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Ardagh Unliebsame Überraschunge...Philip Ardagh Unliebsame Überraschungen Aus dem Englischen von...

Date post: 31-Jan-2021
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Philip Ardagh Unliebsame Überraschungen
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  • Philip ArdaghUnliebsame Überraschungen

    Unliebsame Ueberrasch_Titel.qxd 25.09.2007 7:53 Uhr Seite 1

  • DER AUTOR

    Über zwei Meter lang, ein buschigerBart – Philip Ardagh ist nicht nur sehrgroß und sehr haarig, sondern er hatauch mehr als 60 Bücher geschrieben,für Kinder jeden Alters.Ardagh, der mit seiner Familie inirgendeinem Küstenort in England lebt,arbeitete u. a. als Werbetexter, alsReinigungskraft, als Bibliothekar und als Vorleser für Blinde. Derzeit ist er Vollzeitschriftsteller. Seine Bücherwurden in mehr als 20 Sprachenübersetzt.

    Von Philip Ardagh ist bei cbjerschienen:

    Schlimmes Ende (Erstes Buch derEddie-Dickens-Trilogie) (12701)Furcht erregende Darbietungen(Zweites Buch der Eddie-Dickens-Trilogie) (12766)Schlechte Nachrichten (Drittes Buchder Eddie-Dickens-Trilogie) (12767)Unliebsame Überraschungen (ViertesBuch der Eddie-Dickens-Trilogie)(12834)Abscheuliche Angewohnheiten(Fünftes Buch der Eddie-Dickens-Trilogie) (12859)

    Bei Omnibus ist erschienen:

    Schlimmes Ende (21507)Furcht erregende Darbietungen(21608)Schlechte Nachrichten (21696)

    Weitere Informationen über Philip Ardagh und seine Bücher unter www.philipardagh.co.uk

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  • Philip Ardagh

    UnliebsameÜberraschungen

    Aus dem Englischen von Harry Rowohlt

    Mit Illustrationen von David Roberts

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  • OMNIBUS ist der Taschenbuchverlag für Kinderin der Verlagsgruppe Random House

    Verlagsgruppe Random House FSC-DEU-0100Das für dieses Buch verwendete FSC-zertifizierte Papier Munken Printliefert Arctic Paper Munkedals AB, Schweden.

    1. Auflage Erstmals als OMNIBUS Taschenbuch Mai 2007Gesetzt nach den Regeln der Rechtschreibreform© 2003 für den Originaltext Philip Ardagh© 2003 für die Illustrationen David Roberts© 2005 für die deutschsprachige Ausgabe cbj, MünchenAlle deutschsprachigen Rechte vorbehaltenDie englische Originalausgabe erschien 2003 unter dem Titel »Dubious Deeds«bei Faber and Faber, London.Der Abdruck der »Verse von der Brechstange« auf S. 35erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Autors.Übersetzung: Harry RowohltLektorat: Kirsten GottholdUmschlagbild: David RobertsUmschlaggestaltung: Atelier Langenfass, Ismaninghe · Herstellung: CZSatz: Uhl+Massopust, AalenDruck und Bindung: GGP Media GmbH, PößneckISBN: 978-3-570-21794-8Printed in Germany

    www.omnibus-verlag.de

    SGS-COC-1940

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  • Dies Buch ist jetzt fürTessa MacGregor, die schottische Maid,

    und für Louise Sherwin-Stark,die außergewöhnliche Australierin.

    Euch beiden ein dickes professionelles»Danke schön!«

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  • Eine Mitteilung vom AutorDer froh ist, wieder da zu sein

    Eddie Dickens ist wieder da und diesmal ist er wütend! Na, stimmt eigentlich gar nicht, aber es wäre ein schönerSpruch für unten auf dem Plakat, wenn dies ein Film wäre.

    Eddies Abenteuer waren am Ende der Eddie-Dickens-Trilo-gie noch längst nicht zu Ende. Das Leben hatte für ihn noch vielmehr auf Lager und hier ist das erste seiner Weiteren Aben-teuer. In »Unliebsame Überraschungen« befindet sich Eddiegenau da, wo ich mich jetzt befinde, im heidekrautübersäten(oder heideüberkrauteten) schottischen Hochland. Zwar mag ervon der vertrauten Umgebung in »Schlimmes Ende« weit ent-fernt sein, aber ihr könnt sicher sein, dass er seine Familie nichtso leicht vergisst.

    Also hebt eure ausgestopften Wiesel hoch in die Luft undlasst die Geschichte beginnen…

    Philip ArdaghSchottland, im Jahr 2003

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  • Ardagh_Unliebsame Überraschunge 25.09.2007 7:56 Uhr Seite 8

  • Inhalt

    1 Der Tiger mit dem SchottenkaroIn welcher Eddie ein fremdes Land be- und in warmen Pferdemist tritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 Ein gemischter ClanIn welcher Eddie weitere McFeeeeeeees und andere einheimische wilde Lebewesen kennenlernt . . . . . . . 233 Eine Überraschung für alle BeteiligtenIn welcher der Grund für Eddies Reise nach Schottland enthüllt wird . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 Ein altes und ein neues TestamentIn welcher Eddie seinen Anwalt vorübergehend verabschiedet und einige seltsame Obstesser kennenlernt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495 Jede Menge MacMucklesIn welcher Eddie eine Lektion in schottischer Geschichte und eins auf die Nase kriegt . . . . . . . . . . 576 Unliebsame ÜberraschungenIn welcher Eddie einen Rundgang mit Führungund eine ziemliche Überraschung erlebt . . . . . . . . . . 677 Es liegt was in der LuftIn welcher Eddie es mit einem Verdächtigen zu tunund ziemlich guten Kuchen zu essen kriegt . . . . . . . 828 Ein schottisches VolksfestIn welcher Pläne geschmiedet werden und wir den K PUS kennenlernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

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  • 9 Wirklich königlich, diese Ankunft!In welcher ein mit Marmelade gefülltes Plätzchenund ein einsamer Dudelsackspieler unter königliche Füße geraten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10010 Der Schein trügtIn welcher Eddie eine Entdeckung macht. Unterdessenschreibt der Autor die längste Folge innerhalb dieses Buches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11111 Durchkreuzte Pläne!In welcher Eddie sowohl recht als auch unrecht hat und Malcolm zum Einsatz kommt . . . . . . . . . . . . . . . 127

    Schlussbemerkung des Autors . . . . . . . . . . . . . . . 142

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  • FOLGE 1

    Der Tiger mit dem SchottenkaroIn welcher Eddie ein fremdes Land be-

    und in warmen Pferdemist tritt

    Schottland war überhaupt nicht so, wie Eddie Dickens essich vorgestellt hatte, weil sich Eddie Dickens Schottlandnoch nie vorgestellt hatte. Alles Schottische war der letzteSchrei, als Eddie im heidekrautüberwucherten schottischenHochland ankam, aber niemand konnte der Familie Dickensvorwerfen, dass sie sich irgendwelchen Modediktaten beugte.Eddie hatte geschäftlich in Schottland zu tun. Einer der größ-ten Schottland-Fans war zu jener Zeit Königin Victoria, die da-mals auf dem Thron saß, außer wenn sie mal schnell aufs Klosauste oder einen öffentlichen Auftritt hatte, damit ihre Unter-tanen die Möglichkeit für einen Mordversuch bekamen (wasdamals ein beliebter Zeitvertreib war). Victoria (die mit Vor-

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  • namen in Wirklichkeit Alexandrina hieß) hatte ein Schloss inSchottland und ein schottischer ghillie war ihr großer Favorit.Wenn ihr euch fragt, ob ein ghillie Fisch, Geflügel oder Ge-steinsformation ist, muss ich euch leider sagen, dass die Ant-wort »weder noch« sowie »nein« lautet. Ein ghillie ist ein schot-tischer Diener und Königin Victorias schottischer Diener warein ziemlich großer, haariger Typ namens John Brown, und derist einer der wenigen Menschen in diesem Buch, dessen Namenicht mit »Mac« oder »Mc« anfängt.

    Der Schotte, der Eddie auf dem winzigen Bahnhof be-grüßte, war auch sehr behaart, dafür aber sehr, sehr klein.

    »Ich bin McFeeeeeeee«, sagte er und holte Eddies Reise-tasche aus dem Abteil, welches man auch »Coupé« nennenkönnte; der Unterschied ist der gleiche. Auf jeden Fall befandsich das Abteil in einem Eisenbahnwaggon, der von der be-rühmten Von-London-nach-Schottland-Lokomotive gezogenwurde, dem Tartan Tiger, dem Tiger mit dem Schottenkaro.

    So wie der kleine, rothaarige Mann »McFeeeeeeee« sagte,hatte Eddie den Eindruck, der Name würde mit sieben »e« ge-schrieben, aber da hatte er unrecht. Es waren acht, und wennihr mir nicht glaubt, könnt ihr gern nachzählen. Seht ihr?

    Früher war Eddie mit einem großen Koffer gereist, aber seit

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  • einem garstigen Zwischenfall, als die Noch WahnsinnigereTante Maud (die in Wirklichkeit seine Großtante war) sich indem Koffer als blinde Passagierin auf ein Schiff geschmuggelthatte, reiste er gern mit Gepäck, welches kleiner war als seinekleinste Verwandte, um so sicherzustellen, dass sich keiner indem Gepäckstück verbarg.

    »Es ist mir ein Vergnügen, Sie kennenzulernen, Mr Mc-Feeeeeee«, sagte Eddie.

    »Das schreibt man aber mit acht ›e‹«, sagte Mr McFeeeeeeee.»Ich bitte vielmals um Entschuldigung?«, fragte Eddie, stieg

    aus und auf den Bahnsteig und schloss die Tür des Eisenbahn-abteils hinter sich.

    »Sie haben meinen Namen ausgesprochen, als schriebe ersich nur mit sieben ›e‹, junger Herr Edmund, es sind aberacht«, erläuterte Angus McFeeeeeeee. Er sprach mit einemsehr breiten schottischen Akzent. In Wirklichkeit sprach er mitdem Mund, aber die Wörter, die aus ihm herauskamen, warenin breitem Schottisch.

    »Ich bitte vielmals um Entschuldigung«, wiederholte Eddie,aber diesmal eher um Verzeihung bittend als im Sinne von»Was meinen Sie überhaupt?«… falls ihr versteht, was ichmeine.

    »Ich vergebe Ihnen«, sagte McFeeeeeeee, »da Sie ja nur einkleinwinziger Sachse sind und alles.«

    »Ein kleinwinziger Sa-was?«, fragte Eddie höflich. Er hatteschon früh im Leben entdeckt, dass man, wenn man etwasnicht versteht oder nicht weiß, was los ist, am besten fragt…denn sonst konnte so was zu sonst was führen.

    »Ein Sachse ist jemand, der nicht aus dem schottischenHochland stammt«, erklärte McFeeeeeeee. »Ein Ausländer.«

    »Bisher war ich noch nie Ausländer«, gestand Eddie. Er

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  • fühlte sich kein bisschen anders und das enttäuschte ihn ehr-lich gesagt ein bisschen.

    »Für mich waren Sie aber immer schon ein kleinwinzigerAusländer«, betonte der Mann.

    »Muss ich wohl gewesen sein«, sagte Eddie. »Komisch,wenn ich dran denke, dass ich für manche Menschen immerschon ein Ausländer gewesen bin, ohne je so recht daran ge-dacht zu haben.«

    Damals, zu den Zeiten von VR – wobei VR die Abkürzungvon Victoria Regina ist, was Latein ist und »Königin Victoria«bedeutet, aber mit einem Buchstaben weniger (aber dafür mit14 kursiven Buchstaben, die irgendwie viel mehr hermachen)geschrieben wird –, glaubten die Engländer, dass jeder, der sienoch einigermaßen alle beisammenhatte, auch Engländer seinwollte; wenn man also Ausländer war, war man nur Zweitbes-ter. Und zwielichtig. Und nicht vertrauenswürdig.

    Und hier war nun McFeeeeeeee und nannte ihn nicht nureinen Ausländer, sondern auch noch einen kleinwinzigen Aus-länder. Eddie fand es ein wenig dreist, wenn einen ein voll aus-gewachsener Mann »kleinwinzig« nannte, der kleiner war alsman selbst und, mit seinem runden, platten Tartan-tam-o’-shan-ter auf dem Kopf, nichts so sehr ähnelte wie einem behaartenPilz!

    Ein tam-o’-shanter ist eine Art Mütze. (Seht euch doch dasBild von McFeeeeeeee an. Das müsste hier irgendwo abge-druckt sein, wenn ich nicht vergessen habe, den Illustrator da-rum zu bitten, eins zu zeichnen.) Tartan – das Wort für Schot-tenkaro – erfordert etwas mehr Erklärung, aber keine Bange,das wird später eine der Romanfiguren übernehmen; das brau-che ich nicht jetzt zu tun. (Ich habe schließlich Blumen zu gie-ßen und Katzen zu füttern.)

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  • Mr Angus McFeeeeeeee war der Anwalt der Familie Di-ckens in Schottland. Wie die Königin hatte auch die FamilieDickens – oder, um genauer zu sein, hatten auch der Wahn-sinnige Onkel Jack und die Noch Wahnsinnigere Tante Maud –Grundbesitz in Schottland, aber im Gegensatz zu Ihrer Majes-tät fuhren sie da nur selten hin. Sie zogen es vor, in ihrem Baum-haus und ihrer hohlen Kuh zu bleiben, zu Hause im Garten vonSchlimmes Ende (wo Eddie jetzt mit seinen Eltern wohnte.)

    Damals, zu jener Zeit, als die Noch Wahnsinnigere TanteMaud noch keinerlei wahnsinnige Tante war, geschweige denneine noch wahnsinnigere Großtante, war sie ganz einfach dieWahnsinnige Mrs Jack Dickens. Ihr mögt finden, »Jack« wäreein seltsamer Name für eine Frau, besonders für eine, dieMaud heißt, aber von verheirateten Frauen sprach man qua(nein, man sprach nicht qua von ihnen; man war ja keine Ente;qua ist wieder Latein und bedeutet das zweite Wort, waskommt, wenn die Klammer endlich wieder zu ist) oder per (dasist wieder Latein und bedeutet wieder das zweite Wort – nachoder –, welches kommt, wenn die Klammer wieder endlich zuist) oder mit sowohl Vor- als auch Nachnamen ihrer Ehe-männer. Wenn man mit einem Bill Bloggs verheiratet war,wurde man Mrs Bill Bloggs genannt. Bevor Maud jedoch ge-heiratet hatte, war ihr Mädchenname MacMuckle gewesen,sodass sie, bis sie mit Jack Dickens das Band der Ehe knüpfte,schlicht und einfach die Manisch Mürbe Maud MacMucklewar.

    (»Das Band der Ehe knüpfen« kann man übrigens sagen,wenn man eigentlich »sich verheiraten« sagen will, und es lässtsich wahrscheinlich bis zu einem steinalten, seltsamen Bänder-knüpfritual zurückverfolgen, ich habe aber keine Ahnung, biszu welchem, und die schiere Anmutung des Bänderknüpfens

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  • finde ich nicht aufregend genug, um jetzt aufzustehen und esnachzuschlagen. Wenn ihr euch jedoch brennend für Bänderinteressiert, könnt ihr das selbst überprüfen, und das Knüpfendann gleich noch obendrein. Aber bitte lasst mich dabei außenvor. Ich will nichts damit zu tun haben. Schreibt mir nicht, ummir die Antwort mitzuteilen. Bitte. Ganz im Ernst. Wenn ich eswirklich so dringend erfahren wollte, könnte ich jederzeit dasSeil-, Strick-, Tau- und Tampen-Museum im Münster zu Mi-ckleham besuchen und sehen, ob da jemand Bescheid weiß.Immerhin ist ein Seil ein sehr dickes Band, oder? Aber »sehrdickes Band« klingt blöd; deshalb hat sich jemand einen ande-ren Namen dafür ausgedacht. Vielleicht war es aber auch einTaschentuch, in welches jemand bei diesem Vermählungsritualeinen Knoten geknüpft hat, und kein Band – dick oder nichtdick, egal.)

    Unterdessen trug sich innerhalb des Abenteuers Folgendeszu: Der Noch Wahnsinnigeren Tante Maud zufolge hatte dieFamilie MacMuckle in Schottland einst ganze Landstriche(Striche? Streifen!) sowie einige sehr feine schottische Land-sitze besessen. Jetzt jedoch gehörte nur noch das Großgut GutGroßengut bei den MacMuckle-Fällen zum Familienbesitz,welches Maud geerbt hatte und welches nun deshalb qua (oderkraft) Gesetz ihrem Mann gehörte. (Mit anderen Worten:Wenn damals eine Frau das Glück hatte zu heiraten, kriegte sie lediglich Vor- und Zunamen ihres Mannes, und er kriegtelediglich alles, was ihr gehörte, Grundbesitz, Geld, alles! Es sei denn natürlich, man hieß Königin Victoria, dann waren dieRegeln angenehm anders.)

    Offensichtlich war das Großgut Gut Großengut bei denMacMuckle-Fällen mehr als nur ein Herrenhaus und wenigerals ein Schloss. Am Namen hört man, woran das liegt. Die Mac-

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  • Muckles hatten ein Schloss im Sinn gehabt, als sie mit dem Baubegannen, und sie hatten auch schon ein paar ganz tolle hoheMauern errichtet, aber dann ging ihnen das Geld aus und sie deckten das Ganze mit einem ganz normalen Dach. Es gabkeinerlei aufregende Zinnen oder Mauertürmchen. Daher derschlichte Name Großgut Gut Großengut. Denn groß war es ja. Und die MacMuckle-Fälle gleich beim Großgut Gut Großen-gut waren ein ziemlich unbeeindruckender Wasserfall mit ei-nem ziemlich großartigen Namen.

    »Eher wie ein Rohrbruch als wie ein Wunder der Natur«,hatte die Noch Wahnsinnigere Tante Maud Eddie vor sei-ner Abreise gesagt. Bald sollte er es selbst herausfinden, denndas Großgut Gut Großengut bei den MacMuckle-Fällen warEddies Reiseziel, aber für ungeduldige Leser gibt es vorabschon mal ein Bild vom Haus und den Wasserfällen:

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  • Hat das der nette Illustrator David Roberts nicht wie immerwunderschön hingekriegt? Er sollte wirklich überlegen, ob erdas nicht als Beruf macht.

    Denjenigen von euch, die die Eddie-Dickens-Trilogie gele-sen haben – hallo, mir war doch gleich so, als hätte ich euchwiedererkannt –, wird klar sein, dass Eddie eher nie seinen Be-stimmungsort erreicht oder sehr, sehr lange braucht, bis er esdorthin schafft. Deshalb werdet ihr angenehm überrascht seinzu erfahren, dass Eddie Großgut Gut Großengut in der Nähedes Anfangs von Folge 3 erreichen wird. Schriftstellerehren-wort. Was dasselbe ist wie »Pfadfinderehrenwort«, außer dasses von einem Schriftsteller ist, der nie bei den Pfadfindern war.Vielleicht hätte ich sagen sollen: »Auf Ehr«, was nett und alt-modisch klingt und gut zur Stimmung dieses »Weiteren Aben-teuers« passt.

    »Wann werden wir Großgut Gut Großengut erreichen, MrMcFeeeeeeeee?«, fragte Eddie den schottischen Anwalt, als erihm aus dem winzigen Landbahnhof hinaus und auf eine Gassefolgte, auf der sie ein kleines Pferd samt zweirädrigem Wagenerwartete.

    »Sie werden die Nacht in meinem Haus verbringen undmorgen fahre ich Sie hin«, sagte Mr McFeeeeeeee. »Und ebenhaben Sie meinen Namen mit neun ›e‹ ausgesprochen, jungerHerr Edmund. Übertreiben Sie’s nicht, Bürschlein.«

    »Es ist ein ungewöhnlicher Name, Mr McFeeeeeeee«, sagteEddie und gab sich diesmal besondere Mühe. (Angus McFee-eeeeee hatte offenbar ein sehr scharfes Ohr, wenn es um dieAussprache seines Namens ging.)

    Der Anwalt schüttelte den Kopf. »In dieser Gegend nicht,Bürschlein, lediglich die Aussprache. Es gibt viele McFees und MacFees – mit ›M – a – c‹ – im schottischen Hochland,

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  • aber unserer ist der einzige Zweig des Clans mit so vielen ›e‹.«Eddie konnte den Stolz in der Stimme des Mannes hören.

    McFeeeeeeee packte Eddies Reisetasche auf die Lade-fläche des kleinen zweirädrigen Pferdewagens und kletterteauf den Kutschbock. Eddie sprang hinter ihm auf. Mit einemSchnalzen der Zügel fuhren sie los.

    »Was genau ist ein Clan?«, fragte Eddie.»Ein Stamm. Eine Familie«, erklärte Angus McFeeeeeeee.

    »Mein Zweig bestand aus furchterregenden Kämpfern. In denalten Zeiten, als wir uns noch offen im Krieg mit euch Englän-dern befanden, waren meine Vorfahren berühmt dafür, dass sievon Bäumen auf ahnungslose englische Soldaten sprangen, dieunter ihnen vorbeiritten… und sie mit bloßen Händen er-würgten.«

    »W-w-wie interessant«, sagte Eddie höflich. Er betrachteteden winzigen pilzähnlichen Mann an den Zügeln des kleinenPferdewagens und konnte ihn sich gar nicht als Abkömmlingfurchterregender Kämpfer vorstellen.

    »Meine Vorfahren wollten, dass ihre Opfer wussten, wer siebesiegt hatte, bevor sie den letzten Atemzug taten«, fuhr An-gus McFeeeeeeee fort. »Wenn sie also von den Bäumen spran-gen, dann schriiiiiiien siiiiiiie: ›McFeeeeeeee!‹«

    »Und deren Schlachtruf wurde dann allmählich zum Ein-zigartigsten-Zweig-aller-Familien-Namen, praktisch zum Nach-und-Nach-Namen? Erstaunlich«, sagte Eddie. »Was war mitden MacMuckles? Haben die auch ständig Engländer umge-bracht?«

    Der Anwalt runzelte die Stirn, wobei seine Augenbrauen –wie zwei rot bepelzte Raupen – ein »V« über seinen Augenbildeten. »Manche behaupten, die MacMuckles waren Eng-länder«, sagte er, als wäre das Wort »Engländer« etwas Unan-

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  • genehmes, wie »Hundehaufen«. »Manche Historiker machengeltend, sie hätten als Mac-lose Familie Muckle angefangen,und das ›Mac‹ sei erst später hinzugefügt worden. So mancherwahre Schotte wollte nichts mit ihnen zu tun haben.«

    Eddie dachte über die Noch Wahnsinnigere Tante Maudnach. Die hörte sich bestimmt nicht schottisch an. »Kommendie Menschen heutzutage einigermaßen mit den MacMuckleszurecht?«, fragte Eddie.

    Der kleine Pferdewagen fuhr über einen Huppel, als dasPferd die Gasse verließ und in einen gefurchten Weg ein-bog. Sowohl Angus McFeeeeeeee als auch Eddieeeeeeee –hoppla, Entschuldigung, das hätte natürlich »Eddie« heißensollen; ich war selbst neugierig, wie lang ich brauche, bis mirdas passiert – warf es auf der hölzernen Kutschbank rauf undrunter.

    »Abkürzung«, erklärte der Anwalt.»Die MacMuckles«, wiederholte Eddie. »Wie kommen sie

    heutzutage mit ihren Nachbarn zurecht?«»Es gibt keine MacMuckles«, sagte der Schotte. »Na ja, so

    ganz stimmt das natürlich nicht. Ich würde sagen, Ihre Groß-tante ist die letzte MacMuckle – obwohl sie technisch gesehenheute eine Dickens ist.«

    »Die ganze Familie – der ganze Clan – ist ausgestorben?«,fragte Eddie, offenbar zutiefst überrascht. »Ich bin zutiefstüberrascht«, fügte er hinzu, was nicht nötig gewesen wäre. (Ichhatte doch bereits erwähnt, dass er das war, noch dazu offen-bar, stimmt’s?)

    »Nun, untereinander konnten sie nicht mehr heiraten unddie anderen Clans wollten nichts mit ihnen zu tun haben, undda sind sie allmählich ausgestorben, bis nur noch Ihre Groß-tante übrig war«, sagte der Anwalt.

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  • »Wow!«, sann Eddie. »Demzufolge ist die Noch Wahnsin-nigere Tante Maud die Letzte der Familie der MacMucklesvom Großgut Gut Großengut bei den MacMuckle-Fäl-len!«

    »Ärrrr«, sagte Angus McFeeeeeeee ziemlich verlegen.»Ja bitte?«, fragte Eddie.»Nun… Ärr… Als die MacMuckles noch lebten und auf

    dem Großgut Gut Großengut residierten, wurde der Wasser-fall die MacMuckle-Fälle genannt, aber sobald sie weg waren,haben die Einheimischen ihn umbenannt.«

    »Und wie heißt der Wasserfall jetzt?«, fragte Eddie.»Gudgers Müllkippe.«»Warum Gudgers Müllkippe?«, fragte Eddie.»Gudger McCloud war ein Wilderer, der den MacMuckles

    das Leben zur Hölle machte«, gestand der Anwalt peinlich be-rührt. »Ich habe den Verdacht, dass die Clans einfach jeglicheErinnerung an die MacMuckles tilgen wollten und ihren soge-nannten Wasserfall nach Gudger benannten, um das Ganzenoch schlimmer zu machen.«

    »Ich habe allmählich den Eindruck, dass die Familie derNoch Wahnsinnigeren Tante Maud in dieser Gegend nichtallzu beliebt war«, kommentierte Eddie.

    »Etwa so beliebt wie ein Seeaal, der im Rohr eines Dudel-sacks steckt«, pflichtete McFeeeeeeee ihm bei.

    Eddie malte sich aus, dass das in der Tat sehr unbeliebt war.Sie erreichten ein Tor aus fünf Balken, die vor kurzem weiß

    gestrichen worden waren.»Würden Sie bitte abspringen und öffnen, Bürschlein?«,

    fragte der Anwalt und brrrrte sein Pferd.Eddie trat vom Pferdewagen herab und direkt in einen Hau-

    fen Pferdeäpfel hinein. Er war noch warm.

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  • »In dieser Gegend soll das Glück bringen«, beruhigte ihn MrMcFeeeeeeee, aber Eddie hatte schwer den Eindruck, dassMcFeeeeeeee sich das Lachen verkneifen musste.

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