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Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

Date post: 23-Mar-2016
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Bachelorarbeit
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TECHNISCHE UNIVERSITÄT DRESDEN FAKULTÄT FORST-, GEO-, UND HYDROWISSENSCHAFTEN INSTITUT FÜR GEOGRAPHIE Bachelorarbeit Auswirkungen von Palmöl-Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien vorgelegt von: Lukas Rainer Horch (Matr.-Nr.: 3610756) geboren am: 18.05.1986 in Hannover Betreuer: Dipl.-Geogr. Christopher-Bastian Roettig Institut für Geographie, Lehrstuhl für Landschaftslehre/ Geoökologie Dr. rer. nat. Daniela Sauer Institut für Geographie, Lehrstuhl für Landschaftslehre/ Geoökologie Dresden, den 21. März 2013
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Page 1: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

TECHNISCHE UNIVERSITÄT DRESDEN

FAKULTÄT FORST-, GEO-, UND HYDROWISSENSCHAFTEN

INSTITUT FÜR GEOGRAPHIE

Bachelorarbeit

Auswirkungen von Palmöl-Monokulturen auf

Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

vorgelegt von: Lukas Rainer Horch (Matr.-Nr.: 3610756)

geboren am: 18.05.1986 in Hannover

Betreuer: Dipl.-Geogr. Christopher-Bastian Roettig

Institut für Geographie, Lehrstuhl für Landschaftslehre/ Geoökologie

Dr. rer. nat. Daniela Sauer

Institut für Geographie, Lehrstuhl für Landschaftslehre/ Geoökologie

Dresden, den 21. März 2013

Page 2: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

Ich erkläre hiermit, dass die vorliegende Arbeit von mir selbst und ohne fremde Hilfe,

lediglich unter Benutzung der hier aufgeführten Literatur, angefertigt wurde. Diese Arbeit

wurde in gleicher oder ähnlicher Form noch keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegt.

Dresden, den 21. März 2013

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Page 3: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

Inhaltsverzeichnis1. Einleitung......................................................................................................................................5

1.1 Frage- und Problemstellung: ..................................................................................................62. Methode.........................................................................................................................................73. Lage, Klima-, Vegetationszone und Boden in Indonesien............................................................10

3.1 Lage......................................................................................................................................103.2 Klima....................................................................................................................................113.3 Boden...................................................................................................................................12

3.3.1 Einleitung ....................................................................................................................123.3.2 Böden in Indonesien.....................................................................................................123.3.3 Bodenaufbau und Bodeneigenschaften.........................................................................13

3.4 Vegetation.............................................................................................................................154. Die Ölpalme................................................................................................................................17

4.1 Einleitung.............................................................................................................................174.2 Taxonomie und Botanik........................................................................................................174.3 Morphologie.........................................................................................................................174.4 Ökophysiologie und Wachstumsbedingungen......................................................................184.5 Anforderungen an das Relief und den Boden .......................................................................18

5. Palmöl-Monokulturen..................................................................................................................205.1 Einleitung.............................................................................................................................205.2 Palmöl in Daten:...................................................................................................................215.3 Verarbeitungsprozess............................................................................................................225.4 Das Palmöl...........................................................................................................................225.5 Exkurs Stabilität: Konstanz und Elastizität...........................................................................23

5.5.1 Monokulturen: Abbruch der Stabilität..........................................................................266. Einfluss auf Biodiversität............................................................................................................27

6.1 Einleitung.............................................................................................................................276.2 Biodiversität in Indonesien...................................................................................................286.3 Naturnaher Regenwald vs. Palmöl-Monokultur....................................................................30

6.3.1 Einleitung.....................................................................................................................306.3.2 Auswirkungen auf das Mikroklima...............................................................................336.3.3 Einfluss auf die Vegetationsstruktur und den Lebensraum...........................................356.3.4 Schlussfolgerungen.......................................................................................................37

7. Auswirkungen auf Stoffkreisläufe...............................................................................................387.1 Einleitung.............................................................................................................................387.2 Gasstoffkreisläufe.................................................................................................................387.3 Auswirkungen von Palmölmonokulturen auf den Kohlenstoffkreislauf................................40

7.3.1 Einleitung.....................................................................................................................407.3.2 Allgemein.....................................................................................................................417.3.3 Exkurs: Waldvernichtung in Indonesien: Ausmaß und Folgen.....................................437.3.4 CO2 Emissionen auf entwässerten Moorgebieten.........................................................447.3.6 Schlussfolgerungen.......................................................................................................49

8. Schluss.........................................................................................................................................5111. Literaturverzeichnis...................................................................................................................52

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Page 4: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

AbbildungsverzeichnisAbbildung 1: Palmölproduktion Global 2009/2010...........................................................................5Abbildung 2: Klimadiagramm Ujung Pandang, Indonesien.............................................................11Abbildung 3: Bodentypen Sumatra..................................................................................................13Abbildung 4: Stockwerkbau im tropischen Regenwald...................................................................15Abbildung 5: Erträge verschiedener Ölpflanzen..............................................................................20Abbildung 6: Wirtschaftliche Entwicklung von Palmöl in den Jahren 1986 - 2013 ........................21Abbildung 7: Biodiversität durch Verjüngungsprozesse..................................................................24Abbildung 8: Natürliche Waldformationen in Indonesien................................................................28Abbildung 9: Vegetation & Landnutzung Indonesien......................................................................29Abbildung 10: Fragmentierung von Waldfläche durch Palmölplantage...........................................32Abbildung 11: Temperatur und Feuchteentwicklung verschiedener. Szenarien...............................34Abbildung 12: Vegetationsstruktur innerhalb der Plantage .............................................................35Abbildung 13: Waldbedeckung Borneo 1950 - 2005.......................................................................43Abbildung 14: Wälder auf Moorböden in Indonesien......................................................................45Abbildung 15: Entwässerung von Torfböden...................................................................................46Abbildung 16: Landnutzungskategorien entwässerter Gebiete........................................................47Abbildung 17: Verhältnis CO2 Emission und Grundwasserstand....................................................48Abbildung 18: Entwicklung der Emissionen durch Trockenlegung.................................................49

TabellenverzeichnisTabelle 1: Entwicklung Export Palmöl 2008 - 2012........................................................................22Tabelle 2: Tropischer Regenwald vs. Industrielle Agrarlandschaft .................................................25Tabelle 3: Pflanzenvielfalt und Endemismus: Indonesien und ausgewählter Vergleichsort ............30Tabelle 4: Effekt auf das Mikroklima abhängig von der Lage (Werte zw. 12:00 und 18:00)...........33Tabelle 5: Dichte von Epiphyten(je m² Stammoberfläche)..............................................................36Tabelle 6: Kontinentale Verteilung des Kohlenstoffs.......................................................................41Tabelle 7: Globale CO2-Bilanz........................................................................................................42Tabelle 8: Nettogewinn- und Verluste der Landökosysteme (Kohlenstoff)......................................42

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Page 5: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

1. Einleitung

Der Gedanke, sich speziell mit Palmölmonokulturen zu befassen, entstand zunächst aus der

Aktualität der Thematik heraus. Ein Artikel in der New York Times1 beschriebt die Auswirkungen

der Ausweitung der Palmölproduktion und dem damit verbundenen Verlust von Naturwaldflächen

und der Störung des ökologischen Gleichgewichts.

Die verschiedenen Ökosysteme sind besonders in Indonesien davon betroffen, weil das Land seine

Agrarwirtschaft im großen Stil auf Palmölplantagen ausrichtet, um die internationale Nachfrage des

Palmölbooms zu decken (nähere Betrachtung im Kapitel 5.2). Mit der Expansion geht eine

weitläufige Vernichtung von Waldflächen einher2.

Quelle: WDR.de [Stand: 05.10.2012]

Von Oktober 2011 bis September 2012 wurden weltweit 50.8 Mio. T Palmöl produziert, 25 Mio. T

davon in Indonesien (2009/ 2010: ca. 22,0 Mio. T., Abb. 1). Das Land exportierte im genannten

Zeitraum 18,3 Mio. T Palmöl.

China (6,1 Mio. T) und Indien (7,3 Mio. T) sind am Weltmarkt die größten Importeure. Mit 5,4

Mio. T liegen die EU27-Staaten aber nur knapp dahinter. Indonesien und Malaysia bedienen

1 Elisabeth Rosenthal, 2007 2 Vgl. Vorlaufer, 2009, S. 142 ff.

5

Abbildung 1: Palmölproduktion Global 2009/2010

Page 6: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

gemeinsam 84,8% des Weltmarkts3.

Die Folge ist, dass mittlerweile 5,4 Mio. Ha (2010) in Indonesien mit Palmöl-Monokulturen

bepflanzt sind. Das entspricht ca. 3% der gesamten Landfläche4.

Das Interesse am Palmöl orientiert sich vor allem am Gehalt an freien Fettsäuren. Enthält das Öl

weniger als 5% freie Fettsäuren wird es hauptsächlich in der Nahrungsmittelindustrie verwendet,

beispielsweise zum Frittieren von Fleisch, Fisch und Gemüse. Steigt der Fettsäuregehalt, finden

sich auch Anwendungsfelder in der Kosmetikindustrie (Seifen, fettige Alkohole, Glycerol,

Nitrogen, Amine) und in der Pharmaindustrie (Carotinoide, Vitamin E). Dazu kommt die Nutzung

im Herstellungsprozess von Produkten aus Bäumen (Papier, Hartpappe, Spanplatte). Insgesamt

sinken die Verwendungsmöglichkeiten mit steigendem Anteil der freien Fettsäuren.5

Die Problemfelder, die sich aus der extensiven Landwirtschaftsform und der Nachfrage ergeben

sind u.a.: Biodiversität, Boden, Wasser, Emissionen, Strukturen lokaler Gemeinschaften,

Arbeitsbedingungen, Löhne, Kinderarbeit und Gesundheit. Um das Thema einzugrenzen

beschränkt sich diese Arbeit – grob gegliedert – auf die Felder Biodiversität und Emissionen.

1.1 Frage- und Problemstellung: Die These, ob die Umwandlung von Regenwaldfläche in Plantagen Effekte auf die Biodiversität in

Ökosystemen hat und welche Rolle die Freisetzung von CO2 in diesem Zusammenhang spielt, steht

im Mittelpunkt der Betrachtung.

In dieser Arbeit soll herausgestellt werden, in welcher Form die monokulturelle Bewirtschaftung

von Regenwaldflächen – stellvertretend durch Palmölplantagen - einen Einfluss auf die lokale

Biodiversität und die Stoffkreisläufe hat. Ein zentraler Punkt ist, die Unterschiede zwischen

naturnahem Regenwald und kultivierter Ackerfläche aufzuzeigen.

3 Mielke, 20124 Sayer, et al. 2012, S. 25 Vgl. Rehm, Ferwerda, 1986, S. 165

6

Page 7: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

2. Methode

Die Herangehensweise an das Thema war die größte Schwierigkeit. Um einen Zugang zu finden,

habe ich mich zunächst mit grundlegenden Aspekten der Geoökologie beschäftigt, die in den

folgenden Absätzen skizziert werden.

Eines der Hauptziele der Landschaftsökologie ist die qualitative und quantitative Kennzeichnung

von landschaftlichen Ökosystemen und in diesem Kontext die Aufnahme und Darstellung

ökologischer Raumeinheiten und der darin ablaufenden Prozesse. Eine Schlussfolgerung aus den

Ergebnissen wäre im besten Falle die Kennzeichnung charakteristischer Raummuster. Zu diesem

Zweck existieren verschiedene geomorphologische und vegeteationsgeorgaphische Ansätze, die –

ausgehend von Geofaktoren – versuchen landschaftshaushaltliche Regelfunktionen für

beispielsweise Relief, Boden, Vegetation herauszustellen6.

Aus diesem Grund gibt es praxisnahe Ansätze von denen die landschaftsökologische Vorerkundung

(Differentialanalyse), und die komplexe landschaftsökologische Standortanalyse genannt seien.

Letztere ist eine Untersuchung der Partialkomplexe und ihrer Haushaltsgrößen nach dem

Catena-Prinzip (entlang von Geländestreifen, die alle relevanten Areale enthalten). Diese Analyse

großflächig anzulegen ist aufwandsbedingt schwierig umzusetzen und konzentriert sich deshalb auf

zuvor bestimmte kleinere Areale. Von den dort gewonnen Messdaten wird auf ein größeres

Untersuchungsareal geschlossen.

Bei der landschaftsökologischen Vorerkundung geht es um die Erforschung

landschaftshaushaltlicher Grundstrukturen eines gewählten Landschaftsausschnitts. Dafür werden

zunächst die wichtigsten Grundlagen bereitgestellt und die Methodik für die Standortanalyse

definiert. Während in der Standortanalyse dynamische Aspekte der Landschaftsökologie betrachtet

werden, behandelt die Vorerkundung statische Sachverhalte, anhand derer der Arbeitsgang

festgelegt wird7.

Die vorbereitende und die eigentliche Geländearbeit könnten Daten und Ergebnisse liefern, die der

Realität und den Prozessen des Untersuchungsgebietes am nahesten kämen. Beides kann jedoch im

Zusammenhang mit dieser Bachelor-Arbeit nicht erfolgen.

Die Herangehensweise ist dabei maßstabsgebunden. Es geht darum einen Ausschnitt aus der

Landschaftshülle zu untersuchen, der in seiner Ausstattung einen gewissen Homogenitätsgrad

erreicht und damit für die Nutzung durch den Menschen überhaupt erst relevant wird8. Man müsste

die gesamte Ausstattung und die Merkmale auf der vertikalen wie horizontalen Ebene erfassen und

die raum-zeitliche Dynamik von Ökosystemen mit einbeziehen. Dieser Gesamthaushalt kann an

6 Vgl. Leser, 1978, S. 63 ff.7 Vgl. Leser, 1978, S. 83 ff.8 Vgl. Leser, 1978, S. 165

7

Page 8: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

dieser Stelle nicht eingehend beschrieben werden. Es muss von einer großen Dimension wie

Ökosystemen als große Erdräume (z.B. Landschaftsgürtel) auf einen möglichst kleinen,

geographisch relevanten Raum geschlossen werden. Dabei müssen sowohl die innere Struktur

(ökologische Funktionalität) als auch die äußere Struktur (Biochore, Bereiche eines ökologisch

funktionalen Systems in der Landschaft) betrachtet werden9.

Viele der Einflüsse und Effekte, die von großangelegten Plantagen ausgehen, laufen vermutlich

unabhängig davon ab welche Nutzpflanze angebaut wird. Ob Soja, Raps, Kautschuk oder die

Ölpalme: Die großflächige Kultivierung stellt immanent auch wieder ein Ökosystem dar, in dem

systemrelevante Prozesse in verschiedenen Teilkomplexen des Systems (Partialkomplexe)

ablaufen.

Da ich keine Geländevorarbeit leisten konnte, basiert meine Arbeit und die Thematik auf einer

Literaturstudie.

Von der Grundidee, die aus dem Lesen des o.g. Artikels entstand, entwickelte ich zunächst eine

Mindmap, um meine Gedanken zu dem Thema zu ordnen. Dabei ergaben sich eine Vielzahl an

Begriffen und inhaltlichen Komplexen, denen ich mich mit Hilfe einer Internet-Recherche näherte.

Im Verlauf fand ich große Mengen Material, das sich jedoch in erster Linie plakativ auf die

gravierenden Auswirkungen der Ölpalme als Nutzpflanze bezog. Dennoch gab mir die Lektüre der

Online-Broschüren (WWF, Pro Regenwald u.a.) weitere Hinweise mit denen ich meine Mindmap

füllen konnte. Über diesen Weg erfolgte der Einstieg in die Thematik.

Der nächste Schritt bestand darin, die nach Unterthemen geordneten Begriffe im Onlinekatalog der

SLUB (OPAC) abzuarbeiten. Aus den Ergebnissen habe ich mir eine handschriftliche Literaturliste

erstellt und diese wiederum thematisch geordnet. Dabei entstand ein grundlegendes Muster, aus

dem ich den roten Faden meiner Arbeit entwickelte. Das Muster bestand darin, die Arbeit inhaltlich

abzugrenzen: die Basis stellte die Literatur zum Klima, dem Boden und der Lage Indonesiens.

Dazu kam Fachliteratur aus den Bereich Biologie und Ökologie, um die Ölpalme als Pflanze und

als Nutzpflanze beschreiben zu können. Bis zu diesem Punkt handelte es sich bei der Literatur

hauptsächlich um Monographien. Die Durchsicht der Bibliographien der eigenständigen Werke

verhalf mir mich dem Komplex der Palmöl-Monokulturen widmen. Die Verweise in der

Grundlagenliteratur führte zu spezifischen Texten, mit denen ich arbeiten konnte.

Die Grundlagen zur Biodiversität und allgemein zu den Stoffkreisläufen konnte ich ebenfalls über

die Literatur aus dem SLUB-Katalog abdecken. Danach gestaltete sich die Recherche zunehmend

schwieriger, da der Einfluss von Palmöl-Monokulturen auf die Biodiversität und die Stoffkreisläufe

erst seit relativ kurzer Zeit untersucht wird (darauf lässt zumindest meine Recherche schließen).

9 Leser, 1978, S. 169

8

Page 9: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

Die Meta-Datenbank science direct erwies sich in diesem Zusammenhang als sehr hilfreich.

Verbunden mit dem Internet-Zugang der TU Dresden hat man Zugriff auf eine große Zahl

wissenschaftlicher Texte aus Büchern, Zeitschriften, Aufsätzen usw. Die Datenbank erlaubt den

Zugriff auf relevante Texte gekommen, die zudem eine hohe Aktualität aufweisen. Die

Quellenverzeichnisse dieser Texte enthielt Hinweise auf weitere Literaturquellen (digital und

gedruckt).

Um den gesamten Grad der Aktualität der Arbeit zu erhöhen hat die Firma ISTA Mielke GmbH

freundlicherweise einen Palmöl-Datensatz (inkl. Prognosen für das Jahr 2013) zur Verfügung

gestellt (befindet sich digital auf der beigelegten CD). Das Unternehmen liefert unabhängig Daten

zu fast allen wirtschaftlichen Punkten in Bezug auf Ölpflanzen (Produktion, Angebot, Nachfrage,

Importe, Exporte, etc.).

Die Arbeit ist eine theoretische Synthese verschiedenster Vorgehensweisen. Zum einen spielt die

Literaturstudie auf Grundlage eigenständiger Literatur eine große Rolle. Auf der anderen Seite

finden wissenschaftliche Artikel Anwendung, die eine hohe thematische Relevanz und eine hohe

Aktualität besitzen.

9

Page 10: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

3. Lage, Klima-, Vegetationszone und Boden in Indonesien

3.1 LageDer Staat Indonesien ist eine Inselkette in Südostasien, die sowohl durch den Indischen als auch

durch den Pazifischen Ozean verläuft und zwischen dem Australischen und Asiatischen Kontinent

liegt. Die Inseln, die innerhalb des Staatsgebietes liegen, erstrecken sich 1.882 km von 5° 54' 08"

nördlicher Breite bis 11° 08' 20" südlicher Breite und 5.114 km in west-östlicher Ausdehnung von

95°00'38" bis 141°01'12" östlicher Länge. Zu dem Archipel gehören 13.677 Inseln, von denen

allerdings nur etwa 6.000 bewohnt sind. Damit ist Indonesien der weltweit größte Inselstaat und

mit seinen ca. 242.326.000 Einwohner zudem das viertgrößte Land der Erde. Davon leben 70

Prozent auf der Insel Java und 9.586.705 Menschen in der Hauptstadt Jakarta. Der Staat verfügt

über eine Gesamtfläche von 1.912.988 km², womit es im globalen Vergleich Platz 14 belegt.

Insgesamt sind ca. 81 Prozent der Staatsfläche Gewässer und Ozeane. Von der Landmasse entfallen

93.000 km² auf Flüsse und Seen. Die Staatsgrenzen erstrecken sich über eine Gesamtlänge von

2.830 km, wovon 228 km auf die Grenzen zu Timor-Leste entfallen, 1.782 Km auf Malaysia und

820 km auf das Land Papua-Neuguinea, mit dem sich Indonesien eine Insel teilt. Im Norden liegen

Malaysia, die Philippinen, Palau und Singarpur, im Osten Papu-Neuguinea und Osttimor. Südlich

befindet sich Australien.

10

Page 11: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

3.2 KlimaWeite Teile Indonesiens erstrecken sich entlang des Äquators und liegen damit im Einflussgebiet

des tropischen Regenwaldklimas.

Quelle: Wikipedia, 2012

Das Temperatur-Jahresmittel in Ujung Pandang (Abb. 2) liegt bei 26.3° C, die Temperaturen sind

konstant und schwanken kaum im Jahresverlauf (höchster Wert im Mai: 27.0° C, niedrigster im Juli

und August: 25.6° C, Amplitude: 1.4° C). Durch das Tageszeitenklima dürfte die Amplitude

zwischen Tages- und Nachttemperatur deutlich höher liegen. Die Niederschlagssumme liegt bei

2851 mm. Bedingt durch die Monsunwinde aus nördlicher bis westlicher Richtung - im

Süd-Sommer - herrscht in dieser Region von November bis April Regenzeit (Max. im Januar: 686

mm). Von Mai bis Oktober ist Trockenzeit und die Niederschlagsmenge ist geringer (Min. im

August: 10 mm, Max. im Mai: 89 mm). Während dieser Zeit kommen die Passatwinde aus Nordost

und bringen trockene Luft (Wintermonsun). Weiter östlich kehren sich die Verhältnisse um. Der

Monsun aus Südosten ist für ausgeprägte Trockenzeiten verantwortlich. Die oben genannten

regionalen Unterschiede ergeben sich aus der jeweils unterschiedlichen Lage des Standorts zum

Meer, dem Relief und der Höhe. Die Temperaturen und die Niederschläge können

dementsprechend variieren.

11

Abbildung 2: Klimadiagramm Ujung Pandang, Indonesien

Page 12: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

3.3 Boden

3.3.1 Einleitung

Im FAO-System (Food and Agriculture Organization), das zur einheitlichen Klassifizierung der

Böden entwickelt wurde, sind insgesamt 23 verschiedene Bodeneinheiten aufgeführt, die den

Tropen zuzuordnen sind10. Jeder Boden verfügt über spezifische Eigenschaften, die sich aus den

jeweils unterschiedlichen Bodenbildungsprozessen ergeben. Diese Prozesse werden ursächlich von

verschiedenen Umwelteinflussfaktoren bestimmt: Klimatische Bedingungen (Niederschlag,

Temperatur, Strahlungsintensität), anstehendes Gestein, Relief und anthropogene Einflüsse.,

3.3.2 Böden in Indonesien

Das Klima, mit den charakteristisch hohen Temperaturen und ausgeprägten Niederschlägen, ist eine

wichtige Einflussgröße für den hohen Biomasse-Umsatz in den Naturwäldern Indonesiens.

Gleichzeitig sind sie aber auch der Grund für die hohen chemischen Verwitterungsraten, die rasche

Auswaschung wasserlöslicher Ionen und für die schnelle Zersetzung organischer Substanzen. Die

Böden haben eine geringe Kationenaustauschkapazität (Maß für die austauschbaren Kationen im

Boden, vereinfacht: Index für die Nährstoffversorgung der Pflanzen im Boden) und sind häufig

sauer (pH-Wert 4,5 – 5,5 / sehr geringe Basensättigung). Zudem sind sie nährstoffarm, der Großteil

der Nährelemente befindet sich in der Biomasse11. In Südostasien finden sich auch Böden mit einer

besseren Nährstoffverfügbarkeit, die mit einer Bodenentwicklung unter Einfluss vulkanischer

Aktivität zusammenhängt. In Indonesien befinden sich die meisten Vulkane der Welt, davon waren

bzw. sind zwischen 76 – 100 in jüngerer Zeit (1600 n. Chr. – heute) aktiv12. Historisch wie heute

haben Vulkanausbrüche einen Einfluss auf die hiesigen Böden. Einerseits sind die mit einem

Ausbruch einhergehenden Ascheregen eine Art „Nährstoffnachschub“, andererseits entwickeln sich

auf vulkanischen Gesteinen (lange Verwitterungsprozesse vorausgesetzt) nährstoffreiche Böden,

die den Pflanzen optimale Wachstumsbedingungen bieten. Die vulkanische Aktivität der

Vergangenheit hat dazu geführt, dass weite Teile des Landes (ca. 70%) aus relativ jungen

Sedimenten bestehen. Dazu gehören Laven, Tuffe, Bimssteine, aber auch Sandsteine, Kalke und

Mergel. Im Einzugsgebiet von Flüssen und auf Küstenebenen bestimmen tonige Gleyböden das

Bild. Die Bedeutung und der Einfluss der Torfmoore und der Torfflöze auf den

Kohlenstoffkreislauf wird im Kapitel 7: Stoffkreisläufe erläutert.

10 Vgl. Rehm, 1986, S. 6411 Kehl, 200912 Vgl. Hobohm, 2000, S. 114 ff.

12

Page 13: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

Im Zusammenhang mit dieser Arbeit macht es Sinn lediglich zwei der verbreitetsten Bodentypen

der Tropen zu betrachten: die Ferralsols und die Acrisols. Auf ihnen wachsen weite Teile des

immergrünen Regenwaldes in Indonesien und damit auch die Ölpalme (Abb. 3).

Quelle: verändert nach Vorlaufer, 2009, S. 24

3.3.3 Bodenaufbau und Bodeneigenschaften

Bedingt durch die klimatischen Voraussetzungen und der damit verbundenen

Verwitterungsintensität, variieren die Bodenbildenden Prozesse in den Tropen und Subtropen

besonders stark. Die Böden reichen bis in das Tertiär zurück und sind zumeist extrem tiefgründig

verwittert. Hohe Niederschläge waschen Basen und Kieselsäuren aus. Im Boden verbliebene

Sesquioxide (u.a. Al2O3, Fe2O3) unterstützen die Krustenbildung, auch Lateralisierung genannt.

Die durch Oxidationsprozesse stark rot-braun verfärbten Böden sind nährstoffarm und haben eine

geringe horizontale Ausdifferenzierung13.

Einer dieser Bodentypen ist der sogenannte Acrisol. Acrisole (lat.: Acer = sauer) unterliegen

starken Auswaschungsprozessen und einer hohen Verwitterungsintensität, sie sind stark versauert

und sehr tiefgründig. Im Unterboden reichert sich Ton an. Acrisols sind basenarm, besonders in den

Subhorizonten. Der Boden ist (ocker-)braun und rötlich verfärbt. Ein großer Teil der Acrisols

13 Kehl, 2009

13

Abbildung 3: Bodentypen Sumatra

Page 14: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

verfügt über eine gute Wasserleitfähigkeit und damit über eine hohe Wasserspeicherkapazität;

dadurch sind sie aber auch anfällig für Staunässe und Erosion. Diese – auch Orthic Acrisols –

genannten Böden machen etwa ein Drittel Südost-Asiens aus.

Ein weiterer wichtiger Bodentyp ist der Ferralsol. Der Boden ist hellgelb bis tief rot verfärbt (durch

Fe-Oxide), besitzt einen geringen pH-Wert zwischen 4,5 – 5,5 (sauer bis stark sauer) und besteht

aus basenarmen Material, das einen hohen Verwitterungsgrad aufweist. Im Laufe von

Hunderttausenden bis Millionen Jahren entwickelten sie sich zu einem typischen Waldboden in den

immerfeuchten Tropen, der zumeist an ebenen oder schwach geneigten Lagen auftritt14. Der Boden

ist ebenfalls mit 20 bis 30 m sehr tiefgründig. Tonverlagerung findet hier praktisch nicht statt (im

Gegensatz zu den Acrisolen), die Kationenaustauschkapazität des Bodens ist niedrig, die

Basensättigung ebenfalls und die Bodenreaktion sauer. Die Textur des Bodens ist sandig-lehmig.

Die Prozesse, die hier zum tragen kommen (z.B.: Ferrallitisierung, Desilifizierung) unterliegen

konstant feuchten und heißen Bedingungen und einem andauernden, hohen Streunachschub und

dessen Zersetzung. Dieser Kreislauf aus Streufall, Streuzersetzung, Nährstofffreisetzung und

Nährstoffaufnahme erfasst hauptsächlich Streu- und Oberbodenhorizonte. Das Auswaschen von

Nährstoffen spielt in diesem Bereich eine geringfügige bis gar keine Rolle15.

Auf den beschriebenen Böden befindet sich also - trotz der fehlenden Nährstoffe in tieferen

Horizonten – tropischer, immergrüner Regenwald mit einem sehr hohen Biomasseumsatz. Die

Speicherung von Nährstoffen und deren Nachlieferung sind zu einem großen Teil an lebendes und

abgestorbenes organisches Material gebunden. Durch anthropogene Einflüsse wird dieser Kreislauf

zwischen Boden und Vegetation gestört, bzw. zerstört. In diesem Falle geht die natürliche

Fruchtbarkeit trotz der genannten günstigen Umweltbedingungen (Licht, Temperatur, Feuchte)

verloren16.

14 Vgl. Rehm, 1986, S. 82 ff.15 Kehl, 200916 Vgl. Rehm, 1986, S. 87

14

Page 15: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

3.4 VegetationAus den vorangegangen Erläuterungen zum Klima wird deutlich, dass sich Indonesien (zum

größten Teil) im Bereich der immerfeuchten Tropen befindet und damit in einer hoch

diversifizierten Vegetationszone (Ungefähr 10 Prozent aller Angiospermen - Bedecktsamige

Pflanzen - sind hier heimisch). Der Regenwald beherbergt Vegetationsformen mit der höchsten,

oberirdischen pflanzlichen Biomasse weltweit, wohingegen die tierische Biomasse vergleichsweise

gering ausfällt17.

Der Regenwald kann in fünf Stockwerke eingeteilt werden (s.h. Abb. 4).

Quelle: Kehl, 2009

Manche Bäume (Emergent Layer) reichen dabei bis zu 80 m hoch – insgesamt machen Bäume ca.

70 Prozent der vorkommenden Arten aus. Das Blätterdach ist trotz der hohen Niederschläge

intensiver Sonneneinstrahlung ausgesetzt, was zu einem trockeneren Mikroklima in der Höhe und

einem relativ feuchteren im Unterholz führt. Im Bereich des dichten Kronendachs (Canopy Layer)

wachsen vorrangig Mesophyten, die einen besseren Verdunstungsschutz (wegen hoher

Temperaturen) besitzen. In den unteren Stockwerken (Understory Layer, Immature Layer und Herb

Layer) wachsen Hygrophyten, die an schattige, feuchte Standorte angepasst sind18. Die Tageslängen

variieren kaum, sondern liegen immer in etwa bei 12 Stunden. Vom pflanzenverfügbaren Tageslicht

erreichen nur ca. 1–3 Prozent den Regenwaldboden, was sich in einer schwach ausgeprägten

17 Vgl. Box, Fujiwara, 2001, Vol. 1, S. 26618 Kehl, 2009

15

Abbildung 4: Stockwerkbau im tropischen Regenwald

Page 16: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

Krautschicht zeigt. Im Kontext dieser Arbeit, muss eine allgemeine Betrachtung ausreichen,

obwohl der Vegetationsbestand in den einzelnen „Stockwerken“ erheblich komplexer ist. Es sei

noch erwähnt, dass die Familie der Dipterocarpaceen mit ihren schätzungsweise 15 Gattungen und

580 Arten in Indonesien weit verbreitet ist und sowohl die kleinen, wie auch die größten Bäume

des Tieflandregenwaldes stellt. Zudem erstreckt sich die Vegetation, in Form von Bergwäldern an

Vulkanhängen, bis in höhere Lagen.19

19 Vgl. Kehl, 2009

16

Page 17: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

4. Die Ölpalme

4.1 EinleitungIn den Tropischen Regenwäldern Zentral- und Westafrikas liegt der Ursprung der Ölpalme (Elaeis

guineensis); der sog. „Ölpalmen-Gürtel“ zieht sich durch die südlichen Breiten von Sierra Leone,

Liberia, Elfenbeinküste, Ghana, Togo, Nigeria und Kamerun. Die Ölpalme wurde in weiten Teilen

Afrikas kultiviert, lange bevor die ersten Europäer den Kontinent kolonisierten20.

4.2 Taxonomie und BotanikDie Gattung Elaeis gehört zur Palmenfamilie Palmae, sie ist ein Mitglied der Klasse der

Monokotyledone und der Spadiciflorae untergeordnet. Zusammen mit der Gattung Cocos zählt man

sie zum Stamm der Cocoineae.

Der Begriff 'Elaeis' stammt aus dem griechischen und bedeutet 'Öl', der Zusatz 'guineensis' weist

auf den Ursprung der Pflanze an der Guineaküste hin21.

4.3 MorphologieDie Adventivwurzeln (verzweigt, entstehen aus Primärwurzel), die ein starkes, komplexes

Wurzelsystem (8000 bis 10000 Wurzeln, 4 bis 10 mm dick) bilden, sitzen unterirdisch am

Stammfuß. Sie reichen bis 9 m in den Boden und entwickeln eine Länge zwischen 15 und 20 m.

Die Krone der Ölpalme besteht aus 35-60 Wedeln, die bis zu sieben Meter lang werden und einen

1,50 Meter langen Blattstiel besitzen, an dem sich wiederum 250-350 Blätter befinden, mit einer

Länge bis 1,30 Meter. Sie entspringen einer einzigen Knospe am Boden der Krone. Die Palme

erreicht eine Höhe zwischen 15 und 30 Meter und sie kann bis zu 300 Jahre alt werden.

Sie ist ein Zwitter und bildet sowohl weibliche als auch männliche Blütenstände, was eine

Kreuzbestäubung erforderlich macht – Wind und verschiedene Insekten verteilen die Pollen.22.

Die Ausdifferenzierung des Geschlechts erfolgt im 28. Monat vor der Blüte. Der männliche

Blütenstand hat einen ca. 40 cm langen Stengel, an dem sich 100-300 Ährchen befinden, die

600-1500 gelbe Blüten tragen. Die Pollenproduktion liegt zwischen 10 und 30 g pro Blütenstand.

Die Steinfrüchte sitzen auf einem großen, kompakten Strauß. Jede Frucht hat einen harten

Hülsenkern (Endokarp), der von einer fleischigen Fruchthülle (Mesokarp) umschlossen ist. Im

Mesokarp sind 49% Palmöl enthalten, im Endokarp ca. 50% Palm-Kern-Öl. Eine ausgewachsene

Pflanze hat hunderte bis tausende Früchte, die jeweils 5 – 50 kg wiegen können, abhängig vom

20 Vgl. Prabhakaran Nair, et al., 2010, S. 21021 Vgl. Prabhakaran Nair, et al., 2010, S. 21222 Vgl. Prabhakaran Nair, et al., 2010, S. 215

17

Page 18: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

Alter der Pflanze und den Umweltbedingungen in der sie wächst. Die Früchte erreichen ihr

Reifestadium nach etwa fünf bis sechs Monaten, zum Ende hin setzt die Ölbildung ein23.

Das Erscheinungsbild der Ölpalme ist unterschiedlich. Der bekannteste Typ, die Nigrescens ist

dunkel violett oder schwarz, je nach Reifegrad. Daneben gibt es die Virescens, grün. Reife

nigrescens-Früchte sind dunkel-orange, reife virescens-Früchte hell-orange. Das reife Fruchtfleisch

im Mesokarp ist meistens orange-rot. Die Wasser- und Nährstoffaufnahme erfolgt über

Seitenwurzeln zweiter und dritter Ordnung24

4.4 Ökophysiologie und WachstumsbedingungenDie Ölpalme ist eine Tropenpflanze, die hauptsächlich zwischen 10° nördlicher und 10° südlicher

Breite des Äquators angebaut wird. Der Grund dafür liegt in erster Linie an den

Produktionsbedingungen: die Pflanze braucht mindestens sechs Stunden Sonnenlicht pro Tag um

optimal wachsen zu können. Zudem ist eine durchschnittliche Temperatur von 24° bis 28° C,

erforderlich wobei die tägliche Amplitude zwischen 8 und 10°C liegen darf, die jährliche bei 5° C.

Damit die Samen überhaupt austreiben sind 15° C nötig. Bei gleichmäßiger Verteilung der

jährlichen Niederschläge (maximal ein Monat mit weniger als 100mm) und einer

durchschnittlichen Temperatur von 25°C reichen der Ölpalme eine Jahresmenge von 1500 mm.

Entsprechend muss - bei ungleichmäßiger Verteilung und höheren Temperaturen - die

Niederschlagsmenge höher liegen. Die tolerierte Trockenzeit liegt bei höchstens drei Monaten25.

4.5 Anforderungen an das Relief und den Boden Die Ölpalme wächst idealerweise auf flachem Grund oder schwach geneigtem Gelände. Die

Hangneigung und die Höhe des Geländes sind wichtige Faktoren bei der wirtschaftlichen

Kultivierung: Entwässerung, Bodenerosionsschutz (höher an abschüssigem Gelände), Straßenbau,

Pflege, Ernte und Transport der Erträge sind allesamt vom Relief abhängig. Ab einer Höhe von 200

m. ü. NN steigen die Kosten für Pflege, Ernte und Transport.

Die Fruchtbarkeit des Bodens spielt für die Ölpalme keine besonders große Rolle. Der pH-Wert des

Bodens kann zwischen 5,0 und 7,0 variieren. Schwere, tonhaltige Böden sind nicht geeignet, da

während der Monsunzeit die Wasserleitfähigkeit beeinträchtigt wird, was zu Staunässe führt.

Sandiger Lehm, tiefer als 75 cm, bietet die besten Voraussetzungen für die Pflanze, da sich das

Wurzelsystem der Pflanze am besten in tiefgründigen, gut entwässerten und durchlässigen Böden

entwickeln kann. Die oben beschriebenen Ferral- und Acrisole bieten die erforderlichen

Bedingungen. Laterite, sandige, oder torfige Böden sind ebenfalls keine gute Grundlage, da sie

23 Vgl. Rehm, Ferwerda, 1986, S. 16724 Rehm, Ferwerda, 1986, S. 16625 Vgl. Rehm, Ferwerda, 1986, S. 168

18

Page 19: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

besondere Aufmerksamkeit und Pflege bedürfen, um ein ausreichendes Wachstum zu ermöglichen.

Auf Böden im Landesinneren müssen ¼ bis ½ der Nährstoffe Natrium, Phosphor und Kalium über

anorganische Dünger eingebracht werden, sofern die Böden nicht die erforderliche Fruchtbarkeit

mitbringen. Die Nährstoffe sind nötig, um den Verlust durch Immobilisierung im Falle nicht

sachgemäßer Düngung (Phosphorüberangebots), Auswaschung, Beschneidung der Pflanze und

Einträge von Ölpalm-Mühlen auszugleichen. Natrium beispielsweise erhöht die Zahl der Sträuße,

das Gewicht und die absolute Öl-Produktion. Phosphor beeinflusst nur das Straußgewicht, jedoch

keine der anderen Faktoren, die den Ertrag bestimmen.26

26 Vgl. Rehm, Ferwerda, 1986, S. 214

19

Page 20: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

5. Palmöl-Monokulturen

5.1 EinleitungVerfolgt man das Ziel, mit der agrarischen Nutzung der Ölpalme hohe Erträge und damit hohe

wirtschaftliche Rendite zu erzielen, muss man entsprechende Anforderungen an die Pflanze stellen:

sie muss einen hohen Ölertrag aufweisen, ein langsames Längenwachstum (einfacheres Ernten der

Früchte) und eine gute Resistenz gegen Schädlinge und Krankheiten. Dazu kommt eine gute

Anpassungsfähigkeit an schwankende Klima- und Bodenbedingungen27.

Quelle: WDR.de [Stand: 05.10.2012]

Die Ölpalme ist mittlerweile eine der wichtigsten Öl-Früchte der Welt. Der Ertrag ist im Vergleich

zur Sonnenblumen ca. zehnmal, verglichen mit Raps bis zu siebenmal höher. Auf einem Hektar

können pro Jahr zwischen 3,5 -8 Tonnen Öl gewonnen werden (Abb. 5).

Auf ebenem und schwach geneigtem Gelände werden die Pflanzen im Dreieck angeordnet. Die

Anbaudichte hängt vom Bodentyp ab. Auf Böden im Landesinneren werden die Pflanzen in einem

Abstand von 8,8 Meter gepflanzt bei ca. 148 Palmen/ Ha. Bei alluvialen Böden in Küstennähe

verringert sich die Dichte auf 136 Palmen/ Ha.28 Die Pflanzenreihen verlaufen in

Nord-Süd-Richtung, um die Morgen- und Abendsonne optimal ausnutzen zu können. Die

27 Vgl. Rehm, Ferwerda, 1986, S. 16928 Vgl. Rehm, Ferwerda, 1986, S. 168

20

Abbildung 5: Erträge verschiedener Ölpflanzen

Page 21: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

Wurzelballen werden zu Beginn der Regenzeit gepflanzt.

Die Fruchtproduktion wird von der Anzahl der produzierten Fruchtbündel bestimmt. Stellt man bei

ausgewachsenen Pflanzen einen Nährstoffmangel fest, sinken die Erträge, da die Fruchtproduktion

schon zweieinhalb Jahre vor der Ernte angelegt wird. Mineraldüngung ist aus diesen Gründen von

großer Bedeutung, da die Böden – wie oben bereits erwähnt - die benötigten Nährstoffe nicht

ausreichend bereitstellen können29.

5.2 Palmöl in Daten:

Quelle: eigene Darstellung nach Daten von: ISTA Mielke GmbH

Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die Abb. 6 und basieren auf einem Datensatz der

ISTA Mielke GmbH. In den Jahren 1985/86 lag die globale Produktion von Palmöl bei 8,8 Mio. T.

pro Jahr, davon wurden etwa 95%30 aus Indonesien und Malaysia exportiert. In den folgenden

zwanzig Jahren explodierte die globale Produktion buchstäblich und stieg bis 2004 auf ca. 31 Mio.

T., bis 2012 erreichte sie einen Stand von ca. 50 Mio. T./ Jahr. Die Prognosen für 2013 deuten einen

weiteren Anstieg der weltweiten Produktion an. Allein aus Indonesien werden jedes Jahr 19,2 Mio.

T. (2012) Palmöl exportiert, womit das Land, knapp vor Malaysia, auf Platz eins der

Palmöl-exportierenden Länder steht. Im Vergleich zu 2004 (8,7 Mio. T) hat sich das

Exportvolumen also mehr als verdoppelt. Die Produktion hat sich in Indonesien von ca. 12 Mio. T./

Jahr (2004) auf 25 Mio. T./ Jahr (2012) ebenfalls mehr als verdoppelt.

29 Vgl. Rehm, Ferwerda, 1986, S. 170 ff.30 Rehm, Ferwerda, 1986, S. 165

21

Abbildung 6: Wirtschaftliche Entwicklung von Palmöl in den Jahren 1986 - 2013

Produktion IndonesienExport Ind

Produktion GlobalExport Glob

0

10

20

30

40

50

60

1986

2004

2012

2013F

Page 22: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

Export Palmöl 2008/2009 (in Mio. T.) 2011/2012 (in Mio. T.)

Indonesien 16,2 18,3

Malaysia 15,9 17,6

Weltweit 35,6 42,2

Anteil Indonesien & Malaysia in %

90,2 % 85 %

Tabelle 1: Entwicklung Export Palmöl 2008 - 2012

Quelle: eigene Darstellung nach Daten von: ISTA Mielke GmbH

Aus den Daten (Tab. 1) lässt sich errechnen, dass der Anteil am Export aus Sicht von Indonesien

und Malaysia um ca. 5% zurückgegangen. Der Grund dafür könnte darin liegen, dass mittlerweile

auch andere Länder (v.a. Südamerika: Kolumbien z.B.) die Ölpflanze als Nutzpflanze erkannt

haben. Trotzdem beherrschen die beiden Südostasiatischen Länder mit etwa 90% Export die

Produktion.

Der Anteil von Palmöl an der weltweiten Gesamtproduktion pflanzlicher Öle ist von 17%

(1985/86) auf 30% (2006) gestiegen und liegt damit gleichauf mit der Produktion von Sojaöl31.

5.3 VerarbeitungsprozessEine Ölpalme kann 20 bis 30 Jahre wirtschaftlich genutzt werden. Man beginnt mit der Ernte,

sobald die ersten losen vollreifen Früchte aus dem Fruchtstand gefallen sind. Ausgewachsene

Palmen werden wöchentlich geerntet. Die Früchte sollten innerhalb von 24 Stunden verarbeitet

werden, da sonst der Anteil der freien Fettsäuren im Palmöl ansteigt. Durch Dreschen werden die

Einzelfrüchte von den Stielen getrennt. Um das Fruchtfleisch von der Steinschale mit dem Kern zu

trennen, werden sie in Rührkesseln gequetscht und zu Brei verrührt. Das Palmöl wird aus dem

Fruchtbrei gewonnen. Das Rohöl besteht aus Öl, Wasser, gelösten Zuckerarten und Salzen, sowie

festen Bestandteilen (Fasern, Sand). Das Öl wird mit Hilfe von Zentrifugen von den ungewollten

Bestandteilen getrennt.32

5.4 Das Palmöl

Das gespeicherte Öl lässt sich in zwei Kategorien unterteilen – das Palmöl, das aus dem

Fruchtfleisch (im Mesocarp) gewonnen wird und das Öl aus dem Kern. Sie unterscheiden sich

qualitativ in der Zusammensetzung, ihren physikalischen Eigenschaften und ihrer Verwendbarkeit.

Das Kern-Öl ist reich an mittelkettigen Fettsäuren und enthält 51% Laurinsäure und 18%

Myristinsäure und ist damit besonders in der Oleochmie gefragt.

Palmöl mit einem Anteil von 50% gesättigter Fettsäuren, 40% einfach gesättigten Fettsäuren und

31 Pastowski, Andreas, 2007, S. 4632 Vgl. Rehm, Ferwerda, 1986, S. 171 ff.

22

Page 23: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

10% mehrfach ungesättigter Fettsäuren gehört zu den halbfesten Fetten (bei Zimmertemperatur).

Die Fettsäuren bestehen aus 44% Palmitinsäure, 5% Fettsäure, 39% Ölsäure und 10% Linolsäure.

Um die Bildung von unerwünschten freien Fettsäuren zu unterbinden, wird der geerntete

Fruchtstand sterilisiert (in Sterilisationskesseln unter Dampfdruck).

Die Einlagerung von Öl in der Pflanze kann 12 Wochen nach der Blüte festgestellt werden. Eine

nennenswerte Akkumulation beginnt ab der ca. 16. Woche und endet mit der 20. Woche.

Das Öl wird in Öl-Körpern gespeichert, die sich im Zellplasma des Mesocarps reifer Palmen

finden33.

5.5 Exkurs Stabilität: Konstanz und ElastizitätDer Wald ist ein nahezu geschlossenes Ökosystem, wobei er neben der Energie auch auf die Zufuhr

von Wasser angewiesen ist. Man zählt ihn zu den geschlossenen Systemen, weil 60 bis 85 Prozent

aller Nährstoffe innerhalb des Ökosystems im Umlauf sind34. Fehlen anthropogene Störgrößen,

verursacht durch Abfälle, Düngung, Einsatz von Pestiziden usw., kann man den Wald zudem als

relativ stabiles Ökosystem bezeichnen.35

Demgegenüber stehen die Plantagen, die - geschaffen und unterhalten durch den Menschen - ein

Musterbeispiel für ein offenes System darstellen. Das liegt hauptsächlich daran, dass sie den

genannten Störfaktoren ausgesetzt sind.

Biozönosen (Lebensgemeinschaften) sind Teil eines Ökosystems. Eine solche Lebensgemeinschaft

ist nicht bloß eine lose Ansammlung von Individuen, in der die einzelnen Landschaften aus

unabhängig voneinander existierenden Ökosystemen bestehen. Veränderungen oder das Entfernen

eines „Teiles“, z.B. einer Art, kann eine Vielzahl an Prozessen auslösen, die u.U. dazu führen, dass

weitere Elemente des Systems verloren gehen. Wirkungen können quasi „von oben bis nach ganz

unten“ durchschlagen. Daraus folgt, dass die Vielfalt einer Biozönose, sprich die Diversität,

Stabilitätsprinzipien unterworfen ist, die sich nach bestimmten Regeln organisieren36:

- Sind die Lebensbedingungen eines Biotops variabel, so ist die Artenzahl innerhalb der

Lebensgemeinschaft (Biozönose) höher. Die Individuenzahl je Art ist meist gering.

- Weichen die Lebensbedingungen der Organismen vom Optimum ab, erscheint die

Lebensgemeinschaft artenärmer

- Artenreichtum und Stabilität sind eng mit einer gleichmäßigen Entwicklung einer

Lebensgemeinschaft verbunden.

33 Vgl. Rehm, Ferwerda, 1986, S. 174 ff.34 Klötzli, 1989, S. 76 u. S. 8135 Vgl. Klötzli, 1989, S. 4736 Vgl. Klötzli, 1989, S. 80 ff.

23

Page 24: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

- Euryöke Arten herrschen in vielseitigen Ökosystemen vor (tolerieren relativ große Schwankungen

der ökologischen Randbedingungen), stenöke Arten in einseitigen (extremen) Ökosystemen (sind

an bestimmte Bedingungen gebunden, niedrige Toleranzschwelle).

In diesem Zusammenhang erfährt der Begriff Stabilität eine besonders wichtige Bedeutung. Die

Frage ob Vielfalt automatisch zu Stabilität führt, hängt von einer Vielzahl an Begriffen ab37:

- Konstanz: keine Veränderung

- Trägheit: Widerstand gegen Störungen

- Elastizität: schnelle Rückkehr zum stabilen Zustand nach Störung

- Pufferung: Bereich, in dem ein System in den stabilen Zustand zurückkehren kann.

- Zyklische Stabilität: System ändert sich ständig, bleibt aber in diesem Kreislauf stabil

- Überleitende Stabilität: innerhalb eines Umwelt-“Korridors“ ist das System stabil,

Umweltfaktoren können sich ändern

Quelle: verändert nach Klötzli, 1989, S. 71

In Abb. 7 ist ein stark vereinfachtes Ökosystem dargestellt, das sich (wenn nicht durch

anthropogene Einflüsse gestört) durch Reproduktionsprozesse konstant verjüngt. Mit

zunehmendem Alter und dem Reifegrad eines Ökosystems nimmt auch dessen Artenreichtum zu38.

Die dadurch bedingte genetische Heterogenität schützt das System vor Krankheiten und anderen

37 Vgl. Klötzli, 1989, S. 76 ff.38 Klötzli, 1989, S. 84

24

Abbildung 7: Biodiversität durch Verjüngungsprozesse

0 50 100 150 X0

20

40

60

80

100

120

Diversität

Page 25: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

schädlichen Umwelteinflüssen. Das heißt aber nicht, dass artenreiche Systeme zwangsläufig stabil

sein müssen. Der tropische Regenwald bietet seinen heimischen Arten über lange

Entwicklungszeiträume konstante Bedingungen. So sind Pflanzenfresser auf bestimmte

Futterpflanzen angewiesen, was wiederum die Vorherrschaft einer bestimmten Baumart verhindert.

Das sind Eigenschaften, die den Regenwald anfällig für nachhaltig wirksame Umweltstörungen

machen. Das bedeutet, dass sich der tropische Regenwald nach einer Rodung nicht mehr

regenerieren und selbstständig ausbreiten kann. Es entstehen Sekundärwälder mit entsprechend

angepassten Arten. Im Falle einer schweren Störung ist die Elastizität des Systems sehr gering,

obwohl es über ein hohes Maß an Diversität verfügt39.

Diversität/ Stabilität Tropischer Regenwald Industrielle Agrarlandschaft

Artendiversität hoch sehr niedrig

Entwicklungszeit lang sehr kurz

Heterogenität hoch sehr gering

Einfluss von Umweltfaktoren gering (biol. F.) hoch

Umweltstabilität, Konkurrenz hoch sehr gering

Konstanz groß künstlich groß

Resistenz ggn. äußere Störf. sehr gering künstlich sehr hoch

Resistenz ggn. andere Arten groß künstlich sehr hoch

Elastizität klein klein

Tabelle 2: Tropischer Regenwald vs. Industrielle Agrarlandschaft

Quelle: verändert nach Klötzli, 1989, S. 81

Eine agrarisch genutzte Regenwaldfläche ist ebenfalls ein Ökosystem. Trotzdem ergeben sich im

Vergleich zu einem Ökosystem, das einem Naturwald nahe kommt, erhebliche Unterschiede. Der

langen Entwicklungszeit folgt eine hohe Artendiversität im Regenwald, während eine industrielle

Agrarlandschaft eine geringe Diversität zu Gunsten kurzer Entwicklungszeiten vorzieht. Das ist

dem Ziel einer Plantage geschuldet, das vorsieht, in wenig Zeit möglichst hohe Erträge zu

erwirtschaften. Die natürliche Konkurrenz ist, wie bereits weiter oben erwähnt, im Wald höher,

dafür kann auf agrarisch genutzten Flächen die Resistenz gegen äußere Störfaktoren künstlich

ausgeweitet werden (s.h. Tab. 2)

39 Vgl. Klötzli, 1989, S. 85 ff.

25

Page 26: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

5.5.1 Monokulturen: Abbruch der Stabilität

Als Gründe für die Anlage von Dauerkulturflächen werden häufig die globale

Bevölkerungszunahme und die damit einhergehende Notwendigkeit der Ernährungssicherheit ins

Feld geführt40. Ein wahrscheinlich eher zutreffender Grund ist die agro-industrielle Nutzung und

der sich anschließende Handel mit Gütern, die nur in tropischen Breitengraden produziert werden

können. Marktwirtschaftliche Dogmen führen - vereinfacht gesagt - dazu, dass Unternehmen sich

auf ein einziges Produkt spezialisieren und in Monokulturen – in diesem Fall Ölpalmen - anbauen.

Viele Pflanzen profitieren jedoch von Mikroorganismen, die in den Wurzeln von Unkraut leben. Sie

haben mit Hilfe von Nährstoffen und Ausscheidungen eine schützende Wirkung vor verschiedenen

Schadpilzen. In Monokulturen wäre die Fruchtfolge eigentlich eine Notwendigkeit, da sie sonst

durch die einseitige Bodenmikroflora deutlich anfälliger für Schädlinge sind41. Zwar werden auf

diese Weise hohe Erträge erzielt, auf der anderen Seite sind die landschaftsökologischen

Auswirkungen um so schwerwiegender.

40 Kehl, 200941 Vgl. Klötzli, 1989, S. 82 ff.

26

Page 27: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

6. Einfluss auf Biodiversität

6.1 EinleitungDie Frage stellt sich nun, wie sich die (monokulturelle) Kultivierung der Palme und ihre agrarische

Nutzung mittelbar und unmittelbar auf die Umwelt auswirken. In diesem Zusammenhang liegt es

Nahe, sich mit der Entwaldung tropischer Regenwälder und der jeweiligen Folgenutzung zu

beschäftigen. Das eine direkte Verbindung zwischen Kahlschlag und dem Verlust von Biodiversität

existiert, erscheint naheliegend. Trotzdem muss man mit einbeziehen, dass es einen Unterschied

macht, ob die agrarische Nutzung zur Abholzung von Regenwaldfläche geführt hat, oder eine

Plantage auf einer tropischen Brache angelegt wurde. In diesem Fall würde es die diversitären

Eigenschaften eines brach liegenden Gebietes wohl eher fördern. Um das herauszufinden, wären

weiterführende Untersuchungen im Gelände von Nöten, die im Rahmen dieser Arbeit nicht

erfolgen können.

Auf fast allen Landflächen der Erde kennzeichnen Pflanzen die Eigenschaften des jeweiligen

Lebensraums und geben Aufschluss über die ökologischen und biologischen Charakteristika des

globalen Ökosystems.42

Die Conservation International (CI) hat Südostasien in vier „Hotspots“ unterteilt, die

biogeographisch ein Areal eingrenzen, das als besonders schützenswert angesehen wird. Der

östliche Teil weist in Bezug auf die Fauna große Übereinstimmungen mit der Australasiatischen

Zone auf, im Westen entspricht die Artenvielfalt dem übrigen Südost-Asien. Die „Hotspots“ als

Lebensräume sind zudem von einer großen Vielfalt an endemischen Pflanzen gekennzeichnet, die

sonst nirgendwo auf der Welt vorkommen. Außerdem zählen sie zu den gefährdeten Gebieten, die

mindestens 70% ihres ursprünglichen Bestands eingebüßt haben43.

Wird Regenwaldfläche durch eine Palmöl-Plantage ersetzt, geht Biodiversität verloren44. Die

Umwandlung von Regenwaldgebiet in agrarisch nutzbare Wirtschaftsfläche bedeutet in der

Konsequenz eine Reduzierung der lokalen Fauna. Plantagen bieten weitaus weniger Lebensraum

für Pflanzen und sie stellen eine Änderung der Umweltfaktoren eines Ökosystems dar, die im

Verlauf dieses Kapitels näher betrachtet wird45.

42 Whitton, Rajakaruna, 2001, Vol. 4, S. 62243 Vorlaufer, 2009, S. 33 ff.44 Sayer, et al., 2012, S. 245 Whitton, Rajakurna, 2001, Vol. 4, S. 628

27

Page 28: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

6.2 Biodiversität in IndonesienSüdost-Asien hat die höchste Biodiversität weltweit, nicht nur auf die Größe, sondern auch auf die

klimatischen und topographischen Bedingungen bezogen. Die Gründe dafür liegen darin, dass die

glazialen Prozesse des Pleistozäns in Asien nicht so schwer wiegten und weite Teile Asiens

praktisch eisfrei und damit die Umweltbedingungen für viele Arten „lebensfreundlicher“ waren46.

Quelle: Vorlaufer, 2009, S. 37

Am Beispiel Sumatras lassen sich die Verbreitungsmuster der Waldformationen Indonesiens sehr

gut darstellen. Es finden sich Mangroven-, Brackwassersumpf-, Süßwassersumpf-, Torfmoor-,

immer- oder halbimmergrüne Tiefland- und Bergwälder und Pinienwälder (Abb. 8). Die

Mangrovenwälder beispielsweise sind typisch für die Vegetation großer Küstenabschnitte vieler

Länder und unterliegen trotzdem Degradationsprozessen und Entwaldung, obwohl sie zu den

produktivsten Ökosystemen der Erde gehören47.

46 Box, Fujiwara, 2001, Vol. 1, S. 262 u. S. 26647 Vorlaufer, 2009, S. 37

28

Abbildung 8: Natürliche Waldformationen in Indonesien

Page 29: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

Quelle: Vorlaufer, 2009, S. 37

Die Abb 9 verdeutlicht deutlich den Kontrast zu der natürlichen, ursprünglichen Vegetation auf

Sumatra. Die Insel ist fragmentiert durch Plantagenkulturen, Trockenfeldbau und Nassreisanbau,

die über weite Teile der Landfläche erstrecken. Dazu kommen Flächen für den Trockenfeldbau und

den Nassreisanbau. Der naturnahe dichte Wald und die übrigen Waldformationen werden immer

weiter zurückgedrängt und damit die Vielfalt der Vegetation mit ihrer Lebensraumfunktion für

Flora und Fauna.

Die Mangrovenwälder wurden 1985 zu 95% für den Kahlschlag freigegeben und lediglich 1% der

Areale wurde in Reservaten geschützt48.

Der Tieflandregenwald bedeckt die größte Fläche, er gedeiht bis in eine Höhe von ca. 750 m ü.N.N.

Obwohl er auf relativ nährstoffarmen Boden steht, liegt der Anteil an Biomasse im Regenwald bei

400 – 700 t/ Ha. Die Zahl, Dichte und die Vielfalt an Pflanzen ist die weltweit höchste. Auf Borneo

48 Vorlaufer, 2009, S. 37

29

Abbildung 9: Vegetation & Landnutzung Indonesien

Page 30: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

alleine existieren ca. 3000 verschiedene Baumarten, von denen 155 endemisch sind und nur dort

vorkommen (in Deutschland gibt es sechs endemische Baumarten)49.

Die hohe Zahl an endemischen Pflanzenfamilien (s.h.: Tab. 3), die nur in natürlich abgegrenzten

Räumen vorkommen ist eine Folge von erdgeschichtlichen Entwicklungsprozessen wie z.B.: dem

Kontinentaldrift50.

Ort Angiospermen Gymnospermen Farne Zahl der Endemiten Endemismus nach

Prozent

Indonesien 20,000 - 2,500 15,000 66.7

Philippinen 8,000 31 900 3,500 39.3

Tabelle 3: Pflanzenvielfalt und Endemismus: Indonesien und ausgewählter Vergleichsort

Quelle: verändert nach Box, Fujiwara, 2001, Vol 1, S. 267

Im Vergleich zu den Philippinen wird deutlich, wie hoch die Zahl der Endemiten mit 15,000

tatsächlich ist. Dazu kommt die Vielfalt der Angiospermen, die mit 20,000 die Zahl der auf den

Philippinen heimischen übersteigt.

6.3 Naturnaher Regenwald vs. Palmöl-Monokultur

6.3.1 Einleitung

Viele Arten sind so verteilt, dass der Abstand zwischen Individuen möglichst groß ist. Die

Verteilung in einem 50 Ha großen Regenwald ist mehr durch die Distanz zwischen den Bäumen als

durch Topographie und Geomorphologie bestimmt. Das bedeutet, dass sich Individuen einer

anderen Art, aber desselben Lebensformtyps dazwischen etablieren können (durch Evolution oder

Einwandern)51.

Pflanzen haben in Bezug auf die benötigte Lichtintensität, Wärme, Zufuhr chemischer Stoffe oder

dem Einfluss mechanischer Faktoren eine obere Grenze, die nicht überschritten werden darf. Ein

einzelner Faktor kann entscheiden, ob eine Art überleben kann, sich anpasst, oder verdrängt wird.

Den verschiedenen Umweltfaktoren gegenüber sind Arten unterschiedlich empfindlich. Zum

Beispiel verträgt eine Art ein Überangebot an Wasser besser als eine andere, die wiederum mehr

Wärme aushält. Pflanzen (Euryöke) mit einer weiten Toleranzgrenze werden Ubiquisten genannt,

da sie an verschiedensten Standorten gedeihen können52. Im tropischen Regenwald sind die

Umweltfaktoren, trotz ihrer hohen Intensität (Temperatur, Niederschlag), dennoch relativ

gleichmäßig, was den Schluss zuließe, das die Artenvielfalt empfindlich gegenüber Veränderungen

49 Vorlaufer, 2009, S. 3850 Box, Fujwara, 2001, Vol. 1, S. 265 51 Vgl. Hobohm, 2000, S. 12252 Vgl. Klötzli, 1989, S. 54

30

Page 31: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

sein könnte und damit unmittelbar auf äußere Einflüsse reagiert. In diesem Fall spricht man von

stenöken Arten mit relativer Standorttreue, die einen engen Toleranzbereich aufweisen und als

Zeigerarten fungieren, die einen bestimmten Standort qualitativ (lokales Klima,

Bodeneigenschaften, Feuchte, Nährstoffe, etc.) charakterisieren.

Dem physiologischen Vorkommen (beste Bedingungen für Pflanze) steht das ökologische

Vorkommen gegenüber. Das bedeutet, dass sich Pflanzen in der Natur durchsetzen müssen, um

ihren Platz zu sichern. Das physiologische Optimum steht folglich nicht mit dem ökologischen

Optimum im Einklang. Ist eine Art nicht konkurrenzfähig, wird sie aus ihrem optimalen

Wuchsbereich an den Rand ihres physiologischen Wuchsbereiches verdrängt53.

Die Abhängigkeit diversitärer Prozesse variiert je nach dem wie ausgeprägt eine Spezies auftritt.

Durch den langen Entwicklungsprozess des tropischen Regenwaldes haben sich viele Arten trotz

Wettbewerb nebeneinander entwickeln und spezifisch ausprägen können. Manche haben sich an die

begrenzten Umweltbedingungen des Edaphons (Bodenorganismen) angepasst, andere an die

Lichtverhältnisse oder die Orientierung in Richtung „Lücken“ im Blätterdach. Die Artenvielfalt ist

nicht zwangsläufig hoch, sie variiert mit ihrer abiotischen Umwelt, ihrer Geschichte und

biogeographischen Faktoren. Z.B. Regen als abiotische Variable: Die Artenvielfalt von Bäumen

steigt um das bis zu sechsfache, wenn der NI von 1000 auf 4000 mm steigt. Weiter beeinflusst der

Niederschlag die Funktionalität eines Ökosystems. Auf Trockenheit folgt ein Absinken der

Primärproduktion, sie verringert die Widerstandsfähigkeit des Systems gegen Feuer, Pflanzen

wachsen langsamer und das System braucht mehr Zeit um sich zu regenerieren54.

Die Landwirtschaftliche Nutzung ist ein Hauptgrund für die Abholzung der Regenwälder. Weiter

wird die Diversität der örtlichen Fauna durch die Fragmentierung des Waldes nachhaltig gestört.

Um Wälder für Besiedlungen zugänglich zu machen werden Straßen tief in die Wälder getrieben.

Die „normale“ hohe Diversität der Flora und Fauna wird in Bereichen von Plantagen

zurückgedrängt und der Wald in seinem natürlichen Gleichgewicht gestört55.

53 Vgl. Klötzli, 1989, S. 56 ff.54 Vgl. Wright, 1996, S. 11 ff.55 Luskin, Potts, 2011, S. 541

31

Page 32: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

Quelle: Luskin, Potts, 2011, S. 541

Die Karte (Abb. 10) illustriert die Fragmentierung des Regenwaldgebietes, in dem sich die

Plantage befindet. F steht für den naturbelassenen Wald, OP für alte (Old Plantations) und YP für

junge (Young Plantations) Plantagen. Bei VR handelt es sich um sog. Variable Retention

Regenerating Plantations. CC steht für Clear-Cut, sprich Kahlschlag. Das Photo oben links zeigt

eine junge Plantage (8 Jahre), das darunter eine alte (22 Jahre). Das unterste Bild zeigt eine

Plantage, bei der das Rotationssystem der Variable Retention angwandt wird (Eine 22 Jahre alte

Kultur wurde „ausgedünnt“ und durch „neue“ - 6 Jahre alte Pflanzen – ergänzt56.

In der Abb. 9 wurde bereits aufgezeigt, in welchem Umfang naturnahe Waldformationen durch die

Kultivierung ihrer Flächen verdrängt wurden. Diese „höherskalige“ Betrachtungsweise lässt den

Schluss zu, dass mit dem Kahlschlag der Waldgebiete ein Verlust der diversitären Eigenschaften

eben jener Fläche einhergehen müsste, da ein Großteil der Vegetation schlichtweg abgeholzt wird.

Mit der Etablierung einer landwirtschaftlichen Nutzfläche in Form einer Plantage ergeben sich

andere Formen und Eigenschaften in Bezug auf das Ökosystem der Plantage selbst und damit auch

auf den Bioviversitäts-Zustand des Geländes. In diesem Zusammenhang folgt die Betrachtung der

Auswirkungen auf die Prozesse, die innerhalb einer Plantage ablaufen.

56 Vgl. Luskin, Potts, 2011, S. 542

32

Abbildung 10: Fragmentierung von Waldfläche durch Palmölplantage

Page 33: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

6.3.2 Auswirkungen auf das Mikroklima

Der tatsächliche (messbare) Einfluss von Monokulturen auf naturnahe Regenwaldgebiete lässt sich

schwer quantifizieren. In der Literatur findet sich bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt lediglich eine

(mir bekannste) Studie, die sich explizit damit beschäftigt hat, wie und in welchem Ausmaße die

Habitateigenschaften verändert werden, wenn Waldfläche durch eine Palmöl-Plantage ersetzt wird.

Die folgenden Ausführungen stützen sich auf eine Zeitreihenuntersuchung zum Mikroklima und

zur Vegetationsstruktur in Palmölplantagen im Pasoh-Waldschutzgebiet (malaiische Halbinsel). Die

Halbinsel liegt zwar nicht im Staatsgebiet Indonesiens, die Umweltbedingungen (Klima, Boden,

Relief etc.) dürften aber aufgrund der geographischen Nähe relativ ähnlich sein, sodass eine

(näherungsweise) Übertragung der Ergebnisse auf die Verhältnisse indonesischer Plantagen

zulässig scheint.

Wie bereits im Kapitel Palmöl-Monokulturen beschrieben, wird bei der Etablierung einer Plantage

zunächst Regenwald gerodet und das Areal danach terrassiert. Dadurch wird der durchschnittlich

25 m hohe Wald zu kahlem Boden. Zusätzlich muss zwischen alten und jungen Plantagen

unterschieden werden, da sich die natürlichen Umweltfaktoren jeweils anders auswirken:

Temperatur (°C) Sättigungsdefizit (hPa)

Wald (Durschnitt) 26.33 0.00

Wald vs. Plantagen Durchschnittlicher Effekt Im Tagesverlauf

Alte und junge +2.84 +0.80

Alte 100 m Distanz +2.03 +0.72

Alte 1 km Distanz +2.34 +0.66

Junge 100 m Distanz +2.97 +0.80

Junge 1 km Distanz +4.03 +1.02

Variable Retention +3.18 +0.73

Kahlschlag +6.86 +2.00

Tabelle 4: Effekt auf das Mikroklima abhängig von der Lage (Werte zw. 12:00 und 18:00)

Quelle: verändert nach Luskin, Potts, 2011, S. 544

Messungen, die das Mikroklima von Palmöl-Plantagen betrachten, haben ergeben, dass die

Plantagen insgesamt (junge und alte) tagsüber um +2,84° C wärmer sind als die natürlichen Wälder

(durchschnittliche T am Tag 26,33° C) und um +0,80 hPa trockener - das Sättigungsdefizit

(Dampfdruckdifferenz, die angibt wie stark ein Gas mit einer Komponente gesättigt ist) lag im

Natur-Wald nah am Sättigungspunkt (0,00 hPa). Das nächtliche Mikroklima hat sich dagegen nicht

verändert57. Aus Tab. 4 wird ersichtlich, dass die jungen Plantagen mit +2.97°C (100 m Distanz)

und +4.03°C (1 km Distanz) im Vergleich zu den alten Plantagen deutlich stärker erwärmt waren

57 Luskin, Potts, 2011, S. 544

33

Page 34: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

(+2,03°C und +2,34°C). Das Mikroklima müsste in älteren Plantagen folglich deutlich stärker

gepuffert sein, weil sowohl die Sonneneinstrahlung, als auch der Niederschlag durch den dichteren

Bewuchs einen geringeren Effekt haben könnten. Dafür spricht ebenfalls, dass die jungen

Anbauflächen trockener waren, d.h. das Sättigungsdefizit lag mit +0.80 und +1.02 weiter vom

Sättigungspunkt entfernt.

Quelle: Luskin, Potts, 2011, S. 547

Abbildung 11 zeigt graphisch die täglichen Temperaturveränderungen (Diurnal Temperature

Change) in °C und die Abweichung vom Sättigungspunkt (Diurnal VPD Change) in hPa. Die

bereits erwähnten Abweichungen des naturnahen Mikroklimas werden hier noch deutlicher.

Zunächst sind keine Veränderungen zu erkennen. Erfolgt der Kahlschlag (bei -2 Jahren vor der

Pflanzung) steigen sowohl die durchschnittliche Temperatur (bis ca. 8°C, durchgezogene Linie) als

auch das Sättigungsdefizit (bis ca. 7 hPa, gestrichelte Linie). Die Temperaturen auf kahl

geschlagenen Flächen ist erwartungsgemäß erheblich höher, da die Einstrahlung ungehindert bis

auf die übrig gebliebene Vegetation am Boden durchdringt. Dementsprechend trockener ist das

Gelände.

Mit der Etablierung einer jungen Plantage sinkt mit dem Reifegrad (nach ca. 6-7 Jahren) der

Anlage sowohl die Temperatur als auch das Sättigungsdefizit – es wird wieder relativ kälter und

feuchter, was mit dem zunehmenden Bewuchs der einzelnen Vegetationsschichten

zusammenhängen dürfte. Nimmt das Alter der Ölpalmen weiter zu, schwächt sich der Effekt

deutlich ab und pendelt sich schließlich bei ca. 3°C und 0,6 hPa ein. Auch hier dürfte der dichtere

Bewuchs die entscheidende Rolle spielen, wobei sich die beiden Kurven zu keinem Zeitpunkt dem

„Naturniveu“ annähern. Eine Ursache könnte sein, dass in den Plantagen vor allem die bodennahe

Vegetation kaum eine Chance hat sich zu entwickeln, da sie zu Erntezwecken entfernt wird (siehe

34

Abbildung 11: Temperatur und Feuchteentwicklung verschiedener. Szenarien

Page 35: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

folgendes Unterkapitel 6.3.3). Die Entwicklung der Kurven entspricht den Daten aus Tab. 4. Neigt

sich der Lebenszyklus einer Palmöl-Plantage dem Ende zu, erfolgt wieder der Kahlschlag und

Temperatur und Sättigungsdefizit klettern auf das Anfangsniveau.

6.3.3 Einfluss auf die Vegetationsstruktur und den Lebensraum

Auch die Habitatcharakteristika reagieren auf das System Plantage. Dabei verändern sich sowohl

biotische als auch abiotische Faktoren, die Struktur, Anordnung und Komplexität des Unterholzes,

sowie die Kronenschicht.

Quelle: Luskin, Potts, 2011, S. 546

Acht Jahre nach der Pflanzung haben die Ölpalmen bereits eine Höhe von vier Metern und eine

offenes Kronendach, nach 22 Jahren sind die Palmen ca. 13 m hoch und weisen ein geschlossenes

Blätterdach auf (Abb. 12). Die Pflanzen werden geschnitten, wenn der Ertrag zurückgeht und die

Bewirtschaftung aufgrund der Höhe zu komplex wird. In den neuen Freiräumen werden Setzlinge

gepflanzt. Grundsätzlich bleiben Bodenbedeckung und Epiphyten unberührt, bis schließlich

geerntet wird und sie weichen müssen. Mit 20,61 cm war die Streu in alten Plantagen deutlich

mächtiger als in den jungen (9,84 cm) - die Bodenbedeckung ist allerdings fleckenhaft, da die

Palmwedel im Laufe der Ernte auf dem Boden gestapelt werden58. Die lebende Vegetation ist mit

21.77 cm im Unterholz in den jüngeren Kulturen höher als in den alten (11.46 cm, s.h. Abb. 12), da

durch das noch relativ offene Blätterdach mehr Sonnenlicht die untere Vegetation erreicht. Bei der

Verteilung von kahlem Boden (Bare Ground Coverage), Vegetation (Live Veg Coverage) und Streu

(Leaf Litter Coverage) auf dem Boden, gab es prozentual keine nennenswerten Unterschiede. In

alten Plantagen fanden sich höhere Palmen mit relativ dichtem Blätterdach.

58 Luskin, Potts, 2011, S. 548

35

Abbildung 12: Vegetationsstruktur innerhalb der Plantage

Page 36: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

Obwohl – wie oben bereits erwähnt – die Streu in älteren Plantagen mächtiger war, bewegt sie sich

mit einer Bodenbedeckung von 47% in einem sehr niedrigen Bereich. Die Bodenbedeckung in

naturbelassenen Wälder liegt bei über 90%59.

Dichte Epiphyten (m²)

Alt (22 Jahre) Jung (8 Jahre)

Farne 4.24 14.7

Kletter-

pflanzen

0.26 0.48

Blätter 4.09 5.55

Gräser 3.24 0.02

Palmen 0.52 2.76

Gesamt 12.35 23.5

Tabelle 5: Dichte von Epiphyten(je m² Stammoberfläche)

Quelle: verändert nach Luskin, Pott, 2011, S. 545

Die Dichte an Epiphyten war in jungen Plantagen doppelt so hoch (23.5 Epiphyten m-2 und 12.35 E

pro m-2). In den älteren Plantagen konnte ein um ca. das vierfache vermindertes Vorkommen von

Farnen und Palmen festgestellt werden, während Gräser verstärkt gediehen. Farne dominierten die

Gemeinde der Epiphyten, Kletterpflanzen zählten zu den größten aber auch seltensten und Gräser

waren die kleinsten (s.h. Tab. 5).

Auch hier liegt die Ursache wohl wieder darin, dass die Sonneneinstrahlung und der ungehindert

durchdringende Niederschlag in den jungen Plantagen noch wesentlich höher ist. Geht sie in Laufe

der Jahre zurück, können sich die Pflanzen nicht mehr in dem Maße etablieren, wie es in den

jüngeren Plantagen der Fall ist. Eine Ausnahme sind die Gräser, ihre Dichte nahm mit dem Alter

der Anlage von 0.02 auf 3.24 zu.

Eine andere Studie in Borneo belegt ebenfalls, dass die Dichte an Epiphyten mit zunehmendem

Alter der Plantage jährlich zurückgeht (-1.29%)60.

59 Luskin, Potts, 2011, s. 54660 Luskin, Potts, 2011, S. 545

36

Page 37: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

6.3.4 Schlussfolgerungen

Im Lebenszyklus einer Palmöl-Plantage ergeben sich teils gegenläufige Entwicklungen. Während

die Bodenvegetation vor allem in jungen Plantagen weitläufiger ist, etabliert sich in alten Anlagen

ein Mikroklima mit Pufferfunktion, ausgeprägter Streu und einem geschlossenen Blätterdach. Die

Veränderungen im Mikroklima sind mit dem Kahlschlag extrem und erholen sich im Laufe der

Jahre teilweise, wirklich regenerieren können sie sich aber offensichtlich nicht. Die stabilen

Bedingungen, die der naturnahe Wald bietet, erreichen sie nicht. Obwohl die Mächtigkeit der Streu

mit der Zeit kontinuierlich wuchs, war der Anteil abgedeckten Bodens gering (47% auf der

Plantage vs. 90% im tropischen Regenwald)61. Da in jungen Plantagen mehr Sonnenlicht die

unteren Bereiche erreicht, profitieren besonders die Vegetation im Unterholz und die Epiphyten.

Demgegenüber steht die höhere Pufferungsfunktion der älteren Plantagen. Da sich die

Temperaturen und das Sättigungsdefizit näher an den Verhältnissen eines naturnahen Waldes

liegen, dürften sich mehr Arten, die auf stabile Umgebungsverhältnisse angewiesen sind, ansiedeln.

Die zu erwartenden Flächeneffekte durch die Entfernung zum geschlossenen Regenwald sind nicht

eingetreten (stärkere Einstrahlung von allen Seiten, Effekteübertragung vom Regenwald).

Die Daten untermauern die Annahme, dass die vom naturnahen Wald abhängigen Arten durch die

Ansiedlung und Ausbreitung von Palmöl-Monokulturen empfindlich gestört werden. Die wärmeren

und trockeneren Bedingungen stellen für Pflanzen, die feuchtes Regenwaldklima und dessen

Pufferwirkungen bedürfen, anthropogen verursachte Barrieren dar. Nachtpflanzen sind davon wohl

ausgenommen, da (s.o.) keine messbaren Unterschiede festgestellt werden konnten62.

Der größte Einflussfaktor, der die Struktur und die Komplexität der Vegetation bestimmt, ist der

Mensch. Bis 2006 sind schätzungsweise 47% (12,9 Mha) der Regenwaldfläche Südost-Asiens, die

sich auf torfigen Untergrund befindet, abgeholzt wurden. Davon wurden 17% (2,3Mha) bereits

trocken gelegt, um großflächigen agro-industriellen Anbau zu betreiben. Die Entwässerung großer

Flächen lässt erhebliche Mengen im Boden gespeichertes CO² in die Atmosphäre entweichen63.

61 Luskin, Potts, 2011, S. 54862 Vgl. Luskin, Potts, 2011, S. 54663 Hooije, 2011, S. 1514

37

Page 38: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

7. Auswirkungen auf Stoffkreisläufe

7.1 EinleitungIn verschiedenen Ökosystemtypen laufen unterschiedliche Stoffströme statt, die sich gegenseitig

beeinflussen.

Landwirtschaftlich genutzte Böden sind wichtige Quellen, aber auch Senken verschiedener

atmosphärischer Gase, wie beispielsweise Kohlenstoffdioxid (CO2), Methan (CH4) und oxidierter

Varianten von Stickstoffen: z.B.: Distickstoffoxid (N2O)64.

Alle landwirtschaftlichen Nutzflächen emittieren Gase, die aufgrund ihrer Langlebigkeit einen

nicht unerheblichen Effekt auf die Umwelt haben. Methan hat eine Halbwertszeit von ca. 10

Jahren, Stickstoffe verbleiben bis zu 120 Jahre in unserer Atmosphäre. Die Absorptionsfähigkeit

verschiedener Gase von Strahlung im Infrarotbereich variiert dabei, trotzdem lässt sich eine

Verbindung zum Treibhauseffekt herstellen. Methan fängt 23x effektiver Strahlung als

Kohlenstoffdioxid ab Stickstoff schafft sogar das 296-fache (CO2 ist für 40% der

Gesamtabsorption verantwortlich, CH4 ~20%, N2O ~4%. Stickstoffmonoxid (NO), Hydroxidionen

(OH-) und Ozon (O3) spielen ebenfalls eine wichtige Rolle; auf sie wird in dieser Arbeit jedoch

nicht näher eingegangen65.

7.2 GasstoffkreisläufeKreisläufe sind nicht geschlossen, sie haben „Schnittstellen“, über die sie miteinander verbunden

sind. Nährstoffe (H2O, O2, CO2, usw.) gehen nicht verloren, sondern „wandern“ unaufhörlich

angetrieben von der Sonne - von toter Substanz zu Lebenden, von einem Lebewesen zum anderen

und wieder zu toter Substanz. Stoffe kehren in einem Kreislauf wieder zu ihrem Ausgangspunkt

zurück, erfahren dabei aber Veränderungen und nehmen an Prozessen teil.

Im Folgenden werden kurz die Kreisläufe vorgestellt, die für diese Kapitel eine besondere

Relevanz haben.

Zu den Gasstoffkreisläufen zählen die Carboxylierungs-Kreisläufe in Form von Wasser-,

Sauerstoff-, Kohlenstoff- und Stickstoffkreislauf, da sie alle zu irgendeinem Zeitpunkt im

gasförmigen Zustand vorkommen. Ihre Hauptrolle besteht im Stoff- und Energieaustausch

zwischen Atmo,- Hydro-, und Litosphäre.

Im Laufe des Stickstoffkreislaufs wird N2 durch Pflanzen in anorganischer Form (als Nitrat oder

Ammonium) aufgenommen und umgewandelt (Assimilierung). Tierische Organismen nehmen die

64 Klötzli, 1989, S. 4765 Vgl. Benckiser, 2007, S. 342

38

Page 39: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

organischen Stickstoffe in Form von Aminosäuren, Proteinen und Nukleinsäuren auf. Nach dem

Tod der Organismen wandert der Stickstoff wieder in den Boden, wo er von Mikroorganismen

wieder zu Ammonium und Nitrat mineralisiert wird. Durch den Anbau moderner Kulturpflanzen,

erhöhten Düngungsbedarf und durch die Belastung der Oberflächengewässer und des Grundwasser

wird der Kreislauf durch den Menschen gestört.

Der Wasserkreislauf beschreibt in erster Linie die Verlagerung von H2O vom Meer auf das Festland

und umgekehrt. Diese kann durch Niederschläge, Verdunstung, Abfluss, Gebirgsbildung,

Hydratation (Anlagerung von Wassermolekülen an Ionen) von Gesteinen, etc. stattfinden. Da der

Mensch das Wasser als Lebensgrundlage nutzt, greift er in verschiedenster Art und Weise in den

Kreislauf ein, worauf in dieser Arbeit nicht näher eingegangen werden kann. Der Vollständigkeit

halber seien an dieser Stelle noch der Schwefel- und der Phosphorkreislauf genannt66.

Die Gasaustauschvorgänge beim Sauerstoffkreislauf in der Pflanze sind in erster Linie die der

Assimilation (Photosynthese: Erzeugung von energiereichen Stoffen aus energieärmeren Stoffen

mit Hilfe von Lichtenergie) und der Atmung. Bei der Atmung werden, vereinfacht formuliert, in

Verbrennungsprozessen der Organismen (mit Hilfe von Zucker und Phosphat) Kohlenhydrate,

Eiweiße und Fette umgesetzt, um Lebensenergie zu produzieren.

Sauerstoff wird in Pflanzen umgesetzt, ist im abgelagerten Kalk enthalten und wird wiederum bei

Verwitterungsprozessen verbraucht. Er wird durch UV-Strahlung in Ozon überführt und er entsteht

bei der der Photosynthese. Das bedeutet, dass Sauerstofftransport vorwiegend mit gebundenem

Sauerstoff erfolgt und eng mit dem Kohlenstoffkreislauf verbunden ist67.

Bei allen Verbrennungsprozessen entsteht Kohlendioxid. Bei der Photosynthese wird – günstige

Wasserversorgung vorausgesetzt – CO2 durch die Spaltöffnungen der Pflanze aufgenommen. Im

weiteren Verlauf wird das Kohlenstoffdioxid mit Hilfe von Sonnenlicht über mehrere

Reaktionsstufen und unter Anlagerung von Wasser in Traubenzucker überführt – dem Grundstoff

der meisten pflanzlichen Inhaltsstoffe. Dabei kommt ein Prozess in Gang, bei dem Zucker, Enzyme

und phosphathaltige Verbindungen (ATP, NADPH) eingesetzt werden. Die Fixierung von CO2 ist

nur so möglich. Sauerstoff wird schließlich abgespalten und über Spaltöffnung freigesetzt. Bei der

Atmung werden die verbrauchten Phosphate wieder regeneriert, durch Abbau der Kohlenhydrate

(Glykolyse). Schließlich entsteht wieder Kohlendioxid aus Zuckerbruchstücken unter Verwendung

von Enzymen68.

66 Vgl. Müller, 2003, S. 7 ff.67 Vgl. Müller, 2003, S. 11 ff.68 Vgl. Benckiser, 2007, S. 100

39

Page 40: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

In allen Kreisläufen sind kleine Mengen eines Stoffes relativ langsam im Umlauf, verglichen mit

den „stillen Lagern“ (beispielsweise CO2-Senken in Form von Mooren) des jeweiligen Stoffes.

Diese Lager stellen ein stabilisierendes Element in der Umwelt dar, da ihr Kapital gegenüber den

umlaufenden Teilen größer ist. Somit haben sie eine schützende Funktion vor Eingriffen und

Störungen69.

Im Zuge der agrarisch-industriellen Nutzbarmachung von tropischen Regenwaldflächen, die sich

auf Torfflözen entwickelt haben, sowie durch den Kahlschlag und Brandrodung werden große

Mengen Kohlenstoffdioxid freigesetzt. Weil der Effekt auf diesen Kreislauf besonders groß

erscheint, konzentriert sich das folgende Kapitel ausschließlich auf die Auswirkungen auf den

Kohlenstoffkreislauf.

7.3 Auswirkungen von Palmölmonokulturen auf den Kohlenstoffkreislauf

7.3.1 Einleitung

Der Kohlenstoffdioxidfluss in die Atmosphäre ist ein Spiegel für den oberflächennahen Balanceakt

zwischen autotropher Bindung von Kohlenstoff (Fähigkeit von Lebewesen ihre Baustoffe

ausschließlich aus anorganischen Stoffen aufzubauen.) und heterotropher Oxidation organischen

Materials (Eigenschaft von Lebewesen oder Zellen zum Aufbau ihrer Körperbausteine bereits

vorhandene organische Verbindungen zu verwenden). Der globale CO2 Fluss wird auf 75 x 1015 g C

/ Jahr geschätzt, genau wie dessen Aufnahme. Im kleineren Maßstab kann kein Ausgleich

herrschen, da durch den Einfluss des Menschen durch Bewirtschaftung und Rodung stetig

Sauerstoff zu Kohlenstoffdioxid oxidiert und in die Atmosphäre eingetragen wird. Dort wirkt es auf

Treibhauseffekt und schließlich den Klimawandel verstärkend ein70.

Die bereits erwähnten Photosynthese-Prozesse spielen beim Kohlenstoffkreislauf eine Rolle, dazu

kommen die anthropogenen Einträge bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe (Industrie, Verkehr)

und das bei der Atmung frei werdende CO2 von Menschen und Tieren.

Der Fokus liegt vielmehr auf dem Einfluss, den die Anlage von Palmöl-Monokulturen auf den

Kohlenstoffkreislauf hat.

Die Lagerkapazität von Kohlenstoff (erst durch Reaktion mit Sauerstoff wird er zu CO2) liegt auf

einer Palmöl-Plantagen zwischen 50 – 100 t / ha, während die Kapazität von unberührtem

Naturwald zwischen 175 – 215 t / ha schwankt. Ersetzt man Naturwald durch eine Plantage stellt

sich eine Kompensation des Kohlenstoffverlusts nach 75 – 93 Jahren ein. Wird Torfboden

kultiviert, wird eine Balance erst nach bis zu 600 Jahren erreicht (s.h. Kapitel Entwässerung).

69 Klötzli, 1989, S. 9070 Vgl. Benckiser, 2007, S. 319

40

Page 41: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

Demgegenüber kann die Kohlenstoff-Bilanz auf bereits degradierten Flächen positiv werden. (s.h.

Kapitel Lösungsansätze)71

7.3.2 Allgemein

Verteilung d. Kohlenstoffs (kontinental) Menge in Milliarden Tonnen

Atmung 21

Assimilation 75

Landpflanzen 562

Tiere 54

Tote organische Substanz 54

Bodenatmung 54

Kohle und Erdöl 10.000

Tabelle 6: Kontinentale Verteilung des Kohlenstoffs

Quelle: verändert nach Klötzli, 1989, S. 100

In Tabelle 6 wird deutlich in welchen Bereichen und in welchem Verhältnis Kohlenstoff auf der

Erde gespeichert ist. Das Gros liegt in der Kohle und im Erdöl, deren Bedeutung bei der

Verbrennung fossiler Brennstoffe geläufig sein sollte und in diesem Zusammenhang keine nähere

Betrachtung findet.

Mit 562 Mrd. t speichern Landpflanzen große Mengen CO2, in der toten organischen Substanz

(Streu) und der Bodenatmung sind immer noch 54 Mrd. t. eingelagert. Bei der Bodenatmung

gelangen tote Tiere auf den Boden, wo sie durch Mikroorganismen abgebaut werden. Dabei wird

CO2 frei.

In der Natur stehen die Ökosysteme in einer Art Fließgleichgewicht, d.h. Im Falle des

Kohlenstoffkreislaufs wird so viel Kohlendioxid assimiliert wie veratmet wird72.

Ein Beispiel sind Moore: Durch die Zersetzung von Pflanzen und Tieren unter Luftabschluss wird

über Jahrmillionen der Kohlenstoffkreislauf unterbrochen und der Kohlenstoff im Torf gebunden.

Durch die Nutzung des Menschen werden – unter anderem - solche Bereiche stark genutzt

(agrarisch), sodass CO2 abseits des natürlichen Gleichgewichts in die Atmosphäre eingetragen

wird.

71 Vgl. Sayer, 2012, S. 5 ff.72 Klötzli, 1989, S. 106

41

Page 42: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

Prozess Spannweite (Netto-Transfers, 1015 g/a C

Anstieg Atmosphäre -2,8¹

Fossile Brennstoffe +5,0

Ableitung in den Ozean -1,3 bis -2,0

Vegetations- u. Bodenzerstörung +1,3 bis +4,0

Natürliche Senken (Torf, Humus, organische

Sedimente in Böden)

0 bis -1,0

CO2-stimulierte Photosynthesezunahme -0,3 bis -0,7²

Saldo -0,5 bis +4,5

Tabelle 7: Globale CO2-Bilanz

¹Anstieg negativ gezählt, um Bilanz zu schließen ²Wert nicht vorhanden, hier: wahrscheinlicher Wert

Quelle: verändert nach Klötzli, 1989, S. 102

Die Übersicht (Tab. 7) macht deutlich, dass ein Teil des Kohlenstoffs in die Ozeane abgeleitet und

dort aufgenommen wird. Natürliche Senken nehmen ebenfalls einen Teil auf. Demgegenüber

stehen jedoch Prozesse der Vegetations- und Bodenzerstörung, die sich im Saldo der Bilanz

niederschlagen und einen Hinweis auf den negativen Einfluss der landwirtschaftlichen Nutzung

durch den Menschen geben

Prozess Nettogewinne (+) und Nettoverluste (-) der

Landökosysteme g/m² pro Jahr C

Akkumulation von Phytomasse in frühen und

mittleren Stadien der Sekundärvegetation in den

feuchten Tropen, insbesondere Waldbrache nach

Brandrodungswirtschaft

+300 bis +1000

Humusverlust aus tropischen Waldböden

unmittelbar nach Brandrodung und Kultivierung

-100 bis -4000

Zersetzung von Phytomasse bei und unmittelbar

nach Brandrodung tropischer Wälder

-4000 bis -15.000

Tabelle 8: Nettogewinn- und Verluste der Landökosysteme (Kohlenstoff)

Quelle: verändert nach Klötzli, 1989, S. 107

Diese Prozesse werden in Tab. 8 weiter konkretisiert. Zwar „erholen“ sich gerodete

Regenwaldflächen in einem bestimmten Maße wieder (Aufnahme von Kohlenstoff zw. 300 und

1000 g/m² pro Jahr), die gegenläufigen Prozesse überwiegen jedoch. Durch Humusverlust nach

Brandrodung und anschließender Kultivierung gehen bis zu 4000 g/m² pro Jahr C aus dem System

verloren. Unmittelbar nach einer Brandrodung werden durch Zersetzung von Phytomasse sogar bis

zu 15.000 g/m² pro Jahr C frei.

42

Page 43: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

7.3.3 Exkurs: Waldvernichtung in Indonesien: Ausmaß und Folgen

Durch Wanderfeldbau (slash and burn) wird der Boden erschöpft, Schädlinge und Unkräuter

breiten sich aus, im besten Fall entsteht in der Folge ein Sekundärwald. Durch das Feuer ändern

sich bodenchemische Vorgänge und der Nährstoffhaushalt. Es findet eine rasante Freisetzung

großer Mengen – sonst pflanzenverfügbarer Nährstoffe - in Ionenform statt. Vor allem Ca, Mg, K,

P, N, S, C. N, S, Co werden in Atmosphäre ausgetragen. Der pH-Wert des Bodens steigt and und

die plötzlich hohe Einstrahlung bewirkt ein oberflächliches Abtrocknen des Bodens. Abhängig von

der Intensität des Feuers, wird das Edaphon (Bodenlebewelt) beeinträchtigt oder sogar vollständig

zerstört (inkl. Samenvorräten)73.

Der Anteil von Primärwald an der gesamten Waldfläche legt nur noch bei 55% (2005), alleine von

1990 – 2005 wurden in Indonesien 30,8% Primärwaldbestand vernichtet74.

Quelle: Vorlaufer, 2009, S. 40

In Abb. 13 wird das Ausmaß der Entwaldung am Beispiel Borneos deutlich. Dargestellt ist die

Entwicklung der Waldbedeckung von 1950 – 2005. Um 1950 (ganz links) bedeckte der Wald noch

ca. 90% der Inselfläche, 2005 (nach rechts) waren es lediglich noch etwa 50%. Von 1985 – 2005

wurden pro Jahr ca. 850.000 Ha Wald gerodet. Insgesamt ging der Waldbestand von 1950 – 2000

von 162 auf 80 Mio. ha zurück. Dabei ist einer der Hauptgründe für die Rodung die Anlage von

Palmöl-Plantagen. Auf Borneo nahmen die Monokultur-Flächen von 1998 – 2003 jährlich um 8%

zu, im indonesischen Teil der Insel (Kalimantan) beanspruchten sie bereits 2003 ca. 1 Mio. ha.

Hinzu kommt, dass viele Besitzer von Großplantagen Wälder per Brandrodung vernichten 75. Im

Verlauf der El-Niño Dürre 1997/98 wurden ca. 4,6 Mio. Ha abgebrannt, und die in Indonesien frei

gewordene Menge an CO2 auf bis zu 6197 Mio. T. geschätzt76.

Ein weiteres Problem stellt in diesem Zusammenhang die in Indonesien weit verbreitete Grasart

Imperata cyclindrica dar. Sie breitet sich durch unterirdische, feuerresistente Rhizome aus.

Überzieht das Gras ein Rodungsgebiet wie ein Teppich ist eine natürliche Wiederbewaldung

73 Vgl. Hobohm, 2000, S. 11774 Vorlaufer, 2009, S. 3975 Vgl. Vorlaufer, 2009, S. 40 ff.76 Hooije, 2010, S. 1511

43

Abbildung 13: Waldbedeckung Borneo 1950 - 2005

Page 44: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

praktisch ausgeschlossen77.

Mit den Waldverlusten geht auf der einen Seite ein Verlust der Vegetation einher, auf der anderen

Seite verliert die Fauna Indonesiens ihren Lebensraum. Von den bekannten 214 Säugetierarten sind

44 endemisch: unter anderem sind Orang-Utans, Gibbons, Nashornvögel vom Aussterben bedroht.

Die Orang-Utans leben bevorzugt in Tiefland-, Süßwasser- und Torfmoorwäldern, die durch

Entwaldung, Degradation, Trockenlegung und Abtorfung gestört sind, um sie der

agro-industriellen Bewirtschaftung zugänglich zu machen. Die Trockenlegung und die Abtorfung

im Kontext des Kohlenstoffkreislaufs, wird auf den folgenden Seiten erörtert78.

7.3.4 CO2 Emissionen auf entwässerten Moorgebieten

In tropischen Torfgebieten sind schätzungsweise 42.000 Mio. t Kohlenstoff im Boden (60 kg m3)

gespeichert. Durch Kultivieren der Böden - zum Zwecke landwirtschaftlicher Nutzung – und durch

Veränderungen des Klimas, ist die Stabilität dieser gewaltigen Senken gefährdet. Dabei spielen

insbesondere Kahlschlag, Entwässerung und Waldfeuer eine Rolle. Dieser Prozess wird noch

weiter verstärkt, da der Druck, höhere agrarische Erträge zu erzielen weiter wächst. Besonders

Sumatra und Borneo weisen ausgedehnte Sump- und Tormoorwälder auf. Sumpfwälder entwickeln

sich in von Brackwasser und Flüssen überschwemmten Küstenebenen und Flussauen. Weite Areal

im inneren Borneos haben ihren Ursprung in der Makankan-Seenplatte und dem

Danau-Sentarum-Feuchtgebiet. Tormoore dagegen liegen nicht in Überschwemmungsgebieten. Sie

werden vom Regen gespeist und sind relativ nährstoffarm. Aus diesem Grund sind die Wälder nicht

so Artenreich wie die anderen Waldformationen79.

77 Vorlaufer, 2009, S. 3878 Vorlaufer, 2009, S. 4179 Vgl. Vorlaufer, 2009, S. 38 ff.

44

Page 45: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

Quelle: Hooije, 2010, S. 1507

Wie die oben stehende Abbildung 14 zeigt, befinden sich große Gebiete des Regenwaldes in

Indonesien auf Moorböden (insbesondere Sumatra und Kalimantan), die es bei Bewirtschaftung zu

entwässern gilt. Die schwarz eingefärbten Flächen zeigen die Bereiche, in denen der torfige

Untergrund bereits entwässert worden ist. Eine generelle agro-industrielle Folgenutzung des

Geländes ist an dieser Stelle zwar spekulativ, aber durchaus realistisch. Den bereits erwähnten

Prozessen, die bei der Entwaldung eine Rolle spielen, schließen sich nun die CO2 -Emissionen an,

die durch den Torfabbau verursacht werden

22.5 Mio Ha der Torf-Fläche erstreckt sich über Indonesien und macht damit 12 Prozent der

gesamten Landesfläche und 50 Prozent des Tieflandes aus. Die Mächtigkeit des Torfs variiert von

einem halben bis 20 Meter. Die Emission von CO2 durch den Abbau trocken gelegter Torfgebiete

belief sich 2006 auf 355 Mio. T. / - 855 Mio. T. / Jahr, wovon 82 Prozent auf Indonesien

zurückzuführen sind. Im globalen Kontext entspricht das 1.3 – 3.1 Prozent des gesamten CO2

Ausstoßes, der durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe verursacht wird80.

Die zunehmende Trockenlegung der ehemals riesigen Moor- und Sumpfwälder (ca. 4 Mio. ha)

steht dabei im Mittelpunkt der anschließenden Betrachtung. Werden die Moorböden degradiert,

verlieren sie ihre Speicherfähigkeit für CO2. Die Provinz Riau z.B. hatte zwischen 1990 – 2007

höhere Emissionen als die jährlichen Werte der gesamten EU (!)81.

80 Hooije, 2010, S. 150881 Vgl. Vorlaufer, 2009, S. 41

45

Abbildung 14: Wälder auf Moorböden in Indonesien

Page 46: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

Quelle: Hooije, 2010, S. 1506

Abb. 15 veranschaulicht den Eingriff in den Naturhaushalt bei der Entwässerung eines Torfbodens.

Eine naturnahe Situation (Natural situation) ist so gestaltet, dass der Grundwasserspiegel nah an

der Oberfläche liegt (gestrichelte Linie) und der Torfboden von einer hohen Mächtigkeit

(Jahrtausende alte Torf-Akkumulation) gekennzeichnet ist. Wird das Gelände entwässert

(Drainage), senkt sich der Grundwasserstand und die oberflächennahen Torfschichten sacken ab.

Bereits ab diesem Zeitpunkt beginnt die Emission von CO2. Bei fortgesetzter Entwässerung

(Continued drainage) steigen die Emissionen und zusätzlich das Feuerrisiko bedingt durch den nun

trockenen Torf. Durch die Feuer wird weiteres CO2 frei. Die nun aeroben Bedingungen schaffen ein

höheres Redoxpotential, was wiederum die mikrobielle Aktivität fördert. Der relativ trockenere

Torf wird zersetzt. Der Boden sackt weiter ab. Zudem wird die Mineralisierung von Stickstoffen im

Torf oberhalb des Wasserstandes angeregt und schließlich noch mehr CO2 freigesetzt.

46

Abbildung 15: Entwässerung von Torfböden

Page 47: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

Quelle: verändert nach Hooije, 2010, S. 1508

Auf der Grundlage von „SPOT-VEGETATION“ Satellitenbildern (Raster: 1 km²), wurden 16

Landnutzungs-Kategorien gebildet. Die Bereiche in denen Torfgebiete identifiziert werden

konnten, wurden in vier Kategorien (Abb. 16, zweite Spalte) unterteilt: Plantagen, Großbetriebe

(auf Large croplands), kleine Agrarbetriebe (auf Mixed cropland / shrubland), Bereiche die noch

nicht unter Bewirtschaftung stehen (auf Shrubland, recently cleared & burnt areas) und Bereiche,

die nicht bewirtschaftet werden (natural peat swamp forest, nicht in der Abbildung). Aus der

Darstellung geht hervor, dass große geeignete Anbaugebiete zu 100% entwässert werden, während

die gemischten Gebiete zwischen 75% - 100% umgewandelt werden, während kürzlich frei

gemachtes Gelände nur noch zw. 25% - 75% kultiviert wird. Die Entscheidung ein Areal zu

entwässern dürfte von verschiedenen Faktoren abhängen, z.B.: Bodenqualität, Versumpfungsgrad

und Zugänglichkeit. Die Grundwassertiefe und damit der Entwässerungsgrad steigt mit der größer

werdenden Form der Landnutzung. Während auf kürzlich kahlgeschlagenen Bereichen die

Grundwassertiefe zw. 0.25 – 0.40 m liegt und damit noch relativ nah an der Oberfläche, sinkt der

Spiegel bereits bei der „kleiner-skaligen“ Bewirtschaftung auf 0.40 – 0.80 m unter das

Oberflächenniveau. In dem Einflussgebiet von Plantagen erreicht der Grundwasserspiegel eine

maximale Tiefe von 1.10 m.

47

Abbildung 16: Landnutzungskategorien entwässerter Gebiete

Page 48: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

Quelle: Hooije, 2010, S. 1509

Zwischen der Grundwassertiefe und dem Ausstoß von CO2 gibt es einen linearen Zusammenhang

(Abb. 16). Verschiedene Emissions-Studien82 haben diese Verbindung belegt. Ein Ergebnis

beschreibt den Effekt, dass pro 10 cm Grundwasserspiegel-Absenkung die CO2-Rate um 9.1 T / Ha

/ Jahr erhöht wird. Das entspricht einem Anstieg von 91 T / Ha / Jahr pro m abgesenktem Spiegel.

Auch hier muss wieder zwischen den einzelnen Kategorien (Abb. 16) differenziert werden. Auf

Plantagen werden Spitzenwerte zwischen 73 T – 100 T / Ha / Jahr erreicht, kleinere Betriebe liegen

im Mittel zwischen 27 T und 73 T / Ha / Jahr, während bei noch nicht genutztem, aber bereits

gerodeten Gebieten der Ausstoß zwischen 6 T – 27 T / Ha / Jahr liegt.

82 Hooije, 2010, S. 1507

48

Abbildung 17: Verhältnis CO2 Emission und Grundwasserstand

Page 49: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

Quelle: Hooije, 2010, S. 1510

Abbildung 18 zeigt graphisch die Entwicklung der CO2 Emissionen durch Trockenlegung (ohne

Feuer). Die Entwicklung wird in drei Kurven angegeben. Die Punkt-Strich-Linie beschreibt den

minimalen CO2-Anstieg, der aus dem Abbau von Torf resultiert. Die durchgezogene Linie zeigt den

wahrscheinlichsten Fall und die gestrichelte Linie den maximalen Emissions-Anstieg. In allen drei

Szenarien nimmt die Kurve im Laufe der Zeit ab, der Grund liegt in den sich erschöpfenden

CO2-Senken83. Die Stufenform ergibt sich aus der unterschiedlichen Mächtigkeit der Torfschichten

(0.75 m – 10 m). Minimum, Wahrscheinlich und Maximum hängen von der Intensität der

Entwässerung ab (s.h. Abb. 16). Torfgebiete, die bis auf eine Grundwassertiefe von 0.95 m

entwässert wurden (hauptsächlich Plantagen und andere große Agrarflächen), emittieren

beispielsweise 86 t CO2 / ha / Jahr (ebenfalls Abb. 16).

7.3.6 Schlussfolgerungen

Ein wichtiger Aspekt den es zu beachten gilt ist, dass die verschiedenen ökologisch wirksamen

Kreisläufe in hohem Maße dynamisch sind und ineinander übergreifen. Trotzdem lassen sich

anhand der angeführten Daten in Bezug auf den Kohlenstoffkreislauf Verallgemeinerungen treffen:

Die Emissionen an Kohlenstoffdioxid hängen u.a. davon ab, ob und in welchem Umfang

Landfläche entwässert und damit für die Landwirtschaft nutzbar gemacht wird. Je größer

Bearbeitungsfläche und Agrarbetrieb sind, desto mehr CO2 wird freigesetzt (Abb. 16).

Es gibt bei der Entwässerung von torfigen Böden ein lineares Verhältnis zwischen CO2-Emissionen

und der Grundwassertiefe. Da – wie bereits weiter oben erwähnt – große Teile des Inselstaates auf

torfigem Untergrund liegen, bleibt eine Absenkung des Grundwasserspiegels im Zuge der

Nutzbarmachung scheinbar unausweichlich.

83 Hooije, 2010, S.1510

49

Abbildung 18: Entwicklung der Emissionen durch Trockenlegung

Page 50: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

Bleibt die Entwicklung konstant, wird bis 2015 ein Ausstoß von 745 Mio. T / Jahr erwartet, bis der

Zenit überstiegen ist und sich die Lager erschöpft haben. Danach sinken die Emissionen (laut

Prognose) im Jahr 2030 auf 514 Mio. T. / Jahr und bis 2070 auf 236 Mio. T. / Jahr (Abb. 18).

Das bedeutet, dass bis zu diesem Zeitpunkt Kohlenstoff in großem Maße aus dem Bodenverbund

gelöst wird und an der Oberfläche mit Sauerstoff zu Kohlenstoffdioxid oxidieren kann. Unter den

gegebenen, natürlichen Umweltbedingungen wäre eine derartige Entwicklung nicht zu erwarten,

sodass davon auszugehen ist, dass der Einfluss der Plantagen-Etablierung auf den globalen

Kohlenstoffkreislauf hoch ist. Auch wenn in Palmöl-Monokulturen wiederum Kohlenstoff

gebunden wird, sind sie dennoch nicht in der Lage die Emissionen zu kompensieren.

Ergänzend sei noch erwähnt, dass die Emissionen in den Tropen höher sind als in gemäßigten

Bereichen, da die aerobe Aktivität und der damit verbundene Abbau der Torfschichten stark von der

Temperatur abhängt. (Vergleichswerte in Europa: Grasland: 8.6 – 15.1 t CO2 / ha / Jahr;

Demgegenüber stehen jährliche Emissionen auf kultivierten Flächen im Bereich tropischer

Klima-Regime: ~73.3 t CO2 / ha / Jahr)84

84 Hooije, 2010, S. 1511

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Page 51: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

8. Schluss

Insgesamt kann ich auf Grundlage der bereits erfolgten Schlussfolgerungen in den einzelnen

Kapiteln feststellen, dass es einen Zusammenhang zwischen Palmölmonokulturen und dem Grad an

Biodiversität gibt. Zudem hat die monokulturelle Bewirtschaftungsform einen Einfluss auf den

globalen Kohlenstoffkreislauf. Die nahe liegende Vermutung, dass die Rodung bzw. die

Brandrodung von Waldfläche die Biodiversität einerseits verringert und den CO2 -Ausstoß erhöht

wurde dabei nur am Rande (s.h. Exkurs) behandelt.

Das clearing von Fläche und die damit einhergehenden Störungen der lokalen Umwelt trifft aller

Wahrscheinlichkeit nach auf jedes Regenwaldgelände zu, dass einer Nutzfläche weichen muss.

Dazu zählen neben Großunternehmen streng genommen auch Kleinbauern, die ebenfalls in den

Naturhaushalt und die angeschlossenen Kreisläufe eingreifen.

In Bezug auf die Biodiversität kann ich nun sagen, dass im Vergleich mit einer gerodeten Fläche

der Grad an Diversität steigt, wenn Brachland mit Ölpalmen bepflanzt wird. Den naturnahen

Zustand (bezogen auf Vegetationsstruktur und Mikroklima) kann die Plantage jedoch nicht

erreichen, da sie in ihrem Lebenszyklus durch Beschneidung, Ernten und Zwischenpflanzungen

kontinuierlich gestört wird.

Es wurde zwar deutlich, dass sich bestimmte Arten (v.a. Epiphyten) auch in Palmölplantagen

ansiedeln, andere Palmen oder Bäume sind davon jedoch ausgeschlossen, so lange das Areal durch

den Menschen kultiviert wird. Das bedeutet, dass eine Veränderung der Vegetationsstruktur und im

Mikroklima existiert.

Den Einfluss auf die Stoffkreisläufe musste ich auf (ausgesuchte) Effekte auf den

Kohlenstoffkreislauf beschränken.

Die Folgen, die die Etablierung von Palmöl-Monokulturen auf den Kohlenstoffkreislauf hat waren

vielleicht noch deutlicher. Alleine die zur Bewirtschaftung notwendige großflächige Entwässerung

weitläufiger Gebiete in Indonesien lässt große Mengen CO2 frei werden. Auch wenn das Gelände

wieder bepflanzt wird, können die Ölpalmen in der Gesamtbilanz die CO2-Emissionen nicht

kompensieren. Und an dieser Stelle sind die Emissionen, die von der Brandrodung ausgehen noch

gar nicht mit einbezogen.

Mit einer wachsender Weltbevölkerung steigt vermutlich auch der Bedarf an Ölen und Fetten. Mit

einer wachsenden Nachfrage steigt somit auch der Produktionsdruck und damit die Beanspruchung

weiterer Flächen. Bezieht man an dieser Stelle die Entwicklung der Landfläche Indonesiens hin zu

agrarisch genutztem wird deutlich, dass der gesamte Problemkomplex auch eine Frage der

Flächenbegrenzung ist. Indonesien hat das Problem, dass große Teile der nutzbaren Fläche mit

Regenwald bewachsen ist. Das wäre wieder ein eigenes großes Thema für sich.

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Page 52: Auswirkungen von Palmöl Monokulturen auf Biodiversität und Stoffkreisläufe in Indonesien

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