Auf die Plätze, fertig –
Aussaat!
Das ist für die Aussaat wichtig. Wir verraten Ihnen, wie aus Samen kräftige Jungpflanzen heranwachsen und nehmen Fachbegriffe wie Auflaufen, Pikieren oder Kaltkeimer einmal genauer unter die Lupe.
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Kennen Sie ihn auch, den Kaufrausch im Garten
center? Eigentlich wollte man nur eine Garten
schere kaufen, um die verwelkten Blütenreste
professionell von Narzissen und Tulpen zu entfer
nen – immerhin ist bereits April. Vor dem Betreten
des Gartencenters werden noch einmal die guten
Vorsätze in Erinnerung gerufen. Gezielt steuert
man auf die Gartenscheren zu. Doch dann türmt
sich vor einem das riesige Regal mit den Samen
tütchen auf, an dem man einfach nicht vorbei
kommt. Minigurken, Zitronenbasilikum usw.
Schließlich findet man sich an der Kasse wieder
mit einem Sack voll Samentütchen, Anzuchterde
und Töpfen. Während man voller Vorfreude alles
im Auto verstaut, kommt man wieder zur Besin
nung und stellt fest, dass die Gartenschere fehlt.
Egal, ab nach Hause und aussäen! Zuerst alles
bereitstellen, die spezielle Anzuchterde, Pflanz
gefäße, Pflanzschilder, einen angespitzten Blei
stift, eine Gießkanne mit Brausekopf, Plastikfolie
(Frischhaltefolie), Tonscherben, eine Pflanzschau
fel und natürlich die Samentüten. Wenn tiefe Scha
len oder Töpfe verwendet werden, ist es ratsam,
zuvor Tonscherben auf den Boden der Töpfe bzw.
über die Abzugslöcher zu legen oder etwas groben
Kies einzufüllen. Dies sorgt für einen besseren
Wasserabzug. Keimlinge und junge Pflänzchen
sind sehr empfindlich gegenüber Dünge
salzen und bodenbürtigen Krankheitser
regern. Für die Jungpflanzenanzucht
sollte daher nur spezielle Aussaaterde
verwendet werden. Diese bekommen
Sie im Gartencenter bzw. Baumarkt oder stellen
sie selbst her. Einfach je ein Drittel verrotteten
Kompost, Sand und Torf mischen und danach eine
halbe Stunde im Backofen bei einer Temperatur
von 200 °C sterilisieren. Wichtig ist, dass die Erde
keimfrei, ungedüngt, locker und gut durchlüftet
ist. Nach dem Befüllen der Aussaatgefäße die Erde
glatt streichen und mit einem Holzstempel oder
der Hand leicht andrücken. Die Saattiefe richtet
sich immer nach der jeweiligen Pflanzenart. Dun
kelkeimer keimen nur unter Ausschluss von Licht,
d.h. die Samen müssen nach dem Aufstreuen mit
Erde bedeckt bzw. einige Zentimeter tief in den
Boden gedrückt werden. Sogenannte Lichtkei
mer (z.B. Basilikum, Lavendel, Kopfsalat, Sellerie)
benötigen hingegen Helligkeit zum Keimen. Das
Saatgut wird aus diesem Grund nur auf die Aus
saaterde gestreut und leicht angedrückt, damit
die Samen festen Bodenkontakt haben. Nach dem
Säen vorsichtig mit dem Brausekopf angießen.
Die Anzuchtgefäße können (außer bei Lichtkei
mern) bis zum Auflaufen der Saat (d.h. bis die Saat
gekeimt ist, und die Pflänzchen sichtbar werden)
unter der Heizung stehen, denn sie benötigen
im Moment nur Wärme und Feuchtigkeit. Das
Abdecken der Gefäße mit Frischhaltefolie erhöht
die Luftfeuchtigkeit. Nach erfolgter Keimung
Um den Keimlingen optimale Startbedingungen zu geben, sollten Sie das Saatgut dünn und gleichmäßig aussäen. Die korrekte Saattiefe hängt von der Pflanzenart ab.
Damit die Keimlinge festen Bodenkontakt erhalten, wird die Aussaaterde leicht mit dem Handballen angedrückt.
Die Saat anschließend vorsichtig angießen.
Nach der Keimung werden die Pflänzchen an einem möglichst hellen, jedoch nicht sonnigen Platz aufgestellt, dass sich kräftige Jungpflanzen entwickeln.
Zuerst alles bereitstellen, die spezielle Anzuchterde, Pflanzgefäße, Pflanzschilder, einen angespitzten Bleistift, eine Gießkanne mit Brausekopf
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Sobald die ersten Laubblätter erscheinen, werden die
kräftigsten Pflänzchen pikiert.
Nach den Eisheiligen können die vorher gut abgehärteten Jungpflanzen ins Freiland ausgepflanzt werden.
Was sind Kaltkeimer
und warum müssen sie stratifiziert werden?
Kaltkeimer sind Pflanzen, die meist aus winterkalten Gegenden stammen und eine
dickere und härtere Samenschale haben. Die Samen dieser Pflanzen benötigen eine
Kältephase, um zu keimen, denn erst durch niedrige Temperaturen werden die keim
hemmenden Substanzen im Samen abgebaut. Die erforderliche winterliche Kälte
periode kann man einfach simulieren, indem man die Samen für 1 bis 3 Wochen (der
genaue Zeitraum ist auf dem Samentütchen angegeben) stratifiziert, mit anderen
Worten: in den Kühlschrank legt. Das Gefrierfach sollte dafür nicht verwendet werden.
die Pflanzen möglichst nah an ein
helles, aber nicht sonniges Fenster
stellen. Aber Vorsicht: Die Aussaat
gefäße nicht auf kalten Fenster
brettern platzieren. Die Keimlinge
haben sonst permanent kalte Füße,
was zu Wachstumsstockungen füh
ren kann. Die Folie sollte zum Lüf
ten ab und zu abgedeckt werden.
Sobald die Keimlinge an die Folie
stoßen, sollte diese ganz entfernt
werden. Das Substrat darf in dieser
Wachstumsphase niemals austrock
nen. Sobald nach den Keimblättern
die ersten „richtigen“ Blätter erschei
nen, kann man die Pflänzchen pikie
ren, d.h. einzeln in mit Pflanzerde
gefüllte, etwas größere Töpfe setzen.
Dafür einfach mit einem speziel
len Pikierstab oder einem Bleistift
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ein kleines Loch in die Erde stechen. Das Pflänz
chen an den Keimblättern anfassen, vorsichtig in
die Vertiefung setzen, die Erde um das Pflänz
chen festdrücken und angießen. Dabei aber nur
die kräftigsten Pflänzchen weiterkultivieren. Bei
sichtbar schlechter Stick
stoffversorgung (Pflanzen
haben keinen Zuwachs,
Blätter sind gelblichgrün)
mit handelsüblichem Prä
parat (laut Packungsanweisung) düngen. Pflanzen
nicht zu warm stellen, denn je höher die Tempe
ratur, desto heller muss es sein. Bei einseitigem
Lichteinfall Gefäße regelmäßig um 180° drehen.
Während der Anzucht sollten die Jungpflanzen so
hell wie möglich stehen. Jungpflanzen vergeilen,
wenn sie über einen längeren Zeitraum hinweg zu
wenig Licht bekommen bzw. im Verhältnis zum
Lichtangebot zu hohe Temperaturen herrschen.
Kennzeichnend für Lichtmangel sind z.B. erheblich
verlängerte Internodien, schmalere Blätter, ein
weiches Zellgewebe sowie weniger Chlorophyll
und Anthocyane in den Blättern. Die Pflanzen ver
suchen sozusagen „mit letzter Kraft“, ihre Blätter
wieder ins Licht zu bekommen. Sie sind dann für
eine Weiterkultur kaum
noch zu gebrauchen. Sie
wachsen schlecht, sind
wenig standfest (beson
ders wenn die Pflanze
später schwere Früchte tragen soll), sind häufiger
von Krankheiten und Schädlingen befallen und
empfindlich gegen UVStrahlung. Direkte Sonnen
einstrahlung sollte daher bei der Anzucht unbe
dingt vermieden werden, da sich die Pflänzchen
sonst nur unnötig aufheizen. Die Jungpflanzen
werden bis zu den Eisheiligen in den Töpfen (im
Haus oder Gewächshaus) weiterkultiviert. Etwa
drei Wochen vor dem Auspflanzen kann mit
dem Abhärten begonnen werden. D.h. die Jung
pflanzen werden langsam an die ungünstigeren
Temperaturen, die frische Luft und die stärkere
Bestrahlung gewöhnt. Stellen Sie sie dazu tagsüber
und auch nur bei gutem Wetter an ein windge
schütztes und in den ersten Tagen leicht schat
tiges Plätzchen auf dem Balkon oder im Garten.
Ab dem 20. Mai können sie an ihren endgültigen
Standort gepflanzt werden. Dabei unbedingt auf
den richtigen Abstand zwischen den einzelnen
Pflanzen (siehe Samentütchen) achten. Jetzt heißt
es nur noch düngen (immer nur laut Kultur und
Packungsanweisung), gießen, ein wenig Unkraut
zupfen und auf die Blüten bzw. die Ernte warten.
Das Pflänzchen an den Keimblättern anfassen, vorsichtig in die Vertiefung setzen
Fotos: Flora Press/Visions, Friedrich Strauss, Julia Kalisch (4), GAP Photos/FhF Greenmedia
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