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AutomotiveNow Ausgabe 01/2012 · 2020-04-03 · AUTOMOTIVE NOW Ausgabe 1/2012 Branchenrisiko...

Date post: 05-Jun-2020
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AUTOMOTIVE NOW Ausgabe 1/2012 Branchenrisiko Überkapazitäten Warum es bald in fast jedem Segment zu viele Fahrzeuge geben wird Samba in der Werkshalle Wie sich der reine Absatzmarkt Brasilien zum Exporthub wandelt Zukunftsmobilität Die Revolution auf den Straßen
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Page 1: AutomotiveNow Ausgabe 01/2012 · 2020-04-03 · AUTOMOTIVE NOW Ausgabe 1/2012 Branchenrisiko Überkapazitäten Warum es bald in fast jedem Segment zu viele Fahrzeuge geben wird Samba

AUTOMOTIVE NOWAusgabe 1/2012

Branchenrisiko ÜberkapazitätenWarum es bald in fast jedem Segment zu viele Fahrzeuge geben wird

Samba in der WerkshalleWie sich der reine Absatzmarkt Brasilien zum Exporthub wandelt

Zukunftsmobilität Die Revolution auf den Straßen

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Kunst der VernetzungAuf den ersten Blick scheint der Konflikt unlösbar: Auf der einen Seite wächst bei den Menschen in den etablierten Industrienationen und besonders in den bevölkerungsreichen und stark expandierenden Schwellenländern der Wunsch nach mehr (individueller) Mobilität. Doch auf der anderen Seite ist es mit Blick auf Weltklima und endliche fossile Ressourcen notwendig, Maß zu halten. Das weltweite Verkehrsaufkommen wächst längst in schnelleren Raten als die Weltbevölkerung. Überspitzt formuliert: „Kann es sich der Globus leisten, wenn jeder Chinese, Inder oder Brasilianer irgendwann Auto fährt?”

Ja, er kann. Aber nur, wenn sich die Mobilität von morgen radikal von der heutigen unterscheidet. Die Automobilindustrie hat diese Notwendigkeit der eigenen, zweiten industriellen Revolution längst erkannt – und gestaltet den Wandel aktiv mit. Allein die zunehmenden Überkapazitäten in vielen Werken und reifen Absatzmärkten zeigen, dass ein „Weiter so” nicht zwingend Fortschritt bedeuten muss.

Ob Elektroantriebe oder Carsharing: Innovative Automobilhersteller setzen auf Kollaboration statt Konfrontation. Sie kooperieren und forschen – und das auch und gerade über einstige Grenzen bei Verkehrsmitteln und Technologien hinweg. Wie sich die Mobilität entwickelt und wie sich die nur scheinbar widersprechenden Wünsche nach individueller Freiheit und gesellschaftlichem Wohl optimal kombinieren lassen, erfahren Sie in der Titelgeschichte dieser Ausgabe unseres Automotive-Branchenmagazins.

Ihr

Mathieu MeyerPartner, Global Head of Automotive

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Editorial

© 2012 KPMG Europe LLP, eine unter UK-Recht stehende Limited Liability Partnership, ist eine Gesellschaft, die die Kontrolle über mehrere rechtlich selbstständige KPMG-Mitgliedsfirmen ausübt und an KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen ist. KPMG Europe LLP und KPMG International erbringen keine Dienstleistungen für Kunden. Alle Rechte vorbehalten.

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04 Titel: Warten war gesternNicht nur in den Schwellenländern kollidiert der Wunsch nach Mobilität mit den Klimaschutzzielen. Intelligente Fahrzeugnut-zungskonzepte und multimodale Verkehrssysteme lösen den Interessenstau – und sichern so die Mobilität von morgen.

13 Expertise: Nordic DrivingNorwegen ist klein, unbedeutend, vernachlässigbar? Von wegen. Auf dem norwegischen Markt entstammt bereits jedes vierte verkaufte Fahrzeug dem Luxussegment.

16 Know-how: Risiken des WachstumsTrotz des Nachfragebooms in Schwellenmärkten beklagen Volumenhersteller wachsende Überkapazitä-ten. Droht dem Premiumsegment dieselbe Gefahr?

20 Best Practice: Wertschöpfung 2.0Wie Automotive-Anbieter dank Social Media ihre Kundenbindung und Innovationskraft steigern.

24 Länderfokus: Samba in der WerkshalleIn Kürze ist Brasilien der drittgrößte Automarkt der Welt. Und auch als Exportplattform nach Nordamerika wird das Land immer wichtiger.

27 Ausfahrt: Mit Googles HilfeWie sich das Taxibusiness in Brasiliens Met-ropole Salvador für die WM 2014 wappnet.

Impressum

Herausgeber KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Klingelhöferstraße 18, 10785 Berlin

Redaktion und Projektleitung KPMG Stephanie Göring T +49 711 9060 41271 [email protected]

Redaktion, Gestaltung und Produktioncorps. Corporate Publishing Services GmbH Kasernenstraße 69, 40213 Düsseldorf T +49 211 5 42 27-0 [email protected]

Chefredaktion: Florian FlickeTitelfoto: Peugeot – Peugeot Concept Car Moovie, Pressefoto (M)

Druck: Buersche Druck- und Medien GmbHGabelsberger Straße 4, 46238 Bottrop

Inhalt

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Warten war gesternStaaten wollen weltweit die CO2-Emissionen des Personenverkehrs senken. Gleichzeitig wächst die Weltbevölkerung und deren Wohlstand. Intelligente Fahrzeugnutzungskonzepte und multimodale Verkehrssysteme sollen das Problem lösen – und die Mobilität der Zukunft sichern. Text: André Schmidt-Carré

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Titel: Mobilität

© 2012 KPMG Europe LLP, eine unter UK-Recht stehende Limited Liability Partnership, ist eine Gesellschaft, die die Kontrolle über mehrere rechtlich selbstständige KPMG-Mitgliedsfirmen ausübt und an KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen ist. KPMG Europe LLP und KPMG International erbringen keine Dienstleistungen für Kunden. Alle Rechte vorbehalten.

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Hingucker für Stadtmenschen: Der Rinspeed UC ist ein Zweisit-zer mit Elektroantrieb, der für eine künftige Serienfertigung konzi-piert wurde. UC steht für „Urban Commuter”. Der knapp 2,60 Meter kurze Flitzer für Pendler soll seinen Teil dazu beitragen, den innerstädtischen Verkehrsin-farkt zu vermeiden. Größere Stre-cken können mit ihm stau- und stressfrei per Huckepackverfah-ren auf Zügen zurückgelegt wer-den.

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AutomotiveNow / 5© 2012 KPMG Europe LLP, eine unter UK-Recht stehende Limited Liability Partnership, ist eine Gesellschaft, die die Kontrolle über mehrere rechtlich selbstständige KPMG-Mitgliedsfirmen ausübt und an KPMG International Cooperative

(„KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen ist. KPMG Europe LLP und KPMG International erbringen keine Dienstleistungen für Kunden. Alle Rechte vorbehalten.

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Birmingham, ehemals Zentrum der industriellen Revolution in den West Midlands Englands, hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zur Dienstleistungsmetropole

gewandelt. Rauchende Schlote sind glä-sernen Hochhäusern gewichen; neben der Finanzindustrie zählt der Tourismus zu den wichtigsten Einkommensquellen. Die Stadt tüftelt an einem grünen Image und an Konzepten, den Verkehr in der wach-senden Metropole zukunftsfähig zu machen. Umweltfreundliche Verkehrs-konzepte sollen erprobt, Staus auf den Straßen und CO2-Emissionen reduziert werden. Die nächste Revolution hat begonnen: Im Herbst führte die Stadt ein Carsharing-System ein, 250 Smart-Fahr-zeuge der Daimler-Tochter car2go rollen nun durch Birmingham.„Wir wollen, dass

weniger Menschen jeden Tag mit dem eigenen Auto in die Innenstadt fahren“, sagt der Stadtrat und Verkehrsbeauftrag-te Timothy Huxtable.

Nicht nur die Stadtplaner in Birming-ham wünschen sich weniger Autos auf ihren Straßen. Wenn Menschen in Zukunft mobil bleiben wollen, wird man Verkehrsträger intelligenter nutzen müs-sen als bislang, so eine Studie des Ölkon-zerns Shell zu Szenarien der Pkw-Nutzung bis zum Jahr 2030. Das ist machbar, wenn man althergebrachte Vorstellungen auf-gibt: Autos müssen nicht einem Nutzer allein gehören, Busse müssen nicht lang-sam, Taxi- und Fahrradfahrer keine natürli-

chen Gegner im Straßenverkehr sein. Neben ambitionierten Projekten wie der geplanten Wüstenstadt Masdar in den Vereinigten Arabischen Emiraten, in der nach Fertigstellung im Jahr 2025 aus-schließlich unterirdisch fahrende Elektro-autos zugelassen werden sollen (vgl. AutomotiveNow 1/2011), rücken zuneh-mend praxisnähere Konzepte in den Vor-dergrund. Die Rolle der Elektroautos wan-delt sich vom reinen Planspiel zur Realität – mit teils erwartbaren, teils überraschen-den Ergebnissen: Das ungewohnte Tan-ken per Stromkabel ist in der Praxis noch ein echtes Problem; dafür haben viele Fah-rer großen Spaß, wenn sie erst einmal hinter dem Lenkrad sitzen und elektrisch fahren. Und sind – gut für die Hersteller – offensichtlich bereit, für ein Elektroauto mehr Geld auszugeben als für ein ver-

gleichbares herkömmliches Fahrzeug (sie-he Interview zum Konzept „BeMobility“).

Das neue Zauberwort heißt: KollaborationDamit der Quantensprung gelingt, müs-sen nicht nur die Konsumenten, sondern vor allem die beteiligten Anbieter umden-ken: Autohersteller, Autovermieter, Car-sharinganbieter, öffentlicher Nah- und Fernverkehr. Außerdem kommen Akteure wie Energiekonzerne und Unternehmen aus der Informations- und Kommunikati-onstechnologie ins Spiel, die verschiede-ne Verkehrsträger miteinander vernetzen. „Die Unternehmen sollten lernen, über

Branchengrenzen hinweg zusammenzuar-beiten“, fordert Johann Tomforde, Leiter des Forschungsinstituts Competence & Design Center for Mobility Innovations in Böblingen. „Bislang können diese Firmen nicht viel miteinander anfangen, weil sie sich entweder als Konkurrenten sehen oder wenig bis gar keine Berührungs-punkte haben.“ Aber nur gemeinsam kön-nen sie Verkehrsträger und deren positive Eigenschaften miteinander kombinieren.

„Kollaboratives Denken ist eine wich-tige Voraussetzung für eine intermodale Mobilität“, betont Tomforde. Die Autoher-steller müssen sich deshalb künftig mögli-cherweise umstellen. Bislang verhandeln sie meist mit deutlich kleineren Zuliefe-rern. Künftig könnten Kooperationen auf den Plan treten, bei denen Hersteller mit Konzernen verhandeln, die sich auf Augen-höhe mit ihnen bewegen. „Es ist nicht abwegig, dass auch Firmen wie Apple ein Auto bauen lassen und drum herum Ser-vicepakete schnüren“, sagt Tomforde.

Außerdem seien die Hersteller immer noch sehr techniklastig und verstünden sich als produzierende Unternehmen, nicht als Serviceanbieter. Dem Forscher zufolge müssen sich die Konzerne auch nicht für das eine oder andere entschei-den: „Es wird auch noch in vielen Jahr-zehnten Menschen geben, die sich ein Premiumauto kaufen wollen und dafür viel Geld auf den Tisch legen. Es ist aber nicht abwegig, dass die Autohersteller daneben weitere neue Geschäftsfelder rund um alternative Mobilitätskonzepte aufbauen. Die Anfänge dieser Entwick-lung erleben wir gerade.“

Vor allem das Carsharing, bei dem sich viele Nutzer Autos teilen, hat es den Auto-herstellern angetan. Solche Konzepte sind in Europa und in den USA seit einigen Jah-ren auf dem Vormarsch. In Deutschland haben sich mehrere unabhängige Anbieter wie cambio und stadtmobil etabliert, hinzu kommen Anbieter in England, Österreich und Frankreich. Der amerikanische Anbie-ter Zipcar hat die Idee vor einigen Jahren

„Die Unternehmen sollten lernen, über Branchengrenzen hinweg zusammenzuarbeiten.“Johann Tomforde, Leiter des Forschungsinstituts Competence & Design Center for Mobility Innovations

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Titel: Mobilität

© 2012 KPMG Europe LLP, eine unter UK-Recht stehende Limited Liability Partnership, ist eine Gesellschaft, die die Kontrolle über mehrere rechtlich selbstständige KPMG-Mitgliedsfirmen ausübt und an KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen ist. KPMG Europe LLP und KPMG International erbringen keine Dienstleistungen für Kunden. Alle Rechte vorbehalten.

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aus Europa übernommen und sich mit rund einer Viertelmillion Nutzer und Autos in mehr als einem Dutzend Städten in den USA und an weiteren Standorten in Kanada und England zum weltweit größten Carsharing-Anbieter entwickelt.

Neue Standorte – im MonatsrhythmusMittlerweile haben die Autohersteller das Carsharing für sich entdeckt. Vorreiter Daimler fährt mit seiner Tochter car2go, die im Herbst auch in Birmingham startet, genau diese Schiene. Die Stuttgarter Vor-reiter waren von dem Erfolg ihres Carsha-ring-Konzepts anfangs selbst überrascht. Mittlerweile eröffnet das Unternehmen, an dem auch der Autovermieter Europcar beteiligt ist, beinahe im Monatsrhythmus neue Standorte. 2008 ist das Projekt in Ulm gestartet. Mehrere Tausend Smarts rollen derzeit durch 16 Städte in Deutsch-land, Österreich, Frankreich, den Nieder-landen, Kanada und den USA. Bis zum Jahr 2016 sollen europaweit 40 bis 50 Städte erschlossen sein, zudem weitere in Nordamerika. In Düsseldorf können car-2go-Nutzer im Rahmen eines Kombiti-ckets mit der Rheinbahn fahren und Fahr-räder leihen. Längst ziehen andere Herstel-ler nach. BMW und Sixt haben unter der gemeinsamen Marke „DriveNow“ bereits Carsharing-Autos in München, Berlin und

Düsseldorf auf der Straße, Volkswagen hat Ende vergangenen Jahres sein Carsha-ring-Projekt Quicar in Hannover mit 200 Golfs gestartet.

Eine wichtige Rolle für die herstellerei-genen Carsharing-Flotten wird zudem die Einführung von Elektroautos spielen. Bei VW denkt man darüber nach, wie man die geplanten Elektromodelle trotz der hohen

Anschaffungspreise an den Mann bringen könnte. Auch BMW plant, seine „DriveNow“-Flotte nach und nach um e-Mini und mittelfristig um Modelle der BMWi-Baureihe zu ergänzen. Daimler ist schon einen Schritt weiter: Seit Ende 2011 rollen jeweils 300 Elektro-Smarts durch Amsterdam und San Diego; die im April in Berlin gestartete Flotte wird ab kommen-

Die Zukunft der Mobilität: Auf der Tokyo Motor Show zeigt Toyota seine Visionen. Im Trend liegen „environmental conscious vehicles“.

Treibhausgasemissionen im VerkehrDer Einstieg in die Elektromobilität verspricht Klimaschutz im Verkehr, wenn der Strom aus erneuerbaren Energien stammt. (Angaben in Gramm-CO2-Äquivalent pro Kilometer)

*Negative Vorkettenwerte durch optimale Nutzung der Nebenprodukte aus der Produktion (Glyzerin, Stroh, Schlempe). Energieverbrauch: 4 l/100 km Diesel, 5 l/100 km Benzin, 18 kWh/100 km Strom

Quellen: BMU/IES, Stand 9/2008 (www.unendlich-viel-energie.de)

Elektromobilität

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309Betrieb: direkte Emissionen am Fahrzeug

Vorkette: Emissionen durch Förderung,Produktion und Transport

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(„KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen ist. KPMG Europe LLP und KPMG International erbringen keine Dienstleistungen für Kunden. Alle Rechte vorbehalten.

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Im Projekt „BeMobility“ hat die Deutsche Bahn gemeinsam mit Energiekonzernen und Autoherstellern zwei Jahre lang untersucht, wie sich öffentlicher Nahverkehr und Elektromobilität per Carsharing in Berlin miteinander kombinieren lassen. Dabei haben die Teilnehmer in zwei Jahren rund 3.000 Mal Elektro- und Hybridfahrzeuge ausgeliehen. Welches Fazit ziehen Sie?Wolter: Die Nutzer hatten großen Spaß mit den Elektroautos. Dies haben unsere Aus-wertungen, aber auch unsere persönlichen Beobachtungen ergeben. Sobald Men-schen erst einmal mit einem Elektroauto gefahren sind, sinkt die Ablehnung gegen-über der neuen Technik. Bedeutet: Wenn man die Elektromobilität voranbringen will, muss man die Autos auf die Straße bringen und das Fahren erlebbar machen.

Elektroautos sind in der Anschaffung noch immer teurer als herkömmliche Autos. Inwiefern hat das in dem Projekt eine Rolle gespielt?Wolter: Die elektrischen Fahrzeuge wur-den zu einem höheren Preis als konventio-nelle Fahrzeuge verliehen. Dies hat auch zu kritischen Nachfragen geführt. Sobald die Menschen die neue Technik selbst genutzt haben, steigt indes auch die Bereitschaft, mehr Geld für ein Elektroauto auszugeben. Etwa die Hälfte der Nutzer fanden laut spä-terer Befragung die Preise angemessen.

Welche Kritikpunkte gab es?Wolter: Die Akzeptanz war insgesamt

Frank Wolter, Koordinator des Berliner Pilotprojekts „BeMobility“ des Innovationszentrums für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel, über Chancen und Grenzen beim Verschmelzen von öffentlichem Nahverkehr und individueller Elektromobilität. Interview: André Schmidt-Carré

„Hohe Akzeptanz, Kritik am Handling“

jektteilnehmer Alltag. Der Weg zur Arbeit wird überwiegend mit dem öffentlichen Nahverkehr zurückgelegt. Autos und Fahrräder waren für viele Nutzer ergänzen-de Verkehrsmittel, die entsprechend selte-ner verwendet wurden. Aber immerhin 16 Prozent der Kartennutzer haben regelmä-ßig bis zu drei Mal pro Woche auf ein Car-sharing-Auto zurückgegriffen. Die reinen Elektroautos wurden durchschnittlich 30 Kilometer gefahren, um Einkäufe oder pri-vate Fahrten innerhalb der Stadt zu erledi-gen. Für Fahrten ins Umland und längere Strecken wurde das Hybridmodell, ein Toy-ota Prius Plug-in Hybrid, genutzt. Das hängt mit der höheren Reichweite und dem höheren Komfort dieser Fahrzeug-klasse zusammen.

Wie gut hat denn aus Ihrer Sicht die Kombination der Verkehrsträger funktio-niert? Wolter: Die Nutzung verschiedener Verkehrsträger auf einer Strecke ist noch die Ausnahme. Wir brauchen an den Bahn-höfen und Haltestellen des öffentlichen Nahverkehrs mehr Auto- und Fahrradange-bote. Intermodale Verkehrskonzepte leben davon, dass unterschiedliche Verkehrsträ-ger eng verknüpft werden und deren Anbieter zusammenarbeiten – bislang ein Schwachpunkt in der Praxis. Bei BeMobili-ty waren neben der Deutschen Bahn auch Unternehmen des ÖPNV in Berlin, Ener-gieunternehmen, Parkgaragenbetreiber und Autohersteller beteiligt. Die Zusam-menarbeit hat gut funktioniert.

hoch. Kritik gab es am praktischen Hand-ling. Die Autos wurden im Carsharing stati-onsgebunden eingesetzt. Das heißt, die Fahrer mussten die Autos zum Ausleihort zurückbringen und dort an die Ladeinfra-struktur anschließen. Es gab in Berlin 15 Entleihstationen. Im Gegensatz zu flexiblen Konzepten, wie denen von car2go oder Dri-veNow, war die mangelnde One-Way-Fähigkeit ein Kritikpunkt. Allerdings sind die Kosten flexibler Systeme auch wesentlich höher. Wir sehen uns hier weniger als Kon-kurrenz denn als ergänzendes Angebot.

Die Nutzer konnten mit der „BeMobility“- Karte neben den Autos auch Busse und Bahnen des öffentlichen Nahverkehrs benutzen und Fahrräder ausleihen. Welche Verkehrsmittel wurden wie frequentiert?Wolter: Berlin hat die geringste Pkw-Dich-te aller Bundesländer. Der öffentliche Nah-verkehr wird in Berlin entsprechend viel genutzt und war auch für die meisten Pro-

Erlebte Elektromobilität: Rund 3 000-mal nutz-ten die Probanden die Elektro- und Hybridautos.

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Titel: Mobilität

© 2012 KPMG Europe LLP, eine unter UK-Recht stehende Limited Liability Partnership, ist eine Gesellschaft, die die Kontrolle über mehrere rechtlich selbstständige KPMG-Mitgliedsfirmen ausübt und an KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen ist. KPMG Europe LLP und KPMG International erbringen keine Dienstleistungen für Kunden. Alle Rechte vorbehalten.

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dem Jahr um Elektromodelle ergänzt wer-den, in Stuttgart soll in der zweiten Jahres-hälfte die bislang größte elektrische car2go-Flotte an den Start gehen.

Mit mehr E-Kilometern erhöht sich die WirtschaftlichkeitTomforde sieht die verschärften Umwelt-standards als treibende Kraft hinter der nun anlaufenden Einführung von Elektro-modellen. „CO2-Grenzen und andere Umweltauflagen werden in den kommen-den Jahren weltweit verschärft werden. Und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Megacitys für Fahrzeuge mit Ver-brennungsmotor gesperrt werden.“ Da die Menschen dennoch individuell mobil bleiben wollen, kommt der Elektromobili-tät künftig eine herausragende Bedeutung zu. Allerdings werden die Menschen ein Elektroauto in absehbarer Zeit nicht wie ein herkömmliches Auto nutzen können. Dazu sind die Reichweiten zu gering und die Kosten zu hoch. Eingebunden in Car-sharing-Konzepte und den öffentlichen Nahverkehr könnten die Elektroautos aber die Alternative der Zukunft werden.

„Weil die Anschaffungskosten hoch, aber die Unterhaltskosten dank effizienten Antriebs und geringen Wartungsaufwands der Technik gering sind, rechnen sich Elek-troautos umso stärker, je mehr sie gefah-ren werden“, so Tomforde. Damit könnten solche Konzepte eine entscheidende Rolle dabei spielen, der Elektromobilität zum Durchbruch auf breiter Front zu verhelfen. „Bisher haben wir das Problem, dass die

Hersteller nur zaghaft in Großserien-Pro-duktionsprozesse für Elektroautos investie-ren“, sagt Tomforde. Beispiel Batterie, der größte Kostentreiber bei Elektroautos: Solange die Stückzahlen gering sind, lohnt es nur begrenzt, in eine hoch automatisier-te und damit preiswerte Batterieprodukti-on zu investieren. Und solange die Batteri-en so teuer sind wie derzeit, kauft kaum jemand ein Elektroauto. „Wenn die Stro-mer erst einmal in großer Stückzahl gebaut

werden, wird sich das ändern“, ist der Mobilitätsexperte überzeugt. Zumal ver-gleichbare Autos mit herkömmlicher Tech-nik infolge verschärfter Abgasvorschriften teurer werden dürften.

Gerade in den Städten könnten neue Konzepte Mobilitätsgewohnheiten nach-haltig verändern, die bestehende Ver-kehrsträger miteinander vernetzen. Die Dresdener Verkehrsbetriebe etwa entwi-ckeln derzeit gemeinsam mit dem Fraun-hofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruk-

20 000 Fahrräder an 1 200 Stationen: Die grauen Vélib‘-Räder gehören heute fest zum Pariser Stadtbild. Vélib‘ ist ein Kunstwort, das sich aus den Begriffen vélo (Fahrrad) und liberté (Freiheit) zusammensetzt.

Gibt es im Ausland ähnliche Projekte?Wolter: So weit ich weiß, nicht – Interesse ist aber sehr wohl da. Der chinesische Wis-senschaftsminister war während des Pro-jekts mehrfach zu Besuch, um sich den aktuellen Stand anzuschauen. Inwiefern solche Konzepte übertragbar sind, hängt von den Gegebenheiten vor Ort ab. Das Auto trägt in Deutschland 75 Prozent der Verkehrslast. In vielen Metropolen von Schwellenländern liegt der Wert im einstel-ligen Prozent bereich. In diesen Ländern geht es darum, den öffentlichen Nahver-kehr besser als bislang zu vernetzen. Außerdem wird das Fahrrad immer wichti-ger, gerade in Ver bindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

Wie geht es mit dem Berliner Projekt weiter?Wolter: Wir haben im Januar dieses Jahres die nächste Runde gestartet: BeMobility 2.0. Bislang fehlte eine Anbindung an Fern-verkehrszüge. Deshalb planen wir, in der nächsten Auflage eine BahnCard zu integ-rieren. Damit wären die Nutzer dann bun-desweit mobil und könnten in der Zielstadt auf ein Flinkster-Auto umsteigen. Langfris-tig ist es das Ziel, emissionsfreie Reise-ketten anzubieten und die Mobilität und Flexibilität der Menschen aufrechtzuer-halten. So sollen bis 2015 bundesweit zehn Prozent der Flinkster-Flotte elektrisch fahren.

Weitere Informationen: www.bemobility.de

Mobilität per App: Dem Smartphone kommt in der Verkehrsplanung eine Schlüsselrolle zu.

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tursysteme eine Smartphone-App, die Nutzer jederzeit informiert, wie sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln von ihrem aktuellen Standort zum gewünschten Ziel kommen. Im nächsten Schritt könnte ein solches System dann auch den Individual-verkehr berücksichtigen; Experten sehen allerdings im Vernetzen von unterschiedli-chen Daten aus verschiedenen Quellen noch eine große Herausforderung. Wenn die bewältigt ist, könnten solche Konzepte

auch im ländlichen Raum für einen Quan-tensprung in der Mobilität sorgen.

Bereits heute gibt es zum Beispiel Handy-Apps, mit denen Nutzer per Knopf-druck ein Taxi zu ihrer aktuellen Position bestellen können. Diesen „Call-Button“ könnte man ausbauen und Zentralen von Fahrgemeinschaften anschließen. Neben den Taxis in der Umgebung würden dann auch private Autofahrer in der Nähe den

Mitnahmewunsch aufs Handy gesendet bekommen. „Wenn die Nutzer registriert sind, dürfte die Bereitschaft von Autofah-rern deutlich steigen, unterwegs jeman-den mitzunehmen“, sagt Matthias Teller vom Institut Sustainum, das im Auftrag von Städten und Unternehmen nachhal-tige Verkehrskonzepte entwickelt. Zumal, wenn sie dafür Geld bekommen und Auto-fahrer sich durch Mitfahrer etwas neben-her verdienen können, um den Anstieg

der steigenden Spritpreise zu kompensie-ren. „Gleichzeitig würden die Autos bes-ser genutzt und der CO2-Ausstoß pro Mit-fahrer würde gesenkt“, sagt Teller.

Verkehrsaufkommen wächst schneller als WeltbevölkerungWeltweit beschäftigen sich Experten damit, wie die Mobilität von morgen aus-sehen könnte. Die Weltbevölkerung

wächst. Im Jahr 2025 werden bereits acht und 2050 mehr als neun Milliarden Men-schen auf der Erde leben – vor allem, weil die Bevölkerung in großen Schwellenlän-dern wie Indien stark zunimmt. Das Ver-kehrsaufkommen wächst sogar noch stär-ker; die Zahl der Passagierkilometer wird sich im gleichen Zeitraum auf das Drei- bis Vierfache erhöhen. „Die Einkommen stei-gen weltweit“, sagt Stephen Perkins, For-schungsleiter beim International Transport Forum der OECD in Paris. „Immer mehr Menschen pendeln aus den Vorstädten in die Innenstädte. Die Zahl der Geschäfts-reisen wächst, man macht mehr Urlaub.“ Das gilt auch für die Menschen in den auf-strebenden Wirtschaftsnationen. „Jeder Chinese träumt von einem Auto“, sagt der chinesische Forschungsminister Wan Gang. „Aber wenn jeder Chinese ein eige-nes Auto besäße, wäre das ein Albtraum.“

Wie sich der steigende Wohlstand auf den Verkehr auswirkt, hängt maßgeblich davon ab, wie und wo die Menschen aus den Schwellenländern in Zukunft leben werden. „Das japanische Modell etwa basiert auf einer hohen Konzentration in Großstädten und einem gut ausgebauten öffentlichen Personennahverkehr“, sagt Perkins. Europa und Nordamerika hinge-gen sind geprägt von weit in die Fläche gebauten Siedlungen, entsprechend wich-tig ist dort der Individualverkehr. Eine Ten-denz zum Ausbau des Individualverkehrs

„Jeder Chinese träumt von einem Auto, aber wenn jeder Chinese ein eigenes Auto besäße, wäre das ein Albtraum.“WAN GANG, chinesischer Forschungsminister

Auto auf Wunsch: An den Autolib‘-Stationen, wie hier am Boulevard Dide-rot, können die Pariser jederzeit zum eigenen Carsharing-Wagen greifen.

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Titel: Mobilität

© 2012 KPMG Europe LLP, eine unter UK-Recht stehende Limited Liability Partnership, ist eine Gesellschaft, die die Kontrolle über mehrere rechtlich selbstständige KPMG-Mitgliedsfirmen ausübt und an KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen ist. KPMG Europe LLP und KPMG International erbringen keine Dienstleistungen für Kunden. Alle Rechte vorbehalten.

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ist aber schon jetzt erkennbar: Im Jahr 2016 wird der Marktanteil der BRIC-Staa-ten am weltweiten Autoverkauf bei 43 Prozent liegen, so das Research-Institut LMC Automotive (LMCA). Allein in China könnten die Autohersteller dann pro Jahr mehr als 20 Millionen Fahrzeuge abset-zen. Im Jahr 2008 hatte der BRIC-Anteil laut LMCA noch bei 24 Prozent gelegen.

Die Stärkung des öffentlichen Nahver-kehrs ist aber nicht nur Sache der Schwel-lenländer. „Auch in den westlichen Län-dern wird der öffentliche Nahverkehr immer wichtiger, weil er die vorhandene Infrastruktur besser nutzt“, erklärt OECD-Forscher Perkins. „Wenn man, wie etwa in London, auf bereits existierenden Straßen eine Spur für Busse frei hält, schafft man damit schlagartig neue Kapazitäten.“ Ganz ohne Widerstände lassen sich die neuen Verkehrssysteme indes nicht überall durch-setzen: In London hat die Citymaut den Verkehr in der Innenstadt zwar immerhin um 30 Prozent gesenkt und viele Hundert Millionen Pfund in die Stadtkasse gespült. Dennoch hat London eine vorübergehende Ausweitung der Mautzone wegen Klagen von Anwohnern und Geschäftsleuten wie-der zurückgenommen.

Bürgermeister Boris Johnson hat des-halb Leihfahrräder angeschafft, um Lon-

dons Luftqualität zu verbessern. 6 000 der blauen Velos rollen seit zwei Jahren über die Straßen der Stadt. Auch Kopenhagen setzt auf dem Weg zur selbst ernannten „Eco-Metropole“ aufs Rad. Dort haben bereits heute alle Taxen einen Dachge-päckträger montiert, um Fahrräder trans-portieren zu können. Außerdem investiert die Stadt in Infrastruktur, um möglichst viele Bewohner zum Radfahren zu bewe-gen. In drei Jahren soll jeder zweite Stadt-bewohner mit dem Rad zur Arbeit fahren, schon heute sind es mehr als 30 Prozent.

In Paris können Einheimische und Tou-risten bereits seit 2007 mit Leihrädern durch die Metropole radeln „Vélib‘“ nennt sich das Konzept, bei dem Nutzer Räder tages- oder wochenweise mieten oder eine jährliche Grundgebühr plus Nut-zungsentgelt zahlen. Zudem hat die fran-zösische Hauptstadt unter dem Namen „Autolib‘“ Ende vergangenen Jahres ein Carsharing-Modell gestartet, das nur mit Elektroautos fährt. Seit Dezember rollen die „Bluecars“ des französischen Industri-ellen Vincent Bolloré durch Paris. Die Stadt hat eigens für die E-Autos kosten-freie Parkplätze samt Stromzapfsäule ein-gerichtet. „Viele junge Menschen in den entwickelten Industrieländern wollen gar kein eigenes Auto mehr besitzen“, sagt

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Very british: Ob frei-willige Angebote wie Carsharing in Birming-ham (Bild oben) oder die Kombination aus Zwang per Citymaut und gleichzeitiger Stär-kung des öffentlichen Personennahverkehrs in London (Bild links) – in Großbritannien sol-len viele Wege aus dem Verkehrsstau in den Innenstadtlagen herausführen.

AutomotiveNow / 11© 2012 KPMG Europe LLP, eine unter UK-Recht stehende Limited Liability Partnership, ist eine Gesellschaft, die die Kontrolle über mehrere rechtlich selbstständige KPMG-Mitgliedsfirmen ausübt und an KPMG International Cooperative

(„KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen ist. KPMG Europe LLP und KPMG International erbringen keine Dienstleistungen für Kunden. Alle Rechte vorbehalten.

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OECD-Verkehrsexperte Perkins, der die blauen Stromer aus dem täglichen Pariser Verkehrs geschehen kennt. „Sie brauchen kein rollendes Statussymbol, sondern wollen vor allem mobil sein.“ Er ist zuver-sichtlich, dass Konzepte wie das Carsha-ring in Verbindung mit öffentlichen Ver-kehrsmitteln ein wichtiger Schlüssel für die Mobilität von morgen sind. „Die Industrieländer müssen ihre Verkehrs-managementsysteme verbessern, dann würde das Straßennetz auch in Zukunft ausreichen.“

Außerdem könnten intelligente Parkkon-zepte helfen, schließlich stehen Autos den größten Teil der Zeit. Elektroautos ließen sich etwa automatisch parken und bela-den: „In solchen Systemen kann man bis zu drei Mal mehr Autos auf gleichem Raum unterbringen und damit den zuneh-mend knappen Platz in den Städten besser nutzen“, sagt Experte Tomforde. „Außer-dem ist das Laden in abgeschlossenen Räumen deutlich sicherer als an Stationen direkt an der Straße, wo man Manipulatio-nen nie ganz ausschließen kann.“

Kooperationen im FokusKPMG‘s Global Automotive Executive Survey 2012

Um die Entwicklungskosten in den Griff zu bekommen, werden Autohersteller und Zulieferer in Zukunft verstärkt zusammenarbei-ten. Zu diesem Schluss kommt – neben zahlreichen anderen Erkenntnissen – KPMG‘s Global Automotive Executive Survey 2012, bei dem 200 Senior Executives der weltweit wichtigsten Unternehmen der Branche befragt wurden. Demnach sind Kooperationen für die Autohersteller derzeit das wichtigste Instrument, um neue Technologien zu etablieren. Prominentes Beispiel ist die Vereinba-rung von Toyota und BMW aus diesem Frühjahr, gemeinsam an der

Lithium-Ionen-Batterie-Technologie zu forschen. Denn ohne neue Technologien wird es auch bei neuen Mobilitätskonzepten nicht gehen. Offen ist nach Ansicht der befragten Manager, welcher Elektroantrieb sich durchsetzen wird: Hybridmodelle, batteriebe-triebene Autos sowie Fahrzeuge mit Brennstoffzelle oder Range-Extender liegen demnach in etwa gleich auf.

Lithium-Ionen-Batterie-Technologie zu forschen. Denn ohne neue

Auf das Notwendigste reduziert: Dieser Prototyp entstammt einer Kooperation von General Motors und Segway. Der elektrisch betriebene Zweisitzer ist ideal, um im urbanen Raum zügig und zugleich sicher voranzukommen.

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Bündelung von Kompetenzen durch Zusammenarbeit

Automobilhersteller und Energieversor-ger sind hinsichtlich Elektromobilität bislang am werbewirksamsten in Erscheinung getreten. Nachdem vor allem die Energieversorger in der ersten Phase durch das Schnüren von Pro-dukten rund um das Thema Ladeinfra-struktur und Ökostrom aktiv geworden sind sowie erste öffentliche Ladestati-onen in Betrieb genommen haben, gilt es nun für die deutschen Automobilher-steller, die Produktion und den Absatz der Elektrofahrzeuge zu forcieren.

Eine Zusammenarbeit der beiden Gruppen macht aus zweierlei Sicht Sinn: Kunden fragen Gesamtlösungen nach und wünschen sich einen Ansprechpart-ner, zudem können Automobilhersteller und Energieversorger im Rahmen einer Zusammenarbeit Kompetenzen bündeln, gesamtheitliche Lösungen entwickeln sowie Risiken und Kosten verteilen.

Aufgrund der Expertise und Erfahrungen im Bereich Elektromobilität sowie in der Automobilindustrie und Energiewirt-schaft ist KPMG auf die Herausforde-rungen der Marktteilnehmer gut vorbereitet und unterstützt Kunden entlang der gesamten Wertschöpfungs-kette.

Benjamin Teufel, Manager, Consulting, KPMG in Deutschland [email protected]

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Titel: Mobilität

© 2012 KPMG Europe LLP, eine unter UK-Recht stehende Limited Liability Partnership, ist eine Gesellschaft, die die Kontrolle über mehrere rechtlich selbstständige KPMG-Mitgliedsfirmen ausübt und an KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen ist. KPMG Europe LLP und KPMG International erbringen keine Dienstleistungen für Kunden. Alle Rechte vorbehalten.

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Die harte Konkurrenzsituation im New­Yorker Showbusiness inspirierte Frank Sinatra einst zu der Songzeile „If I can make it here, I‘ll make it anywhere“. Ähnliches ließe sich über Norwegen als

Absatzmarkt für Automobile sagen: Hohe Erwerbssteuern auf den Kauf von Neuwagen (normalerweise circa 120 000 pro Jahr) bremsen den Verkauf von Neufahrzeugen und führen dazu, dass die Eigentümer ihre Autos verhältnismäßig lange fahren. Entsprechend liegt das durchschnitt­liche Verschrottungsalter bei über 18 Jahren, und der Fuhrpark ist mit einem Durchschnittswert von 10,7 Jahren relativ alt. Kaum mehr als 2,7 Millio­nen Fahrzeuge auf fünf Millionen Einwohner zählt

das spärlich besiedelte Land. Wollen Norweger einander treffen, müssen sie im rauen Klima bei häufig schlechten Straßenverhältnissen große ­Entfernungen zurücklegen.

Trotz alledem macht das Luxusseg­ment mit einem Gesamtumsatz von rund 120 000 bis 140 000 Fahrzeugen überra­schenderweise immerhin fast 25 Pro­zent des Neufahrzeugmarktes aus. Hinzu kommt, dass die norwegischen Konsu­menten mehr spezielle Bauteile kaufen als alle anderen Nationen weltweit. „Für BMW liegt hier eine größere Einnahmequelle als bei den Fahrzeugen selbst“, erklärt Vincent Salimon, Geschäftsführer der BMW Gruppe Norwegen,

Nordic Driving Norwegen ist ein dünn besiedeltes Land. Doch macht das Luxus­segment fast 25  Prozent des Neufahrzeugmarkts aus. Und die Norweger kaufen mehr kundenspezifische Bauteile als alle anderen Nationen. Spannende Themen also für das Automobilseminar 2012 von KPMG Norwegen. Text: John Thomas Sørhaug, Partner, KPMG in Norwegen

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Expertise: Norwegen

© 2012 KPMG Europe LLP, eine unter UK­Recht stehende Limited Liability Partnership, ist eine Gesellschaft, die die Kontrolle über mehrere rechtlich selbstständige KPMG­Mitgliedsfirmen ausübt und an KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen ist. KPMG Europe LLP und KPMG International erbringen keine Dienstleistungen für Kunden. Alle Rechte vorbehalten.

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den 120 Seminarteilnehmern, darunter zahlreiche Einzelhändler, Importeure und Dienstleister aus dem Automobil sektor.

Obwohl der Neufahrzeugverkauf nur einen kleinen Teil des gesamten Automo­bilmarkts ausmacht, sollte die Branche nach Einschätzung Salimons ihr Hauptau­genmerk in Norwegen auf diesen Fahr­zeugbereich richten. Der Grund: Mit Neu­fahrzeugen lässt sich hoher Umsatz erzie­len. Um diesen Markt zu erschließen, müssen aber seiner Einschätzung nach Handel und Großhandel enger zusammen­arbeiten. Zudem gelte es, die Abstim­mung zwischen Vertrieb und Kunden­dienst deutlich zu verbessern. Überdies werde bislang ein „erheblicher Anteil“ des Imports von Neufahrzeugen im Premium­

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Zugelassene Personenfahrzeuge in NorwegenStand: 31.12.2011Quelle: Norwegian Public Roads Administration (NPRA)

segment über den grauen Markt abge­wickelt. „Diesen Absatzweg müssen die offiziellen Importeure künftig stärker kontrollieren“, mahnt Salimon. Eine Mühe, die sich lohnen sollte, denn bei weiterhin florierender Wirtschaft wird das Premium­segment nach Ansicht des BMW­Exper­ten auch künftig in Norwegen stark ver­treten sein.

Auslaufmodell eigenes Auto? Trotz sprudelnder Ölquellen und Rekord­Pro­Kopf­Einkommen ist aber auch in Nor­wegen der Absatz von Premiumfahrzeu­gen auf mittlere und längere Sicht kein Selbstläufer. Die Branche ist ständig in Bewegung, und neue Trends gilt es, recht­zeitig aufzuspüren. „Lösungen für den Erwerb unter Einschluss von Finanzie­rungs­ und Wartungsverträgen werden für Kunden immer mehr an Bedeutung gewin­nen“, erklärt Mathieu Meyer, globaler Leiter des Automobilbereichs bei KPMG, den Teilnehmern. Den Umfrageergebnis­sen der globalen KPMG­Studie zur Auto­mobilindustrie 2012 zufolge spielt Service­qualität heute bei Kaufentscheidungen die wichtigste Rolle. Der Kundendienstmarkt steht derzeit für bis zu 75 Prozent des Reingewinns der Händler und erfordert daher eine stärkere Schwerpunktlegung und eine bessere Integration in die interne

Wertschöpfungskette der Händler. Ein wenig weiter in die Zukunft geblickt, werden nach Ansicht der befragten Experten Fahrzeugnutzer nicht mal mehr eigene Fahrzeuge kaufen, son­dern bei Bedarf Mobilitätsdienstleis­tungen in Anspruch nehmen. Ein Auto zu besitzen, wird sich einfach

nicht mehr lohnen, weil Steuern und Spritpreise sowie Parkgebühren ständig steigen, der Verkehr zunimmt und Städte immer mehr mit Verkehrsproblemen zu kämpfen haben. Die Lösungen der Zu­kunft, so erwartet es der Global Head of

„Buddy“ des norwegischen Autoher-stellers Pure Mobility AS: Der kompakte Dreisitzer wurde speziell für das Fahren in Großstädten entwickelt und ist Europas erstes „Electric Urban Vehicle“ – kurz EUV.

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Expertise: Norwegen

© 2012 KPMG Europe LLP, eine unter UK­Recht stehende Limited Liability Partnership, ist eine Gesellschaft, die die Kontrolle über mehrere rechtlich selbstständige KPMG­Mitgliedsfirmen ausübt und an KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen ist. KPMG Europe LLP und KPMG International erbringen keine Dienstleistungen für Kunden. Alle Rechte vorbehalten.

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Automotive, werden mittels Smartphone­Apps gesteuert. „Mit diesen Tools lassen sich effiziente Kombinationen von öffentli­chen Verkehrsmitteln und Carsharing­Lö­sungen finden, weshalb es zunehmend uninteressanter wird, ein eigenes Fahr­zeug zu besitzen.“

Eine große Rolle werden künftig in Norwegen wie weltweit neue Kraftstoff­technologien spielen. Zwar stecken diese noch in den Kinderschuhen, setzen sich aber zunehmend durch. In Norwegen fin­den die Entwicklungen auf dem Elektro­fahrzeugsektor schon jetzt großen An­klang. Die Regierung hat diese Fahrzeuge in den vergangenen zehn bis 15 Jahren mittels Steuervorteilen, eigenen Fahrspu­ren für Busse und kostenlosen Park­ und Auflademöglichkeiten politisch unter­stützt. Und vor allem im städtischen Raum genießen sie hohe Popularität. So verwundert es kaum, dass Norwegen im weltweiten Vergleich derzeit die meisten Elektrofahrzeuge pro Kopf verzeichnet.

Gleichwohl sehen nach wie vor mehr als 60 Prozent der von KPMG befragten Experten im Verbrennungsmotor den An­trieb der nahen Zukunft, mit Blick auf die kommenden zehn bis 20 Jahre glauben dies immerhin noch 42 Prozent. Trotzdem sind sich die Befragten einig, dass die An­meldungen von Elektro­ und Hybridfahr­zeugen zunehmen werden. Für die Bran­che stellt dies eine enorme Herausforde­rung dar. Mathieu Meyer: „Solche raschen technologischen Entwicklungen implizieren steigende Risiken, die tech­nisch und finanziell in der gesamten Wert­schöpfungskette beachtet und gemeistert werden müssen.“

Engeres Zusammenrücken Um diese Herausforderungen stemmen zu können, müssen nicht zuletzt Einzel­händler und Importeure künftig enger zu­sammenarbeiten. Im Fokus stehen wer­

„�Lösungen�für�den��Erwerb�unter�Einschluss��von��Finanzierungs-�und�Wartungs�verträgen�werden�für�Kunden�immer�mehr��an�Bedeutung�gewinnen.“Mathieu Meyer, globaler Leiter des Automobilbereichs bei KPMG

den die Einstellung, Förderung und mög­licherweise sogar das Teilen von knappen technischen Kompetenzen. Um einen flä­chendeckenden Service für die neuen Au­tomobiltechnologien zu gewährleisten, werden die Partner zudem über eine ge­meinsame Finanzierung größerer Investi­tionen in neue Infrastrukturen nachdenken müssen. Zur Förderung der Erschließung und Konsolidierung lokaler und regionaler Märkte bieten sich ebenfalls Kooperatio­nen an. Nicht minder beim weiteren Aus­bau der gemeinsamen Präsentation von lokalen Händlerprodukten und ­marken sowie zur Verbesserung des Kunden­dienstes und der Leistungserbringung.

Erfolgskurs seit der FinanzkriseWie gut das gelingen kann, zeigt das Bei­spiel Bilia, Konzessionär für Volvo, Ford und BMW. Eine beeindruckende Bilanz der finanziellen und strategischen Ent­wicklung, die der größte skandinavische Einzelhändler seit der internationalen Fi­nanzkrise im Jahr 2008 hingelegt hat, prä­sentiert Frode Hebnes, Geschäftsführer Bilia Norwegen. Das Unternehmen kann mit einer deutlichen Markenkonsolidie­rung, einer Steigerung der Kundeninterak­tion in Bezug auf das Einkommen sowie einer stärkeren Fokussierung auf den Kun­dendienstmarkt aufwarten. „Und das, ob­wohl externe, unabhängige Anbieter für erheblichen Wettbewerb sorgten“, betont Hebnes. Zugleich betont der Geschäfts ­ führer die Bedeutung der allzu häufig ver­gessenen Zufriedenheit von Eigentümern, Kunden, Mitarbeitern und Geschäfts part ­ nern für den Unter nehmens erfolg.

Wer sich in dieser Hinsicht wie auch mit Blick auf die anderen in Norwegen besprochenen Themen auf der Höhe der Zeit weiß, für den gilt Sinatras Weisheit auch heute noch: „If I can make it here, I‘ll make it anywhere …“

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(„KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen ist. KPMG Europe LLP und KPMG International erbringen keine Dienstleistungen für Kunden. Alle Rechte vorbehalten.

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Porsche-Chef Matthias Müller zeigte sich Anfang des Jahres generös. Jedem seiner festange-stellten Mitarbeiter spendierte er 7600 Euro extra – und viele war-

me Worte des Dankes für den geleisteten Einsatz. Die Schwaben haben im vergange-nen Jahr mit knapp 117 000 Sport- und Geländewagen so viele Autos verkauft wie nie zuvor. In diesem Jahr kratzten sie sogar schon im Oktober an der eigenen Rekord-marke. In den ersten zehn Monaten des Jahres lieferte der Konzern 15,6 Prozent mehr und verkaufte damit insgesamt 116 050 Luxus-Vehikel. Vor allem, um die übergroße Nachfrage nach dem Porsche 911 Carrera befriedigen zu können, wurde in Zuffenhausen die Schlagzahl an den Bändern im Laufe des Jahres erhöht. Statt rund 140 Autos wie noch im Jahr 2011 lau-fen inzwischen täglich etwa 190 Karossen im Porsche-Stammwerk vom Band.

Nachfrage so groß wie nieNicht nur Porsche kommt derzeit mit der Lieferung seiner Fahrzeuge kaum hinter-her. Noch nie war die Nachfrage nach

Auto mobilen weltweit so groß wie heute. Vor allem auf China setzen derzeit alle in-ternationalen Hersteller. Sie bauen neue Werke und überfluten den Markt mit im-mer neuen Modellen. Aber auch die übri-gen drei BRIC-Märkte Brasilien, Russland und Indien glänzen mit atemberaubenden Absatzzahlen. Laut LMC Automotive wer-den sich Brasilien und Indien bis 2016 auf den dritten Platz im weltweiten Ranking hinter China und den USA gekämpft haben – und zwischen 2017 und 2022 mehr als eine Million Fahrzeuge exportieren. Die vier Boom staaten sollen dann zusammen auf einen globalen Marktanteil von mehr als 40 Prozent kommen. Als Märkte immer wichtiger werden aber auch wirtschaftlich prosperierende Länder wie die zu den „Next 11“ zählenden Nationen Türkei, Me-xiko, Indonesien, Thailand oder Kolumbien.

Das große Wachstum birgt jedoch auch eine große Gefahr: Es ist endlich – egal wie ungebremst es derzeit auch ver-laufen mag. Wer immer neue Werke bau-en lässt, produziert, sobald die Nachfrage sinkt, zu viel. Wer außerdem wie die deut-schen Hersteller immer weniger daheim,

sondern zunehmend in Wachstumsmärk-ten Autos herstellt, provoziert Implikatio-nen in Stammwerken wie Zuffenhausen: Das Exportpotenzial sinkt. Auch hier ent-stehen in der Folge Überkapazitäten. Ver-schärft wird das Problem dadurch, dass immer mehr neue Hersteller aus den BRIC- oder Next-11-Ländern am Markt reüssieren – vor allem Anbieter von Elekt-roautos und anderen innovativen Techno-logien. Durch permanent neue Produkte potenzieren sie das Problem von Überka-pazitäten bei den etablierten Herstellern.

Gefährliches Vabanquespiel Weltweit liefen nach Angaben von LMC Automotive deshalb bereits im Jahr 2011 30 Millionen Autos zu viel vom Band. Glo-bal gesehen, soll die Überkapazität 2016 bei 20 bis 30 Prozent liegen und eine Mas-se von mehr als 100 Millionen Fahrzeugen produziert werden, vor allem im pazifisch-asiatischen Raum. „Überkapazitäten dro-hen allen Herstellern“, warnt Professor Dr. Willi Diez, Direktor des Instituts für Auto-mobilwirtschaft im schwäbischen Geislin-gen. „Selbst Premiumbauer wie Porsche

Risiken des wachstums Mit der weltweit steigenden Nachfrage nach Fahrzeugen steigt auch in Boomländern das Risiko, Über kapazitäten aufzubauen – allen voran in China. Be sonders betroffen sind Hersteller von Klein wagen für den Massenmarkt. Reagieren Premiumautobauer auf die Unken rufe zu Recht gelassen? Text: Christine Weißenborn

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Know-how: Überkapazität

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oder BMW haben das Problem, dass sie zu viele Kapazitäten im Ausland aufbauen.“

Trotzdem kündigte etwa VW-Chef Martin Winterkorn im Vorfeld der letzten Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt am Main an, sein Kon-zern wolle bis zum Jahr 2018 die Zahl der Produktionsstätten von derzeit 62 welt-weit auf gut 70 erhöhen. Die neuen Stand-orte sollen in den Schwellenländern lie-gen, in denen Volkswagen heute bereits rund 40 Prozent seiner Autos herstellt. Innerhalb der nächsten fünf Jahre bauen auch Audi und Honda Werke in Mexiko, Chery und Fiat in Brasilien. Renault-Nissan wiederum hat jüngst eine Produktions-stätte in Marokko mit einer Kapazität von bis zu 400 000 Fahrzeugen pro Jahr einge-weiht.

Das Gros der Hersteller akzeptiert Überkapazitäten als notwendiges Übel, um wettbewerbsfähig zu bleiben, lautet deshalb die erschreckende Bilanz der KPMG-Studie „Global Automotive Execu-tive Survey 2012“. Anstatt ihre Produkti-onskapazitäten anzupassen, bauen die meisten etablierten Autohersteller an und

aus. Zwar sind Überkapazitäten per se kei-nesfalls schlecht. Im Gegenteil: „Überka-pazitäten muss es geben“, so Autoexper-te Diez. Solange sie nicht ausufern, ma-chen sie betriebswirtschaftlich durchaus Sinn: Steigt die Nachfrage plötzlich an, sollte der Hersteller gerüstet sein. Ist er nicht lieferfähig, verliert er entscheidende Marktanteile. „Jeder Automobilhersteller muss mit einer gewissen Überkapazität planen“, empfiehlt Diez deshalb. Zehn Prozent hält er für wirtschaftlich vertret-bar. Wenn die Überkapazitäten aber zwi-schen 30 und 40 Prozent betragen – wie zuletzt in Japan oder sogar 50 Prozent – wie zwischenzeitlich auf dem US-Markt –, können sie nicht mehr sinnvoll gemanagt werden. Die Autobauer produzieren auf Halde, was in der Folge zu Preissenkun-gen, Rabattschlachten und „Gratisfinan-zierungen“ neuer Fahrzeuge führt – und damit zu massiven Umsatzeinbrüchen.

Hohe Margen in FernostAuch China drohen 2012 erstmals Überka-pazitäten, ergab die KPMG-Studie. Das Riesenreich hat zwar Deutschland längst

als Absatzmarkt insbesondere für Premi-umfahrzeuge abgehängt und belegt im globalen Ranking Platz zwei nach den USA. Noch erzielen zudem ausländische Hersteller in Fernost Berechnungen der Ratingagentur Fitch zufolge um 50 bis 100 Prozent höhere Margen pro Fahrzeug als in Europa. Bei Volkswagen gilt die Volks-republik als wichtigster Absatzmarkt; Toch-ter Audi führt das Premiumsegment dort an. Für Daimler ist China nach Deutsch-land und den USA zum drittgrößten Ab-nehmerland aufgestiegen. BMW ist dabei, bis Ende 2013 die Kapazitäten vor Ort auf 300 000 Einheiten deutlich auszuweiten. Bis 2016 erwarten laut LMC Automotive 80 Prozent der Hersteller, dass China welt-weit sowohl im Bereich Vertrieb als auch

„ Sobald Überkapazitäten strukturell und nicht konjunkturell bedingt sind, muss ein Bereinigungs- prozess stattfinden.“

Willi Diez, Direktor des Instituts für Automobilwirtschaft

im schwäbischen Geislingen

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in der Produktion zum größten Automarkt avancieren wird.

Aber das motorisierte Wunderland droht auszubrennen. Der Autoboom in Fernost, prognostizieren Experten, nähert sich langsam dem Ende. Die Inflation nimmt beständig zu und die Zinsen stei-gen. Die Umweltproblematik in den Me-gastädten lässt sich kaum noch ignorie-ren. Probleme entstehen auch durch Zu-lassungsbeschränkungen in Städten wie etwa Peking, wo es laut Auto Foresight nur noch maximal 240 000 Autoneuzulas-sungen im Jahr geben darf. Zudem ver-sucht die chinesische Regierung, die hei-mische Pkw-Industrie zu schützen – und gestattet beispielsweise dem Politkader nur noch die Nutzung chinesischer Autos.

Für 2016 geht deshalb bereits mehr als die Hälfte der für die KPMG-Studie befrag-ten Manager davon aus, dass China unter den BRIC-Staaten zwar der erfolgreichste, aber auch der Markt mit den meisten Überkapazitäten sein wird. Schon heute übersteigt die installierte Kapazität ein Vo-lumen von bis zu sechs Millionen Fahrzeu-gen. Bis 2016 soll die Anzahl auf neun Mil-lionen steigen. Bloomberg hat berechnet, dass die installierten Kapazitäten die Nach-frage damit bis 2015 um mehr als 30 Pro-zent übertreffen dürften. Noch klammern sich zwar vor allem deutsche Premiumher-steller an den Glauben, das Problem der Überkapazitäten in China betreffe primär lokale Marken. Da sich aber praktisch alle großen Autogruppen der Welt in der Volks-republik ehrgeizige Ziele gesetzt haben, ist absehbar, dass nicht alle Pläne, Marktan-teile auszubauen, aufgehen können und werden.

Trübe Aussichten für EuropaObwohl das die meisten Automobilmana-ger laut LMC Automotive wissen und sich der Notwendigkeit bewusst sind, Angebot und Nachfrage langfristig und global zu-sammenbringen zu müssen, geht fast nie-mand das Problem konsequent an. Denn die Autobauer befinden sich in einer Zwickmühle. Bei Weitem nicht überall brummt das Geschäft. „In Westeuropa haben wir heute schon erhebliche Überka-pazitäten“, warnt Christoph Stürmer vom Prognoseinstitut IHS Global Insight. VW-Chef Winterkorn rechnet auf dem Markt mit einem Gewinnrückgang und einer mehrjährigen Rezession. Besonders in den schwächelnden Euroländern Portugal,

Italien, Spanien und Griechenland finden sich im Kleinwagensegment aufgrund der wirtschaftlichen Krisensituation kaum noch Käufer. Um die bereits bestehenden Überkapazitäten etwa in Japan oder West-europa auszugleichen, sehen sich viele Hersteller gezwungen, ihr Wachstum über die steigende Nachfrage in den Schwel-lenländern zu treiben. Andernfalls drohen trotz der glänzenden Zahlen aus dem ver-gangenen Jahr massive Umsatzeinbrüche.Der Kostenschnitt muss deshalb zwangs-läufig in den gesättigten Märkten erfol-gen. Das aber ist leichter gesagt als getan. Werke in etablierten Märkten zu schlie-ßen, ist ungleich schwieriger. „Es ist im-mer einfacher, Kapazität auf- als abzubau-en“, sagt Branchenkenner Diez. Die Ar-beitnehmergesetze sind strenger und die Gewerkschaften stärker. So gibt es etwa Rentenverpflichtungen und hohe Abfin-dungskosten für jeden einzelnen Mitarbei-ter, außerdem großen politischen Wider-stand, wie das Beispiel Opel in Deutsch-land zeigt. „Ein Kapazitätsabbau ist ein sehr langwieriger und schmerzhafter Pro-zess und kostet viel Geld“, so Diez. Ein Werk zu schließen, sei zumeist teurer, als eines aufzumachen. Das wiederum führe dazu, dass die Hersteller, die schlecht ver-

kaufen, aus Kostengründen zu langsam abbauten. Ein Teufelskreis. Nur wenn die Lage aussichtslos ist, werden die Auto-bauer offenbar aktiv und durchbrechen ihn. „Die betroffenen Unternehmen müs-sen so in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, dass ihnen nichts anderes übrig bleibt, als Werke zu schließen“, erklärt Diez. Als Beispiel führt er den US-Markt an. Dort waren zuletzt Unternehmen wie GM, Chrysler und Ford gezwungen, Kapa-zitäten abzubauen. „Die Schmerzgrenze ist zwar sehr hoch“, analysiert Diez. „Aber sobald Überkapazitäten strukturell und nicht konjunkturell bedingt sind, muss ein Bereinigungsprozess stattfinden.“

So hat beispielsweise Mitsubishi an-gekündigt, seine Produktion in den Nie-derlanden einzustellen - nach 21 Jahren. In Zukunft beliefern die Japaner den euro-päischen Markt von Thailand und Japan aus. Auch Fords Europachef Stephen Odell sagte dem „Handelsblatt“, er plane, in Europa „Kapazität und Kosten der Nach-frage anzupassen.“ Angesichts des Nach-frageeinbruchs fürchte er die Folgen rui-nöser Preiskämpfe. Überkapazitäten ge-fährdeten jeden in der Branche: „Selbst wenn die eigenen Kapazitäten stimmen.“

Strategie statt EuphorieDabei können die Hersteller vorbeugen und für eine bessere Allokation und Aus-lastung der Fahrzeugproduktion, etwa durch eine flexible Arbeitszeitanpassung, sorgen. Auch laufen bei den meisten Auto-mobilproduzenten nicht alle Modelle gleich gut. „Hier können viele Hersteller Kapazität verlagern: von dem Modell, das schlecht läuft, hin zu dem, das besser läuft“, erklärt Diez. Andere Experten raten neben der Drosselung der Produktion zu mehr Export in neue Märkte, wie Thai-land, Mexiko oder die Türkei, und zu mehr Allianzen und Gemeinschaftsunterneh-men. Peugeot etwa hat sich mit der GM-Tochter Opel zusammengetan, um aus den roten Zahlen zu kommen. Auch Fiat sucht Anschluss. Bei dem italienischen Autobauer gelten mehrere Werke als ge-fährdet, weil sie wegen der sinkenden Pkw-Nachfrage auf dem italienischen Hei-matmarkt nur schwach ausgelastet sind. Er hat sich deshalb auf eine Kooperation mit dem angeschlagenen US-Autobauer Chrysler geeinigt. Viele Hersteller fahren alternativ die Auslastung in mehreren Wer-ken parallel herunter, damit die mangelnde Fo

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MeinungsbildGibt es Ihrer Meinung nach Überkapazitäten bei der Automobil-produktion?

Befragt wurden weltweit 200 Manager von Automobilherstellern und -zulieferernQuelle: KPMG's Global Automotive Executive Survey 2012

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Know-how: Überkapazität

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Auftragslage in einem einzelnen Werk nicht so auffällt. Vor allem aber lässt sich der Balanceakt, in strategisch wichtigen Märkten einerseits möglichst wenig Über-kapazität aufzubauen und andererseits die Nachfrage jederzeit befriedigen zu kön-nen, nach Meinung von Wissenschaftler Diez bewerkstelligen, wenn sich das Un-ternehmen eine realistische und professio-nelle Markt- und Absatzplanung vornimmt und ein klares Bild von seiner Marktpositi-onierung hat. „Viele Hersteller neigen zu übertriebenem Optimismus und Eupho-rie“, sagt Diez. Ihnen empfiehlt er, sich am Leitspruch des ehemaligen Bentley-CEOs Franz-Josef Paefgen zu orientieren. Dieser pflegte zu sagen: „Wir bauen immer ein Auto weniger, als der Markt verlangt.“ Das sei eine gute Richtlinie, sagt Diez. Die Her-steller müssten vermeiden, Fahrzeuge auf Lager zu produzieren, und stattdessen das sogenannte Pull-Prinzip anwenden: Fahr-zeuge aus der Fabrik ziehen, aber nicht in den Markt drücken.

Vom Westen lernenAusgerechnet das einstige Sorgenkind Nordamerika, der einzige reife Automarkt, der vor allem vom Import lebt, hat vorge-macht, wie das geht. Zwar halten noch immer über 40 Prozent der Hersteller laut LMC Automotive den US-Markt für den lädiertesten. Doch dank der Rationalisie-rungsbemühungen der vergangenen Jah-re geht es ihm inzwischen wieder besser, als viele glauben. Bis zu den massiven Einschnitten aufgrund der Finanzkrise

machten die USA mit dem größten Über-hang an Fahrzeugen von sich reden. 2009 wurde nur knapp die Hälfte der Ferti-gungskapazitäten genutzt. 2010 konnten die Überhangkapazitäten durch konse-quentes Rationalisieren bereits auf knapp ein Drittel reduziert werden. Bis 2016, so die Prognose von LMC Automotive, wer-den sie ein gesundes Maß von zehn bis 15 Prozent erreicht haben.

Zwar gilt trotz aller Unkenrufe noch im-mer China als der Markt mit dem größten Potenzial und die gemessene Fahrzeug-dichte als niedrig. Sie liegt laut Homepage der Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland in der Volksrepublik China bei 30 Autos auf 1000 Einwohner, wobei es je nach Region erhebliche Abweichungen geben kann. Doch das Wachstum der Be-völkerung ist genauso ungebremst wie das der Mittelschicht. Die dadurch anziehenden Einkommen sind vor allem für Anbieter von Premiumfahrzeugen, wie Porsche, Audi, BMW und Daimler, von Bedeutung. Aus Sicht des langjährigen Vorsitzenden des Asien-Pazifik-Ausschus-ses der deutschen Wirtschaft und früheren Siemens-Chefs Heinrich von Pierer aber holt die alte neue Welt auf. In einem Inter-view sagte er jüngst, Chinas neuer Kurs hinterlasse in den Bilanzen deutscher Unternehmen Bremsspuren. Zwar seien die westlichen Autohersteller in der Volks-republik noch auf dem Vormarsch. Um zu lernen, wie mit Überkapazitäten umzu-gehen ist, empfiehlt sich aber auch ihnen der Blick gen West statt gen Ost.

Teures Parken: Bislang treffen Überkapazitäten vorrangig die Volumenhersteller. Doch selbst Premi-umanbieter wie Porsche, BMW oder Audi werden sich der Herausforderung stellen müssen.

China: von der Quantität zur Qualität

Die Automobilindustrie in China hat derzeit mit ernsthaften Überkapazitäten zu kämpfen, die sich vermutlich noch verschärfen werden. Aus der weltweit durchgeführten KPMG-Studie der Automobilindustrie (Global Automotive Executive Survey 2012) geht hervor, dass die ungenutzten Kapazitäten sich bereits heute auf sechs Millionen Einheiten belaufen. Zudem, so die Studie, ist davon auszugehen, dass diese Zahl bis Ende 2016 auf mehr als neun Millionen Einheiten steigen wird.

Obwohl dieses Problem nicht unbe-dingt den gesamten Sektor betrifft und nicht für jedes Fahrzeugsegment gilt, scheinen einige Erstausrüster (OEMs) dennoch entschlossen, ihre Expansi-onspläne fortzuführen. Von den Überkapazitäten werden aller Wahr-scheinlichkeit nach die kleineren chinesischen Hersteller am härtesten betroffen sein. In China gibt es einen ganzen „Rattenschwanz“ an OEMs von geringer Größe und mit kleinen Volumina, denen es an technischen Kapazitäten mangelt. Im Gegensatz dazu können die Hersteller von Luxusfahrzeugen und SUVs optimis- tisch in die Zukunft schauen – einige von ihnen haben sogar Kapazitätseng-pässe zu vermelden. Dies ist Ausdruck einer steigenden Verbrauchernachfrage nach bestimmten Fahrzeugtypen und -marken. In China nehmen die struktu-rellen Probleme der Branche immer mehr zu, und die Regierung bemüht sich derzeit, dieser Probleme Herr zu werden.

Letztlich wird ein entscheidender Wandel „von der Quantität zur Qualität“ stattfinden müssen, wenn die chinesische Automobilindustrie weiterhin erfolgreich sein will.

Weitere Informationen liefert Ihnen die Mitte des Jahres veröffentlichte Studie von KPMG China: „Overcapacity: A Potential ’Speed Bump’ in the World’s Largest Automotive Market“.

Sie finden sie unter: www.kpmg.com/automotive

Andrew Thomson, Partner, KPMG in China,Regionaler Leiter Automobil-industrie, [email protected]

AutomotiveNow / 19© 2012 KPMG Europe LLP, eine unter UK-Recht stehende Limited Liability Partnership, ist eine Gesellschaft, die die Kontrolle über mehrere rechtlich selbstständige KPMG-Mitgliedsfirmen ausübt und an KPMG International Cooperative

(„KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen ist. KPMG Europe LLP und KPMG International erbringen keine Dienstleistungen für Kunden. Alle Rechte vorbehalten.

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Quelle: Universität Sankt Gallen, Studie „Soziale Medien und Netzwerke in der Automobilbranche", 2011

Zukünftige Bedeutung steigt.

Die Bedeutung von Social Media für Unternehmen der Automobilbranche …(alle Angaben in Prozent)

steigt an.bleibt, wie sie ist.sinkt.

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20 / AutomotiveNow© 2012 KPMG Europe LLP, eine unter UK-Recht stehende Limited Liability Partnership, ist eine Gesellschaft, die die Kontrolle über mehrere rechtlich selbstständige KPMG-Mitgliedsfirmen ausübt und an KPMG International Cooperative

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Das Wissen um die Potenziale neuer Medien ist zu einem Schlüsselfaktor für die Wettbe-werbssituation in der Automo-bilbranche geworden. Immer

mehr Projektbeispiele zeigen, dass Social Media auch einen Beitrag zur Wertschöp-fung leisten. Interessant ist, dass dies Medien betrifft, die ihren Ursprung in rein privaten Anwendungsbereichen, wie zum Beispiel Facebook, Twitter oder YouTube, haben. Dort führten sie bereits zu einem Wandel in der persönlichen Kommunika-tion sowie bei der digitalen Interaktion von Massen. Die Automobilbranche hat wie kaum eine andere Industrie erkannt, dass diese Entwicklung nicht nur Risiken, sondern auch beachtliche Chancen birgt.

Vermuteten Experten noch vor etwa ein bis zwei Jahren das Wertschöpfungs-potenzial von Social Media vor allem in der Markenbildung sowie neuen Vertriebs-wegen – zum Beispiel Vertrieb von Klein-wagen über Facebook –, so nutzen Unter-nehmen Social Media in Form von soge-nannter „Social Software“ heute vor allem zur Unterstützung interner Prozesse. Dazu existieren am Markt mittlerweile viele technisch ausgereifte Lösungen. Deren erfolgreichste Entwickler heißen laut Gart-ner Microsoft, Jive und IBM.

Im Folgenden werden einige ausge-wählte Praxis- und Projektbeispiele aus der Automobilindustrie vorgestellt, die so-wohl das allgemeine Vorgehen als auch typische Risiken und Strategien beleuch-ten. Dabei sind auch Ergebnisse der Stu-die „Soziale Medien und Netzwerke in der Automobilindustrie“ einbezogen, die

KPMG gemeinsam mit der Universität St. Gallen zum Thema durchgeführt hat. Als empirische Grundlage der Erhebung dienten rund 70 Interviews mit Führungs-kräften aus der Automobilindustrie.

Bislang sind soziale Netzwerke und Medien als Begriffe nicht abschließend definiert. Die Merkmale von Social Media werden häufig in Bezug auf eine Gruppe von Internetangeboten angewendet, die auf dem Web 2.0 aufbauen. Dabei be-zeichnet der Begriff Social Media vor al-lem Anwendungen, die soziale Interaktio-nen und Kollaborationen im Internet er-möglichen. Das rasante Wachstum von Plattformen wie Facebook, Twitter, YouTu-be, Pinterest, Flickr, Google+, LinkedIn oder Xing verdeutlicht die Bedeutung die-

ser Medien. Twitter übrigens ist, gemes-sen an der Anzahl themenrelevanter Ein-träge, das Medium, das für die Automobil-industrie die höchste Relevanz hat.

Echtzeitreaktionen erwartetDie Automobilindustrie setzt Social Media insbesondere zur Optimierung von Prozes-sen ein. Dies gaben 75 Prozent der im Rahmen der KPMG-Studie befragten Automotivemanager an. Hauptsächlich setzten die Unternehmen auf internetba-sierte Plattformen, damit ihre Mitarbeiter über klar abgrenzbare Themenstellungen nicht mehr per E-Mail kommunizieren müssen, sondern via Chats, Instant Messaging oder Microblogs. Die Ursache für diese schrittweise Ablösung der E-Mail durch Social Media liegt vor allem darin begründet, dass sich das Kommunika-tionsverhalten verändert hat und die User

Echtzeitreaktionen einfordern. Zudem hat die tägliche Anzahl von E-Mails in allen Automobilkonzernen eine Masse erreicht, die vom Management nicht mehr bewäl-tigt werden kann.

Hinzu kommt, dass Messungen zufol-ge nur 15 Prozent aller E-Mails im engeren Sinne wertschöpfend sind. Aufgrund des veränderten Kommunikationsanspruchs fordern die Anwender zudem personali-sierte Accounts (Personalized Workplaces) ein, zu denen beispielsweise ein Foto so-wie ein kurzer Lebenslauf samt einer Auf-listung der Stationen im Unternehmen ge-hört. Unabhängige Studien haben gezeigt, dass solche Social Software Stress am Arbeitsplatz reduziert und die Produktivität deutlich steigert.

Vor diesem Hintergrund hat ein führen-des Unternehmen der Automobil-Zuliefer-industrie ein Konzept aufgesetzt, das für die Kommunikation in globalen IT-Projek-ten ausschließlich auf interne Social- Media-Plattformen setzt. Der Grund für diese Entscheidung war, dass die Menge irrelevanter E-Mails – verursacht durch Spam und unnötig lange CC-Verteilerkrei-se – ein zu bewältigendes Maß überschrit-ten hatte. Dadurch stieg das Risiko, dass Projektverantwortliche und Experten-teams die wirklich wichtigen Nachrichten übersahen.

Ein twitterähnliches Followerprinzip verhindert nun lange CC-Verteilerlisten. In Analogie zur Projektorganisation legen die Verantwortlichen zentral fest, wer welche Postings abonnieren darf. Jede weitere Kommunikation erfolgt über Chats oder Blogs, die zentral archiviert und vom ein-

Wertschöpfung 2.0Soziale Medien wie Facebook sind weit mehr als eine Tummelwiese für Heranwachsende. Sie vermögen die Zusammenarbeit in Unternehmen effizienter zu gestalten und fördern Innovationen. Die Automobilindustrie hat wie kaum eine andere Branche die Zeichen der Zeit erkannt. Text: Sebastian Paas, Partner, KPMG in Deutschland

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Best Practice: Social Media

© 2012 KPMG Europe LLP, eine unter UK-Recht stehende Limited Liability Partnership, ist eine Gesellschaft, die die Kontrolle über mehrere rechtlich selbstständige KPMG-Mitgliedsfirmen ausübt und an KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen ist. KPMG Europe LLP und KPMG International erbringen keine Dienstleistungen für Kunden. Alle Rechte vorbehalten.

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zelnen Mitarbeiter nicht länger aufwendig abgelegt werden müssen. Zusätzlich ist die Länge der Texte wie bei Twitter auf 200 Zeichen begrenzt. Dadurch sind die Absender gezwungen, sich kurz zu fassen und nur die notwendigsten Informationen bereitzustellen. Ergebnis: Die Menge der Nachrichten hat sich signifikant verringert, und den Mitarbeitern bleibt mehr Zeit für ihre eigentlich wertschöpfende Projekt-arbeit. Diese Social-Media-Initiative fand bereits bei einigen großen Projekten An-wendung, und das Management sieht sie als großen und vor allem messbaren Er-folg sowie als gelungene Maßnahme zur Effizienzsteigerung an.

Mittlerweile hat der Zulieferer neben IT-Projekten weitere Anwendungsbeispie-le identifiziert. Die Verantwortlichen gehen

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Die sechs Social-Media-Erfolgsfaktoren

Folgende strategische Maßnahmen und Erfahrungswerte sollten Unternehmen bei der Einführung von Social Media unbedingt beachten:

❱ Die größte Herausforderung bei der Nutzung von Social Me-dia ist ihre Einbettung in die Unternehmensstrategie. Selbst wenn einige Hersteller erste Automotiveprojekte aufgesetzt haben, so sind diese häufig nicht mit der Unternehmensstrategie verbun-den. Eine Verzahnung und Abstimmung zwischen Social Media und Gesamt strategie ist aber entscheidend, um das gesamte Potenzial dieser Medien nutzbar zu machen.

❱ Alle Social-Media-Aktivitäten und -Projekte müssen konkre-ten Zielen folgen. Sofern diese noch nicht explizit formuliert sind, ist dies nachzuholen, wobei Unternehmen stets darauf achten soll-ten, sie an ihren allgemeinen Geschäftszielen auszurichten. Hierbei sind gegenseitige Wechselwirkungen zu beachten.

❱ Unternehmen sollten bestehende Prozesse mit Social-Media-Techniken und -Vorgehensweisen verknüpfen. Dies meint auch, dass sie parallele Prozesse vermeiden müssen. So lässt sich bei-spielsweise das Innovationsmanagement um Open-Innovation- Aspekte erweitern oder das bestehende CRM-System durch neu gewonnene Kundeninformationen und -anforderungen ergänzen (Social CRM).

❱ Oft führen Unternehmen Social Media ein, ohne die IT mitein-zubeziehen. Gerade bei der Einbettung dieser Medien in die IT-Architektur, der Auswahl der optimalen Plattform, der Sicherstel-lung von ausreichenden IT-Sicherheitsstandards oder der Überwa-chung der Schnittstellen zwischen interner IT und öffentlichen Medien sollten die Initiatoren die IT beratend hinzuziehen.

❱ Der Umgang mit Social Media erschließt sich nicht so intuitiv wie oft proklamiert. Teil der Strategie sollte also auch sein, die Mitarbeiter auf den Umgang mit diesen Medien vorzubereiten und deren Anwendung zumindest in der Anfangsphase zu begleiten. Ledig lich eine Social-Media-Guideline zu erlassen, ist, so hat es die Praxis gezeigt, nicht ausreichend.

❱ Um den Erfolg von Social Media zu messen, sollten die Initia-toren parallel ein prozessbasiertes Kennzahlensystem aufset-zen. Grundlage dieser Messung ist ein Vergleich der Wirkung von traditionellen Prozessen zu solchen, die durch Social Media ergänzt wurden. So wird der Wertbeitrag sozialer Medien messbar.

davon aus, dass E-Mails zwar nicht voll-ständig verzichtbar sind, deren Bedeutung jedoch über die nächsten zwei bis drei Jahre deutlich an Gewicht verlieren wird.

Der Einsatz von Social Media kann überdies helfen, das Innovationsmanage-ment im Forschungs- und Entwicklungs-bereich effizienter zu gestalten. Die Ver-wendung entsprechender Software gewährleistet, dass die Geschwindigkeit des Informationsaustauschs zunimmt. Darüber hinaus steigern der höhere Betei-ligungs- und Kollaborations grad sowie die Einfachheit der Hand habung den absolu-ten Zuwachs von Ideen und Innovationen. Mittlerweile öffnen sich neben Forschungs- und Entwicklungspartnern auch Universi-täten für diese strategisch wichtige, auf Social-Media-Prinzipien beruhende Tech-nik. Teils sind über diese Plattformen auch

Kreativere Lösungen dank Social Media: Die Automotivebranche setzt zunehmend auf Tools wie Yammer. Voraussetzung sind flache Hierarchien.

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Best Practice: Social Media

© 2012 KPMG Europe LLP, eine unter UK-Recht stehende Limited Liability Partnership, ist eine Gesellschaft, die die Kontrolle über mehrere rechtlich selbstständige KPMG-Mitgliedsfirmen ausübt und an KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen ist. KPMG Europe LLP und KPMG International erbringen keine Dienstleistungen für Kunden. Alle Rechte vorbehalten.

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wichtige Kunden oder Händler einbezo-gen. Ist dies der Fall, sprechen Experten von „Open Innovation“.

Ein Automotive-OEM plant sogar, sei-ne Follower über verschiedene Social-Media-Plattformen mit in die Produktpla-nung zu involvieren. Er zählt mehr als 960 000 „Likes“ bei Facebook und rund 870 000 Anhänger bei Google+. Ziel des Automobilherstellers ist es, einen direkten Dialog zu Kunden oder potenziellen Neu-kunden aufzubauen, um deren Erwartun-gen, zum Beispiel im Hinblick auf Design und Leistung, gerecht zu werden und sie gezielt in den Innovations- und Entwick-lungsprozess einzubringen.

Ein weiterer großer Automotive-OEM hat bereits vor zwei Jahren eine rein kon-zerninterne Social Software eingeführt, um die im Unternehmen vorherrschende und im Hinblick auf Innovationen hinderli-che Hierarchie zu überwinden: Oft hatten junge Ingenieure nicht gewagt, mit ihren innovativen Ideen hervorzutreten. Teils fehlte ihnen außerhalb des offiziellen Inno-vationsmanagements die geeignete Platt-form oder aber ihre Vorgesetzten leiteten die Ideen nicht weiter. Deshalb setzte der OEM seine Plattform anonym auf, sodass sich User unter einem Alias anmelden können, ohne dass realer Name oder Posi-tion im Unternehmen ersichtlich sind.

Soziale Medien bieten also auch Chan-cen, um verkrustete Strukturen und ineffek-tive Hierarchien zu überwinden. Im Ergeb-nis konnte dieser Automotive-OEM die Anzahl seiner Innovationen um einen zwei-stelligen Prozentsatz steigern, weshalb die Initiatoren das Projekt als großen Erfolg be-werten. Mittlerweile überlegt das Manage-ment, dieses Social-Media-Projekt auf wei-tere Innovationsbereiche auszuweiten. Im Gespräch sind IT, Fertigung und Einkauf.

Im Rahmen der KPMG-Studie gaben immerhin 34 Prozent der Automotive- Manager an, dass sie solche Social-Media-Forschungs- und Entwicklungsplattformen zur Verbesserung des Innovationsprozes-ses bereits geplant oder umgesetzt haben.

Dass soziale Medien auch Risiken mit sich bringen, ist Automotive-Managern bewusst. Wenngleich nach einhelliger Mei-nung der Social-Media-Projektverantwortli-chen die Chancen überwiegen, ist es wich-tig, die folgenden drei Risiken zu managen:

Größtes Risiko bleibt der Datenschutz sowie der Datenabfluss über diese Medi-

Zum Autor

Sebastian Paas ist Part-ner bei KPMG Consulting, Information Technology Services. Er berät seit Jahren Kunden in der Automobilindustrie. Früh

hat er die Bedeutung und den Einfluss von sozialen Medien auf die Automobilindus-trie erkannt und eine Reihe von Veröffentli-chungen, unter anderem mit der Universität Sankt Gallen, herausgebracht. Sebastian Paas ist fachlich auf IT-strategische Themen-stellungen des Managements spezialisiert.

en. Das sahen immerhin 65 Prozent der Befragten so. Das Risiko ist dann am größten, wenn öffentlich zugängliche Me-dien wie Twitter genutzt werden oder es eine Schnittstelle der Social-Software-Systeme zu diesen gibt. Hierbei handelt es sich aber weniger um ein technisches Risiko. Vielmehr müssen Anwender ler-nen beziehungsweise dahin gehend ge-schult werden, dass sie Inhalte nicht wie im privaten Umfeld teilen und veröffentli-chen dürfen.

Alle Projekterfahrungen mit Social Me-dia machen deutlich, dass diese Medien nur innerhalb flacher Hierarchien funktio-nieren. Entsprechend lassen sich Informa-tionen und Prozessschritte nicht mehr so zielgerichtet steuern wie innerhalb einer klassisch-hierarchischen Kommunikation. Viele Automotivemanager sehen dies aber weniger als Risiko, sondern vielmehr als Chance an, bei der Realisierung von Pro-jekten oder Innovationen zu kreativeren Lösungen zu gelangen.

Social Media verzichten bewusst auf Kontrollen, um einen offen-kreativen Aus-tausch zu ermöglichen. Damit einher geht die Sorge von 41 Prozent der Automotive-manager, dass die Mitarbeiter entweder falsche Informationen oder überwiegend private Inhalte posten oder bloggen. Er-staunlicherweise tritt dies in der Realität nicht ein. Ein weiteres Merkmal von sozia-len Medien ist nämlich ihr hohes Maß an Selbstkorrektur. So identifiziert und korri-giert die Social-Media-Community sehr schnell versehentlich falsch veröffentlichte Informationen (Schwarmintelligenz).

Enorme EffizienzvorteileDie Automobilindustrie hat die wertschöp-fende Bedeutung von Social Media ver-standen. Ihre mediale Bedeutung zu igno-rieren, darf sich kein Management mehr leisten. Durch die enormen Effizienzvortei-le in der Kommunikation können Unterneh-men, die Social Media nutzen, Projekte weltweit optimieren und verkrustete Hier-archien ohne aufwendige Reorganisations-maßnahmen aufbrechen. Überdies vermö-gen sie neue Mobilitätsanforderungen – zum Beispiel Carsharing – zu unterstützen und ihre Vertriebs- und Innovations-prozesse effizienter zu gestalten. Im Er-gebnis führt dies zu einem entscheiden-den Wettbewerbsvorteil: Aus „Social“ wird „Efficient“ wird „Winning“ Media.

AutomotiveNow / 23© 2012 KPMG Europe LLP, eine unter UK-Recht stehende Limited Liability Partnership, ist eine Gesellschaft, die die Kontrolle über mehrere rechtlich selbstständige KPMG-Mitgliedsfirmen ausübt und an KPMG International Cooperative

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Samba in der Werkshalle

Bis vor Kurzem war Brasilien ein wichtiger, aber auch überschauba-rer Standort der weltweiten Auto-mobilindustrie: Volkswagen, Fiat, General Motors und Ford teilten

über Jahrzehnte den Markt unter sich auf. Ihre Fabriken lagen fast alle im Einzugsbe-reich der Millionenstadt São Paulo. Dort, im industrialisierten Südosten, konzentrier-te sich der Markt des Amazonaslandes. Verkauft wurden überwiegend Kleinwa-gen: Erst der Käfer und später das Nachfol-gemodell Gol von Volkswagen oder Fiats Uno waren über Dekaden die meistver-kauften Fahrzeuge – alles sparsame Klein-wagenmodelle europäischen Zuschnitts.

Selbst US-amerikanische Konzerne wie GM oder Ford produzierten in Brasili-en lange Jahre fast ausschließlich Autos, die – wie der Corsa bei Opel in Rüssels-heim oder der Ford Fiesta in Köln – in ihren europäischen Filialen entworfen worden waren. Die großen Limousinen von Chrysler oder Dodge verkauften sich in Brasilien dagegen kaum. Das lag an der geringeren Kaufkraft in Brasilien sowie an dem teuren Benzin, das die sparsamen europäischen Pkws beliebter machte.

Doch das alles hat sich geändert: Seit Mitte der 1990er-Jahre steigen mit dem anhaltend hohen Wirtschaftswachstum

bei gleichzeitig moderater Inflationsrate auch die Realeinkommen der Brasilianer. Immer mehr Bürger können sich erstmals ein Auto auf Ratenzahlungsbasis leisten – auch wenn sie den Kaufpreis oft über 48 Monate hinweg abstottern. Gerade weil die rund 195 Millionen Brasilianer im Ver-gleich zu den Menschen in den anderen drei BRIC-Staaten Russland, Indien und China über ein relativ hohes Pro-Kopf-Ein-kommen verfügen, bilden sie eine der Kundengruppen mit dem größten Potenzi-al für die Autobranche weltweit. Mit durchschnittlich einem Fahrzeug auf sechs Einwohner ist der brasilianische Markt im Vergleich zu westlichen Industri-eländern noch unterversorgt. Darüber hin-aus steigt die Kaufkraft schnell, sodass auch Premiumanbieter berechtigterweise hoffen, bald größere Stückzahlen verkau-fen zu können.

Neue Investitionswelle rollt anIn zwei Investitionswellen hat die globale Automobilindustrie den Standort in Süd-amerika ausgebaut: Bis zur Jahrtausend-wende errichteten Autobauer und Zuliefe-rer insgesamt 53 Fabriken in Brasilien – und verteilten mit dieser In vestitions-offensive die Industrie in der Region neu. Denn die brasilianischen Bundesstaaten

konkurrieren untereinander um neue Fabri ken – genauso wie die Nachbarländer Argentinien, Uruguay und Paraguay, mit denen Brasilien in der Wirtschaftsgemein-schaft Mercosur verbunden ist.

Dabei sind gewaltige Fabrikationsnetz-werke entstanden, die sich über die ganze Region erstrecken. Beispiel Volkswagen in Südamerika: Die Wolfsburger verteilen heute ihre rund 25 000 Mitarbeiter in insge-samt sechs argentinischen und brasiliani-schen Fabriken, Getriebe- und Motoren-werken über ein Gebiet, das 2 000 Kilome-ter von Ost nach West sowie von Norden nach Süden umspannt. Von Wolfsburg aus würde man in der Sahara landen, um einen ähnlichen Radius in Europa zu ziehen.

Momentan wird das gewachsene Pro-duktionsgefüge der Autobauer in Südame-rika erneut durcheinandergewürfelt: Meh-rere Autobauer bauen in Brasilien neue Werke. Darunter sind BMW, Chrysler so-wie der britisch-indische Konzern Land Rover. Mit den wachsenden Einkommen der Brasilianer erwarten die Premiuman-bieter erstmals Absatzzahlen, die eine ei-gene Fertigung im Land rentabel machen könnten. Noch in den 1990er-Jahren mussten sowohl Mercedes als auch Audi ihre neu eröffneten Werke in Brasilien be-reits nach kurzer Zeit wieder schließen,

Brasilien wird bald der drittgrößte Automarkt der Welt sein. Die Hersteller investieren dort massiv in neue Werke und Modelle – und das verstärkt auch jenseits des Kleinwagensegments. Mit Steuer-anreizen und Zollschutz will die Regierung das Boomland Südamerikas zudem als Export-plattform ausbauen. Text: Alexander Busch

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Länderfokus: Brasilien

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weil sich der Absatz geringer entwickelte, als ursprünglich erwartet worden war.

Aber auch die alten und neuen Heraus-forderer aus Asien, wie die chinesischen Hersteller JAC Motors und Chery, Hyun-dai und Ssangyong aus Korea sowie Nissan aus Japan investieren massiv in neue Werke. Die asiatischen Autoherstel-ler wollen vor allem die Nachfrage der auf-steigenden Mittelschicht Brasiliens bedie-

nen. Auch die Zuliefererindustrie folgt ihren Kunden nach Südamerika: indem sie ihre langjährigen lokalen Partner in Brasili-en übernimmt, eigene Fabriken auf die grüne Wiese setzt oder lokale Konkurren-ten aufkauft.

Wachstum allerorten: Entsprechend positiv fallen die Prognosen der Branchen-kenner für Brasilien aus, so das Fazit der „Global Automotive Executive Survey

2012“ von KPMG. Nachdem das Land be-reits 2010 Deutschland – bezogen auf die Stückzahlen – als viertgrößten Automarkt der Welt überholt hatte, erwarten die be-fragten Experten nun, dass Brasilien 2016 der drittgrößte Pkw-Markt der Welt sein wird, knapp vor Indien. Doch von Überka-pazitäten kann keine Rede sein: Trotz ge-waltiger Investitionen in größere Kapazitä-ten könnten bereits ab 2015 jährlich wach-sende Importe notwendig sein, um die stark zunehmende Binnennachfrage zu befriedigen. Auch die langfristigen Aus-sichten bleiben gut: Bis zum Jahr 2026 wird sich die Zahl der Pkw-Verkäufe auf 7,2 Millionen Fahrzeuge mehr als verdop-peln, wovon ein Viertel der Nachfrage nur durch Importe gedeckt werden kann. Bra-siliens Automarkt würde bis dahin schnel-ler wachsen als der Chinas oder der der USA, so ein weiteres Ergebnis des „Global Automotive Executive Survey 2012“.

Die Regierung um Staatspräsidentin Dilma Rousseff ist angesichts der rasant wachsenden Nachfrage besorgt, dass Im-porte kurzfristig die einheimische Produk-tion verdrängen könnten. Die harte Lan-deswährung Real bietet gerade der brasili-anischen Mittelschicht immer mehr Auto für gleiches Geld – in der Folge sind die Pkw-Einfuhren stark gestiegen. Im ver-

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Die glorreichen SiebenDas Wettbewerbsumfeld der Automobilindustrie in Brasilien

Quelle: Fenabrave, 2011

Exportplattform Brasilien: Zwei Drittelder Befragten der „Global Automotive Executive Survey 2012“ von KPMG sehen in Brasilien den bald führenden US-Hub.

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gangenen Jahr konnten vor allem chinesi-sche Produzenten wie Chery und JAC ihre Umsätze deutlich steigern und haben die USA und Japan auf der Liste der größten Autoexporteure für Brasilien überholt.

Vor diesem Hintergrund erhöhte die Regierung gegen Ende vergangenen Jahres die Importsteuern für Pkws auf 30 Prozent. Auch Fahrzeughersteller, die vor Ort in Brasilien produzieren, aber keinen lokalen Fertigungsanteil von 65 Prozent aufweisen können, müssen die Steuer bezahlen. Zugleich hat Brasilien das Pkw-Freihandelsabkommen mit Mexiko neu verhandelt: Die beiden Staaten haben sich darauf geeinigt, ihre zollfreien Ausfuhren untereinander für drei Jahre auf das Handelsvolumen der vergangenen drei Jahre zu beschränken.

Mexiko den Rang ablaufenHintergrund der handelshemmenden Maßnahme: Brasilien will seine Position als Pkw-Exporteur ausbauen – eine Rolle, die in Lateinamerika bisher vor allem Mexi-ko innehat. Dessen Autoindustrie produ-ziert vorwiegend für den Export. Mexiko ist der fünftgrößte Pkw-Exporteur der Erde. Nach den Plänen der brasilianischen Regierung sollen die in Brasilien ansässi-gen Autobauer nun verstärkt den Markt Nordamerikas beliefern – also mittelfristig die Rolle Mexikos als Lieferant für die USA sowie weitere Märkte einnehmen.

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G293 454 Mal verkauft.Der „Gol“, der in Größe sowie Ausstattung einen Kleinwagen zwischen Polo und Golf darstellt, wurde im vergangenen Jahr 293 454 Mal verkauft. Damit löste er den Fusca (Käfer) ab, der zuvor über 24 Jahre lang das meistgefahrene Auto in Brasilien war.

Die Befragten der „Global Auto - motive Executive Survey 2012“ prognostizieren, dass Brasilien spätestens 2016 der drittgrößte Automarkt der Welt sein wird. Was sind die entscheidenden Wachs - tumstreiber des südamerikanischen Boommarkts?Da sind zum einen die sinkenden Zinsen sowie die in immer größerer Zahl verfügbaren Finanzierungsmög-lichkeiten zu nennen. Zum anderen steigen wegen der hohen Beschäfti-gung die Einkommen der Brasilianer. Das sorgt für anhaltend hohe Wachs-tumsraten bei der Nachfrage nach Pkws. Zudem ist die Fahrzeugdichte noch sehr gering – und der Konsum-traum jedes Brasilianers ist bis heute der eigene Wagen.

Laut der KPMG-Umfrage wird Brasi-lien ab 2017 eine Million Pkw jährlich exportieren. Doch die Per - sonal- und Materialkosten vor Ort steigen schnell. Zudem ist der Real eine der härtesten Währungen der Welt. Hat das Land dennoch eine Chance, eine ernst zu nehmende Exportplattform für Autos zu werden? Die starke Landeswährung ist im Mo-ment in der Tat ein großes Hindernis für die Exportwirtschaft. Doch die bra-silianische Regierung hat gezeigt, dass sie das Problem des harten Wechsel-kurses für die Ausfuhren erkannt hat. Zudem dokumentieren die neuen Auf-lagen über den erhöhten lokalen Ferti-gungsanteil und den Technologietrans-fer klar, dass Brasiliens Regierung die Autoindustrie des Landes zu einem Global Player machen will.

Bisher ist das Land in erster Linie ein Produzent von und ein Markt für

Kleinwagen. Doch jetzt planen auch Premiumhersteller wie BMW eigene Werke in Brasilien. Wird sich der Markt im oberen Segment so stark entwickeln? Ja, gar keine Frage. Mit den steigen-den Einkommen entstehen in Brasilien ganz neue Konsumentenschichten für Oberklassefahrzeuge. Das sehen wir ja auch an den Importen: Noch nie wurden in Brasilien so viele Pkws im gehobenen Segment importiert wie im vergangenen Jahr.

Werden sich Brasiliens Autobauer also in der Modellpalette künftig nicht mehr wie bislang auf sparsame europäische Kleinwagen konzentrie ren? Das Modellangebot wird sich sicherlich differenzieren. Aber Sie dürfen nicht unterschätzen, dass es für brasiliani-sche Kleinwagen auch wachsende Ex-portchancen gibt – etwa in Lateiname-rika oder den Vereinigten Staaten, wo die Bevölkerung künftig immer mehr Kleinwagen nachfragen wird. Auch in den brasilianischen Städten wollen die Menschen weiterhin kleine, sparsame, umweltschonende Autos.

„Ganz neue Konsumentenschichten“Charles Krieck, Automotive Leader KPMG Brasilien, über die Zukunft des Automarkts Brasilien Interview: Alexander Busch

Export auf der Überholspur: Kleinwagen made in Brasil könnten laut Charles Krieck bald auch in anderen Ländern reüssieren.

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Länderfokus: Brasilien

© 2012 KPMG Europe LLP, eine unter UK-Recht stehende Limited Liability Partnership, ist eine Gesellschaft, die die Kontrolle über mehrere rechtlich selbstständige KPMG-Mitgliedsfirmen ausübt und an KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen ist. KPMG Europe LLP und KPMG International erbringen keine Dienstleistungen für Kunden. Alle Rechte vorbehalten.

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Problematisch ist der Dauerstau in Salvador – die Stadt ver­fügt außer über schlechte Busse über keine öffentlichen Verkehrsmittel. Wir nehmen seit Kurzem keine Vorbe­stellungen mehr für Fahrten an. Das Risiko ist zu hoch, dass uns Fahrgäste auf Schadenersatz verklagen, wenn

wir wegen des Verkehrs einen Termin nicht halten können. Das kann aufgrund der strengen Konsumentenschutzgesetze in Brasilien teuer werden. Nur Kurzfristbestellungen akzeptieren wir. Da hilft uns die Technik: Wir wissen über GPS immer, wo sich welcher Fahrer von uns befindet, ob er einen Firmenkunden fährt, einen Privatgast oder ob er leer unterwegs ist.

Als Taxiunternehmer versuche ich mir immer bewusst zu sein, dass ich zwei Kategorien von Kunden habe: zum einen die Taxifahrer, die ich mit vielen Fahrten und gutem Verdienst zufriedenstellen muss, damit sie nicht abspringen und zur Kon­kurrenz gehen. Und zum anderen die Fahrgäste, die per Mund­zu­Mund­Propaganda für meine wachsenden Umsätze sorgen. Es ist manchmal nicht leicht, die Balance zu finden. Ich versuche, langfristig zu denken: Hätte ich allein den kurzfristigen Gewinn im Blick, würde ich möglichst viele Fahrer einstellen, die mir alle ein monatliches Fixum bezahlen. Dann verdienten sie aber weni­ger und wären tendenziell unzufrieden – was sich wiederum auf die Qualität des Service auswirken würde. Ich habe jeden meiner 257 Taxifahrer persönlich eingestellt. Bedingung: Sie müssen mir von einem anderen Fahrer empfohlen werden. Im Einstellungs­gespräch weiß ich nach einer Viertelstunde, ob der Kandidat ein Profi ist und zu uns passt oder ob er mir etwas vormachen will.

Ich war selbst 16 Jahre Taxi­fahrer – nachdem 1991 die Bank, bei der ich arbeitete, in Konkurs ging. Ich nehme nur Fahrer mit Limousinen, die ma­ximal zwei Jahre alt sind. Nach drei Jahren müssen sie das Fahrzeug spätestens wechseln. Das macht auch für die Fahrer betriebswirtschaftlich Sinn, weil sie nach zwei Jahren ihre Fahrzeuge steuerbefreit gegen neue Modelle austauschen können. Wer das nicht schafft und kein Geld für den Pkw­Wechsel zurücklegt, zeigt, dass er sich nicht organisieren kann. Die Fahrer verdienen bei mir so viel wie ein Abteilungsleiter eines mittelständischen Unternehmens. Umgerechnet sind das netto rund 1 500 Euro im Monat.

Die Fußballweltmeisterschaft 2014 wird für uns alle eine große Herausforderung. Ich habe mir erst überlegt, ob ich mei­nen Fahrern Englischkurse anbieten soll – aber für das wenige, was sie nach monatelangen Kursen zustande brächten, lohnt sich das nicht. Jetzt habe ich 188 Tablets eingekauft und zum Einkaufs­preis an meine Fahrer weitergegeben. Fahrgäste können sich nun online informieren, wo was los ist in der Stadt. Und selbst Japaner und Chinesen können dann 2014 ihre Fragen in den Google­Über­setzer eingeben und mit dem Fahrer kommunizieren.

Ausfahrt

Mit Googles HilfeDer Taxiunternehmer Marcos Gondim (links) ist Miteigentümer und Finanzdirektor von Elitte Taxi – mit 257 assoziierten Taxifahrern einer der am schnellsten wachsenden Anbieter in Salvador. Für AutomotiveNow berichtet der 44­Jährige, wie das Transportbusiness in der brasilianischen 3­Millionen­Einwohner­Metropole läuft. Text: Alexander Busch, Fotos: Petra Schaeber

Tablet für Taxigäste: Damit sich Gäste der WM 2014 zurechtfinden, investierte Gondim in 188 Tablets.

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