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AUFGABEN UND ROLLE KLÄREN QUALIFIZIERUNGSMODUL
FÜR FAMILIENHEBAMMEN UND FAMILIEN-GESUNDHEITS- UND KINDERKRANKEN-
PFLEGERINNEN UND -PFLEGER
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1AUFGABEN UND ROLLE KLÄREN QUALIFIZIERUNGSMODUL 1
KOMPETENZORIENTIERTES ARBEITEN IN DER QUALIFIZIERUNG VON FAMILIEN- HEBAMMEN UND FAMILIEN-GESUNDHEITS- UND KINDERKRANKEN- PFLEGERINNEN UND -PFLEGERN
VERNETZT ARBEITENQUALIFIZIERUNGSMODUL 2
RESSOURCENORIENTIERT MIT FAMILIEN ARBEITENQUALIFIZIERUNGSMODUL 3
GESPRÄCHE MIT FAMILIEN FÜHRENQUALIFIZIERUNGSMODUL 4
ELTERLICHE KOMPETENZEN STÄRKENQUALIFIZIERUNGSMODUL 5
ENTWICKLUNG BEGLEITEN UND REGULATION UNTERSTÜTZEN QUALIFIZIERUNGSMODUL 6
ELTERN-KIND-INTERAKTION BEGLEITEN QUALIFIZIERUNGSMODUL 7
METHODENSAMMLUNG
LEBENSWELT FAMILIE VERSTEHENQUALIFIZIERUNGSMODUL 8
MIT MÖGLICHEN HINWEISEN AUF KINDESWOHLGEFÄHRDUNG UMGEHENQUALIFIZIERUNGSMODUL 9
QUALIFIZIERUNGSMODULE
FÜR FAMILIENHEBAMMEN UND FAMILIEN-GESUNDHEITS- UND
KINDERKRANKENPFLEGERINNEN UND -PFLEGER
QUALIFIZIERUNGSMODULE
FÜR FAMILIENHEB-AMMEN UND FAMILIEN-GESUND- HEITS- UND KINDER-KRANKENPFLE- GERINNEN UND -PFLEGER
Träger:Gefördert vom:
AUFGABEN UND ROLLE KLÄREN
QUALIFIZIERUNGSMODUL
FÜR FAMILIENHEBAMMEN UND FAMILIEN-
GESUNDHEITS- UND KINDERKRANKEN-
PFLEGERINNEN UND -PFLEGER
Felsenweg-Institut der Karl Kübel StiftungMargot RefleChristiane Voigtländer
Nationales Zentrum Frühe Hilfen (NZFH)Eva SandnerMichael Hahn
INHALTSVERZEICHNIS
FACHLICHE GRUNDLAGEN
1 Hinführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
2 Auf welche kompetenzorientierten Ziele und Inhalte ist dieses Modul ausgerichtet? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
3 Was sind die zentralen Wissensbestände zum Modulthema? 3.1 Worin liegt das Grundverständnis der Frühen Hilfen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 3.2 Was sind die Grundlagen der Arbeit von FamHeb und FGKiKP in den Frühen Hilfen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
4 Material und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
SEMINARPLANUNG
1 Methodisch-didaktische Schwerpunkte des Moduls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 2 Seminarleitfaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
Eva SandnerClaudia DachsBirgit HofmannElisabeth HolochElfriede Zoller
FACHLICHE GRUNDLAGEN
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© Nationales Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) und Felsenweg-Institut der Karl Kübel Stiftung für Kind und Familie
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© Nationales Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) und Felsenweg-Institut der Karl Kübel Stiftung für Kind und Familie
1 HINFÜHRUNG
Der folgende Text leitet sowohl in den gemeinsamen interdisziplinären Lernprozess der FamHeb und FGKiKP ein als auch thematisch in das künftige Tätigkeitsfeld der Frühen Hilfen. Die Einführung in die Frühen Hilfen bildet dabei einen theoretischen Bezugspunkt für das Tätigkeitsfeld der FamHeb und der FGKiKP. Der vorlie-gende Text rahmt alle weiteren Module.
Eva Sandner, Claudia Dachs, Birgit Hofmann, Elisabeth Holoch, Elfriede Zoller
Dieses Modul versteht sich als Einführung in die Frühen Hilfen. Um das Arbeitsfeld zu verstehen, vergegenwärtigen sich die FamHeb und FGKiKP zunächst einmal seine große Vielfalt: So reicht das Spektrum der Angebote beispielswei-se von Familienpatenschaften, bei denen Ehrenamtliche die Familien in ihrem Alltag mit dem Säugling unterstützen, bis hin zu intensiven und elaborierten Hilfen, wie beispielsweise die entwicklungspsychologische Beratung. Auch die Wege, wie Familien zu den Frühen Hilfen kom-men, könnten unterschiedlicher nicht sein: Sie werden etwa in der Geburtsklinik über Hilfeangebote informiert, von der Jugendhilfe an die Familienhebamme, andere Professionen bzw. Unterstützungs- und Förderangebote weitervermittelt oder werden durch Hebammen, Kinderärztinnen und -ärz-te u. a. angeregt Angebote der Frühen Hilfen in Anspruch zu nehmen oder die Mütter und Väter kommen von sich aus auf die Fachkräfte zu. Zudem werden in den Frühen Hilfen vor Ort verschiedene Präventionsansätze und Vernetzungs-
aktivitäten diskutiert und umgesetzt. Die Tätigkeit der Fam-Heb und FGKiKP ist eingebettet in dieses weite Spektrum der Frühen Hilfen. Die Bundesinitiative Frühe Hilfen fokussiert zwar auf den Einsatz der Gesundheitsfachberufe und auf die Netzwerke Früher Hilfen, dennoch bestehen die Frühen Hilfen nicht nur aus den Förderschwerpunkten der Bundesinitiative. Damit die FamHeb und FGKiKP diese Pluralität innerhalb der Frühen Hilfen einordnen und sich in einem heteroge-nen und dynamischen Arbeitsfeld bewegen können, werden sie mit diesen vertraut gemacht und angeregt, sich mit den Frühen Hilfen im Allgemeinen auseinanderzusetzen und das eigene professionelle Handeln beim Einsatz in den Frühen Hilfen zu reflektieren. Der vorliegende Text bietet hierzu eine fachliche Einführung für Weiterbildnerinnen und -bildner. Da Modul 1 einen einführenden Charakter hat, werden ei-nige Themen aus Modul 1 in den folgenden Modulen vertieft (siehe Textverweise).
2 AUF WELCHE KOMPETENZORIENTIERTEN ZIELE UND INHALTE IST DIESES MODUL AUSGERICHTET?
Welche Kompetenzen sind bedeutsam?Die FamHeb und FGKiKP in den Frühen Hilfen: ■ entwickeln ein Bewusstsein für die Verantwortung für ei-
gene Lernprozesse. ■ reflektieren den Zusammenhang von eigenen biografi-
schen Erfahrungen und fachlichem Handeln. ■ kennen die gesetzlichen Grundlagen der Frühen Hilfen. ■ reflektieren das eigene Präventions- und Hilfeverständnis
und stellen einen Bezug zu ihrer künftigen Arbeit mit den Familien her.
■ kennen die verschiedenen Arbeitsansätze und Prinzipien der Frühen Hilfen und können diese in konkretes berufli-ches Handeln übersetzen.
■ werden angeregt, selbstständig die lokalen Strukturen und Konzepte Früher Hilfen zu erforschen.
■ reflektieren das professionelle Handeln beim Einsatz in den Frühen Hilfen.
■ nehmen Ähnlichkeiten und Unterschiede bezüglich Auf-gaben und Kompetenzen von FamHeb und FGKiKP wahr.
■ kennen Lebensbedingungen und Ereignisse, die für Fami-lien belastend sind und können diese wahrnehmen.
■ reflektieren unterschiedliches Belastungsempfinden der Hauptbezugspersonen und können Beobachtungen von Interpretationen unterscheiden.
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■ wissen um die besonderen Herausforderungen ihrer an-spruchsvollen Tätigkeit und sind in der Lage, achtsam mit den eigenen Grenzen und Ressourcen umzugehen.
Die genannten Ziele des Moduls orientieren sich an den Kompetenzprofilen, die vom Nationalen Zentrum Frühe Hil-fen für beide Berufe ausgearbeitet worden sind (vgl. hierzu die Handlungsanforderungen 1, 2 und 8 im Kompetenzprofil Familienhebammen (NZFH 2012) sowie die Handlungsan-forderungen 1, 9 und 10 im Kompetenzprofil Familien-Ge-sundheits-und Kinderkrankenpflegerinnen und -pfleger NZFH 2014).
Welche Inhalte sind bedeutsam?Grundverständnis der Frühen Hilfen: ■ Gesetzlicher Rahmen: Sozialgesetzbuch VIII (§ 16 SGB
VIII), Gesetz zur Kooperation und Information im Kin-derschutz (§§ 1, 2)
■ Begriffsbestimmung und Entwicklung ■ Verschiedene Arbeitsprinzipien und Ansätze ■ Kernbereiche: Erkennen und vermitteln – Unterstützen
und fördern – Vernetzen und kooperieren
■ Verschiedene Präventionsbegriffe und -konzepte, Belas-tungsmerkmale und Risikofaktoren
Grundlagen der Arbeit von FamHeb und FGKiKP in den Frühen Hilfen ■ Gesetzliche Grundlagen der beiden Grundberufe: Heb-
ammengesetz, Krankenpflegegesetz, Berufsordnung der Länder und Sozialgesetzbuch V sowie Aufgaben und Kompetenzen der beiden Grundberufe
■ Funktion, Rolle, Aufgaben und Kompetenzen der FamHeb und FGKiKP
■ Herausforderungen der Tätigkeit: Grenzen und Selbstfür-sorge
Diese Inhalte werden unter Punkt 3 dargestellt und am Ende jedes Unterpunkts anhand leitender Fragen zusammenge-fasst. Die Fragen geben den Weiterbildnerinnen und -bild-nern eine Orientierung, welche Inhalte bei der Durchfüh-rung der Module zentral sind.
3 WAS SIND DIE ZENTRALEN WISSENSBESTÄNDE ZUM MODULTHEMA?
3.1 WORIN BESTEHEN DIE GRUNDLAGEN DER FRÜHEN HILFEN?
In welchen gesetzlichen Rahmen sind die Frühen Hilfen gebettet?Die Ziele der Frühen Hilfen – Schutz, Förderung und Teil-habe – leiten sich von der Kinderrechtskonvention der Ver-einten Nationen ab. Das UN-Abkommen aus dem Jahr 1989 ist in Deutschland seit 1992 in Kraft. Auf nationaler Ebene beziehen sich die Frühen Hilfen auf Art. 6 des Grundgeset-zes, welcher das Recht und die Pflicht der Eltern zur Pflege und Erziehung ihrer Kinder feststellt. Vorrangig hat die Er-ziehung in der Familie oder Lebensgemeinschaften stattzu-finden. Staatliche Institutionen sind gehalten, Eltern aus-reichend bei der Ausübung ihrer Erziehungsverantwortung zu unterstützen. Eine der Strategien, derer sich der Staat zur Erfüllung dieser Aufgabe bedient, sind die Frühen Hilfen: Sie bieten Eltern schon mit Beginn der Schwangerschaft Unter-stützung bzw. Förderung und geben ihnen nach der Geburt des Kindes Anleitung und Hilfestellung bei der Versorgung des Säuglings und beim Aufbau einer Beziehung zum Kind. Frühe Hilfen sind seit Januar 2012 in § 1KKG und § 16, Abs. 3 SGB VIII beschrieben: Müttern und Vätern sowie schwan-
geren Frauen und werdenden Vätern sollen demnach Bera-tung und Hilfe in Fragen der Partnerschaft und des Aufbaus elterlicher Erziehungs- und Beziehungskompetenzen ange-boten werden. Frühe Hilfen beziehen jedoch auch Angebote anderer Leistungssysteme, wie dem Gesundheitswesen (SGB V), der Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII), dem Schwanger-schaftskonfliktgesetz (SchKG) und der Frühförderung (SGB IX und XIII) mit ein.
Wie werden Frühe Hilfen allgemein beschrieben?Mit der Beschreibung der Frühen Hilfen wurde ein Rah-men für das vielfältige Praxisfeld formuliert und die Frü-hen Hilfen in ein umfassenderes Verständnis der Förderung positiver Entwicklungsbedingungen in der frühen Kindheit eingebettet. Wie sie derzeit gesehen werden, spiegelt die 2009 formulierte Definition des wissenschaftlichen Beirats des NZFH wider: »Frühe Hilfen bilden lokale und regiona-le Unterstützungssysteme mit koordinierten Hilfeangeboten für Eltern und Kinder ab Beginn der Schwangerschaft und
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in den ersten Lebensjahren mit einem Schwerpunkt auf der Altersgruppe der 0- bis 3-Jährigen. Sie zielen darauf ab, Ent-wicklungsmöglichkeiten von Kindern und Eltern in Familie und Gesellschaft frühzeitig und nachhaltig zu verbessern. Neben alltagspraktischer Unterstützung wollen Frühe Hilfen insbesondere einen Beitrag zur Förderung der Beziehungs- und Erziehungskompetenz von (werdenden) Müttern und Vätern leisten. Damit tragen sie maßgeblich zum gesunden Aufwachsen von Kindern bei und sichern deren Rechte auf Schutz, Förderung und Teilhabe.
Frühe Hilfen umfassen vielfältige allgemeine sowie spezifi-sche, aufeinander bezogene und einander ergänzende Ange-bote und Maßnahmen. Grundlegend sind Angebote, die sich an alle (werdenden) Eltern mit ihren Kindern im Sinne der Gesundheitsförderung richten (universelle/primäre Präven-tion). Darüber hinaus wenden sich Frühe Hilfen insbeson-dere an Familien in Problemlagen (selektive/sekundäre Prä-vention). Sie tragen in der Arbeit mit den Familien dazu bei, dass Risiken für das Wohl und die Entwicklung des Kindes frühzeitig wahrgenommen und reduziert werden. Wenn die Hilfen nicht ausreichen, sorgen Frühe Hilfen dafür, dass wei-tere Maßnahmen zum Schutz des Kindes ergriffen werden.Frühe Hilfen basieren vor allem auf multiprofessioneller Ko-operation, beziehen dabei aber auch bürgerschaftliches En-gagement und die Stärkung sozialer Netzwerke von Familien mit ein. Zentral für die praktische Umsetzung Früher Hilfen ist deshalb eine enge Vernetzung und Kooperation von In-stitutionen und Angeboten aus den Bereichen der Schwan-gerschaftsberatung, des Gesundheitswesens, der interdiszi-plinären Frühförderung, der Kinder- und Jugendhilfe und weiterer sozialer Dienste. Frühe Hilfen haben dabei sowohl das Ziel die flächendeckende Versorgung von Familien mit bedarfsgerechten Unterstützungsangeboten voranzutreiben, als auch die Qualität der Versorgung zu verbessern« (Wissen-schaftlicher Beirat NZFH, 2009).1
Was sind die Kernbereiche der Frühen Hilfen? Für die Fachkräfte ist entscheidend, dass Frühe Hilfen aus »Erkennen und vermitteln«, konkretem »Unterstützen und fördern« sowie »Vernetzen und kooperieren« bestehen. Fehlt einer dieser Bausteine, können die anderen nicht wirksam werden.
Erkennen und vermitteln Das Erkennen von Belastungen und Ressourcen ist eine Grundvoraussetzung, um Familien auf konkrete Unterstüt-
zungs- und Förderangebote aufmerksam zu machen und sie in Angebote Früher Hilfen vermitteln zu können. Dazu wur-den in den letzten Jahren verschiedene Instrumente zur Ein-schätzung entwickelt. Einige seien hier beispielhaft genannt: ■ Anhaltsbogen für ein vertiefendes Gespräch
(Klinikum für Kinder- und Jugendpsychiatrie/ Psycho-therapie des Universitätsklinikums Ulm/Kindler 2010)
■ Erfassung psychosozialer Belastungen in den Früherken-nungsuntersuchungen im 1. Lebensjahr (Martens-Le-Bouar u. a., 2013)
■ Heidelberger Belastungsskala (Stasch, unveröffentlicht) ■ Ludwigshafener peripartaler Erhebungsbogen (Filsinger
u. a., 2013)
Diese Instrumente dienen dazu, die Aufmerksamkeit der Fachkräfte auf mögliche Belastungen zu lenken und sie da-für zu sensibilisieren. Die Belastungen werden in Beziehung gesetzt zu den Ressourcen. Die Belastungen werden dabei einerseits zu den Ressourcen, also den Stärken und Kompe-tenzen der Eltern bzw. der primären Bezugspersonen und des Säuglings, in Beziehung gesetzt. Andererseits wird die Entwicklung des Babys einbezogen. Abhängig von der Belas-tungssituation und den zur Verfügung stehenden Ressourcen wird gemeinsam mit den Familien herausgearbeitet, ob eine Unterstützung bzw. Förderung sinnvoll ist und welches An-gebot für sie geeignet wäre bzw. wohin die Eltern vermittelt werden könnten.
Unterstützen und fördernUnterstützungs- und Förderangebote im Bereich Frühe Hil-fen haben sich am konkreten Bedarf der Familien zu orien-tieren, die sie in Anspruch nehmen. Damit dies gewährleistet ist, sollten unterschiedliche Angebote zur Verfügung stehen, um je nach Bedarf das passende Angebot auswählen zu kön-nen. Angebote Früher Hilfen können einen informierenden, bildenden, anleitenden, beratenden und therapeutischen Charakter haben. Es gibt dabei zwei Angebotstypen: Zum einen Angebote, die eher situativ auf verschiedene Anliegen und Fragen der Familien vor Ort eingehen, und zum anderen Angebote, die auf spezifische Fragen und Schwierigkeiten fo-kussieren, wie etwa Regulations- und Entwicklungsschwie-rigkeiten, Belastungs- und Bewältigungsverhalten von Säug-lingen sowie elterliche Feinfühligkeit. Die Vielfalt der Frühen Hilfen umfasst zudem unterschiedli-che Hilfeformen:
1 Siehe auch NZFH: Leitbild Frühe Hilfen, 2014.
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■ Begleitung: Die Lebenswelt der Familien und die Bewälti-gung des Alltags stehen im Vordergrund der Hilfe, ohne dass ein von außen definiertes Problem vorliegt.
■ Beratung: Anlass zur Beratung ist zumeist ein subjekti-ves Belastungsempfinden durch aktuelle Probleme oder Krisen im Familiensystem. Die Berater/-innen arbeiten gemeinsam mit den Eltern Lösungsmöglichkeiten heraus und stärken die Ressourcen des Familiensystems.
■ Therapie: Die Behandlung von Störungen in der Eltern- Kind-Interaktion und psychischen und/oder psychosoma-tisch-funktionellen Störungen und Regulationsstörungen ist Teil therapeutischer Maßnahmen. Eine Therapie selbst gehört nicht zu den Frühen Hilfen. Die Fachkräfte vermit-teln jedoch bei Bedarf in entsprechende Angebote zur Be-handlung beispielsweise von Regulationsstörungen.
■ Bildung: Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten über frühkindliche Entwicklung und Eltern-Kind-Interaktion.(Begleitung, Beratung und Therapie aus: German Associ-ation of Infant Mental Health, GAIMH)
Vernetzen und kooperierenVernetzung und Kooperation der Fachkräfte untereinander sind ein weiterer Kernbereich der Frühen Hilfen mit einem positiven Einfluss auf verschiedenen Ebenen: Fallübergrei-fende Vernetzung fördert die Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Professionen und Institutionen und trägt zu einem gemeinsamen Verständnis Früher Hilfen bei. Sie bildet einen wichtige Grundlage für die fallbezogene Koope-ration. Zentral ist dabei die Entwicklung eines gemeinsamen Fallverständnisses, um kooperativ aufeinander abgestimmte Hilfeleistungen erbringen zu können. Darüber hinaus wer-den Netzwerkpartnerinnen und -partner über die verschie-denen Angebote informiert, und können somit die Hilfen an Eltern entsprechend weitervermitteln oder sie anregen, Un-terstützung bzw. Förderung in Anspruch zu nehmen.
Wie haben sich die Frühen Hilfen für Familien mit Kindern unter drei Jahren in den letzten Jahren entwickelt?
Zentrale Fragen ■ Wo sind die Frühen Hilfen gesetzlich geregelt? ■ Was wird unter Frühen Hilfen verstanden? Was sind die drei Kernbereiche der Frühen Hilfen? ■ Welche Unterstützungs- und Förderangebote gibt es für die Familien? Wie können diese Angebote voneinander
unterschieden werden?
Bevor sich der Begriff Frühe Hilfen in den 2000er-Jahren etablierte, gab es bereits verschiedene Unterstützungs- und Förderangebote, die sich an Familien mit Kindern unter drei Jahren wandten: Ab Mitte der 70er-Jahre entwickelte sich etwa die interdisziplinäre Frühförderung, die Säuglinge und Kleinkinder mit Entwicklungsverzögerungen oder Behinde-rungen fördert (vgl. Weiß 2013). Seit 1971 sind die Früherkennungsuntersuchungen von Säuglingen und Kleinkindern eine Pflichtleistung der Kran-kenkassen (Sozialgesetzbuch V, § 26) und sind wesentlicher Bestandteil der Pädiatrie. Im Weiteren verstehen sich die Hilfen zur Erziehung im Sozialgesetzbuch VIII seit den 90er- Jahren als Angebot, um Eltern in ihren Erziehungsaufgaben zu unterstützen und ihre Fähigkeiten zu stärken, wobei sich diese Hilfen auf Familien mit Kindern aller Altersgruppen und nicht ausschließlich auf Familien mit Kindern unter drei Jahren beziehen. Kennzeichnend für diese Hilfeform ist das Hilfeplanverfahren, in dem Hilfebedarfe und Hilfeziele zwi-schen Jugendamt, durchführenden Trägern der Hilfen zur
Erziehung sowie Eltern vereinbart und überprüft werden. Hilfen zur Erziehung (§ 31 SGB VIII) sind kein Vorläufer der Frühen Hilfen, da, wie bereits erwähnt, ein Erziehungsdefizit vorliegen muss, damit die Hilfe gewährleistet wird. Bei den Frühen Hilfen geht es um Belastungen, die möglicherweise zu Erziehungsdefiziten führen können, welche aber noch nicht vorhanden bzw. erkennbar sind. Hilfen zur Erziehung werden in diesem Sinne als ein an die Frühen Hilfen angren-zender Leistungsbereich verstanden. Frühe Hilfen sollten den Hilfen zur Erziehung vorgelagert sein.Leistungsbereiche der Jugendhilfe, die als Vorläufer oder Teil der Frühen Hilfen angesehen werden können, sind Fa-milienbildungsstätten (§ 16 SGB VIII) und Erziehungsbe-ratungsstellen (§ 28 SGB VIII). Ebenso haben Hebammen (Versorgungsauftrag im Hebammengesetz 1985) und Ge-sundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen und -pfleger (Krankenpflegegesetz) in der Versorgung und Unterstützung sowie Förderung von Familien mit Säuglingen eine lange Tradition.
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2005 folgte das Aktionsprogramm Frühe Hilfen für Eltern und Kinder und soziale Frühwarnsysteme, in dessen Rahmen Evaluationsstudien zu zehn verschiedenen Modellprojekten Früher Hilfen durchgeführt wurden. Zusätzlich richtete das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Ju-gend das Nationale Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) ein, das zu einer Weiterentwicklung Früher Hilfen beiträgt. Wie bereits erwähnt, sind die Frühen Hilfen seit Januar 2012 in § 1 KKG und § 16, Abs. 3 Sozialgesetzbuch VIII be-schrieben. Der Ausbau der Frühen Hilfen, insbesondere der Vernetzung und der Einsatz von Familienhebammen und anderen Gesundheitsfachberufen werden durch die Bundes-initiative Frühe Hilfen von 2012 bis 2015 gefördert. Ab 2015 wird es einen dauerhaften Fond zum regelhaften Ausbau der Frühen Hilfen geben (siehe § 3 Abs. 4 KKG und BMFFSJ: Verwaltungsvereinbarung 2012).
Für die fachliche Entwicklung der Frühen Hilfen sind vor allem Erkenntnisse maßgebend, welche die große Bedeutung früher Bindungserfahrungen für den weiteren Entwick-lungsverlauf von Kindern zeigen (Sroufe u. a., 2011). Ent-scheidend ist offenbar der Aufbau einer sicheren emotionalen Bindung zwischen Hauptbezugspersonen und Säugling. Sie ist ein wichtiger Faktor sowohl für die sozio-emotionale als auch die kognitive Entwicklung von Kindern (Grossmann/Grossmann, 2005). Das Gelingen einer positiven Beziehungs- und Bindungsentwicklung ist jedoch von vielen Faktoren ab-hängig: Merkmale und Eigenschaften des Kindes, die indivi-duelle Lebenslage sowie die biografischen Erfahrungen von Müttern und Vätern spielen dabei genauso eine Rolle wie die Unterstützung im Umfeld der Familie. Hier bieten sich ge-eignete Ansatzpunkte für präventive Angebote für Familien, die von der Information über die Entwicklungsschritte des Säuglings hin zu einer einfühlsamen Förderung der Mutter-/Vater-Kind-Interaktion reichen können.
Welche Arbeitsprinzipien und -ansätze spielen in den Frühen Hilfen eine Rolle? ■ Freiwilligkeit: Frühe Hilfen sind Angebote für Familien,
die sie freiwillig und auf eigenen Wunsch in Anspruch nehmen können. Eltern werden deswegen über den Zweck und die Zielsetzung der Angebote informiert sowie ermu-tigt, über ihre Teilnahme selbst zu entscheiden.
■ Vertraulichkeit: Verschwiegenheit und Anonymität spie-len in den Frühen Hilfen eine besondere Rolle, um Sorgen der Eltern vor einem Einschalten des Jugendamtes ent-gegenzuwirken und sie damit zur Inanspruchnahme der Hilfe zu ermutigen. Dies ermöglicht eine Zusammenar-
beit in einem geschützten Rahmen und die Wahrung der Privatsphäre der Familie.
■ Partizipation und Wertschätzung: Kern dieser beiden Prinzipien ist es, an den Entwicklungs- und Verände-rungswünschen der Eltern anzuknüpfen, von ihren Fä-higkeiten und Interessen auszugehen und ihr bisheriges Tun und Können wertschätzend anzuerkennen.
■ Salutogenese: Menschen von ihren persönlichen und sozialen Ressourcen her zu sehen, den Blick aber auch da-rauf zu richten, wie sie mit (belastenden) Einflüssen um-gehen und gesund bleiben – das ist ein zentraler Bestand-teil dieses Ansatzes. In der Praxis soll beispielsweise das Vertrauen der Klienten in die eigene Fähigkeit gefördert werden, (gesundheitliche) Belastungen überwinden zu können (siehe Modul 3).
■ Ressourcenorientierung: Der salutogenetische Ansatz spiegelt sich auch im ressourcenorientierten Ansatz wider, der die Stärkung der elterlichen Kompetenzen in den Mit-telpunkt stellt. Dazu ist es nötig, Fähigkeiten und Ressour-cen der Eltern zu erkennen und sie dabei zu unterstützen, sich ihrer Fähigkeiten bewusst zu werden und diese zu nutzen (siehe Seite 8f und Modul 3).
■ Empowerment: Ein wichtiges Anliegen der Frühen Hil-fen ist es, Eltern zu bestärken ihre eigenen Bedürfnisse zu artikulieren und sich für ihre eigene Unterstützung und/oder die ihres Säuglings einzusetzen. Das Ziel dieses Pro-zesses kann aber auch erreicht sein, wenn Eltern Einfluss auf die Ausgestaltung der angebotenen Unterstützung nehmen.
■ Vernetzung: Interdisziplinäre bzw. interprofessionelle Vernetzung und Kooperation stellen die Fachkräfte vor große Herausforderungen: Damit alle Akteure über An-gebote informiert sind und die passenden Hilfen bei den Familien ankommen, müssen unterschiedliche Fachspra-chen und Kulturen, Unterschiede im Grad der professio-nellen Ausdifferenzierung und in den Arbeitsweisen erst übersetzt und gegenseitig verstanden werden.
■ Evidence-based Practice: Die wesentliche Idee hinter dieser Arbeitsweise ist, begründen zu können, wie und in welchem Umfang mit Familien gearbeitet wird. Orientie-rungspunkte bieten dabei nicht allein praktische Erfah-rungen, sondern auch wissenschaftliche Erkenntnisse.
(Siehe auch NZFH: Leitbild Frühe Hilfen, 2014)
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Die Frühen Hilfen werden dann ausgelöst oder empfohlen, wenn Mütter und Väter ein subjektives Empfinden an Belas-tung oder Überforderung äußern. Dies können ganz unter-schiedliche Erlebnisse und Lebensbedingungen sein. Zudem können Fachkräfte etwa in Geburtskliniken, niedergelassene Kinderärztinnen bzw. -ärzte oder Hebammen in der Grund-versorgung auf Belastungen der Hauptbezugspersonen auf-merksam werden und die Familien über Unterstützungs-angebote informieren oder auf deren Wunsch einen ersten Kontakt zu ihnen anbahnen. Wie oben beschrieben wurde, können unterschiedliche Instrumente die Fachkräfte dabei unterstützen, Belastungen aufmerksam wahrzunehmen und anzusprechen. Aus der Erfahrung vieler Wissenschaftlerin-nen und Wissenschaftler sowie Praktikerinnen und Prak-tiker heraus können beispielsweise folgende Merkmale auf Belastungen und Unterstützungsbedarfe hinweisen.
Belastungsmerkmale:
■ Alleinerziehende Hauptbezugspersonen ■ Mutter, die bei der Geburt unter 21 ist ■ Niedriges Bildungsniveau in der Familie ■ Materielle Armut in der Familie ■ Überbelegung der Wohnung ■ Soziale Isolation der Familie ■ Frühgeburt, Mehrlingsgeburt ■ Säugling mit (drohender) Behinderung oder Erkrankung ■ »Schwieriges« Temperament des Säuglings ■ Entwicklungsauffälligkeiten des Säuglings ■ Regulationsauffälligkeiten des Säuglings ■ Auffälligkeiten in der Eltern-Kind-Interaktion ■ Schwierigkeiten bei der Annahme des Säuglings ■ Gefühl eines Elternteils, vom Säugling abgelehnt zu
werden ■ Verunsicherung der Hauptbezugsperson ■ Sorgen der Hauptbezugsperson ■ Depressivität einer Bezugsperson ■ Globale Überforderung der Familie ■ Konflikte in der Partnerschaft ■ Akute Trennung der Eltern
Zur Vertiefung siehe z. B. Bender/Lösel (2000) oder Egle/Cierpka (2005).
Da Belastungen sehr subjektiv sind, werden die jeweils be-obachteten Belastungsmerkmale in Beziehung gesetzt zum individuellen Erleben der Hauptbezugsperson und mit den Ressourcen der Hauptbezugspersonen, des Säuglings oder Kleinkindes, mit der Eltern-Kind-Interaktion und dem so-zialen Umfeld der Familie abgeglichen. Es findet eine Ge-wichtung des subjektiven Belastungsempfindens und der Ressourcen statt: Für den Fall, dass die Belastungen mit den eigenen Ressourcen nicht zu bewältigen sind, schaffen die Angebote der Frühen Hilfen eine Entlastungsmöglichkeit für die Familien.
Risikofaktoren:
In der Literatur und den fachlichen Diskursen werden neben den Belastungsmerkmalen oftmals Risikofaktoren2 referiert, die eine spätere Misshandlung und Vernachlässigung des Kindes wahrscheinlich machen können. Diese Faktoren sind Ergebnis statistischer Berechnungen in internationalen Stu-dien (Kindler 2008): ■ Elternteil mit eigenen Erfahrungen von Misshandlung
und Vernachlässigung ■ Elternteil mit einer psychischen Erkrankung, wie etwa
Depression, Suchterkrankung ■ Gewalt in der aktuellen Partnerschaft ■ Erhöhte Fürsorgeanforderungen durch ein krankes oder
behindertes Kind ■ Frühe Mutterschaft und/oder ungewollte Schwangerschaft ■ Alleinerziehend in Kombination mit mangelnder sozialer
Unterstützung ■ Fehlendes Erziehungswissen und/oder unrealistische Er-
wartungen an das Kind ■ Armut, Arbeitslosigkeit sowie niedriges Bildungsniveua
bzw. geringes Aufnahmevermögen
Treffen mehrere dieser Faktoren zu, gibt es eine höhere sta-tistische Wahrscheinlichkeit, dass Säuglinge bzw. Kleinkin-der Vernachlässigung und Misshandlung ausgesetzt sind als ohne deren Vorhandensein. Wichtig ist zu wissen, dass kei-ner dieser Faktoren automatisch ein Risiko für den Säugling darstellt; auch Eltern, auf die einer oder mehrere dieser Fak-toren zutreffen, misshandeln oder vernachlässigen ihr Kind in der Regel mehrheitlich nicht.
Zentrale Fragen ■ Was sind die zentralen Arbeitsprinzipien und Ansätze der Frühen Hilfen? ■ Welche Vorteile haben diese Arbeitsprinzipien und Ansätze? Gibt es auch Nachteile?
Belastungsmerkmale? Risikofaktoren? Wer sind die Zielgruppen der Frühen Hilfen?
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Wo liegen die Grenzen der Frühen Hilfen?Je nach Profession und/oder Zuschnitt des Unterstützungs-angebots arbeiten die Fachkräfte in den Frühen Hilfen mit Familien zusammen, auf die eines oder mehrere der oben ge-nannten Belastungsmerkmale zutreffen. Eltern mit eigener Erfahrung von Misshandlung und Ver-nachlässigung, mit psychischen Erkrankungen oder Ge- walterfahrungen in der aktuellen Partnerschaft können hoch belastet sein. Sie werden damit nicht vorrangig von Fachkräften der Frühen Hilfen fachlich begleitet, sondern sind Zielgruppen für intensivere und verbindlichere Hilfear-rangements. Denn es braucht spezifische Hilfen, die an den Ursachen der Probleme arbeiten. So ist etwa bei einer Sucht- erkrankung eine suchtspezifische Hilfe bzw. Behandlung notwendig. Falls sich diese Probleme während der Frühen Hilfen zeigen, ist es Aufgabe der Fachkräfte, die Hauptbe-zugspersonen anzuregen, entsprechende Hilfe anzunehmen, und zu prüfen, ob eine weitere Zusammenarbeit zwischen FamHeb und FGKiKP mit der Familie fachlich sinnvoll er-scheint und welche anderen Hilfen installiert werden sollten.
Da die Konzepte in Deutschland variieren, kann es sein, dass Fachkräfte Früher Hilfen dennoch mit hochbelasteten Fami-lien zusammenarbeiten. Dann braucht es eine Fallreflexion und fachlichen Konsens mit dem Auftraggeber bzw. mit der Koordinierungsstelle, was genau deren Auftrag sein kann und wo die Aufgabenbereiche anderer Fachkräfte liegen.
Arbeitet eine Fachkraft Früher Hilfen mit einer hochbelaste-ten Familie zusammen, bleibt sie weiterhin bei ihrem Kern-geschäft: der Unterstützung bei der Versorgung und Pflege sowie der Stärkung elterlicher Kompetenzen und bei der fachlichen Begleitung einer positiven Beziehungsgestaltung. Ihre Aufgaben und Zuständigkeiten erweitern sich deswegen nicht.
Zusammenfassend sind zwei Konstellationen denkbar, in de-nen FamHeb und FGKiKP in den Frühen Hilfen tätig sind: ■ Rein präventiv auf Verlangen der Familie, aufgrund eines
individuellen Erlebens von Belastungen. ■ Im Auftrag der Jugendhilfe bzw. des Gesundheitswesens,
wenn von außen Belastungen oder Probleme wahrgenom-men werden und die Familie das Unterstützungsangebot freiwillig annimmt.
Falls sich während der Zusammenarbeit mit der Familie Pro-bleme zeigen, die weitere Unterstützungsangebote notwendig machen, kann die FamHeb bzw. FGKiKP weiterhin in der Familie tätig sein. Die FamHeb bzw. FGKiKP arbeitet jedoch mit den anderen Fachkräften bzw. Institutionen, die die Fall-verantwortung übernehmen, zusammen.
2 Ein Risikofaktor ist KEIN individuelles Merkmal, sondern die Zugehörigkeit zu einer statistisch ermittelten Risikogruppe; eine Prognose im Einzelfall ist daraus NICHT möglich. Deshalb ist es erst im Gespräch mit den Familien möglich, die individuellen Belastungen und Ressourcen und den sich daraus ergebenden Unterstützungsbedarf herauszuarbeiten.
Zentrale Fragen ■ Welche Belastungsmerkmale gibt es? ■ Was ist unter Risikofaktoren zu verstehen? ■ Wer sind die Zielgruppen der Frühen Hilfen? Was bedeutet das für FamHeb und FGKiKP?
Was ist mit Prävention in den Frühen Hilfen gemeint?In der Praxis gibt es derzeit keine einheitliche Verwendung der verschiedenen Präventionsverständnisse, so dass die FamHeb und FGKiKP auf verschiedene Begriffssysteme tref-fen werden – universelle, selektive und indizierte Prävention bzw. Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention: ■ Universelle Prävention versteht sich als Prävention, die
darauf abzielt, Informationen an alle (werdenden) Mütter und Väter zu geben – etwa durch Medienkampagnen, El-ternratgeber oder Kursangebote. Die selektive Prävention richtet sich an (werdende) Mütter und Väter, bei denen es aufgrund ihrer Lebenslage wahrscheinlich ist, dass sie konkrete Unterstützung bei der Versorgung und Pfle-ge und beim Beziehungsaufbau zum Säugling brauchen
werden, um weitere Komplikationen oder Verschlechte-rungen zu vermeiden. Indizierte Prävention meint, dass Probleme bereits aufgetreten sind und die Familie durch Jugendhilfemaßnahmen, Therapie oder medizinische Be-handlung unterstützt werden. Bei diesem Verständnis ist der Bedarf der Zielgruppe entscheidend. Die Frühen Hilfen werden der universellen und selektiven Präventi-on zugeordnet. Von indizierter Prävention spricht man in der Kinder- und Jugendhilfe, wenn weitergehende Hilfen gewährt werden müssen, um eine dem Wohl des Kindes entsprechende Erziehung zu gewährleisten.
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■ Die Einteilung von Primär-, Sekundär- und Tertiärprä-vention stammt von Caplan (1964, S. 113) und geht im Un-terschied zum vorherigen Präventionsverständnis nicht von den Bedarfen der Zielgruppe aus, sondern vom Grad der Belastung bzw. Probleme. Sie bezieht sich ursprüng-lich auf den medizinischen Bereich und lässt sich wie folgt auf die Frühen Hilfen übertragen: Primärprävention setzt vor dem Eintreten von Problemen ein und zielt darauf ab, Belastungen von Eltern und Säuglingen zu verhindern. Die Primärprävention richtet sich sowohl an Eltern ohne belastende Lebensereignisse als auch an Eltern, bei denen eine Belastung und damit einhergehende Probleme wahr-scheinlich sind. Dies zeigt den Hauptunterschied der bei-den Präventionsverständnisse. Beispiele für Primärprävention sind etwa Informationen über die Entwicklung des Säuglings, über die Ernährung und Versorgung oder präventive Angebote zur Stress-bewältigung der Eltern. Sekundärprävention dient der Früherkennung von Belastungen und möchte das Fort-schreiten oder die Chronifizierung von Belastungen durch konkrete Unterstützung der Eltern oder Förderung der Kinder verhindern. Bei Entwicklungsrückständen oder Auffälligkeiten im Verhalten des Säuglings, die sich ma-nifestieren, oder bei gefährdendem Verhalten der Eltern wird von Tertiärprävention gesprochen. Mit ihr sollen negative Folgen für den Säugling verhindert werden. Die Tertiärprävention wird in der Regel nicht zugeordnet und umfasst intensive Hilfen (z. B. Hilfen zur Erziehung [HzE] und Therapie) und Therapie. Der intervenierende Kin-derschutz meint Schutzmaßnahmen zur Sicherung des Kindeswohls (z. B. Inobhutnahme, Erstellung von Schutz-konzepten etc.), die dann auch eine ambulante HzE um-fassen können, aber auch eine stationäre Unterbringung des Kindes. Auf den intervenierenden Kinderschutz wird in Modul 9 vertieft eingegangen.
Wie oben beschrieben werden Frühe Hilfen als primäre und sekundäre bzw. universelle und selektive Prävention verstan-den und von verschiedenen Leistungssystemen und Professi-
onen erbracht. Mit einer breiten Basis allgemein-präventiver Angebote sollen die Verfügbarkeit von Informationen über und die ausreichende Versorgung aller Eltern mit allgemei-nen Unterstützungs- und Förderangeboten gesichert werden. Darin eingebettet bedarf es aber besonderer Bemühungen, um Familien in belastenden Situationen zu erreichen und zu unterstützen. An den oben beschriebenen Belastungen setzen alle sekundär-präventiven bzw. selektiven Angebote an, die den Schwerpunkt der Frühen Hilfen bilden. Dieser Bereich definiert auch das Tätigkeitsfeld der FamHeb3 und FGKiKP bei ihrem Einsatz in den Frühen Hilfen.Darüber hinaus braucht es in der Praxis Klarheit, welche Funktionen und Aufgaben Fachkräfte in den Frühen Hilfen im Falle des Auftretens eines Verdachts von Kindeswohlge-fährdung (tertiäre bzw. indizierte Prävention) haben: Auch im Verlauf einer Frühen Hilfe können Situationen entstehen, in denen das Kindeswohl nicht mehr gewährleistet bzw. in akuter Gefahr ist. Alle Fachkräfte in den Frühen Hilfen müs-sen daher in der Lage sein, solche Hinweise zu erkennen, und Verantwortliche ansprechen, die entsprechenden Maßnah-men einzuleiten. Sie sind jedoch nicht diejenigen, die Maß-nahmen zum Schutz des Kindes veranlassen. Der Allgemeine Sozialdienst im Jugendamt ist zentraler Ansprechpartner im Falle des Verdachtes einer Kindeswohlgefährdung und ver-fügt über eine Vielzahl von Hilfs- und Interventionsmöglich-keiten zur Sicherstellung des Kindeswohls. Darunter fallen sowohl Schutzmaßnahmen als auch Hilfeangebote, die zum Teil der tertiären Prävention zuzuordnen sind. In Modul 9 wird vertieft darauf eingegangen, wie solche Situation er-kannt werden können, wer die Verantwortlichen sind und wie die Verantwortlichen anzusprechen sind.4
3 Die Arbeit der FamHeb geht über die Grundversorgung der Hebammenhil-fe hinaus und setzt einen erhöhten Betreuungsbedarf voraus, der nicht von den Hebammenleistungen gedeckt ist und nicht als Gesundheitsleistung mit der Krankenkasse im Rahmen des § 134a SGB V abgerechnet wird. Die Heb-ammenhilfe versteht sich als universell präventives Gesundheitsangebot. 4 Dieses Thema wird in Modul 9 vertieft. Wichtig sind dabei Fragen, wie Fachkräfte geschult werden, die eher selten mit Kindeswohlgefährdung zu tun haben und deswegen keine professionelle Routine haben und dennoch auf eine akute Kindeswohlgefährdung reagieren sollen.
Zentrale Fragen ■ Welche Präventionsstrategien gibt es? ■ Welchem Präventionsverständnis werden die Frühen Hilfen zugeordnet? ■ In welchem Präventionsverständnis bewegen sich FamHeb und FGKiKP?
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3.2 WAS SIND DIE GRUNDLAGEN DER ARBEIT VON FAMHEB UND FGKIKP IN DEN FRÜHEN HILFEN?
Wie werden FamHeb ausgebildet und welche Funktion, Rolle und Zuständigkeit haben sie in den Frühen Hilfen?Laut geltendem Versorgungsauftrag (HebG von 1985) sowie den vorbehaltenen Tätigkeiten (HebG §4) und dem Ausbil-dungsziel (§5 HebG) sind Aufgaben und Tätigkeitsfeld ei-ner Hebamme gesetzlich klar definiert: Hebammen sind die Primärversorgerinnen in den Bereichen Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und bis zum Ende der Stillzeit5. Fami-lienhebammen (FamHeb) sind Hebammen mit einer Zusatz-qualifikation, welche werdende Eltern und junge Familien bis zum ersten Geburtstag des Kindes beraten und begleiten. Die Arbeit der Familienhebamme ist eine Ergänzung zur originä-ren Hebammenarbeit und richtet sich insbesondere an Frauen und Familien mit einem inhaltlich wie quantitativ erhöhtem Unterstützungsbedarf. Das Konzept der Familienhebam-mentätigkeit dient nicht dazu, die Versorgung vulnerabler Personengruppen mit den originären Leistungen der Heb- ammen zu ersetzen. FamHeb sind Hebammen mit einer Zu-satzqualifikation zur Vertiefung von Kompetenzen für die psychosoziale Unterstützung und Förderung von Famili-en. Diese Leistungen erbringen sie vorwiegend im Rahmen Früher Hilfen. Es gibt jedoch auch andere Einsatzfelder und Hilfeformen, z. B. der Einsatz parallel zu einer Sozialpäda-gogischen Familienhilfe (SPFH). Diese Einsatzformen un-terliegen anderen fachlichen sowie gesetzlichen Rahmen-bedingungen und können an dieser Stelle nicht ausführlich erläutert werden.Die Weiterbildung zur Familienhebamme setzt eine abge-schlossene Ausbildung zur Hebamme voraus. Neben den charakteristischen Aufgaben einer Familienhebamme, wie sie nachfolgend dargestellt sind, basiert die Qualifizierung auf den dazugehörigen Kompetenzen (vgl. Kompetenzpro-fil Familienhebammen NZFH 2012). Bildungsschwerpunkte sind unter anderem: Beziehungs- und Kommunikationskom-petenz, Krisenmanagement, interdisziplinäre Zusammenar-beit, die Arbeit der Familienhebamme in der Praxis sowie handlungsorientiertes Lernen im Sinne der Selbstreflexion. Der Einsatz von FamHeb begann in den 1980er-Jahren in Bremen, um die Säuglingssterblichkeit zu reduzieren (vgl. Schneider, 2008). Mit den Modellprojekten Frühe Hilfen (2007) und dem Start der Bundesinitiative Frühe Hilfen (2012) entwickelte sich der Einsatz der FamHeb immer mehr
als Teil der Frühen Hilfen wie unter 3.1. dargestellt. Ein spe-zifisches Tätigkeitsmerkmal von Familienhebammen ist, dass sie neben gesundheitlichen Aspekten von Mutter und Kind auch psychosoziale Belange in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellen. Sie prüfen beispielsweise, ob die Gewichtszu-nahme eines Kindes normal verläuft und ob seine Ernährung und Pflege ausreichend sind. Aber auch mögliche Anzeichen für Erkrankungen der Mutter wie etwa eine Wochenbettde-pression können von Familienhebammen frühzeitig erkannt werden. Aufgrund ihrer Hebammenausbildung6 sind sie au-torisiert, das Kind und bei Bedarf auch die Mutter körperlich zu untersuchen. So sind das Wiegen des Kindes oder die Be-gutachtung des Nabels Teil der normalen Wochenbettbetreu-ung durch Hebammen. Familienhebammen können an den hohen Vertrauensvorschuss anknüpfen, den der Hebammen-beruf allgemein in der Gesellschaft genießt. Dies erleichtert ihnen den Zugang zu Familien mit besonderem Unterstüt-zungsbedarf im Kontext Früher Hilfen.Die charakteristischen Aufgaben der FamHeb in den Frühen Hilfen (sogenannte Handlungsanforderungen) sind im Kom-petenzprofil beschrieben (NZFH 2012, S. 15 ff):
Familienhebammen:
■ entwickeln und festigen eine professionelle Haltung als Familienhebamme.
■ setzen Strategien der Qualitätsentwicklung und Maßnah-men der Qualitätssicherung in ihrer Tätigkeit um.
■ unterstützen Mütter, Väter bzw. andere primäre Bezugs-personen bei der Versorgung und Gesundheitsförderung des Säuglings.
■ gehen auf die Entwicklung und Regulationsfertigkeiten des Säuglings ein und unterstützen entsprechend Mütter, Väter bzw. andere Bezugspersonen.
■ unterstützen Mütter, Väter oder andere primäre Bezugs-personen bei deren Gesunderhaltung.
5 In landesspezifischen Berufsverordnungen für Hebammen und Entbin- dungspfleger sind weitere Aufgaben beschrieben. Zum Beispiel ist die Aufklä-rung und Beratung in Sachen Familienplanung in der Berufsordnung für Hebam-men und Entbindungspfleger Nordrhein-Westfalen (HebBO NRW) verankert. 6 Viele an dieser Stelle und auch im weiteren Text genannte Aussagen be-ziehen sich nicht nur auf Familienhebammen, sondern generell auf Hebam-men. Dies erklärt sich daraus, dass die Familienhebammentätigkeit auf der von Hebammen aufbaut.
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■ gehen auf Belastungen der Mütter, Väter oder anderer Be-zugspersonen ein und unterstützen diese, ihre Ressourcen zu aktivieren.
■ unterstützen Mütter, Väter bzw. andere primäre Bezugs-personen bei der Beziehungsgestaltung zum Säugling.
■ kooperieren mit dem (öffentlichen) Auftraggeber. ■ arbeiten interdisziplinär und vernetzt und nehmen eine
Lotsinnenfunktion gegenüber der Familie ein. ■ nimmt Hinweise einer möglichen Gefährdung des Kin-
deswohls wahr und wird entsprechend ihrer/seiner Funk-tion aktiv.
Wie werden FGKiKP ausgebildet und welche Funktion, Rolle und Zuständigkeit haben sie in den Frühen Hilfen?Die Leistungen, die Gesundheits- und Kinderkrankenpfle-gerinnen und -pfleger in der stationären oder ambulanten Kinderkrankenpflege erbringen, leiten sich vom Pflegebe-darf (SGB XI) und der Erkrankung bzw. gesundheitlichen Situation eines Kindes (SGB V) ab. Sie beziehen sich explizit auf das Kind und werden deshalb auch nur als Leistungen für das Kind finanziert. Die Leistungen der Frühen Hilfen richten sich hingegen an die gesamte Familie. Dadurch ver-ändert sich der Fokus – Komplexität und Anforderungen an die Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin erhöhen sich. Erweiterte Kompetenzen sind daher erforderlich. Noch stärker als in der grundständigen Tätigkeit der Gesund-heits- und Kinderkrankenpflege ist die Tätigkeit der Fami-lien-Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen und
-pfleger (FGKiKP) in den Frühen Hilfen auf die Förderung von Kompetenzen der Eltern in der Versorgung ihrer Kinder ausgerichtet. Dazu zählt auch die Förderung der Gesundheit der Eltern, die Voraussetzung dafür ist, gut für ihre Kinder sorgen zu können. Dadurch verändert sich der Fokus und er-höhen sich die Komplexität und die Anforderungen an die Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin bzw. -pfleger. Sie benötigen dafür erweiterte Kompetenzen, die sie in einer Weiterbildung zur FGKiKP erwerben (siehe folgende Tabelle).
Die Weiterbildung7 zur FGKiKP setzt eine abgeschlossene Ausbildung zur Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin voraus, sie baut auf den Kompetenzen zur professionellen, auf die Gesundheit gerichteten, pflegerischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen und auf den Kompetenzen zur Unterstützung, Anleitung und Beratung der primären Bezugspersonen dieser Kinder und Jugendlichen auf.Beim Einsatz von FGKiKP in den Frühen Hilfen erweitert sich der Auftrag (im Gegensatz zum Einsatz als Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin bzw. -pfleger) auf die Sorge für die Gesundheit der ganzen Familie, in die ein Kind hinein- und in der es aufwächst. Dabei ist das Wissen und das Be-wusstsein darüber leitend, dass die Gesundheit, das seelische Wohlergehen der Eltern bzw. primären Bezugspersonen und ihre Kompetenzen ihr Kind zu pflegen und zu erziehen, die zentrale Voraussetzung dafür sind, dass sich ein Kind gesund entwickeln kann.
7 Zum Begriff Weiterbildung siehe unter »Kompetenzorientiertes Arbeiten in der Qualifizierung«, S. 5.
EBENE FOKUS ANSATZPUNKTE FÜR DIE ERMITTLUNG DES HILFEBEDARFS UND FÜR (GESUNDHEITS-)PFLEGERISCHE INTERVENTIONEN
1 Das (gesunde oder kranke) Kind als Familienmitglied
Familienmitglieder als unterstützende, pflegende Personen oder Subsysteme
2 Die Familie mit einem pflege- bzw. unterstützungsbedürftigen Kind
Kommunikationsprozesse, Interaktionen, Rollendefinitionen, Auf-gabenverteilung innerhalb der Familie und zwischen den Familien-mitgliedern, die sich auf die Gesundheit des Individuums und der Familie richten
3 Die Familie als System im Kontext anderer Systeme
Familiengesundheit und die Gesundheit des Kindes gleichermaßen aus systemischer Sicht
Quelle: Ansatzpunkte für die Familiengesundheits- und Kinderkrankenpflege in Anlehnung an Gehring u. a. 2001, S. 48f.
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Für die Arbeit auf der Ebene 1 bringen Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen und -pfleger aus ihrer primären Ausbildung und Berufserfahrung die erforderlichen Kom-petenzen mit. Für die Bewältigung von Anforderungen auf Ebene 2 und 3 ist eine zusätzliche Qualifizierung notwendig, die v. a. vernetztes und systemisches Denken und Handeln ausbildet.
Die Rollen einer FGKiKP lassen sich in Anlehnung an Han-son (2005, S. 12ff) folgendermaßen beschreiben: FGKiKP handeln in Abhängigkeit von der Situation mit ihren jewei-ligen Anforderungen als Gesundheitspädagogin und -päda-goge, als Koordinatorin und Verbindungsglied zwischen den unterschiedlichen Akteuren, als Ratgeberin bzw. Ratgeber sowie Beraterin und Berater, als Familienfürsprecherin bzw. -fürsprecher, als Rollenmodell und/oder als Informations-verarbeiter und -aufbereiter. Mit diesen Rollen gehen beim Einsatz in den Frühen Hilfen Handlungsanforderungen bzw. charakteristische Aufgaben einher, die im Kompetenzprofil des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen wie folgt formuliert sind (NZFH, 2014): Die/der Gesundheits- und Kinderkran-kenpfleger/in entwickelt und festigt ein berufliches Selbst-verständnis als FGKiKP in den Frühen Hilfen. Dabei gilt es, unterschiedliche Kompetenzen zu stärken. Diese sind nach-folgend in Anlehnung an das Kompetenzprofil FGKiKP for-muliert.
Die/der Familien-Gesundheits- und Kinderkranken-
pflegerin/-pfleger:
■ erkennt Ressourcen der Familie und stärkt diese. ■ erkennt Belastungen der Familie und unterstützt sie da-
bei, diese zu mindern. ■ unterstützt Mutter, Vater bzw. andere primäre Bezugsper-
sonen bei der Beziehungsgestaltung zum Säugling oder Kleinkind.
■ unterstützt Mutter, Vater bzw. andere primäre Bezugsper-sonen bei der Gesundheits- und Entwicklungsförderung des Säuglings oder Kleinkinds.
■ nimmt mögliche Hinweise einer Gefährdung des Kindes-wohls wahr und wird entsprechend ihrer/seiner Funktion aktiv.
■ arbeitet interdisziplinär und vernetzt und nimmt eine Funktion als Lotsin bzw. Lotse gegenüber der Familie ein.
■ kooperiert mit dem (öffentlichen) Auftraggeber. ■ setzt Strategien der Qualitätsentwicklung und Maßnah-
men der Qualitätssicherung in ihrer/seiner Funktion um.
Was sind die Gemeinsamkeiten der FamHeb und der FGKiKP?Die Kernaufgabe der FamHeb und FGKiKP in den Frühen Hilfen besteht darin, die Eltern mittels professioneller Bera-tungskompetenz bei der Gesunderhaltung des Säuglings zu unterstützen. Dabei arbeiten sie mit anderen Professionen zusammen, um Eltern ggf. anzuregen, andere Hilfen oder therapeutische Behandlung in Anspruch zu nehmen. Sie un-terliegen der Schweigepflicht und beachten den Datenschutz im Rahmen der für sie geltenden gesetzlichen Bestimmun-gen. FamHeb und FGKiKP sind als Akteure in das Versor-gungskonzept der Frühen Hilfen eingebunden. Zentrale Merkmale der FamHeb und FGKiKP sind die aktive fachli-che Begleitung und Beratung junger Familien mit erhöhtem Unterstützungs- und/oder Förderbedarf.
Die Arbeit der FamHeb und FGKiKP zeichnet sich vor allem durch den direkten Zugang zu den Themen Körper, Gesund-heit und Interaktion aus. Untersuchungen, Pflegehandlun-gen oder die Anleitung zum Umgang mit dem Säugling bzw. Kleinkind ermöglichen eine unmittelbare Herangehenswei-se, die mit wenigen Worten auskommen kann. Den Famili-en liegt der praktische Zugang zum Thema Gesundheit sehr nahe und sie können von konkreten Beobachtungen und Anleitungen profitieren. Im Folgenden wird auf die Kernauf-gaben der FamHeb und FGKiKP in den Frühen Hilfen im Einzelnen eingegangen:
Bei einem Großteil der zuvor aufgeführten charakteristi-schen Aufgaben gibt es große Überschneidungen zwischen FamHeb und FGKiKP. Im Vergleich zu den FamHeb haben FGKiKP aber ausgeprägtere Kompetenzen und Erfahrungen in der Pflege von Kindern mit einer Behinderung, chroni-schen Erkrankungen und mit Frühgeborenen. Gerade diese Kinder stellen besondere Fürsorgeanforderungen an ihre primären Bezugspersonen, die zu einer Be- oder Überlas-tung führen können. Die Belastungen können Auslöser für die Inanspruchnahme oder für ein Angebot von Leistungen aus den Frühen Hilfen darstellen. Eine FGKiKP hat dann die Aufgabe, über ein ressourcenorientiertes Vorgehen die Selbstwirksamkeit der primären Bezugspersonen zu stärken und über die Koordinierung verschiedener Hilfsangebote die Familie zu festigen.Ein zweiter Unterschied zwischen FamHeb und FGKiKP liegt darin, dass die Familienhebamme in ihrem Grundbe-ruf als Hebamme den Auftrag und die Kompetenz hat, auch das Wohlbefinden und die Gesundheit der Mutter im Blick zu haben und zu stärken. Insbesondere die Verarbeitung des
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Geburtserlebnisses, die Heilung der Geburtswege, die Stär-kung des Beckenbodens und die Stillgesundheit sind hier zu berücksichtigen. Die Tatsache, dass alle Frauen Anspruch auf Hebammenhilfe haben, erleichtert es den richtigen Zeit-punkt für weitere Unterstützung und Förderung zu erkennen und ermöglicht einen nicht-stigmatisierenden Zugang der Familien zu einer Familienhebamme.
Wo liegen die Grenzen des Einsatzes von FamHeb und FGKiKP?Die Arbeit der FamHeb und FGKiKP ist gekennzeichnet durch die Zusammenarbeit mit den verschiedensten Akteu-ren in den Frühen Hilfen. Umso wichtiger ist es, dass sie sich ihrer Verantwortung bewusst sind, ihre Möglichkeiten, aber auch ihre Grenzen kennen. Dies bedeutet: ■ FamHeb und FGKiKP leiten Eltern eines Kindes mit Regu-
lationsschwierigkeiten an und fördern die Eltern-Kind-In-teraktion, vor allem die Feinfühligkeit der Eltern. Die Erwartung an FamHeb und FGKiKP ist nicht, Regulati-onsstörungen oder Bindungsverhalten zu diagnostizieren oder eine therapeutische Förderung anzubieten. FamHeb und FGKiKP vermitteln die Familien bei Regulationsstö-rungen bzw. Problemen in der Eltern-Kind-Interaktion zu spezifischen Fachkräften.
■ Die Arbeit der FamHeb und FGKiKP unterscheidet sich von der Sozialpädagogischen Familienhilfe (SPFH) da-durch, dass sie keine allgemeine erzieherische Perspektive einnimmt, sondern eine vorrangig gesundheitspädagogi-
sche und entwicklungsfördernde. Fachkräfte in der SPFH haben in den allermeisten Fällen einen (sozial-)pädagogi-schen Hintergrund und Grundberuf (vgl. BMFSFJ 2006, S. 94f.). Sie haben zum einen Aufgaben und Kompetenzen bei der Mobilisierung außerfamiliärer Ressourcen (Sozi-alhilfe, Hilfe zum Lebensunterhalt, Vermittlung günstiger Einkaufsmöglichkeiten, Unterstützung in Sorgerechtsan-gelegenheiten, Unterstützung bei Wohnungsproblemen u.v.m.). Außerdem kümmern sie sich um die Stabilisierung des Familienalltags und die Stärkung der Erziehungs-kompetenzen der Eltern von Kindern aller Altersstufen. FamHeb und FGKiKP können gleichzeitig mit einer SPFH eine Familie betreuen und sich in ihren Aufgaben sinnvoll ergänzen (vgl. ebd., S. 98f.). Eine solche Form der Hilfe fin-det jedoch nicht im Rahmen Früher Hilfen statt, sondern unterliegt den fachlichen und gesetzlichen Vorgaben einer ambulanten Hilfe zur Erziehung.
■ FamHeb und FGKiKP haben keinen Kontrollauftrag zur Sicherstellung des Kindeswohls bei einem manifesten Er-ziehungsdefizit der Eltern oder bei Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung. Nur in Ausnahmefällen und unter besonderen fachlichen und gesetzlichen Rah-menbedingungen können sie ihre Leistungen begleitend zu anderen Maßnahmen in solchen Fällen fortführen. Die Federführung für den Kinderschutz obliegt in diesen Si-tuationen aber immer bei dem Fallverantwortlichen im Jugendamt.
Zentrale Fragen ■ Wie unterscheidet sich die Tätigkeit im Grundberuf von der Tätigkeit als FamHeb und FGKiKP? ■ Wie lässt sich die Tätigkeit von anderen Fachkräften abgrenzen? ■ Was ist die große Schnittmenge zwischen beiden Berufsgruppen? ■ Gibt es ein »Alleinstellungsmerkmal«, aus dem heraus das multidisziplinäre Arbeiten stattfindet? ■ Was sind interne und externe Erwartungen?
SELBSTFÜRSORGE UND STRESS-BEWÄLTIGUNGSelbstfürsorge meint, die eigene Befindlichkeit wahrzuneh-men und fürsorglich auf die eigenen Gefühle und Bedürfnis-se einzugehen. Voraussetzung dafür ist, den eigenen physi-schen und psychischen Zustand rechtzeitig zu registrieren und im eigenen Interesse zu korrigieren. Selbstfürsorge der Fachkräfte kommt auch den Familien zugute, da dadurch Resonanzfähigkeit, Offenheit, Tatkraft, Geduld, Freude und Interesse an der Arbeit erhalten bleiben. Vor allem angeneh-me Gefühle tragen zu Energie, Entspannung und Motivation bei. Mögliche Strategien der Selbstfürsorge sind beispielswei-
se Gelassenheit entwickeln, Aufgaben priorisieren, die eigene Arbeit anerkennen und Erfolge wertschätzen sowie kurze Pausen nutzen, um sich mit den eigenen Gefühlen und Be-dürfnissen zu verbinden. Da sich die Frühen Hilfen und damit die Tätigkeit der FamHeb und FGKiKP in einem Entwicklungsprozess be-finden, entstehen mancherorts Unklarheiten und Diffusität. So wird in diesem Text auf ganz spezifische Situationen in den Frühen Hilfen bzw. in der Tätigkeit von FamHeb und FGKiKP eingegangen, welche Stresserleben auslösen können:
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Unklarheiten in der Vernetzung und Kooperation, wahrge-nommene Probleme in der Familie, Aktivierung bzw. Ak-tualisierung von eigenen biografischen Erfahrungen und Stressempfinden durch hohe Ansprüche.
Stresserleben durch Unklarheiten in der Kooperation und Vernetzung ■ Unklarheiten können zum Beispiel zu Beginn der Hilfe
bestehen: Wer gibt FamHeb bzw. FGKiKP den Arbeits-auftrag? Sie sich selbst? Ausschließlich die Familie? Sind FamHeb und FGKiKP Teil eines größeren Hilfearrange-ments, in dem verschiedene Fachkräfte mit der Familie zusammenarbeiten?
■ Darüber hinaus können fachliche Unsicherheiten entste-hen, wenn der Unterstützungs- und Förderbedarf der Fa-milie durch den Einsatz von FamHeb oder FGKiKP nicht gedeckt werden kann, diese Einschätzung jedoch nicht von anderen Fachkräften geteilt wird: Wie kann mit fach-lichen Konflikten und beruflichen Dilemmasituationen umgegangen werden? Wie kann es konstruktiv möglich sein, den Fall an den öffentlichen Auftraggeber zurückzu-geben oder eine weitere Hilfe zu initiieren?
■ Wenn mehrere Fachkräfte mit der Familie zusammen-arbeiten, stellt sich die Frage, wie die verschiedenen Auf-gaben miteinander abgestimmt werden können. Dazu braucht es Kenntnis darüber, welche fallübergreifenden Absprachen gelten und wie diese im Einzelfall miteinan-der abgestimmt und gleichzeitig Schweigepflicht und Da-tenschutz geachtet werden.
Stresserleben durch wahrgenommene Probleme in der FamilieFamHeb und FGKiKP arbeiten aufsuchend und in engem Kontakt mit der Familie. Zudem erstreckt sich die Zusam-menarbeit mit der Familie häufig über einen längeren Zeit-raum. Dadurch erhalten FamHeb und FGKiKP zwangsläufig mehr Informationen von und über die Familie als sie fachlich in ihre Arbeit einbeziehen können. Daraus kann sich die Fra-ge ergeben, was davon den Eltern gegenüber angesprochen bzw. was aktiv mit der Familie bearbeitet werden soll. Feh-lende Klarheit in dieser Frage kann bei einer Vielzahl von Themen Stress erzeugen. Wichtig ist deshalb zu wissen, wo Ansprechpartnerinnen und -partner zu finden sind und wie ein fachlicher Austausch und kollegiale Beratung (unter Ein-haltung der Schweigepflicht und Datenschutzbestimmun-gen) aussehen kann. Dies kann zu Sicherheit und Psychohy-giene beitragen.
Aktualisierung eigener biografischer ErfahrungenTraumatische Erlebnisse der zu betreuenden Familie oder deren Familiendynamik und -konstellation können biogra-fische Erfahrungen der FamHeb und FGKiKP berühren und aktualisieren. Dies kann Ohnmachtsgefühle oder Projekti-onen bei den Fachkräften auslösen, die das eigene fachliche Handeln erschweren, da unreflektierte Vorannahmen in die Zusammenarbeit einfließen. Hier ist es notwendig, die eige-nen biografischen Erfahrungen und deren Auswirkung auf Interaktionsmuster und Werte zu verstehen. Gezielte Fort-bildungen und Supervision in Anspruch nehmen kann eine geeignete Strategie dafür sein.
Stressempfinden durch hohe AnsprücheEin weiterer wichtiger Aspekt betrifft die Anspruchshaltung an sich und an andere. Druck, Unzufriedenheit, das Gefühl der Überforderung und ein angegriffenes Selbstverständnis sind zum großen Teil darauf zurückzuführen. Dies drückt sich in drei Richtungen aus: überhöhte Ansprüche an die ei-gene Person, an die Familien und an die zur Verfügung ste-henden Ressourcen. ■ Überhöhte Ansprüche an die eigene Person: Unrealisti-
sche Forderungen an sich selbst, was man alles können müsste und zu leisten hätte, kann zu Enttäuschung, Un-zufriedenheit und Frustration führen.
■ Überhöhte Erwartungen an die Familien, z. B. bei schlech-ter Zielanpassung an weniger motivierte Eltern. Dies kann zu Enttäuschungen sowohl bei den Fachkräften als auch bei den Familien beitragen.
■ Überhöhte Ansprüche an die zur Verfügung stehenden äußeren Ressourcen und die tatsächlichen Hilfsmöglich-keiten. Der erwartete Handlungsspielraum steht dann in einer Diskrepanz zu dem tatsächlichen Handlungsspiel-raum.
Beispiele für Strategien der Selbstfürsorge ■ Umwandlung vom Auftrag in eigene Aufgaben: Bei Tätig-
keiten mit einem hohen Anforderungsprofil ist die Unter-scheidung zwischen »Auftrag« und »Aufgabe« hilfreich. Sie ermöglicht, den eigenen Anspruch an die tatsächlichen Möglichkeiten anzupassen. Als »Auftrag« bezeichnen wir die Erwartungen anderer Akteure wie etwa Mütter, Fa-milien, Kolleginnen und Kollegen, Vorgesetzte, Finanz-geber, Netzwerkpartnerinnen und -partner usw. Er sollte reflektiert und so verändert werden, dass er an die eigenen Möglichkeiten (Zeit, Kraft, Fähigkeiten) angepasst wird. Erst recht, wenn Überforderung droht oder auch mehrere
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Auftraggeber beteiligt sind. Bei der Definition von Aufga-ben wird aus einem »ich muss«, ein »ich soll«, dann »Was will ich?«, »Was kann ich?«, »Was ist mir möglich?«. So entsteht eine machbare, abschließbare Arbeitsaufgabe mit einer ausgewogenen Kräftebilanz zwischen der zur Verfü-gung stehenden Energie und den »Kosten« der Arbeit. So können eigene Ziele erreicht werden. Das geht einher mit Zufriedenheiten und fördert die Erhaltung der Gesund-heit. (Hoffmann u.a, 2008, 2012).
■ Von nicht hundertprozentig lösbaren Problemen der Mut-ter/Familie /Kind abschalten: Hier hilft es, sich die eige-nen subjektiven Hilfsmöglichkeiten und Grenzen vor Au-gen zu halten. Oft kann nur ein Teil der Probleme gelöst werden, ein Teil kann delegiert werden an andere Institu-tionen, der übriggebliebene Teil sollte nicht mehr als (lös-bares) Problem angesehen werden, sondern als bestehende Tatsache und ganz bewusst mit den Worten abgeschlos-sen werden: »Ich kann nicht alles tun, das akzeptiere ich
jetzt voll und ganz, ich erlaube mir das!« oder »Es ist nicht alles in meiner Verantwortung, ich darf den Druck und die Traurigkeit abgeben.« Auch interkollegialer Austausch kann beim Umgang mit unlösbaren oder übrig gebliebe-nen Schwierigkeiten helfen.
Oft werden durch das erforderlich anhaltende Mitgefühl im Kontakt mit Menschen in belastenden Situationen ganz auto-matisch eigene Ängste, Ärger, höhere Anspannung und Trau-er aktiviert (»emotionale Ansteckung«). Sie können zeitlich nachwirken und in einem Zustand der Ermüdung enden. Der Gefühlsaufwand, der abverlangt wird, ist oft hoch. Es werden im Umgang mit Problemen große Anforderungen gestellt an die eigene Aufmerksamkeits- und Handlungsflexibilität. Diese erlauben es, komplexe oder schwierige Situationen rasch zu überschauen und einzuordnen, um dann lösungso-rientiert zu planen und zu handeln. Das ist umso schwieriger, je emotional aufgeladener oder ermüdeter die Fachkraft ist.
4 MATERIAL UND LITERATUR
MaterialhinweiseNZFH Nationales Zentrum Frühe Hilfen (Hrsg.) (2014): Guter Start
in die Familie: Frühe Hilfen verstehen und verwirklichen. DVD
(139 Min.) und Begleitbroschüre (108. S.). Köln. NZFH
NZFH Nationales Zentrum Fühe Hilfen (Hrsg.) (2013): NEST: Ma-
terial für Frühe Hilfen. Köln: NZFH
Linkswww.fruehehilfen.de
www.hebammenverband.de/familie/familienhebammen-frue-
he-hilfen/ (02.09.2014)
LiteraturhinweiseBoente, Britta (2012): Identifizierung von Belastungsfaktoren im
psychosozialen Kontext berufserfahrender Hebammen. Un-
veröffentlichte Bachelorarbeit. Katholische Hochschule Nord-
rhein-Westfalen
Franzkowiak, Peter (2008): Prävention im Gesundheitswesen – Sys-
tematik, Ziele, Handlungsfelder und die Position der Sozialen
Arbeit. In: Hensen, G./Hensen, (Hrsg.), Gesundheitswesen und
Sozialstaat. Wiesbaden (VS). S. 192-219
Hafen, Martin (2012): »Better Together« - Prävention durch Frühe
Förderung. Präventionstheoretische Verortung der Förderung
von Kindern zwischen 0 und 4 Jahren. Graphisch neu gestaltete,
inhaltlich unveränderte Version des Schlussberichtes zuhanden
des Bundesamtes für Gesundheit. Luzern: Hochschule Luzern
- Soziale Arbeit.
NZFH Nationales Zentrum Frühe Hilfen (Hrsg.) (2012): Der Ein-
satz von Familienhebammen in Netzwerken Früher Hilfen.
Köln: NZFH
NZFH Nationales Zentrum Frühe Hilfen (Hrsg.) (2014): Leitbild
Frühe Hilfen. Beitrag des NZFH-Beirats. Köln: NZFH
Sann, Alexandra/Gene, Raimund/Paul, Mechthild (2013): Frühe
Hilfen - Ein neues Handlungsfeld zur Stärkung von Kindern
und Familien. In: Gene, Raimund/Höppner, Claudia/Leh-
mann, Frank (Hrsg.): Kinder stark machen: Ressourcen, Resi-
lienz, Respekt. Ein multidisziplinäres Arbeitsbuch zur Kinder-
gesundheit.
Schröder, Julia/Zeller, Maren/Rettig, Hanna (2014): Familienheb-
ammen als professionelle Grenzarbeiterinnen? In: Sozialmaga-
zin, 7-8 2014. Weinheim: Beltz Juventa, S. 62-69
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LiteraturverzeichnisBender, Doris & Lösel, Friedrich (2000). Risiko- und Schutzfaktoren
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lässigung. In: Egle Ulrich T., Hoffmann Sven O., Joraschky Peter
(Hrsg.) Sexueller Mißbrauch, Mißhandlung, Vernachlässigung. Er-
kennung und Therapie psychischer und psychosomatischer Folgen
früher Traumatisierungen. Stuttgart: Schattauer. S. 40-56
BeKD Berufsverband Kinderkrankenpflege Deutschland e. V. (Hrsg.)
(2009): Gesundheits- und Kinderkrankenpflege sichert Kinderge-
sundheit. Positionspapier zum Beitrag der Gesundheits- und Kin-
derkrankenpflege zur Gesundheitsförderung und Prävention von
Gesundheitsrisiken im Kindes- und Jugendalter. Hannover
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182. Stuttgart: Kohlhammer Verlag.
http://www.bmfsf j.de/RedaktionBMFSFJ/Broschuerenstelle/
Pdf-Anlagen/SR-Band-182-Sozialp_C3_A4dagogische-FH.proper-
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22.08.2014)
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2012):
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und Familenhebammen2012-2015.
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SEMINARPLANUNG Margot RefleChristiane VoigtländerIrene Ebert
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1 METHODISCH-DIDAKTISCHE SCHWERPUNKTE DES MODULS
In diesem Abschnitt werden exemplarische Gestaltungsele-mente des methodischen-didaktischen Handelns erläutert. Sie finden Hinweise, welche Leitlinien der kompetenzori-entierten Seminargestaltung im Seminarleitfaden schwer-punktmäßig aufgegriffen werden. Auch wenn Sie mit einem eigenen Seminarleitfaden arbeiten oder nur einzelne Einhei-ten übernehmen, können diese Hinweise eine Anregung sein.
TeilnehmendenorientierungDie Erwartungen, Vorerfahrungen und Fragen der Teilneh-menden sind Basis für die methodisch-didaktische Ausge-staltung der Gesamtqualifizierung und des Moduls. Wenn Sie die Möglichkeit haben, können Sie vor Beginn der Qua-lifizierung eine Erwartungsabfrage durchführen, deren Er-gebnisse in Ihre Planung und auch in die Vorstellung der Qualifizierung mit einfließen können. Spezifisch zu Modul 1 erfolgt dann am ersten Tag noch eine kurze Erwartungsab-
frage, anhand der Sie überprüfen können, ob Ihre Planung zum Modul und zur Gruppe der Teilnehmenden passt. Dazu dienen auch die Reflexionsfragen für die Kursleitung im Seminarleitfaden und für die Rückmelde- bzw. Auswer-
tungsrunden zum Abschluss des Tagesprogramms oder zum Seminarende. Im Sinne der Teilnehmendenorientierung werden außerdem immer wieder Erfahrungen von Teilneh-menden aufgegriffen und es wird an Vorwissen angeknüpft.
Gestaltung der AnfangssituationIn Modul 1 gilt es, die Anfangssituation der Gesamtqualifi-zierung auszugestalten. Sie hat einen hohen methodisch-di-daktischen Stellenwert. Folgende Elemente werden eingesetzt:Die Teilnehmenden erhalten in einem Input Orientierung
über den Aufbau, die Inhalte und die Struktur der Qua-
lifizierung. Sie können dadurch Bezüge zu ihren Fragestel-lungen und ihrem individuellen Lernprozess herstellen. Sie als Kursleitung finden im Seminarleitfaden zu jeder Einheit im Seminar einen entsprechenden Hinweis, so dass Sie auch im Verlauf der Veranstaltung immer wieder Hinweise geben können, wo die Lerngruppe steht.Das Miteinander in der Gruppe wird grundgelegt. Zent-rale Momente hierfür sind das Kennenlernen der Teilneh-menden und der Kursleitung, der Vertrauensaufbau und die Einführung von Abläufen und Regeln des Miteinanders mit dem Ziel der Bildung einer sich respektierenden Lerngruppe. Nicht nur am Anfang, sondern über das gesamte Modul hin-weg finden Sie dazu methodische Anregungen.
Der Prozess des Anfangs im Seminar kann als Parallel-
prozess zur Gestaltung der Anfangssituation im Mit-
einander mit den Familien in der beruflichen Praxis der FamHeb und FGKiKP gesehen werden. Er ermöglicht mo-dellhaftes Lernen. Die Teilnehmenden erleben in der Quali-fizierung durch eine »Kultur des Willkommens« Haltungen, Verhaltensweisen und Methoden, die ebenso für die Arbeit mit Familien von Bedeutung und damit handlungsleitend sein können. Das einladende, respektvolle und interessierte Auftreten seitens der Kursleitung ist in diesem Prozess von hoher Wichtigkeit.
Eigenverantwortung für den Lernprozess und Aneignung von Lernstrategien Zu Beginn der Qualifizierung erfolgt die Einführung in die Arbeitsweisen des kompetenzorientierten Lernens, in deren Kontext auch die Klärung der Kursleitungsrolle als Beglei-tung im Lernprozess erfolgt. Dazu gehört insbesondere die Übernahme der Verantwortung für den eigenen Lernprozess und die Ermutigung, die persönlichen Lernstrategien weiter-zuentwickeln. Die Stärkung der Eigenverantwortlichkeit
der Lernenden für ihren Lernprozess wird insbesondere durch die Einführung des Lerntagebuchs gestützt, mit dem an verschiedenen Stellen im Modul gearbeitet wird.
Professionsübergreifendes Miteinander in der QualifizierungWird die Qualifizierung interdisziplinär für FamHeb und FGKiKP durchgeführt, ist ein besonderes Augenmerk auf das Miteinander der beiden Berufsgruppen zu richten. In Modul 1 werden am ersten Tag im Sinne einer Binnendifferenzie-
rung die grundständigen Aufgaben der Professionen und am zweiten Tag die Aufgaben von FamHeb und FGKiKP in berufshomogenen Gruppen erarbeitet. Das jeweils anschlie-ßende berufsheterogene Plenum und der Bericht aus der Pra-xis durch FamHeb und FGKiKP bieten die Möglichkeit, dass sich die Teilnehmenden in ihren Professionen wertschätzen, die Ähnlichkeiten genauso wie die Unterschiede ihrer Auf-gabenbereiche wahrnehmen und gegenseitig Ressourcen be-züglich ihrer Kompetenzen entdecken. Je nach Aufgabenstel-lung wird es im weiteren Verlauf der Module immer wieder bewusst eingesetzte berufshomogene oder berufsheterogene Kleingruppen geben.
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Biografische Reflexion im Hinblick auf den beruflichen WerdegangDas Thema »Aufgaben und Rollen« ist eng verbunden mit der Frage nach dem beruflichen Werdegang und der eigenen beruflichen Identität. Deshalb ist es bedeutsam, die eigene (berufliche) Biografie in diesem Modul zu reflektieren. Dem Einsatz von Methoden zur biografischen Reflexion kommt dabei eine zentrale Rolle zu. Da es sich um das erste Modul handelt, sollte die Kursleitung hier sehr sorgsam vorgehen
und bei dieser noch sehr »frischen« Gruppe auf den Tiefen-
grad des biografischen Arbeitens achten. Entsprechende Hinweise finden Sie in der Methodensammlung unter Bio-grafiearbeit.
Aneignung von Wissen durch aktives Lernen Das Modul enthält unterschiedliche methodische Anregun-gen für die Auseinandersetzung mit Inhalten und die An-eignung von Wissen. Es gibt kreativ-gestalterische, kom-
munikative, assoziative und körperorientierte Einheiten. Wissen über das Tätigkeitsfeld der FamHeb und FGKiKP wird beispielsweise anhand der Methode »Figur-Gestaltung« angereichert. Neben einem Input am ersten Nachmittag sind Kurzinputs in Plenumsgespräche eingebettet. Mittels Texten und der Methode »Lebendes Bild« erarbeiten sich die Teilneh-menden intensiv zentrale Arbeitsansätze der Frühen Hilfen.
Die Brücke in die Praxis schlagenBereits zu Beginn, in der Vorstellung der Qualifizierung, werden Praxisaufgaben und Intervisionsgruppen als Teil des Lernprozesses zur Unterstützung des Theorie-Praxis-Trans-fers eingeführt (vgl. Methodenblätter). An verschiedenen Stellen im Modul werden Praxiserfahrungen der Teilneh-
menden aufgegriffen. Eine Begegnung mit praxiserfah-
renen Menschen findet im Rahmen des Expertinnen- und Expertengesprächs am zweiten Seminartag statt. Im Sinne eines konkreten Lebensweltbezugs werden eine erfahrene FamHeb und eine/ein erfahrene/r FGKiKP in das Seminar eingeladen. Sollte die Kursleitung selbst aus dem Berufsfeld FamHeb oder FGKiKP kommen, ist es dennoch empfeh-lenswert, eine Kollegin/einen Kollegen einzuladen, um Rol-lenunklarheiten zu vermeiden.Eine weitere Brücke in die Praxis stellt die Einheit »Das ei-gene Arbeitsfeld kommunizieren« mit einer handlungsorien-tierten Übung zur Kommunikationsfähigkeit dar. Hier wird durch die simulierte Realität eine praxisanaloge Situation
geschaffen, in der die Handlungskompetenz gestärkt wird.Am Schluss des Moduls rückt der Praxistransfer noch ein-mal bewusst in den Blick, in dem unter anderem die Praxis-aufgaben konkretisiert werden. Als Aufgabe bietet sich bspw. an, das regionale Konzept Früher Hilfen recherchieren zu las-sen oder eine Beobachtungsaufgabe zur ressourcenorientier-ten Arbeit mit Familien zu stellen. Entsprechende Hinweise finden Sie in der Methodensammlung bei Praxisaufgabe.
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TAG 1 TAG 2 TAG 3
09:00 bis 16:45 Uhr 09:00 bis 16:30 Uhr 09:00 bis 16:30 Uhr
■ Kennenlernen der Teilnehmenden ■ Einführung in die Ziele, Inhalte,
Arbeitsweisen und das Lernver-ständnis der Qualifizierung
■ Auseinandersetzung mit der eige-nen Biografie
■ Auseinandersetzung mit der beruf-lichen Weiterentwicklung und dem eigenen Tätigkeitsfeld als FamHeb/FGKiKP
■ Auseinandersetzung mit den eigenen (Sub-)Rollen als FamHeb/FGKiKP
■ Belastungen von Familien im Tätig-keitsfeld Frühe Hilfen
■ Entlastungsmöglichkeiten und Ressourcen von Familien
MITTAGSPAUSE
■ Auseinandersetzung mit dem eigenen Tätigkeits- und Berufsbild als Hebamme/Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin/ -pfleger
■ Grundverständnis »Frühe Hilfen«
■ Erfahrene FamHeb/FGKiKP berich-ten aus ihrer Praxis
■ Erarbeitung zentraler Arbeitsprin-zipien
■ Persönliche Herausforderungen im Tätigkeitsfeld und Einführung zum Thema Selbstfürsorge
■ Kommunikationsfähigkeit bzgl. des eigenen Arbeitsfeldes
Unterschiedliche Zugänge zum Thema Selbstfürsorge Der Seminarleitfaden enthält Anregungen für unterschiedli-che Zugänge zum Thema Selbstfürsorge in einem überschau-baren Zeitrahmen. Ein kurzer ressourcenorientierter
Einstieg ruft stärkende Erfahrungen in herausfordernden Situationen in Erinnerung. Die Weiterarbeit bietet einen eher gestalterisch-kreativen Zugang zu unterschiedlich her-ausfordernden Situationen der eigenen Praxis an. An einen Erfahrungsaustausch schließen sich eine kommunikative
Erarbeitungsphase und ein Kurzinput an. Selbstfürsorge muss immer wieder bewusst thematisiert werden, der Ein-trag in die persönlichen Lerntagebücher ist eine Transferan-
regung. Eine abschließende körperorientierte Methode
verdeutlicht die Bedeutung von Entspannung und rückt den eigenen Körper als wichtige Ressource für die Arbeit in den Blick.
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48 | MODUL 1
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MODUL 1 | 49
© Nationales Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) und Felsenweg-Institut der Karl Kübel Stiftung für Kind und Familie
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© Nationales Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) und Felsenweg-Institut der Karl Kübel Stiftung für Kind und Familie
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IMPRESSUM
Herausgeber:Nationales Zentrum Frühe Hilfen (NZFH)in der Bundeszentrale für gesundheitliche AufklärungOstmerheimer Straße 22051109 KölnTelefon: 0221 8992 0www.bzga.dewww.fruehehilfen.de
Konzeption, Entwicklung und Redaktion,verantwortlich für den Inhalt:Felsenweg-Institut der Karl Kübel Stiftung:Margot Refle, Christiane VoigtländerStraße des 17. Juni 2501257 DresdenTelefon 0351 21687 0www.felsenweginstitut.de
Nationales Zentrum Frühe Hilfen:Eva Sandner, Michael Hahn
Gestaltung:AGENTUR KAPPA GmbH, Halle (Saale)
Satz:Felsenweg-Institut der Karl Kübel Stiftung: Lydia Döring
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