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Aufnahme und Speicherung von Schwermetallen durch Regenwürmer in verschiedenen Böden

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Schwermetall-Aufnahme durch Regenw/.irmer Originalarbeiten Aufnahme und durch Regenwfirmer Speicherung von Schwermetallen in verschiedenen B6den B. Streit, Christel Krfiger, Gabriele Lahner, Sabine Kirsch, Gaby Hauser, Brigitte Diehl Zoologisches Institut, J.W. Goethe-Universit/it, Siesmayerstratge 70, D-6000 Frankfurt a.M. Zusammenfassung.Die Konzentration yon Schwermetallen in Regenwfirmern zeigt Unterschiede sowohl zwischen Populatio- nen als auch zwischeu individuen einer Population, iedoch variiert die gefundene Konzentration ffir Blei und Cadmium st~irker ais for Kupfer. Der Grund hierf/ir liegt in der unterschiedlichen Konzen- tration der verf/igbaren Metallionen in der Umwelt, den Aufnahme- und Abgaberaten durch die W/;lrmer und metaboli- schen Hom6ostasemechanismen. Cadmium und Blei k6nnen reta- tiv hoch angereichert werden, ohne dag die W/irmer selber Sch~den zeigen, Kupfer wirkt direkt auf die Wurmpopt, lation. Hierbei sind metallspezifische Unterschiede in der Essentialit[it und der Bindung der Metalte an K6rpersubstanzen entscheidend. Zu- sfitzlich in den Boden eingebrachtes Cadmium, das in den Wurm eindrang, wurde v.a. an niedermolekulare Proteine mit Molckular- massen von etwa 14'000 und 24'000 gebunden. 1 Einleitung Regenwiirmer stellen fiir viele B6den die biomassemiifgig dominierende Invertebratenfauna dar und haben eine wich- tige Funktion f~r die Fruchtbarkeit der B6den. Weiterhin sind sie wichtige Ausgangsglieder for Nahrungsketten. In B6den liegen viele Schwermetalle, selbst nach alhn~ihlicher Verringerung mancher Emissionsquellen (wie der Bleiemis- sion aus Autoabgasen), lange Zeit und unterschiedlich mo- bil fest. Zwei Arten 6kotoxikologischer Wirkungen k6nnen in diesem Zusammenhang auftreten: - Die toxische Wirkung kann die Wurmpopulationen selber beein- tr~ichtigen (z.B. STREIT & JAGGY, 1983), z.B. durch Schfidigung yon Enzymsystemen. Der Ausfalt der Regenwurmfauna wirkt sich dann zum einen negativ auf die Bodenbeschaffenheit aus und hat zum anderen Folgen aufgrund der damit ausbleibenden Nahrungs- ressource f(ir wurmfressende Folgekonsumenten. - Schwermetalle k6nnen sich in W0rmern akkumulieren, ohne dag diese selber direkt erkennbar gesch/idigt werden. Als Nahrungs- grundlage for Folgekonsumenten bilden sie aber eine potentielle Gefahr for andere Organismen, denn einige Vogelarten, z.B. Am- seln, decken den Oberwiegenden Tell ihres Energiebedarfs aus Re- genw/irmern (z.B. WEYERS, 1989). Natiirliche Elementkonzentrationen variieren schon in Ab- hfingigkeit vom Ausgangsgestein in B6den erheblich (z.B. Korrespondenz: Prof. Dr. Bruno Streit HOBBS & STREIT, 1985; LIETH und MARKERT, 1988; STREIT, 1989), doch wird diese Variation durch anthropo- gene Belastungen zus~itzlich deutlich vergr6gert. Die ffir die Aufnahme durch W~irmer verfOgbare Menge kann auch am gleichen Ort in Abhfingigkeit yon Depositionen, D/~nge- magnahmen oder wechselndem pH-Wert und Redoxpoten- tial im Boden (als Folge variabler N~isse) oder auch aufgrund vertikaler Verlagerungsprozesse zeitlichen Schwankungen unterliegen. Dadurch wird die Frage nach der Dynamik und dem Gleichgewicht zwischen der Aufnah- me, der Abgabe und der Speicherung relevant. Der Begriff ,Schwermetalle" umfagt eine heterogene Grup- pe von Metallen, die nur aufgrund ihrer hohen spezifischen Dichte als gediegene Metallform (welche 6kotoxikologisch weitgehend irrelevant ist), mit diesem Begriff zusammenge- fagt werden. Eine biologisch und 6kologisch sinnvollere Klassifizierung der Metalte erfolgt nach den bevorzugt an- gelagerten Liganden bzw. den koordinationschemischen Eigenschaften (PEARSON, 1963; STUMM • MOP.GAN, 1982). Nach dem ,hart-weich~-Konzept von PEARSON bevorzugt Cadmium ,,weiche" (d.h. leicht polarisierbare) Liganden, wie die -SH-Gruppen von Metallothioneinen, und verhiilt sich damit fihnlich dem Kupfer. Zwischen Cu und Cd be- steht abet insofern ein wichtiger biologischer Unterschied, als Kupfer essentiell, Cadmium nach unserem gegenwiirti- gen Wissen aber nicht essentiell for Regenwiirmer ist. Blei geh6rt nach dieser Klassifikation zur Zwischenstufe zwi- schen ,,hart" und ,welch". In biologischen Systemen wird es vorwiegend an harten Liganden abgelagert. In Organismen bildet Blei daher h'iiufig Depots mit Phosphat und Karbonat (RaiNBOW, 1985), geht aber auch Bindungen an O und N der schweren Proteine ein (STREIT et al., 1986). In diesem Beitrag sollen die Aufnahmekinetiken in Regen- w/.irmern f/Jr 16sliches Cadmium, Kupfer und Blei unter verschiedenen Bodenbedingungen untersucht werden. 2 Material und Methoden Untersucht wurde die Art Lumbricus rubellus aus mehreren Standorten in Hessen; einzelne Cu-Untersuchungen wurden auch an Octolasium cyaneum aus L6f~gebieten der Nord- schweiz durchgef~hrt. Beide Arten sind in Mittel- 1 0 UWSF- Z. Umweltchem. Okotox. 2 (1) 10-13 (1990) ecomed verlagsgesellschaftmbh, Landsberg Zfirich
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Page 1: Aufnahme und Speicherung von Schwermetallen durch Regenwürmer in verschiedenen Böden

Schwermetall-Aufnahme durch Regenw/.irmer Originalarbeiten

Aufnahme und durch Regenwfirmer

Speicherung von Schwermetallen in verschiedenen B6den

B. Streit, Christel Krfiger, Gabriele Lahner, Sabine Kirsch, Gaby Hauser, Brigitte Diehl

Zoologisches Institut, J.W. Goethe-Universit/it, Siesmayerstratge 70, D-6000 Frankfurt a.M.

Z u s a m m e n f a s s u n g . D i e Konzentration yon Schwermetallen in Regenwfirmern zeigt Unterschiede sowohl zwischen Populatio- nen als auch zwischeu individuen einer Population, iedoch variiert die gefundene Konzentration ffir Blei und Cadmium st~irker ais for Kupfer. Der Grund hierf/ir liegt in der unterschiedlichen Konzen- tration der verf/igbaren Metallionen in der Umwelt, den Aufnahme- und Abgaberaten durch die W/;lrmer und metaboli- schen Hom6ostasemechanismen. Cadmium und Blei k6nnen reta- tiv hoch angereichert werden, ohne dag die W/irmer selber Sch~den zeigen, Kupfer wirkt direkt auf die Wurmpopt, lation. Hierbei sind metallspezifische Unterschiede in der Essentialit[it und der Bindung der Metalte an K6rpersubstanzen entscheidend. Zu- sfitzlich in den Boden eingebrachtes Cadmium, das in den Wurm eindrang, wurde v.a. an niedermolekulare Proteine mit Molckular- massen von etwa 14'000 und 24'000 gebunden.

1 Einleitung

Regenwiirmer stellen fiir viele B6den die biomassemiifgig dominierende Invertebratenfauna dar und haben eine wich- tige Funktion f~r die Fruchtbarkeit der B6den. Weiterhin sind sie wichtige Ausgangsglieder for Nahrungsketten. In B6den liegen viele Schwermetalle, selbst nach alhn~ihlicher Verringerung mancher Emissionsquellen (wie der Bleiemis- sion aus Autoabgasen), lange Zeit und unterschiedlich mo- bil fest. Zwei Arten 6kotoxikologischer Wirkungen k6nnen in diesem Zusammenhang auftreten:

- Die toxische Wirkung kann die Wurmpopulationen selber beein- tr~ichtigen (z.B. STREIT & JAGGY, 1983), z.B. durch Schfidigung yon Enzymsystemen. Der Ausfalt der Regenwurmfauna wirkt sich dann zum einen negativ auf die Bodenbeschaffenheit aus und hat zum anderen Folgen aufgrund der damit ausbleibenden Nahrungs- ressource f(ir wurmfressende Folgekonsumenten.

- Schwermetalle k6nnen sich in W0rmern akkumulieren, ohne dag diese selber direkt erkennbar gesch/idigt werden. Als Nahrungs- grundlage for Folgekonsumenten bilden sie aber eine potentielle Gefahr for andere Organismen, denn einige Vogelarten, z.B. Am- seln, decken den Oberwiegenden Tell ihres Energiebedarfs aus Re- genw/irmern (z.B. WEYERS, 1989).

Natiirliche Elementkonzentrationen variieren schon in Ab- hfingigkeit vom Ausgangsgestein in B6den erheblich (z.B.

Korrespondenz: Prof. Dr. Bruno Streit

HOBBS & STREIT, 1 9 8 5 ; LIETH u n d MARKERT, 1988 ; STREIT, 1989), doch wird diese Variation durch anthropo- gene Belastungen zus~itzlich deutlich vergr6gert. Die ffir die Aufnahme durch W~irmer verfOgbare Menge kann auch am gleichen Ort in Abhfingigkeit yon Depositionen, D/~nge- magnahmen oder wechselndem pH-Wert und Redoxpoten- tial im Boden (als Folge variabler N~isse) oder auch aufgrund vertikaler Verlagerungsprozesse zeitlichen Schwankungen unterliegen. Dadurch wird die Frage nach der Dynamik und dem Gleichgewicht zwischen der Aufnah- me, der Abgabe und der Speicherung relevant.

Der Begriff ,Schwermetalle" umfagt eine heterogene Grup- pe von Metallen, die nur aufgrund ihrer hohen spezifischen Dichte als gediegene Metallform (welche 6kotoxikologisch weitgehend irrelevant ist), mit diesem Begriff zusammenge- fagt werden. Eine biologisch und 6kologisch sinnvollere Klassifizierung der Metalte erfolgt nach den bevorzugt an- gelagerten Liganden bzw. den koordinationschemischen Eigenschaften (PEARSON, 1963; STUMM • MOP.GAN, 1982). Nach dem ,hart-weich~-Konzept von PEARSON bevorzugt Cadmium ,,weiche" (d.h. leicht polarisierbare) Liganden, wie die -SH-Gruppen von Metallothioneinen, und verhiilt sich damit fihnlich dem Kupfer. Zwischen Cu und Cd be- steht abet insofern ein wichtiger biologischer Unterschied, als Kupfer essentiell, Cadmium nach unserem gegenwiirti- gen Wissen aber nicht essentiell for Regenwiirmer ist. Blei geh6rt nach dieser Klassifikation zur Zwischenstufe zwi- schen ,,hart" und ,welch". In biologischen Systemen wird es vorwiegend an harten Liganden abgelagert. In Organismen bildet Blei daher h'iiufig Depots mit Phosphat und Karbonat (RaiNBOW, 1985), geht aber auch Bindungen an O und N der schweren Proteine ein (STREIT et al., 1986).

In diesem Beitrag sollen die Aufnahmekinetiken in Regen- w/.irmern f/Jr 16sliches Cadmium, Kupfer und Blei unter verschiedenen Bodenbedingungen untersucht werden.

2 Material und Methoden

Untersucht wurde die Art Lumbricus rubellus aus mehreren Standorten in Hessen; einzelne Cu-Untersuchungen wurden auch an Octolasium cyaneum aus L6f~gebieten der Nord- schweiz durchgef~hrt. Beide Arten sind in Mittel-

1 0 UWSF- Z. Umweltchem. Okotox. 2 (1) 10-13 (1990) �9 ecomed verlagsgesellschaft mbh, Landsberg �9 Zfirich

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Originalarbeiten Schwermetall-Aufnahme durch Regenwfirmer

europa h/iufig. Zur Untersuchung kamen B6den mit unter- schiedlicher Vorbelastung durch die einzelnen Metalle, wie auch mit unterschiedlichem organischem Anteil, der die Schwermetalle sorptiv binden kann. Die hessischen Stand- orte sind identisch mit den frfiher beschriebenen Standorten ,FSWI' und ,BRE' (KIRSCH 8(7 STREIT, 1989; LAHNER & STREIT, 1989).

Im experimentellen Tell wurden definierte Schwermetall- konzentrationen zu ausgew/ihlten BOden zugesetzt, wobei das Cu 2+ als CuSO4, das Pb 2+ als PbNO 3 und das Cd 2+ als CdSO4-Hydrat zugegeben wurde. Die Messungen der Bodenparameter wurden nach Standardmethoden vorge- nommen (z.B. THmLICKE, 1987). Die Scbwermetallkonzen- tration in den Regenw/.irmern wurde stets nach einer 4t/igigen Hungerphase bestimmt, um den Darm weitgehend zu entleeren.

Innerhalb der Organismen ist for Cadmium (und einige an- dere Schwermetalle, allerdings nicht for Blei) eine Bindung an SH-haltige Aminos'auren naheliegend, weshalb speziell die Proteinfraktion untersucht wurde. Hierzu wurden Re- genwOrmer in gefrorenem Zustand mit 1 mL 0.05 M Tris- Puffer mit 0.2 M KCI und pH 7.5 homogenisiert. Nach dem Zentrifugieren mit 4 200 U/min. wurden vom Ober- stand 30/ ,L auf die mit Fractogel TSK HW 55F (Merck) beschickte S/iule gegeben, das f~r die Trennung nach der Molekularmasse unter Normaldruck geeignet ist. Als Elu- tionsmittel diente eine LOsung yon 0.02 M Tris und 0.05 M KCI-LOsung. Im Eluat wurde die Absorption mit einem UV-Detektor registriert und von einem angeschlosse- nen Linienschreiber aufgezeichnet. Gemessen wurde bei el- net Wellenl/inge yon 254 nm, da ffir Cadmium-Thioneine in diesem Bereich ein Absorptionsmaximum zu erwarten ist. Anschlietgend wurde das Eluat in Reagenzgl~isern aufge- fangen, die alle 15 rain gewechselt wurden. Die Eichung der S.aule erfolgte mit verschiedenen Standardproteinen, die dem Protein-Molekulargewicht-Standard Satz MS I! ent- nommen wurden. Die Messung der Fraktionen erfolgte mit einem Zeeman-Graphitrohr-Atomabsorptionsspektrome- ter. Alle Fraktionen einer Probe wurden am Tag nach der Auftrennung gemessen, um eine Ver~inderung der Cad- miumkonzentration zu minimieren. FOr die Messung wur-

den jeweils 20/2L auf das Graphitschiffchen des Atomab- sorptionsspektrometers aufgegeben.

3 Befunde in Fre i landpopula t ion

Freilanduntersuchungen yon Wurmpopulationen zeigen allgemein eine grol~e Variabilit~it im Konzentrationsbereich der WOrmer auf. Die in der -, Tabelle gezeigten Werte for verschiedene Schwermetalle gelten for vier im Bereich yon Hessen gemessene Lumbricus rubellus-Populationen. Die Gesamtvariabilitat variiert um das 4- bis 176fache des je- weils niedrigsten Individualwertes (die met~technisch/appa- rativ bedingte Streubreite ist dabei bereits eliminiert). Teilweise ist eine hohe Variation schon innerhalb der Popu- lation eines Standortes zu beobachten, so bei Cr, was auf eine hohe Inhomogenit~it des entsprechenden Metalls im Boden hinweisen mag. Teilweise sind innerhalb der Stand- orte relativ einheitliche Werte zu finden, doch sind starke Unterschiede zwischen den Standorten zu beobachten, so bei Pb. Wird der Standort 4, dem eine Akkumulatorenfa- brik benachbart ist, auger acht gelassen, so liegt die natOrli- che Variationsbreite immer noch zwischen 4 und 27. Die geringste Spannweite trat bei Kupfer auf, die h6chste bei Blei.

Selbst bei einem Vergleich mit einer Vielzahl weiterer Lite- raturstellen zeigt sich, dag Cadmium in den bodenbewoh- nenden RegenwOrmern in sehr unterschiedlichen Konzen- trationen gefunden wird. So wird, auf Trockenmasse bezo- gen, fiber Werte yon ca. 1 . 7 - 1320 ppm berichtet, wobei Werte um 10 ppm etwa die mittlere Konzentration in durchschnittlich belasteten Gebieten darstellen (nach KIRSCH, 1988).

Blei wird in Konzentrationen von ca. 1 . 1 - 3592 ppm ge- funden, wobei auch hier mittlere Werte im Bereich um 10 ppm liegen (nach LaHNE~, 1988).

Im Gegensatz dazu sind die for Kupfer gemessenen Konzen- trationen in einem engeren Bereich angesiedelt, nfimlich zwischen etwa 6.2 - 22.5 ppm bzw. bei Einbezug von noch weiteren Werten aus STREIT (1984) 8.8--90 ppm, wobei

Tabelle: Schwermetallkonzentrat ionen [ppm; Trockenmasse-bezogen] in Lumbricus rubellus-Populationen an 4 Standorten (mit 1 - 4 bezeichnet). Der Weft jedes Einzelwurms basiert auf 2 - 4 Einzeimessungen. Standort Nr. 4 ist durch eine Akkumulatorenfabr ik speziell mit Pb be- lastet.

Standor t 1 - 4 (vgl. KIRSCH & STREIT, 1989)

1 2 3 4 S p a n n w e i t e Fak to r

n T ie re 10 8 7 8

Cr 1.1 - 20.7 2.0 - 30.1 1.3 - 14.3 1.4 - 13.0 1.1 - 30,1 27 : 1

Co 1 . 3 - 2.3 1 . 3 - 2.1 0 . 9 - 2.7 2 . 4 - 8.7 0 . 9 - 8.7 1 0 : 1

Ni 3 . 5 - 1 1 . 0 3 . 6 - 1 0 . 1 2 . 9 - 8.9 7 . 5 - 1 7 . 9 2 . 9 - 1 7 . 9 6 : 1

Cu 8 . 6 - 14.8 9.1 - 2 1 . 2 6 . 2 - 2 2 . 5 8 . 9 - 15.3 6 . 2 - 2 2 . 5 4 : 1

Zn 313 - 599 288 - 520 282 - 1488 290 - 894 282 - 1488 5 : 1

Cd 6 . 9 - 1 6 . 3 2 . 0 - 1 0 . 7 3 . 0 - 9.5 4 . 2 - 2 4 . 0 2 . 0 - 2 4 . 0 12 : 1

Pb 4.3 - 10.9 4.5 - 29.7 9.3 - 48.1 113 - 756 4.3 - 756 176 : 1

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Schwermetall-Aufnahme durch Regenwfirmer Originalarbeiten

mittlere Werte um 1 0 - 5 0 ppm liegen. Wiihrend die aus der Literatur berichteten Gesamtspannweiten fiir Pb und Cd also rund 103 betragen, sind sie ffir Cu eher bei 10 ~. Dies kann als eine Voraussetzung oder auch eine Folge der fiir das essentielle Element notwendigen homOostatischen Regelung der Cu-Konzentration gesehen werden. Zwar ist bekannt, daig manche Tiere, namentlich Asseln und Schnecken, in ihren Mitte!darmdrfisen hohe Konzentratio- hen yon Cu speichern kOnnen, das auch als Reserve zur Cu- benOtigenden H~imocyan-Bildung verwendet wird, doch ist ein derartiger Akkumulationsmechanismus ffir Cu bei Re- genwfirmern nicht bekannt. Die nichtessentiellen Elemente Cd und Pb mfissen im Gegensatz zum Cu lediglich gefahrlos abgespeichert werden kOnnen.

Es war zu erwarten, daig die unterschiedlichen physiologi- schen Bedeutungen auch unterschiedliche Aufnahmecha- rakteristiken widerspiegeln. Diese konnten bisher nicht for definierte BOden quantifiziert werden, weshalb die folgen- den Experimentaluntersuchungen durchgef~hrt wurden.

4 Exper imen ta lbe funde und Diskussion

ppm [ T M- bezogen )

2,'.0. 220- 200. 180" 160" 140" 120" 100. 80- 60" 40" 20"

0

U ~0 260 360 ~60 ~0 &0 ~ 86o 4 8 13 1~5 2UO 2/~ 28 32 d

Abb. 1: Aufnahme- und Eliminationskurve von Cd in Lumbricus ru- bellus am Standort ,FSW t ' (3.0 % C). Nach 10.5 Tagen wurden die WOrmer in unkontaminierte Erde umgesetzt.

Vergleichsuntersuchungen mit Kupfer zeigten prinzipiell ~ihnliche Beziehungen, deckten abet auch deutlich indivi- duelle Unterschiede auf. Die Eliminationsrate ist auch hier relativ gering ausgebildet.

4.1 Aufnahme- und Abgaberate von Cd

Ein natOrlicher Boden mit einem Cd-Gehalt yon 0 12 ppm (HNO3-Extraktion) und einem Kohlenstoffgehatt yon 3 %, bezogen auf die Bodentrockenmasse, wurde so stark mit Cd z+ (als CdSO4-Hydrat) versetzt, dag die Gesamter- h(3hung im Boden 60 ppm ausmachte. Die Aufnahmekine- tik folgt ungef~ihr einer hyperbolischen Funktion. Nach der Akkumulation wurde die Eliminationsfiihigkeit (fiber Ex- kretion oder Sekretion) durch Zurficksetzen in die ur- sprfingliche Erde bestimmt. Die Eliminationsrate war klein und viel geringer als die Aufnahmerate (--+ Abb. I). Eine einmal erfolgte Belastung wird also zum grogen Tell kon- serviert. Spitzenwerte in der Kontamination, wie sie im Ge- folge yon Freisetzungen, etwa bei reduziertem Redoxpo- tential oder pH-Wert auftreten konnen, haben lange Nach- wirkungen und bewirken eine hohe Kontaminationsgefahr fiir Folgekonsumenten.

4.2 Aufnahmerate bei unterschiedlichem C-Gehalt

Die Aufnahmerate der drei untersuchten Schwermetalle (Cd, Pb, Cu) war in B6den mit hohem organischem Anteil bedeutend kleiner als in BOden mit geringem organischem Anteil, was durch konkurrierende Absorptionsmechanis- men an die organische Bodenmatrix erklfirr werden kann. In -" Abb. 2 wurde ein Boden mit einem Kohlenstoffgehalt yon 3 % und 17 % (fOr Cd und Pb), bzw. 3 % und 42 % (ffir Cu) untersucht. Die der Erde zugegebenc Schwerme- tallmenge war unterschiedtich: Die experimentell erwirkte Erh6hung steigerte die Konzentration von natfirlicherweise

- 0.12 ppm Cd um 60 ppm auf total ca. 60 ppm bei Cd, - 26 ppm Pb um 800 ppm auf ca. 826 ppm Pb und - rund 10 ppm Cu um 400 ppm auf ca. 410 ppm Cu.

Die Ans~itze wurden getrennt durchgef~ihrt. Deutlich wird eine unterschiedliche Reaktion der WOrmer: W~ihrend Cd

ppm[TM-bezogen]

5000

Cd 1000 ~

100 -

3% C

~/ ~% 17% C

ppm [TM -bezogen ]

5000- - -

1000'

100"

10- o ~ -I 10- - - 1 10 100 1000 h 10 t00 1000 h

1 2 L, 8 16 32 d 1 2 Z. 8 16 32 d

ppm [T M- bezogen ]

5000

Cu 1000 -

3% c~, #

......................... ;~,t. ......... Letflliidt$- 100-

42% C

I0' 10 100 1000 h

1 2 4 8 1 6 32 d

Abb. 2: Aufnahmekurve von Cd, Pb und Cu in Lumbricus rubellus bzw. Octolasium cyaneum in BOden unterschiedlichen Kohlenstoffgehaltes (3.0 % C und 17 % C [bei Cd und Pb], bzw. ca. 3 % C und 42 % C [bei Cu]). Bei Kupfer fiihrt eine Konzentration ab ca. 100- 120 ppm Cu im KOrper (Trockenmasse-bezogen) zum Tod der Tiere. (Der starke Rfickgang der Cd-Kontamination der Wfrmer in BOden mit 17 % C nach etwa 100 h kann z.Zt. nicht erkEirt werden.)

1 2 UWSF-Z. Umweltchem, Okotox. 2 (1) (1990)

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Originalarbeiten Schwermetall-Aufnahme durch Regenwiirmer

und Pb bis auf fiber 1000 ppm [TM-bezogen] angereichert werden k6nnen, ohne dag die W/irmer merkbar Schaden nehmen, ffihrt bereits eine K6rperkonzentration ab ca. 1 0 0 - 1 2 0 ppm Cu zum Tod der Tiere. Der prozentuale Anteil des organischen Kohlenstoffs im Boden wirkt dabei modulierend bzw. regulierend auf die Konzentration im K6rper ein. Ferner sind vermutlich andere Gr6tgen, wie der pH-Wert, ebenfalls entscheidend fiir die Aufnahmeraten.

4.3 Fesdegung yon Cd irn Wurm

W~ihrend sich Blei oft in Hartteilen (Skelett) sowie an Pro- teinen h6herer Molekularmasse anlagert (STREIT e t al., 1986), k6nnen sich Cu und vor allem Cd an spezielle nie- dermolekulare Proteine mit einem hohen Anteil an SH- Gruppen anlagern. Es kann sich dabei um Metallothionei- ne oder auch um calciumbindende Proteine handeln.

Unsere Untersuchungen zeigen eine starke Bindung an Proteine mit einer relativen Molekularmasse zwischen etwa 14.000 und etwa 24.000 (-+ Abb. 3.). Die Zugabe von C d S O 4 z u m Boden fiihrte zu starken Erh6hungen gerade in diesen Proteinen.

Soweit Wechselwirkungen zwischen den Metallionen und den SH-Gruppen auftreten, ist mit einer starken Bindung zu rechnen, ~ihnlich wie dies Metallothioneine von S'augetieren zeigen. Die Kapazit~it solcher Bindungen ist notwendiger- weise fiber die Anzahl verf%barer Bindungsstellen limi- tiert. Denkbar ist bei einem solchen Mechanismus eine physiologische oder auch langfristige genetische Anpassung in dem Sinne, daf~ mehr SH-Gruppen tragende Proteine zur Verfogung gestellt werden. Bisher konnten wir aber ffir diesen Mechanismus bei Regenwi~rmern keinen Nachweis ffihren.

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kclulzeit

Abb. 3: Verteilung des Cd in unbelasteten (oben) und kiinstlich bela- steten (unten) Lumbricus rubellus, angegeben in ppm Cd [Trockenmasse-bezogen]. Die zus/itzlichen Cd-Einlagerungen im Wurm lagern sich an Proteine mit einer relativen Moteku- larmasse von 24.000 und teilweise von 14.000 an. A254 = Absorptionslinie der Proteine bei 254 nm.

5 Ausblick

Die Untersuchungen zeigen zum einen die Bedeutung der Bodeneigenschaften for die Aufnahmerate von Schwerme- tallen dutch Regenwfirmer. Zum anderen sind die Kennmis der Aufnahme- und Abgabekinetiken in die Bodeninverte- braten unter definierten Bedingungen und die Transferrate in Konsumenten wie V6gel (hierzu vgl. z.B. WEYERS, 1989) Vorbedingungen daffir, dag wir Akkumulationsindi- katoren unter den Wirbeltieren definieren und auch bezfig- lich der Umweltbelastung interpretieren k6nnen. Zukfinf- tige Untersuchungen sollten das Ziel haben, zum einen die Basis im Verhalten der verschiedenen Metalle welter aufzu- kl~iren, zum anderen (mathematische) Simulationen ffir ver- schiedene Umwelten zu entwickeln.

D a n k s a g u n g

Wir danken Dr. Reinhard KISSNER (jetzt Z0rich) ffir EinfCthrungshil- fen in praktische Probleme der Schwermetallanalytik und PD Dr. Ru- pert SCHMIDT (Frankfurt) fiir wertvoUe Diskussionsbeitr~ige. Der Stiftung Volkswagenwerk danken wir for finanzielle Unterstfitzung.

6 Literatur

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KIRSCH, S.: Untersuchungen zur standortabh~ngigen Cadmiumkonzen- tration und -akkumulation bei Lumbricus rubellus (Lumbricidae). - Diplomarbeit Univ. Frankfurt (1988)

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LAHNER, G.: Untersuchungen zur standortabh~ngigen Bleikonzentra- tion und-akkumulation in Lumbricus rubellus (Lumbricidae). - Di- plomarbeit Univ. Frankfurt (1988)

LiE'I-H, H. H. F.; MARKERT, B. A.: Aufstellung und Auswertung 6kosy- stemarer Element-Konzentrations-Kataster. Eine Einf/ihrung. - Springer-Verlag, Berlin, 193 S. (1988)

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SI-REIT, B.: Zum Problem der Bioindikatoren aus zoologisch- 6kologischer Sicht. - Geomethodica. Ver6ff. des 14. Basler geo- methodischen Colloquiums, Basel (1989)

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STUMM, W.; MORGAN, J. J.: Aquatic Chemistry. - J. Wiley & Sons, New York, 2nd ed., 780 pp. (1981)

THIELICKE, G.: Zusammenstellung einiger wichtiger bodenchemischer und -mechanischer Laboratoriumsmethoden, ihre Anwendungen, Ergebnisdarstellungen und Fehterquellen. - Geol. Jb. Hessen 115: 423 - 448 (1987)

WEYERS, B.: Die Bleibelastung der Amsel - Ursache, Dynamik, An- wendung. - Dissertation an der RWTH Aachen (1989)

Eingegangen: 19. Oktober 1989

UWSF- Z. Umwettchem. Okotox. 2 (1) (1990) ~1 3


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