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Artikel_Frank_Stauss_New_Business_25.03.13

Date post: 09-Apr-2016
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.. I Das Magazin für Kommunikation und. Medien Nr. 13 25.03.13
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Das Magazin für Kommunikation und. MedienNr. 13 • 25.03.13

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Chefsache

IINatürlich bedarf es einer Visen 11

Der Geschäftsführer des ehemaligen SPD-Agenturbetreuers Butter, Frank Stauss, gilt als einer der profilierte­sten Politwerber. Er spricht mit nb-Redakteur Michael König über die anstehende Bundestagswahl, dieSpitzenkandidaten von CDU und SPD sowie sein neues Buch 'Höllenritt Wahlkampf'.

Butter-Chef Frank Stauss:"Viele Fehler werden oft ganz am Anfangeines Wahlkampfes gemacht und sind vermeidbar. "

Frank Stauss, Geschäftsführer der Agentur Butter, hatin zwei Jahrzehnten über zwanzig Wahlkämpfe im In­und Ausland begleitet. Seine Agentur mit Büros in Ber­lin lmd Düsseldorf entwickelte die SPD-Kampagnen fürdrei BundestagswaNkämpfe (1994/2005/2009) sowie fürmehrere Schlachten auf Landesebene, darunter für KlausWowereit, Hannelore Kraft und Kurt Beck. Zur Verwun­derung der Politszene wird Butter beim diesjährigen Bun­destagswahlkampf nicht erneut für die Sozialdemokratenin den Ring zu steigen. Die Einladung zum Pitch um dasSPD-Mandat lehnte der Agenturchef dankend ab. Statt­dessen ist Stauss nun unter die Schriftsteller gegangen.In seinem Anfang Mai erscheinenden Buch mit dem Ti­tel 'Höllenritt Wahlkampf - Ein Insider-Bericht' plaudertStauss aus dem Nähkästchen.

new business: Die Bundestagswahlen stehen in diesemJahr an. Wann legen bei solchen Anlässen eigentlich dieAgenturbetreuer der Parteien los?Frank Stauss: Die wichtigsten Weichen werden weit im

Vorfeld gestellt. Die Arbeit an einer BundestagswaNkam-

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pagne beginnt bereits über ein Jahr vor dem eigentlichenWahltermin. Ganz am Anfang müssen zunächst alle aneinem Wahlkampf beteiligten Akteure eine Bestandsauf­nahme machen. Hier gilt es gemeinsam auszuloten, wodie Partei zwölf Monate vor dem Wahltermin steht undwas noch innerhalb dieses Zeitraums bewegt werdenkann. Das, was dann sechs Wochen vor dem Urnengangauf den Straßen zu sehen ist, markiert bereits das Finaledes Wahlkampfes.

nb: Butter gewann mit den Arbeiten für die Sozialdemo­kraten bereits fünf 'Politikawards' und darf sich damitschmücken, dass sie die erfolgreichste Wahlkampf-Agen-.tur in der Geschichte dieser Auszeichnung ist. Was machteine Wahlkampfkampagne erfolgreich?Stauss: Wir haben in unserer Arbeit über die vergangenenJahre vier zentrale Elemente für eine erfolgreiche Kampa­gne identifiziert. Diese lassen sich mit den Begriffen Moti­vation, Integration, Vision und Konfrontation beschreiben.

nb: Könnten Sie die Begriffe kurz erläutern?Stauss: Integratio't-t heißt vor allem für eine Volkspar­tei, dass sie möglichst viele Menschen mit ganz unter­schiedlichen Hintergründen ansprechen muss. Ebenfallsein wichtiges Element ist die Vision, die zumeist in denWahlkämpfen zu kurz kommt. Mit ihr zeichnet eine Par­tei ein Bild von einer Gesellschaft, die ihr vorschwebt undfür die sie steht. Mit Konfrontation ist gemeint, dass einePartei im Wahlkampf auch deutlich machen muss, wofürsie eben nicht steht und warum die Positionen ihrer poli­tischen Gegner falsch sind. Die Motivation ist die Energie,die aus der Vision in Verbindung mit dem Spitzenkandi­daten entsteht. Die muss die eigenen Leute zum Laufenbringen und den Funken auf andere überspringen lassen.

nb: Das hört sich eher nach Allgemeinplätzen als nach Ra­ketenwissenschaft an.Stauss: Das mag zwar zunächst ein wenig theoretischklingen. Aber bei einer Analyse eines Wahlkampfes, dernicht funktioniert hat, stellt man fest, dass mehr als ei­ner dieser vier Bausteine nicht getragen hat. Ein Beispielist die BundestagswaN 2009, die für uns als damaligerSPD-Wahlkampfbetreuer schrecklich verlief. Es branntegewissermaßen an allen Ecken. Denn die SPD kam ausder großen Koalition und konnte keine klare Konfronta­tion zur CDU aufbauen. Zudem war die Partei nach der

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"Wer als Spitzenkandidat antritt, der muss allesgeben. Wirklich alles"

langen Regierungszeit innerlich wie ausgelaugt. Daherfehlte es ihr sowohl an Motivation als auch an visionärerStrahlkraft. Stattdessen war der Markenkern regelrechtverschüttet und unklar, wofür die SPD eigentlich steht.Aus dieser Gemengelage heraus konnte von Anfang annichts Gutes entstehen. Aber wenn es einen Wahltermingibt, muss man eben antreten und alles geben.

nb: Und wie sehen Sie die beiden Volksparteien für diekommende Bundestagswahl aufgestellt?Stauss: Ich gehe davon aus, dass die Mbeit bei CDU undSPD bereits geleistet wurde. In beiden Parteien sehe ichaber derzeit ein Problem damit, eine wie auch immer gear­tete Form der Motivation zu erzeugen. Obendrein fehlt bei­den Parteien eine Vision für eine Gesellschaft der Zukunft.

nb: Benötigt ein Wahl-kampf überhaupt eine

.Vision? Oder um dasbekannte Zitat des Alt­Bundeskanzlers Hel-mut Schmidt zu bemü-hen: Sollte nicht zum Arzt gehen, wer Visionen hat?Stauss: Natürlich bedarf es einer Vision. Und der von Ih­nen genannte Helmut Schmidt ist selbst ein gutes Beispielfür einen intelligenten Mann mit einer Vision. Mit seinemZitat kokettierte der Alt-Kanzler damals ganz bewusst, umsich als 'harter Hund' und Pragmatiker zu profilieren. Ge­nauso hat auch SPD-Spitzenkandidat Peer SteinbTÜck eineVision, die aber die meisten Leute nicht kennen. Es gibt jaeinen Grund dafür, dass er in die SPD eingetreten ist.

nb: Und welches 'Motivations'-Problem hat SPD-Heraus­forderer Peer Steinbrück?Stauss: Bei der SPD bilden das Wahlprogramm und derSpitzenkandidat derzeit keine Einheit. Vielmehr bestehtein Glaubwürdigkeitsproblem. Wie Peer Steinbrückselbst sagte, liegt die Ausrichtung des SPD-Wahlpro­gramms links von der Mitte. Seine Parteigenossen unddie Menschen ordnen ihn aber nicht links von der Mitteein. Steinbrück hat mit seinem Profil als Wirtschafts- undFinanzfachmann seine bisherige Zustimmung vor allemaus dem konservativen und liberalen Lager erhalten. Zu­mal er sich auch selbst als Pragmatiker in der Traditionvon Alt-Kanzler Helmut Schmidt sieht. Im Wahlkampfmuss die SPD nun versuchen, ihren Spitzenkandidaten

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und die parteipolitische Positionierung zu synchronisie­ren. Das ist zu schaffen. Aber dafür muss Steinbrück ausseiner Finanzkompetenz heraus seine soziale Kompe­tenz begründen. Oder anders ausgedrückt: Er muss denLeuten klar machen, dass etwa Mindestlöhne auch wirt­schaftspolitisch Sinn haben.

nb: Und was sind die Gründe für die mangelnde Motiva­tionskraft von Bundeskanzlerin Angela Merkei?Stauss: Die CDU hat mit Btmdeskanzlerin Angela Mer­kel eine völlig motivationsfreie Spitzenkandidatin. Sie hatzwar hohe Sympathiewerte, aber keine echte Bindungs­kraft. Aus vergangenen Wahlkämpfen wissen wir, dassihre Sympathiewerte sehr instabil sind, wenn es mal nichtgut läuft. Zudem speist sich die Zustimmung zur Kanz-

lerin zu einem Teil ausder Unzufriedenheitgegenüber der Oppo­sition. Daneben weißniemand so richtig,wofür Angela Merkeleigentlich steht. Damit

bietet sie aber andererseits eine große Projektionsflächeinnerhalb der Union. Denn ihre Strategie, sich auf keinePosition wirklich festzulegen, lässt den Parteimitgliederngenügend Interpretationsspielraum, ob sie bezüglich ei­ner Frage wie der Homo-Ehe dafür oder dagegen ist. Mitdieser Taktik ist die Bundeskanzlerin zwar bisher ganzgut gefahren, aber Klarheit und Leidenschaft vermittelteine derartige Strategie nicht.

nb: Welche Stolpersteine lauern in einem Wahlkampf?Stauss: Viele Fehler werden ganz am Anfang eines Wahl­kampfes gemacht und sind vermeidbar. Ein Spitzenkan­didat etwa darf sich bei der Auswahl seines Wahlteamssowie seiner Agentur von niemandem hineinreden las­sen. Er muss mit aller Kraft selbst das eigene Umfelddefinieren und sollte nicht um des lieben Friedens willenKompromisse eingehen und sich sein Team vom Gene­ralsekretär oder Parteivorsitzenden diktieren lassen. FürAgenturen ist es sehr wichtig, einen direkten Zugangzum Spitzenkandidaten zu haben. Wenn der nicht vor­handen ist und erst mehrere Hierachiestufen genommenwerden müssen, kommen viele Dinge nicht mehr dort an,wo sie ankommen müssten. Wenn etwas wirklich wichtigist, dann muss ich als Agentur direkt mit dem Spitzenkan-

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didaten reden können. Ich wür­de daher keinen Job annehmen,wenn es keinen unmittelbarenZugang zu dem Politiker gibt.Der direkte Draht sowie das Ver­trauen zwischen Spitzenkandi­dat und Agentur müssen bereitsim Vorfeld aufgebaut werden,bevor ein Wahlkampf in stür­mische See gerät. Und glaubenSie mir, in jedem Wahlkampfwird es irgendwann stürmischan Deck.

nb: Der Wahlsieg von US-Prä­sident Barack Obama wird inMedien auch als ein Sieg desWeb 2.0. interpretiert. Hierzu­lande scheint es, dass nach wievor Plakatwerbung als Basis-medium bei den Agenturen und Parteien hochim Kurs steht. Die Einbindung der Online-Kanäle wie inden amerikanischen Wahlkämpfen ist hier weniger üb­lich. Warum?Stanss: Obwohl die amerikanische Wahlkampfmaschi­nerie zugegebenermaßen in hoher Perfektion die Online­Kanäle bespielt, gilt es in diesem Zusammenhang einigesanzumerken. Wir haben in Deutschland völlig andereDatenschutzrichtlinien als in den USA. Viele Dinge, diedort möglich sind, dürfen hierzulande nicht gemachtwerden. Als Partei darf ich in Deutschland nicht einfachjemandem eine E-Mail zuschicken. Ich würde damit diePersönlichkeitsrechte verletzen. Wer in den USA an denVorwahlen der Demokraten oder Republikaner teilneh­men möchte, muss sich in einem für die Parteien offenenWählerverzeichnis registrieren. Das ermöglicht den Par­teien, die Menschen per Telefon, persönlichem Gesprächoder via E-Mail zu kontaktieren. Das ist gewissermaßenein Gottesgeschenk. Denn wenn sich die Amerikaner inden Vorwahlen als Demokraten oder Republikaner re­gistrieren, dann weiß ich auch, wo und wer die Unent­schiedenen sind. Neben dem Umstand, dass eine Persön­lichkeit wie Barack Obama auch in den USA nicht jedenTag vom Himmel fällt, ist zudem zu bedenken, dass derUS-Präsident drei Viertel seines rund 1 Mrd US-Dollarschweren Wahlkampfbudgets in TV-Spots gesteckt hat.In den umkämpften Battleground-Staaten wurde dieBevölkerung mit rund einer Million Fernsehspots übereinen Zeitraum von acht Wochen regelrecht zugeballert.Das Basismedium in den USA ist nach wie vor klar dasTV. Allein auf die Online-Kanäle verlässt sich auch dortniemand.

nb: In diesem Jahr gestaltet Super J+K den SPD-Wahl­kampf. Butter hatte dankend abgelehnt, am Pitch um dasSPD-Mandat teilzunehmen. Stattdessen unterstützt ihreAgentur.in diesem Jahr den Spitzenkandidaten der Ös-

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Soll einen "schonunglosen" Blicke hinterdie Kulissen gewähren: Das Buch 'Hö/len­ritt Wahlkampf' von Frank Stauss

terreichischen Volkspartei, MichaelSpindelegger, bei der Nationalrats­wahl in der Alpenrepublik am 29.September 2013. Haben Sie sich mitden Sozialdemokraten auf Bundes­ebene verkracht?Stauss: Nein, es gab keine Reibereienzwischen uns und der SPD. Wir sindnicht zum Pitch angetreten, weil eseinfach unsere Kapazitäten überfor­dert hätte. Als wir im Frühjahr 2011die Anfrage zum Agenturwettbewerbbekamen, mussten wir für die SPDmehrere Landtagswahlkämpfe be-streiten. Wir hatten gerade den Ham­burger SPD-Landtagswahlkampf für

Olaf Scholz hinter uns und standen mitten im Wahlkampfin Rheinland-Pfalz sowie in der Vorbereitung für dieSenatswahl in Berlin im September 2011. Neben diesenAufgaben auch noch zusätzlich eine virtuelle Bundestags­wahlkampagne mit einem virtuellen Spitzenkandidatenzu entwickeln, dafür fehlte uns schlicht die Zeit.

nb: Die Auszeit vom hiesigen Politzirkus haben sie ge­nutzt, um ihr Buch 'Höllenritt Wahlkampf - Ein Insider­Bericht' niederzuschreiben. Was erwartet den Leser?Stanss: Ein zentrales Element des Buches ist eine über 90Seiten lange Passage, die in Form eines Tagebuchs denBundestagswahlkampf 2005 schildert. Es beschreibt ausder SPD-Wahlkampfzentrale heraus das Zusammenspielder beteiligten Akteure wie Agenturen, Spitzenkandidat,Strategen und Kanzleramt. Ich glaube, dass es eine solcheSchilderung in Buchform bisher noch nicht gegeben hat.Und ohne mich an dieser Stelle selbst beweihräuchern zuwollen, das bisherige Feedback ist sehr positiv. Ich habeInsidern das Buch vorab zum Lesen gegeben, bevor ichdamit zum Verlag gegangen bin. Sie waren überraschtund sagten mir, dass sie einige der im Buch geschilderteVorgänge vorher für nicht möglich gehalten hätten.

nb: In der Ankündigung zu ihrem Buch heißt es, dasses am Ende eines Wahlkampfes neben einem Gewinnerauch 'sehr viele Verlierer' gibt. Was meinen Sie damit?Stanss: Den Leuten ist oft nicht bewusst, dass die Nomi­nierung eines Politikers zum Spitzenkandidaten nicht nurder Höhepunkt einer Karriere ist, sondern auch das Endeseiner politischen Laufbahn bedeuten kann. Frank-WalterSteinmeier etwa musste nach der verlorenen Bundestags­wahl 2009 hart um sein politisches Überleben kämpfen undfür David MacAllister ist erstmal Schluss. Wer als Spitzen­kandidat antritt, muss daher alles geben. Wirklich alles.

(Interview: Michael König)

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