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Ausgegrenzt und entstellt - Wie Seuchen und deren ...€¦ · eine Statistik über die Anzahl an...

Date post: 17-Sep-2018
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"Ausgegrenzt und entstellt" - Wie Seuchen und deren Bekämpfung das alltägliche Leben im westfälischen Senden veränderten Angefertigt im Rahmen des Geschichtswettbewerbes des Bundespräsidenten 2014/15 zum Thema "Anders sein. Außenseiter in der Geschichte." Name: Marlies Reher Stufe: Q1 Schule: Joseph-Haydn-Gymnasium Schuljahr 2014/2015
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"Ausgegrenzt und entstellt" - Wie Seuchen und deren

Bekämpfung das alltägliche Leben im westfälischen

Senden veränderten

Angefertigt im Rahmen des Geschichtswettbewerbes des Bundespräsidenten

2014/15 zum Thema "Anders sein. Außenseiter in der Geschichte."

Name: Marlies Reher

Stufe: Q1

Schule: Joseph-Haydn-Gymnasium

Schuljahr 2014/2015

- 2 -

Inhaltsverzeichnis

1. Vorwort ...................................................................................................... - 3 -

2. Geschichte der Seuchen in Senden ........................................................... - 5 -

3. Begünstigende Faktoren für eine Außenseiterrolle durch Krankheit .......... - 9 -

4. Inwiefern weisen Seuchen den betroffenen Menschen eine Außenseiterrolle

zu? ............................................................................................................... - 10 -

4.1 als Konsequenz des körperlichen Erscheinungsbildes ....................... - 11 -

4.2 durch Nichterfüllen gesellschaftlicher Normen und Werte .................. - 12 -

5. Wie wirken sich die einzelnen Methoden der Seuchenbekämpfung auf die

Außenseiterrolle aus? .................................................................................. - 13 -

5.1 Verordnungen ..................................................................................... - 13 -

5.2 Quarantäne ......................................................................................... - 15 -

5.3 Impfungen - am Beispiel der Pockenschutzimpfung .......................... - 16 -

5.4 Rezepte .............................................................................................. - 17 -

6. Fazit ......................................................................................................... - 19 -

7. Erklärung.................................................................................................. - 21 -

8. Quellenverzeichnis ................................................................................... - 22 -

9. Literaturverzeichnis .................................................................................. - 23 -

10. Anhang .................................................................................................. - 24 -

- 3 -

1. Vorwort

Als ich mich auf die Suche nach einem geeigneten Thema begeben habe, das

ortsbezogen ist und zu dem Motto "Anders sein. Außenseiter in der

Geschichte." passt, herrschte zeitgleich die Ebola-Epidemie in Westafrika, was

mich auf die Idee brachte, mich mit der Geschichte der Seuchen in Senden zu

befassen. Außerdem erinnerte ich mich auf diese Weise an einen Ortsrundgang

vor einigen Jahren mit der Grundschulklasse durch Senden, bei dem ein

Mitglied des Heimatvereins unter anderem von einer Quarantänestation in

Senden erzählte. Diese Quarantänestation nannte sich "Klapperhagen" und

diente der Isolierung Pestkranker. Durch Nachfragen beim Heimatverein hat

sich ergeben, dass - abgesehen von mündlichen Überlieferungen - der

"Klapperhagen" noch nicht erforscht ist und es auch keinerlei Aufsätze,

Publikationen o. Ä. gibt. Da mich das Thema auf Anhieb angesprochen hat,

habe ich erste Recherchen zu dieser Quarantänestation angestellt, die nicht

sehr erfolgreich waren, sodass ich aufgrund der schlechten Quellenlage mich

dazu entschieden habe, mein Thema auf Seuchen und Seuchen-bekämpfung in

Senden auszuweiten.

Mein methodisches Vorgehen sieht wie folgt aus: Mithilfe von Fachliteratur lese

ich mich zuerst in das Thema ein, um dann bei einigen Archivbesuchen nach

Quellen zu forschen, die mir Aufschluss geben über das "Außenseiter sein" als

kranker Mensch. Im Idealfall finde ich eine Quelle, die sehr interessant und

aufschlussreich die Außenseiterrolle von kranken Menschen in Senden

darstellt, sodass ich diese in den Mittelpunkt meiner Arbeit stelle. Ist dies nicht

der Fall, so greife ich auf andere Quellen zurück und schaue, ob es Hinweise

gibt, die für das Außenseiter sein sprechen.

Zuerst gebe ich einen Überblick über die Geschichte der Seuchen in Senden

anhand der vier Beispiele Pest, Ruhr, Pocken und Cholera. Anschließend

werde ich mithilfe von Leitfragen die Außenseiterrolle von an Seuchen

erkrankten Menschen untersuchen. Hierbei stellt sich die Frage, inwiefern

Seuchen den Menschen überhaupt eine Außenseiterrolle zuweisen und wie es

dazu kommt, dass kranke Menschen zu Außenseitern werden. Danach werde

ich analysieren, ob die Maßnahmen der Seuchenbekämpfung eine Auswirkung

auf die Außenseiterrolle haben. Der zeitliche Rahmen meiner Arbeit geht vom

- 4 -

16. Jahrhundert bis zum frühen 20. Jahrhundert, wobei der Schwerpunkt auf

dem 18. und 19. Jahrhundert liegt.

Als Ergebnis dieser Arbeit erhoffe ich mir, die gesellschaftliche Position

insbesondere von kranken Menschen aber auch deren Mitmenschen besser zu

verstehen. In Hinblick auf die Seuchenbekämpfung ergibt sich vielleicht die

Möglichkeit, aus der Vergangenheit zu lernen und bestimmte Methoden in der

Gegenwart zu vermeiden, zu verbessern oder bewährt anzuwenden.

- 5 -

2. Geschichte der Seuchen in Senden

Seuchen können unter bestimmten Bedingungen immer und überall

ausbrechen. Kennzeichnend für sie ist die hohe Ansteckungsrate und das

Auftreten in Wellen. Hat ein Mensch eine Krankheit überstanden, hat sein

Körper eine Immunität gegen diese gebildet, sodass er in naher Zeit nicht noch

einmal an der gleichen Seuche erkrankt. Immer wenn diese Immunität bei

einem Großteil der zusammenlebenden Menschen nicht mehr vorhanden ist,

kann durch einen einzigen Krankheitsfall eine neue Welle entstehen, die ein

ganzes Dorf, ein ganzes Land oder die ganze Welt betrifft.1 Dementsprechend

reden wir von Epidemien ("räumlich und zeitlich begrenzt"), Endemien

("räumlich begrenzt", zeitlich unbegrenzt) oder Pandemien (räumlich

unbegrenzt, "zeitlich begrenzt"). 2

Auch Senden blieb nicht verschont. Eine weitverbreitete Seuche war die Pest.

Bei der Pest (lat. pestis - Seuche, Verderben) handelt es sich um eine

Krankheit, deren Erreger das Bakterium Yersinia pestis ist. Sie kommt

natürlicherweise bei Tieren vor und kann durch Flöhe von Nager zu Nager (oft

Ratten), aber auch von Nager zu Mensch übertragen werden.3 Es gibt drei

unterschiedliche Arten von Pest: die Beulenbest mit einer Letalität von bis zu

60%, die Lungenpest mit einer Letalität von etwa 90% und die Septische Pest,

an der so gut wie 100% aller Infizierten sterben.4

Es ist bekannt, dass Senden 1624 von der Pest betroffen war und sich auch

1665 nicht vor ihr schützen konnte5, obwohl sie sich bereits 1664 aus den

Niederlanden anbahnte und Maßnahmen erlassen wurden, die eine Ansteckung

verhindern sollten.6 Dass die Pest auch schon vorher in Senden grassierte,

zeigen alte Rezepte zur Behandlung der Pest aus dem 16. Jahrhundert aus

dem "Klattbuch" von Agnes Beveren, der Witwe von Droste zu Senden.7 1708

drohte die Pest erneut auf Senden und Umgebung überzugreifen, wie aus einer

1vgl. Kaufmann S.41

2Kaufmann, S.84

3vgl. Herlihy, S.12

4vgl. Dobson, S.10

5vgl. Ein Streifzug durch das alte Dorf Senden S.43

6vgl. StAM Fürstbistum Münster Landesarchiv Akten Nr. 4677

7vgl. StAM Verein für Geschichte und Altertumskunde Westfalens, Abteilung Münster (Dep.) -

Manuskripte, Nr.339,6

- 6 -

Verordnung wegen der "leidigen Seuche die Pestilenz" (siehe Anhang 1) vom

Bischof von Münster hervorgeht.8

Die Pest hatte ihren Höhepunkt vom späten Mittelalter bis zur frühen Neuzeit9,

doch auch noch Ende des 19. Jahrhunderts trat sie ab und an auf, sodass z. B.

1899 in Senden und allen anderen Orten deutschlandweit "Belehrung[en] über

die Pest" ausgehändigt wurden, die eine "Veröffentlichung des kaiserlichen

Gesundheitsamtes" darstellten.10

Eine andere gefürchtete Seuche war die Ruhr (medizinischer Fachbegriff:

Shigellose). Sie ging mit einer Entzündung des Dickdarms einher. Die Erreger

der Infektionskrankheit waren Bakterien der Gattung Shigella, benannt nach

dem Entdecker Kiyoshi Shiga 1898.11 Aufgrund der Tatsache, dass eines der

Symptome blutiger Stuhlgang war, nannten die Menschen diese Seuche

damals "Rote Ruhr"12.

Im Jahr 1676 griff die Rote Ruhr im Nachbarort Dülmen um sich13, sodass ein

möglicher Ausbruch der Krankheit auch in Senden nahe liegt. Ein weiteres Indiz

hierfür ist ein Brief ebenfalls aus dem Jahr 1676 von Bürgern aus

Ottmarsbocholt, ein heutiger Ortsteil Sendens, an den Freiherrn Droste zu

Senden, in welchem sie von Todesfällen aufgrund der Roten Ruhr berichten.14

Die nächste Welle trat im Fürstbistum Münster 13 Jahre später auf, wie aus

einem Brief von dem Münsteraner Bischof Christian aus dem Jahre 1689

hervorgeht.15

Für die Jahre 1794 bis 1801 lässt sich auf Grundlage von Angaben über die

Todesursache im Sterberegister der Sendener Pfarrgemeinde St.Laurentius

eine Statistik über die Anzahl an Roter Ruhr gestorbener Menschen

rekonstruieren.16

8StAM Fürstbistum Münster Edikte A4 Blatt 14

9 vgl. Herlihy S.12/13

10 StAM Kreis Coesfeld Nr.502

11 Pschyrembel S.1931

12 StAM Fürstbistum Münster Landesarchiv Akten Nr.4678 Blatt 131

13 StAM Fürstbistum Münster Landesarchiv Akten Nr.4678 Blatt 29

14StAM Fürstbistum Münster Landesarchiv Akten Nr.4678 Blatt 131

15StAM Fürstbistum Münster Landesarchiv Akten Nr.4332

16 BAM St. Laurentius Senden J004 KB 6

- 7 -

Jahr Monat Anzahl der an Ruhr Verstorbenen in der

Kirchengemeinde St. Laurentius Senden

1794 Oktober 2

November 6

1795 Oktober 2

November 8

1796 Oktober 8

November 11

Dezember 1

1798 September 2

Oktober 6

November 1

1799 Januar 1

1800 September 8

Oktober 15

November 6

Dezember 6

1801 Januar 1

Die Monate, in denen es keine Todesfälle gab, sind in der Tabelle nicht

aufgelistet. Auffällig ist, dass es nur in den Wintermonaten zu Todesfällen kam,

worauf ich im Kapitel 4.1 "Begünstigende Faktoren" für eine Erkrankung näher

eingehen werde.

Diese Statistik beinhaltet nur verstorbene Mitglieder der Kirchengemeinde,

sodass die Zahl der Infizierten eine wesentlich höhere gewesen sein wird und

es zudem noch Verstorbene, die keine Kirchenmitglieder waren, gegeben

haben kann. Zum Vergleich lag die Einwohnerzahl im Jahr 1794 bei 1794

Einwohnern im Kirchspiel Senden. 17

17

Auskunft Heimatverein Senden

- 8 -

Eine nicht bakterielle, sondern durch einen Virus ausgelöste Seuche sind die

Pocken, auch Variola bzw. Blattern genannt. Wahrscheinlich existierten sie

schon in der Antike, doch ihre wahre Ausbreitung erfuhren sie in der frühen

Neuzeit. Fast jeder machte diese Krankheit im Kindesalter durch.18 Etwa 25%

der Infizierten starben.19

Im 16. Jahrhundert schrieb Agnes Beveren, die Witwe des Droste zu Senden

ein Rezept "vor die Kinderblattern".20 Aus einer "fernere[n] Verordnung wegen

des Einpfropfens der Kinderblattern" (siehe Anhang 2)21 geht hervor, dass um

1779 ebenfalls eine Pockenepidemie herrschte. 1785 gab es eine immens hohe

Anzahl an Pockenfällen in Senden; Innerhalb von nur vier Monaten starben 35

Kinder im Alter von neun Monaten bis 23 Jahren, wobei eher die Jüngeren

betroffen waren.22 Im Jahr 1797 gab es nochmal eine kleinere Epidemie mit

sieben Todesfällen in Senden.23 Mit der Zeit verbesserten sich die Maßnahmen

zur Seuchenbekämpfung, sodass im Jahr 1859 nur fünf Menschen erkrankten

und diese auch überlebten (siehe Anhang 3). Zwei Jahre später berichtete der

Landrat des Kreises Lüdinghausen, zu dem auch Senden gehörte, im Jahr

1861 seien keine Fälle von Pocken aufgetreten (siehe Anhang 4).24 Das

Reichsimpfgesetz von 1874 wurde auch in Senden umgesetzt, wie Dokumente

aus den Jahren 188525, 190126, 190427, 191028 und 191229 belegen.

Bei der Cholera handelt es sich um eine Krankheit, bei der das Bakterium Vibrio

Cholerae den Dünndarm befällt, mit einer Sterblichkeitsrate von mindestens

50%.30 Die Verbreitung von Cholera begann in Europa erst im 19.

Jahrhundert31, ebenso in Senden. Im Jahre 1871 nötigten Cholerafälle den

18

vgl. Vasold, S.151 19

vgl. Leven, S.81 20

StAM Verein für Geschichte und Altertumskunde Westfalens, Abteilung Münster (Dep.) - Manuskripte, Nr.339,6 21

StAM Fürstbistum Münster Kabinettsregistratur Nr. 2713 22

BAM St. Laurentius Senden J004 KB 6 23

ebd. 24

StAM Regierung Münster Nr.886 25

StAM Kreis Lüdinghausen Nr. 404 26

vgl. StAM Regierung Münster Nr. VI-3-26 Blatt 1-9 27

vgl. StAM Regierung Münster Nr. VI-4-75 Blatt 26 28

vgl. StAM Regierung Münster Nr. VI-4-75 Blatt 171 29

vgl. StAM Regierung Münster Nr. VI-4-75 Blatt 205 und 233 30

vgl. Dobson, S.46 31

vgl. Vasold, S.99

- 9 -

Sendener Amtsmann Koch dazu, eine Verordnung zu erlassen.32 1884 schien

eine erneute Cholera-Epidemie Senden heimgesucht zu haben, wie die

"Maßregeln zum Schutz gegen die Cholera"33, von Amtsmann Koch

angeordnet, zeigen. Der letzte größere Ausbruch der Cholera im Deutschen

Reich34, insbesondere in Hamburg, machte sich 1892 auch in Senden

bemerkbar.35

3. Begünstigende Faktoren für eine Außenseiterrolle durch

Krankheit

Grundsätzlich machten Seuchen keinen Unterschied zwischen arm und reich,

Stadt- und Landbevölkerung oder alt und jung, sie konnten jeden treffen. Es

gab jedoch einige Faktoren, die Krankheiten begünstigten. Wenn ein Mensch

mit einem Krankheitserreger infiziert wurde, so schadet ihm das zunächst

einmal nicht, solange sein Immunsystem mit diesem fertig wurde. War das

Immunsystem allerdings geschwächt, so war es dem Erreger ein Leichtes, das

Immunsystem zu passieren und in den Körper einzudringen. Wie bereits in

Kapitel 2 erkannt, brach die Rote Ruhr vorzugsweise im Winter aus.36 Die Kälte

machte dem Immunsystem zu schaffen und der Zugriff auf frische Lebensmittel

aus dem Garten oder Ackerbau (Gemüse, Obst, Getreide etc) blieb verwehrt,

es musste auf Alternativen (evtl. Fleisch oder gelagerte Nahrungsmittel)

zurückgegriffen werden. Gab es in einem Jahr eine Missernte, so war dies auch

nicht immer sichergestellt. Dazu kam die Tatsache, dass damals unzureichende

Hygieneverhältnisse herrschten. Im Sendener Dorf lebten die Menschen Haus

an Haus auf engstem Raum; Abwasserkanäle und Sanitäranlagen gab es nicht.

Außerdem lebten oft Mensch und Tier im selben Gebäude, sodass die

Übertragung von Krankheiten vom Tier auf den Menschen vorprogrammiert

32

vgl. StAM Kreis Lüdinghausen Nr. 404 33

StAM Kreis Lüdinghausen Nr. 404 34

vgl. Vasold, S.127 35

vgl. StAM Kreis Coesfeld Nr. 502 36

vgl. BAM St. Laurentius Senden J004 KB 6

- 10 -

war, wie zum Beispiel bei der Pest.37 Insbesondere Säuglinge und alte

Menschen waren aufgrund ihres schwachen Immunsystems prädestiniert für

Seuchen und schwerwiegendere Verläufe dieser Krankheiten.

4. Inwiefern weisen Seuchen den betroffenen Menschen eine

Außenseiterrolle zu?

Um untersuchen zu können, inwiefern Kranke Außenseiter sind, ist es sinnvoll,

zuerst den Begriff "Außenseiter" zu definieren.

Definition Brockhaus:

Einzelne oder Gruppen, die in einer Gesellschaft auf Grund besonderer

Merkmale eine Randstellung einnehmen.38

Definition Wikipedia:

Als Außenseiter bezeichnet man Menschen oder Gruppen von

Menschen, die einer sozialen Gemeinschaft zwar zugehören, in diese

Gemeinschaft aber nicht voll integriert sind.39

Definition Psychologie Fachgebärden-Lexikon Uni Hamburg:

[...] Kennzeichnend für den Außenseiter ist, dass er sich häufig in einem

oder mehreren Merkmalen von der Gruppe unterscheidet, z.B. durch

besonders hohe oder niedrige Intelligenz, einer Körperbehinderung,

einer anderen Hautfarbe, durch Verhaltensauffälligkeiten wie extreme

Schüchternheit oder Ungeschicklichkeit usw..40

Auf das Thema "Außenseiter sein durch Seuchen" bezogen, bedeutet das, dass

es sich bei Erkrankten um "Einzelne" bzw. bei größeren Ausbrüchen um ganze

Gruppen handelt, die in einer Gesellschaft auf Grund besonderer Merkmale

37

vgl. StAM Kreis Coesfeld Nr. 502 38

Brockhaus Band 1, S.95 39 http://de.wikipedia.org/wiki/Au%C3%9Fenseiter abgerufen am 12.02.2015

40 http://www.sign-lang.uni-hamburg.de/projekte/plex/plex/lemmata/a-lemma/aussense.htm

abgerufen am 12.02.2015

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eine Randstellung einnehmen.".41 Diese "besonderen Merkmale"42 sind

insbesondere körperliche Veränderungen (teilweise sogar "Körper-

behinderung"43 möglich) und die Änderung der gesellschaftlichen Position an

den Rand derselben. Kranke Menschen sind also Außenseiter.

4.1 Außenseiterrolle als Konsequenz des körperlichen Erscheinungs-

bildes

Allein rein äußerlich betrachtet werden von Seuchen befallene Menschen zum

Außenseiter. In einer Gesellschaft ist Schönheit ein Wert mit hoher Bedeutung.

Seuchen jedoch entstellen den Körper; konkret bedeutet das:

Bei Pestkranken, die an der Beulenpest leiden, sind schwarz-bläuliche

Pestbeulen vorzufinden, die später eitrig zerfallen und als Narben noch lange

sichtbar bleiben können.44 An Pestsepsis erkrankte Menschen haben

"schwarze Flecken"45 auf der Haut aufgrund von Blutungen in den Organen und

der Haut. Hat ein Mensch Pocken, so ist das körperliche Erscheinungsbild

ähnlich. Anstatt Beulen sind kleinere, eitrige Pusteln sichtbar, wobei ebenfalls

Narben zurückbleiben können. In schlimmen Fällen kann eine Pockenkrankheit

eine Behinderung nach sich ziehen, in Form von Lähmung, Erblindung oder

Gehörverlust.46 Von der Ruhr befallene Menschen leiden an häufigem

Erbrechen und Stuhldrang, sodass ein hoher Flüssigkeitsverlust entsteht, der

durch Austrocknung und als Folge einem eingefallenen Gesicht deutlich wird. 47

Bei Choleraerkrankten zeigen sich ähnliche Symptome. Der Körper trocknet

aus, somit "wird das Gesicht scharfkantig und fällt ein"48 und die Person läuft

blau lila schwarz an.49

41

Brockhaus Band 1, S.95 42

ebd. 43

http://www.sign-lang.uni-hamburg.de/projekte/plex/plex/lemmata/a-lemma/aussense.htm abgerufen am 12.02.2015 44

vgl. Pschyrembel S.1616 45

Dobson, S.10 46

vgl. Vasold, S.153 47

vgl. Pschyrembel S.1931 48

Dobson, S.44 49

vgl. Dobson, S.44

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Alle diese Merkmale setzen die Schönheit des Betroffenen herab und erregen

oft Ekel bei den Mitmenschen,50 was Ausgrenzung zur Folge hat. Ein positiver

Effekt dabei ist, dass gesunde Menschen sich von Kranken fernhalten, die

Gefahr der Ansteckung also verringert wird. Nachteilig wirkt sich dies allerdings

bei engeren zwischenmenschlichen Beziehungen aus, bei denen der Erkrankte

darunter leidet, von ihm nahestehenden Personen wie z. B. Familie oder

Freunde gemieden zu werden.

4.2 Außenseiterrolle durch Nichterfüllen gesellschaftlicher Normen und

Werte

Jeder in einer Gesellschaft lebende Mensch hat ein gewisses Grundbedürfnis

an Akzeptanz in dieser. Dies ist bei Krankheit nicht mehr gegeben. Neben

Schmerzen sorgen Symptome wie Fieber, Abgeschlagenheit und fehlende Kraft

dafür, dass Erkrankte ihrer Arbeit kaum oder gar nicht mehr nachgehen können.

Arbeit verschafft in einer Gesellschaft Anerkennung, keine Arbeit folglich

Verachtung. Außerdem ergibt sich als Folge Geldnot, die gerade in Zeiten von

Krankheit problematisch ist, da zusätzlich Geld für Medizin benötigt wird und

ausreichende Ernährung wichtig für das Immunsystem ist. Bevor Bismarck

1883 die Sozialgesetze einführte, gab es keine staatliche Krankenversicherung.

Nahmen in Armut geratene, erkrankte Menschen Unterstützungsleistungen von

Privatmenschen oder Stiftungen in Anspruch, so galten sie als bedürftig und

wurden ebenfalls herablassend behandelt. Es kam auch vor, dass von Seuchen

befallene Menschen beschimpft wurden, ihre Mitmenschen angesteckt zu

haben, also beleidigt und despektierlich behandelt wurden51. Häufig wurden sie

auch als Sünder angesehen, auf welche die Strafe Gottes niederkam, und man

somit sagen kann, dass Gesundheit als gesellschaftliche Norm gilt, die bei

Nichterfüllen zu Intoleranz und Ausschluss aus einer Gesellschaft führen kann.

50

vgl. Dobson, S.131 51

ebd.

- 13 -

5. Wie wirken sich die einzelnen Methoden der

Seuchenbekämpfung auf die Außenseiterrolle aus?

5.1 Verordnungen

Einige Verordnungen hatten keinerlei Einfluss auf die Außenseiterrolle kranker

Menschen, andere hingegen verstärkten diese. Wieder andere hatten lediglich

auf die Mitmenschen eine Auswirkung.

Beispielsweise wurde 1676 im Nachbarort Dülmen angeordnet, die Post

einzustellen, um die Rote Ruhr nicht weiter zu verbreiten.52 Folglich gelangten

Nachrichten weder in das Dorf hinein noch hinaus. Die Bewohner waren

praktisch von dem Rest der Welt abgeschnitten und konnten keine Neuigkeiten

erhalten oder Briefe geschäftlicher Art senden bzw. empfangen. Diese

Verordnung diente zwar dem Schutz der Bürger, doch sie wird sicherlich bei

einigen auf Unverständnis gestoßen sein und für Zorn auf die Infizierten gesorgt

haben.

Für das Fürstbistum Münster wurde 1708 eine Verordnung "wegen der leidigen

Seuche die Pestilenz"53 erlassen, in der es wie folgt heißt: "Inbesonderheit aber

sollen keine frembde Landstreichende mit Packen und Waaren umblauffende

gemeinlich von denen inficirten Oerteren der Verstorbenen Kleyder zu kauff

tragende Juden oder Judinnen mit ihren etwa bey sich habenden Waaren,

Sachen und Kleydungen ein- oder durchgelassen [...] sondern jedesmahl ab-

und zurückgewiesen werden."54 Durch diese Verordnung wurde ebenfalls der

Handel eingeschränkt, zum Nachteil der lokalen Wirtschaft. Jahrmärkte und

Wochenmärkte konnten nicht wie gewohnt stattfinden, was sich sicherlich auch

auf die Stimmung im Dorf auswirkte.

Eine ähnliche Verordnung der Polizei (siehe Anhang 5) galt 1892 während der

Cholera-Epidemie. Sie besagt: "§1 Die Ein- und Durchfuhr von gebrauchter

Leib- und Bettwäsche, gebrauchten Kleidern, Hadern und Lumpen aller Art,

Obst, frischem Gemüse, Butter und Weichkäse aus dem Niederländischen

52

vgl. StAM Fürstbistum Münster Landesarchiv Akten Nr. 4678 Blatt 29 53

StAM Fürstbistum Münster Edikte A4 54

ebd.

- 14 -

Staatsgebiet ist verboten. [...] §3 "Uebertretungen dieser Polizei-Verordnung

werden mit Geldstrafe bis zu 60 Mark bestraft."55 Die Menschen mussten auf

einige Waren verzichten, dies galt für den Kranken gleichermaßen wie für seine

Mitmenschen.

Einige Verordnungen, hier in Form einer "Gemeinverständlichen Belehrung

über die Cholera" aus der "Allgemeine[n] Zeitung, Kreisblatt für den Kreis

Coesfeld" vom 23. September 1905 brachten den Außenseiter weiter an den

Rand der Gesellschaft, indem zwischenmenschliche Bindungen unterbunden

wurden, d.h., dass die jeweilige Person von Familie oder Freunden getrennt

wurde: "Es ist [...] ratsam, die Kranken [...] nicht zu Hause zu pflegen, sondern

einem Krankenhaus zu übergeben."56

Die Bestimmung "Ist der Kranke gestorben, so ist die Leiche sobald als irgend

thunlich, aus der Behausung zu entfernen, und in ein Leichenhaus zu bringen.

Das Waschen der Leiche ist am besten zu unterlassen. Das Leichenbegängnis

ist so einfach als möglich einzurichten. Das Gefolge betrete das Sterbehaus

nicht, und man beteilige sich nicht an Leichenfestlichkeiten"57 sorgte ebenfalls

für Distanz zwischen dem Außenseiter und seinen Nahestehenden. Der Kranke

war zwar gestorben und spürte demnach diese Distanz nicht, doch hatte der

Ausschluss seiner Familie bzw. seiner Freunde von seiner Beerdigung etwas

Entwürdigendes.

Zusätzlich kostete es dem Kranken oder seiner Familie viel Geld, um allen

Bestimmungen nachzukommen, wie zum Beispiel der folgenden: "Alle mit den

Kranken in Berührung gekommenen Gegenstände, welche nicht vernichtet oder

auf einfache Weise desinfiziert werden können, müssen in besonderen

Desinfektionsanstalten mittels Wasserdampfes unschädlich gemacht [...]

werden."58 Nicht jeder hatte das Geld, um sein Hab und Gut zu "vernichten"59,

Desinfektionsmittel oder den Auftrag einer Desinfektionsanstalt zu bezahlen.

55

StAM Kreis Coesfeld Nr.502 56

StAM Kreis Coesfeld Nr.502 57

ebd. 58

ebd. 59

ebd.

- 15 -

Eine andere Art der Verordnungen waren Hygienevorschriften. Die folgende

stammt aus dem Jahr 1871 von dem Sendener Amtsmann Koch: "[...] 1. Die

Straßen des Dorfes sind von jetzt an bis auf Widerruf wöchentlich 3 Mal zu

reinigen, nemlich an jedem Montage, Donnerstage und Samstage. 2. Die

Gassen zwischen den Häusern sind ebenfalls an den genannten Tagen zu

säubern. 3. Die Rinnsteine sind täglich zu reinigen und insbesondere mit reinem

Wasser durchzuspülen. Wer diesen Anordnungen entgegen handelt verfällt in

eine Geldstrafe bis zu 3 Thl. oder verhältnismäßige Gefängnisstrafe."60 Eine

solche Vorschrift war sicherlich ohne größere Schwierigkeiten zu erfüllen und

gleichzeitig sehr effektiv, da mangelnde Hygiene eine häufige Ursache für die

Ansteckung darstellte.

Abschließend lässt sich sagen, dass Verordnungen dazu führen konnten, dass

ein von Seuchen befallener Mensch noch deutlicher zum Außenseiter wurde,

indem er von seiner Familie und seinem gewohnten Umfeld getrennt wurde.

Zudem konnten einige Vorschriften den Außenseiter und seine Familie finanziell

belasten und je nach vorherrschenden finanziellen Verhältnissen in die Armut

treiben. Allerdings gab es auch viele negative Konsequenzen für das gesunde

Volk. Die Einschränkung des Handels und der Verzicht auf bestimmte

Konsumgüter waren ein notwendiges Übel, um die Ansteckungsgefahr zu

verringern.

5.2 Quarantäne

Quarantäne ist eine weitere Maßnahme der Seuchenbekämpfung. Ziel hierbei

ist es, den Kontakt mit Gesunden zu vermeiden, um Ansteckung zu verhindern.

Im 17. und 18. Jahrhundert existierte in Senden eine Quarantänestation

namens "Klapperhagen". Sie war in einer schmalen Gasse mit kleinen

Häuschen am damals nördlichen Rand des Dorfes angesiedelt. Die

Bezeichnung "Klapperhagen" kam daher, dass die dort lebenden Menschen

sich durch Klappern bemerkbar machen mussten, sobald sie ihr Quartier

verließen. Der Begriff "Hagen" bezeichnet ein eingezäuntes Gebiet.61

60

StAM Kreis Lüdinghausen Nr. 404 61

vgl. Kucharski, S.43

- 16 -

Die Effektivität dieser

Maßnahme ist für die

Mitmenschen hoch einzu-

stufen, weil es die beste

Prävention für sie ist. Den

Außenseitern selber bringt es

nichts, da Quarantäne keine

Möglichkeit zur Heilung der

Krankheit ist.

Einerseits wurde durch diese

Methode der Seuchen-

bekämpfung die Außenseiter-

rolle relativiert, indem kranke

Menschen Gleichgesinnte

fanden, die ihr Leid teilten.

Andererseits überwiegt die

Verstärkung der Außenseiter-

rolle durch die Isolation, die

eine deutliche, räumliche Ab-

und Ausgrenzung darstellt.

5.3 Impfungen - am Beispiel der Pockenschutzimpfung

Die in der Vergangenheit am meisten verbreitete Impfung war die

Pockenschutzimpfung.

Bereits im 10. Jahrhundert soll eine Art von Impfung gegen Pocken in Asien

existiert haben, bei der gesunde Menschen mit dem Pockenvirus in schwacher

Form infiziert wurden, um dann nach durchgestandener Krankheit eine

Immunität zu erhalten.62 In Europa wurde diese Methode abgeschaut und ab

dem frühen 18. Jahrhundert auch praktiziert. Man nannte sie "Variolation oder

Inokulation".63 1796 erfand ein englischer Landarzt namens Edward Jenner

62

vgl. Dobson, S. 132 63

Leven, S.81

Abbildung 1: Teil des Klapperhagen im 20. Jahrhundert; fungiert zu dieser Zeit nicht mehr als Quarantänestation

- 17 -

eine neue Art der Impfung, und zwar mit Kuhpocken, welche für den Menschen

weitaus weniger gefährlich waren als Menschenpocken.64 Ab dem Jahr 1874

war die Pockenschutzimpfung im Deutschen Reich durch das Reichsimpfgesetz

gesetzlich verpflichtend, aufgrund einer zuvor nach Preußen eingeschleppten

Pockenepidemie von französischen Kriegsgefangenen aus dem Deutsch-

Französischen Krieg 1870/1871. 65

In Senden stellte sich ein großer Erfolg durch die Impfungen ein. Wo 1785 noch

35 Kinder innerhalb von vier Monaten starben66, wurde 1863 berichtet, dass in

diesem Jahr kein Sendener an Pocken starb.67

Offiziell durfte eine solche Inokulation nur von Spezialisten durchgeführt

werden.68 Folglich mussten Menschen, die sich aus finanziellen Gründen

keinen Arzt leisten konnten, darauf verzichten.

Eine solche Impfung war präventiv, also eine Schutzmaßnahme und war bereits

erkrankten Menschen deshalb nicht von Nutzen. Die Außenseiterrolle dieser

Personen änderte sich nicht, es gab lediglich in der darauffolgenden Zeit

weniger Menschen, die zu Außenseitern wurden.

5.4 Rezepte

Frau Agnes Beveren, Witwe des Herrn Droste zu Senden, schrieb im 16.

Jahrhundert ein Klattbuch, in dem sich unter anderem auch Rezepte gegen

Krankheiten befinden. Zum Beispiel:

Vor die Kinderblattern

Aus zu treiben nihmb Schafsdreck vermischt mit rotem Wein angemacht,

darnach das Kind alt ist viele oder wenigs vor die Augen aber zu schmieren

nihmb Frawenmilligh, Rosenwasser und Zaffran. Dahmit kheine Löcher pleiben,

nihmb süeßen Rohmb, Rohe Speck in einem Licht gebrandt, und in den Rohmb

64

vgl. Leven, S.82 65

vgl. Leven, S.83 66

vgl. BAM St. Laurentius Senden J004 KB 6 67

vgl. StAM Regierung Münster Nr. 886 68

vgl. StAM Fürstbistum Münster Edikte A4

- 18 -

gedämpfet. Wenn die Blattern, recht weiß geworden sein, dan mit einem

Federkiell geschmieret es helft.69

Vor die Pestilentie

Wan die Kranckheidt erstes ankompt, der nemme iii Lorbeeren und so swär

hollwurtgell und venedischen Tyriack nehmmen das in mit weinessigh, setzen

sich jegl. ein guet Fewer, so lange man es immer verdragen kan, muss sich

hüten vor schlafen, wann der Patient müde ist, lasse er sich das Bette warmb

machen, decke sich warm zue, dass er voll schwitze.70

Ob diese Rezepte wirklich zur Heilung der Kranken oder nur zu einer Linderung

des Krankheitsverlauf führten, ist nicht bekannt. Von Wunderheilungen ist nicht

auszugehen, da diese Rezepte sich sonst sicherlich als beste Methode zur

Seuchenbekämpfung durchgesetzt hätten. Eine Verbesserung des Leides ist

aber durchaus vorstellbar, wenn Inhaltstoffe verwendet wurden, die

schmerzstillend wirken oder welche, die desinfizierend wirken, wie

beispielsweise Alkohol, der sich in Form von Rotwein im ersten Rezept

wiederfindet. Einerseits erfuhr der Kranke Zuneigung, indem eine andere

Person es für ihn zubereitete oder z.B. ihm das "Bette warmb mach[te]"71,

sodass die Außenseiterrolle hier nicht zu erkennen war. Andererseits war die

Heilung der Krankheit mithilfe dieser Rezepte fraglich, sodass die Außenseiter-

rolle weiterhin bestehen blieb.

69

StAM Verein für Geschichte und Altertumskunde Westfalens, Abteilung Münster (Dep.) - Manuskripte, Nr.339,6 70

ebd. 71

ebd.

- 19 -

6. Fazit

Meine Untersuchungen haben ergeben, dass an Seuchen erkrankte Menschen

aufgrund ihres körperlichen Erscheinungsbildes zu Außenseitern werden, da

Schönheit als gesellschaftlicher Wert gilt. Zudem kann man sagen, dass

Gesundheit eine Norm ist, die erfüllt werden muss, um in der Gesellschaft

teilhaben zu dürfen. Erkrankt ein Mensch an einer Seuche, so ist dies meist so

gravierend, dass er nicht mehr arbeiten kann und somit kein Geld und keine

Anerkennung verdient, was zu Armut und Verachtung führt.

Obwohl Seuchen Menschen aus allen sozialen Schichten befallen, sind vor

allem Arme betroffen, da sie durch Unterernährung ihr Immunsystem nicht

ausreichend stärken können und oft in schlechteren Hygieneverhältnissen

leben. Menschen, die bereits krank sind sowie Säuglinge und ältere Personen

weisen ebenfalls kaum Immunität auf und sind Seuchen schutzlos ausgesetzt.

Die Maßnahmen der Seuchenbekämpfung zeigen keine signifikante Änderung

der Position als Außenseiter zum Positiven hin. Es hängt individuell davon ab,

ob ein Kranker von seiner Familie gepflegt wird oder einer sonstigen Institution

übergeben wird, ob sich die Mitmenschen an Vorschriften halten oder

stattdessen die Gefahr der Ansteckung riskieren.

Die Außenseiterrolle ist einerseits als eine sehr deutliche zu beurteilen, da

Menschen ungewollt in dieses Schicksal geraten, das sie schlagartig trifft, und

oft mit dem Tod endet. Zu Lebzeiten werden sie aus der Gesellschaft

ausgegrenzt und ihr alltägliches Leben ändert sich drastisch. Andererseits

werden die Außenseiter nicht immer aktiv durch ihre Mitmenschen ausgegrenzt.

Der ein oder andere fühlt sich sicherlich mit den Kranken verbunden, weil er

sich ebenfalls schon einmal in der gleichen Position befunden hat.

Abgesehen von dem enormen medizinischen Fortschritt, unterscheiden sich die

heutigen Maßnahmen der Seuchenbekämpfung kaum von den damaligen.

Während der Ebola-Epidemie wurden ebenfalls Hygienemaßnahmen

eingeführt, Reisebeschränkungen oder -verbote verhängt, für Quarantäne

gesorgt u.v.m..

- 20 -

Nur wenige Menschen, die in einem Industrieland mit zahlreichen

medizinischen Möglichkeiten leben, können sich vorstellen, was die Bedrohung

durch eine Seuche bedeutet. Menschen aus Entwicklungsländern, die häufiger

mit diesem Schicksal konfrontiert werden, können sich sicherlich eher in die

damals in Senden und anderen von Seuchen betroffenen Orten lebenden

Menschen einfühlen.

- 21 -

7. Erklärung

Ich erkläre, dass ich die Facharbeit ohne fremde Hilfe angefertigt und nur die im

Quellen- und Literaturverzeichnis angeführten Quellen und Hilfsmittel benutzt

habe. Alle Stellen in der Arbeit, die anderen Werken dem Wortlaut oder dem

Sinn nach entnommen wurden, habe ich in jedem Fall unter Angabe der Quelle

kenntlich gemacht. Dies gilt auch für den Anhang.

- 22 -

8. Quellenverzeichnis

Staatsarchiv Münster:

Fürstbistum Münster Landesarchiv Akten Nr. 4332

Fürstbistum Münster Landesarchiv Akten Nr. 4678

Fürstbistum Münster Kabinettsregistratur Nr. 2711

Fürstbistum Münster Kabinettsregistratur Nr. 2713

Fürstbistum Münster Edikte A4

Fürstbistum Münster Edikte E1

Fürstbistum Münster Edikte F5

Studienfonds Münster - Akten, Nr. 9789

Verein für Geschichte und Altertumskunde Westfalens, Abteilung Münster

(Dep.) - Manuskripte, Nr. 339,6

Kreis Coesfeld Nr. 502

Kreis Lüdinghausen Nr. 404

Regierung Münster Nr. 886

Regierung Münster Nr. 887

Regierung Münster Nr. VI-3-26

Regierung Münster Nr. VI-4-75

Bistumsarchiv Münster:

St. Laurentius Senden J004 KB6

Heimatverein Senden:

Abb. 1 Foto Klapperhagen

- 23 -

9. Literaturverzeichnis

Arnold, Ulrike [u. a.]: Pschyrembel. Klinisches Wörterbuch 2013, 264. Auflage,

Berlin 2012.

Brockhaus: Brockhaus Kompaktwissen von A bis Z: in 5 Bänden. Bd. 1 A-Dral,

Wiesbaden 1983

Dobson, Mary: Seuchen die die Welt veränderten. Von Cholera bis Sars,

Hamburg 2009.

Herlihy, David: Der Schwarze Tod und die Verwandlung Europas, Berlin 1998.

Kaufmann, Stefan H.E.: Wächst die Seuchengefahr?. Globale Epidemien und

Armut: Strategien zur Seucheneindämmung in einer vernetzten Welt,

Frankfurt am Main 2008.

Kucharski, Hans-Dieter; Franke, Dieter: Ein Streifzug durch das alte Dorf

Senden. Eine Erinnerung, Senden 2008.

Leven, Karl-Heinz: Geschichte der Medizin. Von der Antike bis zur Gegenwart,

München 2008.

Vasold, Manfred: Grippe, Pest und Cholera. Eine Geschichte der Seuchen in

Europa, Stuttgart 2008.

Internetquellen

Wikipedia

http://de.wikipedia.org/wiki/Au%C3%9Fenseiter

abgerufen am 12.02.2015

Universität Hamburg

http://www.sign-lang.uni-

hamburg.de/projekte/plex/plex/lemmata/alemma/aussense.htm

abgerufen am 12.02.2015

- 24 -

10. Anhang

1) StAM Fürstbistum Münster Edikte A4 - Verordnung wegen der Pest 1708

- 25 -

2) StAM Fürstbistum Münster Kabinettsregistratur Nr. 2713 - Verordnung wegen des

Einpfropfens der Kinderblattern 1779

- 26 -

3) StAM Regierung Münster Nr.886 - An Pocken Erkrankte und Gestorbene im

Jahre 1859 in Senden

- 27 -

4) StAM Regierung Münster Nr.886 - keine Pockenfälle im Kreis Lüdinghausen 1861

- 28 -

5) StAM Kreis Coesfeld Nr. 502 - Polizeiverordnung zur Cholera 1892


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