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Date post: 19-Oct-2020
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367 ARISTO-Taschenrechner ARISTO-Taschenrechner JÖRN LÜTJENS Vorbemerkung In diesem Beitrag wird ein Überblick gegeben über die Entwicklung der ARISTO- Taschenrechnerproduktion von ihren Anfängen etwa 1972 bis zum Ende des Be- stehens der Firma ARISTO Dennert & Pape KG im Jahre 1978. Die Produktsparte der elektronischen Taschenrechner war nur ein kleiner und – firmenhistorisch be- trachtet – sicherlich auch nicht der bedeutendste Produktionszweig. Aber es war ein modernes Thema, welches stark von den rasanten technischen Entwicklungen der damaligen Zeit abhängig war und damit unmittelbar auf das Wohlergehen der Firma einwirkte. Die Darstellung in diesem Beitrag ist überwiegend chronologisch, gleichzeitig aber auch an Typenreihen orientiert. Diese Mischform ergibt sich aus den teils linear, parallel oder miteinander verschränkt abgelaufenen diversen Entwicklungs- prozessen bei der Taschenrechnerherstellung. Trotz des Bemühens, die vielen Details zu einem Gesamtbild zusammenzufügen, kann kein Anspruch auf Voll- ständigkeit bestehen. Die zusammengetragenen Fakten und Informationen stam- men sowohl aus Firmenunterlagen, die Frau Irene Dennert zur Verfügung gestellt hat, als auch aus Gesprächen mit dem früheren Mitarbeiter bei Dennert & Pape, Herrn Dipl.-Ing. Werner Cordes. Beiden möchte ich für die freundliche Unter- stützung sehr herzlich danken. Ferner ließen sich aus dem von ARISTO veröffent- lichten Schriften nützliche Informationen entnehmen und dadurch Zusammen- hänge besser erschließen. Der Einstieg in eine neue Produktsparte Anfang der 1970er Jahre ließ die zunehmende Verbreitung von elektronischen Taschenrechnern aus den USA und Japan bereits erahnen, daß sich hier eine neue Entwicklung neben den traditionellen analogen Rechenhilfsmitteln abzeichnete. Es war aber zunächst schwer einzuschätzen, inwieweit sich die elektronische Entwick- lung gegen den herkömmlichen Rechenstab durchsetzen würde. Der entscheidende Impuls, sich mit den neuen Gebiet auseinanderzusetzen, wurde vom Entwicklungs-
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    ARISTO-Taschenrechner

    ARISTO-Taschenrechner

    JÖRN LÜTJENS

    Vorbemerkung

    In diesem Beitrag wird ein Überblick gegeben über die Entwicklung der ARISTO-Taschenrechnerproduktion von ihren Anfängen etwa 1972 bis zum Ende des Be-stehens der Firma ARISTO Dennert & Pape KG im Jahre 1978. Die Produktsparteder elektronischen Taschenrechner war nur ein kleiner und – firmenhistorisch be-trachtet – sicherlich auch nicht der bedeutendste Produktionszweig. Aber es war einmodernes Thema, welches stark von den rasanten technischen Entwicklungen derdamaligen Zeit abhängig war und damit unmittelbar auf das Wohlergehen der Firmaeinwirkte.

    Die Darstellung in diesem Beitrag ist überwiegend chronologisch, gleichzeitigaber auch an Typenreihen orientiert. Diese Mischform ergibt sich aus den teilslinear, parallel oder miteinander verschränkt abgelaufenen diversen Entwicklungs-prozessen bei der Taschenrechnerherstellung. Trotz des Bemühens, die vielenDetails zu einem Gesamtbild zusammenzufügen, kann kein Anspruch auf Voll-ständigkeit bestehen. Die zusammengetragenen Fakten und Informationen stam-men sowohl aus Firmenunterlagen, die Frau Irene Dennert zur Verfügung gestellthat, als auch aus Gesprächen mit dem früheren Mitarbeiter bei Dennert & Pape,Herrn Dipl.-Ing. Werner Cordes. Beiden möchte ich für die freundliche Unter-stützung sehr herzlich danken. Ferner ließen sich aus dem von ARISTO veröffent-lichten Schriften nützliche Informationen entnehmen und dadurch Zusammen-hänge besser erschließen.

    Der Einstieg in eine neue Produktsparte

    Anfang der 1970er Jahre ließ die zunehmende Verbreitung von elektronischenTaschenrechnern aus den USA und Japan bereits erahnen, daß sich hier eine neueEntwicklung neben den traditionellen analogen Rechenhilfsmitteln abzeichnete. Eswar aber zunächst schwer einzuschätzen, inwieweit sich die elektronische Entwick-lung gegen den herkömmlichen Rechenstab durchsetzen würde. Der entscheidendeImpuls, sich mit den neuen Gebiet auseinanderzusetzen, wurde vom Entwicklungs-

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    Jörn Lütjens

    leiter Friedrich Müller anläßlich seines Besuches auf der Hannover-Messe 1971gegeben. Er schreibt am 28.04.1971 in seinem Besuchsbericht an die Geschäfts-leitung [16]:

    „Kleincomputer contra Rechenstab. Die neuen Gallium-Arsenid-Diodenwaren erstmalig auf der Messe in größeren Stückzahlen und verschie-denen Applikationen zu sehen. Diese ermöglichen eine mit 1,5 Volt und50-300 mA betriebene Zifferndarstellung. In Verbindung mit LIC-Technik kann jetzt ein batteriegespeister Minicomputer preiswert her-gestellt werden. Preis ca. zwischen 300 bis 1000 DM. Verwirklichungzwischen 3-7 Jahre.“

    Diese Kostenvorstellungen waren für die erste Rechnergeneration durchausrealistisch, jedoch stellte sich der angenommene Zeitrahmen recht bald als viel zulang heraus. In einer innerbetrieblichen Mitteilung der Fertigungsleitung an dieGeschäftsleitung vom 16.10.1971 heißt es, daß man sich mit der „ProblemlageTaschenrechner“ ernsthaft befassen möge. Für den Fall einer eigenen Taschen-rechner-Produktion wurden die wichtigsten Aspekte in einer Problemliste benanntund erläutert. Dabei ging es z. B. um Produktname, Marktbeobachtung, Verkaufs-konzept, Vertrieb, Entwicklung, Serienfertigung und Weiterentwicklung. Was sichzu dieser Zeit bereits andeutete, wurde später zum typischen Merkmal der Elektro-nik-Entwicklung insgesamt: bei ständig kürzer werdenden Entwicklungszeiten stieggleichzeitig die Leistungsfähigkeit elektronischer Bauelemente an. Die Zeit drängtealso und ARISTO sah sich veranlaßt, schnellstmöglich mit einem eigenen Produktauf dem Markt präsent zu sein. Der Wunsch konnte durch einen Kontakt mit derBerliner Firma Luther-Elektronik auf der Hannover-Messe 1972 kurzfristig realisiertwerden. Kurz zuvor war von Luther ein Mini-Rechner der Öffentlichkeit vorgestelltworden, dessen Leistungsumfang sich auf die vier Grundrechenarten beschränkte,der eine Größe von 60 × 83 × 25 (mm) hatte und 780 DM kosten sollte [17]. Dieserfür die damaligen Verhältnisse sensationell kleine Taschenrechner war von demdamaligen Berliner Schulleiter Hilmar Bentert entwickelt worden. Eine Großserien-fertigung des Bentert-Rechners war von der Firma Luther nicht beabsichtigt ge-wesen. Im April 1972 kaufte ARISTO von der Firma Luther-Elektronik die Rechtezur Herstellung, Fertigung und Vertrieb an diesem Taschenrechner. Zusätzlichwurde auch weiterführende technische Hilfe durch Fachleute der Firma Luthervertraglich vereinbart. So ergab es sich, daß Herr Bentert für ARISTO zu einem derwichtigsten Rechner- und Elektronikexperten wurde. Er hat in den folgendenJahren maßgeblich an der Entwicklung aller ARISTO-Rechner mitgearbeitet.

    Die Urform des Modells ARISTO M 27 ist der von Hilmar Bentert entwickelteTaschenrechner. Der Rechner hatte ein mattverchromtes Messinggehäuse mitrunden Kunststofftasten. ARISTO übernahm diese Form ohne wesentliche Ände-rungen und vor allem mit dem vorhandenen elektronischen Innenleben. Neueäußerliche Merkmale waren das Kunststoffgehäuse in anderer Farbgebung sowie diequadratischen Tasten. Der Rechner wurde M 27 genannt (27 steht in verschlüsselterForm für das Erscheinungsjahr 1972).

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    ARISTO-Taschenrechner

    Technische Daten des M 27:

    • Maße: 60 × 87 × 26 mm• Gewicht: 200 Gramm einschließlich Batterien• Gehäuse: Schlag- und stoßfester Kunststoff mit transparentem

    Schutzdeckel• Rechentechnik: MOS “One-Chip”-Elektronik• Rechenoperationen: vier Grundrechenarten, Rechnen mit Konstanten,

    Quadrieren und Potenzieren. Ziehen von Quadratwurzeln nachIterationsverfahren möglich

    • Komma: Fließkomma-Automatik• Anzeige: 8-stellig• Rechenkapazität: 16 Stellen• Stromversorgung: 5 Trockenbatterien 1,5 Mignon• Betriebsdauer: Je Batteriesatz bis zu 25 Stunden

    Für ARISTO markiert das Jahr 1972 den Einstieg in eine neue Produktsparteund damit auch in einen ungewissen Wettbewerb auf einem neuen Markt. DieMarkteinführung des M 27 erfolgte im Herbst 1972. Da ARISTO den Rechner inSerie produzierte, stellten sich die Verkaufspreise laut ARISTO-Information vomOktober 1972 in der Anfangsphase folgendermaßen dar:

    Einzelstück, unverbindlicher Richtpreis in DM (inkl. MWSt) 466Einkaufspreise DM (ohne MWSt) bei Abnahme von 1 - 4 Stück 336

    5 - 9 Stück 326ab 10 Stück 320

    Mit dieser Preisgestaltung lag der M 27 im damals üblichen Bereich. Annäherndvergleichbare Konkurrenzprodukte kosteten:

    Rechner-Bezeichnung, Anbieter Einzelpreis in DM

    Busicom LE 80A 600Heleo “Tip In” 598Quelle Mini (Hersteller Busicom) 260Sharp EL801 Elsi Mini 398

    Taschenrechner von Hilmar Bentert ARISTO-Version Mini-Rechner M 27

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    Jörn Lütjens

    Neckermann Prinztronic (Hersteller Sharp) 358MBO-Consul (Hersteller Intertronic) 358MBO-Junior (Hersteller Intertronic) 298

    Der Beginn einer hauseigenen Entwicklung

    Etwa gleichzeitig mit der Markteinführung des M 27 wurde von ARISTO die eigeneEntwicklung eines Taschenrechners mit Hochdruck vorangetrieben. An den Skizzendes Entwicklungsingenieurs Dipl.-Ing. Werner Cordes [9] für die geplanten ModelleM 30 und M 40 ist bereits zu erkennen, welche Richtung das neue Design ein-schlagen wird:

    Entwurfsskizzen Nr. 4 bis 7 von Werner Cordes

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    ARISTO-Taschenrechner

    Die Entscheidung fiel schließlich auf einen Entwurf für das Modell M 64:Für die Entwicklung dieses Rechners bis zur Produktreife benötigte man noch

    etwa 1½ Jahre. Im März 1973 wurden die Gehäuseteile gezeichnet und Werkzeugefür die Fertigung in Auftrag gegeben. Parallel dazu erfolgten die Vorbereitungen für

    die Hannover-Messe 1973, auf der handgefertigte Proto-typen M 36 und M 64 gezeigt wurden. Nach intensivenPrüfvorgängen und Testläufen konnte im August 1973die Leiterplatte des M 64 freigegeben werden, so daß dieProduktion und Auslieferung im Herbst anliefen.

    Mit dem Erscheinen des M 64 präsentierte ARISTOden ersten selbst entwickelten elektronischen Taschen-rechner. Seine Leistungsfähigkeit war umfangreicher alsdie des M 27 – besonders auffällig war jedoch das neueDesign, mit dem ARISTO ein wirklich großer Wurf ge-lungen war. Neben der klaren, übersichtlichen Form-und Farbgestaltung fiel vor allem die angenehme Hand-habbarkeit der Tastatur auf. An diesem Beispiel konnteman eine gelungene Synthese aus Form und Funktionverwirklicht sehen – eine der wichtigsten Grundregelnmodernen Industrial Designs. Dieses Design setze Maß-stäbe für die kurz darauf folgende Entwicklung weitererRechnertypen. In gleichem Aussehen und gleicher Größefolgten in den Jahren 1974 und 1975 die Modelle M 75,M 36, M 65 und M 80. Auf den Hannover-Messen wurdedas Design der Taschenrechner mehrfach mit dem Preis

    Konstruktionsskizze von Werner Cordes für den M 64

    Der fertige Rechner M 64

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    Die Gute Industrieform ausgezeichnet [12]: 1974 für den ARISTO M 75, 1975 für denARISTO M 65 und 1976 für den ARISTO top.

    Das neue schlanke Format hatte die Abmessungen 62 × 151 × 18 mm. DieRechner waren, weil sie in jede Jackentasche paßten, für damalige Verhältnisse alsdurchaus flach zu bezeichnen. Sie benötigten drei Trockenbatterien 1,5 V Mignonund wogen insgesamt ca. 195 g. Akkubetrieb und Netzanschluß waren wahlweisemöglich. Als Ziffernanzeige dienten in der ersten Rechnergeneration rote LED; dieAnzeige wurde aus Dreier-Blöcken zusammengesetzt wurden. Zur Standardaus-rüstung aller ARISTO Electronic-Rechner gehörte ein Rauchglasdeckel, der dasGerät schützte und bei Betrieb auf den Boden gesteckt wurde. Zusätzlich wurde alsZubehör ein schwarzes Nappalederetui geliefert.

    Die erweiterte Rechnerpalette

    ARISTO wollte ein ganzes Spektrum von Taschenrechnern mit unterschiedlichenLeistungsmerkmalen anbieten. Im Blickfeld waren dabei sowohl verschiedene Schul-arten – von allgemeinbildenden Schulen über Berufsschulen bis hin zu Hochschulen– als auch allgemeine Anwendungsbereiche aus Industrie und Wirtschaft. Dazubedurfte es einer äußerlich erkennbaren, systematischen Modellpolitik. Die 1973von der Geschäftsleitung ausgegebene Übersicht gibt Aufschluß darüber, wie diegesamte Palette der Taschenrechner zunächst einmal aussehen sollte [13]:

    Leistungsumfang und Anwendungsgebiet Modellreihe davon später tatsächlich

    produzierte Modelle

    vier Grundrechenarten, ohne Konstante M 10 – 19 M 16

    vier Grundrechenarten, mit Konstante M 20 – 29 M 27

    Kaufmännischer Rechner mit Prozent- M 30 – 39 M 36automatik und ähnlichen Funktionen

    Kaufmännischer Rechner mit höheren M 40 – 49 M 42Funktionen

    M 50 – 59

    Technischer Rechner mit Wurzel- M 60 – 69 M 64, M 65, M 66automatik und ähnlichen einfachenFunktionen

    Technischer Rechner mit trigono- M 70 – 79 M 75, M 75 E, M 76metrischen und logarithmischenFunktionen

    Technischer Rechner mit höheren M 80 – 89 M 80, M 85Funktionen

    M 90 – 99

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    ARISTO-Taschenrechner

    Die Microchips der ersten Rechnergeneration.Vom Jahre 1973 an erschienen in kurzen Abständen mehrere Rechnermodelle, sodaß sich die Konturen des oben angedeuteten Gesamtprogramms abzuzeichnenbegannen. Wenn auch die äußere Gestaltung der Taschenrechner und ihre Ein-ordnung in die beabsichtigte Produktpalette bei ARISTO lag, so beruhten die ver-wendeten Elektronik-Komponenten aus nachvollziehbaren Gründen nicht aufeigenen Entwicklungen. Mikrochips wurden in Deutschland zu jener Zeit nichthergestellt, mußten also zugekauft werden. Im Laufe der Jahre hat ARISTO mitmehreren Chipherstellern zusammengearbeitet. Dabei galt als Grundsatz, daß nursolche Hersteller als Lieferanten in Frage kamen, die nicht selbst auch elektronischeTaschenrechner produzierten. Da sich aber auch diese Verhältnisse von Zeit zu Zeitänderten, sah sich ARISTO in manchen Fällen gezwungen, den Chip-Hersteller zuwechseln. Im Falle der Rechner M 36 und M 64 war dies einige Male notwendig,wie aus der folgenden Tabellenübersicht zu entnehmen ist1.

    Hersteller Chip-Typ M27 M36 M64 M65 M75 M75E M80

    Texas Instruments TMS 0105 •

    General Instruments C 594 •1

    C 685 •2

    C 596L •

    Rockwell International A 1241 •2 •3

    A 1211 •

    A 4002 •

    MOSTEK MS 5020 •1

    MOS-TECHNOLOGY MCS 7529 •

    Ein Modellschwerpunkt: Orientierungan den Bedürfnissen der SchulenÄhnlich wie schon bei den Schulrechenstäben wurde auch für die Taschenrechnereine schulform- und schulstufengerechte Differenzierung entsprechend den ver-schiedenen Anforderungen und didaktisch-methodischen Aspekten angestrebt. DasGesamtangebot an Rechnern richtete sich aber auch an alle Berufsgruppen, sodaßsich folgende Zielgruppen ergaben:

    • allgemeinbildende Schulen,• alle Schulformen der Sekundarstufe• Berufsschulen und kaufmännische Schulen• Studium, Hochschulen• Wissenschaft und Technik• Industrie und Wirtschaft

    Der Wunsch nach Rechnern mit Speichermöglichkeiten wurde stärker und einTrend zu einer Differenzierung in kaufmännisch und technisch orientierte Rechnerwar erkennbar. Daher wurden ab Herbst 1974 weitere neue Electronic-Rechner in

    1 Nach Auskunft von Herrn Werner Cordes am 15.4.2003

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    das Programm aufgenommen. Nach dem Erscheinen der Taschenrechner M 36,M 64, M 65, M 75 und M 80 meldeten sich Schulen mit spezifischen Wünschen undErwartungen. Kontaktpflege zu dem großen Kundenkreis und entsprechende Auf-klärungsarbeit wurde auf Ausstellungen, Industrie- und Schulmessen sowie Fort-bildungsveranstaltungen maßgeblich von Rolf Jäger betrieben. Er hatte sozusagenden Finger am Puls der Interessenten und war daher auch im besonderen Maße inder Lage, durch seine Rückmeldungen entsprechende Verbesserungen und Ent-wicklungen bei ARISTO anzuregen. Jäger und andere [10] bemühten sich auch,dem Anwenderkreis in Schriften und Mitteilungen die Vor- und Nachteile derRechnermodelle entsprechend ihrer Leistungsunterschiede deutlich zu machen. Wiedie vorhandenen Rechner von der Modellsystematik her einzuordnen sind, hat erfolgendermaßen im Überblick dargestellt [14]:

    „Bei den ARISTO Electronic-Rechnern fehlte es anfangs aus tech-nischen Gründen an einem System. M 27 und M 64 waren grundverschie-den in der Konstruktion und in der andersartigen Rechenlogik (kaufmän-nisch-algebraisch). Die ersten flachen Rechner M 36, M 64, M 65 und M 75rechnen zwar alle algebraisch, aber mit unterschiedlicher Rechenlogik beider Konstantenrechnung.

    Die ersten Anzeichen eines System bestehen zwischen M 65 und M 75,die in den Grundrechenarten und in der Konstantenrechnung weitgehendnach der gleichen Logik rechnen. Der M 65 ist also die Grundstufe für alletechnischen Berufe. Der M 75 ist die nächste Stufe mit trigonometrischenFunktionen, Logarithmen und Exponentialfunktionen.

    Mit den Rechnern M 36 und M 80 gibt es ein zweites System, und zwarhauptsächlich für die allgemeinbildenden Schulen. Die Grundrechenartenund die Konstantenrechnung werden mit beiden Rechnern nach dergleichen Logik durchgeführt. Der M 36 ist sowohl für kaufmännischesRechnen als auch für die Grundstufe an Haupt- und Berufsschulen ge-dacht. Bei diesem Rechner ist die Kalkulierautomatik (%-Taste) vom M 64

    Tastenfeld des M 65 Tastenfeld des M 75

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    ARISTO-Taschenrechner

    übernommen worden; die wichtigste Ergänzung ist aber der saldierendeSpeicher (Taste M).

    Der M 80 ist der Rechner für Realschulen, Gymnasien und Fachschulen.Die Rechenlogik dieses Systems ist einfacher zu verstehen, weil bei Tastungvon Operationstasten nicht weiter gerechnet wird, obwohl eine automa-tische Konstantenrechnung eingebaut ist. Wird eine Operationstaste ausVersehen mehrmals gedrückt, ändert sich nichts in der Anzeige. […] Dasgibt es bei keinem anderen unserer bisherigen Rechner. […]. Lehrer derallgemeinbildenden Schulen fordern einfache Rechner. M 36 und M 80erfüllen diese Forderung. Wenn der Lehrer einen M 80 besitzt, kann erdiesen auch in den Klassen verwenden, die mit M 36 rechnen, ohne um-denken zu müssen.

    Der M 64 ist ein vielbekannter Rechner, welcher in keines der beidenSystem paßt. In seiner neuen Version mit Speicher, Festkomma, Quadrat-wurzel und % ist er außerhalb der Schulen und Hochschulen ein Rechnerfür Industrie und Wirtschaft. Wer im kaufmännischen Bereich auf dieQuadratwurzelautomatik und das Festkomma verzichten kann, ist mit demM 36 besser bedient, weil dessen Rechenlogik einfacher und vollständigerist.“

    Mit dem M 75 hatte ARISTO 1974 den ersten technisch-wissenschaftlichenTaschenrechner im Programm. Es war sozusagen das Flaggschiff in der nochkleinen Rechnerflotte der ersten Rechnergeneration. Seine Leistungsfähigkeit beein-druckte Studenten, Techniker und Ingenieure, weil sie mit dem RechenschieberARISTO-Studio vergleichbar war und damit durchaus eine Konkurrenzsituationentstand. Der M 75 stellte alle in der Praxis notwendigen Funktionen zur Ver-fügung, was durch eine Doppelbelegung der 20 Tasten realisiert wurde.

    1976 erschien eine erweiterte Version des M 75 als Modell M 75 E. Damitreagierte ARISTO auf Schulwünsche in der Sekundarstufe II. Man wollte größereGenauigkeit, eine Erweiterung der trigonometrischen Funktionen auf Winkel >900,

    Tastenfeld des M 36 Tastenfeld des M 80

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    sowie eine Taste xy haben, ohne alle Möglichkeiten des M 85 ausschöpfen zu wollen.ARISTO realisierte diese Wünsche mit dem M 75E und lieferte ein Modell, welches10-stellig rechnete und 8-stellig anzeigte.

    Zwei konkurrierende Konzepte:Mini-Rechner oder Rechenstab?Die kleine, aber kontinuierlich wachsende Gruppe von Taschenrechnern existiertenun neben den weiterhin produzierten Rechenstäben und sollte am Markt an Profilgewinnen. In der Werbung wurde die Doppelung argumentativ genutzt („MitARISTO. So und so“).

    Man setzte mit dem „neuen Kind in der Familie“ auf den Ruf der bekanntenFirmentradition. „Das Know-how von über hundert Jahren Feinwerktechnik undneueste Erkenntnisse der Halbleitertechnik sind die Grundlage bei der Fertigungder ARISTO Electronic-Rechner.“ [19]

    Rolf Jäger ging in seinen Beiträgen in den verschiedenen Serien der ARISTO-Mitteilungen [6, 8] auf diesen Dualismus ein und stellte sich der Frage, ob dieelektronischen Taschenrechner die Rechenstäbe verdrängen werden. Eine klareAntwort wurde damals noch nicht gegeben. Es konnte zwar bei Vergleichen nochrelativ leicht mit dem hohen Preisniveau der elektronischen Rechner gegenüber demRechenstab argumentiert werden, aber in Bezug auf trigonometrische Berech-nungen war der Rechenstab wegen seiner geringeren Rechengenauigkeit bereitsunterlegen.

    „Mit welchem Rechengerät schneller und sicherer gerechnet wird, hängtwesentlich von der Ausbildung und Übung ab. Der Rechenstab wird daspreiswertere Rechengerät bleiben, mit dem alle schwierigen Rechenopera-tionen gemeistert werden.“ [6]

    Tastenfeld des M 75 E Plastik-Einkaufstüte mit der neuen

    Firmenbotschaft für Messebesucher

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    ARISTO-Taschenrechner

    Jäger war der Auffassung, daß der digitale Mini-Rechner und der AnalogrechnerRechenstab Partner werden, weil dem Rechnenden sich die Möglichkeit bietet, jenach Art der Aufgabe, eine der beiden Rechenhilfen zu wählen, denn sie würdensich nützlich ergänzen. Dazu führte er aus [8]: „Die elektronischen Mini-Rechnerhaben gegenüber Rechenstäben die großen Vorteile, daß sie in den vier Grund-rechenarten rechnen, also auch addieren und subtrahieren können, daß sie mit mehrStellen eine größere Rechengenauigkeit erreichen und daß sie mit dem Fließkommakommarichtige Ergebnisse liefern. Demgegenüber ist das Rechnen mit dem Re-chenstab übersichtlicher, insbesondere bei Proportionen und Tabellenbildungen”.Und weiter wird ausgeführt: “Der Ingenieur lernt, seine Rechenhilfen richtig ein-zusetzen. Alle Verächter des Rechenstabes, die mit dem Skalenlesen nicht zurecht-kommen und alle Genauigkeitsfanatiker greifen zum Mini-Rechner. Alle Rechen-stabbenutzer, die das Stabrechnen gründlich gelernt haben, bleiben dabei, denn derTaschenrechenstab ist leichter, kleiner und billiger. Viele Benutzer des Rechenstabesleisten sich aber zusätzlich einen Mini-Rechner als Ergänzung zum Rechenstab.“

    Fortführung und Erweiterung des erfolgreichenDesigns mit einer zweiten RechnergenerationZwischen 1975 und 1977 folgten weitere Modelle in der Reihenfolge M 85, M 42,M 66 und M 76. Das Tastenfeld wurde durch eine zusätzliche Tastenreihe ver-breitert. Mit nun insgesamt 25 Tasten konnte der Leistungs- und Funktionsumfangder Rechner erheblich erweitert werden. Der Anwenderkreis wurde differenzierterund hinsichtlich der Schulen auch neu bestimmt.

    Der ARISTO M 85 war ein Rechner für vorwie-gend naturwissenschaftlich-technische Anwendungen.Er bot zusätzliche Möglichkeiten und Leistungssteige-rungen, die bisher beim M 75 vermißt wurden: Expo-nentialschreibweise, die Erweiterung des Rechenbe-reiches auf 200 Dekaden, die Möglichkeit, mit Klam-mern zu rechnen, und er erlaubte erweiterte Speicher-operationen. In der zweiten Rechnergeneration war derM 85 das Spitzenmodell. Der Rechner wurde anfangsmit roten Leuchtdioden, später mit grünen Fluores-zenzanzeigen hergestellt, welche weniger Strom ver-brauchten. Dadurch war es möglich, den Rechner mitnur zwei Trockenbatterien je 1,5 V zu betreiben. Dieseneue Anzeigetechnik wurde für die ganze Serie mit dererweiterten Tastatur eingeführt.

    Tastenfeld des M 85

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    Der M 42 war ein Rechner für Schule und Beruf mit einer einfachen Tastenbe-legung, aber einigen zusätzlichen Möglichkeiten, wie z.B. Vorzeichenwechsel, dasZiehen von Quadratwurzeln, addieren und subtrahieren im Speicher, Registeraus-tausch, Prozentautomatik und automatische Konstantenrechnung.

    Der M 66 baute auf dem M 42 auf. Er war ein universeller Rechner mit allen inder Technik und in der Schule oft geforderten Funktionen, soweit trigonometrischeund logarithmische Funktionen nicht benötigt wurden. Durch Doppelbelegung derTasten war Speicheraustausch möglich. Außerdem bot der Rechner durch Tasten-druck die Anzeige bzw. Berechnung von π, 1/x und x2.

    Der M 76 war ein technisch-wissenschaftlicher Taschenrechner mit Exponen-tenanzeige für die Sekundarstufe und das Studium. Er hatte zwar ein um fünfTasten verkleinertes Bedienungsfeld, dafür waren aber alle 20 Tasten mit Doppel-belegung versehen. Da der Leistungsumfang Winkelfunktionen und Logarithmeneinschloß, wurde dieses Gerät als Nachfolgemodell des M 75 E und des ARISTOUnilog betrachtet.

    Anmerkungen über die Rechenlogikeiniger ARISTO Electronic-RechnerDie Rechner M 42, M 66, M 85 und später auch die Modelle top und M 16,arbeiteten mit der gleichen Rechenlogik. Damit war gemeint, daß bei allen vierGrundrechenarten der zuletzt eingegebene Wert vor der Tastung < = > stets dieKonstante mit dem vorher eingegebenen Operationszeichen (+, –, x, :) ist. So wirdz. B. bei der Berechnung von 2 x 5 durch wiederholtes Tasten von 5 immer wiedermit 5 multipliziert, also x 5 weiter gerechnet.

    Diese Vereinfachung der Rechenmethode durch nur einmalige Eingabe derKonstanten macht das Prinzip des Operators deutlich, den viele Schulbücher ver-wenden. Ohne Extraschalter oder Extra-Tasten funktionierte die Konstanten-rechnung automatisch. An diesem Beispiel ist gut zu erkennen, daß ARISTO sichsehr auf didaktische Anforderungen und Bedürfnisse der Schulen eingestellt hatte.Bemerkenswert ist auch, daß sogar noch etwa 30 Jahre später auf die ARISTO-

    Tastenfeld des M 42 Tastenfeld des M 66 Tastenfeld des M 76

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    ARISTO-Taschenrechner

    eigene Rechenlogik Bezug genommen wird. Mit der überraschenden Anfrage einesMathematikprofessors der Universität Münster im Jahre 2002 läßt sich dies ver-deutlichen [15]. Er benötigte für einen groß angelegten Unterrichtsversuch circa 140Exemplare des Modells M 66 und suchte nach Beschaffungsquellen! Seine Begrün-dung bezog sich einzig und allein auf die erwähnte Rechenlogik und führte weiteraus, daß die heutzutage angebotenen Rechner aus didaktisch-methodischer Sicht beider Konstantenspeicherung „unlogisch“ arbeiten und nur der ARISTO-Rechnersich durch eine konsequente Operatoreneigenschaft auszeichnete.

    Klassensatz-Ladegeräte und Rechner-DemonstratorenZwei weitere Produktvarianten, mit denen man ausschließlich auf den Einsatz anSchulen abzielte, waren die Klassensatz-Ladegeräte und die Rechner-Demonstra-toren. Die Modelle M 42, M 66, M 76, M 85, parat und unilog wurden neben dernormalen Batterie-Version auch mit fest eingebauten Akkus produziert. Erkennbarwaren diese Modelle an der Zusatzbezeichnung „S“ und sie wurden einschließlichNetz-/Ladegerät ausgeliefert. Für das geregelte Aufladen und das Verhindern vonTiefentladungen empfahl ARISTO das speziell für den Schulbetrieb entwickelte, ineinem Transportkoffer befindliche Klassensatz-Ladegerät. Dieser Koffer konntemit bis zu 20 Rechnern bestückt werden, war abschließbar, konnte bequem in dieKlasse mitgenommen werden und mußte nach Gebrauch wieder an die Steckdoseangeschlossen werden. Damit war dafür gesorgt, daß die Ausgabe und das Ein-sammeln der Rechner überschaubar blieb. Das Klassensatz-Ladegerät war für dieS-Modelle M 42 S, M 66 S, M 76 S, M 85 S, top S und unilog S lieferbar [5].

    Klassensatz-Ladegerät M 76 S

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    Jörn Lütjens

    Außerdem wurden von den Modellen ARISTO M 42, M 66, M 76 und M 85sogenannte Demonstratoren gefertigt. Das waren Rechner in einer Größe von 74cm Höhe, 37 cm Breite und 4,5 cm Dicke, die an einer Schultafel angehängt wurdenund damit für alle Schüler im Klassenraum sichtbar waren. Diese Großgerätearbeiteten mit der gleichen Rechentechnik, wie die kleinen Taschenrechner. AllesÄußerliche war proportional vergrößert. So hatte die Leuchtziffernanzeige eineHöhe von 21 mm und war damit auch aus größerer Entfernung gut lesbar.

    Der Trend zum BilligrechnerARISTO hatte neben der bisher dargestellten Produktreihemit dem bekannt gewordenen Design eine dritte Genera-tion von Rechnern der billigeren Preisklasse entwickelt. Eshandelte sich um die Modelle top, M 16, parat und unilog,deren Form, Farbgestaltung, Bedienkomfort und Strom-versorgung sich deutlich von den bisherigen Rechnern ab-setzte. Diese Rechner hatten eine Tastatur mit Druck-punkt, eine rote Leuchtziffernanzeige und wurden miteiner 9 V Blockbatterie betrieben. Die einfachsten Rechnerwaren die Modelle top (März 1976) und M 16 (Mai 1977).Ihre Leistungsfähigkeit beschränkte sich auf die vierGrundrechenarten mit Konstantenrechnung und Prozent-automatik, wobei der M 16 noch zusätzlich mit einem ein-fachen Speicher ausgestattet war. Das Modell parat hattedagegen einen echten Speicher mit Registeraustausch. Fürtechnisch-wissenschaftliche Berechungen bot ARISTO das

    Der frühere Entwicklungsingenieur Werner Cordes

    mit Rechner-Demonstratoren M 66 und M 85

    ARISTO-Rechner top

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    ARISTO-Taschenrechner

    Modell unilog an. Dieser Rechner war hinsichtlich seiner Ausstattung und Leistungs-fähigkeit mit dem Typ M 75 E identisch, stellte aber eine preiswertere Alternativedar.

    Die vierte Generation: Rechner mit Knopfbatterien undFlüssigkristall-Anzeige (LCD)Mitte der 1970er Jahre begannen sich bei elektronischen Geräten Flüssigkristall-anzeigen (LCD) durchzusetzen. Damit war das Ende der „stromfressenden“ rotenund grünen Ziffernanzeigen gekommen. Gleichzeitig schritt die Leistungsfähigkeitder Mikrochips und die Miniaturisierung der Bauelemente weiter voran. Jetztkonnten besonders leichte und flache Rechner mit extrem geringem Stromver-brauch gebaut werden. Dieser Trend wurde auch bei ARISTO registriert und soentschied man sich für ein technisch neues Konzept von Taschenrechnern. Aberauch das Design änderte sich grundlegend. Neben den bewährten SchulrechnernM 42, M 66, M 76 und M 85 erschienen ab 1977 in kurzer Folge hintereinander diebesonders flachen Modelle M 400, Tourist, M 300, M 700 und M 800. DieseRechner wurden nicht mehr in Hamburg, sondern in Japan produziert. Die folgen-den Kurzbeschreibungen wurden einem Werbeprospekt [4] entnommen:

    ARISTO M 400

    Der universelle Taschenrechner, 7,5 mm flach, ca. 70 g leicht, mit großer8-stelliger Flüssigkristallanzeige auf gelbem Grund. Er hat eine finger-gerechte Tastatur mit weichen Druckpunkttasten. Negatives Vorzeichen,Prozent- und Wurzelautomatik, Vorzeichenwechsel und saldierenderSpeicher (M+, M-), Speicherbelegung und Ergebnisüberlauf werdenangezeigt.

    Die ARISTO-Billigrechner M 16, parat und unilog

  • 382

    Jörn Lütjens

    ARISTO-Tourist

    Ein außergewöhnlicher Rechner mit permanentem Speicher, der auch imausgeschalteten Zustand behält, was man hinein gegeben hat, z.B. denWährungsfaktor, die Ausgaben während des Urlaubs oder eine Telefon-nummer. Die Rechentechnik gleicht der des M 400.

    ARISTO M 300

    Ein Rechner im Scheckkartenformat. Die Rechentechnik entspricht derdes M 400.

    ARISTO M 700 und M 800

    Zwei universelle technisch-wissenschaftliche Rechner, die zudem auch dieDurchführung statistischer Berechnungen wesentlich erleichtern. DerARISTO M 800 verfügt gegenüber dem M 700 zusätzlich über hyper-

    ARISTO-Rechner der vierten Generation: M 400, Tourist, M 300

    ARISTO M 700 und M 800

  • 383

    ARISTO-Taschenrechner

    bolische Funktionen einschließlich deren Umkehrung, die Umrechnungvon Polar- in rechtwinklige Koordinaten und umgekehrt, über weiterestatistische Funktionen und eine 10stellige Anzeige.

    Der Tischrechner R 40001978 erschien ARISTO mit einem (ebenfalls in Japan produzierten) ungewöhnlichenRechner auf dem Markt. Es war gedacht als „idealer Tischrechner für Chefs, Ärzte,Rechtsanwälte, große und kleine Gewerbetreibende, Handwerker und unzähligemehr“, wie es in der Werbebroschüre [3] heißt. Die Rechentechnik war auf kauf-männische Bedürfnisse ausgerichtet. Typisch dafür waren z.B. vielseitige Prozent-rechnungen, Durchschnittswerte, Postenzähler, vollwertiger saldierender Speicher,Umschaltung zwischen Fließ- und Festkomma mit kaufmännischer Rundung undvergrößerte Tasten.

    Rechnermodelle, die nie in den Handel gelangt sindDie im weiteren besprochenen und abgebildeten Exemplare sind Prototypen oderVorserienmodelle.

    • Der M 61 unterscheidet sich vom M 36 nur in einer Funktionstaste: Statt der%-Taste beim M 36 verfügt der M 61 über eine Quadratwurzeltaste.

    • Über den M 86 (mit roter Ziffernanzeige) ist in den „Mitteilungen für die Schul-praxis“ [7] unter der Rubrik „ARISTO-Neuheiten“ zu erfahren, daß er gegen-über dem M 85 zusätzliche Speicherkapazität hat und in vier Klammerebenenrechnet. In Serie gegangen ist das Modell jedoch nicht.

    • Das Modell hit hat gegenüber dem Modell top die zusätzlichen SpeichertastenMR und MS.

    • Das Modell logon unterscheidet sich äußerlich nicht vom Modell unilog, wahr-scheinlich gibt es Unterschiede in der Ziffernanzeige oder in der Rechenkapa-zität.

  • 384

    Jörn Lütjens

    • Beim Modell M 150 fällt äußerlich nur auf, daß die Beschriftung der Tastennicht auf ihnen selber, sondern darüber auf dem Gehäuse untergebrachtworden ist. Vermutlich war dies eine kaufmännische Variante des M 400.

    Das Ende der ProduktionDie Endphase der ARISTO-Rechner wurde unter anderem eingeleitet durch eineninternational stetig voranschreitenden Preisverfall bei elektronischen Geräten undBauelementen. 1978 verschärfte sich die Situation derart, daß man dem ruinösenPreiskampf nicht weiter standhalten konnte. Als für ARISTO die einzukaufendenRechnerchips genauso viel kosteten wie komplette Taschenrechner anderer Her-steller, war der Zeitpunkt gekommen, die Produktion von elektronischen Taschen-rechnern im Januar 1979 einzustellen. Als es etwa zeitgleich und parallel zur Ent-

    Nicht in den Vertrieb gelangte ARISTO-Rechner: M 61, M 86, hit, logon, M 150

  • 385

    ARISTO-Taschenrechner

    wicklung der Taschenrechner einen dramatischen Einbruch beim Umsatz vonRechenschiebern gab und alternative Entwicklungsmöglichkeiten nicht in Sichtwaren, wurden die ARISTO-WERKE DENNERT & PAPE KG schließlich an denHamburger Schreib- und Zeichengerätehersteller Rotring verkauft. Um den Repa-ratur- und Servicedienst für die ARISTO-Electronic-Rechner langfristig zu sichern,sind am 1.3.1979 alle mit Garantieverpflichtungen verbundenen Dienste vertraglichabgesichert an die Hamburger Firma Wiepking & Co übergegangen [2].

    Tabellarische Übersicht aller Taschenrechner-Modelleund ihrer technischen Daten (soweit verfügbar)

    Gruppe

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    11]

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    [18]

    Bem

    erkun

    gen

    „Startmodell“ M 27 07.11.1972 2. Version: Gehäuse hellgrau

    3. Version: mit CE-Taste

    4. Version: veränderte

    Tastenoberflächenform

    M 36 27.09.1974 Apr 76 1. Version: mit zwei

    Schiebeschaltern;

    2. Version: mit einem

    Schiebeschalter, rote CM

    statt xy-Tausch-Taste

    M 64 Okt 73 Apr 76 1. Version: mit drei

    Schiebeschaltern;

    2. Version: mit zwei

    Schiebeschaltern

    M 65 27.09.1974 Jun 76

    M 75 22.03.1974 Mai 76

    M 75 E Mai 76 Mrz 77

    M 80 15.04.1975 Apr 76

    M 42 06.04.1977 Dez 78

    M 66 12.04.1977 Jan 79

    M 76 15.04.1977 Jan 79

    M 85 28.05.1975 Dez. 77

    Jan. 79

    1. Version:

    rote LED-Anzeige;

    2. Version:

    grüne LED-Anzeige

    1. Generation:

    20 Tasten, rote

    LED-Anzeige,

    drei Batterien

    Mignon 1,5 V

    2. Generation:

    25 Tasten,

    grüne LED-

    Anzeige, zwei

    Batterien

    Mignon 1,5 V

  • 386

    Jörn Lütjens

    AusblickAngesichts der etwa 20 verschiedenen Taschenrechnerarten innerhalb von 7 Jahrenerscheint die Modelldifferenzierung von ARISTO aus heutiger Sicht doch sehrungewöhnlich. Die damaligen Bemühungen, die Rechnervielfalt mit einem Typen-system zu begründen, konnte nicht schlüssig vermittelt werden. Daß die Schulenals Hauptabnehmer im Fokus aller Anstrengungen waren, ist an der Modellvielfaltleicht erkennbar. Man ist im Prinzip genau so verfahren wie bei den Schul-Rechen-stäben, nämlich für fast jede Schulstufe und verschiedene Schularten einen beson-ders geeigneten Taschenrechner anbieten zu können. Als Begründung für dieseModellpolitik wurde eine optimale Anpassung an die jeweils gültigen Lehrpläne unddidaktisch-methodischen Wünsche des Lehrpersonals herangezogen. Die Entschei-dungen, etwa Taschenrechner mit oder ohne %-Rechnung, mit unterschiedlichenSpeichermöglichkeiten, mit oder ohne trigonometrischen und logarithmischenFunktionen – und das alles in mehreren Varianten anzubieten, führte in der Praxiszwangsläufig dazu, daß bei Erreichen der nächst höheren Schulstufe oder beimWechsel in eine andere Schulform auch die Taschenrechner gewechselt werdenmußten. Ob das bei dem damaligen Preisniveau wirklich im Sinne der Benutzer war,erscheint heute eher zweifelhaft.

    Hinzu kam, daß sich die Techniker von ARISTO immer in den Zwängenzwischen Angebot und dessen permanenter Recherche sahen. Nur einmal gelang esARISTO – und zwar durch das Entgegenkommen des Chipherstellers Rockwellbeim Design der Rechenbausteinfamilie 1211/1241 – ein auch in der Rechenlogik

    Gruppe

    Mo

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    11]

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    [18]

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    top Mrz 76 Dez 76

    M 16 18.01.1977 Okt 78

    parat Mrz 77

    unilog Mrz 77

    M 300 Nov 78

    M 400 Aug 78

    M 700 Nov 78

    M 800 Nov 78

    Tourist Jun 78

    R 4000 Dez 78

    3. Generation:

    (sog. „Billig-

    Rechner“),

    rote LED-

    Anzeige, 9V

    Blockbatterie

    4. Generation:

    (in Japan

    hergerstellt)

    bis auf R 4000

    alle mit LCD-

    Anzeige und

    Knopfzellen-

    Batterien Tischrechner grüne LED,

    zwei 1,5V Batterien IEC R20.

    Kein Netzgerät

  • 387

    ARISTO-Taschenrechner

    nach eigenen Wünschen gestaltetes Produkt einzusetzen (M 36, M 64 und M 65).Gleichwohl waren die 1970er Jahre die Pionierzeit, was die Entwicklung neuer undverbesserter Technologien betrifft. Der Zwang zur Miniaturisierung bei gleich-zeitiger Leistungssteigerung und sinkendem Stromverbrauch führte schon damalszu Entwicklungen, die ihrer Zeit voraus waren und nicht immer gleich umgesetztwerden konnten.2

    Eines bleibt abschließend jedoch bemerkenswert: Mit dem Design der erstenbeiden Rechnergenerationen ist es ARISTO gelungen, einen Meilenstein zu setzen.Fast 25 Jahre nach dem Produktionsende gibt es immer noch Menschen, die dieseGeräte nach wie vor gern benutzen – und nicht zuletzt deshalb, weil sie so ange-nehm zu handhaben sind.

    Quellenangaben[1] ARISTO-Information an alle Händler, Okt. 1972[2] ARISTO-Information an alle Händler, März 1979[3] ARISTO Liste R 4000. Kennung O/RALE von 1978[4] ARISTO Liste MS: Das komplette Rechner-Programm für Schule, Ausbildung und

    Beruf; ohne Jahrgangsangabe[5] Jäger, Rolf: ARISTO-Neuheiten; in ARISTO Mitteilungen für Hauptschulen, Heft

    23, März 1976, S. 3 f.[6] Jäger, Rolf: Rechenstab und Electronic-Rechner. in ARISTO Mitteilungen für die

    Schulpraxis, Heft 39, Sept. 1974, S. 3[7] ARISTO-Neuheiten; in: ARISTO Mitteilungen für die Schulpraxis, Heft 42, März

    1976, S. 11[8] Jäger, Rolf: Mini-Rechner oder Rechenstab? in: ARISTO Mitteilungen für Fach- und

    Hochschulen, Heft 17, April 1974, S. 4[9] Cordes, Werner: Entwurfsskizzen und Konstruktionszeichnungen[10] Bacher, Manfred: ARISTO Electronic-Rechner im Unterricht. Sonderdruck 1975[11] Dennert, Georg: handschriftliche Auflistung über Lieferungsbeginn einiger

    Taschenrechner (ohne Datum)[12] iF Industrieforum Design e.V.;

    Webseite http://www.ifdesign.de/awards_Juroren_index_d[13] Innerbetriebliche Mitteilung vom 13.4.1973 von der Geschäftsleitung an die

    Betriebsleitung[14] Innerbetriebliche Mitteilung vom 17.4.1975[15] Meißner, Prof. Dr. H., Universität Münster: Email vom 28.3.2002 an Jörn

    Lütjens[16] Müller, Friedrich: Besuchsbericht Hannover-Messe an die Geschäftsleitung

    vom 28.4.1971.[17] Presseveröffentlichungen:

    • Der Abend 14.2.1972,• elektronik-zeitung 25.2.1972,

    2 Informationen aus einem Gespräch mit Herrn Cordes am 21.8.2003

  • 388

    Jörn Lütjens

    • Zeitschrift für Bürotechnik und Informatik Heft 4/1972,• VDI-Nachrichten Nr. 16, 19.4.1972

    [18] Vertrag zwischen Wiepking & Co und ARISTO Dennert & Pape vom26.2.1979, Anlage 1: Liste Produktionsübersicht

    [19] Werbeprospekt ARISTO-Liste MG/2 von 1975

    Abbildungsnachweis

    Entwurfs- und Konstruktionszeichnungen: Werner Cordes. Abbildungen derTaschenrechnermodelle M 61, hit, logon, M 150: Nils Oetling. Alle anderenAbbildungen sind vom Verfasser.

    Jörn Lütjens

    22926 Ahrensburg


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