfide is much more odorous, explaining why it is probably the most relevant for the
characteristic fetor hepaticus“) (Van den Velde et al. 2008, S. 347).
Beurteilung: In dieser Studie wurde kein klinischer Geruchstest durchgeführt, sondern
eine Analyse der Alveolarluft mit einer modernen technischen Methode (GC-MS). Van
den Velde et al. betonten die Wichtigkeit der Kenntnis des Foetor hepaticus, um diesen
von gewöhnlichem Mundgeruch differenzieren zu können. Eine wichtige Folgerung
war, dass durch moderne Analyseverfahren (GC-MS) ein so genanntes ‚altes Zeichen’
eine neue Bedeutung erlangt und eventuell in der Zukunft sogar an Bedeutung gewinnt
(„Breath analysis by GC-MS makes it possible to discriminate patients with breath
malodor related to hepatic pathologies.“) (Van den Velde et al. 2008, S. 247).
- 25 -
3.1.2.2 Validität des Foetor hepaticus
„Die Validität oder Gültigkeit eines Tests gibt den Grad der Genauigkeit an, mit dem
dieser Test dasjenige Persönlichkeitsmerkmal oder diejenige Verhaltensweise, das (die)
er messen oder vorhersagen soll, tatsächlich misst oder vorhersagt“ (Lienert & Raatz
1998, S. 10).
Leider ist anhand der vorgestellten Studien keine systematische Auswertung möglich.
Die Validität des Foetor hepaticus lässt sich nur durch die Studie von Butt und Mason
aus dem Jahr 1954 annähernd beurteilen. Die weitere Literatur ging nicht auf den
klinischen Geruchstest ein, sondern vielmehr auf die Isolierung der zugrunde liegenden
Substanz. Butt und Mason erzielten bei ihrem Geruchstest eine Sensitivität von 50%.
Da zu viele Erkrankte übersehen werden, ist der Geruchstest zum Ausschluss von
Lebererkrankungen ungeeignet. Die Spezifität dagegen lag bei 100%. Dies bedeutet,
dass kein Gesunder als erkrankt fehlklassifiziert wird. Alle Personen mit Lebergeruch
leiden auch an einer Lebererkrankung. Diese Ergebnisse müssen jedoch mit Vorsicht
betrachtet werden, da das Studiendesign mangelhaft war. Auf Grund der Subjektivität
des Geruchstests muss möglichst standardisiert vorgegangen werden. Dabei ist die
Durchführung des Tests von verschiedenen, unabhängigen und verblindeten
Untersuchern von großer Bedeutung. Bei nur einem Untersucher ist die Anfälligkeit für
Fehler zu groß. Zusätzlich muss beachtet werden, dass der Lebergeruch erst im
Spätstadium von Lebererkrankungen auftritt (Müting et al. 1983). Dies hat bedeutende
Auswirkungen für die Anwendung im klinischen Alltag.
Erwartungshaltung von Ergebnissen einer eigenen Studie
Die Validität des Foetor hepaticus kann durch die vorhandene Literatur nicht
ausreichend beurteilt werden. Die bisherige Datenlage ist lückenhaft. Es kann jedoch
mit hoher Wahrscheinlichkeit gesagt werden, dass weitere Studien überflüssig wären.
Der Lebergeruch wird bei Gesunden nicht nachweisbar sein. Das heißt, die Spezifität
bleibt hoch. Zudem wird der Foetor hepaticus erneut nur bei einem Teil der
Leberkranken auftreten, da er erst in späteren Stadien bei größerer parenchymaler
Beteiligung manifest wird (Butt & Mason 1954). Dementsprechend bleibt die
Sensitivität gering.
- 26 -
Da eine weitere Untersuchung vermutlich ohne klinische Bedeutung und Konsequenzen
bleiben würde, ist sie nicht sinnvoll.
3.1.2.3 Hürden zwischen Theorie und Praxis
Die Theorie zu Beginn war, dass ein einfacher Geruchstest auf eine Lebererkrankung
und deren Schwere hinweisen kann. Dieser Test wäre kostengünstig, ubiquitär
vorhanden und schnell durchführbar. Im Laufe der weiteren Untersuchung wurde
jedoch schnell klar, dass dies in der Praxis nicht realisierbar ist.
Die erste Hürde stellte die Frage nach der Validität des Foetor hepaticus dar. Es wurde
keine Studie gefunden, in welcher der Geruchstest zuverlässig und aussagekräftig
durchgeführt wurde. Zur groben Orientierung dient nur die Studie von Butt und Mason
(1954). Die genaue Validität des Lebergeruchs bleibt allerdings unklar.
Die zweite Hürde ist die Subjektivität der Geruchsempfindung. Für den Einsatz als
diagnostischen Test in der klinischen Praxis müsste ein standardisiertes Verfahren
entwickelt werden. Nur so könnte eine möglichst hohe Objektivität gewährleistet
werden. Dies gestaltet sich insbesondere bei Geruchsempfindungen sehr schwierig.
Die dritte Hürde ist die klinisch Bedeutendste. Es konnte gezeigt werden, dass der
Foetor hepaticus erst im Spätstadium von Lebererkrankungen auftritt (Müting et al.
1983). Die meisten Lebererkrankungen werden bereits lange vor diesem Zeitpunkt
durch moderne Methoden diagnostiziert. Der Lebergeruch ist somit klinisch nicht mehr
relevant.
Demzufolge ist der Foetor hepaticus ein Beispiel für ein veraltetes medizinisches
Zeichen. Es wurde im Laufe der Zeit durch moderne Untersuchungsmethoden ersetzt.
Diese Entwicklung ist angemessen angesichts der Tatsache, dass so Lebererkrankungen
in früheren Stadien erkannt und therapiert werden können.
3.1.2.4 Bedeutung für den klinischen Alltag
„The medical profession at the present time pays little attention to the lost art of
diagnostic smelling and does not attempt to use the olfactory organs as it should. In this
- 27 -
day of laboratory diagnosis, a good many of the older bedside helps have been
sidetracked and among them the use of smelling as an assistant to diagnosis” (Pope
1928, S. 651). Wie C. Pope schon im Jahr 1928 bemerkte, wird bei der körperlichen
Untersuchung des Patienten dessen Geruch immer mehr vernachlässigt. Liddell (1976)
und Hayden (1980) betonten die Vielfalt von Erkrankungen, die durch einen
charakteristischen Geruch imponieren. Dies bedeutet nicht, dass durch das aufmerksame
Riechen auf die moderne Diagnostik verzichtet werden kann. Vielmehr sollten die
Sinneswahrnehmungen aufmerksam genutzt werden, um unerkannte asymptomatische
Erkrankungen zu entdecken.
Hier liegt auch die Bedeutung des Foetor hepaticus für den klinischen Alltag. In
seltenen Fällen ist das Wissen um den Foetor hepaticus von Vorteil, da fortgeschrittene
Lebererkrankungen auch viele Jahre asymptomatisch verlaufen können. Wenn diese
Patienten eines Tages einen Arzt aufsuchen, sollte dieser in der Lage sein, den Foetor
hepaticus von gewöhnlichem Mundgeruch abzugrenzen. In der Diagnostik von
Lebererkrankungen ist der Lebergeruch als medizinisches Zeichen weit überholt.
Die dem Foetor hepaticus zugrunde liegende Substanz konnte in der Mehrheit der
Studien als Dimethylsulfid (DMS) identifiziert werden. Mögliche klinische
Konsequenzen wurden bei Van den Velde et al. (2008) diskutiert. Nicht invasive Tests
durch Atemanalyse per GC-MS könnten die Sensitivität des „veralteten Riechtests“
deutlich erhöhen und einen klinischen Einsatz sinnvoll machen. Ob die veränderte
Atemzusammensetzung von leberkranken Patienten in der Zukunft eine Bedeutung
haben wird, ist abzuwarten.
3.2 Geruch von schizophrenen Patienten
3.2.1 Semiotische Aussage
Die semiotische Aussage ist, dass einige schizophrene Patienten unter einem
charakteristischen unangenehmen, beißenden und schweren Geruch leiden würden
- 28 -
(Hayden 1980). Dieser Geruch soll im Schweiß auf der Haut vorkommen. „It appears
that the strange, unpleasant odor permeating the back wards of state hospitals can be
found on the skin of certain schizophrenic patients“ (Smith & Sines 1960, S. 188).
Es stellt sich die Frage, ob dieser Geruch im Schweiß von schizophrenen Patienten
tatsächlich existiert. Abhängig vom Grad der Ausprägung und der Reproduzierbarkeit
könnte dieser Geruch als medizinisches Zeichen für die Diagnosestellung hilfreich sein.
3.2.2 Wissenschaftliche Fundierung
3.2.2.1 Ergebnisse der Literaturrecherche
Smith und Sines publizierten im Jahr 1960 ihren Artikel „Demonstration of a Peculiar
Odor in the Sweat of Schizophrenic Patients“. Damit waren sie eine der Ersten, die sich
näher mit dem Geruch von schizophrenen Patienten befassten. Schon zuvor war dieser
charakteristische Geruch wahrgenommen worden. Hammond (1877), Hutton (1878)
und Clark (1917) brachten diesen Geruch bereits in Zusammenhang mit schizophrenen
Patienten (Smith & Sines 1960).
Das Ziel der Untersuchung von Smith und Sines war Folgendes: „This study was
designed to determine whether this strangely odorous schizophrenic sweat is different
from ordinary odorous sweat“ (Smith & Sines 1960, S. 184). Sie zeigten, dass
Menschen und trainierte Ratten den Schweiß von normalen und schizophrenen
Patienten unterscheiden konnten. Der Unterschied war signifikant. Für dieses
Experiment wurden 14 schizophrene Patienten mit folgenden Kriterien selektiert:
• Intensiver, charakteristischer Geruch (schwer, unangenehm, beißend);
• Dauer der Krankheit über 20 Jahre mit Manifestation vom 18. bis zum 30.
Lebensjahr;
• Negative Serologie und einen dauerhaften Wohnsitz für mindestens 10 Jahre in
einer Heilanstalt.
Die Kontrollgruppe aus 14 nicht-schizophrenen Patienten wurde bezüglich Hautfarbe,
Geschlecht, Alter, Bildung und Ernährung angeglichen.
- 29 -
Beurteilung: Durch die strenge Patientenauswahl ist keine Repräsentativität für die
Gesamtheit der Schizophrenen gegeben. Die Anzahl der schizophrenen Patienten, aus
welchen die Versuchspersonen selektiert wurden, ist unbekannt. Zudem wurden nur
schwer kranke Patienten mit starkem Geruch ausgewählt. Smith und Sines ging es in
dieser Untersuchung darum, überhaupt einen Unterschied im Schweiß der zwei
verschiedenen Patientengruppen nachzuweisen. Dies sollte die Basis für die
Erforschung einer eventuell zugrunde liegenden metabolischen Störung darstellen. Es
wurde jedoch keine Aussage über die Häufigkeit und die Stärke des Geruchs getroffen.
Hierfür ist auch die Fallzahl zu gering. Letztendlich bleibt die Validität unklar.
Smith, Thompson und Koster stellten weitere Nachforschungen über die zugrunde
liegende Geruchssubstanz an. Sie veröffentlichten 1969 den Artikel „Sweat in
Schizophrenic Patients: Identification of the Odorous Substance”. Sie identifizierten die
geruchsverursachende Substanz im Schweiß von Schizophrenen als Trans-3-Methyl-2-
Hexensäure (TMHA) („Because the odorous substance is acidic, and because the only
detectable difference in composition between samples from schizophrenic patients and
controls is the presence of trans-3-methyl-2-hexenoic acid, this acid is presumed to be
responsible for the peculiar odor in the “sweat” of schizophrenic patients.” (Smith et al.
1969, S. 399)) (Abbildung 7). Eine Aussage über die Häufigkeit und die Validität des
Geruchs ist hier ebenfalls nicht möglich.
Abbildung 7: Trans-3-Methyl-2-Hexensäure (TMHA) (Smith 1971, S. 119). Smith et al.
(1969) identifizierten die geruchsverursachende Substanz im Schweiß von schizophrenen
Patienten als TMHA.
Perry et al. erzielten in der Studie „Failure to Detect Trans-3-Methyl-2-Hexenoic-Acid
in the Sweat of Schizophrenic Patients“ ein gegenteiligen Ergebnis (1970). Sie konnten
- 30 -
bei schizophrenen Patienten mit charakteristischem Geruch keine Trans-3-Methyl-2-
Hexensäure nachweisen. Für die positiven Ergebnisse anderer Studien machten sie
Artefakte verantwortlich.
Die Veröffentlichung „Studies of Trans-3-Methyl-2-Hexenoic Acid in Normal and
Schizophrenic Humans” stammt von Gordon et al. (1973). Sie analysierten die
Schweißproben mit Hilfe einer sensitiven und spezifischen Gas-Flüssigkeits-
Chromatographie-Massenspektrometrie. Diese Analyse ergab vergleichbare Mengen an
TMHA in den Schweißproben von schizophrenen Patienten und der Kontrollgruppe.
Das Verhalten von intravenös appliziertem 14C-TMHA war bei beiden Gruppen ähnlich.
Daraus folgerten Gordon et al.: „there is no apparent correlation between TMHA and
schizophrenia“ (Gordon et al. 1973, S. 495). Eine möglicher Erklärungsansatz für den
charakteristischen Geruch von Schizophrenen könnte laut Gordon et al. der pH-Wert
der Haut sein: „The pKa of TMHA was measured and found to be about 5.0. If certain
schizophrenics have skin pH below this value, the TMHA in those individuals would be
a volatile fatty acid that might be smelled.“ (Gordon et al. 1973, S. 503).
Auch Di Natale beschäftigte sich mit dem Thema der Schizophrenie. In seiner Arbeit
„Identification of Schizophrenic Patients by Examination of Body Odor Using Gas
Chromatography-Mass Spectrometry and a Cross-Selective Gas Sensor Array” (2005)
versuchte Corrado Di Natale Veränderungen im Schweiß von schizophrenen Patienten
nachzuweisen. Er untersuchte neun schizophrene Patienten, neun Patienten mit anderen
psychiatrischen Erkrankungen und neun gesunde Kontrollen. Di Natale konnte eine
Veränderung im Schweiß von Schizophrenen nachweisen: „GC-MS analysis showed a
richer composition for the sweat of schizophrenic patients“ (Di Natale 2005, S. 366). Er
zeigte, dass die Veränderungen im Schweiß von Schizophrenen komplex sind. Diese
Veränderungen konnten nicht auf einzelne Komponenten reduziert werden. Die
Differenzierung von spezifischen Substanzen mittels GC-MS war erfolglos.
In einer Studie von Brewer et al. ging es um den Geruch von Schizophrenen und deren
Geruchssensitivität. Der Artikel „Olfactory Sensitivity through the Course of Psychosis:
Relationships to Olfactory Identification, Symptomatology and the Schizophrenia
- 31 -
Odour” wurde im Jahr 2006 veröffentlicht. Brewer et al. untersuchten die
Geruchssensitivität von chronisch schizophrenen Patienten. Diese wurde mit der
Geruchssensitivität von Patienten mit Psychose erster Episode und einer gesunden
Kontrollgruppe verglichen. Dabei wurde die Riechschwelle für verschiedene
Pheromone, N-Butyl-Alkohol (NBA) und für Trans-3-Methyl-2-Hexensäure (TMHA)
bestimmt. Die chronisch schizophrenen Patienten zeigten eine signifikant reduzierte
Sensitivität für TMHA. Bei der Riechschwelle für NBA und den Pheromonen konnten
keine relevanten Unterschiede festgestellt werden. Des Weiteren wurde zwischen der
reduzierten Sensitivität für TMHA von Schizophrenen und einem höheren Ausmaß an
Desorganisation und psychomotorischen Defiziten ein signifikanter Zusammenhang
beobachtet. Brewer et al. diskutierten verschiedene mögliche Zusammenhänge:
olfaktorische Gewöhnungseffekte (Habituation), Stoffwechseldefekte und genetische
Prädisposition. Es bedarf weiterer Studien, um diesen Vermutungen nachzugehen. Eine
mögliche klinische Bedeutung sahen die Autoren in der Bestimmung der Riechschwelle
für TMHA. Eine verminderte Geruchssensitivität für TMHA könnte im
Prodromalstadium und bei einer Psychose erster Episode für eine schlechtere Prognose
sprechen: „This suggests that measures of olfactory sensitivity and identification ability
may be useful early probes of the fronto-limbic circuitry that is implicated in
schizophrenia, particularly in patients at ultra-high-risk for psychosis“ (Brewer et al.
2006, S. 103).
3.2.2.2 Validität des Geruchs von schizophrenen Patienten
Die Validität des Geruchs von schizophrenen Patienten bleibt weiter unklar. In der
Literatur gibt es nur wenige Untersuchungen zu dieser Thematik, die zudem keine
Aussagen zu Häufigkeit, Vorkommen, Sensitivität und Spezifität des Geruchs machen.
Das Ziel der durchgeführten Studien war vielmehr, überhaupt einen Unterschied
zwischen dem Schweißgeruch von Schizophrenen und Gesunden nachzuweisen. Ebenso
von Bedeutung war die Erforschung der Inhaltsstoffe des charakteristischen Geruchs.
Die Ergebnisse der verschiedenen Studien sind jedoch widersprüchlich. Es bleibt
fraglich, ob dieser Geruch tatsächlich existiert. Man kann vermuten, dass dieser
charakteristische Geruch nur in seltenen Fällen und bei schwer erkrankten Patienten
- 32 -
auftritt oder Folge eines Hygienemangels ist. Folglich spielt dieser Geruch für die
Diagnostik keine Rolle.
3.2.2.3 Hürden zwischen Theorie und Praxis
Zusätzlich zur Literaturrecherche wurden erfahrene Psychiater kontaktiert. Die
Reaktionen auf einen charakteristischen Geruch von schizophrenen Patienten waren
übereinstimmend. Die Spezialisten hielten diesen Geruch für sehr unwahrscheinlich und
absurd. Keiner dieser klinisch tätigen Ärzte hatte je den Geruch vernommen. Somit ist
die Existenz des Geruchs von Schizophrenen sehr zweifelhaft.
Dies zeigt deutlich, dass alte oder neue Theorien immer kritisch begutachtet werden
sollten. Es muss genau geprüft werden, welche theoretischen Vorstellungen auf die
Praxis übertragen werden können und welche nicht.
3.2.2.4 Bedeutung für den klinischen Alltag
Der Geruch von schizophrenen Patienten besitzt keine aktuelle klinische Relevanz. In
der Literatur finden sich keine eindeutigen Belege, die für diesen Geruch sprechen.
Deshalb stellt sich die (gerechtfertigte) Frage, ob dieser angeblich charakteristische
Geruch von schizophrenen Patienten tatsächlich existiert.
Es gibt dennoch drei weiterführende Überlegungen zur Bedeutung dieses Geruchs in der
Medizin. Die erste Bedeutung liegt in der Ursachenforschung der Schizophrenie. Ein
Unterschied in der Zusammensetzung des Schweißes von Schizophrenen könnte für
eine Veränderung von Stoffwechselprozessen sprechen (Di Natale 2005). Die
Ergebnisse der vorhandenen Studien sind hier jedoch widersprüchlich.
Die zweite Überlegung ist von diagnostischer Natur. Brewer et al. veröffentlichten 2006
eine Untersuchung über die Riechschwelle von Patienten mit Schizophrenie. Dabei
wurde eine signifikant reduzierte Geruchssensitivität für TMHA festgestellt. Ob und in
welchem Maße dieser Test eine diagnostische oder prognostische Bedeutung hätte,
müsste in weiteren Studien untersucht werden.
Die dritte Überlegung bezieht sich auf den direkten Nachweis von charakteristischen
- 33 -
Substanzen im Schweiß von schizophrenen Patienten durch neue, moderne und
sensitive Methoden. Dadurch könnten sehr viel geringere Konzentrationen von
bestimmten Substanzen detektiert werden, die mit der menschlichen Nase nicht
wahrgenommen werden können.
Der Geruch von schizophrenen Patienten ist ein typisches Beispiel für ein klinisch
unbedeutendes Zeichen. Es ist wahrscheinlich, dass alle weiteren Versuche den
Schweiß von Schizophrenen zu analysieren, erfolglos verlaufen werden. Es ist
anzunehmen, dass dieses Zeichen in der Medizin keine weitere Bedeutung haben wird.
Ganz auszuschließen ist eine zukünftige Bedeutung, im Sinne von Ursachenforschung
oder Entwicklung neuer diagnostischer Tests, aber nicht. Sicher ist, dass der Geruch an
sich nicht als medizinisches Zeichen für die Diagnosestellung eingesetzt werden kann.
3.3 Meniskusläsionen
3.3.1 Semiotische Fragestellung
Die Diagnosestellung bei Knieverletzungen ist komplex. Insbesondere bei der
Diagnostik von Meniskusläsionen ist Folgendes häufig unklar:
• Ist eine klinische Untersuchung des Knies zur Indikationsstellung einer
Arthroskopie ausreichend?
• Sollte vor einer Arthroskopie routinemäßig ein MRT durchgeführt werden?
Diese Thematik wird intensiv diskutiert. In der Literatur gibt es zahlreiche Studien zum
Vergleich der klinischen Untersuchung mit dem MRT. Diese Studien werden auf ihren
Aussagewert geprüft. Dabei wird insbesondere die Validität des medizinischen
Zeichens, das heißt der sorgfältigen klinischen Untersuchung, herausgearbeitet.
Anschließend erfolgt der Vergleich mit der Validität des MRT, einer relativ neuen
bildgebenden Methode.
Weitere Fragen, die beantwortet werden sollen, sind die Folgenden:
• Können durch das MRT Vorteile gegenüber einer sorgfältigen klinischen
Untersuchung erzielt werden?
- 34 -
• Entstehen durch das MRT Konsequenzen für die Therapie und das Outcome des
Patienten?
3.3.2 Wissenschaftliche Fundierung
3.3.2.1 Ergebnisse der Literaturrecherche
Aus über 1000 Veröffentlichungen konnten 81 potentiell relevante Studien selektiert
werden. Nach Analyse der Abstrakts wurden 46 Studien aufgrund geringer Relevanz
ausgeschlossen (Abbildung 8). Die 35 relevanten Studien wurden untersucht und
bewertet. Um eine quantitative Auswertung zu ermöglichen, wurden hierfür klare Ein-
und Ausschlusskriterien festgelegt.
Einschlusskriterien:
• Englisch- oder deutschsprachige Artikel
• Vollständige Daten zum MRT oder zur klinischen Untersuchung
• Vollständige Datenerhebung getrennt für medialen und lateralen Meniskus
Ausschlusskriterien:
• Große Fehler im Studiendesign
• Review
• Meta-Analyse
Daraufhin konnten 15 Studien in die Auswertung eingeschlossen werden (Tabelle 4). 20
Studien wurden ausgeschlossen (Tabelle 3).
- 35 -
Abbildung 8: Flussdiagramm der Literaturrecherche. Das Ziel war die Identifizierung von
Literatur zum Vergleich der klinischen Untersuchung mit der Magnetresonanztomographie bei
der Diagnostik von Meniskusläsionen.
Relevante Studien
N = 35
Eingeschlossene Studien
N = 15
Ausgeschlossene Studien
(Tabelle 3)
N = 20
Ein- und Aus- schlusskriterien
Literaturrecherche
Potentiell relevante Studien
N = 81
Analyse des Abstrakts
Ausgeschlossene Studien
(Fragestellung irrelevant)
N = 46
Literaturrecherche
Identifizierte Studien
N = 1021
Titel
Ausgeschlossene Studien
(Titel irrelevant)
N = 940
- 36 -
Tabelle 3: Ausgeschlossene Studien. Aufgrund der festgelegten Ein- und Ausschlusskriterien
mussten 20 Studien von der Auswertung der Diagnostik von Meniskusläsionen ausgeschlossen
werden.
Studien Ausschlusskriterien
Fowler & Lubliner (1989)
Unvollständige Daten, keine getrennte Betrachtung medialer
und lateraler Meniskus
Boden et al. (1990)
Unvollständige Daten, keine getrennte Betrachtung medialer
und lateraler Meniskus
Boeree & Ackroyd (1991) Fehler im Studiendesign, falscher Goldstandard
Boeve et al. (1991) Review
Biedert (1993)
Zielsetzung nicht relevant, unvollständige Daten, keine
getrennte Betrachtung medialer und lateraler Meniskus
Spiers et al. (1993) Unvollständige Daten
De Smet et al. (1994) Unvollständige Daten, andere Zielsetzung
Bryan et al. (2001) Unvollständige Daten
Kocher et al. (2001) Unvollständige Daten
Solomon et al. (2001) Review
Brooks & Morgan (2002) Unvollständige Daten
Shepard et al. (2002) Unvollständige Daten, andere Zielsetzung
Karachalios et al. (2005) Unvollständige Daten
Makdissi et al. (2006) Fallreihe
Frobell et al. (2007) Unvollständige Daten
Hegedus et al. (2007) Review
Ryzewicz et al. (2007) Review
Yelland (2007) Kommentar zu Ryzewicz (Review)
Amendola (2008) Kommentar zu Ryzewicz (Review)
De Smet & Mukherjee (2008) Nur lateraler Meniskus, unvollständige Daten
Tabelle 4: Eingeschlossene Studien. 15 Studien wurden in die Auswertung der Diagnostik von
Meniskusläsionen eingeschlossen.
Eingeschlossene Studien
Autor Jahr Titel
Fischer et al.
1991
Accuracy of Diagnoses from Magnetic Resonance Imaging of the
Knee. A Multi-Center Analysis of One Thousand and Fourteen
Patients.
- 37 -
Terry et al. 1995 Reliability of the Clinical Assessment in Predicting the Cause of
Internal Derangements of the Knee.
Gelb et al. 1996 Magnetic Resonance Imaging of Knee Disorders. Clinical Value and
Cost-Effectiveness in a Sports Medicine Practice.
Miller 1996 A Prospective Study Comparing the Accuracy of the Clinical
Diagnosis of Meniscus Tear with Magnetic Resonance Imaging and
its Effect on Clinical Outcome.
O'Shea et al. 1996 The Diagnostic Accuracy of History, Physical Examination, and
Radiographs in the Evaluation of Traumatic Knee Disorders.
Rose & Gold 1996 A Comparison of Accuracy between Clinical Examination and
Magnetic Resonance Imaging in the Diagnosis of Meniscal and
Anterior Cruciate Ligament Tears.
Muellner et al. 1997 The Diagnosis of Meniscal Tears in Athletes. A Comparison of
Clinical and Magnetic Resonance Imaging Investigations.
Weinstabl et al. 1997 Economic Considerations for the Diagnosis and Therapy of Meniscal
Lesions: Can Magnetic Resonance Imaging Help Reduce the
Expense?
Munk et al. 1998 Clinical Magnetic Resonance Imaging and Arthroscopic Findings in
Knees: a Comparative Prospective Study of Meniscus, Anterior
Cruciate Ligament and Cartilage Lesions.
Elvenes et al. 2000 Magnetic Resonance Imaging as a Screening Procedure to Avoid
Arthroscopy for Meniscal Tears.
Kocabey et al. 2004 The Value of Clinical Examination versus Magnetic Resonance
Imaging in the Diagnosis of Meniscal Tears and Anterior Cruciate
Ligament Rupture.
Esmaili Jah et al. 2005 Accuracy of MRI in Comparison with Clinical and Arthroscopic
Findings in Ligamentous and Meniscal Injuries of the Knee.
Mohan & Gosal 2007 Reliability of Clinical Diagnosis in Meniscal Tears.
Nikolaou et al. 2008 MRI Efficacy in Diagnosing Internal Lesions of the Knee: a
Retrospective Analysis.
Schurz et al. 2008 The Value of Clinical Examination and MRI versus Intraoperative
Findings in the Diagnosis of Meniscal Tears.
- 38 -
Eingeschlossene Studien
Fischer et al. publizierten 1991 eine multizentrische Studie über die Accuracy des MRT
(„Accuracy of Diagnoses from Magnetic Resonance Imaging of the Knee. A Multi-
Center Analysis of One Thousand and Fourteen Patients”) . Bei 1014 Patienten wurde
sowohl ein MRT als auch eine Arthroskopie durchgeführt. Voroperierte Menisken
wurden von der Auswertung ausgeschlossen (103 mediale Menisken, 43 laterale
Menisken). Die Ergebnisse sind in Tabelle 5a-c dargestellt.
Tabelle 5a: Vierfeldertafel der Ergebnisse der Magnetresonanztomographie (MRT) des
medialen Meniskus (MM) verglichen mit der Arthroskopie bei Fischer et al. (1991). MRT
positiv (MRT+) und negativ (MRT-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
MM A+ A- gesamt
MRT+ 440 71 511
MRT- 33 367 400
gesamt 473 438 911 Tabelle 5b: Vierfeldertafel der Ergebnisse der Magnetresonanztomographie (MRT) des lateralen
Meniskus (LM) verglichen mit der Arthroskopie bei Fischer et al. (1991). MRT positiv (MRT+)
und negativ (MRT-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
LM A+ A- gesamt
MRT+ 142 46 188
MRT- 66 717 783
gesamt 208 763 971 Tabelle 5c: Ergebnisse der Magnetresonanztomographie (MRT) bei Fischer et al. (1991).
Positive Likelihood Ratio (LR+), negative Likelihood Ratio (LR-), positiver Vorhersagewert
(PPV), negativer Vorhersagewert (NPV).
MRT Sensitivität Spezifität LR+ LR- PPV NPV Accuracy
Medialer Meniskus 93% 84% 5,74 0,08 86% 92% 89%
Lateraler Meniskus 68% 94% 11,32 0,34 76% 92% 89%
Auffällig waren die Unterschiede zwischen medialem und lateralem Meniskus (Tabelle
5c). Die Accuracy variierte abhängig vom Zentrum von 64% bis 95% für den medialen
- 39 -
und von 83% bis 94% für den lateralen Meniskus.
Terry et al. veröffentlichten 1995 eine Studie über die „Reliability of the Clinical
Assessment in Predicting the Cause of Internal Derangements of the Knee”. 206
Patienten (216 Knie) wurden klinisch untersucht. Nach einem Vergleich der Ergebnisse
(Tabelle 6a-c) mit der Literatur (zu Arthrographie, CT und MRT) kamen Terry et al. zu
folgendem Ergebnis: „Because the reliability of the clinical assessment in this series
compares favorably with arthrography, CT, and MRI, it may be unnecessary to
routinely use these costly special studies to determine the need for arthroscopic surgical
intervention” (Terry et al. 1995, S. 575).
Tabelle 6a: Vierfeldertafel der Ergebnisse der klinischen Untersuchung des medialen Meniskus
(MM) verglichen mit der Arthroskopie bei Terry et al. (1995). Klinische Untersuchung positiv
(KU+) und negativ (KU-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
MM A+ A- gesamt
KU+ 132 23 155
KU- 1 60 61
gesamt 133 83 216 Tabelle 6b: Vierfeldertafel der Ergebnisse der klinischen Untersuchung des lateralen Meniskus
(LM) verglichen mit der Arthroskopie bei Terry et al. (1995). Klinische Untersuchung positiv
(KU+) und negativ (KU-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
LM A+ A- gesamt
KU+ 21 15 36
KU- 3 177 180
gesamt 24 192 216 Tabelle 6c: Ergebnisse der klinischen Untersuchung (KU) bei Terry et al. (1995). Positive
Likelihood Ratio (LR+), negative Likelihood Ratio (LR-), positiver Vorhersagewert (PPV),
negativer Vorhersagewert (NPV).
KU Sensitivität Spezifität LR+ LR- PPV NPV Accuracy
Medialer Meniskus 99% 72% 3,58 0,01 85% 98% 89%
Lateraler Meniskus 88% 92% 11,2 0,13 58% 98% 92%
- 40 -
Gelb et al. publizierten 1996 eine prospektive Studie über das MRT in der Sportmedizin
(„Magnetic Resonance Imaging of Knee Disorders. Clinical Value and Cost-
Effectiveness in a Sports Medicine Practice”). Bei 72 Patienten wurde geprüft, ob die
MRT Ergebnisse die Diagnose oder Behandlung von Knieverletzungen beeinflussten.
Bei den 37 arthroskopierten Patienten wurde die klinische Untersuchung mit dem MRT
verglichen (Tabelle 7a-e).
Tabelle 7a: Vierfeldertafel der Ergebnisse der klinischen Untersuchung des medialen Meniskus
(MM) verglichen mit der Arthroskopie bei Gelb et al. (1996). Klinische Untersuchung positiv
(KU+) und negativ (KU-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
MM A+ A- gesamt
KU+ 15 3 18
KU- 7 12 19
gesamt 22 15 37 Tabelle 7b: Vierfeldertafel der Ergebnisse der klinischen Untersuchung des lateralen Meniskus
(LM) verglichen mit der Arthroskopie bei Gelb et al. (1996). Klinische Untersuchung positiv
(KU+) und negativ (KU-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
LM A+ A- gesamt
KU+ 3 0 3
KU- 5 29 34
gesamt 8 29 37 Tabelle 7c: Vierfeldertafel der Ergebnisse der Magnetresonanztomographie (MRT) des
medialen Meniskus (MM) verglichen mit der Arthroskopie bei Gelb et al. (1996). MRT positiv
(MRT+) und negativ (MRT-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
MM A+ A- gesamt
MRT+ 15 5 20
MRT- 6 11 17
gesamt 21 16 37
- 41 -
Tabelle 7d: Vierfeldertafel der Ergebnisse der Magnetresonanztomographie (MRT) des lateralen
Meniskus (LM) verglichen mit der Arthroskopie bei Gelb et al. (1996). MRT positiv (MRT+)
und negativ (MRT-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
LM A+ A- gesamt
MRT+ 3 2 5
MRT- 5 27 32
gesamt 8 29 37 Tabelle 7e: Ergebnisse der klinischen Untersuchung (KU) und der Magnetresonanztomographie
(MRT) bei Gelb et al. (1996). Positive Likelihood Ratio (LR+), negative Likelihood Ratio
(LR-), positiver Vorhersagewert (PPV), negativer Vorhersagewert (NPV).
KU Sensitivität Spezifität LR+ LR- PPV NPV Accuracy
Medialer Meniskus 68% 80% 3,41 0,4 83% 63% 73%
Lateraler Meniskus 38% 100% # 0,63 100% 85% 86%
MRT
Medialer Meniskus 71% 69% 2,29 0,42 75% 65% 70%
Lateraler Meniskus 38% 93% 5,44 0,67 60% 84% 81%
Es ergab sich bei der klinischen Untersuchung eine Accuracy von 73% für den medialen
und 86% für den lateralen Meniskus. Das MRT erreichte eine Accuracy von 70% für
den medialen und 81% für den lateralen Meniskus. Gelb et al. folgerten, dass das MRT
bei der Beurteilung von Knieverletzungen zu häufig beansprucht wird. Verglichen mit
einem erfahrenen Untersucher sei es keine kosteneffektive Methode um unnötige
Arthroskopien zu vermeiden.
Miller veröffentlichte 1996 eine prospektive Studie zum Vergleich der klinischen
Untersuchung mit dem MRT („A Prospective Study Comparing the Accuracy of the
Clinical Diagnosis of Meniscus Tear with Magnetic Resonance Imaging and its Effect
on Clinical Outcome”). 57 Patienten wurden selektiert. Bei allen Patienten wurden eine
körperliche Untersuchung, ein MRT und eine Arthroskopie durchgeführt. Die Accuracy
der klinischen Diagnose (durch Anamnese, klinische Untersuchung, Röntgenbild) lag
bei 81%. Die Accuracy des MRT war für den medialen und lateralen Meniskus jeweils
81% (Tabelle 8a-d). Miller schlussfolgerte, dass ein routinemäßig durchgeführtes MRT
bei der präoperativen Diagnostik von Meniskusläsionen nicht sinnvoll ist („Relying
- 42 -
blindly on MRI to determine surgical intervention would have resulted in inappropriate
treatment in 35.1% of the knees.“ (Miller 1996, S. 406). Miller betonte, dass sich ein
erfahrener Chirurg auf seine klinischen Fähigkeiten verlassen sollte. Nur bei schweren
und komplexen Fällen sollte ein MRT hinzugezogen werden.
Tabelle 8a: Vierfeldertafel der Ergebnisse der klinischen Untersuchung des medialen und
lateralen Meniskus (M/LM) verglichen mit der Arthroskopie bei Miller (1996). Klinische
Untersuchung positiv (KU+) und negativ (KU-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
M/LM A+ A- gesamt
KU+ 46 11 57
KU- 0 0 0
gesamt 46 11 57 Tabelle 8b: Vierfeldertafel der Ergebnisse der Magnetresonanztomographie (MRT) des
medialen Meniskus (MM) verglichen mit der Arthroskopie bei Miller (1996). MRT positiv
(MRT+) und negativ (MRT-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
MM A+ A- gesamt
MRT+ 29 2 31
MRT- 9 17 26
gesamt 38 19 57 Tabelle 8c: Vierfeldertafel der Ergebnisse der Magnetresonanztomographie (MRT) des lateralen
Meniskus (LM) verglichen mit der Arthroskopie bei Miller (1996). MRT positiv (MRT+) und
negativ (MRT-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
LM A+ A- gesamt
MRT+ 6 2 8
MRT- 9 40 49
gesamt 15 42 57
- 43 -
Tabelle 8d: Ergebnisse der klinischen Untersuchung (KU) und der Magnetresonanztomographie
(MRT) bei Miller (1996). Positive Likelihood Ratio (LR+), negative Likelihood Ratio (LR-),
positiver Vorhersagewert (PPV), negativer Vorhersagewert (NPV), medialer Meniskus (MM),
lateraler Meniskus (LM).
KU Sensitivität Spezifität LR+ LR- PPV NPV Accuracy
MM und LM 100% 0% 1 # 81% # 81%
MRT
Medialer Meniskus 76% 90% 7,25 0,27 94% 65% 81%
Lateraler Meniskus 40% 95% 8,4 0,63 75% 82% 81%
O'Shea et al. publizierten 1996 eine Studie über „The Diagnostic Accuracy of History,
Physical Examination, and Radiographs in the Evaluation of Traumatic Knee
Disorders”. In die prospektive Studie wurden 156 Patienten eingeschlossen. Basierend
auf Anamnese, klinischer Untersuchung und Röntgenbild wurde bei allen Patienten eine
primäre Diagnose gestellt. Ein MRT wurde nicht durchgeführt. Die primäre Diagnose
bestätigte sich in 83% der Fälle beim Vergleich mit der Arthroskopie (Goldstandard).
Die Ergebnisse der klinischen Untersuchung sind in Tabelle 9a-c dargestellt. O'Shea et
al. folgerten: „The use of magnetic resonance imaging as a routine diagnostic aid in the
clinical examination of the knee is unnecessary. Arthroscopic surgery of the knee
should be based on the patient`s history, physical examination, and radiographs.”
(O'Shea et al. 1996, S. 164).
Tabelle 9a: Vierfeldertafel der Ergebnisse der klinischen Untersuchung des medialen Meniskus
(MM) verglichen mit der Arthroskopie bei O'Shea et al. (1996). Klinische Untersuchung positiv
(KU+) und negativ (KU-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
MM A+ A- gesamt
KU+ 60 20 80
KU- 8 68 76
gesamt 68 88 156
- 44 -
Tabelle 9b: Vierfeldertafel der Ergebnisse der klinischen Untersuchung des lateralen Meniskus
(LM) verglichen mit der Arthroskopie bei O'Shea et al. (1996). Klinische Untersuchung positiv
(KU+) und negativ (KU-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
LM A+ A- gesamt
KU+ 25 11 36
KU- 24 96 120
gesamt 49 107 156 Tabelle 9c: Ergebnisse der klinischen Untersuchung (KU) bei O'Shea et al. (1996). Positive
Likelihood Ratio (LR+), negative Likelihood Ratio (LR-), positiver Vorhersagewert (PPV),
negativer Vorhersagewert (NPV).
KU Sensitivität Spezifität LR+ LR- PPV NPV Accuracy
Medialer Meniskus 88% 77% 3,88 0,15 75% 89% 82%
Lateraler Meniskus 51% 90% 4,98 0,55 69% 80% 78%
Als nächstes wird die Studie „A Comparison of Accuracy between Clinical Examination
and Magnetic Resonance Imaging in the Diagnosis of Meniscal and Anterior Cruciate
Ligament Tears” von Rose und Gold (1996) betrachtet. Die prospektive und
retrospektive Studie umfasste 154 Patienten. Bei 100 Patienten wurde sowohl eine
klinische Untersuchung als auch ein MRT durchgeführt (Tabelle 10a-e).
Tabelle 10a: Vierfeldertafel der Ergebnisse der klinischen Untersuchung des medialen
Meniskus (MM) verglichen mit der Arthroskopie bei Rose & Gold (1996). Klinische
Untersuchung positiv (KU+) und negativ (KU-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
MM A+ A- gesamt
KU+ 63 15 78
KU- 3 19 22
gesamt 66 34 100
- 45 -
Tabelle 10b: Vierfeldertafel der Ergebnisse der klinischen Untersuchung des lateralen Meniskus
(LM) verglichen mit der Arthroskopie bei Rose & Gold (1996). Klinische Untersuchung positiv
(KU+) und negativ (KU-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
LM A+ A- gesamt
KU+ 26 3 29
KU- 21 50 71
gesamt 47 53 100 Tabelle 10c: Vierfeldertafel der Ergebnisse der Magnetresonanztomographie (MRT) des
medialen Meniskus (MM) verglichen mit der Arthroskopie bei Rose & Gold (1996). MRT
positiv (MRT+) und negativ (MRT-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
MM A+ A- gesamt
MRT+ 48 7 55
MRT- 18 27 45
gesamt 66 34 100 Tabelle 10d: Vierfeldertafel der Ergebnisse der Magnetresonanztomographie (MRT) des
lateralen Meniskus (LM) verglichen mit der Arthroskopie bei Rose & Gold (1996). MRT
positiv (MRT+) und negativ (MRT-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
LM A+ A- gesamt
MRT+ 16 0 16
MRT- 31 53 84
gesamt 47 53 100 Tabelle 10e: Ergebnisse der klinischen Untersuchung (KU) und der Magnetresonanz-
tomographie (MRT) bei Rose & Gold (1996). Positive Likelihood Ratio (LR+), negative
Likelihood Ratio (LR-), positiver Vorhersagewert (PPV), negativer Vorhersagewert (NPV).
KU Sensitivität Spezifität LR+ LR- PPV NPV Accuracy
Medialer Meniskus 96% 56% 2,16 0,08 81% 86% 82%
Lateraler Meniskus 55% 94% 9,77 0,47 90% 70% 76%
MRT
Medialer Meniskus 73% 79% 3,53 0,34 87% 60% 75%
Lateraler Meniskus 34% 100% # 0,66 100% 63% 69%
Im Vergleich der Accuracy von MRT (75% MM, 69% LM) und klinischer
Untersuchung (82% MM, 76% LM) konnte kein signifikanter Unterschied festgestellt
- 46 -
werden. Die Schlussfolgerung von Rose und Gold lautete: „Based on these findings, we
feel that MRI, except in certain circumstances, is an expensive and unnecessary
diagnostic test in patients with suspected meniscal and ACL pathology” (Rose & Gold
1996, S. 398). Die klinische Untersuchung wurde jedoch von nur einer Person, dem
Senior Autor, durchgeführt. Dadurch ist einerseits eine homogene Untersuchung und
Beobachtungsgleichheit gewährleistet. Problematisch ist andererseits, dass die
Ergebnisse weniger realitätsnah und sehr von der persönlichen Erfahrung geprägt sind.
Die nächste prospektive Studie stammt von Muellner et al. (1997): „The Diagnosis of
Meniscal Tears in Athletes. A Comparison of Clinical and Magnetic Resonance
Imaging Investigations”. 93 verletzte Athleten wurden in die Studie eingeschlossen. 57
Patienten wurden direkt nach der klinischen Untersuchung arthroskopiert. Bei 36
Patienten wurde zusätzlich ein MRT durchgeführt. Die Frage war, ob das MRT die
Accuracy der klinischen Untersuchung verbessern kann. In der klinischen Untersuchung
und im MRT wurde die korrekte Diagnose bei jeweils 89% der Athleten gestellt
(Tabelle 11a-e).
Tabelle 11a: Vierfeldertafel der Ergebnisse der klinischen Untersuchung des medialen
Meniskus (MM) verglichen mit der Arthroskopie bei Muellner et al. (1997). Klinische
Untersuchung positiv (KU+) und negativ (KU-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
MM A+ A- gesamt
KU+ 40 4 44
KU- 0 13 13
gesamt 40 17 57 Tabelle 11b: Vierfeldertafel der Ergebnisse der klinischen Untersuchung des lateralen Meniskus
(LM) verglichen mit der Arthroskopie bei Muellner et al. (1997). Klinische Untersuchung
positiv (KU+) und negativ (KU-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
LM A+ A- gesamt
KU+ 12 1 13
KU- 1 43 44
gesamt 13 44 57
- 47 -
Tabelle 11c: Vierfeldertafel der Ergebnisse der Magnetresonanztomographie (MRT) des
medialen Meniskus (MM) verglichen mit der Arthroskopie bei Muellner et al. (1997). MRT
positiv (MRT+) und negativ (MRT-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
MM A+ A- gesamt
MRT+ 28 2 30
MRT- 1 5 6
gesamt 29 7 36 Tabelle 11d: Vierfeldertafel der Ergebnisse der Magnetresonanztomographie (MRT) des
lateralen Meniskus (LM) verglichen mit der Arthroskopie bei Muellner et al. (1997). MRT
positiv (MRT+) und negativ (MRT-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
LM A+ A- gesamt
MRT+ 5 0 5
MRT- 0 31 31
gesamt 5 31 36 Tabelle 11e: Ergebnisse der klinischen Untersuchung (KU) und der Magnetresonanz-
tomographie (MRT) bei Muellner et al. (1997). Positive Likelihood Ratio (LR+), negative
Likelihood Ratio (LR-), positiver Vorhersagewert (PPV), negativer Vorhersagewert (NPV).
KU Sensitivität Spezifität LR+ LR- PPV NPV Accuracy
Medialer Meniskus 100% 76% 4,25 0 91% 100% 93%
Lateraler Meniskus 92% 98% 40,62 0,08 92% 98% 96%
MRT
Medialer Meniskus 97% 71% 3,38 0,05 93% 83% 92%
Lateraler Meniskus 100% 100% # 0 100% 100% 100%
Muellner et al. folgerten, dass das MRT als Screeningmethode bei alltäglichen
Knieverletzungen nicht sinnvoll ist. Eine gute Anamneseerhebung und sorgfältige
körperliche Untersuchung sei die Basis für die weitere Behandlung. Abschließend
stellten sie fest: „If we do not reestablish belief in the clinical examination of patients, it
will be difficult to save costs in the future“ (Muellner et. al. 1997, S. 12).
Weinstabl et al. führten 1997 ökonomische Überlegungen durch („Economic
Considerations for the Diagnosis and Therapy of Meniscal Lesions: Can Magnetic
Resonance Imaging Help Reduce the Expense?“). In die prospektive Studie wurden 823
- 48 -
Patienten mit klinischen Zeichen einer Meniskusläsion eingeschlossen. Bei jedem
fünften Patienten wurde ein MRT durchgeführt. Die Ergebnisse der 276
arthroskopierten Patienten sind in Tabelle 12 dargestellt.
Tabelle 12: Ergebnisse der klinischen Untersuchung (KU) und der Magnetresonanztomographie
(MRT) bei Weinstabl et al. (1997). Positive Likelihood Ratio (LR+), negative Likelihood Ratio
(LR-), positiver Vorhersagewert (PPV), negativer Vorhersagewert (NPV).
KU Sensitivität Spezifität LR+ LR- PPV NPV Accuracy
Medialer Meniskus 96% 33% 1,4 0,1 59% 89% 64%
Lateraler Meniskus 89% 91% 9,9 0,1 61% 98% 91%
MRT
Medialer Meniskus 98% 82% 5,4 0 92% 95% 95%
Lateraler Meniskus 94% 98% 47 0,1 92% 98% 97%
Weinstabl et al. schlossen daraus, dass durch eine präoperative MRT Untersuchung die
Rate der „diagnostischen Arthroskopien“ gesenkt werden könnte. Dennoch folgerten
sie: „Magnetic resonance imaging is clearly not indicated for every knee injury or as a
screening tool to replace a thorough history and physical examination“ (Weinstabl et al.
1997, S. 366-367).
Munk et al. plädierten in ihrer prospektiven Studie aus dem Jahr 1998 ebenfalls für die
präoperative Durchführung eines MRT („Clinical Magnetic Resonance Imaging and
Arthroscopic Findings in Knees: a Comparative Prospective Study of Meniscus
Anterior Cruciate Ligament and Cartilage Lesions”). 61 Patienten wurden in die Studie
eingeschlossen. Munk et al. verglichen den diagnostischen Wert des MRT mit den
Standardmethoden (klinische Untersuchung und Arthroskopie). Die Ergebnisse zeigten
einen deutlichen Vorteil für das MRT (Accuracy 79%) gegenüber der klinischen
Untersuchung (Accuracy 44%) (Tabelle 13a-c). Aus diesem Grund empfahlen Munk et
al. das MRT als eine abklärende diagnostische Methode, wenn eine klinische
Untersuchung eine Meniskusläsion anzeigt. Leider war aufgrund der mangelnden
Datenangabe keine getrennte Berechnung für den medialen und lateralen Meniskus in
der MRT Untersuchung möglich. Da zwischen medialem und lateralem Meniskus
deutliche diagnostische Unterschiede auftreten, ist die getrennte Betrachtung unbedingt
- 49 -
notwendig. Deshalb können nur die Daten der klinischen Untersuchung in die
Auswertung eingeschlossen werden.
Tabelle 13a: Vierfeldertafel der Ergebnisse der klinischen Untersuchung des medialen
Meniskus (MM) verglichen mit der Arthroskopie bei Munk et al. (1998). Klinische
Untersuchung positiv (KU+) und negativ (KU-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
MM A+ A- gesamt
KU+ 19 25 44
KU- 0 17 17
gesamt 19 42 61 Tabelle 13b: Vierfeldertafel der Ergebnisse der klinischen Untersuchung des lateralen Meniskus
(LM) verglichen mit der Arthroskopie bei Munk et al. (1998). Klinische Untersuchung positiv
(KU+) und negativ (KU-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
LM A+ A- gesamt
KU+ 6 9 15
KU- 0 46 46
gesamt 6 55 61 Tabelle 13c: Ergebnisse der klinischen Untersuchung (KU) und der Magnetresonanz-
tomographie (MRT) bei Munk et al. (1998). Positive Likelihood Ratio (LR+), negative
Likelihood Ratio (LR-), positiver Vorhersagewert (PPV), negativer Vorhersagewert (NPV),
medialer Meniskus (MM), lateraler Meniskus (LM).
KU Sensitivität Spezifität LR+ LR- PPV NPV Accuracy
Medialer Meniskus 100% 40% 1,68 0 43% 100% 59%
Lateraler Meniskus 100% 84% 6,11 0 40% 100% 85%
MRT
MM und LM 84% 75% 3,4 0,2 70% 87% 79%
Als nächstes wird die Untersuchung von Elvenes et al. aus dem Jahr 2000 betrachtet
(„Magnetic Resonance Imaging as a Screening Procedure to Avoid Arthroscopy for
Meniscal Tears”). Ihr Ziel war: „[...] to evaluate the usefulness of MRI as a screening
technique to reduce the number of arthroscopic procedures in diagnosing meniscal
lesions of the knee” (Elvenes et al. 2000, S. 14). Bei 40 symptomatischen Patienten (41
- 50 -
Knie) wurden ein MRT und eine Arthroskopie (Goldstandard) durchgeführt (Tabelle
14a-c).
Tabelle 14a: Vierfeldertafel der Ergebnisse der Magnetresonanztomographie (MRT) des
medialen Meniskus (MM) verglichen mit der Arthroskopie bei Elvenes et al. (2000). MRT
positiv (MRT+) und negativ (MRT-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
MM A+ A- gesamt
MRT+ 15 6 21
MRT- 0 20 20
gesamt 15 26 41 Tabelle 14b: Vierfeldertafel der Ergebnisse der Magnetresonanztomographie (MRT) des
lateralen Meniskus (LM) verglichen mit der Arthroskopie bei Elvenes et al. (2000). MRT
positiv (MRT+) und negativ (MRT-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
LM A+ A- gesamt
MRT+ 2 4 6
MRT- 3 32 35
gesamt 5 36 41 Tabelle 14c: Ergebnisse der Magnetresonanztomographie (MRT) bei Elvenes et al. (2000).
Positive Likelihood Ratio (LR+), negative Likelihood Ratio (LR-), positiver Vorhersagewert
(PPV), negativer Vorhersagewert (NPV).
MRT Sensitivität Spezifität LR+ LR- PPV NPV Accuracy
Medialer Meniskus 100% 77% 4,4 0 71% 100% 85%
Lateraler Meniskus 40% 89% 3,6 0,7 33% 91% 83%
Im MRT zeigte sich eine hohe Rate an falsch-positiven Ergebnissen (PPV = 71%
medialer Meniskus, PPV = 33% lateraler Meniskus). Dies begünstigt das so genannte
„over-diagnosing“ (Elvenes et al. 2000, S. 16). Das heißt, es werden häufig Gesunde als
krank fehlklassifiziert. Der negative prädiktive Wert (NPV) lag für den medialen
Meniskus bei 100% und für den lateralen Meniskus bei 91%. Im MRT unauffällige
Patienten hatten meist auch tatsächlich keine Verletzung der Menisken. Elvenes et al.
folgerten, dass das MRT als Screeningmethode genutzt werden kann, um unnötige
Arthroskopien zu vermeiden.
- 51 -
Eine wichtige Studie stammt von Kocabey et al. aus dem Jahr 2004 („The Value of
Clinical Examination versus Magnetic Resonance Imaging in the Diagnosis of Meniscal
Tears and Anterior Cruciate Ligament Rupture“). Das Ziel dieser prospektiven Studie
war der Vergleich der Accuracy von klinischer Untersuchung und MRT. Beurteilt
wurde die Diagnostik von Läsionen des vorderen Kreuzbandes, des medialen und
lateralen Meniskus. Kocabey et al. selektierten 50 Patienten mit 65 symptomatischen
Knien. Es ist zu beachten, dass nur ein einzelner erfahrener Orthopäde die
Untersuchungen durchführte. Er beurteilte das MRT und führte die klinische
Untersuchung und die Arthroskopie durch (Tabelle 15a-e).
Tabelle 15a: Vierfeldertafel der Ergebnisse der klinischen Untersuchung des medialen
Meniskus (MM) verglichen mit der Arthroskopie bei Kocabey et al. (2004). Klinische
Untersuchung positiv (KU+) und negativ (KU-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
MM A+ A- gesamt
KU+ 27 6 33
KU- 4 13 17
gesamt 31 19 50 Tabelle 15b: Vierfeldertafel der Ergebnisse der klinischen Untersuchung des lateralen Meniskus
(LM) verglichen mit der Arthroskopie bei Kocabey et al. (2004). Klinische Untersuchung
positiv (KU+) und negativ (KU-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
LM A+ A- gesamt
KU+ 6 2 8
KU- 2 40 42
gesamt 8 42 50 Tabelle 15c: Vierfeldertafel der Ergebnisse der Magnetresonanztomographie (MRT) des
medialen Meniskus (MM) verglichen mit der Arthroskopie bei Kocabey et al. (2004). MRT
positiv (MRT+) und negativ (MRT-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
MM A+ A- gesamt
MRT+ 25 4 29
MRT- 6 15 21
gesamt 31 19 50
- 52 -
Tabelle 15d: Vierfeldertafel der Ergebnisse der Magnetresonanztomographie (MRT) des
lateralen Meniskus (LM) verglichen mit der Arthroskopie bei Kocabey et al. (2004). MRT
positiv (MRT+) und negativ (MRT-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
LM A+ A- gesamt
MRT+ 6 4 10
MRT- 1 39 40
gesamt 7 43 50 Tabelle 15e: Ergebnisse der klinischen Untersuchung (KU) und der Magnetresonanz-
tomographie (MRT) bei Kocabey et al. (2004). Positive Likelihood Ratio (LR+), negative
Likelihood Ratio (LR-), positiver Vorhersagewert (PPV), negativer Vorhersagewert (NPV).
KU Sensitivität Spezifität LR+ LR- PPV NPV Accuracy
Medialer Meniskus 87% 68% 2,76 0,19 82% 76% 80%
Lateraler Meniskus 75% 95% 15,75 0,26 75% 95% 92%
MRT
Medialer Meniskus 81% 79% 3,83 0,25 86% 71% 80%
Lateraler Meniskus 86% 91% 9,21 0,16 60% 97% 90%
Es zeigte sich kein signifikanter Unterschied zwischen der Accuracy der klinischen
Untersuchung (80% MM, 92% LM) und der des MRT (80% MM, 90% LM). Daraus
folgerten Kocabey et al., dass ein erfahrener Arzt primär seinen klinischen Fähigkeiten
vertrauen sollte. Erst unter besonderen Umständen sei es gerechtfertigt ein MRT
anzufordern. Die routinemäßige Durchführung eines präoperativen MRT ist ihrer
Meinung nach nicht sinnvoll. Kocabey et al. betonten aber auch, dass das MRT in
bestimmten Fällen eine nützliche und notwendige Ergänzung zur klinischen
Untersuchung darstellen kann.
Eine weitere Studie zum Vergleich der klinischen Untersuchung mit dem MRT stammt
von Esmaili Jah et al. aus dem Jahr 2005 („Accuracy of MRI in Comparison with
Clinical and Arthroscopic Findings in Ligamentous and Meniscal Injuries of the
Knee“). 70 Patienten wurden prospektiv evaluiert. Dabei wurde eine „excellent
correlation between MRI and clinical findings“ (Esmaili Jah et al. 2005, S. 189)
entdeckt. Die Accuracy der klinischen Untersuchung (97% MM, 90% LM) war der
Accuracy des MRT (86% MM, 83% LM) überlegen (Tabelle 16a-e). Esmaili Jah et al.
- 53 -
folgerten: „However, skilled clinical examination rates similarly to MRI. [...] It is
important to consider the economic load of MRI for patients, especially in countries
with poor welfare state and poor insurance coverage.” (Esmaili Jah et al. 2005, S. 196).
Tabelle 16a: Vierfeldertafel der Ergebnisse der klinischen Untersuchung des medialen
Meniskus (MM) verglichen mit der Arthroskopie bei Esmaili Jah et al. (2005). Klinische
Untersuchung positiv (KU+) und negativ (KU-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
MM A+ A- gesamt
KU+ 24 0 24
KU- 2 44 46
gesamt 26 44 70 Tabelle 16b: Vierfeldertafel der Ergebnisse der klinischen Untersuchung des lateralen Meniskus
(LM) verglichen mit der Arthroskopie bei Esmaili Jah et al. (2005). Klinische Untersuchung
positiv (KU+) und negativ (KU-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
LM A+ A- gesamt
KU+ 11 2 13
KU- 5 52 57
gesamt 16 54 70 Tabelle 16c: Vierfeldertafel der Ergebnisse der Magnetresonanztomographie (MRT) des
medialen Meniskus (MM) verglichen mit der Arthroskopie bei Esmaili Jah et al. (2005). MRT
positiv (MRT+) und negativ (MRT-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
MM A+ A- gesamt
MRT+ 24 8 32
MRT- 2 36 38
gesamt 26 44 70 Tabelle 16d: Vierfeldertafel der Ergebnisse der Magnetresonanztomographie (MRT) des
lateralen Meniskus (LM) verglichen mit der Arthroskopie bei Esmaili Jah et al. (2005). MRT
positiv (MRT+) und negativ (MRT-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
LM A+ A- gesamt
MRT+ 8 4 12
MRT- 8 50 58
gesamt 16 54 70
- 54 -
Tabelle 16e: Ergebnisse der klinischen Untersuchung (KU) und der Magnetresonanz-
tomographie (MRT) bei Esmaili Jah et al. (2005). Positive Likelihood Ratio (LR+), negative
Likelihood Ratio (LR-), positiver Vorhersagewert (PPV), negativer Vorhersagewert (NPV).
KU Sensitivität Spezifität LR+ LR- PPV NPV Accuracy
Medialer Meniskus 92% 100% # 0,08 100% 96% 97%
Lateraler Meniskus 69% 96% 18,56 0,33 85% 91% 90%
MRT
Medialer Meniskus 92% 82% 5,08 0,09 75% 95% 86%
Lateraler Meniskus 50% 93% 6,75 0,54 67% 86% 83%
Mohan und Gosal veröffentlichten 2007 die retrospektive Studie „Reliability of Clinical
Diagnosis in Meniscal Tears“. Das Ziel war die Analyse der Reliabilität der klinischen
Untersuchung von Meniskusrissen. Bei jedem der 130 selektierten Patienten wurde nach
der standardisierten klinischen Untersuchung eine Arthroskopie durchgeführt. Als
Vergleich dienten die MRT Ergebnisse aus früheren Studien. Dabei zeigten sich keine
signifikanten Unterschiede zwischen der Accuracy der körperlichen Untersuchung und
der des MRT (Tabelle 17a-c).
Tabelle 17a: Vierfeldertafel der Ergebnisse der klinischen Untersuchung des medialen
Meniskus (MM) verglichen mit der Arthroskopie bei Mohan & Gosal (2007). Klinische
Untersuchung positiv (KU+) und negativ (KU-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
MM A+ A- gesamt
KU+ 88 14 102
KU- 2 26 28
gesamt 90 40 130 Tabelle 17b: Vierfeldertafel der Ergebnisse der klinischen Untersuchung des lateralen Meniskus
(LM) verglichen mit der Arthroskopie bei Mohan & Gosal (2007). Klinische Untersuchung
positiv (KU+) und negativ (KU-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
LM A+ A- gesamt
KU+ 20 8 28
KU- 2 100 102
gesamt 22 108 130
- 55 -
Tabelle 17c: Ergebnisse der klinischen Untersuchung (KU) bei Mohan & Gosal (2007). Positive
Likelihood Ratio (LR+), negative Likelihood Ratio (LR-), positiver Vorhersagewert (PPV),
negativer Vorhersagewert (NPV).
KU Sensitivität Spezifität LR+ LR- PPV NPV Accuracy
Medialer Meniskus 98% 65% 2,79 0,03 86% 93% 88%
Lateraler Meniskus 91% 93% 12,27 0,1 71% 98% 92%
Ihre Schlussfolgerung lautete: „Hence we conclude that physical examination is a useful
and important diagnostic technique and is as reliable as MRI to diagnose meniscal
tears“ (Mohan & Gosal 2006, S. 59). Ihrer Meinung nach sollte die Nutzung des MRT
schwierigen und komplexen Knieverletzungen vorbehalten bleiben.
Nikolaou et al. betrachteten 2008 retrospektiv die Wirksamkeit des MRT bei
Knieverletzungen („MRI Efficacy in Diagnosing Internal Lesions of the Knee: a
Retrospective Analysis”). Bei 46 Patienten waren alle Ein- und Ausschlusskriterien
erfüllt. Sie hatten jeweils eine klinische Untersuchung, ein MRT und eine Arthroskopie
erhalten. Die Accuracy des MRT (81% MM, 77% LM) war der Accuracy der klinischen
Untersuchung (60% MM, 55% LM) deutlich überlegen (Tabelle 18). Nikolaou et al.
folgerten: „[...] the present study supports that MRI is very helpful in diagnosing
meniscal and cruciate ligament injuries” (Nikolaou et al. 2008, S. 9).
Tabelle 18: Ergebnisse der klinischen Untersuchung (KU) und der Magnetresonanztomographie
(MRT) bei Nikolaou et al. (2008). Positive Likelihood Ratio (LR+), negative Likelihood Ratio
(LR-), positiver Vorhersagewert (PPV), negativer Vorhersagewert (NPV).
KU Sensitivität Spezifität LR+ LR- PPV NPV Accuracy
Medialer Meniskus 65% 50% 1,3 0,69 65% 50% 60%
Lateraler Meniskus 30% 75% 1,2 0,93 50% 56% 55%
MRT
Medialer Meniskus 83% 69% 2,64 0,25 83% 69% 81%
Lateraler Meniskus 62% 88% 5,36 0,43 81% 74% 77%
Schurz et al. publizierten 2008 die Arbeit „The Value of Clinical Examination and MRI
versus Intraoperative Findings in the Diagnosis of Meniscal Tears”. Ihr Ziel war es die
- 56 -
Accuracy von klinischer Untersuchung und MRT mit den intraoperativen Befunden der
Arthroskopie zu vergleichen. Diese retrospektive Studie umfasste einen Zeitraum von
fünf Jahren. Es wurde eine nicht standardisierte, alltägliche klinische Situation
untersucht. Aus 4727 Patienten wurden 400 Patienten nach festen Ein- und
Ausschlusskriterien selektiert. Bei jedem dieser Patienten war eine klinische
Untersuchung, ein MRT und eine Arthroskopie (Goldstandard) durchgeführt worden
(Tabelle 19a-d).
Tabelle 19a: Vierfeldertafel der Ergebnisse der klinischen Untersuchung des medialen
Meniskus (MM) verglichen mit der Arthroskopie bei Schurz et al. (2008). Klinische
Untersuchung positiv (KU+) und negativ (KU-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
MM A+ A- gesamt
KU+ 155 82 237
KU- 97 66 163
gesamt 252 148 400 Tabelle 19b: Vierfeldertafel der Ergebnisse der klinischen Untersuchung des lateralen Meniskus
(LM) verglichen mit der Arthroskopie bei Schurz et al. (2008). Klinische Untersuchung positiv
(KU+) und negativ (KU-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
LM A+ A- gesamt
KU+ 23 64 87
KU- 81 231 312
gesamt 104 295 399 Tabelle 19c: Vierfeldertafel der Ergebnisse der Magnetresonanztomographie (MRT) des
medialen Meniskus (MM) verglichen mit der Arthroskopie bei Schurz et al. (2008). MRT
positiv (MRT+) und negativ (MRT-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
MM A+ A- gesamt
MRT+ 237 51 288
MRT- 19 93 112
gesamt 256 144 400
- 57 -
Tabelle 19d: Vierfeldertafel der Ergebnisse der Magnetresonanztomographie (MRT) des
lateralen Meniskus (LM) verglichen mit der Arthroskopie bei Schurz et al. (2008). MRT positiv
(MRT+) und negativ (MRT-), Arthroskopie positiv (A+) und negativ (A-).
LM A+ A- gesamt
MRT+ 68 31 99
MRT- 35 265 300
gesamt 103 296 399 Tabelle 19e: Ergebnisse der klinischen Untersuchung (KU) und der Magnetresonanz-
tomographie (MRT) bei Schurz et al. (2008). Positive Likelihood Ratio (LR+), negative
Likelihood Ratio (LR-), positiver Vorhersagewert (PPV), negativer Vorhersagewert (NPV).
KU Sensitivität Spezifität LR+ LR- PPV NPV Accuracy
Medialer Meniskus 62% 45% 1,11 0,86 65% 40% 55%
Lateraler Meniskus 22% 78% 1,02 1 26% 74% 64%
MRT
Medialer Meniskus 93% 65% 2,61 0,12 82% 83% 83%
Lateraler Meniskus 66% 90% 6,6 0,38 69% 88% 83%
Die Accuracy des MRT war für beide Menisken jeweils 83% (Tabelle 19e). Die
klinische Untersuchung wies eine Accuracy von 55% für den medialen Meniskus und
64% für den lateralen Meniskus auf. Schurz et al. folgerten, dass bei der körperlichen
Untersuchung im Gegensatz zum MRT eine große Anzahl an Meniskusrissen übersehen
wird. Dies führte zu folgender Aussage: „… an MRI, completing a thoroughly
performed clinical examination, is helpful in diagnosing meniscal disorders“ (Schurz et
al. 2008, S. 9). Sie betonten dennoch die Wichtigkeit der klinischen Symptomatik bei
der Indikationsstellung für eine operative Intervention.
Zusammenfassung
Trotz der großen Studienanzahl bleiben einige klinisch relevante Fragen unbeantwortet.
Aus den Ergebnissen ist nicht erkennbar, welche Konsequenzen aus der Nutzung des
MRT für Therapie und Outcome des Patienten entstehen. Die Vorteile des MRT
gegenüber einer sorgfältigen klinischen Untersuchung werden kontrovers diskutiert. Es
gibt bei den vorhandenen Studien keine Übereinstimmung über die aktuelle Bedeutung
- 58 -
der klinischen Untersuchung und des MRT. Um einen Evidenz-basierten Algorithmus
für die Diagnosestellung von Meniskusrissen erstellen zu können, sind weitere
prospektive Studien nötig.
3.3.2.2 Validität der Untersuchung von Meniskusläsionen
Im vorangehenden Abschnitt wurde deutlich, dass die Beurteilung der Untersuchung
von Meniskusläsionen sehr schwierig ist. In den Studien wurden unterschiedliche
Ergebnisse erzielt. Einige Studien bevorzugten die routinemäßige Durchführung eines
MRT vor einer Arthroskopie. Zahlreiche andere Studien hielten dies aufgrund der guten
Ergebnisse der klinischen Untersuchung für überflüssig.
Um einen Überblick über die Studienlage zu bekommen, sind die Ergebnisse
nachfolgend in Säulendiagrammen dargestellt. In den Abbildungen 9 und 10 werden die
Accuracy der klinischen Untersuchung und die Accuracy des MRT für alle
ausgewerteten Studien getrennt nach medialem und lateralem Meniskus dargestellt.
- 59 -
Accuracy der klinischen Untersuchung
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Terr
y et a
l.
Gelb
et a
l.
O'S
hea
et a
l.
Ros
e&
Gol
d
Mue
llner
et a
l.
Wein
stab
l et a
l.
Mun
k et a
l.
Koc
abey
et a
l.
Esm
aili
Jah
et a
l.
Moha
n&G
osa
l
Nik
olaou
et a
l.
Sch
urz
et a
l.
Studien
Acc
urac
y [%
]
Abbildung 9: Darstellung der Accuracy der klinischen Untersuchung aller eingeschlossenen
Studien getrennt nach medialem (MM) und lateralem Meniskus (LM).
Accuracy des MRT
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Fis
cher
et a
l.
Gel
b et
al.
Mill
er
Ro
se&
Go
ld
Mue
llner
et a
l.
Wei
nsta
bl e
t al.
Elv
enes
et a
l.
Ko
cabe
y et
al.
Esm
aili
Jah
et a
l.
Nik
ola
ou
et a
l.
Sch
urz
et a
l.
Studien
Acc
urac
y [%
]
Abbildung 10: Darstellung der Accuracy der Magnetresonanztomographie (MRT) aller
eingeschlossenen Studien getrennt nach medialem (MM) und lateralem Meniskus (LM).
MM LM
MM LM
- 60 -
Die ausgewerteten Studien weisen sehr heterogene Ergebnisse für die Validität der
klinischen Untersuchung und der des MRT auf. Beim Vergleich von Abbildung 9 und
10 fällt auf, dass es bei der klinischen Untersuchung eine größere Streuung der Werte
gibt als beim MRT. Die Accuracy der klinischen Untersuchung variiert für den
medialen Meniskus von 55% bis 97% (Spannweite 42%) und für den lateralen
Meniskus von 55% bis 96% (Spannweite 41%). Die Accuracy des MRT reicht für den
medialen Meniskus von 70% bis 95% (Spannweite 25%) und für den lateralen
Meniskus von 69% bis 100% (Spannweite 31%). Dieser Unterschied wird auch in
Tabelle 20 deutlich. Für die Untersuchung des medialen Meniskus ist die
Standardabweichung der klinischen Untersuchung fast doppelt so hoch (1,98fach) wie
die des MRT. Für den lateralen Meniskus beträgt sie das 1,44fache der
Standardabweichung des MRT.
Tabelle 20: Mittelwert und Standardabweichung der Accuracy der klinischen Untersuchung
(KU) und der Magnetresonanztomographie (MRT) aller eingeschlossenen Studien getrennt nach
medialem (MM) und lateralem Meniskus (LM).
Accuracy
Mittelwert Standardabweichung
KU MM 77% 14,34%
KU LM 83% 12,64%
MRT MM 83% 7,23%
MRT LM 85% 8,80%
Dieser Unterschied ist auch in Abbildung 11 deutlich erkennbar. Im Boxplot zeigt der
vertikale Strich die Spannweite aller Ergebnisse. Der horizontale Strich gibt den Median
an. Die Box zeigt den Bereich vom ersten bis zum dritten Quartil und entspricht damit
dem Bereich, in dem die mittleren 50% der Daten liegen. Das heißt, 25% der Ergebnisse
liegen unterhalb des Kastens und 25% oberhalb. Bei der MRT Untersuchung ist zum
einen die Spannweite der Ergebnisse kleiner und zum anderen der Quartilsabstand
geringer.
- 61 -
Boxplot: Accuracy von klinischer Untersuchung (KU) und MRT
0
20
40
60
80
100
120
KU MM KU LM MRT MM MRT LM
% [
Acc
ura
cy]
Abbildung 11: Boxplot der Accuracy. Darstellung der Accuracy der klinischen Untersuchung
(KU) und der Magnetresonanztomographie (MRT) aller eingeschlossenen Studien in Boxplots
jeweils getrennt für den medialen (MM) und lateralen Meniskus (LM).
In Tabelle 21 ist die Zusammenfassung der Ergebnisse dargestellt. Berechnet wurden
die Mittelwerte für Sensitivität, Spezifität, positive und negative Likelihood Ratio,
positiven und negativen Vorhersagewert und Accuracy.
Tabelle 21: Mittelwerte der Ergebnisse der klinischen Untersuchung (KU) und der
Magnetresonanztomographie (MRT) aller eingeschlossenen Studien getrennt für den medialen
(MM) und lateralen Meniskus (LM). Positive Likelihood Ratio (LR+), negative Likelihood
Ratio (LR-), positiver Vorhersagewert (PPV), negativer Vorhersagewert (NPV).
Mittelwerte
Sensitivität Spezifität LR+ LR- PPV NPV Accuracy
KU MM 88% 64% 2,57 0,22 76% 82% 77%
LM 67% 91% 11,94 0,38 68% 87% 83%
MRT MM 87% 77% 4,2 0,17 84% 80% 83%
LM 62% 94% 11,52 0,42 74% 87% 85%
- 62 -
Beim Vergleich der korrespondierenden Werte von klinischer Untersuchung und MRT
können nur geringe Unterschiede festgestellt werden. Der größte Unterschied liegt in
der höheren Spezifität des MRT bei der Untersuchung des medialen Meniskus
(klinische Untersuchung 64%, MRT 77%). Das bedeutet, dass beim MRT die
Wahrscheinlichkeit tatsächlich Gesunde im Test auch als gesund zu erkennen höher ist
als bei der klinischen Untersuchung.
Die klinische Untersuchung des medialen Meniskus hat mit einer positiven Likelihood
Ratio (LR+) von 2,57 nur eine schwache diagnostische Evidenz. Die negative
Likelihood Ratio (LR-) von 0,22 wird als akzeptabel bewertet. Die klinische
Untersuchung des lateralen Meniskus gilt mit einer LR+ von 11,94 als gut mit
überzeugender diagnostischer Evidenz. Die LR- von 0,38 ist dagegen nicht akzeptabel.
Für die MRT Untersuchung des medialen Meniskus wurden eine LR+ von 4,2 und eine
LR- von 0,17 erzielt. Dieser Test ist somit akzeptabel. Bei einer LR+ von 11,52 wird die
MRT Untersuchung des lateralen Meniskus als gut bewertet. Die LR- von 0,42 ist
jedoch nicht akzeptabel.
Auffällig sind in Tabelle 21 die Unterschiede zwischen den Werten für den medialen
und lateralen Meniskus. Charakteristisch ist sowohl im MRT als auch in der klinischen
Untersuchung eine hohe Sensitivität für den medialen und eine hohe Spezifität für den
lateralen Meniskus. Dieser Unterschied ist bereits bei Betrachtung der einzelnen Studien
ersichtlich. In den Abbildungen 12 bis 15 sind Übersichtsdiagramme der ausgewerteten
Studien dargestellt. Für den medialen Meniskus zeigt sich in den Abbildungen 12 und
13 eine hohe Sensitivität. Folglich wird sowohl bei der klinischen Untersuchung als
auch im MRT nur selten ein medialer Meniskusriss übersehen. Der laterale
Meniskusriss bleibt aufgrund der geringeren Sensitivität häufiger unerkannt. In den
Abbildungen 14 und 15 imponiert die hohe Spezifität für den lateralen Meniskus.
Demzufolge werden Gesunde kaum als erkrankt (Meniskusriss) fehlklassifiziert. Die
Untersuchung des medialen Meniskus ist dagegen weniger spezifisch. Es gibt eine
höhere Anzahl falsch-positiver Ergebnisse.
- 63 -
Sensitivität der klinischen Untersuchung
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
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l.
Studien
Sen
sitiv
ität [
%]
Abbildung 12: Darstellung der Sensitivität der klinischen Untersuchung aller eingeschlossenen
Studien getrennt nach medialem (MM) und lateralem Meniskus (LM).
Sensitivität des MRT
0
10
20
30
40
50
60
70
80
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Studien
Sen
sitiv
ität [
%]
Abbildung 13: Darstellung der Sensitivität der Magnetresonanztomographie (MRT) aller
eingeschlossenen Studien getrennt nach medialem (MM) und lateralem Meniskus (LM).
MM LM
MM LM
- 64 -
Spezifität der klinischen Untersuchung
0
10
20
30
40
50
60
70
80
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Studien
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t [%
]
Abbildung 14: Darstellung der Spezifität der klinischen Untersuchung aller eingeschlossenen
Studien getrennt nach medialem (MM) und lateralem Meniskus (LM).
Spezifität des MRT
0
10
20
30
40
50
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Studien
Spe
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ät
[%]
Abbildung 15: Darstellung der Spezifität der Magnetresonanztomographie (MRT) aller
eingeschlossenen Studien getrennt nach medialem (MM) und lateralem Meniskus (LM).
MM LM
MM LM
- 65 -
In den Abbildungen 16 und 17 werden die Ergebnisse in Boxplots dargestellt. Deutlich
sichtbar ist der jeweilige Unterschied zwischen medialem und lateralem Meniskus.
Boxplot: Sensitivität von kl inischer Untersuchung (KU) und MRT
0
20
40
60
80
100
120
KU MM KU LM MRT MM MRT LM
% [
Sen
sitiv
ität]
Abbildung 16: Boxplot der Sensitivität. Darstellung der Sensitivität der klinischen
Untersuchung (KU) und der Magnetresonanztomographie (MRT) aller eingeschlossenen
Studien in Boxplots jeweils getrennt für den medialen (MM) und lateralen Meniskus (LM).
Boxplot: Spezifität von klinischer Untersuchung (KU) und MRT
0
20
40
60
80
100
120
KU MM KU LM MRT MM MRT LM
% [S
pezi
fitä
t]
Abbildung 17: Boxplot der Spezifität. Darstellung der Spezifität der klinischen Untersuchung
(KU) und der Magnetresonanztomographie (MRT) aller eingeschlossenen Studien in Boxplots
jeweils getrennt für den medialen (MM) und lateralen Meniskus (LM).
- 66 -
Im Boxplot der Sensitivität (Abbildung 16) zeigen sich für den medialen Meniskus eine
deutlich geringere Spannweite der Werte und ein kleinerer Quartilsabstand als für den
lateralen Meniskus. Im Boxplot der Spezifität (Abbildung 17) sind jedoch die
Spannweite der Werte und der Quartilsabstand für den lateralen Meniskus geringer.
Diese Erkenntnisse sind für die Qualität von Knieuntersuchungen von großer
Bedeutung. Nur so können Untersuchungsmethoden gezielt eingesetzt werden und die
gewonnenen Untersuchungsergebnisse sinnvoll interpretiert und bewertet werden.
Es ergeben sich folgende Resultate:
1.) Bei der Beurteilung von Meniskusläsionen zeigt das routinemäßig durchgeführte
MRT gegenüber der klinischen Untersuchung keinen eindeutigen Vorteil. Die
Accuracy der beiden Methoden ist vergleichbar.
2.) Der größte Unterschied liegt in der höheren Spezifität des MRT bei der
Untersuchung des medialen Meniskus.
3.) Insgesamt zeigen sich bei der MRT Untersuchung konstantere Ergebnisse. Die
Ergebnisse der klinischen Untersuchung scheinen stark abhängig vom
jeweiligen Untersucher zu sein.
4.) Medialer und lateraler Meniskus müssen immer getrennt betrachtet werden. Dies
gilt sowohl für die klinische Untersuchung als auch für das MRT. Die
Untersuchung des medialen Meniskus ist sensitiver, während die des lateralen
Meniskus spezifischer ist.
5.) Bei unklarem klinischen Befund oder komplexen Knieverletzungen ist die
Indikation für die Durchführung eines MRT stets gegeben.
6.) Unklar bleibt weiterhin, ob durch die Nutzung des MRT Konsequenzen für die
Therapie und das Outcome des Patienten entstehen.
3.3.2.3 Hürden zwischen Theorie und Praxis
Bei der Auswertung der vorhandenen Literatur zeigte sich beim routinemäßig
durchgeführten MRT gegenüber der klinischen Untersuchung kein eindeutiger Vorteil.
Die Umsetzung dieser Ergebnisse in den klinischen Alltag ist dennoch schwierig. Es
sind einige Hürden zu überwinden.
- 67 -
Zum einen gibt es die Erwartungshaltung der Patienten. Sie stellt die erste Hürde dar.
Die meisten Patienten sind über das MRT als neue diagnostische Methode informiert.
Die klinische Untersuchung wird dagegen unterschätzt. Den Patienten ist nicht bekannt,
dass die klinische Untersuchung durch einen erfahrenen Arzt Ergebnisse erzielt, die mit
dem MRT vergleichbar sind. Die Folge ist eine hohe Erwartungshaltung der Patienten.
Es besteht der Wunsch nach der bestmöglichen Behandlung, das heißt, die
Durchführung eines MRT wird vorausgesetzt.
Die zweite Hürde im klinischen Alltag ist die Verantwortung der Ärzte . Je unsicherer
der Untersucher ist, desto eher wird er ein MRT als zusätzliche Absicherung gegen
Fehldiagnosen durchführen. Dies ist verständlich wenn man bedenkt, dass die Zahl der
Anklagen gegen Ärzte stark zugenommen hat. Dennoch sollte dieser Selbstschutz nicht
die Indikation für die Durchführung eines MRT darstellen. Bei Unklarheiten in der
klinischen Untersuchung sollte als erstes ein erfahrener Kollege hinzugezogen werden.
Bei weiter bestehender Unsicherheit ist die Durchführung eines MRT gerechtfertigt.
Bei der Übertragung der Studienergebnisse in den klinischen Alltag sind weitere
Hürden zu überwinden. In den ausgewerteten Studien wurde die klinische Untersuchung
stets von einem sehr erfahrenen Arzt durchgeführt. Das heißt, die Studienergebnisse
wurden unter Optimalbedingungen erzielt. Folglich ist zu erwarten, dass die
tatsächlichen Werte im klinischen Alltag gegenüber den Studien etwas abfallen.
Besonders bei jungen unerfahrenen Ärzten sind die klinischen Fähigkeiten noch nicht so
ausgeprägt wie bei erfahrenen Kollegen. Das heißt, ein entscheidender Aspekt für den
Erfolg der klinischen Untersuchung ist die Erfahrung des Arztes. Je mehr klinische
Erfahrung der Untersucher hat, desto besser werden die Ergebnisse (Ryzewicz et al.
2007). Zudem konnte gezeigt werden, dass die klinische Untersuchung aufgrund ihrer
Subjektivität stark untersucherabhängig ist (Wood et al. 2006). Die Entwicklung einer
standardisierten Vorgehensweise bei der klinischen Untersuchung ist essentiell, um die
Reproduzierbarkeit zu erhöhen und die Fehlermöglichkeiten zu minimieren.
Für die Etablierung der neuen Erkenntnisse im klinischen Alltag ist weitere
Aufklärungsarbeit bei den praktizierenden Ärzten und bei den Patienten notwendig.
Außerdem muss durch weitere Studien geprüft werden, ob durch die Nutzung des MRT
- 68 -
Konsequenzen für die Therapie und das Outcome der Patienten entstehen. Diese Fragen
konnten bisher nicht beantwortet werden. Anschließend sollte ein Evidenz-basierter
Algorithmus für die Diagnosestellung von Meniskusrissen entwickelt werden.
3.3.2.4 Bedeutung für den klinischen Alltag
Für die Anwendung von medizinischen Zeichen im klinischen Alltag sind Kenntnisse
über deren Validität sehr wichtig. Nur so können sie sinnvoll eingesetzt und interpretiert
werden. Die Accuracy der klinischen Untersuchung ist im Durchschnitt 77% für den
medialen und 83% für den lateralen Meniskus. Bei Knieverletzungen ist deshalb die
sorgfältige klinische Untersuchung obligat. Sie stellt in jedem Fall die Basis einer
sinnvollen Diagnostik dar. Weniger erfahrene Ärzte sollten bei Unsicherheit primär
erfahrene Kollegen hinzuziehen. Erst dann kann die Indikation für die Durchführung
eines MRT gestellt werden. Abhängig von den Ergebnissen der klinischen
Untersuchung sollte der erfahrene Arzt eine Entscheidung treffen. Es gibt drei
Entscheidungsmöglichkeiten:
1.) Symptomatische Therapie
2.) MRT
3.) Arthroskopie
Bei unauffälligem Untersuchungsbefund und geringer klinischer Symptomatik kann
primär eine symptomatische Therapie angestrebt werden. Die Beschwerden werden
weiter beobachtet. Bei Unsicherheit in der klinischen Untersuchung und komplexen
Knieverletzungen ist die Durchführung eines MRT indiziert. Dadurch können weitere
wertvolle Informationen zur Entscheidungsfindung gewonnen werden. Bei eindeutig
positivem klinischem Befund kann direkt eine Arthroskopie durchgeführt werden. Hier
sollte auf ein zusätzliches MRT verzichtet werden.
Die Interpretation der MRT Ergebnisse sollte nur im Zusammenhang mit der klinischen
Symptomatik erfolgen. Dadurch wird möglichen Fehldiagnosen vorgebeugt. Die
Durchführung eines MRT ist nur dann indiziert, wenn mit Konsequenzen für die weitere
Behandlung zu rechnen sind. Bei bereits festgelegter Therapie ist das MRT nicht
sinnvoll.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der stetige Fortschritt der Technik. Das MRT wird
- 69 -
ständig weiterentwickelt. Die Auflösung und die Qualität werden stetig verbessert. Es
bleibt abzuwarten, welche Vorteile das MRT gegenüber der klinischen Untersuchung in
Zukunft haben wird.
3.3.3 Entwickeltes Studiendesign – die Fix-Flex-Studie
Die Analyse der vorhandenen Literatur konnte einige Fragen zur Diagnostik von
Meniskusläsionen beantworten. Unklar bleibt weiterhin Folgendes:
• Ergeben sich durch das MRT Konsequenzen für die weitere Therapie und das
Outcome des Patienten?
• Kann ein MRT zusätzliche Informationen liefern, wenn ein Patient mit
Meniskusläsion von einem erfahrenen Unfallchirurgen klinisch sorgfältig
untersucht wurde?
Um diese Fragen beantworten zu können, ist eine neue Studie notwendig. Das hierfür
entwickelte Studiendesign ist in Abbildung 18 dargestellt. Zu Beginn der so genannten
Fix-Flex-Studie werden alle Patienten sorgfältig klinisch untersucht. Auf dieser Basis
wird ohne MRT die Entscheidung für oder gegen eine Arthroskopie getroffen. Diese
Entscheidung muss schriftlich vorliegen, ehe in zwei Gruppen randomisiert wird.
Anschließend wird bei allen Patienten beider Gruppen ein MRT durchgeführt. Bei
Gruppe 1 ist die Entscheidung „fixed“ . Das heißt, sie kann auch nach Vorliegen des
MRT Befundes nicht mehr geändert werden. Bei Gruppe 2 ist die Entscheidung
„flexibel“ . Sie kann nach Vorliegen des MRT Befundes falls erforderlich geändert
werden. Dann erfolgt die Durchführung oder der Verzicht auf Arthroskopie
entsprechend der getroffenen Entscheidung. Wichtig ist die Wiedervorstellung der
Patienten nach sechs Monaten, um die erreichte Versorgungsqualität zu klassifizieren.
- 70 -
Design der Fix-Flex-Studie
Abbildung 18: Design der Fix-Flex-Studie. Die neu entwickelte Fix-Flex-Studie dient dem
Vergleich der klinischen Untersuchung mit der Magnetresonanztomographie (MRT).
Entscheidung ohne MRT
Arthroskopie: ja
Arthroskopie: nein
Randomisation Bei der Anmeldung zur Randomisation muss die Entscheidung über die Durchführung einer Arthroskopie schriftlich vorliegen
MRT bei allen obligat MRT bei allen obligat
Entscheidung über Durchführung der Arthroskopie wurde oben bereits fixiert
und kann auch nach Vorliegen des MRT Befundes nicht mehr geändert werden
Entscheidung über Durchführung der Arthroskopie kann nach
Vorliegen des MRT Befundes falls erforderlich geändert werden
Klinische Untersuchung (Ein- und Ausschlusskriterien)
Gruppe 1 Entscheidung fixed
Gruppe 2 Entscheidung flexibel
Endpunkt: Klassifikation der erreichten Versorgungsqualität nach 6 Monaten
Durchführung oder Verzicht auf Arthroskopie alleine auf Grund der klinischen Untersuchung
Durchführung oder Verzicht auf Ar-throskopie auf Grund der klinischen
Untersuchung und des MRT
- 71 -
Die Ziele der Fix-Flex-Studie sind:
1.) Vergleich der Validität der klinischen Untersuchung mit der des MRT bei allen
arthroskopierten Patienten.
2.) Beobachtung, ob das weitere Vorgehen nach der Durchführung des MRT noch
geändert wird oder ob die ursprüngliche Entscheidung beibehalten wird.
Ergeben sich durch das MRT Konsequenzen für die weitere Therapie?
3.) Vergleich der erreichten Versorgungsqualität nach sechs Monaten. Gibt es einen
Unterschied im Outcome zwischen beiden Versuchsgruppen?
Durch diesen Versuchsaufbau können die klinisch relevanten Fragen beantwortet
werden. Informationen über den Entscheidungsprozess zur Durchführung einer
Arthroskopie sind überaus wichtig. Ebenfalls von großer Bedeutung ist das Endergebnis
der Behandlung.
Die Fix-Flex-Studie wurde im Rahmen dieser Arbeit nicht durchgeführt. Sie ist jedoch
in Planung. In Zusammenarbeit mit erfahrenen Unfallchirurgen werden die Details der
Studie, wie zum Beispiel Ein- und Ausschlusskriterien festgelegt. Dabei müssen auch
ethische und finanzielle Aspekte berücksichtigt werden. Die Durchführung und
Auswertung der Fix-Flex-Studie wird Bestandteil einer weiteren Dissertation sein.
Dieses Studiendesign lässt sich verallgemeinern. Damit könnte es für viele
Fragestellungen im klinischen Alltag interessant werden. Insbesondere medizinische
Zeichen oder neue diagnostische Methoden könnten dadurch sinnvoll bewertet und ihre
Relevanz für den klinischen Alltag getestet werden.
- 72 -
4 Diskussion
4.1 Bewertung der erhobenen Daten
4.1.1 Ergebnisse der Literaturrecherchen
Anhand von drei ausgewählten Zeichen wurde die klinische Bedeutung der Semiotik
und deren Grenzen exemplarisch dargestellt. Der Foetor hepaticus bestätigt sich als ein
altes medizinisches Zeichen. Dieses wurde zu Recht durch moderne diagnostische
Methoden ersetzt. Angaben zur Sensitivität (50%) und Spezifität (100%) des
Lebergeruchs wurden nur in einer sehr alten Studie aus dem Jahr 1954 (Butt & Mason)
gemacht. Die Datenlage zur Validität des Lebergeruchs ist mangelhaft. Es ist jedoch
erwiesen, dass der Foetor hepaticus erst im Spätstadium von Lebererkrankungen
auftritt. Folglich ist er zur Früherkennung von Lebererkrankungen und als
diagnostischer Test ungeeignet. Aus diesem Grund sind weitere Studien zur
Untersuchung des Lebergeruchs überflüssig. Diese Ergebnisse entsprechen den
Erwartungen und dem aktuellen Lehrbuchwissen. Allerdings gibt es neuere Studien
(Van den Velde et al. 2008), in denen die aktuelle Bedeutung des Lebergeruchs betont
wird. Hier spielt die Atemanalyse mittels GC-MS eine wichtige Rolle. Ob sich daraus
eine Bedeutung für den klinischen Alltag ergeben wird, ist abzuwarten. Fraglich ist, ob
eine beginnende hepatische Enzephalopathie durch die Atemanalyse früher entdeckt
werden kann. Die bisherigen Zeichen früher Stadien sind sehr unspezifisch
(pathologische psychometrische Tests, Schläfrigkeit und Verwirrung).
Realistischerweise ist die Atemanalyse mittels GC-MS als Screeningtest im klinischen
Alltag sehr wenig praktikabel. Ebenso könnte jeden Tag eine Ammoniakbestimmung im
Blut erfolgen (Standardlabor bei hepatischer Enzephalopathie). Das Wissen über den
Lebergeruch sollte dennoch nicht gänzlich verloren gehen. In seltenen Fällen verläuft
eine Lebererkrankung sehr lange asymptomatisch. In diesen Fällen ist es wichtig, dass
- 73 -
man als Arzt den Foetor hepaticus von gewöhnlichem Mundgeruch unterscheiden kann.
Das heißt, der Foetor hepaticus ist ein altes medizinisches Zeichen, das in sehr seltenen
Fällen zur Diagnosestellung beitragen kann.
In der Literatur gibt es Hinweise für einen charakteristischen Geruch von
schizophrenen Patienten (Liddell 1976, Hayden 1980). Die Validität dieses Geruchs
ist unklar. Es bleibt fraglich, ob dieser Geruch von schizophrenen Patienten tatsächlich
existiert. Anerkannten Psychiatern ist dieses Phänomen fremd. Demzufolge hat dieser
Geruch für den klinischen Alltag keine Relevanz. Dieses Beispiel stellt eine typische
Sackgasse dar. Eine mögliche Bedeutung für diesen Geruch in der Zukunft könnte in
der Forschung liegen. Zusammenhänge mit veränderten Stoffwechselprozessen oder der
Ätiologie der Schizophrenie sind nicht auszuschließen. Dies sind jedoch nur
Spekulationen und erfordern weitere Untersuchungen.
Das dritte untersuchte medizinische Zeichen ist die klinische Untersuchung des
medialen und lateralen Meniskus. Dieses Zeichen wurde mit einer neuen
bildgebenden Methode (MRT) verglichen. In der Literatur wird diese Thematik intensiv
diskutiert. Trotz der offensichtlichen aktuellen medizinischen Bedeutung treten im
klinischen Alltag Hürden auf. In der Zusammenfassung relevanter Studien gleicht die
Validität der klinischen Untersuchung der des MRT. Es muss beachtet werden, dass in
den Studien oft nur ein Arzt für die Durchführung der klinischen Untersuchung
verantwortlich war. Dadurch variiert die Accuracy stark abhängig von der Erfahrung
und den klinischen Fähigkeiten des Untersuchers. Bei der klinischen Untersuchung ist
die Kombination verschiedener Tests empfehlenswert. Dabei muss standardisiert
vorgegangen werden.
Die Fragen nach den Vorteilen und den Konsequenzen, die sich aus der Nutzung des
MRT ergeben, konnten nicht beantwortet werden. Speziell für diese Problematik wurde
das vorgestellte Studiendesign (Fix-Flex-Studie) entwickelt. Es gibt bisher keine valide
Studie zu dieser Fragestellung. Derzeit kann deshalb kein Vorteil oder Nachteil für eine
der beiden Gruppen festgestellt werden. Die Details für die Durchführung dieser Studie
werden in Zusammenarbeit mit den Spezialisten festgelegt. Es muss sichergestellt sein,
dass die Studienbedingungen eingehalten werden. Einmal festgelegte Entscheidungen
- 74 -
dürfen nicht mehr revidiert werden. Das Ziel ist einen Evidenz-basierten Algorithmus
für die Untersuchung der Menisken zu erstellen. Dabei werden auch die möglichen
Indikationen für ein MRT evaluiert.
Bisher wurden folgende Erkenntnisse gewonnen. Die Basis jeder Behandlung ist eine
gründliche Anamnese und eine sorgfältige klinische Untersuchung. Bei eindeutigem
klinischem Befund sind vor der Arthroskopie keine weiteren diagnostischen
Maßnahmen indiziert. Bei unklaren oder komplexen Verletzungen sollte ein MRT
durchgeführt werden, um zusätzliche Informationen zu erhalten.
4.1.2 Anwendbarkeit der Ergebnisse im klinischen Alltag
Für die Interpretation und Verallgemeinerung der Ergebnisse ist eine Studie von
Espinoza et al. aus dem Jahr 1987 bedeutsam. Sie untersuchten die Übereinstimmung
verschiedener Ärzte bei der körperlichen Untersuchung und Diagnosestellung von
alkoholischen Lebererkrankungen. Erfahrene Ärzte wiesen eine höhere Kongruenz
untereinander auf als junge unerfahrene Mediziner. Allgemein zeigten sich deutliche
Diskrepanzen bei der Beurteilung von medizinischen Zeichen. Espinoza et al. folgerten,
„that studies based on physical findings must be cautiously considered“ (Espinoza et al.
1987, S. 244). Sie betonten die Notwendigkeit einer standardisierten Durchführung der
körperlichen Untersuchung.
Im Folgenden werden die Voraussetzungen für die Anwendung der Semiotik
dargestellt. Für einen sinnvollen Einsatz im klinischen Alltag muss die Validität des
medizinischen Zeichens bekannt sein. Dies ist ein entscheidender und zum Teil sehr
schwieriger Schritt. Es gibt kaum Studien zur Validität des Foetor hepaticus und zum
Geruch von schizophrenen Patienten. Eine Verwendung dieser medizinischen Zeichen
als diagnostische Tests ist nicht sinnvoll. Obwohl es viele Studien zur klinischen
Untersuchung von Meniskusläsionen gibt, ist die Auswertung schwierig. Abhängig vom
Studiendesign variieren die Ergebnisse stark. In den meisten Studien wurde die
körperliche Untersuchung von nur einem Arzt mit großer Erfahrung durchgeführt. Die
Übertragung auf den klinischen Alltag ist dadurch erschwert. Zum einen zeigten
- 75 -
Espinoza et al., dass die Übereinstimmung zwischen verschiedenen Ärzten häufig
gering ist. Zum anderen spielt die Erfahrung bei der Erkennung und Interpretation von
Zeichen eine große Rolle. Deshalb lassen sich die in den Studien gewonnenen
Ergebnisse nicht direkt und uneingeschränkt auf die Praxis übertragen. Im klinischen
Alltag gibt es die Bandbreite vom Assistenzarzt mit wenig Erfahrung bis hin zum
Chefarzt mit großem Erfahrungsschatz. Im Durchschnitt ist die Erfahrung geringer als
in den Studien unter Idealbedingungen. Um Homogenität bei subjektiven
Untersuchungen zu gewährleisten, sollten Untersuchungsabläufe standardisiert werden.
Dies gilt nicht nur für die körperliche Untersuchung von Knieverletzungen, sondern
spielt für die generelle Anwendung der Semiotik im klinischen Alltag eine große Rolle.
Das Ziel ist deshalb die Entwicklung von Evidenz-basierten Algorithmen.
4.1.3 Hürden bei der Anwendung der medizinischen Semiotik
Exemplarisch wurden drei medizinische Zeichen ausgewählt und analysiert. Es konnte
gezeigt werden, dass bei der Anwendung dieser Zeichen im klinischen Alltag diverse
Hürden zu überwinden sind. Die Übertragung der Theorie in die Praxis ist häufig mit
erheblichen Problemen verbunden. Jedes Zeichen unterscheidet sich in seiner
Bedeutung und Validität. Damit entstehen unterschiedliche Vorraussetzungen für die
Anwendung im medizinischen Alltag. Die Kenntnis der Validität der Zeichen ist ein
wichtiges Kriterium für einen sinnvollen Einsatz in der Medizin.
Folgende Hürden sind bei der Anwendung der medizinischen Semiotik im klinischen
Alltag zu überwinden.
Die erste Hürde stellen veraltete Zeichen dar. Diese wurden durch den stetigen
Fortschritt von neuen diagnostischen Methoden verdrängt. Hierzu zählt beispielsweise
der Foetor hepaticus. Das Entscheidende für eine adäquate Diagnostik ist, dass die
tatsächlich veralteten medizinischen Zeichen identifiziert werden. In diesen Fällen
sollten die neuen diagnostischen Methoden bevorzugt werden.
Auf der anderen Seite werden durch den medizinischen Fortschritt stetig neue Zeichen
- 76 -
entwickelt. Diese stellen die zweite Hürde dar. Durch die Entwicklung neuer
diagnostischer Methoden können Krankheiten einerseits präziser detektiert werden.
Andererseits werden zunehmend Anomalien entdeckt, die klinisch unbedeutend sind.
Eine unnötige Therapie kann dann sogar schädlich für den eigentlich gesunden
Menschen verlaufen. Vor großen ethischen Problemen steht man beispielsweise in der
umstrittenen Pränataldiagnostik. Intrauterine Erkrankungen können festgestellt und
sogar therapiert werden. Es besteht aber die Gefahr von unnötigen Eingriffen bei
gesunden Kindern und Schwangerschaftsabbrüchen. Inzwischen werden durch
gesetzliche Regelungen Grenzen vorgegeben. Ein weiteres Beispiel aus dem Alltag
verdeutlicht die Problematik: Bei einem älteren Mann wird bei einer
Routineuntersuchung eine benigne Nierenzyste entdeckt. Obwohl ihm der Arzt die
Gutartigkeit dieser Raumforderung versichert, ist der Patient fortan sehr verunsichert.
Er informiert sich über Nierentumoren und projiziert die entsprechenden Symptome
(Müdigkeit) auf sich. Diese Kasuistik soll zeigen, dass durch die modernen
diagnostischen Methoden Befunde erhoben werden, die klinisch unbedeutend sind.
Konsequenzen sind zum einen unnötige Behandlungen. Zum anderen entsteht für den
Patienten eine erhebliche psychische Belastung. Manche Betroffene können die
Befunde aufgrund des fehlenden medizinischen Fachwissens nicht richtig einordnen.
Ein Beispiel für eine sinnvolle moderne Diagnostik ist das Neugeborenenscreening auf
Hypothyreose und Phenylketonurie. Bei frühzeitiger Diagnose kann durch eine
günstige, nebenwirkungsarme Behandlung eine schwere Erkrankung mit starker
Behinderung verhindert werden. Diese Beispiele verdeutlichen, dass der Fortschritt stets
kritisch begutachtet werden muss. Es steht außer Frage, dass die Forschung für die
Medizin essentiell ist. Sie ermöglicht weitaus bessere Krankheitserkennung und größere
Heilungschancen. Dennoch müssen die Indikationen für Diagnostik und Therapie in
jedem Fall genau geprüft werden. Überdiagnostik und Überbehandlungen sind zu
vermeiden.
Als dritte Hürde lassen sich in der Literatur unzählige Zeichen finden, die keine
klinische Relevanz haben. Sie sind nicht valide und können nicht zur Diagnosestellung
beitragen. Ein Beispiel ist der Geruch von schizophrenen Patienten. Die Sensitivität und
Spezifität konnte nicht bestimmt werden. Es bleibt fraglich, ob dieser angeblich
- 77 -
charakteristische Geruch überhaupt existiert. In solchen Fällen ist es essentiell, sich
nicht in die Irre leiten zu lassen. Zeichen sollten deshalb immer kritisch geprüft werden.
Die vierte Hürde stellt die Ausbildung der Mediziner dar. Die Basis für die Anwendung
der medizinischen Semiotik ist ein fundiertes medizinisches Wissen. Heutzutage
wachsen die jungen Ärzte und Medizinstudenten mit den neuen diagnostischen
Methoden auf. Dadurch wird das Lernen einer guten klinischen Untersuchung und
Zeicheninterpretation bisweilen vernachlässigt. Auch die Lehre an den Universitäten
sieht wenig Raum für praktischen Unterricht vor. Eine mögliche Folge ist, dass die
Indikation für den Einsatz von diagnostischen Methoden nicht exakt gestellt wird. Das
Resultat ist eine Überdiagnostik. Das heißt, die vorhandenen Ressourcen werden an
falscher Stelle aufgebraucht. Das Ziel ist der sinnvolle Einsatz der Diagnostik bei
gegebener Indikation. Nur auf diesem Weg wird man in Zukunft mit den vorhandenen
Ressourcen haushalten können. Diesem Problem könnte mit Semiotik-Unterricht und
mehr praktischem Unterricht, wie Bedside-Teaching, vorgebeugt werden.
Die fünfte Hürde bei der Anwendung der medizinischen Semiotik ist das Problem der
gefühlten Sicherheit (Porzsolt et al. 2007). Patienten fühlen sich sicherer, wenn eine
(vermeintlich) objektive diagnostische Methode eingesetzt wird (Porzsolt 2007).
Diesem Ergebnis schenken sie großes Vertrauen. Ein Beispiel dafür sind
Meniskusverletzungen. Diagnostiziert der Arzt nur durch die körperliche Untersuchung
eine Meniskusläsion, ist dies für den Patienten meist unbefriedigend. Inzwischen fordert
die Mehrheit der „mündigen aufgeklärten“ Patienten ein MRT zur weiteren Abklärung.
Wenn auf dem MRT Bild eine Auffälligkeit gesehen wird, bedeutet dies für den
Patienten den Beweis für die entsprechende Erkrankung. Allerdings ist fast kein Patient
über die Grenzen und Fehlermöglichkeiten des MRT informiert.
Auf der anderen Seite steht die gefühlte Sicherheit der Ärzte. Insbesondere junge
Ärzte vertrauen ihrem klinischen Urteil manchmal nicht. Sie ordnen zur eigenen
Absicherung die Durchführung eines MRT an. Dabei spielt heutzutage auch die hohe
Bereitschaft der Patienten zu klagen eine Rolle. In den Medien wird immer häufiger von
Anklagen gegen Ärzte aus diversen Gründen berichtet. Unter anderem spielen dabei
komplikationsreiche Kniearthroskopien eine Rolle. Wenn in einem solchen Fall ein
- 78 -
MRT Bild mit einer sichtbaren Läsion existiert, ist der Arzt abgesichert. Bei
dokumentierter klinischer Untersuchung ist der Sachverhalt schwieriger. Die hohe
Subjektivität der klinischen Tests kann für den Arzt nachteilig sein. Wichtig für die
Standardisierung der Untersuchung ist deshalb ein Evidenz-basierter Algorithmus. Aus
diesen Gründen ist es gewissermaßen verständlich, dass sich Ärzte durch
gesellschaftlich akzeptierte Methoden, wie das MRT, absichern. Dementsprechend
schwierig ist es, der körperlichen Untersuchung zu höherer Akzeptanz zu verhelfen.
Die sechste Hürde stellen irrationale Verhaltensweisen dar. Bei der Deutung von
Zeichen darf nicht übersehen werden, dass menschliche Individuen nicht vollständig
rational handeln (Goldberg & Nitzsch 2004). Erkenntnisse aus den – gemeinhin als sehr
rational angesehenen - Wirtschaftswissenschaften sollen dies verdeutlichen. Früher ging
diese Wissenschaft immer von dem Homo oeconomicus aus, das heißt von rationalen
menschlichen Entscheidungen (Raab 2006). Im Teilgebiet des Behavioural Finance
wurde Mitte der 90er Jahre wissenschaftlich nachgewiesen, dass menschliche
Entscheidungsträger Irrationalitäten unterliegen. Dies sind vor allem:
• Einstellungskonforme Informationen werden bevorzugt aufgenommen und
gespeichert.
• Bei der Verarbeitung von Informationen und bei Entscheidungen werden
einstellungskonforme Argumente übergewichtet und gegensätzliche Hinweise
untergewichtet.
Wie oben dargestellt sind medizinische Zeichen oftmals weiche Faktoren (Geruch,
Hautausschläge, etc.). Hat der behandelnde Arzt einen Verdacht auf eine Erkrankung,
wird er Zeichen hinsichtlich dieses Verdachts verstärkt suchen und aufnehmen.
Hingegen besteht die Gefahr, dass widersprüchliche Zeichen weniger zur Kenntnis
genommen und beachtet werden. Deshalb ist es eminent wichtig, dass diese
Verhaltensmuster behandelnden Ärzten bekannt sind. Die Aufnahme und Verarbeitung
von Zeichen muss sorgfältig und laufend hinsichtlich Eindeutigkeit und Vollständigkeit
geprüft werden.
- 79 -
4.2 Bedeutung der Semiotik in der Medizin
4.2.1 Semiotik im klinischen Alltag
Die Aufgabe des Arztes ist es, medizinische Zeichen zu erkennen und diese zu
interpretieren. Er gibt ihnen dadurch eine Bedeutung. Die Basis für eine sinnvolle
Bewertung von Zeichen sind gute medizinische Kenntnisse. Folgende Aspekte müssen
grundsätzlich bei der Interpretation von medizinischen Zeichen beachtet werden:
• Kontext der Zeichen,
• Subjektivität der Aufnahme von Zeichen,
• Erfahrung des Arztes,
• Wahrscheinlichkeit / Krankheitshäufigkeiten.
Der erste wichtige klinische Aspekt ist die Betrachtung des Kontextes. Hierfür sind
eine vollständige Anamneseerhebung und die Beachtung von anderen klinischen
Auffälligkeiten von Bedeutung. Die Einordnung eines medizinischen Zeichens in seinen
Kontext kann Fehlinterpretationen und Fehldiagnosen vermeiden. Folgendes Beispiel
soll die Bedeutsamkeit von Kontext und medizinischem Wissen verdeutlichen. Drei
Patienten suchen ihren Hausarzt aufgrund eines tastbar vergrößerten Lymphknotens auf.
1. 17-jährige Patientin mit tastbarem LK am Hals
2. 47-jährige Patientin mit tastbarem LK in der Axilla
3. 67-jähriger Patient mit tastbarem LK inguinal
Allein durch diese Informationen kann ein erfahrener Arzt bereits eine Vermutung
äußern oder sogar eine Verdachtsdiagnose stellen.
1. 17-jährige Patientin: Infektiöse Mononukleose
2. 47-jährige Patientin: Mammakarzinom
3. 67-jähriger Patient: Leukämie/Lymphom
Der zweite wichtige klinische Aspekt ist die Subjektivität . „No matter its strength as an
indicator of illness, the sign does not speak; its meaning must be extracted by the
physician” (Burnum 1993, S. 940). Die Interpretation eines Zeichens durch den Arzt ist
- 80 -
ein subjektiver Vorgang. Dieser hängt auch vom Wissensstand und den Fähigkeiten des
Arztes ab. Das Ziel der medizinischen Semiotik ist die möglichst objektive
Zeicheninterpretation. Durch standardisierte Untersuchungsabläufe und Evidenz-
basierte Algorithmen kann die Objektivität erhöht werden.
Der dritte klinische Aspekt ist die Erfahrung . Ein erfahrener Arzt identifiziert Zeichen
schneller und mit größerer Sicherheit als jüngere Kollegen. Er kann zu Recht stärker auf
seine klinischen Fähigkeiten vertrauen. Junge Ärzte müssen diese Fertigkeiten erst nach
und nach erwerben. Bei der Identifikation und Interpretation von Zeichen unterliegt
man den Grenzen der eigenen Erfahrung. „We cannot know that which we do not
already know and are unlikely to find that which we do not suspect“ (Burnum 1993, S.
940). Diese Erfahrung kann jedoch auch die persönliche Sichtweise prägen. Bei einem
Patienten mit retrosternalen Schmerzen kann bei Ärzten verschiedener Fachbereiche der
primäre Verdacht unterschiedlich sein:
1. Gastroenterologe: Refluxösophagitis
2. Kardiologe: Koronare Herzkrankheit (AP/ACS) oder Lungenembolie
3. Gefäßchirurg: Aortendissektion
4. Orthopäde: Wirbelsäulensyndrom
Aufgrund der Prägung der persönlichen Sichtweise sollte die Diagnosestellung und
Therapieentscheidung stets kritisch überprüft werden. Auch Ärzte haben die
menschliche Neigung, unbewusst die zur Diagnose passenden Ereignisse und Zeichen
stärker zu gewichten als die nicht passenden. Deshalb sollte auch ein erfahrener Arzt
sich selbst gegenüber kritisch bleiben. Nur dadurch lässt sich eine gute Behandlung
gewährleisten.
Der vierte klinische Aspekt ist die Wahrscheinlichkeit. Wichtig sind eine gute
Anamnese und die Kenntnis von Krankheitshäufigkeiten. Allgemein gilt: Häufiges ist
häufig und Seltenes ist selten. Je mehr übereinstimmende Zeichen vorhanden sind, desto
höher ist auch die Wahrscheinlichkeit für die entsprechende Erkrankung. Bei
entsprechenden Symptomen sollten stets die häufigsten Krankheitsbilder
ausgeschlossen werden, bevor mit einer differenzierten Diagnostik für seltene
Krankheiten begonnen wird.
- 81 -
Von großer Bedeutung in der Praxis ist der Prozess der Zeicheninterpretation.
Wichtig ist die Kommunikation mit dem Patienten, um Zeichen zu erhalten, zu
bestätigen, zu widerlegen und möglichst vollständig zu erkennen. Im Laufe der
Untersuchung und der Behandlung entstehen immer wieder neue Zeichen. Diese
müssen wahrgenommen und mit der Verdachtsdiagnose abgeglichen werden. Ergeben
sich dabei Differenzen, muss die Verdachtsdiagnose kritisch überprüft werden. Hierbei
sollten sich die Mediziner ihrer Subjektivität bewusst sein. Ein Vorgehen in zwei
Schritten kann hilfreich sein. Zunächst sind Zeichen möglichst vollständig zu eruieren.
Erst nach der vollständigen Aufnahme von Informationen folgt die Bewertung anhand
einer möglichst objektiven Auswertung der Zeichen. Hierbei helfen die vier oben
genannten Aspekte. Bei Nichtbeachtung der geschilderten klinischen Aspekte ist der
Erfolg der medizinischen Semiotik gefährdet.
4.2.2 Ökonomische Aspekte der Semiotik
In der Medizin nehmen ökonomische Überlegungen zu, da der Bedarf an
Gesundheitsleistungen höher ist als die verfügbaren Ressourcen. Diese
Ressourcenknappheit wird sich in Zukunft aufgrund der überalternden Gesellschaft
weiter zuspitzen.
Die Kosten des Gesundheitssystems werden derzeit intensiv diskutiert. Tabelle 22 zeigt
die Entwicklung der Gesundheitsausgaben von 1995 bis 2008 (Statistisches Bundesamt
2008). Zum Vergleich wird die Entwicklung der Werte des Verbraucherpreisindexes im
selben Zeitraum dargestellt (Deutsche Bundesbank 2010). Der Verbraucherpreisindex
(VPI) „misst die durchschnittliche Preisveränderung aller Waren und Dienstleistungen,
die von privaten Haushalten für Konsumzwecke gekauft werden. Er bildet die
Veränderung der Verbraucherpreise umfassend ab. […] Er ist ein Indikator für die
Beurteilung der Geldwertstabilität und wird als Inflationsmaßstab verwendet. Aus
diesem Grund wird die Veränderungsrate häufig als „Inflationsrate“ bezeichnet.“
(Statistisches Bundesamt 2003, S. 36).
- 82 -
Tabelle 22: Vergleich der Gesundheitsausgaben in Deutschland mit dem Verbraucherpreisindex
(VPI) von 1995 bis 2008 (Deutsche Bundesbank (2010), Statistisches Bundesamt (2010)).
Jahr Gesundheitsausgaben Wert VPI
(Millionen €)
1995 186.322 87,4
2000 212.147 93,8
2005 239.736 101,0
2006 245.264 102,4
2007 253.349 105,6
2008 263.216 106,8
Die Gesundheitsausgaben in Deutschland sind von 1995 bis 2008 um 77 Mrd. € auf 263
Mrd. € angestiegen. Das bedeutet eine Zunahme der Kosten um 41 % in 13 Jahren. Dies
sind pro Jahr 2,69 %. Der Verbraucherpreisindex ist von 1995 bis 2008 um 22 %
angestiegen. Dies sind pro Jahr 1,55 %.
Zum Vergleich: Wären die Gesundheitsausgaben von 1995 bis 2008 mit der
Inflationsrate der allgemeinen Lebenshaltungskosten (1,55 %) angestiegen, hätten sie
im Jahr 2008 227.564 Mio. € betragen. Dies macht einen Unterschied von 35,7 Mrd. €
in einem Zeitraum von 13 Jahren.
Ursachen des überproportionalen Anstiegs sind unter anderem die älter werdende
Bevölkerung, gestiegene Verwaltungskosten und der medizinische und technische
Fortschritt. Im internationalen Vergleich ist der Anstieg der Gesundheitsausgaben in
Deutschland eher gering (Organisation for Economic Co-operation and Development
(OECD) 2009). Dies ist zurückzuführen auf Kostendämpfungsmaßnahmen wie
Budgetkürzungen, Bettenabbau in Krankenhäusern, Erhöhung von Zuzahlungen und
Outsourcing von Gesundheitsleistungen.
Aufgrund der zunehmenden Ressourcenknappheit werden künftig weitere Spar- und
Optimierungsmaßnahmen unvermeidbar sein. Eine Hierarchisierung von Leistungen
durch deren Bewertung entsprechend ihrem Nutzen wird essentiell sein (Porzsolt 2008).
Dies bedeutet nicht, dass sinnvolle und lebenswichtige Leistungen untersagt werden
sollen. Der Wert einer Leistung, nicht die Kosten, sollte die Basis für
Leistungsentscheidungen sein. Könnten Leistungen ohne oder mit nur sehr geringem
- 83 -
Wert eingespart werden, würde dies eine enorme Entlastung des Gesundheitssektors zur
Folge haben. Es ist deshalb wichtig, dass Mediziner diesbezüglich weiter sensibilisiert
und geschult werden. Andernfalls werden in nicht all zu ferner Zukunft Politiker,
Krankenkassen oder andere Nicht-Mediziner über diese Problematik entscheiden. Ihre
Prioritäten werden dann die Kosten der Leistungen und nicht deren Nutzen sein.
Insgesamt bedeutet dies, dass „neben den Kosten […] die Effektivität und klinische
Relevanz einer Gesundheitsleistung ebenso wie die Validität ihrer wissenschaftlichen
Fundierung von Bedeutung“ sind (Porzsolt & Schreyögg 2009, S. 627). In Abbildung
19 ist das Modell von Porzsolt und Schreyögg zum Stellenwert der Kosten bei
unterschiedlichen Therapieoptionen dargestellt. „Wenn zwar die Effektivität, aber nicht
die Validität (ob auch tatsächlich zutrifft, was behauptet wird) zweier Therapieoptionen
ähnlich sind, wird kaum jemand das Risiko eingehen, unsicheren Daten zu vertrauen.
Die Bedeutung der Validität von Daten wird besonders deutlich, wenn das Risiko einer
irreversiblen Beeinträchtigung der Gesundheit, z.B. Tod oder Funktionsverlust,
reduziert werden kann“ (Porzsolt & Schreyögg 2009, S. 627). Bei gleicher Effektivität
und Validität sollte die kostengünstigere Variante bevorzugt werden. Bei
unterschiedlicher Effektivität muss die Entscheidung basierend auf der Validität der
bevorzugten Maßnahme getroffen werden.
- 84 -
Abbildung 19: Modell zum Stellenwert der Kosten bei unterschiedlichen Therapieoptionen
(Porzsolt & Schreyögg 2009, S. 627). Die Wahl der Therapie bei unterschiedlichen
Therapieoptionen ist abhängig von der Effektivität (hellblau), der Validität (blau) und der
Kosten (gelb).
Dieses Modell für unterschiedliche Therapieoptionen kann übertragen werden auf den
Stellenwert der Kosten bei verschiedenen diagnostischen Methoden. Auch in der
Diagnostik spielen Effektivität, Validität und Kosten von Untersuchungsmethoden eine
zunehmende Rolle. Bei gleicher Effektivität und Validität zweier Methoden sollte die
kostengünstigere Variante bevorzugt werden. Ein zusätzlicher Aspekt in der Diagnostik
sind die Konsequenzen einer diagnostischen Maßnahme. Wenn schon vor der
Durchführung eines Tests erkennbar ist, dass unabhängig vom Resultat keine
Konsequenzen entstehen, ist der Nutzen fraglich.
An der Stelle zwischen Symptom des Patienten und Diagnose kann die bewusste
Berücksichtigung der Semiotik einen positiven Beitrag leisten. Durch das Erkennen und
die Interpretation von medizinischen Zeichen wird die gezielte Indikationsstellung für
die Diagnostik verbessert. Damit können zum einen die Kosten für unnötige Diagnostik
und überflüssige Therapien vermieden werden. Zum anderen kann dadurch die
Effektivität verschieden
Effektivität ähnlich
Validität der bevorzugten Option hoch
Validität der bevorzugten
Option gering
Validität der Optionen ähnlich
Validität der Optionen
verschieden
Entscheidung abhängig von Effektivität
Entscheidung abhängig von
Kosten
Entscheidung abhängig von
Kosten
Entscheidung abhängig von
Validität
Verschiedene Therapieoptionen
- 85 -
psychische und physische Belastung der Patienten reduziert werden. Bei der Bewertung
von medizinischen Leistungen hat die Lebensqualität des Patienten einen großen
Stellenwert. Ist allerdings der Nutzen unterschiedlicher Interventionen identisch, sollte
die preiswertere Maßnahme gewählt werden.
4.2.3 Semiotik in der Ausbildung von Medizinstudenten
Die Semiotik spielt aktuell in der Ausbildung von Medizinstudenten keine Rolle. Die
meisten Studenten und jungen Ärzte kennen den Begriff „Semiotik“ nicht oder nur
vage. Deshalb wäre Semiotik-Unterricht beziehungsweise eine Einführung in die
Semiotik in der medizinischen Ausbildung sinnvoll. Dabei geht es weniger darum, die
einzelnen Zeichen zu unterrichten. Dies ist die Aufgabe des jeweiligen Fachgebiets. Das
Ziel wäre vielmehr, die Studenten auf den klinischen Alltag vorzubereiten. Den
angehenden Ärzten soll ein „Handwerkszeug“ mitgegeben werden, damit sie
medizinische Zeichen richtig anwenden und bewerten können.
Häufig ist die Validität und Zuverlässigkeit von medizinischen Zeichen und klinischen
Verfahren unklar. Statistische Auswertungen über die Erfolge und Misserfolge
unterschiedlicher Behandlungsverfahren liegen oftmals nicht oder nur eingeschränkt
vor. Durch klinische Studien kann das vorhandene Wissen herausgearbeitet und Vielen
zugänglich gemacht werden. Jedoch sind Mediziner teilweise nicht bereit, Studien
durchzuführen. Der frühe Kontakt mit der Semiotik und das Wissen um dessen Nutzen
kann die Bereitschaft zur Durchführung von Studien erhöhen.
Beispielhaft wurde die Diagnostik von Meniskusläsionen dargestellt. Hier vertraut man
oftmals auf bildgebende Verfahren und leitet daraus einen Handlungsbedarf ab. Von
den meisten Medizinern wird jedoch eingeräumt, dass nicht klar ist, ob durch das
bildgebende Verfahren bereits ausreichend Hinweise für eine therapeutische
Entscheidung geliefert werden. Wenn man allerdings eine klinische Studie zur Klärung
der Problematik vorschlägt, ist es sehr schwer, von den Klinikern Zustimmung zu
erhalten. Es wird als unethisch empfunden, das Überschreiten der Schwelle von
- 86 -
Diagnostik zu Therapie zu überprüfen. Dadurch gestaltet es sich sehr schwierig, die
klinische Relevanz des bildgebenden Verfahrens herauszufinden. Es ist zu vermuten,
dass bei Medizinern mit semiotischen Grundkenntnissen die Bereitschaft ausgeprägter
wäre, bei Studien mitzuwirken.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist der ökonomische Aspekt der Semiotik. Junge
Mediziner sollten von Beginn an lernen, die Diagnostik effektiv und gleichzeitig
effizient durchzuführen. Die Basis hierfür bildet neben dem fundierten medizinischen
Wissen das Grundwissen über Semiotik. Nur dann werden sie in der Lage sein, mit
knappen Ressourcen verantwortungsvoll umzugehen.
4.3 Schlussfolgerung
Das Bundesamt für Statistik berichtet über seit Jahren stetig ansteigende
Gesundheitsausgaben. Krankenkassen, alle Bürger, aber auch die Ärzte werden schon
heute mit den Auswirkungen über steigende Beiträge und eingeschränkte Budgets
konfrontiert. Deshalb werden in nicht allzu ferner Zukunft ökonomische Aspekte der
Medizin an Bedeutung gewinnen. Grundlegend für eine sinnvolle Diagnostik und eine
effiziente Therapie ist die körperliche Untersuchung. Durch die Interpretation von
medizinischen Zeichen können weitere diagnostische Methoden gezielt eingesetzt
werden. Überflüssige und kostspielige Diagnostik wird dadurch vermieden. Durch
Semiotikunterricht könnten Medizinstudenten auf den klinischen Alltag vorbereitet
werden. Sie würden von Beginn an lernen, die vorhandenen Ressourcen sinnvoll
einzusetzen.
Nicht zu vergessen sind die ethischen Aspekte. Diese sind zweifellos bedeutend. Die
Ethik spielt eine wichtige Rolle bei der Anwendung der medizinischen Semiotik. Die
ethischen Aspekte wurden hier jedoch nicht weiter berührt, da sie den Rahmen dieser
Arbeit gesprengt hätten.
- 87 -
5 Zusammenfassung
Die medizinische Semiotik stellt einen wichtigen Teilbereich der Medizin dar. Im
schrittweise ablaufenden diagnostischen Prozess sind medizinische Zeichen das
Bindeglied zwischen den Symptomen des Patienten und der richtigen Interpretation und
Diagnosestellung.
Im ersten Teil der Arbeit wurden die Validität von drei ausgewählten medizinischen
Zeichen mittels Literaturrecherchen geprüft und Grenzen der Anwendbarkeit dieser
Zeichen aufgezeigt. Der Foetor hepaticus bestätigt sich als ein altes medizinisches
Zeichen. Da er nach heutigem Wissensstand erst im Spätstadium von
Lebererkrankungen auftritt, ist er zur Diagnostik ungeeignet. Ein charakteristischer
Geruch von schizophrenen Patienten konnte weder mittels Literaturrecherchen noch
über Anfrage bei spezialisierten Psychiatern bestätigt werden. Bei der Beurteilung von
Meniskusläsionen zeigte die routinemäßig durchgeführte Magnetresonanztomographie
(MRT) gegenüber der klinischen Untersuchung keinen Vorteil. Die Durchführung eines
MRT ist nur bei unklarem klinischem Befund oder bei komplexen Knieverletzungen
sinnvoll. Zu beachten sind die Unterschiede zwischen medialem und lateralem
Meniskus in der klinischen Untersuchung und im MRT. Unklar bleibt weiterhin, ob
durch die Nutzung des MRT Konsequenzen für die Therapie und das Outcome des
Patienten entstehen. Die neu entwickelte Fix-Flex-Studie wird diese Fragen
beantworten.
Im zweiten Teil wurde die generelle Bedeutung der Semiotik im klinischen Alltag
dargestellt. Dabei wurden Voraussetzungen für die erfolgreiche Anwendung entwickelt
und Hürden hierzu erörtert. Für eine sinnvolle Anwendung der medizinischen Semiotik
ist eine gute medizinische Ausbildung obligat, in der zumindest ein Grundwissen an
Semiotik vermittelt wird. Hierdurch wird eine effektivere und effizientere Diagnostik
ermöglicht. Darüber hinaus könnte die Bereitschaft zur Durchführung von Studien
- 88 -
erhöht werden, was wiederum das Wissen über Semiotik erweitert, die
Patientenversorgung verbessert und Behandlungserfolge sichert. Hürden der
erfolgreichen Anwendung der Semiotik sind veraltete oder falsch gedeutete Zeichen,
mangelnde Ausbildung und Erfahrung, die vermeintliche Sicherheit der apparativen
Medizin seitens der Patienten und die entsprechende Absicherung der Ärzte. Zudem
kann nicht davon ausgegangen werden, dass Ärzte bei der Deutung von Zeichen
vollständig rational agieren. Wie beispielsweise in den Wirtschaftswissenschaften
nachgewiesen, unterliegen selbst Spezialisten irrationalen Entscheidungsverhalten. Bei
nicht ausreichender Beachtung des Kontextes von medizinischen Zeichen kann dies den
Erfolg gefährden.
Die ökonomischen Aspekte werden in naher Zukunft an Bedeutung gewinnen. Die trotz
Kostendämpfungsmaßnahmen seit Jahren im Vergleich zu der Inflationsrate
überproportional ansteigenden Gesundheitsausgaben sind auf Dauer nicht tragbar.
Schon heute werden Krankenkassen, Bürger und Ärzte mit den Auswirkungen über
steigende Beiträge und eingeschränkte Budgets konfrontiert. In absehbarer Zeit werden
weitere Optimierungsmaßnahmen, wie eine Hierarchisierung von Leistungen durch
deren Bewertung entsprechend ihrem Nutzen, unvermeidbar sein. Dabei müssen die
ethischen Aspekte und Problempunkte herausgearbeitet und berücksichtigt werden.
In dieser Arbeit wurde nachgewiesen, dass die medizinische Semiotik zu Unrecht im
medizinischen Alltag stark an Bedeutung verloren hat. Eine stärkere Sensibilisierung
der Ärzte und der Patienten auf medizinische Zeichen kann den Patienten die
Behandlung erleichtern, den Behandlungserfolg verbessern und Kosten einsparen.
- 89 -
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Danksagung
Zunächst möchte ich mich bei Herrn Prof. Dr. Franz Porzsolt für die Überlassung des
Themas dieser Arbeit und die Möglichkeit, diese in der Klinischen Ökonomik
durchführen zu können, bedanken.
Besonders danke ich Herrn Prof. Dr. Franz Porzsolt für die gute Betreuung und die
wertvollen Tipps während dieser Arbeit. Seine Anregungen und kritischen
Anmerkungen eröffneten mir zusätzliche Analyseaspekte, erweiterten dadurch meine
kritische Auseinandersetzung mit dem Thema und vertieften damit die Ergebnisse der
Arbeit.
.
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Lebenslauf
Der Lebenslauf ist in der Online-Version aus Gründen des Datenschutzes nicht
enthalten.