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Aus unseren Wechselblättern

Date post: 05-Jan-2017
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Aus unseren Wechselblättern Source: Pädagogische Monatshefte / Pedagogical Monthly, Vol. 6, No. 9 (Nov., 1905), pp. 292- 297 Published by: University of Wisconsin Press Stable URL: http://www.jstor.org/stable/30171060 . Accessed: 13/05/2014 21:22 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . University of Wisconsin Press is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Pädagogische Monatshefte / Pedagogical Monthly. http://www.jstor.org This content downloaded from 195.78.108.101 on Tue, 13 May 2014 21:22:34 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions
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Aus unseren WechselblätternSource: Pädagogische Monatshefte / Pedagogical Monthly, Vol. 6, No. 9 (Nov., 1905), pp. 292-297Published by: University of Wisconsin PressStable URL: http://www.jstor.org/stable/30171060 .

Accessed: 13/05/2014 21:22

Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at .http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp

.JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range ofcontent in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new formsof scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected].

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University of Wisconsin Press is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access toPädagogische Monatshefte / Pedagogical Monthly.

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Piidagoagische Monatshefte.

und ausserdem durch Ihre Lebensftihrung und durch Ihre Erziehungsarbeit diese Ideale auf diejenigen fortzupflanzen, die als die Minner und Frauen der nlichsten Generation die Stelle bestimmen mfiissen, welche unsere Nation in der Welt- geschichte einnehmen wird."

Der Obersetzer glaubt seinen Lesern nichts neues zu sagen, wenn er sie auf den roten Faden aufmerksam macht, der sich auch durch diese Rede hindurchzieht: die Geld- und Reichtum-Frage. Beschiftigt sie doch augenblicklich alle Gemtiter hierzulande, und ist doch ebendeshalb unser Prtsident der bestgehasste sowohl wie der bestgeachtete Mann in den Vereinigten Staaten. Zeit, Umstlnde und eigene ehrliche Gesinnung haben ihn zum Exponenten des Geistes gemacht, der in einer Bewegung zum Ausbruch gekommen ist, deren Ende ebenso unabsehbar wie un- berechenbar ist. Nicht nur Herr Roosevelt, jeder gffentliche Redner von Bedeutung spielt heutzutage hier, wo immer und woriber sonst er sprechen will, auf dieses alles absorbierende Thema hiniiber; er muss es tun, wenn er zu Ende gehrt wer- den will. Der tObersetzer.

Aus unseren Wechselblttern.

Vom Kulturmidchen fiir alles. ,,Das humanistische Gymnasium", Organ des Gymnasialvereins, enthlt in seinem ersten Hefte von 1905 eine Besprechung eines Werkes: Arthur Bonus, ,,Vom Kulturwert der Deutschen Schule." Im Verlaufe derselben zitiert es einen Passus unter der obigen tiberschrift, der gerade so gut fir uns htte geschrieben sein kbnnen. Er lautet:

,,Man klagt fiber mangelndes KunstverstKndnis im Publikum. Was ist zu tun, um es zu heben? Fur solche Faille hat der Deutsche einen G dtzen, der alles kann: die Sohule, ein Allheilmittel: den Lehrplan, und einen Schuldigen ftir den Fall, dass es nicht gelingt: den Schulmeister. Nicht genug Kunstverstlndnis ? Also Kunst in die Schule! Die Schule kann doch nicht mehr bewlltigen? Weshalb nicht? Es ist noch viel Platz in den Lehrpllnen! Was ntltzt es im Lehrplan, wenn es nicht geleistet werden kann ? Nicht geleistet werden kann? Da soll der Teufel den Lehrer holen.

,,Wenn ein Nationalikonom ausrechnet, dass zuviele Pilze im Walde verderben - die Schule! eine Pilzstunde! Die Obstzucht knnte mehr Gewinn abwerfen - die Schule! eine Obstbaustunde! Die Wahlen sind schlecht - eine Stunde soziale Frage! Die Missionskollekten geben nicht genug Ertrag - Mission in der Schule! Die Frechheit nimmt iiberhand - eine Stunde gegen die Frechheit! - Wir haben nach den Pariser und Chicagoer Brainden einen Aufsatz gelesen, in welchem allen Ernstes die Forderung erhoben wurde, da die Panik erfahrungsmlssig dadurch ent- stiinde, dass die Leute sich nicht richtig zu verhalten wiissten, miisse auf den Schulen das richtige Verhalten in Feuersgefahr geiibt werden. Jeder Kongress fiir irgend eine gute Sache, jedes bedeutendere Ereignis gebiert neue Forderungen an die Schule. Es wre an der Zeit, sie zu sammeln, damit man einen fiberblick gewinnt."

Sprachliche tibertreibungen behandelt eine kleine Plauderei der ,,KSln. Volksztg.": ,,Nein, es ist doch entset z lich !" - ,,Was denn, liebe Minna ?" - ,,Ach, denke dir, Mutter, der Kuchen ist a b s c h e ul i c h geworden. Und ich hatte doch so s c h r e c k lich genau aufgepasst. Und die r i e s i g vielen Eier, die ich

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Au unseren Wechselblitter.

dazu genommen hatte! Es ist mir furch tbar peinlich, da doch heute meine Freundin Berta kommt, und die ist so f 11 rch ter i ge n au auf Kuchen. Ach, wenn ich doch noch schneil etwas anderes herrichten kinnte; aber die Zeit ist zu mueinem Entsetzen schon kolossal weit vorgerilckt. Ach, Mutter, ich irgere mieh unbeschreiblich dartiber! Bei meiner Freundin habe ich ktirz- lich so ent z i c k end schetinen Kuchen gegessen, und ich freute mich schon un- sS g iich darauf, mich zu revanchieren. Und nun? Ach, es ist mir zum Ve r- z weifeln! Doch halt, Miitterchen, ich hab's! Eine grossartige Idee! Es fllt mir gerade ein, dass Berta so unendlich gem . . ." Doch, ich muss die Entwicklung dieser grossartigen Idee der ungnicklichen Minnat selbst iber- lassen, denn ich weiss nicht, was Berta so unendlich gern isst. Ich beabsichtige ja selbstverst1ndlich auch gar nicht, mich in die K(ichenktinste meiner verehrten Leserinnen einzumischen, dazu habe ich einen viel zuan grossen Respekt vor ihnen. Was ich sagen wolite, ist dieses: Die vielen gesperrt gedruckten Wtrter sind in dieser Verbindung sehr unslchine und gedankenlose Auswfichse unserer lieben Muttersprache, und sie solten nur dort gebraucht werden, wo etwas wirk lich ,,entsetzlich", ,,fiirchterlich", ,,riesig",, ,,entziickend" u. s. w. ist. Ein Mord ist ent- setzlich, aber das Missraten eines Kuchens ist doch htchstens irgerlich. Ein Berg in den Alpen ist riesig, was man von fiinf oder sechs Eiern doch eigentlich nieht behaupten kann.

Anleitung zur ersten Behandlung erkrankter Schiiler.. In Hannover wurde fiir jedes Schulhaus ein Verbandsschrank angeschafft. In demselben befinden sich 21 Abteilungen fiir Medikamente, Verbandsstoffe, Pflaster u. s. w. Demr Lehrer wurde folgende Anleitung zur ersten Behandlung erkrankter Schiiler gedruckt zugestellt:

Atemno t. Salmiakgeist zum Riechen. 20 Hoffmannstropfen auf Zucker.

Hochlagerung des Oberkrpers. Blutunge n. Bei kleinen Schnitt- oder Risswunden Reinigung der Wunde

und leichite Umwicklung mit in iprozentige Lysollsung oder essigsaure Tonerde getauchte Kompressen. - Bei gr6sseren Schnitt- oder Risswunden ist nach der Reinigung der Wunde die Blutung durch fest auf die Wundrander gedriickte, in

iprozentige Lysoisung oder essigsaure Tonerde getauchte Watte zu stillen. rzt sofort zu holen.

Hautabsch ii rfungen. Aufegen von iprozentiger Borsalbe. K o p f s ch m e r z e n. Kalte Wasserumchliige auf die Stirn. Salmiakgeist

zum Riechen.

K nochenbr ii che. Nachdem das gebrochene Glied ruhig gelagert ist, legt man kalte Umachlige auf die Bruchstelle und lisst von dem herbeigeholten Arzte den Verband anlegen. Muss der Verletzte vor Ankunft des Arztes transportiert werden, so befestigt man einige Schienen an dem gebrochenen Gliede mittelst einer Binde.

Kr iti mp f e. Befreiung von beengender Kleidung und Lagerung mit Ent- fernung aller greifbaren GegenstLinde. Den Krampf austoben lassen.

Lei b- und Magenschmer z e n. 10-15 Choleratropfen auf Zucker. Nasenbluten. Befreiung von beengenden Kleidungsstiicken, erhhter,

seitlich geneigter Kopf, kalte Wasserumschliige auf Stirn und Genick. Einziehen von kaltem Wasser in die Nase, zuletzt Einfiihrung von Eisenchloridwatte in die Nasenlicher.

Oh nmach t. Frische Luft! Wagerechte Lage (platt auf die Erde legen).

Bespritzen des Gesichts mit kaltem Wasser. Q u etschunge n. Kalte iprozentige Lysolumschiige.

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2Pidagogische Moratshefte.

Verren kunge n. Sofort kalte Umschliige und mglichst rasch den Arzt holen lassen. (Siehe Knochenbriiche).

Ausgerenkte Finger. Kalte Umschlige.

(Nacih der Zeitschrift fiir Schulgesundheitspflege von Dr. Erismann in Ziirich.)

uber Ermiidungsmessungen bei Schlkindern sprach in einem Vortrage auf der Versammung des Allgemeinen deutschen Vereins fir Schulgesundheitspflege in Bonn der Kinderarzt Dr. Rensburg. Er fihrte aus: ,,Selbst wenn wir imstande wiren, genau mathematish den Ermidungeffekt jeder einzelnen Disziplin zu be- stimmen, glaube ich, wirden wir dennoh schwer einen einheitlichen Plan auf- stellen knnen, der allen Forderungen gerecht wtirde, schon aus dem Grunde, well die Ermidungseffekte der einzelnen Unterrichtsgegenstlnde je nach Beanlaung und Interesse bei den einzelnen Schilern rschieden gross sein werden; einen ebenso grossen Einfluss tit hier auch anerkanntermassen der Lehrer selbst aum, der durch anregenden Unterricht einen anstrengenden Gegenstand ebenso erfri- schend wie durch Langeweile einen leichten Gegenstand ermlidend machen kann. Also auch in dieser Frage halte sich der Arzt, da or unmLglich exakte Forschungen ffir die Reihenfolgen der einzelnen Stunden aufstellen kann, zurtick und iberlasse die Anordnung vertrauensvoll dem Pdagogen."

Die Vorbereitung des Lehrers. Unter dieser tberschrift enth t die ,,Freie Schul-Zeitung" in ihrer Ausgabe vom 25. Februar aus der Feder von Prof. Job. Bachmann einen Artikel, der auch fir die Leser der P. M. manches zur Beherzigung bietet. Einige der beachtenswertesten Abschnitte seien hier im Wortlaut wieder- gegeben.

,,Die Vorbereitung des Lehrers ist ein notwendiges Erfordernis, sol der Unter- ri2ht erfolgreich sein. Sie hebt aber auch die Autorit t des Lehrenden urnd frdert dadurch mittelbar die Disziplin, wie sie ausserdem unmittelbar das vorzilglichste Mittel zur Erzielung einer guten Schulzucht ist. Tritt der Lehrer stets grtindlich vorbereitet in die Klasse, greift er nur dann nach dem Buche, wenn dies der je- weilige Lergegenstand naturgemss erheischt, so werden seine Schiler, sogar die jtingeren, bald seine geistige tOberlegenheit gewahr und filgen sich willig den An- eordnungen des Mchtigeren. Die wohlgegliederte Behandlung eines Stoffes und seine Vermittlung in einer Sprache, der Anschaulichkeit, tObereugung und Warme eigen, zwingen den Schtilern die erwlinschte Teilnahme am Unterrichte geradezu auf und steuern sonach unmittelbar am wirksamsten einer lockeren Disziplin ent- gegen; der Lehrer hat tiberdies bei einem so solid fundierten Unterrichte seinen Blick frei und vermag jeden sich zeigenden Auswuchs, der jenen gefehrden wfirde, noeh als schwaches PflAnzchen zu ersticken. Mangelt hingegen seiner Lehrtitig- keit die Vorbereitung, so werden sich selbstverstnlich w~hrend seines Schaffens in der Schulstube alle Gebrechen einstellen, deren Evistenz unter den obigen Vor- aussetzungen unmbglich ist. Getrost liisst sich behaupten, dass ein Lehrer, welcher in der tlglichen Vorbereitung einen Teil der ihm durch das Gesetz vorgezeichneten Pficht erblickt und sie nie verabsumt, gewiss stets eine gute Zucht unter seinen Schtilern halten wird."

,,Nachdem die Vorbereitung nach ihrer Wiohtigkeit fir den Betrieb des ge- samten Unterrichtes mit einigen starken Strichen skizziert worden ist, sollen die folgenden Zeilen darlegen, welche Anforderungen sie erffillen muss, wenn sie auch fiir das fernere Wirken des Lehrers von nach teiligem Nutzen sein sell. Eine solche Vorbereitung muss zunlchst schriftlich geschehen und der Lehrer unterlasse es nicbt, far die einzelnen Unterrichtsgegenstande, bezw. ihre Zweige je ein beson-

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Aue unsere Wechselbliittern.

deres Heft zu fihren und das gesammelte Material, das einer fortwthrenden Sich- tung zu unterwerfen ist, stets mittels Feder und Tinte zu Papier zu bringen."

,,Wohl stehen dem Lehrer in jiingster Zeit bei der Erklarung der Lesesticke Erluterungen in mehr als notwendiger Anzahl zur Verfiigung, dessenungeachtet wird er auf seine schriftlichen Bemerkungen nioht verzihten; denn nicht allzu lange wird der denkende Lehrer seinem bisherigen Mentr blindlings folgen, son- dern gar bald seine eigenen Erfahrungen und Kenntnisse verwerten; er wird ferner nicht selten gezwungen sein, das in den Erluterungen Gebotene fr seine Klasse oder Abteilung entsprechend umarbeiten und ktirzen un mtissen. Hier verzeichnet er auch die Stilarbeiten seiner Schiler, da sich der schriftliche Gedankenausdruck unmittelbar an die Lektire anzuschliessen hat, womit jedoch keineswegs gesagt sein will, dass diesem nicht ausserdem nooh andere Disziplinen wie die Geschichte, Geographie und Naturkunde dienstbar sein sollen. Nicht ohne Nutzen ftir den ferneren Unterricht ist es tiberdies, nachtraglich bei jeder Aufgabe zu bemerken, welcher Erfolg damit erzielt worden ist; denn die Schiler bringen nicht einem jeden Stoffe das gleiche Interesse entgegen und entiuschen zuweilen den Lehrer mit ihren Arbeiten gar sehr, wie sie ihn andrerseits auchd manchmal recht freudig fiberraschen."

,,Das Vorbereitungsheft fiir den Sprachunterricht soll sich nach und nsch zu einer auserlesenen Sammlung von Musterbeispielen und Aufgaben ausgestalten. Beide entnehme der Lehrer nach M5glichkeit dem bereits behandelten Lesestoffe und dem Unterricht in den Realien, weil er dadurch einer zeitraubenden Erklirung des Inhaltes tiberhoben ist, was bei den verwendeten Sprichwtrtern und klassischen Zitaten hufig nicht umgangen werden kann; trotzdem sollen auch sie nicht vllig vermiest werden. Ausser dem Sprachbuche, welches den Schtilern in die Hand gae- geben, wird der Lehrer selbst noch nihere Bekanntschaft mit einer umfangreichen Grammatik schliessen; hier holt er sich in alien ihm zweifelhaften Filen Rat und hier erginzt er sein eigenes Wissen. Das fiir seinen Unterricht Verwendbare wird er ebenfalls im Vorbereitungshefte festhalten."

,,Zwar ist auch an Hilsbtichern fir den Rechtsohreibeunterricht eher ein tiberfiuss als ein Mangel zu verzeichnen, dennoch wird das Vorbereitungsheft auch bei diesem Zweige des Sprachunterrichtes nicht fehlen, in das der Lehrer, sich an einen erprobten Lehrbehelf anlehnend, seine Abanderungen und Erginzungen eim- tr7gt. Selbst in dem besten Leitfaden sagt nmlich der gesammelte ibungestoff nioht in allem dem priifenden Lehrer zu. Der Inhalt manches Satzes beansprucht eine weitausgreifende Erkldrung, und der eines anderen ist wieder zu lIppisch und bat sich wohl nur ins Buch verirrt, um dieses oder jenes Wort in einem Satze zu versorgen."

Das Vorsagen und das leise Sprechen der Schiiler. tber diese Unarten der Schler teilt die ,,Bad. Schulzeitung" aus einem Vortrage folgendes mit: Es gibt Schulen, in denen das Vorsagen in schrecklicher Weise eingerissen ist, und es wird nicht viel Schulen geben, in denen von dieser fiblen Angewohnheit keine Spur vor- handen ist. Welches die Ursache dieser Erscheinung ist, soll hier nicht untersucht, wohl aber die verderbliche Wirkung des tbels ans Licht gezogen werden. Vorge- sagt wird solchen Kindern, die ihre Lektionen mangelhaft gelernt haben. Sie haben es an dem natigen Fleisse fehlen lassen. Das Vorsagen beflrdert den Un- fleiss, die Trigheit und Faulheit. Durch den Unterricht soil das Kind zum Denken und Naichdenken angeleitet werden. Durch das Vorsagen wird der Denkfaulheit und Gedankenlosigkeit Vorschub geleistet. In erziehlicher Hinsicht wirkt diese Unart sowohl auf das Kind, dem vorgesagt wird, als auch auf das Kind, welches

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Piidagogische Mornatshefte.

vorsagt, in mannigfacher Weise schdigend und entsittlichend ein. Ungehorsam, Unaufrichtigkeit, Lige, Betrug, Untreue gehen mit dem Vorsagen Hand in Hand. Daher ist es ernste Pflicht des Lehrers, dieses tbel energisch zu bekimpfen und mit Stumpf und Stil auszurotten. Das kann nicht geschehen durch Vorhalten und Auseinandersetzungen oder Belehrungen ilber die schlimmen Folgen der Unart, sondern durch Wachsamkeit und tatkrlftiges Handeln. Wachsam sei der Lehrer auf sich selbst und ilbe Selbstzucht, dass er selbst nicht vorsage bei trgen, un- aufmerksamen Schilern. Bekommt der Lerer eine Klasse, in welcher dies tbel eingerisen ist, so lasse er die aufsagenden Kinder vor den Sitz des Lehrers treten und begegne dem Zufiistern mit einer empfindlichen Strafe, die auch dasjenige Kind trifft, das sich das Vorsagen gefallen lrsst. Vor allem aber wird bei ernstemn Wollen die unausgesetzte Wachsamkeit des Lehrers diese Unart bald beseitigen. - Eine zweite Unart, wodurch der Erfolg des Unterrichts in Frage gestellt wird, ist das leise Sprechen der Schiler. In der Scule spricht ein Kind nicht ftir sich allein, sondern fr die ganze Klasse; denn das ist die Hauptsache, dass beim Unterricht die ganze Klasse titig ist. Durch das zu leise Sprechen wird bewirkt, dass die tibrigen Schler unaufmerksam sind. Eine weitere Folge dieser Unart ist, dass dadurch Missverstandnisse hervorgerufen werden und durch das Wiederholen der nicht verstandenen Antworten unnttz die Zeit vergeudet wird. Bei dem leisen Sprechen ist es dem Lehrer unmoglich festzustellen, ob das Kind laut- und sinn- richtig, ohne VerstUmmelung der W rter durch Weglassen von Silben und Lauten gesprochen hat, und ein fehlerhaftes Schreiben hat sehr hufig seine Ursache im fehlerhaften Lesen. Dass das zu leise Sprechen auch in Bezug auf die Erziehung des Kindes nachteilig einwirkt, liegt auf der Hand. Die Schule soil mit allem Fleiss die Kinder dazu erziehen, dass sie frei und frank, frisch und frahlich, ohne Schen und falsche Scham ihrie Gedanken, Geftihle und Empfindungen aussprechen. Das kann nicht geschehen, wenn die Kinder zu leise sprechen. Wie bekimpft der Lehrer diese Unart ? Viel ist gewonnen, wenn der Lehrer lebendig und anregend unterrichtet, wenn er sich einer deutlichen, lautreinen, aber nicht tiberlauten Sprechweise befleissigt und vom ersten Schultage an die Kinder an ein deutliches Sprechen gewfihnt. Hat aber das leise Sprechen im Eigensinn oder in der Faulheit seine Wurzel, so zwinge der Lehrer das Kind, seine Pflicht zu tun. Bemerkt sei hier xnoch, dass das tiberlaute, schreiende Sprechen der Kinder nicht minder ver- werflich ist wie das zu leise Sprechen.

Die geflickte Hose. In unserer Schule war ein Knabe von armen Eltern, der trug eine Hose, die war so vielfarbig geflickt, dass wir alle unsern tollen Spass daran hatten. Und immer, wenn man glaubte, jetzt sei es zu Ende, jetzt komme endlich eine neue Hose - dann sass plitzlich wieder ein grosser brauner Flicken darauf, und alle die kleinen Flicken ringsumber schienen mit neuem Mute in die Zukunft zu sehen - so wie in einem verzweifelten Volke, wenn pliatzlich ein grosser und tapferer Staatsmann die Ztlgel ergreift. Nach der Heimkehr von den Ferien war es unser festliches Vergntigen im Schulhof, Millers Hose zu besichtigen, und grosses Gelachter ht~rte man erschallen, wenn sie inzwischen noch bunter ge- worden war.

Wie schme ich mich heute dieses Gellchters I Es war ja nicht bi5s gemeint, aber so unendlich dumm und gedankenlos. Wir sahen nur die bunten Flicken, aber nicht das, wovon sie erz~hlten: Eine ganze Welt von sorgender Mutterliebe, durch- wachter Nachtstunden und gewiss uch viele TrCnen dartiber, dass die ganze mtih- same Flickerei doch nur etwas zustande brachte, worliber der Sohn in der Schule ausgelacht wurde! Mit welcher armlichen Geldsunme musste die Mutter wohl

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AusGebra uch Lechselbliichttern.

den ganzen Haushalt bestreiten und wie !ingstlich mag sie geniiht haben, damit die Hose noch ins neue Jahr hinein halte! wieviel tausendmal mehr wert war diese Hose al das chiissen bnste und modernste englische Beinkleid mgeihsen tadel- losen Falten! Habt ihr einmal davon gehrt, dass man oft Hunderttausende von stark bezaht fir ein Gemil nede von alten Meistern, die oft noch gar nicht richtig zeichnen konnten, aber dafir so viel Liebe und Andacht in ihre Bilder legten, dass man noch heute nach vielen Jahrhunderten g.an warm und innig davon berihrt wird ? Nun, Miillers geflickte Hose war auch so ein Kunstwerk, und ich wfirde heute viel Geld daftir geben, wenn sie zum Verkauf ausgeboten wirde - und an der Tafel wtirde ich sie aufhangen wie eine Wandkarte und euch mit dem Karten- stock die wunderbare Findigkeit der Mutterliebe zeigen, wieviel Nachdenken, wie- viel Fehrsorge da hineingearbeitet ist in dieses irmliche Stck Zeug - so viel, dass es selnust der erste Schneider von Paris nicBdeutungt nahahmen konnte, sondern ausrufen musste: So viel Geduld hat kein Schneider und keine Maschine, das kann nur eine Mutter! Dann wirdet ihr begareifen, wieviel Dumgmheit dazu gehrt, diber solch eine Hose zu larechen! Wer so ammicken mag, das kann kein gewhnlicher Mensch sein: Milleers Mutter war sicher eine ausserordentliche Frau, und ich bedauere nachtrbraglich nur, dass wir MSchiller nie um die Erlaubnis gebeten haben, sie zu be- suchen. Wenn ihr jemals eine so geflickte Hose trefft, denkt an das, was ich euch heute erzochenehlt abe! Dass man die Enttehungsgeschichte soltiick der geflickter Hose versteht und dass man heraulesen kann, was da alles hineingearbeitet ist - dar ist wictiger, al dass man ganze Bldrckte Worll eltgeschichte lesen kann und or sbe die Entstehungsgeschichte der feuerspeienden Berge Bescheid weiss. Warum ist es wohwichtigert scWel es nichts Schlimmers gibt, als dass liebevolle und feissige Arbeit ausgelacht und verspottet wird, und weil unsere wahre Bildung sich darin- zeignen, dass wir nie am unrechten Ort lachen. Zu dieser Bildung helfen weder Welt- geschichte noch Naturkunde, so wichtig sie sonst sind - nein, nur durch eigenes Nachdenken tiber das Leben unserer Mitmenschen kommen wir dazu.

Wen hr einmal einen so schtin geflickten Knaben trefft, der sich vor dem Lachen seiner Kameraden schlmt, so ruft ihm nur zu: ,,Du sei stolz auf deine Mutter, du trAgst jadruck dekostbarsten Hosen der Welt!" - est das nicht wahrl zu- st nimment utteriebe hineingewebt, und ist das nicht weit vornehmer and schiner, eins wtren sie golddurchwirkt - und wenn er sie mit Stolz und Dankbichrkeit trgt, sind es dann niht wahrhafs kot beseelte Hossten wahres Steldichein der beatlangjen Gefiohnhe der Menschenbrust

Diese Geschichte ist entnommen dem prilichtigen Buche von Dr. F. W. Foerster, Privauhozent in Zianererich: Jugendlehre, e Buch fderr Eltern, Lehrer und Geistliche. Berlin, G. Reimer. 724 Seiten. Preis 6 M.

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