Arbeitsgemeinschaft Engere Mitarbeiter der Arbeitsdirektoren Stahl
230ArbeitspapierArbeitspapier 230230
Talar Valentina Acemyan-Steffens Martina Neuhäuser
Aktuelle Wege und Trends der Personalentwicklung,
Rekrutierung und Nachfolgeplanung
www.boeckler.dewww.boeckler.de
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� August 2011
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Arbeitspapier 230
Talar�Valentina�Acemyan-Steffens,�Martina�Neuhäuser
Arbeitsgemeinschaft�Engere�Mitarbeiter�der�Arbeitsdirektoren�Stahl�Bericht�des�Fachausschusses�
Aktuelle Wege und Trends der Personal- entwicklung, Rekrutierung und Nachfolgeplanung
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Talar Valentina Acemyan-Steffens,� arbeitet� als�wissenschaftliche�Mitarbeiterin�im�Landesinstitut�für�Gesundheit�und�Arbeit�von�NRW.�
Martina Neuhäuser,� ist�Leiterin�für�Führungskräfte�und�Personalentwicklung�und�Prokuristin�bei�der�Salzgitter�Flachstahl�GmbH�sowie�Sprecherin�des�Fachausschusses�Personalentwicklung,� Rekrutierung� und� Nachfolgeplanung� der�Arbeitsgemeinschaft�Engere�Mitarbeiter�der�Arbeitsdirektoren�Stahl.�
ImpressumHerausgeber: Hans-Böckler-Stiftung Mitbestimmungs-,Forschungs-undStudienförderungswerkdesDGB Hans-Böckler-Straße39 40476Düsseldorf Telefon(0211)7778-185
Fax(0211)7778-4185 E-Mail:[email protected]: HartmutKlein-Schneider,
LeiterdesReferatsBetrieblichesPersonal-undSozialwesenBest.-Nr.: 11230Produktion: SetzkastenGmbH,DüsseldorfDüsseldorf,August2011€20,00
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Kurzfassung
Der�demografische�Wandel� und�der� prognostizierte�Fachkräftemangel� stellen� an�die�betrieblichen�Akteure�der�Stahlindustrie� in�Deutschland�hinsichtlich�der�Gewinnung�und�Bindung�von�Fach-�und�Führungskräften�besondere�Anforderungen.�Gerade�gu-ter�Personalarbeit�kommt�dabei�eine�besondere�Bedeutung�zu.�So�gilt�es�den�sich�in�Zukunft� abzeichnenden�Verlust� von� Erfahrungswissen� zu� vermeiden,�Wissenstrans-fer�zu�ermöglichen�und�durch�innovative�Rekrutierungs-�und�Ausbildungsmodelle�die�Nachwuchsförderung�für�Fach-�und�Führungskräfte�sicherzustellen.�Personalentwick-lung�muss�einen�Beitrag�dazu�leisten,�die�Mitarbeiterinnen�und�Mitarbeiter�mit�all�den�Fähigkeiten�und�Kompetenzen��auszustatten,�die�erfolgreiches�Arbeiten�ermöglichen.�Qualifizierung�und�zielgerichtete�Entwicklung�spielt�dabei�eine�zentrale�Rolle.�Vor�die-sem�Hintergrund�wurde�bei�der�Hans�Böckler�Stiftung�ein�Fachausschuss�gegründet,�mit�dem�Ziel,�die�Themenfelder�Rekrutierung,�Personalentwicklung�und�Nachfolge-planung�mit�all�den�herausgefilterten�Problem-�und�Fragestellungen�systematisch�zu�bearbeiten,�sich� innerhalb�der� in�Deutschland�produzierenden�Stahlunternehmen�un-tereinander�auszutauschen,�Beispiele�guter�Personalarbeit�kennenzulernen�und�zu�do-kumentieren,�aber�auch�den�Blick�über�die�deutsche�Stahlindustrie�hinaus�nach�außen�zu�richten,�um�auch�von�anderen�Branchen�und�Unternehmen�gute�Anregungen�zu�er-halten.
Der� Fachausschuss� setzt� sich� aus� Personalverantwortlichen� nahezu� aller� großen� in�Deutschland�vertretenen�Stahlunternehmen�zusammen,�wie�etwa�ThyssenKrupp�Steel�Europe�AG,�Salzgitter�AG,�Deutsche�Edelstahlwerke,�TK�Rasselstein� und�Dillinger�Hütte,� ThyssenKrupp� Nirosta,�Arcelor�Mittal� Duisburg,� Georgsmarienhütte� GmbH,�Mannstaedt�GmbH.
Geleitet�wurde�die�Arbeit�des�Fachausschusses�von�Martina�Neuhäuser,�Leiterin�Füh-rungskräfte�und�Personalentwicklung�bei�der�Salzgitter�Flachstahl�GmbH,�der�größten�Tochter�der�Salzgitter�AG.�
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort.........................................................................................................................7
1 Einleitung..............................................................................................................91.1 HintergrundundZieledesFachausschusses.................................................91.2 AufbaudervorliegendenDokumentation...................................................11
2 Rekrutierung......................................................................................................132.1 EinflussderRahmenbedingungenaufdieRekrutierung...........................132.2 ZielgruppenspezifischeRekrutierungsstrategien-
DieoptimaleAnsprache?............................................................................192.2.1 DieneueArtzurekrutieren:DasdigitaleBewerbermanagement.............192.2.2Marketing(Hochschul-undSchulmarketing).............................................222.2.3StudienförderungunddualeStudiengänge.................................................342.2.4Traineeprogramme......................................................................................472.2.5GezielteAnspracheÄltererzurVermeidungvonEngpässen?...................49
3 Personalentwicklung........................................................................................533.1 EinleitendeÜberlegungen...........................................................................533.2 Beispielefür„GutePraxis“.........................................................................55
4 Nachfolgeplanung..............................................................................................654.1 EinleitendeÜberlegungen...........................................................................654.2 Beispielefür„GutePraxis“.........................................................................65
Abbildungsverzeichnis............................................................................................81
Tabellenverzeichnis..................................................................................................82
Quellenangaben........................................................................................................83
Literaturverzeichnis.................................................................................................84
Internetquellen..........................................................................................................86
ÜberdieHans-Böckler-Stiftung...........................................................................87
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Vorwort
Die„EngerenMitarbeiterderArbeitsdirektoren“derdeutschenStahlindustriebildenseit langerZeit eineArbeitsgemeinschaftmit demZiel, durchErfahrungsaustauschundZusammenarbeitdiePersonalarbeitindenUnternehmenzuverbessernundInno-vationenvoranzubringen.EinewichtigeRollehabendabeiFachausschüsse,dieübereinelängereZeithinweganeinemspeziellenThemenkomplexarbeitenundihreEr-gebnisseingeeigneterWeisedokumentierenundpublizieren.DieArbeitsgemeinschaftderEngerenMitarbeiterwieauchihreFachausschüssewerdenvonderHans-Böckler-Stiftunggefördertundunterstützt.
Der Fachausschuss „Rekrutierung, Personalentwicklung und Nachfolgeplanung imBereichderStahlindustrie“begannseineArbeitam23.08.2007undendetevorläufigam04.02.2010.Vorläufig,weildiebeteiligtenAkteurederverschiedenenUnterneh-men,die inder folgendenEinleitungvorgestelltwerden,aufGrunddesbreitenundoffenenInformationsaustauschszudenThemenRekrutierung,PersonalentwicklungundNachfolgeplanungauchzukünftigdasForumnutzenmöchten,umneueThemenzuerarbeitenunddaspersönlicheWissenimKollegenkreiszunutzenundzuerwei-tern.
Der Fachausschuss setzte sich aus Personalverantwortlichen nahezu aller großen inDeutschlandvertretenenStahlunternehmenzusammen,wieetwaThyssenKruppSteelEuropeAG,SalzgitterAG,DeutscheEdelstahlwerke,TKRasselstein undDillingerHütte,ThyssenKruppNirosta,ArcelorMittalDuisburg,GeorgsmarienhütteGmbH,MannstaedtGmbH.
ThemenspezifischeGastbeiträge leisteten in denSitzungen dieExperten des Stahl-Zentrums,des InstitutsderdeutschenWirtschaftKöln,derHochschule fürTechnikundWirtschaftBerlin,derTechnischenFachhochschuleGeorgAgricolazuBochum,desEnergieerzeugersEONsowiedesTelekommunikationsanbietersVodafone,Ober-mannConsulting,KienbaumManagementConsultants.AllenGästendankenwirfürihrbesonderesEngagementganzherzlich.
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1 Einleitung
1.1 Hintergrund und Ziele des Fachausschusses
Bezug zur gesellschafts- und betriebspolitischen Debatte
DerFachausschussrekurriertseineArbeitaufdiegesellschafts-undbetriebspolitischeDebattezurBewältigungdesdemografischenWandelsunterdemspeziellenAspektderNachwuchssicherungaufallenEbenenbetrieblichenHandelns.DerdemografischeWandel ist invielenBetriebenzueinemzentralenThemader langfristigangelegtenPersonalarbeitgeworden.DieAlterungderErwerbsbevölkerungerzwingteineAus-einandersetzungderBetriebemitdiesemThema(vgl.Kistler2008).EineheterogeneAltersstruktur innerhalbderBelegschaftundein langfristigesInteresseaneineran-haltenden und wertschöpfenden Beschäftigungsfähigkeit der Mitarbeiterinnen undMitarbeiterkönnen ineinemhohenMaßedazubeitragen,dieWettbewerbsfähigkeitdeseigenenUnternehmenszusichern.Altersstrukturanalysenerfolgen inderRegelzunächstaufgesamtunternehmerischerEbene.DarüberhinausistesjedochfüreineerfolgreichePersonalarbeitunverzichtbar,dieAnalyseauchaufeinzelneBereicheundAbteilungenanzuwenden,umzielgruppenspezifischeMaßnahmenzuentwickeln.So-mitkönnenpersonalwirtschaftlicheHerausforderungen inZukunftbesserkalkuliertundentsprechendeMaßnahmenbeiderRekrutierung,derPersonalentwicklungundderNachfolgeplanung(beispielsweisebeimWissenstransfer)geschaffenwerden.
Zur besonderen Problematik der Stahlindustrie
InderStahlindustriewerdendieAuswirkungendesdemografischenWandelsalsbe-lastendeingestuft.VielfältigeAktivitäten,dasImagederStahlindustriezumoderni-sierenundzuverbessern,habenbereits einenBeitragzurAttraktivitätderBranchegeleistet,dennochistNachwuchssicherungaufallenEbeneneinwichtigesThema.Da-rüberhinausverändertdieVerschlankungbetrieblicherHierarchienalsfortdauernderOrganisationsprozessklassischeKarrieremusterundnimmtEinflussaufdieAttrak-tivitätdesArbeitgebers.FlachereHierarchienunddamiteinhergehendeneuebetrieb-licheArbeitsformenwiebeispielsweiseTeamstrukturenundGruppenarbeiterforderneinegezielteQualifizierungunddieBegleitungderBeschäftigten.DasWissenvonFach-undFührungskräftenmussbeständigaktualisiertwerden.PersonalentwicklungmussaucheinenBeitragdazuleisten,Veränderungsfähigkeit,InnovationsfreudeundManagementwissenzu trainieren.Esgilt eine langeundwertschöpfendeBeschäfti-gungsdauer füralleBeschäftigtengruppenzugewährleisten.AlsAusdruckderNot-wendigkeit systematischer, kontinuierlicherWeiterbildungundEntwicklungderBe-legschaftenkannderAbschlussunddieUmsetzungvonQualifizierungstarifverträgengesehenwerden.EineaufgeschlosseneHaltungundein starkesZusammenspielvon
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BetriebsratundBetriebsführungzurQualifizierungerweisensichfürdieUmsetzungeinerpositivenWeiterbildungsatmosphäre innerhalbeinesUnternehmensals förder-lich(vgl.LenzundVoß2009).
ImFachausschusswerdenfolgendethematischeSchwerpunktegesetztundbearbeitet:
RekrutierungPersonalentwicklungNachfolgeplanung
AllendreiThemenisteinKapiteldervorliegendenDokumentationgewidmet;letztlichgiltes,demLeseranschaulichzumachen,wiedennochalleBereichezusammenhän-genundaufeinanderwirken.Dennnurdurcheinesystematische,interaktiveundnach-haltigePersonalarbeitkanndienotwendigeStabilitätgewährleistetwerden,dieerreichtwerdenmuss,umdieobengenanntenHerausforderungenerfolgreichbewältigenzukönnen.
ZieldesFachausschussesistes,den„state-of-the-art“vonPersonalarbeitaufzuarbei-ten, unternehmensspezifischeLösungsansätze (mitBeispielen für „gutePraxis“) zusammeln,zusichtenundHandlungsempfehlungenfürAkteurederPersonalarbeitzuformulieren.UmderHerausforderung zu begegnen, die der demografischeWandelin sichbirgt,wurden in denFachausschuss-Sitzungen zunächst dieFragestellungenderjeweiligendreiThemenalseinzelneHandlungsfelderbetrieblicherPersonalarbeitherausgefiltert:
EssindRekrutierungsstrategienerforderlich,mitdenensichEngpässevermeidenlas-sen.Dieskönntedurch einenachhaltigeund frühzeitigeAnsprache respektiveBin-dungvonNachwuchskräften(beispielsweisedurchSchul-undHochschulmarketing)erreichtwerden–optimaleundzielgruppenspezifischeAnsprachenkönntendarüberhinauseineImageverbesserungderStahlindustriebewirken.
ImRahmeneinernachhaltigenPersonalentwicklungistesnotwendig,alters-undal-ternsgerechtePersonalentwicklungsmaßnahmenanzubieten-mitdemZiel,Mitarbei-terlangfristigbeschäftigenzukönnenundgleichzeitigMonotonieimBerufslebenzuvermeiden(beispielsweisedieEinführungeinerFach-undProjektlaufbahnalsAlter-nativezurFührungslaufbahn–durchzielgruppenspezifischeProgramme).
DieNachfolgeplanungsolltesichfüralleMitarbeitergruppensogestalten,dassBeset-zungsengpässefrühzeitiggelöstwerdenkönnenundderArbeitnehmerdasUnterneh-menalsattraktivenArbeitgeberwahrnimmt(dabeikanndieBindungswirkungüberverschiedeneKarrieremodelleerzieltwerden).
DieFacettenderhierangerissenenThemenwurdenindeneinzelnenAusschuss-Sit-zungenweitervertieft.
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1.2 Aufbau der vorliegenden Dokumentation
Daszweite KapitelbefasstsichmitdemThemaderRekrutierungundbehandeltnach-stehende Fragen: Welche zielgruppenspezifische Rekrutierungsstrategien gibt es?WannistderrichtigeZeitpunktfüreineAnsprache?GibtesüberhauptdieAnspracheoderdenoptimalenBewerberpool?DarüberhinauswirdderFragenachgegangen,obRekrutierungsstrategienfürältereArbeitnehmerinnenundArbeitnehmerzurAnwen-dungkommenundinwieweitesmöglichist,dieseMaßnahmeninderStahlindustriewirksameinzusetzen.
NacheinerkurzenEinbettungindieangesprochenenRahmenbedingungen(siehe1.1)und einer Einschätzung zur Lage der Stahlindustriewerden zielgruppenspezifischeRekrutierungsstrategien vorgestellt, darunter viele Beispiele „guter Praxis“ zu Ein-zelthemenwiedigitalesBewerbermanagement,Hochschul-undSchulmarketing,Stu-dienförderung,dualeStudiengängeundTraineeprogramme.
Dasdritte KapitelbefasstsichmitdemThemaPersonalentwicklungundbehandeltfol-gendeFragen:WelcheSystemeundModelleexistieren?WiekönnendieInstrumentederPersonalentwicklungfürFührungskräfteinnerhalbdesTarifbereichsnutzbarge-machtwerden?WiekannNachhaltigkeitgemessenwerden?WiewichtigsindMitar-beitergespräche?WieoftundinwelcherFormsolltendieseGesprächeimbestenFallgeführtwerden?
NacheinerEinführungindieBedeutungderPersonalentwicklungwerdenzurVeran-schaulichung zwei ausführlicheBeispiele „guterPraxis“ vorgestellt, die trotz unter-schiedlicherUnternehmenergänzendgelesenwerdenkönnen:
DasersteBeispielbehandeltexplizitdievorhandenenMaßnahmeneinerPersonalent-wicklung,diefürzweiGruppen(1.FührungskräfteundExperten/2.tariflicheMitar-beiter)konzipiertwurden.
DaszweiteBeispiel(ThyssenKruppSteelEuropeAG)stelltzunächsteinePersonal-entwicklungssystematikvor,dieeinenEinblickindiePotentialanalysevonMitarbei-tendengibt,umdaraufaufbauendpräziseEntwicklungs-undZielvereinbarungenzutreffen.
Dasvierte KapitelbefasstsichmitdemThemaderNachfolgeplanungundbehandeltnachstehendeFragen:WelcheModelle(darunterauchMethodenzurKarriereplanung)sinderfolgreich,umEngpässezuvermeidenundBindungswirkungzuerzielen?Wiekönnen Wissenstransfer gewährleistet und Transparenzprobleme behoben werden?Wie gestaltet sich dieNachfolgeplanung für tariflicheMitarbeiterinnen undMitar-beiter?Wie könnenPotentiale dieserZielgruppe festgestelltwerden?Welche Impli-kationen ergeben sich für die Personalentwicklung und inwelchemUmfangmachtPlanungüberhauptSinn?
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NacheinerEinführungindieBedeutungdesBegriffswerdenBeispiele„guterPraxis“vorgestellt – auchüber dieGrenzenderStahlindustrie hinaus.NurdurchdenAus-tauschvonIdeenistesmöglich,dieZukunftvonPersonalarbeitinnovativundnach-haltigzuverbessern.
AbschließendwerdensowohleinigeHandlungsempfehlungendokumentiertalsauchdieBesonderheiten,welchesich fürdieStahlindustrie imZeitraumvondrei Jahrenergebenhaben.
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2 Rekrutierung
2.1 Einfluss der Rahmenbedingungen auf die Rekrutierung
Rechtzeitig Potentiale erkennen und Talente rekrutieren gewinnt weiter an Bedeutung.DerMangelanAkademikernundbetrieblichausgebildetenFachkräftenzähltgeradeinderStahlindustriezueinerdergrößtenHerausforderungen,dieUnternehmenfürdenErhaltihrerInnovationsfähigkeitbewältigenmüssen.BesondersdeutlichwirddiesbeiIngenieuren.ImJahr2009konnteninDeutschland34.000IngenieurstellentrotzKrisenichtbesetztwerden.
DieErgebnisseeinerIngenieurerhebungausdemJahr2007(Stahl-Zentrum)verdeutli-chen,dasssichderErfolgnurüberzielgruppenspezifischeRekrutierungsmaßnahmenerzielenlässt.DierelevantestenErgebnissesollenhierkurzgenanntwerden:
DieStahlindustrieinDeutschlandbenötigteindeutigmehrIngenieureundNatur-wissenschaftler.MaschinenbauundMetallurgiesinddiegefragtestenFachrichtungen.DerBedarfanWirtschaftsingenieurensteigtüberproportional(von5%auf11%).DasDurchschnittsalterliegtbei44Jahren.MehralseinViertelderIngenieuresindälterals50Jahre.
DasDemografieprobleminderStahlindustriewirdbesondersimVergleichzurAlters-strukturderGesamtwirtschaftdeutlich(vgl.IADDarmstadt,2006):
Arbeiter>50Jahre – (31,1%Stahl:22,7%Gesamtwirtschaft)<30Jahre – (9,5%Stahl:23,8%Gesamtwirtschaft)
Angestellte>50Jahre – (37,1%Stahl:21,2%Gesamtwirtschaft)<35Jahre – (11,6%Stahl:34,6%Gesamtwirtschaft)
DieangespannteSituation,indersichdieStahlindustrieimJahr2009aufgrundderFinanzkrisebefand,entschärftesichnachAussagenderArbeitsgemeinschaft,sodassmehroffeneStellenzuverzeichnensind.
DieAlterungderBelegschaftenundderFachkräftemangelsindallerdingsunabhän-gigeFaktoren,diebeieinerStabilisierungderWirtschaftslage,nachwievorbestehenbleibenundauchinZukunfterwartbarsind.DerersteAufwärtstrendwurdeMittedesJahres2010vondengrößerenUnternehmenderStahlindustriebestätigt.
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DieFolgenderFachkräfteengpässelassensichanhandderzweinachstehendenAbbil-dungenverdeutlichen:
Abbildung 1: Konsequenzen der Fachkräfteengpässe Ingenieure beschäftigte Unternehmen, in Prozent, Stand: 2008
Abb. 1 Konsequenzen der FachkräfteengpässeIngenieure beschäftigende Unternehmen, in Prozent, Stand: 2008
Quelle: IW-Zukunftspanel
7,7
12,6
18,7
26,8
32,8
15,5
26,6
39,2
45,3
57,4
Die betroffenen Unternehmensabteilungen drohen, ins Auslandverlagert zu werden.
Die Schaffung mindestens einer nachgelagerten Stelle, dieunmittelbar mit einer gar nicht oder erst verzögert besetzbaren
Ingenieurstelle verbundenen gewesen wäre, musste unterbleiben.
Das Unternehmen konnte mindestens ein Projekt gar nichtdurchführen.
Die Kosten mindestens eines Projekts haben sich substanziellerhöht (beispielsweise durch den Zukauf von Überstunden).
Das Unternehmen konnte mindestens ein Projekt erst zeitlichverzögert durchführen.
alle Ingenieurunternehmen Ingenieurunternehmen mit Rekrutierungsproblemen
Quelle: IW Zukunftspanel, 2008
Der damit einhergehende Wertschöpfungsverlust (siehe Abbildung 2) unterstreichtnocheinmaldieNotwendigkeitzumaktivenHandeln.
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Abbildung 2: Entgangene Wertschöpfung in Millionen Euro
1.361
824
523375
123 140 80 57
Unternehmensnahe Dienstleistungen
(ohne DV und FuE)
Metallerzeugung und -bearbeitung, Elektroindustrie,
Fahrzeugbau
Maschinenbau Datenverarbeitung und Datenbanken,
Forschung und Entwicklung
Bauwirtschaft SonstigeIndustrie
Logistik Chemie / Gummi- und Kunststoff-
herstellung
Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln, 2006
Entwicklung der Studierendenzahlen der Ingenieurwissenschaften
Dieetwa40.000AbsolventeningenieurwissenschaftlicherStudiengängedecken bereitsheutelediglichdenErsatz-,nichtjedochdenZusatzbedarf.
NachBerechnungendesIZA(2007)werdenabdemJahr2015jährlich43.000Inge-nieureausdemErwerbslebenausscheiden.DieAbsolventenzahlenwerdenqualifika-tions-gruppenübergreifendnichtausreichen,umdenErsatz-undZusatzbedarfzude-cken.
Die Gründe: niedrige Studierendenanteile, stagnierende bis rückläufigeMINT-Ab-solventenzahlenintechnisch-naturwissenschaftlichenStudiengängen(dieAbkürzungMINTstehtfürdieFächerMathematik,Informatik,NaturwissenschaftenundTech-nik)–auchiminternationalenVergleich.DieEntwicklungdesBedarfswirdinallenQualifikationsgruppenperSaldowachsen, amstärksten in technischenQualifikati-onsgruppen.DerGrund:DerStrukturwandelhinzueinerforschungs-undwissensin-tensiverenGesellschaft(vgl.IWKöln,2008).
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Abbildung 3: Bedarfsentwicklung
Quelle: Stahl-Zentrum, 2010
ZurAnerkennungvonBachelor-undMaster-Abschlüssen
Die Zweifel, die seitens einiger Lehrender und Hochschulen gegenüber Bachelor-AbschlüsseninIngenieurwissenschaftenbestehen,werdenlautStudiendesIWKöln(2009),derVDIundderUniversitätKasselvonUnternehmennichtmehrgeteilt.Dem-nachsetzenvorallemGroßunternehmenverstärktaufBachelor-Absolventenundhal-tendiesefürgenausointegrierbarwiediplomierteIngenieure.InwelchenBereichendieneuenIngenieurabschlüsseinderPraxiseingesetztwerden,zeigtdienachstehendeAbbildung.
Abbildung 4: Einsetzbarkeit von Bachelor- und Master-Ingenieuren
Quelle: IW Zukunftspanel, 2009
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JedochgibtesBereiche,indenenMitarbeiterinnenundMitarbeitermitanderenQua-lifikationenbevorzugteingesetztwerden(beispielsweiseimBereichMontagemitAb-solventeneinerBerufsausbildungoderimBereichderForschungmitPromovierten).
Abbildung 5: Relationale Gehaltsvergleiche von Unternehmen in Prozent
beim Berufseinstieg nach drei bis fünf Jahren Berufserfahrung
... FH-Bachelors im Ver-gleich zum Ingenieur mit FH-Diplom
höher
ungefähr gleich
niedriger
... FH-Masters im Ver-gleich zum Ingenieur mit FH-Diplom
höher
ungefähr gleich
niedriger
... Uni-Bachelors im Vergleich zum Ingenieur mit Uni-Diplom
höher
ungefähr gleich
niedriger
... Uni-Masters im Ver-gleich zum Ingenieur mit Uni-Diplom
höher
ungefähr gleich
niedriger
0,5
79,5
18,1
79,5
2,4
0,1
47,7
52,2
12,4
85,0
2,6
20,1
10,3
83,1
11,7
86,4
1,9
0,3
81,1
18,6
3,7
95,9
0,4
6,6
Quelle: IW Zukunftspanel, 2009
Die anfänglich großenGehaltsunterschiede zwischenDiplom- undBachelor-Absol-ventenwerdendurchdieBerufsjahresukzessiveangeglichen.FürKarrierechancengiltjedochnachwievor,dassdasEntscheidendeletztendlichdieBewährungdesAbsol-venten-ganzgleichobDiplom,MasteroderBachelor-innerhalbdesUnternehmensist(IWKöln,2009).
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Abbildung 6: Zur Anerkennung von Qualifikationen in der Stahlindustrie
Quelle: Stahl-Zentrum, 2010
Positionierung des eigenen Unternehmens am Markt
Wegen der großenKonkurrenz amMarktmüssen sichUnternehmen innerhalb desausgebrochenen„WarforTalents“alseinattraktiverArbeitgeberrechtzeitigpositio-nieren.DasbeinhaltetnichtnurdieRekrutierungexternerHighPotentials, sondernauch die interne Förderung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Dabei gilt eseffektiveundzielgruppenspezifischeAnreizezuentwickeln,umdenEintrittvonzu-künftigenunddenVerbleibvonbestehendenKompetenzträgerinnenund-trägernzusichern.BeispielsweisewirdbeiderjüngerenZielgruppedavonausgegangen,dasssichdiesetendenziellwenigerdemUnternehmenverbundenfühlt–wasdurchausmitdenhäufigenJobwechseln(freiwilligoderauchunfreiwillig)unddereingefordertenFle-xibilitätbegründetwird.DasproduktiveArbeitenderjüngerenGenerationwirdvonFaktorenwieflexiblenArbeitszeiten,einerausgewogenenWork-LifeBalance,eigen-verantwortlichemArbeiten,TeamworkundeinerhierarchieflachenUnternehmenskul-turbeeinflusst.
Prof.Dr.FrankvonderFHTWBerlinrätUnternehmen,ihreRekrutierungsstrategienaufdie„virtuellenWelten“auszuweiten,umsicheinenWettbewerbsvorsprungzusi-chern(vgl.Frank2008).DenndiejungeGenerationinDeutschland,diegrößtenteilsüber eineMedienversiertheit verfügt, lässt sich auch über Internetportale erreichen(beispielsweiseüberFacebook, studiVZ).WelchewichtigeRolledasInternetfürdas
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Rekrutierungsmanagementbereitsspielt,wirdnunanhanddesdigitalen(Online-)Be-werbermanagementsimfolgendenAbschnittbehandelt.
2.2 Zielgruppenspezifische Rekrutierungsstrategien - Die optimale Ansprache?
2.2.1 Die neue Art zu rekrutieren: Das digitale Bewerbermanagement
Das digitale (Online-) Bewerbermanagement ist eine Bewerbungsart, die auf eineschnelleundeffizienteBearbeitungvonhohenBewerberzahlenausgerichtet ist.Ge-genüberderBewerbungperE-MailkönnendurchdiestandardisiertenBewebungsfor-mularehäufigvorkommendeFehlervermiedenwerden.Diesebeinhaltenmeist:
ProblememitderFormatierungzugroßeDatei-AnhängeeinemangelndeStrukturindenUnterlagenunvollständigeUnterlagen
DiemeistenUnternehmenbietenjedochmehrereBewerbungsmöglichkeitenan.Dazugehören:diepostalischeBewerbung,BewerbungperE-Mail,dasAusfüllenundVer-sendenvonOnline-Formularenaufden„Karriere-Webseiten“derUnternehmenoderdieFormularederStellenbörsenimInternet.ObwohlmehrereBewerbungsartenmiteinemgrößerenBearbeitungsaufwandverbundensind,werdennurinbestimmtenUn-ternehmendieBewerbungswegestandardisiert.DabeispieltzumeinendieGrößedesUnternehmens(beispielsweisemiteinereigenenHR-Abteilung)undzumanderenderPersonal-undRekrutierungsbedarfeinewichtigeRolle.EinhoherDigitalisierungsgradbedeutetumgekehrt,dassdieZahlderStellenanfragenwegenderAttraktivitätdesAr-beitgeberssehrhochseinmuss,wieimfolgendenBeispielderLufthansaAGzusehenist.FürsolcheUnternehmensindOnline-BewerbungendaszentraleMedium,uminkürzererZeiteffizientpotentiellesPersonalzurekrutieren.Online-Bewerbungenwer-den ingroßenUnternehmengerneangenommen,dadieseneueArtderBewerbungzugleicheinenMenschenvermutenlässt,dersichvordemUmgangmitneuenKom-munikationsmediennichtscheut.
MeisterhaltendieBewerberinnenundBewerberZugangzudenBewerberprogrammenüberdieInternetseitedesUnternehmensundfüllendannSchrittfürSchritteinzelneFormulareaus.DieseenthaltendieMöglichkeitderKorrektur,bietenEingabehilfenundenthaltenSpeicherfunktionen,dieesermöglichenauchananderenTagendieBe-werbungfortzuführenoderzuergänzensowieZeugnisseundZertifikateanzuhängen.DarüberhinausgibtesdieOptionzurInitiativbewerbung,diedannvonderPersonal-abteilunginkürzererZeitbearbeitetwerdenkann.
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Wie wird digitales Bewerbermanagement bewertet?
TrotzallembehaltendiemeistenUnternehmendieOptionderklassischenpostalischenBewerbungbei,dennsomitöffnetsichdasUnternehmenverschiedenenPersonengrup-pen.JedochkönnenOnline-FormularefallweisedurchihrestandardisiertenVorgabenfürBewerberinnenundBewerbermiteinemhöherenAufwandverbundenseinalsbei-spielsweisepersönlicheBewerbungenperE-Mail,dafüreineoptimaleAuswahlauchvielespezifischeAngabenimVorausverlangtwerden.
DurchdiehohenBewerberzahlenunddiedamitverbundeneKonkurrenzkönntejedocheineÄnderungimBewerbungsverhaltenausgelöstwerden,weilvieleBewerberinnenundBewerber denEindruck bekommen, dass ihreBewerbung in den großenMas-sengarnichtwahrgenommenwird.DasAbweichenvomgewöhnlichenWegundderWunschnachindividuellerAufmerksamkeitwürdesomitwiedereineRückkehrzumklassischenPostwegbedeuten.DasProblemwirdvonBewerberinnenundBewerbernoftmalsinderVorauswahldesE-Recruitingsgesehen,weilimerstenTeildesRastersnachbestimmtenKriterienzügiggefiltertundIndividualitätaußerAchtgelassenwird.
Beispiel Digitales (Online-) Bewerbermanagement - Lufthansa AG
DieLufthansaAGsetztihrenWachstumskursauchimJahr2010fort:Insgesamtknapp4.300neueMitarbeiterinnenundMitarbeiterhatdiegrößtedeutscheFluggesellschaftimJahr2008eingestellt.VorallemindenoperativenBereichenistderBedarfgroß:2.000Flugbegleiterinnenund-begleitersowie1.000MitarbeitendefürdieFluggastbe-treuungamBodenwurdenfürdieStandorteFrankfurtundMünchengesucht.Zusätz-lichbietetderKonzern325Auszubildendenund600HochschulabsolventenundAka-demikerneinenEinstieg indasUnternehmen.DieBewerberzahlenerreichten ihrenHöchststandimJahr2007mit131.390Bewerbungen.
UmdieQualitätdereingehendenBewerbungenzusichernundgleichzeitigauchwirt-schaftlich zu arbeiten, wurde der Bedarf eines hochentwickeltenOnline-Bewerber-managementsschnellsichtbar.DasE-RecruitingwurdeimJahr2001eingeführtundkontinuierlichweiterentwickelt.
Die Vorteile - Qualitätsverbesserung im Prozess
KeinPapieraufwandVerbesserungder„Treffsicherheit“beiderAuswahlvonMitarbeitendenImageverbesserungaufdemArbeitsmarktBesserePlanbarkeitderRessourcendurchstandardisierteAbläufeundTransparenzDerzeitsindrund50.000registrierteundvorausgewählteTalente im LufthansaTalent-Pool.Mit einer neuenApplikation im Intranet könnennun auchManagerdirektimPoolnachTalentensuchen.
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Kostensenkungdurch„SelfService“(proeingegangenerOnline-Bewerbungkön-nendieKostenbiszu50Prozentreduziertwerden)Investitionvon„teurerFührungskräftezeit“erstnachguterVorauswahl,wenndieBewerbermengenreduziertwurden
DochauchdieLufthansaAGstelltsichdenGrenzendesE-RecruitingsundbeachtetfolgendeFragen:
WasistmitBewerbern,diekeinInternethaben?Fülltein„HighPotential“monotonOnlinefragebögenaus?WerdengewerblicheMitarbeiterinnenundMitarbeiterderunterenGehaltsklassenmitdiesemMediumerreicht?
Ergänzung zum Digitalen (Online-) Bewerbermanagement – ThyssenKrupp Steel Europe AG
ThyssenKrupphatergänzendzumeigenenBewerbungsportal einezusätzliche„Be-werbungstipps-Website“gestaltet,umzumeinendenVorgangfürBewerberinnenundBewerberzuerleichternundzumanderendaraufhinzuweisen,dassihreKreativitätundIndividualitättrotzgewisserStandardisierungennachwievorgefragtsindundsiedieseanpassenderStelleanwendenkönnen.
DasgeschiehtbeispielsweiseüberfolgendeBewerbungstipps:
VermittelnSieunsimAnschreibenkurzeinenEindruckvonIhrerPersonundIhrenBeweggründen:
FürwelcheTätigkeitbewerbenSiesich?WaruminteressierenSiesichfürdieseTätigkeit?WaserwartenSievonIhrerneuenTätigkeit?WarumsindSiebesondersgeeignetfürdiesePosition?
oder
Wecken Sie Interesse für sich:
ErwähnenSieimLebenslaufauchrelevanteHobbysoderpersönlicheInteressen.MachenSieimAnschreibenLustdarauf,mehrüberSiezuerfahren.ErzählenSieuns,warumIhreMitarbeitbesonderswertvollfürunsist.BietenSieunsAnknüpfungspunktefüreinVorstellungsgespräch.
ZudemwirddurchdasUploadvonselbstgestaltetenDateiendieErhaltungvonIndivi-dualitätingutkonzipiertenOnline-BewerbungsportaleninähnlichemMaßegewähr-leistetwieinBewerbungenüberdenpostalischenoderelektronischenWeg.
Arbeitspapier 230 │ Aktuelle Wege und Trends der Personalentwicklung, Rekrutierung und Nachfolgeplanung
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2.2.2 Marketing (Hochschul- und Schulmarketing)
SofernsichzumThemaNachwuchsnichtsändert,prognostiziertdasInstitutfürdeut-scheWirtschaftKöln(IWKöln)proJahrnur83.000bis87.000Hochschulabsolven-tinnenund -absolventenmitMINT-Qualifikationen,die zurVerfügung stehenwer-den.VonihnenerlangtnurdieHälfteeinenIngenieurabschluss.DiesesErgebnisreichthöchstensdafüraus,dieStellenderausdemErwerbslebenausscheidendenIngenieureneuzubesetzen.InsgesamtfehlenbiszumJahr2015rund254.000MINT-Fachkräfte,fünfJahrespätersogarbiszu426.000-diesbetrifftvorallemIngenieure(IWKöln).EsstelltsichdieFrage,wiedieserprognostizierteEngpassvermiedenwerdenkann.DazuwerdenimFolgendenzweiHandlungsfeldervorgestellt,diefürdieRekrutierungstärkergenutztwerdenmüssen:
1. Hochschulmarketing2. Schulmarketing
1. Hochschulmarketing
Definition Hochschulmarketing
DerBegriffHochschulmarketing setzt fürdasweitereVorgeheneinegenauereDif-ferenzierungvoraus, da er vonverschiedenen Interessengruppen ausderÖkonomieunterschiedlichverwendetwird.AusderklassischenunternehmerischenPerspektivewerdenmitHochschulmarketingdieAktivitätenderUnternehmenbezeichnet,umanHochschulenpräsentzuseinundjungeLeuteanzusprechenundzuinteressieren.
DarüberhinauswirdderBegriffHochschulmarketingalseineaufdenMarktausge-richteteAktivitätderHochschuleselbstverstanden.ZielistdabeidieSicherungdau-erhafterStabilitätundverbesserterQualitätanHochschulen.Hochschulenwerdeninerster Linie demNon-Profit-Sektor zugeordnet, aber damit sind sie nicht vorwirt-schaftlichenVeränderungenundKonkurrenzgeschützt.FolglichmüssensiefürsichVorteileverschaffen,wasihnenambestenüberdieStärkungihrereigenenMarkege-lingenkann.
DerBegriffMarketingbezeichnet imklassischenSinnunternehmerischesHandeln,dasssichimmerandenMarktgegebenheitenorientiert.Eserscheintvondaherimer-stenMomentirritierend,wennöffentlich-rechtlicheKörperschaften,zudenendiemei-stenUniversitätengezähltwerden,mitdemBegriffdesMarketingsundderAbsatz-wirtschaftinVerbindunggebrachtwerden.
WiesicheffektivesHochschulmarketingfürUnternehmengestaltetundwelcheMaß-nahmenseitensderUnternehmenergriffenwerden,wirdimFolgendendurcheinBei-spielderThyssenKruppSteelAGvorgestellt:
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Beispiel Hochschulmarketing – ThyssenKrupp Steel Europe AG
AngesichtsdeszukünftigenBedarfshatdieThyssenKruppSteelEuropeAG(TKSEu-rope)seitderJahrtausendwendeAktivitätenimHochschulmarketingweiterausgebautunddie„ThyssenKruppInitiativeRecruiting“insLebengerufen.Damitsollenpoten-tielleNachwuchskräftenochbesseraufdieBeschäftigungsmöglichkeitenimKonzernaufmerksamgemachtwerden,frühzeitigfüreinenEinstiegbeiTKSEuropegewon-nenundimRekrutierungsprozesseffizientundnachhaltigbegleitetwerden.EinKar-riereportalimInternetbietetdieserZielgruppeeinengutenÜberblicküberGrößeundVielfaltdesKonzernssowieattraktiveAufgabenundEinstiegsmöglichkeiten.Zudemwurden zwei neue Einstiegsprogramme für jungeAkademiker geschaffen, die sichsowohlanPraktikantenalsauchanDoktorandenrichten.
„Next Generation“ am Karrierestart
ImBerichtsjahr2007/2008warenbeiTKSEuropealleininDeutschland1.200Prak-tikantenbeschäftigt.DiehundertbestenPraktikanten,diesichdurchhohesEngage-mentundguteLeistunginihremPraktikumausgezeichnethaben,werdenimneuenGeschäftsjahrerstmalsineinemzweijährigenPraktikantenprogrammumfassendbe-treutundbiszumBerufseinstiegbegleitet.ImZugedesTKSEuropePraktikantenpro-gramms„NextGeneration“lernendiePraktikantensowohldenKonzernalsauchihreeigenenStärkenundEntwicklungsfelderbesserkennen.
„Your Innovation“ – das ThyssenKrupp Doktorandenprogramm
InsbesondereintechnischenStudiengängenwollensichimmermehrHochschulabsol-ventenimRahmeneinerpraxisorientiertenPromotionweiterqualifizieren.Imneuge-staltetenDoktorandenprogramm„YourInnovation“entwickelnhochqualifiziertejungeAkademikerinnenundAkademikerInnovationenundarbeitenandenneuestenTech-nologienimKonzernmit.DurchdenAustauschineinemWissenschaftsnetzwerkmitanderenPromovendenunderfahrenenMitarbeiterinnenundMitarbeiternsowiedurchdieTeilnahmeanmaßgeschneidertenSeminarenkönnensieneueSeitendeseigenenPotentialserkennenundentwickeln.TKSEuropefördertvorrangigHochschulabsol-ventenderIngenieurwissenschaftenundbegleitetsieinterdisziplinäraufdemWegzuihremDoktortitel.
MitwelchenUniversitätenTKSEuropekooperiertundmitwelchenentsprechendenMaßnahmensiesicherfolgreichAufmerksamkeitverschafft,sollimWeiterenvorge-stelltwerden.DasobersteZielallerKooperationenistes,vorhandeneKontakteauszu-bauenundfürbeideSeitennutzbarzumachensowiedieverfügbarenRessourcenderPartnerimHinblickauf
dieFörderungqualifizierterStudierender,
Arbeitspapier 230 │ Aktuelle Wege und Trends der Personalentwicklung, Rekrutierung und Nachfolgeplanung
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dieWeiterbildungundLehre,denAustauschwissenschaftlicherErgebnissesowiedieUnterstützunguniversitärerVeranstaltungen
inoptimalerWeisezunutzen.
DieUniversitäten,mitdenenTKSEuropeseitJahrenerfolgreichkooperiert,sind:
Rheinisch-WestfälischeTechnischeHochschuleAachenTechnischeUniversitätBerlinRuhr-UniversitätBochumTechnischeUniversitätDortmundTechnischeUniversitätDresdenTechnischeUniversitätBAFreibergTechnischeUniversitätHamburg-Harburg
ImFolgendenwerdennuneinigeAktivitätenundVeranstaltungenvorgestellt,diesichimLaufederJahrebeiallenbeteiligtenParteienetablierenkonnten.DieangebotenenAktivitätenundMarketingmaßnahmenvonTKSEuropegestalten sichuniversitäts-spezifisch,dasheißt,jedeUniversitätnutztdieAngeboteinunterschiedlicherWeise.
Aktivitäten
ThyssenKrupp Award for Excellence
TKSEurope kooperiertmit derWirtschafts- undSozialwissenschaftlichenFakultätderTechnischenUniversitätDortmundundverleihtfürherausragendeDiplomarbeitendenThyssenKruppAwardforExcellence.DerPreisistmit2.500Eurodotiertundwirdjährlichverliehen.
ThyssenKrupp Award
JährlichwirdzurAuszeichnungvonherausragendenStudienleistungenderTKAwardvergeben.PreisträgersindStudierendedesMaschinenbaus,derMetallurgieundWerk-stofftechnik,derWirtschaftswissenschaftenunddesWirtschaftsingenieurwesenmiteinemherausragendenVordiplom.
Uni meets Business
DiesezweitägigeVeranstaltungrichtetsichandiePreisträgersowieandienominiertenStudierenden für denTKAward. InGruppenarbeiten besteht dieMöglichkeit, sichzupräsentierenunddieGesprächemitdenMentorinnenundMentorenzuvertiefen.Einmal jährlichwird der Preisträger für denThyssenKruppAward ermittelt.Allen
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nominiertenKandidatinnenundKandidatenwerdeneineBeraterinodereinenBeraterzurSeitegestellt(beispielsweiseeineFührungskraftausdemKonzern);derPreisträgererhältzusätzlicheinmonatlichesStipendiumbiszumAblaufderRegelstudienzeit.
Vorlesungen
FührungskräfteausdenunterschiedlichstenBereichenhaltenregelmäßigRingvorle-sungenanderHochschule.
Bewerbertraining
GutvorbereitetindieZukunft–dieswirdmitSeminarenangestrebt,dieaufBewer-bungsgesprächevorbereitenundbeiderErstellungvonUnterlagenhelfen.
GetTogether
ImRahmendesGetTogetherslernenStudierendedieWeltvonThyssenKruppkennen-seiesinlockerenGesprächenmitFach-undFührungskräftenoderdurchVorträgeundinteressanteEinblickebeiAusstellungen.
Aktivitäten zur Verknüpfung von Theorie und Praxis
Workshops,ExkursionenundgemeinsameProjektehabeneinestärkereVerknüpfungvonTheorieundPraxiszumZiel.DabeistehtderintensiveAustauschzwischenTKSEuropealsTechnologiekonzernundUniversitätenimVordergrund.
Werksbesichtigungen
StudentenerhaltendieMöglichkeit,zahlreicheKonzernunternehmenderTKSEuropeAGkennenzulernen,umsoeinenpraxisnahenunderlebnisreichenEinblickzuerhal-ten:beispielsweiseBlohm+VossinHamburg,TKDrauzinHeilbronn,TKSEuropeinDuisburgoderTKBilstein.
ThyssenKrupp START-Programm
Das ThyssenKrupp START-Programm sieht eine Förderung auf mehreren Ebenenvor:ZumeinensollendieTutorenderjeweiligenFakultätensowohlinhaltlichalsauchmateriellgefördertwerden;zumanderenwirddurcheine finanzielleFörderungdieDurchführung der Tutorenprogramme allgemein ermöglicht. Für die Studierendenwird zudem ein frühzeitigerAustauschmit Themen aus derKooperation und demPraxisumfeldvonTKSEuropeermöglicht.
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Planspielwettbewerb „Campusunternehmen“
DasregelmäßigstattfindendePlanspiel„Campusunternehmen“stelltStudentinnenundStudentenvordiebesondereHerausforderungderProjektarbeitundermöglichtesih-nen,sowohlihrKönnenalsauchihreTeamfähigkeitunterBeweiszustellen.
ZudiesenAktivitätenwerdeneineReihevonVeranstaltungen,diezumTeilvonTKSEuropeorganisiertwerden,angeboten,wiebeispielsweisederBesuchvonKarriere-messen,Universitätsbällen,desIn-TouchAbsolvententags,derlangenNachtderWis-senschaften oderKultur-Eventswie der EishockeyUni-Cup um die ThyssenKruppTrophy.
ZudenUniversitätenaufnationalerEbenewerdenauchaufinternationalerEbenepart-nerschaftlicheVerbindungenzu insgesamt80Hochschulengepflegt–dazu imAn-schlusszweikleinereBeispiele:
1. Die Kooperation mit der Nishnij Nowgorod (Staatlich Technische Universität in Russland)
NebeneinerumfassendenUnterstützungbeimAufbauattraktiver Ingenieurstudien-gängewerden hierMaßnahmen zur Stärkung des Praxisbezuges von Studium undForschungergriffen.DurchdieBereitstellungvonFinanzmittelnfüreineFach-undSprach-OlympiadekönnenmehrjungeMenschendazubewegtwerden, ihrStudiuman derNSTU aufzunehmen. Zugleich erhalten StudierendeUnterstützung bei ihrerBerufswahl.AktuellsolleneineigenerAwardausgeschriebensowieeinbetriebswirt-schaftlichorientiertesPlanspielfürIngenieurstudierendedurchgeführtwerden.
2. Die Kooperation mit der Waseda Universität, Tokio (Japan)
AlsrelativneuerKooperationspartnerkonntedieWasedaUniversitätinTokiogewon-nenwerden,diezudenbeidenprestigeträchtigstenUniversitätenJapanszählt.ImRah-menderInitiative„DeutschlandinJapan“wurdenhierbeispielsweiseTechnologietagesowie einmehrtägiges Symposiumorganisiert. Innerhalb der langfristig angelegtenKooperationmitderSchoolofEngineering&SciencewerdenStudierendendarüberhinausmehrwöchigePraktikaindenThyssenKrupp-Konzernunternehmenangeboten.
WelchenpositivenEffektTKSEuropemitdiesenAktivitätenfürsicherzielt,zeigtdiefolgendeAbbildung:
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Abbildung 7: Bewerbungen von Kooperationshochschulen
Quelle: TKS Europe AG
DurchdieDigitalisierungunddierasanteEntwicklungvonInformations-undKom-munikationstechnologien steigen dieAnforderungen an denNachwuchs stetig. DerbeschleunigteFortschritt stelltHerausforderungen an dasAnpassungsvermögenderkünftigenLeistungsträgerundfordertvonBildungsinstitutionendieWeichenstellungzueinemhöherenAbstraktions-undAnalysevermögen,dieHerstellungeinesgrößerenPraxisbezugs und sozialerKompetenzen gleichermaßen.Das bedeutet dieErschlie-ßungneuerRessourcenfürLehre,ForschungundneuartigeFormenvonWissensver-mittlung.
EswurdeamAnfangdesKapitelsdaraufhingewiesen,dassderBegriffHochschul-marketingausderPerspektivevonHochschulenandersverwendetwerdenkann.ImweiterenVerlaufsolldemLeserandieserStelleeinentsprechendesBeispielvorgestelltwerden,dennganzgleichwieverschiedendasBegriffsverständnisseinmag,soistesunverkennbar,dassnurdurcheinegroßeInteraktionsbereitschaftallerbeteiligtenPar-teienderbestmöglicheNutzenfürallezuerzielenist.
Wie positionieren sich Hochschulen?
DerprimäreAufgabenbereicheinerHochschuleumfasstdieErzeugung,dieSchaffungunddieVermittlungvonWissen,welchersichüberdenBereichderForschung,Lehre
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undWeiterbildungerstreckt.Auftragsarbeiten,derVerkaufvonLizenzenundsonstigeDienstleistungenwurdenbisvoreinigenJahrenalsmarginalbetrachtet.DiesesBildhat sichdurchdengesteigertenWettbewerb imHochschulsektor inden letztenJah-ren erheblichverändert unddieuniversitärenAufgabenwerden zunehmendumdieEinwerbungvongutenStudierenden,DoktorandenundeinschlägigenHochschulleh-rendenundDrittmittelnerweitert.DieVerwendungdesBegriffs„Hochschulmarke-ting“erscheintvordiesemHintergrunddurchausplausibel.
AusdieserPerspektive kannHochschulmarketing als eineVerknüpfungvon „inter-nemLeistungsvermögenundexternerKommunikationdieserLeistungen“angesehenwerden(vgl.Müller2007,S.23).DieZielgruppen,diedurchdasHochschulmarketingangesprochenwerdensollen,umfassenzumeinenPartnerausderPolitik,insbesonderederWissenschaftspolitik (diese befasst sichmit derFinanzierungvonUniversitätenundanderenForschungseinrichtungen,aberauchmitThemender„Technikfolgenab-schätzung“undderEvaluation,dasheißtderBeobachtungundAnalysevonTrendsinWissenschaftundTechnikrespektiveTechnologieunddendamitzusammenhängendengesellschaftlichenEntwicklungen). Somit könnenChancen undRisiken abgeschätztund entsprechende Maßnahmen zur Prävention und Verbesserung eingeführt wer-den.HinzukommendieForschungsförderungsinstitutionen, die über entsprechendeDrittmittelaufkommenverfügen.AndereZielgruppendesHochschulmarketingssindUnternehmen,diealszukünftigeArbeitgebervonHochschulabsolventenangestrebt,alsUnterstützerundalsmöglicheDrittmittelgeberumworbenwerdenundschließlichdieStudierendenselbst.HochschulmarketingfürStudierendewirdals„Alumniarbeit“verstanden, obwohl die Zielgruppe nicht auf ehemalige Studierende beschränkt ist,denneinewirksameAlumniförderungbeginntbeiderBewerbungumeinenStudien-platz,alsonochvorderImmatrikulationaneinerHochschule(vgl.Kramberg2007).
Allgemeine Entwicklung von Hochschulmarketing
DieEtablierungvonHochschulmarketinggewannindenletztenJahren–wennauchindenAnfängeneherzaghaft– inderHochschulpolitik immergrößereBedeutung.SchließlichsehendieHochschulen,dassauf langfristigerSichtauchdieeigeneExi-stenz undMittelzufuhr nur über einwirksamesMarketing gesichert werden kann.EineStudieüberdiedeutscheHochschullandschafthatergeben,dass„einigeder365Hochschulen“inDeutschlandbereitsspezifischeMaßnahmenentwickelt,ihreeigeneDarstellungverstärktunderfolgreichvorangetriebenhaben,umihreSelbstdarstellungzuverbessernundihrImagebeidenverschiedenenInteressengruppenzuoptimieren(vgl.Meffert2007,S.4).
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Beispiel Hochschulmarketing - TFH Georg Agricola zu Bochum
DieTechnische Fachhochschule (TFH)GeorgAgricola zuBochum ist eine privateHochschuleundistsomitzuunternehmerischem,offensivemundstrategischemDen-kenundHandelnsowiederSicherungdesFortbestandesundderWettbewerbsfähig-keitverpflichtet.DieFachhochschulezeichnetsichdurcheineintensiveBetreuungderStudierenden,einekurzeStudiendauerunddurchdiezentrale,verkehrsgünstigeLageinderBochumerInnenstadtaus.DieTFHisteinedererstenHochschulen,diesichdieQualitätihrerAusbildungmiteinemexternenGutachten(Qualitätsmanagementnorm:DINENISO9001)zertifizierenließ.
DieTFHsetztaufPraxisbezuginLehreundForschung.Diplom-,Bachelor-oderMa-sterarbeitenwerdenzurund80ProzentimIndustriesektorgeschrieben.DieLehreunddasStudiumorientierensichandenaktuellenAnforderungenderIndustrie.Dement-sprechendistdasInteressederHochschulegroß,dieFortbildungihrerMitgliederkon-tinuierlichzuaktualisieren.DiestetigeEntwicklungderAus-undWeiterbildungsange-botesowiekooperativerLehr-undLernformenfüralleStudierenden,LehrendenundMitarbeitendenistsomiteinezentraleAufgabederTFH.
Den individuellenAnforderungenderStudierendenwirddieHochschuledurch ihreflexiblenStudienangebotegerecht, die sowohl inVollzeit-, „AusbildungplusStudi-um“-undberufsbegleitenderFormausgeübtwerdenkönnen.AlsprivateundstaatlichanerkannteHochschulehältdieTFHengenKontaktzuihrenTrägernundistsomitinderLagenachdenBedürfnissenderIndustrieauszubilden.DurchdieEtablierungei-nerbesserenKooperationundeinerinteraktivenZusammenarbeitsollenStudierendenoptimaleberuflicheChancenermöglichtwerden.DerTFH ist esgelungen, aufdenzunehmend globalisiertenBildungssektor schnell und effektiv zu reagieren und hatdafür entsprechendeMaßnahmen ergriffenwie beispielsweise durchKooperationenmit ausländischen Partnerhochschulen, gemeinsamenForschungsprojekten inChinaundPolen,internationalausgerichtetenBachelor-undMasterangebotenunddemAus-tauschvonStudierenden.ZudemunterzeichnetedieHochschulemitdemBejjngInsti-tuteofPetrochemicalTechnology(BIPT)einenRahmenvertragzurGründungeinergemeinsamenHochschuleinPeking.
AufeinengutenundengagiertenDialogsetztdieTechnischeFachhochschuleebensomitUnternehmen.DieUnternehmenausderEnergie-undElektrizitätswirtschaftunddieTFHverstehen sich als Partner in der zukunftbezogenen Ingenieur-Ausbildung.DieHochschuleundverschiedeneUnternehmenladenzweimalimJahrzueinemGe-danken-undErfahrungsaustauschzwischenProfessorinnenundProfessoren,Studie-rendenundFührungskräftenausderWirtschaftein.InKooperationmitderRWEAG,derDeutschenSteinkohleAGunddenDeutschenEdelstahlwerkenbietetdieTFHdenAusbildungsgang »Ausbildung plus Studium« an, eineKombination aus Fachhoch-schulstudiumundBerufsausbildung.DiedreieinhalbjährigeAusbildungverbindetaufeffizienteWeisePraxisqualifikation,BerufserfahrungundStudiumundebnetdemIn-
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genieurnachwuchsdamitdenWegindieberuflicheZukunft.EinanschaulichesBei-spiel ist die guteKooperationmit derRAGDeutscheSteinkohle, die ihrerseits aufihrerHomepageaufdieKooperationmitderTFHverweist.DieVorteilefürpotentielleTFH-StudierendeundUnternehmen,diesichdurcheinepraxisorientierteAusbildungmitIHK-Abschluss,einemFachhochschulstudiummitBachelor-AbschlussundeinemAusbildungsvertragmiteinemUnternehmeninklusiveAusbildungsvergütungerzielenlassen,liegenaufderHand.EinenintensiverenEinblicküberdieThemen„Studienför-derung“und„kooperativesStudium“gewährtdasnächsteKapitel.
Der neu eingeführte Studiengang für „Angewandte Materialwissen-schaften“
MitderEinführungdesneuenStudiengangsfür„AngewandteMaterialwissenschaften“istdieTFHGeorgAgricolainBochumeinaktuellesBeispielfüreineHochschulge-staltung für den FachbereichMaschinenbau- undVerfahrenstechnik nach aktuellenErfordernissen.Technische Produkte,Maschinen oderAnlagen können ohneHigh-Tech-Materialien nicht konkurrenzfähig bleiben. Fortbestand, Wettbewerbsvorteile,KostenreduzierungundökologischeHerausforderungenkönnennurmitHilfe inno-vativerWerkstoffegemeistertwerden.DieSchwerpunktedespraxisnahenBachelor-Studiengangs„AngewandteMaterialwissenschaften“liegenaufdenvierStufenHer-stellung, Verarbeitung, PrüfungundAnwendungvonWerkstoffen.WerderMaterieaufdenGrundgehenwill,umdarausdieBasisfüranspruchsvolleTechnologienzuschaf-fen,findetalsIngenieurinoderIngenieurderangewandtenMaterialwissenschafteneinvielseitigesundspannendesBetätigungsfeld.DieEntwicklungneuerWerkstoffegehörtebensodazuwiedieAuswahlundVerarbeitungvonWerkstoffeninderKonstruktion,inderProduktionoder imAnlagenbetrieb.DasStudiumwurdeinengerKooperati-onmitIndustrieunternehmenwieThyssenKruppSteelundDeutscheEdelstahlwerkeentwickelt.BeschäftigungsmöglichkeiteneröffnensichdadurchsowohlinWerkstoffproduzierenden(beispielsweiseinderStahlindustrie)alsauchinverarbeitendenIndus-trien(beispielsweiseimMaschinen-undAnlagenbauoderinderAutomobil-undLuft-fahrttechnik)sowieinPrüforganisationen,BehördenundVerbänden.DieseengeFormderKooperationzwischenUnternehmenundHochschulenschließtdenKreisRichtungUnternehmen,diesofrühzeitigStudierendekennenlernenunddurchgezielteAktivi-tätenansichbindenkönnen.
Studieninhalte
DurchallgemeineModulewirdzunächsteinbreitesBasiswisseninnatur-undinge-nieurwissenschaftlichenFächernvermittelt.DaraufaufbauendwerdendieKenntnisseimStudienschwerpunkt„metallischeWerkstoffe“vertieft.DasAngeboterfolgtfürBe-rufstätigeinteilzeit-undvollzeitbegleitenderForm.
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Tabelle 1: Studieninhalte für „Angewandte Materialwissenschaften“
Teil I Teil IIGrundlagen Studienschwerpunkt
Metallische WerkstoffeMathematik
Naturwissenschaften & ElektrotechnikInformatik & Standartsoftware
Angewandte Materialwissenschaften ITechnische Mechanik & Konstruktion
Chemie, Physikalische Chemie & Mess- technik
Technische Wärme- und StrömungslehreGrundlage der Verfahrenstechnik
Produktion und QualitätProjektmanagement und ProjektarbeitBWL, Recht & Technisches Englisch
Angewandte Materialwissenschaften II/ Werkstoffe
Metallurgische ProduktionstechnikWerkstoffanwendung
Wahlpflichtfächer/Module:Oberflächentechnik
English for Industry and BusinessMaschinenelemente II
Kolben- u. StrömungsmaschinenInnerbetriebliche Logistik
Teilgebiete des QualitätsmanagementKonstruktionsprojekt
Finite Elemente MethodeTherm. & chem. Verfahrenstechnik II
UmwelttechnikSchüttguttechnologieEnergiemanagement
Abschluss: Bachelor of EngineeringWeitere Vertiefungsmöglichkeiten bietet der Master-Studiengang Maschinenbau an der TFH Georg Agricola.
Quelle: TFH Georg Agricola
EinweiteresBeispielfüreffektivesHochschulmarketingzeigtdieAusbildungskoope-rationderTFHmitderAkademiedesHandwerksRuhrderKreishandwerkerschaftBo-chum.DieseKooperationhatdengemeinsamenAufbauvoninnovativenAusbildung-sangebotenimtechnischenHandwerkzumZiel.DiekooperierendenPartnersindunteranderem:DegussaAG,ThyssenKruppAutomotiveAGBochum,E.ONEngineeringGmbH,DeutscheEdelstahlwerkeGmbH.
ImAnschlussandasHochschulmarketingsollnundaszweiteHandlungsfelddarge-stelltwerden,indemdurchentsprechendeMaßnahmendervorhergesagteNachwuchs-mangelreduziertwerdenkann.
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2. Schulmarketing
Definition Schulmarketing
VergleichbarmitdemweitangelegtenBegriffshorizontvonHochschulmarketingkannderBegriffdesSchulmarketingsverstandenwerden.ImFolgendenrücktdasSchul-marketingvonUnternehmenanSchulenindenMittelpunkt.
DasSchulmarketingisteineRekrutierungsstrategie,dieinersterLiniedasZielver-folgt,frühzeitigbegabteundneugierigeSchülerinnenundSchülergezieltfürAusbil-dungenundStudiengängezuinteressieren,beidenendasUnternehmenlangfristigenBedarfsieht.ZudenbekanntenMaßnahmengehörendieFinanzierungvonLernmit-telnundtechnischenAusstattungen,SpendenfürSchulpreiseoder-feste,wenngleichdieseMaßnahmen kaumAuswirkungen auf die Beziehung zwischen Schülern undUnternehmenhaben.HierbeigehteszunächstumdenImagegewinn,derimweiterenVerlaufdiefinanzielleUnterstützungbeiderKompetenzentwicklungerkennenlässt.DaspersönlicheInteressevonSchülerinnenundSchülernamUnternehmenwirdüberandereEreignissegeweckt,beispielsweisedurchBetriebsbesichtigungen,VorträgeanSchulenundüberdieBeschäftigungsmöglichkeiten(AusbildungenundPraktika) imUnternehmen.Essolltejedochkurzerwähntwerden,dassdieZielgruppenichtalleinausSchülernbesteht, sonderndassauchLehrerüberzeugtwerdenmüssenund ihredidaktischenMethodenebenfallseineBereicherungfürdieeigeneAusbildungspolitikimUnternehmendarstellenkönnen.
Beispiel Schulmarketing - Dillinger Hütte
DasSchulprojektderDillingerHütteimJahr2007hattezumZiel,denSchülerinnenundSchülerneinenEinblickindieArbeitsweltvonUnternehmenzugeben.EssolltendieEinsatzbereicheinnovativerTechnologienunddieangewendetenTechniken„real“erlebtundkennengelerntwerden.ImIdealfallsolltendieTeilnehmendensobegeistertwerden,dasssiesichinZukunftfüreinentechnischenBerufentscheidenundsichbeiDillingerHüttebewerben.DieArtderBewerbungfürdieTeilnahmeamProjektsollteäquivalentzueinerErstausbildungsbewerbungsein.DieangesprocheneZielgruppebe-standvorallemausJugendlichen,dieunmittelbarvorderBerufsfeldwahlstanden,dasheißt8.und9.KlassemitderOptionaufeineersteAusbildung.DieTeilnehmerzahlwurdeaufmaximal40Teilnehmendebeschränkt.DasProjektumfassteeineDauervonzweiWochen(á6Stunden/Tag).DieSchülerinnenundSchülersollteneinenEinblickin verschiedeneFachbereiche erhalten, für die jeweils zweieinhalbTage zurVerfü-gungstanden.DieBereicheumfasstenSteuerungstechnik,Automatisierungstechnik,CNC-Technik undArbeitstechniken (beispielsweiseModerationstechnik undMind-Mapping).ZumAbschlusswurdedieTeilnahmeamProjektzertifiziert.
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Beispiel Schulmarketing - Salzgitter AG
MitwievieleninteressantenMaßnahmenundhohemEngagementdieSalzgitterAGihreKooperationmitSchulengestaltet,lässtsichanhandderfolgendenAngeboteundEreignisseverdeutlichen.
Abbildung 8: Schulmarketing bei der Salzgitter AG: Maßnahmen und Events
Quelle: Salzgitter AG
DabeiwirdnocheinmaleinegenauereDifferenzierungnachKlassenvorgenommen,dennwährenddie7.und8.KlassenprimärfürtechnischesWissenbegeistertwerdensollen,werdenabder9.KlasseBerufsfelder indenVordergrundgerückt,umdiesedannabder10.KlassezukonkretisierenundfürdenÜbergangindieBerufsweltvor-zubereiten.
MitdemProjekt„FlyingScienceCircus“solltePhysikunterrichtschülergerechtundmitEntertainment-Charakter angebotenwerden.Somit konntendieTätigkeitenvonNaturwissenschaftlernundIngenieurenspielerischundgreifbarvermitteltwerden.
Rund100SchülerinnenundSchüleraus28SchulennehmenproSchuljahraneinemPraktikumvon2bis3WochenbeiderSalzgitterAGteilunderhalteneinenEinblickindieUnternehmenspraxis.
FürdiehöherenSchuljahrgängelädtdieSalzgitterAGzurHauptversammlungein.Da-mitbekommendieSchülerinnenundSchülerdesWirtschaftskurseseineEinführungundErklärungüberdenGeschäftsbericht.DieTeilnehmermüssenihreErlebnissefür
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ihreMitschülerinnenundMitschüler ineinemBerichtzusammenfassen. InteressantsinddarüberhinausdieangebotenenBewerbertrainingsindenThemen„Gestaltungs-kriterienvonBewerbungen“,„Rhetorik“,„Auftreten“und„ErfahrungsgesprächemitAzubis“.
2.2.3 Studienförderung und duale Studiengänge
Studienförderung
Definition Studienförderung
AustraditionellerPerspektivehelfenStudienförderungensozialeBenachteiligungzureduzierenundTalentezufördern.DiesgeschiehtdurchdieVergabevonStudienbei-hilfenundübereineideelleFörderung.StudienfinanzierungistdieFinanzierungeinesStudiumsaneinerUniversität,HochschuleoderFachhochschule.DabeiwirdStudien-förderungnichtnurvonStiftungengetragen,denndurchdiezunehmendeVerzahnungvonWirtschaftundHochschulesindnunauchimmermehrUnternehmendaraninte-ressiert,engagiertenundbegabtenArbeitnehmerinnenundArbeitnehmern ihreUn-terstützunginihrerAus-undWeiterbildunganzubieten.AuchüberdiesogeschaffeneBindung,verstärktdurchPraktikaundBetreuungderAbschlussarbeiten,lassensichakademischgebildeteNachwuchskräftefürdieUnternehmenrekrutieren.
Definition Stipendium
Zunächst kann ein Stipendium als eine finanzielle Unterstützung für Studierende,SchülerinnenundSchüleroderNachwuchsforscherinnenund–forscherdefiniertwer-denundistinersterLinieeinwichtigesInstrumentderBegabtenförderung.„BisherwerdenzweiProzentderalsbesondersbegabtgeltendenStudierendengefördert,etwaüber die Stiftungen der Parteien undGewerkschaften oder über dieBildungswerkederKirchen“ (www.tagesspiegel.de).Wie notwendig dieses Thema für die ZukunfteinesArbeitsmarktsfürHochqualifizierteist,zeigenauchdieaktuellenDebattenumeinnationalesStipendium-System.DieFinanzierungdiesesSystemssollvonBund,Ländern undUnternehmen getragenwerden.Viele Stipendien (Vollstipendien, För-derungvonAuslandssemestern,Praktika)werdenindenletztenJahrenverstärktvonWirtschaftsverbändenundUnternehmen(meistgroßeUnternehmen)angeboten-mitundohneDarlehen.DabeistehenbesondersdiewirtschaftlichenInteressenderFirmenimVordergrund. Stipendien sind ein geeignetes personalpolitisches Instrument vonUnternehmen,umtalentiertenakademischenNachwuchsfrühzeitigansichzubinden.Die Investitionen in denNachwuchs sindoftmitRückzahlungsvereinbarungenver-knüpft.DurchdieseMethodesichernsichdiemeistenUnternehmenimVorfelddenErtrag,deneinAbsolventnachseinerAusbildungfürdasUnternehmenerbringtund
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schützensichsomitvoreinemvorzeitigenAbbruchodereinemUnternehmenswechselnachInanspruchnahmederangebotenenAusbildung.
Beispiel Studienförderung - Deutsche Edelstahlwerke GmbH
DieDeutscheEdelstahlwerkeGmbH(DEW)hatimZugedesdemografischenWandelsundder„prognostizierbarenStahlkrisedurchVerrentung“denBedarfankompetentenMitarbeiterinnenundMitarbeiterdefiniertundistbestrebtihremabsehbarenVerlustentgegenzuwirken.DasDurchschnittsalterderMitarbeiterinnenundMitarbeiterbeiderDEWliegtbei46Jahren.ZudemwachsenaufgrunddesrasantentechnologischenFortschrittsdieInnovationsanforderungen,fürdieArbeitskräftebenötigtwerden,dieaufdieseEntwicklungenentsprechendschnellundfachlichkompetentreagierenkön-nen.
ZudemergibtsicheineweitereHerausforderung,dieeszubewältigengilt,dennnachAussage der DEW standen im Jahr 2006 in derMetallurgie undWerkstofftechnik90Absolventen130 freienStellengegenüber.Davonbleibt nur einBruchteil inderStahlindustrie,dementsprechendistdieFluktuationindiesemSektorsehrhoch.DiewerkstoffbezogenenStudiengängeverlierenanBodenundinvieleningenieurwissen-schaftlichenBereichenwerdenLehrstühleundFakultätengeschlossen(FHDortmund,UniversitätDuisburg). InsgesamtwerdensinkendeSchüler-undStudierendenzahlenvermeldet.DieDeutscheEdelstahlwerkeGmbHweisteinenniedrigenAnteilanInge-nieurenauf,vorallemimhüttentechnischenBereich.
UnterdemMotto „WirbegleitenundgestaltenkleineundgroßeKarrieren“hatdieDeutsche Edelstahlwerke Karriere-Werkstatt GmbH zum 01.01.2008 ihre Rekrutie-rungsarbeitaufgenommen.EinbesonderesAnliegenistesdabei,denWerkstoffStahlfür jüngereMenschen attraktiv zumachen und das Interesse an diesemWerkstoffnach„jahrzehntelangerKrise“neuzufördern.MitderÜbernahmedesAZR(Ausbil-dungszentrumRuhr)wurdedieBasisfüreinKompetenz-Zentrumgeschaffen,indemsystematischaufeinanderaufbauenddieHandlungsfelderAusbildung,Weiterbildung,StudienförderungundPersonalentwicklungsberatungangebotenwerden.
Arbeitspapier 230 │ Aktuelle Wege und Trends der Personalentwicklung, Rekrutierung und Nachfolgeplanung
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Abbildung 9: Angebote der DEW zur Nachwuchsförderung
Quelle: DEW
EswurdealleinzurmittelfristigenErreichungdesBranchendurchschnittseinRekru-tierungsbedarfvon15-30StudierendenproJahrerrechnet.FürdiesesaufLangfristig-keitbasierendeRekrutierungszielwurdeeinStudienförderungsmodellkonzipiert,dassowohldiefachlichenSchwerpunkte(MetallurgieundWerkstofftechnik)umfasstalsauchindividuelleKompetenzenfördert(eingeschlossenauchmittel-undkurzfristigeNachbesetzungsbedarfe,VergabevonAbschlussarbeiten,MöglichkeitenzuFachprak-tika).Dabeisollexternundinternrekrutiertwerden,dennsowohlleistungsbereiteMit-arbeiterinnenundMitarbeiteralsauchexternePotentialträgerinnenund-trägersolleneineindividuelleundbedarfsgerechteFörderungerhalten.
Tabelle 2: Externe und interne Rekrutierung bei DEW
Externe Studienförderung Interne Studienförderung(Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter)
Rekrutierung und Förderung durch:
Praktika AbschlussarbeitenStudentische Hilfskrafttätigkeiten (für relevante Fachbereiche)
Ausbildungs- und berufsbeglei-tende Studiengänge Vollzeitstudiengänge bei ausge-lernten Mitarbeitern (Werkstudentenstatus)
Rahmen (pro Jahr)
100 Praktika, 40 Fachpraktika 15 -20 Abschlussarbeiten
10-15 Studierende
Instrumente y Aktives Hochschulmarketing y leistungsgerechte Entlohnung
und Prämierung y engagierte Betreuung am
Einsatzort y zentraler Ansprechpartnery optionale Auslandseinsätze im
Konzern
y Intensive Zusammenarbeit mit regionalen Hochschulen
y (Teil-)Übernahme der Studi-engebühren
y Zentrale Betreuung & Studien-beratung und
y systematische und frühzeitige Integration
Erste Ergebnisse(2007)
4 Einstellungen Controlling, QM, Rechnungswe-sen, P/S
4 Einstellungen Blankbetrieb, Technische Dienste, IT, Vertrieb
Quelle: DEW
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4 Ziele der Studienförderung bei der DEW
1. RessourcenschonendeundbedarfsgerechteEntwicklungvonFührungskräftenundSpezialisten
2. Kurz-undmittelfristigeBedarfsdeckunginSchlüsselbereichendesUnternehmensalsAntwortaufakutedemografischeHerausforderungen
3. Know-HowTransferzwischenWissenschaftundPraxis4. ZielderStudienförderungistes,dieAbsolventinnenundAbsolventennachAb-
schlusslangfristigandasUnternehmenzubinden.
Tabelle 3: Studienförderung bei DEW
Absolventen 2008 2009 2010 2011 2012StipendiatenWerkstudentenBerufsbegleitende StudierendeVerbund WirtschaftVerbund TechnikBerufsakademieFachpraktika (40)Abschlussarbeiten (20)
0 1 0 1 0 3 8 5
3 0 0 3 0 0 8 5
2 1 1 3 4 0 8 5
5 2 2 3 3 2 8 5
5 3 3 3 2 2 8 5
Rekrutierung aus eigenen StudierendenOptionale Rekrutierung externer Studierender
5
13
6
13
11
13
17
13
18
13
Quelle: DEW
ProJahrsollenvierbissechsjungenMitarbeiterinnenundMitarbeiterneineexistenz-sicherndefinanzielleUnterstützungundeinefachliche,methodischeundsozialeFör-derungangebotenwerden.DiekontinuierlicheAnbindungandasUnternehmenwirddurchPraktikaundProjektarbeitengewährleistet.StipendiatensindkeineAngestelltenundkönnendamiteineabgabenfreieStudienbeihilfeinAnspruchnehmen.
StipendienhöhefürStudierendebeiderDEW:
1.-2.Semester 619€3.-4.Semester 640€5.-6.Semester 677€ab7.Semester 722€
HinzukommenFinanzierungvonLehrmitteln(150Euro/Semester)undstudienbeglei-tendeVeranstaltungen (1500 Euro für Stipendiatentreffen sowie Bildungsveranstal-tungen).
StipendiatensindverpflichtetNebentätigkeitenanzugeben,dasiegegebenenfallsvonderStipendiensummeabgezogenwerdenkönnen.Praktika imeigenenHauswerden
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nichtgesondertvergütet.DerzeitunterstütztdieDEWsiebenVoll-undeinenTeilsti-pendiaten,dieandenfachrelevantenHochschulenstudieren.MentorinnenundMen-torenstehenausdenunterschiedlichstenUnternehmensbereichenzurVerfügung.
ÜberdieStudienförderungwurdeeineGesamtbetriebsvereinbarungschriftlichfestge-legt.DieDEWbetontebenfalls,dassdieStudienförderungnichtnuralseinpersonal-politischesInstrumentgesehenwerdendarf,sondernaucheinegesellschaftspolitischeVerpflichtungbeinhaltet,dasieidentitätsstiftendwirktundjungenMenscheninihrerberuflichenEntwicklungChanceneröffnen soll.Die angeboteneUnterstützungvonUnternehmenan talentierteundengagierteArbeiternehmerinnenundArbeitnehmergeschiehtauchüberMöglichkeitenzurTeilnahmeandualenundkooperativenStudi-engängen.
Duale Studiengänge
DurchdiestärkereInteraktionvonWirtschaftundWissenschaftkannsicheinregerWissens-undTechnologieaustauschergeben.DasdualeStudienangeboterweistsichalseinInstrument,vondembeideprofitierenkönnen,denndurchdieseKopplungkanndemDemografiewandelmitderHerausbildungvonhochqualifiziertenArbeitskräftenineffizientenSchrittenentgegengewirktwerden.DualeStudiengängetragensomitzueinerVerbesserungderAusbildungsqualitätbeiundleisteneinenpositivenBeitragfürdieZusammenarbeitzwischenBildungs-undBeschäftigungssystem.
DasBundesinstitutfürBerufsbildung(BiBB)unterscheidetgrundsätzlich4ModelledualerStudiengänge(sieheTabelle4).DieseModellestellenjedochnurdieGrundbe-standteiledar;dieweiterenKombinationsmöglichkeitendualerStudiengänge solltenunternehmensspezifischbeschlossenwerden.
Tabelle 4: Modelle dualer Studiengänge
Ausbildungs-integrierende
Praxis-integrierende
Berufs-integrierende
Berufs-begleitende
Für wen? Studieninteres-senten ohne abgeschlossene Berufsausbildung mit FH- oder Hochschulreife
Studieninteres-senten ohne abgeschlossene Berufsausbildung mit FH- oder Hochschulreife
Studieninteres-senten mit abgeschlossener Berufsausbildung mit/ohne FH- oder Hochschul-reife
Studieninteres-senten mit abgeschlossener Berufsausbildung mit/ohne FH- oder Hochschul-reife
Typ Studium + aner-kannter Ausbil-dungsberuf
Studium + Längere Praxi-sphasen im Unternehmen bzw. berufliche Teilzeit
Studium + Berufliche Beschäftigung in Teilzeit
Studium + Berufliche Beschäftigung in Vollzeit
Quelle: Bundesinstitut für Berufbildung
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DiebesonderenHerausforderungenvondualenStudiengängesolltenandieserStellenichtunerwähntbleiben:Semesterferienwerdendurch25bis30UrlaubstageimJahrersetztundfreiwilligeStudienabbrüchekönnenunterUmständenmitRückzahlungenandasUnternehmenverbundensein.DualeStudiengängesindmiteinerhohenBela-stungverbunden.EbensoistMobilitätgefragt,dennUnternehmenundHochschulebe-findensichmeistnichtunmittelbarineinerStadt.FlexibilitätwirdauchinnerhalbderStudienorganisationverlangt,denndieVorbereitungszeitenfürLeistungsabfragensindaufgrundderknappenSemestersehrenggesteckt.DauerundLeistungsanforderungensindweitestgehendexaktvorgegebenunddieBereitschaftdiszipliniertenArbeitensab-soluteGrundvoraussetzungfürdieAufnahmeeinesdualenStudiums,dennschließlichwirdSpaßundFreudesowohlanderPraxisalsauchanderTheorieerforderlichsein,woraufsichdanneinhöheresLoyalitätsbewusstseinentwickelnkann.
Entwicklungen von dualen und kooperativen Studiengängen
IndenletztenJahrenhateseinenAnstiegbeidualenStudienangebotengegeben,wobeisichinsbesonderedieFachhochschulenverstärktengagiertundihrAngebotandualenStudiengängenerweiterthaben.InzwischengibtesinDeutschlandeinübergreifendesAngebot.
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Abbildung 10: Anbieter von dualen Studiengängen
Anbieter Studiengänge Unternehmen Azubis / Studierende
Berufsakademien 333 19.213 31.379
Fachhochschulen 328 5.946 15.583
Universitäten 24 247 546
Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien 27 715 1.288
Insgesamt 712 26.121 48.796
Quelle: www.ausbildungplus.de
RundeinDrittel der angebotenendualenStudienangebotekommenausdem Inge-nieurwesen.Hier gibt es diverseMöglichkeiten unterschiedliche Fachbereiche oderSchwerpunkte zuwählen.DasStudiumkannmit einer IT-, gewerblich-technischenoderkaufmännischenAusbildungverknüpftwerden.
Abbildung 11: Duale Studiengänge nach Fachbereichen gruppiert
Fachbereiche Studiengänge Azubis / Studierende
Wirtschaftswissenschaften 313 27.164
Ingenieurwesen 240 12.684
Informatik 108 5.603
Wirtschaftsingenieurwesen 26 1.415
Sozialwesen 23 1.718
Mathematik 1 210
Architektur 1 2
Insgesamt 712 48.796
Quelle: www.ausbildungplus.de
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Voraussetzungen für die Teilnahme an dualen und kooperativen Studiengängen
AufderHomepagederInitiative„AusbildungPlus“,dievomBundesministeriumfürBildungundForschungunddemBundesinstitutfürBerufsbildunggefördertwird,wirdzudenVoraussetzungenfüreindualesStudiumentsprechendStellunggenommen:
„Wer sich füreindualesStudium interessiert,musszunächst einUnternehmen fin-den,dassihnwährendderPraxisphasenausbildet.DieBewerbungfüreinendualenStudienplatzerfolgtdeshalbbeidenAusbildungsbetrieben,dieimgewünschtenStu-diengangmitderAkademieoderHochschulezusammenarbeiten.Rund50Schulab-gängerbewerbensichbeidenUnternehmendurchschnittlichumeinenPlatzfüreindualesStudium.InEinzelfällenhabengroßeUnternehmenüber1.000BewerberproStudienplatz.AuchwenndasAngebotandualenStudiengängenindenletztenJahrendeutlichgestiegenist,übersteigtdamitdieBewerberzahldieAnzahlderdualenStu-dienplätzedeutlich.DennochhabennichtnurSpitzenkandidatenAussichtenaufeinenderbegehrtenPlätze.Zeugnisnoten sindbeiderAuswahlderAuszubildendennichtderalleinigeMaßstab.DieUnternehmen legenauchgroßenWertaufSozialkompe-tenzenwieEngagement,Selbstständigkeit,FlexibilitätundLernbereitschaft.Insbeson-dereinkleinerenUnternehmenhabenauchSchulabgängermitwenigergutenNoteneineChance.Wichtigist,dassdieBewerberbereitsimAnschreibenihreMotivationundInteressendeutlichmachen.VollständigeBewerbungsunterlagen,diedenforma-lenAnforderungengenügen, sind jedochunbedingteVoraussetzung.DaswichtigsteAuswahlkriteriumistaberdasVorstellungsgespräch.“(vgl.www.ausbildungplus.de)
Gründe für die zunehmende Bedeutung von dualen Studiengängen für Unternehmen
AusderPerspektivevonUnternehmenergebensichVorteile,diekurzdargestelltwer-densollen(vgl.www.ausbildungplus.de):
AusbildunginTheorieundPraxis,qualifizierterNachwuchsfachwissenschaftlichesKnow-HowfindetinderPraxisAnwendungPartizipationderUnternehmenbeiderErarbeitungundUmsetzungderStudien-undPrüfungspläneFrühererBerufseinstiegdurchdiegestraffteStudienorganisationBetrieblicheProblemekönnendurchdieverstärkteInteraktionvonWirtschaftundForschungschnellergelöstwerden.DurchdasAngebotvonberufsintegrierendenoderberufsbegleitendenStudiengän-genkönnenAusgebildeteihreKarriereinternausbauenundsomitandasUnterneh-menweitergebundenwerden.DieFolgesolcherMaßnahmenisteineSteigerungsozialerIntegrationvonStudie-rendeninnerhalbdesBetriebs.
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Transaktionskosten,diedieEinarbeitungvonexternenNachwuchskräftenmitsichzieht,entfallen-AlternativezuTraineeprogrammenDualeStudiengängeermöglicheneinenfrühzeitigenBerufseinstieg
Anforderungen an Unternehmen
UnternehmenerhoffensichdurchdualeStudiengängezumeineneinoptimalesZusam-menspielvontheoretischenundpraktischenKenntnissen,zumanderenflexiblereundinnovativeReaktionenaufökonomischeVeränderungsprozesse.DesWeitereneignensichdiedualenStudiengängefüreineVerbesserungderPersonalentwicklungimUn-ternehmen.ZudieserUnternehmensstrategiegehörtauchdieBereitstellungeinerPer-son,diefürdieStudierendenalsAnsprechpersonverfügbaristundmitderHochschulekorrespondiert.EserfolgenAbstimmungenhinsichtlichderStudieninhalteinnerhalbderPraxisphaseimUnternehmen.DiesemüssendenbestehendenStudienordnungenderjeweiligenHochschuleentsprechen.
Gründe für die zunehmende Bedeutung von dualen Studiengängen für Hochschulen
DualeStudiengängebietensehrguteMöglichkeiten,diebeiStudienabsolventinnenund Studienabsolventen häufig bemängelten sozialenKompetenzen durch Semi-nareundbetrieblicheAusbildungsphasenzuschulen.DieHochschulenbereicherndurchdasdualeStudienangebotihrProfil,dennsiegewinnenzusätzlicheStudienbewerberinnenund-bewerber,indemsieeinepraxis-orientierteAlternativezumklassischenStudiumanbieten.DieZusammenarbeit vonWirtschaft undHochschule schafft neueWegebei derRessourcenbeschaffungfürdieHochschulenselbst.BeispielsweiseübernehmendieUnternehmendieStudiengebührenbeiderBereitstellungderdualenStudienplätzeoderfinanzierenStiftungsprofessuren,unddurchdieBeteiligungderUnternehmenkanndieHochschule ihreStudierendenanaktuelleökonomischeVeränderungenheranführen(vgl.www.ausbildungsplus.de).
Gründe für die zunehmende Bedeutung von dualen Studiengängen für Studierende
AusderPerspektivevonStudierendengibteseinigeguteGründe,diefürdieAusü-bungeinesdualenStudiumssprechen:
DasangeeignetetheoretischeWissenfindetinderPraxisdirektseineAnwendung.DasStudiumdauertinderRegel3bis4Jahre.
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DurchdieZusammenarbeitvonHochschulenundUnternehmenwerdendenStudie-rendenbessereStudienbedingungenofferiert (bessereBetreuung,kleinereGrup-pen,qualitativhochwertigeAusstattung).Mit Beendigung seines Studiums hat der Student nicht nur eine staatlich aner-kannteQualifikationerworben,sondernbesitztnunhinreichendeKenntnisseüberdieStrukturunddieVerfahrensweisendesUnternehmens.DieStudierendenwerdenmitderUnternehmensstrukturvertrautgemacht,sodasssienachderAusbildungüberguteChancenaufeineFestanstellungverfügen.DieStudierendenerhalteneinemonatlicheVergütungundgegebenenfallseinSti-pendium(vgl.www.ausbildungplus.de).
Kurzer Perspektivenwechsel: Wie sehen Jüngere mit abgeschlossener Berufsausbildung ihren Berufseinstieg?
EinerepräsentativeBefragungvonBerufseinsteigernimAlterzwischen18und34Jah-renmitabgeschlossenerBerufsausbildung,dieimAuftragderBundesanstaltfürAr-beitsschutzundArbeitsmedizin(BAuA)unddesBundesministeriumsfürArbeitundSoziales(BMAS)imJahr2008veröffentlichtwurde,hatergeben,dassdieerstePhasederErwerbstätigkeit von fast jedemzweitenAusgebildetendurchdiskontinuierlicheErwerbsbiographiengekennzeichnetist.DieseresultierenausErwerbswechseln,-aus-trittenund-einstiegeninverschiedeneBeschäftigungstypen(befristeteBeschäftigung,Zeitverträge,MinijobsoderFreiberuflichkeit).Beicirca32%werdendieseErwerbs-brücheauchvonPhasenderNichtbeschäftigungbegleitet.Nuretwa30%derjungenberuflichAusgebildetenistesgelungen,nahtlosineinunbefristetesBeschäftigungs-verhältnis zuwechseln, auchwenn imVerlauf dieser Studie einmalmehr bestätigtwurde,dassdas„Normalarbeitsverhältnis“nichtmehrdirektmitStabilitätundeinerdauerhaftenBeschäftigunggleichgesetztwerdenkann.Esbleibtjedochzuerwähnen,dassdievonUnternehmenzunehmendgeforderteNachhaltigkeitundlangfristigePer-sonalplanungauchmitdenAnsprüchenderjüngerenGeneration-beispielsweisesta-bilerenBeschäftigungsverhältnissen-durchauskorrespondierenkönnte.
Beispiel duales Studium - Dillinger Hütte
DieDillingerHütte,eineuropäischerStahlproduzent(GrobblechundBaustähle),isteinUnternehmenmitTradition.EsgehörtzudenUnternehmensleitlinien,dassNachhal-tigkeitnichtnurgefordert,sondernauchin„aktivesHandeln“umgesetztwird,damitauchdienachfolgendenGenerationendenFortbestanddesUnternehmenserfolgreichsichernkönnen.ZumaktivenHandelnderDillingerHüttegehörtseitJahreneinestarkeundqualifizierteErstausbildungunddiedamitverbundenesozialeVerantwortungalseinerdergrößtenArbeitgeberundAusbildungsbetriebederRegion.
Arbeitspapier 230 │ Aktuelle Wege und Trends der Personalentwicklung, Rekrutierung und Nachfolgeplanung
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Tabelle 5: Duales Studium bei Dillinger Hütte
Bedingungen Kooperierende Hochschulen
Angebotene Studiengänge
y Notendurchschnittmindestens 2,5
y Abschluss eines Koop-erationsvertrags
y Neben den Vorlesungen müssen in der vorlesungs-freien Zeit rund 580 Stun-den pro Jahr in unserem Unternehmen gearbeitet werden.
y Feste monatliche Vergü-tung
y Je 4 Studenten an:y Hochschule für Technik
und Wirtschaft Saar-brücken
y Universität des Saarlan-des
y TU Kaiserslautern
y Betriebswirtschafty Elektrotechniky Maschinenbauy Wirtschaftsingenieur-
weseny Werkstoffwissenschafteny Praktische Informatik
Quelle: Dillinger Hütte
JedesJahrwerdenmehrerehundertAuszubildendeundPraktikantenbetreut.ZudembietetDillingerHüttedieMöglichkeitzurTeilnahmeankooperativenStudiengängen,diesichdirektvonBeginnandurcheinestarkeUnternehmensbindungauszeichnen.ImRahmendeskooperativenStudiums inZusammenarbeitmitderHochschule fürTechnikundWirtschaft(HTW)desSaarlandessowiederUniversitätdesSaarlandeswerdenderzeit23Studierendefachlichbetreut.DiesewerdenteilweisedurchStipen-dienderMontan-Stiftung-Saarunterstützt.
Beispiel duales Studium - Salzgitter AG
EinweiteresBeispiel füreineerfolgreicheKooperationzwischenUnternehmenundHochschuleistdieSalzgitterAG.Mitca.24.000MitarbeiterngehörtdieSalzgitterAGimBereichderStahltechnologiezudenführendenKonzernenEuropas.HiergleichtdasdualeStudiumeinerausbildungs-undpraxisintegriertenTypik,denneshandeltsichhierbeiumeineKombinationvonBachelor-StudiumunddualerAusbildungmiteinerDauervon3,5bis4,5Jahren.DieMöglichkeitzurAusbildungindualenStudien-gängenbietetdieSalzgitterAGanverschiedenenStandorten.
DieBereitstellungdiesesAngebotshatvieleVorteile;nachAbschlusserwerbenStu-dierendegleichzweiQualifizierungenohneZeitverlust.
1.StudiummitBachelor-Abschluss,darinintegriert:2.AusbildungmitIHK-Abschluss
ZudemsinddieAusbildungs-undStudienpläneoptimalaufeinanderabgestimmtunddiefrüheinsetzendeBindungandasUnternehmenvergrößertdieÜbernahmechancen.WiebeiDillingerHütteerhaltendieStudierendenauchbeiderSalzgitterAGeinemo-natlicheVergütung.
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Abbildung 12: Mögliche Kombinationen dualer Studiengänge bei der Salzgitter AG
Quelle: Salzgitter AG
DarüberhinauswurdeeinProgrammzurFörderungundVernetzung („PrakTisch“)fürdenakademischenNachwuchsorganisiert,beidemPraktikanten,Diplomanden,Master-undBachelor-AbsolventenEinblickeinaktuelleProjekteerhaltenundderDi-alogzwischenStudentenundBerufseinsteigerngestärktwird.
Beispiel duales Studium - ThyssenKrupp Rasselstein
DendemografischenWandelfestimBlick,setztauchTKRasselsteinauflangfristigeRekrutierungsstrategien. Interneund externePotentialkandidatenmüssen frühzeitigidentifiziert,individuellgefördertundandasUnternehmengebundenwerden.
DieStudienförderungbeiTKRasselstein enthält 4Rekrutierungsstrategien und je-weils spezifischeMaßnahmen undVoraussetzungen, die sich tabellarischwie folgtzusammenfassenlassen:
Arbeitspapier 230 │ Aktuelle Wege und Trends der Personalentwicklung, Rekrutierung und Nachfolgeplanung
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Tabelle 6: Duales Studium bei TK Rasselstein
1. Neuausrichtung Otto Wolff/Thyssen-Stiftung
Voraussetzungen und inhaltliche Regelungen
y internes Marketing für die Stiftungy frühzeitige Identifikation schon beim
Vorpraktikumy individuelle Begleitung (Angebot Ferien-
beschäftigungen, Praktika, Diplomarbe-iten und kostenlose Teilnahme an Weiter-bildungs-Maßnahmen)
y ggf. Patensystemy ggf. Einladung zu Sonderveranstaltungen
y Förderung in Form eines zinslosen Dar-lehens in Höhe von 200 €/Monat für die Regelstudienzeit
y Rückzahlung entfällt bei Aufnahme einer Beschäftigung bei Rasselstein nach einer Dauer von 3 Jahren
y Studienrichtung entsprechend dem Interesse des Unternehmens (BWL, Mechatronik, Maschinenbau…) sowie den Neigungen des Studenten
y Familieneinkommen liegt unter der Beitragsbemessungsgrenze
2. Hochbegabtenförderung Voraussetzungen und inhaltliche Regelungen
y Identifizieren von talentierten Auszu-bildenden (fachliche, schulische und persönliche Eignung)
y Motivation zur Aufnahme eines Vollzeit-studiums
y persönliche Begleitung (Ferienbeschäfti-gung, Praktika und Diplomarbeiten)
y Förderung in Höhe von 19.800 € über die Dauer der Regelstudienzeit
y ohne Rückzahlungy Benennung der Auszubildenden durch
die zuständigen Ausbilder, dabei werden schulische, fachliche und soziale Kompe-tenzen berücksichtigt
y Studienrichtung entsprechend dem Inter-esse des Unternehmens
3. Förderung nebenberuflicher Studiengänge
Voraussetzungen und inhaltliche Regelungen
y Marketing um interne Leistungsträger zur Aufnahme eines nebenberuflichen Studi-ums zu motivieren
y Angebot studienbegleitender Weiterbil-dungsmaßnahmen
y (Arbeitstechniken, EDV-Kurse...)y bezahlte Freistellung für Präsenzphasen
und Prüfungen
y 50% der Studiengebühren und Prüfungs-kosten trägt das Unternehmen
y Freistellung für Präsenzphasen und Prüfungen
y Studium muss im Interesse des Unterneh-mens sein
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4. Duale Studiengänge Voraussetzungen und inhaltliche Regelungen
y Auswahl von Top-Kandidaten über Assessment-Center
y Vermittlung von Basisqualifikationen in den ersten 15 Monaten sowie
y Ausübung ingenieursnaher Tätigkeiten in vorlesungsfreien Zeiten
y Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmeny Nach Abschluss des Studiums ist eine
individuelle Weiterentwicklung in bestim-mten Fachrichtungen möglich
y Einstellung von Topkandidaten mit über-durchschnittlichen Zeugnissen
y hervorragende soziale und persönliche Kompetenzen
y Vertrag zur Ausbildung und Studium mit Abschluss „Bachelor of Engineering“
Quelle: TK Rasselstein
2.2.4 Traineeprogramme
Definition Traineeprogramm
AlsTraineeswerdenPersonenmitHochschulabschlussbezeichnet,dieineinemUnter-nehmengezieltaufeineFach-oderFührungspositionvorbereitetwerden.DasTrainee-programmistinderRegelsostrukturiert,dassderTraineeindieserZeitinverschie-denenBereichenundAbteilungendesUnternehmenszumEinsatzkommtundzudeman speziell konzipiertenSeminaren oder Informationsveranstaltungen teilnimmt, sodass er im Idealfall nachAbschluss hinreichende Informationen zumUnternehmenerhaltenhatundbetriebspezifischeKenntnisseüberseineeigenePositionbesitzt.Trai-neeprogrammedauerneinbismaximalzweiJahre.GrundsätzlichwirdzwischenzweiTraineeprogrammenunterschieden:
Das„allgemeine“TraineeprogrammentsprichtderobengenanntenDefinition.Wich-tigisthierbei,dassderTraineesichindieserZeitselberumseinenÜbernahmebereichkümmernmuss,inwelchemerfürsichdiebestenAufstiegschancensieht.DerzweiteTypvonTraineeprogrammensiehtbereitsbeiderEinstellungeinefestgelegteVeror-tungderPräferenzendesTraineesvor.DerTraineewirddabeigezieltaufseinenÜber-nahmebereichvorbereitet.
Beispiel Traineeprogramm - Salzgitter AG
DasTraineeprogrammentspricht demobenbeschriebenenzweitenTypTraineepro-grammundwirdinfünfUnternehmensbereichenangeboten(Stahl,Handel,Röhren,DienstleistungenundTechnologie).EinTraineeprogrammwirdnurinVerbindungmiteinerausgeschriebenenStellefürBerufsanfängerinnenund-anfängerbesetzt.DeshalbhatmanalsTraineevonBeginnanGewissheitüberdenspäterenEinsatzort.DieSalz-gitterAGbildetsomitihrzukünftigesFach-undFührungspersonalgezieltaus.Daherist es für dieBewerberinnen undBewerber vonVorteil, wenn sie bereits konkrete
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Berufsvorstellungenbesitzen.VondenzukünftigenTraineeswirdeinhohesEngage-mentundunternehmerischesDenkenerwartet.DieTraineeausbildungistvonAnfangan langfristigausgelegtundsolleineengeBindungvonMitarbeiternan ihreFirmafördern.DasProgrammdauertmaximal18Monate.AuchderzweiteTypvermitteltdenTraineesumfassendeFähigkeiten.ZueinerintensivenEinarbeitunggehörtdassogenannteMentoring-Programm,dass sichdurcheine stetigeBetreuungdurcheinenerfahrenenAnsprechpartnerauszeichnet,sowiedieTeilnahmeanInformationsveran-staltungen zumUnternehmen.Ergänztwird dieTraineeausbildung durch SeminareundWeiterbildungsmaßnahmen, die auf die späteren Fach- und Führungsaufgabenvorbereitensollen.
Beispiel Traineeprogramm - TK Rasselstein
DasTraineeprogrammbeiTKRasselsteinumfasst2Jahre.ZudenMaßnahmenge-hören Planspielteilnahme (Business Simulation „Marga“), Konzernbesuche und derAufbaueinesengenNetzwerksdurchregelmäßigeTreffenundFeedbacknachabge-schlossenemProgramm.BesondersinteressantsinddieInhaltederSeminare,andenendieTraineesteilnehmenmüssen:
Persönlichkeit,StilundWirkungRhetorikundPräsentationÜberzeugendargumentierenunddiskutierenSystematischeEntscheidungsfindungundProblemlösungWertorientierteUnternehmensführungProjektmanagementStahlerzeugungmitBesichtigungderThyssenKruppSteelAG
Beispiel internationales Traineeprogramm - TK Elevator
Eine Kooperation mit der Seed School
DieSeedSchool inMadrid isteineSchule, indercirca30ThyssenKruppTraineesausallerWeltzusammentreffenundvonTKElevatorinbesonderemMaßegefördertwerden.DasZiel ist es, dieTeilnehmerüberdieKernpunktedesUnternehmenszuinformieren.DieSchwerpunkteliegenvorallemindenFeldernControlling,HumanResources,JobSafety,NewInstallation,Modernization,Service&RepairundTech-nicalTrainings.
Erste Ergebnisse
Von15Trainees,diezwischendem01.10.2006und01.04.2007gestartetsind,istjederineinunbefristetesArbeitsverhältnisübernommenworden-fünfvonihnenimAus-land.AuslandseinsätzevondurchgängighoherQualitätzugewährleistenwareineder
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größtenHerausforderungen.BeidenausländischenGesellschaften stehtderTraineenäher amPraktikanten, dadurchwerden umfangreicheReisetätigkeitenweniger ak-zeptiert.DieRekrutierungvonTrainernausdemeigenenUnternehmenwarzunächstmitSchwierigkeitenverbunden(Sprachprobleme,Kapazitätsprobleme).DieMitarbei-terinnenundMitarbeiter,diejedochdannausgewähltwurden,empfandendieseTrai-nertätigkeit als ausgesprochen interessant. Bei der Gestaltung eines internationalenTraineeprogrammsistesgenerellwichtig,dasrichtigeGleichgewichtzwischennati-onalenGegebenheitenundStandardisierungendurcheinübergreifendesTraineepro-grammzufinden.
Tabelle 7: Das internationale Traineeprogramm von TK Elevator
Ziele Gewinnung von FührungsnachwuchskräftenGewinnung international ausgerichteter „Potentials“Stärkung des Anteils des akademischen NachwuchsesÜbergang in ein Normalarbeitsverhältnis
Zielgruppe Wirtschaftsingenieure oder vertriebsorientierte IngenieureWeitere Funktionen wie: y Projektingenieure,y Controlling, y HR, y Marketing, y R&D7 von 10 Trainees sind im technischen Vertrieb eingesetzt.
Aufbau Vorauswahl von Kandidaten in den jeweiligen LandesgesellschaftenInternationales Assessment-Center
Start Einarbeitung (3 Monate)Theoretisches Wissen: Seed School (2 Monate)Auslandseinsatz (3 Monate)Get together – Manufacturing days (1 Monat) Einarbeitung in der zukünftigen Aufgabe (3 Monate)
Quelle: TK Elevator
2.2.5 Gezielte Ansprache Älterer zur Vermeidung von Engpässen?
StudienaufderGrundlagedesMikrozensushabenergeben,dassabdemJahr2015 rund43.000IngenieurejährlichindenRuhestandgehenwerden(vgl.Boninetal.2007,197).
DieZahl jungerStudierender ausdenHochschulenwirddiesenFachkräfteeinbruchnichtkompensierenkönnen.Dementsprechendreichtesnichtaus,wennUnternehmensichalleinaufdieRekrutierungvonJüngerenkonzentrieren,sondernmüssenbeiderRekrutierungauchältereFachkräfteinihrePersonalpolitikeinbeziehenunddiesege-
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zieltfördern.EinigeUnternehmenstellenbereitsältereIngenieureein.InteressantistauchdieprojektbasierteWeiterbeschäftigung,beidermanbereitsaufdieausdemEr-werbslebenausgeschiedenenFachkräftezurückgreift.
UmdemFachkräftemangelentgegenzuwirken,wurdeninden1990erJahrendieZahlder Absolventinnen undAbsolventen in Ingenieurstudiengängen durch StudierendeausdemAuslandgesteigert.AufgrunddergeringenEinflussnahmeaufdielangfristigeWirkungdieserInitiativesetzeneinigeUnternehmennunverstärktihreHoffnungaufdieältereZielgruppeundversuchen,vakantePositionendurchdieRekrutierungältererFachkräfteausdemexternenArbeitsmarktzubesetzen.
Abbildung 13: Anteil an den Ingenieure 50plus beschäftigenden Unternehmen (in den letzten fünf Jahren) – in Prozent gewichtet
Maschinenbau
Sonstige Industrie
Metallerzeugung und -bearbeitung
Bauwirtschaft
Unternehmensnahe Dienstleistungen
Elektroindustrie, Fahrzeugbau
Chemie / Gummi- und Kunststoffherstellung
Logistik
Gesamt
27,6
21,0
21,3
19,6
18,3
17,0
15,2
12,6
18,7
0,0 5,0 10,0 15,0 20,0 25,0 30,0
Quelle: IW Zukunftspanel, 2009
DiefolgendeAbbildungzeigtunsdiegenanntenGründefüreineEinstellungältererIngenieureindenletztenfünfJahren:
� August 2011
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Abbildung 14: Gründe für eine Einstellung älterer Ingenieure
Erfahrungswissen
Fachwissen
Höhere Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber
Keine adäquate Qualifikation des Ingenieurnachwuchses
Fehlender Ingenieurnachwuchs
Lohnkosten- bzw. Eingliederungszuschüsse
82,9 16,2
70,7 24,1
24,4 29,1
16,3 23,6
7,0 23,8
5,4 11,3
0
Sehr wichtig Eher unwichtig
10 20 30 40 50 60 70 80 10090
Quelle: IW Zukunftspanel, 2009
DiegezieltenRekrutierungsmaßnahmenältererIngenieureentfalteneinekontinuier-lichpositiveWirkung,dennvonden42.364arbeitslosenIngenieurenüber50JahreimJahr1999wurdenimJahr2008noch8.890verzeichnet(ErdmannundKoppel2009,S.6).Essolltejedochnichtunerwähntbleiben,dassunterdemAspekt„AlterungderGesellschaft“dieSensibilisierungfürdiesesThema–vorallembeiFührungskräften–weiterhineinegroßeHerausforderungdarstellt,dieesfrühzeitigzubewältigengilt.DieRekrutierungältererArbeitnehmerinnenundArbeitnehmererweistsichinnerhalbderStahlindustriealsproblematisch,dadieArbeitmiteinerhohenphysischenBela-stungeinhergehtundJobrotationlediglichbiszueinemgewissenKontingenterschöpftwerdenkann.FürPositionenmitakademischemHintergrundwirdangesichtsdesoh-nehinhohenAltersdurchschnittsebenfallseheraufeinejüngereBelegschaftgesetzt.
Arbeitspapier 230 │ Aktuelle Wege und Trends der Personalentwicklung, Rekrutierung und Nachfolgeplanung
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� 53
3 Personalentwicklung
BevorimFolgendenbeispielhaftdiePersonalentwicklungsstrategienderSalzgitterAGundderThyssenKruppSteelAGdokumentiertwerden,wirdhierzunächstkurzerläu-tert,was explizit unter Personalentwicklung undPersonalentwicklungssystematikenverstandenwird.
3.1 Einleitende Überlegungen
DerBegriffPersonalentwicklungumfasst in ersterLinie alleMaßnahmenderAus-undWeiterbildungundderFörderungvonPersonal.Zielistes,dieMitarbeiterinnenundMitarbeitereinerOrganisationzubefähigen,ihreAufgabenkompetentbewältigenzukönnen.DasbedeutetdengezieltenAusbauvonHumankapital,denndieFörderungvonQualifikationsanreicherungenbeiMitarbeitendenunterstütztdieOptimierungvonUnternehmenszielen„nachhaltig“.DochwasistgenauunterdiesemindenletztenJah-renoftverwendetenBegriffderNachhaltigkeitzuverstehen?
ImmermehrUnternehmenverweiseninihrerCorporateIdentityaufeinenachhaltigeUnternehmensentwicklung, beispielsweise auf ein an denKriterien derNachhaltig-keitorientiertesPersonalmanagementrespektivePersonalentwicklung.DerErhaltunddieOptimierungvonQualitätssicherheit,ProduktivitätundInnovationskompetenzensindfürnachhaltigesArbeitenundökonomischesHandelnwesentlicheZiele.Umdi-eseZiele erreichen zu können,müssenBeschäftigte unddasmit ihnenverbundenePotential,ihreSozialkompetenzen,stärkerindieUnternehmensentwicklungintegriert,systematischgefördert und ausgeschöpftwerden–denn es sindnicht nur die fach-lichenQualifikationen,mitdeneneinesolideGrundlagefürtechnischeInnovationengeschaffenwerdenkann.HinsichtlicheinernachhaltigenBildungistdasZusammen-wirkenvonberuflicherErstausbildung,allgemeinerBildungundlebenslangerWeiter-bildungentscheidend.
EinwichtigesZielist,dassUnternehmenMaßnahmenzurQualifizierungundWeiter-bildungzurRegelundfüralleMitarbeiter–insbesonderefürältereArbeitnehmerinnenundArbeitnehmer –möglichmachen.Die betriebliche Personalentwicklung ist dasHandlungsfelddesPersonalmanagements, indemMaßnahmen indenUnternehmenentwickeltundumgesetztwerdenkönnen,mitdenendemprognostiziertenMangelanqualifiziertenFachkräftenbegegnetwerdenkann.
WelcheVorteileeineoptimalorganisiertePersonalentwicklungfürdasUnternehmenunddieMitarbeitendenbietet,wirdinTabelle8(Priebe2007,S.43)vorgestellt.
Arbeitspapier 230 │ Aktuelle Wege und Trends der Personalentwicklung, Rekrutierung und Nachfolgeplanung
54
Tabelle 8: Personalentwicklungsziele
Unternehmen Mitarbeitery Sicherung des notwendigen Bestandes
an ausreichend qualifizierten Mitarbeitern, Führungskräften und Spezialisten
y Entwicklung von Nachwuchskräften und jungen Fachexperten
y Erzielung einer größeren Unabhängigkeit von externen Arbeitsmärkten
y Entdeckung von Fehlbesetzungen inner-halb des Unternehmens
y Verbesserung des Leistungsverhaltens bei allen Beteiligten
y Steigerung der bei den Mitarbeitern vorhandenen sozialen Fähigkeiten
y Erhöhung der innerbetrieblichen Kommu-nikation und Kooperation
y Anpassung der persönlichen Qualifikation an die Ansprüche des Arbeitsplatzes
y Grundlage für den persönlichen Aufstiegy Erhöhung der individuellen Mobilität am
Arbeitsmarkty Sicherung der Stellung in Beruf und Ge-
sellschafty Minderung der Risiken, die sich aus dem
wirtschaftlichen oder technischen Wandel ergeben können
y Sicherung eines ausreichenden Arbeit-seinkommens
y Größere Chancen der Selbstverwirklic-hung am Arbeitsplatz durch Übernahme anspruchsvoller Aufgaben
y Erschließung und Vervollkommnung bish-er ungenutzter persönlicher Fähigkeiten
y Übernahme größerer Verantwortung
Quelle: Priebe 2007, S. 43
Priebe rekurriert in seiner Dissertation (2007) auf das Personalentwicklungsmaß-nahmen-ModellvonConradiausdemJahr1983.SeineZusammenfassungwirdnuninzitierterFormdenfolgendenPersonalentwicklungsmaßnahmenausderPraxisvo-rangestellt.
„Personalentwicklung into-the-job: Sie beinhaltet arbeitsplatzvorbereitende Maßnahmen (Berufsausbildung, Praktika, Trainee-programme, Einführung neuer Beschäftigter) Personalentwicklung on-the-job: Sie umfasst arbeitsplatzbezogene Maßnahmen (Job Enlargemant, Job Enrichment, Job Rot-ation, Gruppenarbeit, Auslandseinsatz, unterstützende Gesprächsformen) Personalentwicklung near-the-job: Hierunter werden arbeitsplatznahe Maßnahmen verstanden (Qualitätszirkel, Werkstattzirkel, Lernstatt, Projektarbeit, Junior Vorstand) Personalentwicklung off-the-job: Sie beinhaltet arbeitsplatzübergreifende Maßnahmen (Fortbildung, Seminare, Workshops, Assessment Center, Förderkreise, Erfahrungsaustauschgruppen, Selbsterfahrungsgruppen) Personalentwicklung out-the-job: Hier werden arbeitsverhältnisunabhängige Maßnahmen eingeschlossen (Gratifi-kationen, Belegschaftsdebatten, Betriebsinformationen, Personalgespräche) Personalentwicklung out-of-the job: Diese enthält Maßnahmen zur Begleitung des einzelnen Beschäftigten aus der
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Arbeitstätigkeit bzw. aus dem Arbeitsverhältnis hinaus (Ruhestandsvorbereitung, Outplacement)“ (Priebe 2007, S. 44ff.)
3.2 Beispiele für „Gute Praxis“
WiesichPersonalentwicklungssystematikenerfolgreichinderPraxisumsetzenlassen,sollenimFolgendenzweiBeispieleverdeutlichen:
1. Beispiel Personalentwicklung - Salzgitter AG
DiePersonalentwicklunghatinderSalzgitterAGtraditionelleinenhohenStellenwert.Es gilt vor allem die Förderung interner Karrieren vor externer Besetzung. Durcheine integriertePersonalentwicklung imKonzernkanneineDurchlässigkeit imZu-sammenspielvonGesellschaft,UnternehmensbereichundKonzerngewährleistetwer-den.Dies geschieht über ein starkesZusammenspiel von zentralen und dezentralenProgrammen,dieimFolgendenausführlichervorgestelltunderläutertwerden.SomitkanndieGrundidee,denFokusaufgemeinsameZieleundWerte,aberauchaufWis-senserhaltund-erweiterungzulegen,erfolgreichumgesetztwerden.DasBesondereanderVorgehensweise ist dieTeilung in zweiZielgruppenundderGestaltungvonentsprechendenPersonalentwicklungsprogrammen.DieersteZielgruppebestehtzumeinenausGeschäftsführern, leitendenAngestelltenundaußertariflichBeschäftigten–dasProgrammstellthiereineFührungs-undExpertenlaufbahnbereit.DieandereZielgruppesindMitarbeiterinnenundMitarbeiterausdemTarifbereich.DaszweitePersonalentwicklungsprogrammsolleinelangfristigeSicherungderBeschäftigungs-fähigkeitfördernsowieTransparenzüberdieeigenenFähigkeitenundEntwicklungs-möglichkeitenschaffen.
1. Personalentwicklungsprogramm - die Führungs- und Expertenlaufbahn im Konzern
DieProgrammederFührungs-undExpertenlaufbahn,dieinderAbbildung15kom-primiertdargestelltsind,sollenimFolgendennach
(1)Zielgruppe(2)ZielundInhalt(3)AufbaudesProgramms
aufsteigendvorgestelltwerden.
Traineeprogramm(Anmerkung:ausführlicheInformationenzumTraineeprogrammderSalzgitterAGsieheSeite47f.)
(1)Zielgruppe
Arbeitspapier 230 │ Aktuelle Wege und Trends der Personalentwicklung, Rekrutierung und Nachfolgeplanung
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EinstiegfürakademischeNachwuchskräfte(2)ZielundInhalt
y EinsatzistaufdenzukünftigenArbeitsplatzgerichtet y herausforderndeProjektaufgaben(3)AufbaudesProgramms y 12Monate y kontinuierlicheRückmeldungenzuLeistungundVerhalten y festerAnsprechpartnervorOrt y Zusätzlich:TeilnahmeamFörderkreis
Abbildung 15: Führungs- und Expertenlaufbahn im Konzern
Quelle: Salzgitter AG
Förderkreise(StahlundRöhren)
(1)Zielgruppe y neueingestellteakademischeNachwuchskräfte(2)ZielundInhalt y IntegrationundVernetzung y überfachlicheundanforderungsgerechteWeiterbildung y abschließend:Personalentwicklungsseminar-(DevelopmentCenter)
(3)AufbaudesProgramms y 8Moduleerstreckensichauf1,5Jahre:Moduleumfassenunteranderem
Gesprächsführung,ArbeitsrechtundProjektmanagement
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y darüberhinaus:ein3-wöchigesOrientierungsprogramm„Stahlgruppe“mitExkursionenundVorträgen
DasSalzgitterKolleg
(1)Zielgruppe y Führungskräfteund/oderExpertenmitBerufserfahrung(2)ZielundInhalt y systematischeManagementausbildung(3)AufbaudesProgramms vorgeschaltet:dasDevelopmentCenter y Dauer:18Monate y FesteLerngruppen(beispielsweisefürKundenorientierung,Steuerungvon
GruppenundChangeManagement)
DieErfa-Kreise
(1)Zielgruppe y erfahrendeFührungskräfteundExpertenmittlerenundoberenManagements(2)ZielundInhalt y Erfahrungsaustausch y AktualisierungundAuffrischungvonFührungskompetenzenundArbeitstech-
niken(durch:Impulsreferate,KaminabendeundDiskussionenmitVorstands-mitgliedernundGeschäftsführung)
(3)AufbaudesProgramms y bedarfsorientiertundoptional-dezentraleDurchführung y zusätzlich:2xjährlicheinKolloquiuminArbeitsrecht
DieSalzgitterWerkstatt
(1)Zielgruppe y ausgewähltePotentialträger(2)ZielundInhalt y dieLernerfahrungenprojektbezogenausdemSalzgitterKollegvertiefenund
umaktuelleManagementthemenerweitern
(3)AufbaudesProgrammsbedarfsorientiertundoptionalProjektthemenhabenkonzernweite,aktuelleBedeutungDieAufgabenstellunggeschiehtdurchdenVorstandoderdieGeschäftsführungderGesellschaften
Arbeitspapier 230 │ Aktuelle Wege und Trends der Personalentwicklung, Rekrutierung und Nachfolgeplanung
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DasSalzgitterTOPProgramm
(1)Zielgruppe y GeschäftsführerundausgewählteobereFührungskräfte(2)ZielundInhalt y VermittlungundDiskussionaktuellerManagementansätze(dreifesteThemen-
bereiche:Führung,StrategieundFinanzen)(3)AufbaudesProgramms y DurchführunginjährlichenZyklen:jeweils3-tägigesProgrammmitVorstands-
präsenz
2. Personalentwicklungsprogramm PEQO – die Personalentwicklung im Tarifbereich
Die demografische Entwicklung und die Änderungen imGeschäftsumfeldmacheneinenzweiten,gleichrangigenSchwerpunktinderPersonalentwicklungsarbeiterfor-derlich,dennmangelndeQualifikationstelltimAltereinBeschäftigungshemmnisdar.UmdieBeschäftigungsfähigkeitzuerhöhenunddasvorhandeneWissenzuerhaltenbeziehungsweise zu erweitern, wurde eigens ein zweites Personalentwicklungspro-grammfürdenTarifbereichkonzipiert.
Die Programme der Personalentwicklung imTarifbereich, die in derAbbildung 16komprimiertdargestelltsind,sollenimFolgendennach
(1)Zielgruppe(2)ZielundInhalt(3)AufbaudesProgramms
vorgestelltwerden.
DasProgramm„PEQO“(Personalentwicklung,QualifizierungundOrganisationsent-wicklung)
(1)Zielgruppe alletariflichenMitarbeiter(2)ZielundInhalt KompetenzmanagementundBildungsbedarfsanalyse–DerKerndesProjektesist
ein jährlich durchzuführendesQualifizierungs- undEntwicklungsgespräch zwi-schen demLinienvorgesetzten und denMitarbeiter/innen seines jeweiligenVer-antwortungsbereiches.ThemensindderfachlicheundaußerfachlicheQualifizie-rungsbedarfausSichtvonFührungskraftundMitarbeiter/innen.
AufdieserGrundlagewerdenBildungsmaßnahmenverbindlichvereinbartundge-wöhnlichbinneneines Jahresdurchgeführt.SolcheMaßnahmenkönnenamAr-
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beitsplatz(z.B.AnlernenaneinembestimmtenAggregat)ebensostattfindenwieinSeminarenoderSchulungen.
EntwicklungswünscheundÄnderungenamArbeitsplatzwerdendabei ebenfallskommuniziert. Verändert sich der Aufgabenbereich desMitarbeiters durch denNeubau von Anlagen oder laufende Investitionsprojekte?Muss mittelfristig einNachfolger für eine wichtige Funktion aufgebaut und entsprechend qualifiziertwerden?DieseFragenkönnenTeileinesPEQO-Gesprächessein.
(3)AufbaudesProgramms y jährlichesGesprächzwischenMitarbeitendenunddisziplinarischemVorgesetz-
ten y Abgleichvon„IST“und„SOLL“ y AbleitungkonkreterBildungsbedarfeundindividuellerPerspektiven
Abbildung 16: Die integrierte Personalentwicklung im Konzern
Stahlgruppenspezifische Gestaltung
Zusammenspiel Gesellschaft – Unternehmensgruppe – Konzern
Quelle: Salzgitter AG
Stahlwerkstatt
(1)Zielgruppe y MeisterundIngenieure(Tandems) y bereichsinternoder y bereichsübergreifendvor-undnachgelagerterProduktionsstufen
(2)ZielundInhalt y SchnittstellenundNetzwerkesollengestärktundoptimiertwerden
Arbeitspapier 230 │ Aktuelle Wege und Trends der Personalentwicklung, Rekrutierung und Nachfolgeplanung
60
y ZusammenarbeitundVerständnissollgefördertwerden y ErzielungvonSynergieeffekten y DiePotentialedesTandemssollengezieltergenutztwerden y MotivationundLeistungsollenerhöhtwerden
(3)AufbaudesProgramms y 1,5Jahre,14Trainingstage,14PersonenineinerfestenLerngruppe y WechselvonSeminarbausteinen(je2Tage)undPraxistage(je1Tag)
DieoperativeFührungsebene(1)Zielgruppe y Meister,SchichtführendeTechniker,Vorarbeiter
(2)ZielundInhalt y EntwicklungeinesneuenFührungsbildes y Vorbereitungauf/FörderungderFührungsaufgaben y VerdeutlichungbetrieblicherZusammenhänge y ErfahrungsaustauschundVernetzungderBetriebeundBereiche
(3)AufbaudesProgramms y 13Tage,Basis-undWahlmodule y 3Schwerpunkte(Führung,fachübergreifendeInhalte,Stahlgruppenspezifische
Kenntnisse)
EinererfolgreichgestaltetenPersonalentwicklung–wiedasvorangegangeneBeispielzeigenkonnte-mussinderRegeldieErstellungeinerdetailliertenPersonalentwick-lungssystematikvorausgehen,umdieMaßnahmengezieltentwickelnzukönnen.DiessollnunanhanddeszweitenBeispielsvorgestelltwerden.
2. Beispiel Personalentwicklungssystematik - ThyssenKrupp Steel Europe AG
Das primäre Ziel der Personalentwicklungssystematik bei TKS Europe AG (TKS)liegt in der frühzeitigen Identifizierung und Bindung von Talenten, denn die do-minierende Talentknappheit stellt sich als eine große Wachstumsherausforderungdar, welche die TKS Europe AG mit entsprechenden Personalentwicklungsmaß-nahmen, die im weiteren Verlauf ausführlicher vorgestellt werden, erfolgreich be-wältigt. Dies setzt zunächst einen Einschätzungs- und Entwicklungsprozess vo-raus, der in eine strategische Personalentwicklung eingebettet werden muss. DerProzess verläuft über drei Stränge, die in Abbildung 17 veranschaulicht werden.
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Abbildung 17: Einschätzungs- und Entwicklungsprozess bei ThyssenKrupp Steel Europe AG
Vakanzenmanagement
Kompetenzentwicklung
Standortbestimmung(individuell/relativ)
Karriereszenarien/Laufbahnmodelle
Talent Management
Anforderungsprofile
Absicherung einer systema-tischen Nachfolgeplanung anhand objektiver Kriterien
Bindung von Potenzialträgern
Diskussion von Entwicklungszielen
Vereinbarung von Entwicklungsmaßnahmen
- On the Job- Coaching- Training- Job Rotation
Umsetzung der Entwicklungspläne
Optimale Ausübung der Tätigkeit
Ggf. Vorbereitung auf weiterführende Aufgaben
Feedback über Einschätzung von... Performance... Potenzial... Management-Kompetenzen
Profunder Selbst- & Fremdbildabgleich
Identifikation von Potenzialkandidaten
Aufzeigen von Handlungsbedarf
Quelle: TKS Europe AG
DurchdieseInstrumentewirdeinehöhereTransparenzfürdieMitarbeitendenunddasUnternehmengeschaffen.EineeffizientePersonalentwicklungundNachfolgeplanungkannnurüberdieFörderungeineroffenenFeedbackkulturundeinerTransparenzüberdasPotentialderMitarbeitendenerreichtwerden.DieseFormderUnternehmenskulturkannsichauchfürdieMitarbeitendenalspositiverweisen,weilsomitdieberuflichenEntwicklungszieleund-perspektivenpräzisererfasstundbestmöglichunterstütztwer-denkönnen.
Zum „Roll-Out“ der Personalentwicklungssystematik bei der TKS Europe AG
DieEinschätzungderMitarbeitendenerfolgtanhanddreierKriterien(sieheobenAb-bildung17):Die(1)PerformancewirdübereineGesamtbetrachtungderLeistungimletztenJahrbewertet.ZweitensfolgteineEinschätzungdes(2)Entwicklungspotenti-als,umindividuelleEntwicklungsmöglichkeitenprognostizierenzukönnen.DasletzteKriteriumbeziehtsichaufdieIdentifikationvonManagementkompetenzen.Dabeisol-lenStärkenundSchwächenfüreineManagementfunktionherausgestelltundbewertetwerden.DieEinschätzungerfolgt jährlichdurchdirekteVorgesetzteund spielt einewichtigeRolle inderPersonalentwicklungbeiTKSEurope.ZunächstwirddiePer-formancevonMitarbeitenden in einer 4-stufigenRatingskala erfasst.Anschließendwerdendiesogenannten„Potentials“ineiner5-stufigenSkalabewertet;dabeiwerdenfünfItems-(1)nachBewährung/Veränderung,(2)nachoptimalerBesetzung,(3)nach
Arbeitspapier 230 │ Aktuelle Wege und Trends der Personalentwicklung, Rekrutierung und Nachfolgeplanung
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PotentialaufgleicherEbene,(4)nachPotentialin2bis3JahrenfürnächsteEbeneund(5)nachPotentialsofortfürdienächsteEbene–unterschieden.
Bei der Einschätzungs- (a) und Entwicklungsplanung (b) wird mit konzerneinheit-lichenFormularengearbeitet.Die jeweiligenMantelbögenenthalteneinenLeitfadenfürdieentsprechendeErkenntnisgewinnung(a.verfügtübereinedetaillierteBeschrei-bungderEinschätzungsstufenundb.einedetaillierteFragenlistezurUnterstützungderDiskussion).DurchdieEinschätzungkanneinentsprechendesMitarbeiterportfolioerstelltwerden,wassowohlTransparenzüberPerformanceundPotentialschafft,alsauchdieEntwicklungderMitarbeitendengezielterfassenundsieinihrenjeweiligenKompetenzenstärkenkann.
Abbildung 18: Mitarbeiterportfolio bei ThyssenKrupp Steel Europe AG
Quelle: TKS Europe AG
DiezusammengefasstenErgebnissewerdenzudemfüreinenQuervergleichzurVerfü-gunggestellt.SomitistesdemDirektionsbereichmöglich,sowohlquantitativealsauchqualitativeAussagenüberdiePersonallageimBereichderFach-undFührungskräfteimUnternehmenzumachen.
DieEinschätzungderManagementkompetenzenerfolgtebenfallsineiner5-stufigenRatingskala.
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DieManagementkompetenzenwerdenüberfolgendeMerkmaleerfasstundanalysiert:
1. FührungundSozialkompetenz2. Wertmanagement3. MarktundKunde4. StrategieundKonzeption5. Mitarbeiter-undFührungskräfteentwicklung6. VeränderungundInnovation7. Fach-undfachübergreifendesWissen8. Internationalität9. Integrität
DieBewertungderletzenbeidenItemserfolgtnichtanhandderEinschätzungsskala,sonderngesondertanhandeinesFließtexts.DieGesamteinschätzung(diesummarischeEinschätzungvonPerformance,PotentialundManagementkompetenzenundidentifi-ziertenEntwicklungsorientierungen)wirdumeinenEntwicklungsplanergänzt,indemVorgesetzteundMitarbeitendedieentsprechendenEntwicklungszieleund-Maßnah-menineinemEntwicklungsdialog(Feedback-Gespräch)festlegen.
Arbeitspapier 230 │ Aktuelle Wege und Trends der Personalentwicklung, Rekrutierung und Nachfolgeplanung
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� 65
4 Nachfolgeplanung
4.1 Einleitende Überlegungen
DieNachfolgeplanungisteinInstrumentdesHumanResourceManagementsundhatzumZiel,dieNachfolgeaufFührungspositionen-meistaufdifferenziertenManage-ment-Stufen–sicherzustellen.ModerneNachfolgeplanungisteinKomplexbestehendaus aufeinander folgendenMaßnahmen, die zumeinen einer grundlegenden Identi-fikation von zukünftig vakanten Schlüsselpositionenmit Hilfe von Risikoeinschät-zungen(dazugehörenbeispielsweisedieAnalysederFluktuationundRenteneintritte)undzumandereneiner internenTalentidentifikationbedürfen.DabeiwerdenMitar-beiterinnenundMitarbeiteridentifiziert,dielangfristigdasPotentialbesitzen,Schlüs-selpositionenerfolgreichausfüllenzukönnen.KandidatenwerdenbeientsprechenderEignungimRahmengezielterPersonalentwicklungsmaßnahmenaufdieSchlüsselpo-sitionenvorbereitet.
IdeenderNachfolgeplanungwerdenheutezunehmendimKontexteinesmodernenTa-lent-Managementsberücksichtigt.EinesystematischeNachfolgeplanungsolltesichfüralleMitarbeitergruppenlangfristigsogestalten,dassBesetzungsengpässefrühzeitiggelöstwerdenkönnenunddieArbeitnehmendendasUnternehmenalseinenattrak-tivenArbeitgeberwahrnehmen(beispielsweiselassensichmitHilfevonverschiedenenKarrieremodellenBindungswirkungenerzielen).DochwelcheModelleundZielgrup-pen,KarrieremodelleundPfadesinderfolgreich,umMitarbeiterinnenundMitarbeiterzielgerichtetzufördernundebendiegewünschtenBindungswirkungenzuerzielen?EsfolgennuneinigeImplikationenfüreineoptimalePersonalentwicklung:
4.2 Beispiele für „Gute Praxis“
1. Beispiel Nachfolgeplanung - Vodafone
Vodafone ist einweltweit tätigesUnternehmen aus demBereich derTelekommuni-kation.DasUnternehmenzähltweltweit308MillionenKundenundistderArbeitge-berfürrund79.000MitarbeiterinnenundMitarbeiter.Vonihnenarbeiten15.000fürVodafoneDeutschland.DasUnternehmenVodafonebegleitetseineMitarbeiterinnenundMitarbeitersystematischinihrerLaufbahnundunterstütztsiebeiihreroptima-lenEntwicklung-obdurchfachlicheTrainingsoderindividuelleEntwicklungsmaß-nahmen.DarüberhinausistdiegezielteFörderungsowohlübergreifendfunktionaleralsauchinternationalerJob-RotationeinwichtigerBausteindesTalentManagementsbeiVodafone.DieEntwicklungsprogrammebeiVodafoneDeutschlandsindaufdreiverschiedeneZielgruppenzugeschnitten.
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1. Einsteiger
Die„Discover–Vodafone“–TraineeprogrammebieteneineFunctional- sowieGe-neralManagementAusbildungmitdemZiel, kurz-undmittelfristig anspruchsvolleFach-oderFührungsaufgabenzuübernehmen.IhreStationenbestimmendieTraineesweitestgehendselbst.IndividualitätundEigeninitiativewerdenindiesenProgrammengewünscht.
2. Nachwuchskräfte
JungeNachwuchsführungskräftewerdenmitdem„Move-Programm“innerhalbvon12MonatenaufdieneueFührungsrollebeiVodafoneDeutschlandvorbereitet.NachdemPrinzip„ActandLearn“erfahrensie,waskompetenteFührungimdynamischenTelekommunikationsmarkt ausmacht und werden auf ihremWeg fortlaufend durchpersönlicheMentorinnenundMentorenunterstütztundbetreut.
ZusammenmitderEuropeanBusinessSchool(EBS)inOestrich-WinkelhatVodafonefürTalenteausMarketingundVertriebdasProgramm„MarketingundVertriebs-Ex-cellence“entwickelt.IndiesemTrainingbekommensieEinblickindieZusammenhän-geundWechselwirkungenzwischenUnternehmensstrategie,strategischemMarketingsowieprofessionellemVertriebsmanagement- immerorientiertandenHerausforde-rungendesTelekommunikationsmarkts.
3. Führungskräfte
InKooperationmitderUniversitätMaastrichtwirdambitioniertenFührungskräftenmitgroßemPotentialdieChancegegebenaneinemspeziell fürdieBranchekonzi-pierten, englischsprachigen „InternationalBusinessStrategyCourse“ teilzunehmen.DabeiprofitierendieTeilnehmervomWissenausgewiesenerExpertenzudenThemen„Change“,„Strategie“und„visionäresDenken“.DasglobaleTalentProgramm„Inspi-re“bereitetbesondersqualifizierteFührungskräfteaufinternationaleFührungsaufga-benvor.EinMentorenprogramm,CoachingsundAuslandsaufenthaltebildendieBasisdiesesProgramms.
DieHumanResources Systemewie der „PerformanceDialog“ respektiveEntwick-lungs-undZielvereinbarungsgesprächeunddie„DevelopmentBoards“greifeninallenHierarchiestufenineinander–mitdemerklärtenZiel,mindestens75%allerFührungs-positionenausdeneigenenReihenzurekrutieren.
ImweiterenVerlaufwerdendiesebeidenProzesse(zurVeranschaulichungsieheAbbil-dung19)zurIdentifizierungvonTalentenundNachfolgekandidatenvorgestellt.
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Abbildung 19: Fünf Stufen der Potentialerkennung
Quelle: Vodafone
Stufen der Potenzialerkennung
Stage 1 und 2 - der Performance Dialog und die Kalibrierung
DieMitarbeiterinnenundMitarbeiterführeneinmalimJahrmitihrenjeweiligenVor-gesetzteneinensogenannten„PerformanceDialog“,dennVodafoneplädiertfüreineUnternehmenskultur,indersichdieMitarbeiterinnenundMitarbeiterstetsüberihrenpersönlichenLeistungsstandinformierenundselbstinformiertwerden.DieLeistungwirdzunächstineinerRückschaudiskutiert;anschließendwerdenneueZieleverein-bart.Dabeiwirdfestgestellt,wasdemjeweiligenMitarbeiterinnenundMitarbeiteraufdernächstenEtappezugemutetwerdenkannundwelcheKompetenzendafürbenötigtwerden.
InKalibrierungsgesprächensollenManagerdannihreBewertungsmaßstäbeverglei-chenundsichanbestimmtenVorgabenorientieren.DieGesamtheitderBefragtenistbeiVodafonegroßgenug,umeinestatistischeNormalverteilungzuunterstellen.Allge-meingiltfürKalibrierungsgesprächedieAnnahme,dassinderTopkategoriezwischen10und20ProzentderMitarbeitereingeordnetwerdenkönnenund inderunterstenKategorierund3bis5Prozent(wenngleichdieseKategorisierungvonBetriebsrätenalskritischgesehenwird).DurchdietransparenteUnternehmenskulturvonVodafonewirddasKonfliktpotentialandieserStelleüberdieTeilnahmedesBetriebsratsandenKalibrierungsgesprächen entschärft. Darüber hinaus werden die Beurteilungsdoku-menteregelmäßignivelliertundkönneneinedauerhafteStabilitätundQualitätdieserPotentialerkennungsinstrumentegewährleisten.DieIdentifikationdesLeistungsstands
Arbeitspapier 230 │ Aktuelle Wege und Trends der Personalentwicklung, Rekrutierung und Nachfolgeplanung
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wirdanschließendineinerPotentialmatrixerfasstundanalysiert.DieseMatrixwirdumeineTalent-Matrixergänzt.
Tabelle 9: Die Talent-Matrix
Potential
High Unusual
Coach
Rising Stars
Invest: Increase Chal-lenge
Rising Stars
Invest: High Risk As-signments
Good Low Performers
IdentifyMismatch/Move
Key Contributors
Stretch & Test
AdaptableProfessionals
Retain, Appreciate& Leverage
Low/ Mas-tery
Low Performers
Up or out
Contributors/Professionals
Retain & Strenghten
High Professionals
Retain & Appreciate
Level of Performance
Quelle: Vodafone
Der Anteil an den „Risingstars“ (andere Unternehmen verwenden den Begriff des„HighPotentials“)beträgt circa3%. IhnenwerdenBindungsprogrammeangeboten,beispielsweisedieMöglichkeitdenMasterofBusinessAdministration(MBA)zuer-werben.
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Stage 3 – Potentialeinschätzung
NachderPerformanceeinschätzungfolgtdienächsteStufe,dieeinePotentialeinschät-zungvorsieht.WieschonAbbildung19aufzeigt,geschiehtdiesüberspeziellePotenzi-alindikatoren,diesichfüreinerealistischePrognosebewährthaben.
Tabelle 10: Potentialindikatoren
Applied Thinking Drive Engage Learn & GrowHat die intellektuel-len Voraussetzun-gen, um zunehmend größere und kom-plexe Aufgaben zu managen und klar nachvollziehbare Aufgabenpakete zu delegieren.Herausragende Performance in den folgenden Perfor-mance Drivern sind erste Hinweise auf Potential:y Strategisches
Denkeny Umset-
zungsstärke
Agiert als interner Motor stets auf der Suche nach Exzel-lenz. Hat einen inneren Antrieb und benötigt keine externe Motivation. Seine / Ihre Energie wirkt ansteckend auf andere.Herausragende Performance in den folgenden Perfor-mance Drivern sind erste Hinweise auf Potential:y Initiativey Einfluss und
Wirkung
Mitarbeiterführung ist ein Herzensthe-ma – hat alles was „man“ braucht, um zu führen. Überträgt eigene Energie auf die Organisation, er-möglicht die Umset-zung von Projekten.Herausragende Performance in den folgenden Perfor-mance Drivern sind erste Hinweise auf Potential:y Leadershipy Mitarbeiterent-
wicklungy Zusammenarbeit
Ist ein Multiplikator und Katalysator und ermöglicht anderen ihre Kenntnisse an-zuwenden, zu lernen und sich innerhalb der Organisation zu entwickeln.Herausragende Performance in den folgenden Perfor-mance Drivern sind erste Hinweise auf Potential:y Motiviert anderey Selbstentwicklungy Wissbegierde
Quelle: Vodafone
Red Flags
Interessant ist, dassVodafone in diesemZusammenhang auch auf negativeEffekteverweistunddiesogenannten„RedFlags“derverschiedenenPotentialindikatorenauf-zeigt.
BeispielsweisebirgtderTypuseines„appliedthinking“PotentialsdasRisikofolgenderVerhaltensmuster:
IntellektuelleArroganzSchwarz-Weiß-DenkenWertschätztdieBeiträgeanderernichtAgiertselbstherrlich
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Dieweiteren3Typensollenebenfallskurzzusammengefasstwerden.
Tabelle 11: Red Flags
Drive Engage Learn & GrowKarriereorientierung auf Kosten anderer
Zu Aufgaben orientiertPerfektionist
Denkt, dass er/sie alles selbst machen muss
Immer politisch zurück-haltend
Nicht an Mitarbeitern interessiert
Kulturell nicht anpassungs-fähig
Unfähig zuzuhören
Rechtfertigt sich oder nimmt Feedback nicht an
Quelle: Vodafone
Stage 4 – Career Principles
IndervorletztenStufewerdendieVoraussetzungenfürverschiedeneKarriereoptionenherangezogen.Diese sollen insoweit erfülltwerden,dassderKandidat inmöglichstmehrerenBereicheneinsetzbaristundersowohlimPerformanceRatingalsauchinderPotentialeinschätzungvomDevelopmentBoardals„high“eingestuftwird.ZudemhatereineüberdurchschnittlicheBewertungimgesamtenBereichderFührungerhal-ten.DerKandidatistmobil,„readytomove“undbeherrschtdieenglischeSpracheinWortundSchrift.DabeiwirderdurchdieübergeordnetenFührungskräfteunterstützt.
DieErfolgsfaktorenfüreinesozielgenaueEntwicklunglassensichwiefolgtkurzzu-sammenfassen:
KonsequentesPerformanceManagementEinehoheundvergleichbareQualitätderDevelopmentBoardsBerücksichtigungderTalenteimRekrutierungsprozessMentorinnenundMentorenbestätigendasPotentialunddieFörderungswürdigkeitihrerMenteesundförderndieseaktiv
Stage 5 – Bestätigung Karriereoption
DieVerpflichtungallerFührungskräftegegenüberdennominiertenTalentsundNach-folgernim„Functional-Board“und„OpCo-Board“(OperatingCompany-Board)isteinwesentlicherErfolgsfaktorundAusgangspunkteinesfunktionierendenTalentmanage-ments.
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DaszweiteBeispieleinerorganisiertenNachfolgeplanungbeziehtsichaufdieStah-lindustrieundrücktdieHerausforderungen,diesiezubewältigenhat,wiederindenFokusderBetrachtung.
2. Beispiel Nachfolgeplanung – Salzgitter AG
DieBesprechungderNachfolgeplanunggiltalsfesterBestandteilderjährlichstattfin-dendenPersonalentwicklungskonferenz.DieNachfolgeplanungwirddurch intensivetop-down-Gespräche mit der Geschäftsführung jährlich aktualisiert. Diese werdendurchGesprächemitBereichsleiternabgerundet.BetrachtetwerdendabeivonderAb-teilungFührungskräftePersonalentwicklungdieBerichtsebenenI–III(Hierachiestu-fen)sowiedieFunktionsstufe1undteilweisedieFunktionsstufe2(sieheAbbildung20),indenenalleFührungs-undFachkräfteundderenpotentielleNachfolgerfüreineoptimaleAnalysevorsorglicherfasstwerden.
Die Ziele einer optimalen Nachfolgeplanung
VorausschauendeErfassungdesBedarfsanqualifiziertenFührungs-undFachkräf-tennachQualitätundQuantitätSicherstellung, dass geeignete Kandidaten nach ausreichender Einarbeitungszeitrechtzeitigfür(planbare)VakanzenzurVerfügungstehenErhöhungderTransparenzdesPotentialsanFührungs-undFachkräftenAufzeigenindividuellerKarrierewegefürPotentialträgerundAbgleichmitorgani-satorischenMöglichkeiten(Stellenverfügbarkeit)InitiierungvongeeignetenPersonalentwicklungsmaßnahmen-aufbauendaufderKarriereplanung
Die Inhalte einer optimalen Nachfolgeplanungssystematik
DieNachfolgewirdfüralleMitarbeitendenaufdenBerichtsebenenI–IIIdoku-mentiert,unabhängigvomAlterbeziehungsweiseAusscheiden(interneNachfolgerundnotwendigeexterneSuche).Befinden sichNachfolgekandidaten aufdenFunktionsstufen1oder2,wirdeineNachfolgekaskadedokumentiert.Je nach Notwendigkeit werden Personalentwicklungsmaßnahmen definiert, bei-spielsweisedieAufnahmeinPE-Programme.ProBereichwerdenPotentialträgerdefiniert,welchemittel-und/oderlangfristiganPE-Programmenteilnehmen.EswerdenfürAbsolventinnenundAbsolventendesdualenStudiums(STUPRAX)potentielleZielfunktionendefiniert,aufBasisdererderbetrieblicheEinsatzgesteu-ertwird.
Arbeitspapier 230 │ Aktuelle Wege und Trends der Personalentwicklung, Rekrutierung und Nachfolgeplanung
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Abbildung 20: Die Nachfolgeplanungssystematik bei der Salzgitter AG1
Bereich Berichtsebene I Berichtsebene III Funktionsstufe 1 Funktionsstufe 2/3Name (Jahrg./Zugehörigkeit)Ausbildung
Name (Jahrg./Zugehörigkeit)Ausbildung
Name (Jahrg./Zugehörigkeit)Ausbildung
Name (Jahrg./Zugehörigkeit)Ausbildung
Berichtsebene IIName (Jahrg./Zugehörigkeit)Ausbildung
TK
TKC
TKCM
TKCOTKCD
TKCC
Meyer (65/92) Dr. IngEisenhüttenkundeNF: Meyer
Meyer (44/73)Dipl.-Ing.Maschinenbau(bleibt bis 31.01.2010)NF: Meyer oder Müller,möglich ist auchZusammenlegung vonTKC und TKD unter Dr.Meyer
Meyer (63/99)Dr. Ing. Elektrotechnik
Meyer (47/75)Dipl.-Ing. MaschinenbauNF: ext. Suche oderinterner IT-SpezialistMeyer (65/95)Dipl.-Ing. ElektrotrechnikMeyer (68/03)Dipl.-Ing. MaschinenbauNF: Meyer (80/08)Studium MedieninformatikBefristet bis 31.03.2009Meyer (71/04)Dipl.-Ing. Automatisierungst.
Meyer (48/73)(Studium Jura, BWLohne Abschluss)NF: regelt AP
Quelle: Salzgitter AG
1DieÜbersichtbeinhaltetBasisdaten(Alter,Konzernzugehörigkeit,höchsteAusbildung/Studium)unddieDringlich-keitderAktivitäten,diefürdenjeweiligenNachfolgererforderlichsind.DieDringlichkeitistfarbiggekennzeichnet:
Rot:dringendeAktivitäterforderlich,Nachfolgekritisch Gelb:NachfolgemussinabsehbarerZeitdefiniertwerden,Aktivitätenfolgenmittelfristig Grün:Nachfolgedefiniert,dasheißtMaßnahmensindeingeleitetoderabgeschlossen.Oder:StelleninhaberistnochjungundMaßnahmenplanungistnichtnotwendig
WiebedeutsamdieEinbettungeinerorganisiertenNachfolgeplanungfürdiegesamtePersonentwicklungist,wirdanhanddernachstehendenAbbildungdeutlich.
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Abbildung 21: Die Integration der Nachfolgeplanung in die Personalentwicklungs- konferenz
Quelle: Salzgitter AG
ZielgruppesindleitendeAngestellteundInhaberbedeutenderFührungs-oderFach-funktionen (Schlüsselfunktionen). BestehendeBasisdatenwerden um die folgendenPunkteergänzt:
PunktzahlderStellenbewertungnachStrombachPunkteundDeltaderPotentialanalyseausführlicheEntwicklungshistoriebisherigeWeiterentwicklungoff-the-jobEinschätzungvonLeistungundPotentialdurchVorgesetzten
Inhalte
Leistungs-/Potential-PortfolioproGesellschaftEntwicklungsplanung(Maßnahmenon-&off-the-job)
DerBewertungsbogen,mitdemdieBasisdatenundGesprächeerfasstunddokumen-tiertwerden,gestaltetsichwiefolgt:
Arbeitspapier 230 │ Aktuelle Wege und Trends der Personalentwicklung, Rekrutierung und Nachfolgeplanung
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Abbildung 22: Bewertungsbogen
PE-Konferenz: Basisdaten Mitarbeiter PE-Konferenz: Gesprächsdokumentation Mitarbeiter
Name, Vorname Name, Vorname
Funktion
EntwicklungshistorieOn the Job (neue Funktionen, Aufgaben, Projekte etc.)
Off the Job (Weiterbildungen)
Gesellschaft und Abteilung Gesprächsteilnehmer
Wann?
Wann?
Wann?
Personal-Nummer
In dieser Funktion seit
Geburtsdatum Gesprächsdatum
Name, Vorname des Vorgesetzten
Organisationsebene unter GF
Stellenwertgroß (xxx)
Stellenwertklein (xxx)
Datum Potenzialanalyse (xxx)
Datum Delta Potenzial-analyse (xxx)
Leistungs- und Potenzial-einschätzung 1 2 3 4Leistung Erbringt
ungenügende Gesamtleistung
Erbringt ausreichende Gesamtleistung
Erbringt gute Gesamtleistung
Erbringt sehr gute Gesamt-leistung
Einschätzung 2006Einschätzung 2007
Potenzial Entspricht nicht den Anforderun-gen der Stelle
Entspricht zum Teil den Anforderungen der Stelle
Entspricht voll den Anforderun-gen der Stelle
Entspricht den Anforderungen der Stelle und verfügt über weiteres Potenzial
Einschätzung 2006Einschätzung 2007
Entwicklungsplanung
Maßnahmen on the Job:Nächster Entwicklungsschritt (Funktion, Aufgaben, Projekte etc.)
Maßnahmen off the Job:Weiterbildungsmaßnahmen
Nachfolgeplanung:(Name, Vorname, Jahrgang, Abteilung, aktuelle Funktion, Ausbildung)
Bemerkungen
Quelle: Salzgitter AG
ÄhnlichdemVodafone-BeispielgiltauchhiereinePortfolioanalysealsunverzichtbar:
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Abbildung 23: Führungsportfolio
Quelle: Salzgitter AG
DiesesBeispielzeigt,dassdieNachfolgplanungeinunverzichtbarer,integrativerundsorgfältig zu organisierender Bestandteil der Personalarbeit ist und sein muss, umfrühzeitigaufEngpässe,diesichausverschiedenenBereichenderWirtschaftundGe-sellschaftergebenkönnen,erfolgreichreagierenzukönnen.DiespeziellenProblema-tikenwurdenindenvorangegangenenKapitelnumfassendthematisiertundzeigenandieserStelleeinmalmehr,wiewichtigeingutesZusammenspielvonVorausschauundlangfristiger Planung bei derRekrutierung, Personalentwicklung undNachfolgepla-nungfürsowohlökonomischealsauchsozialeInteressengruppen–insbesonderefürdieStahlindustrie–ist.
4.3 Zum 360° - Feedback
DasZieldes360°-Feedbacks istes,dieLeistungunddasVerhaltenvonMitarbei-tenden in einemmultiperspektivistischen Verfahren sichtbar zumachen, um so anInformationenzugelangen,wiedieWeiterentwicklungderMitarbeitendengefördertwerdenkann.ObwohldiesesZielaufdenerstenBlickpositivzubegrüßenist,wareserforderlich,dasneueInstrumentinseinererstenEtablierungsphaseinderBetriebs-wirtschaftslehre (insbesondere imFachPersonalmanagement) vonWissenschaftlernkritischzuhinterfragen.
Arbeitspapier 230 │ Aktuelle Wege und Trends der Personalentwicklung, Rekrutierung und Nachfolgeplanung
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DerBegriffFeedbackistein„wesentlicherBestandteilvonzwischenmenschlichenIn-teraktionen“unddementsprechendauchvon„HandlungeninArbeitssituationen“(vgl.FallgatterundPluntke2006,S.4).ZudemgiltdasFeedbackfürdieBeteiligtenalseinewichtigeMotivationsquellefürdenweiterenLernprozess.Beim360°-Feedbackwer-denfürdieErfassungderDatenquantitativeMulti-Items-Fragebögenhinzugezogen.DiefolgendeAbbildunggewährteinenEinblickindieStrukturdes360°-Feedbacks:
Abbildung 24: Aufbau des 360° - Feedbacks
Vorgesetzter• Arbeitsergebnisse• Führungsverhalten
Kunden• Arbeitsergebnisse• VerhaltenimUmgang
Kollegen• VerhaltenimUmgang
(v.a.Kooperation,Planung,Teamwork)
Führungskraft• Selbstbeurteilung
Mitarbeiter• Führungsverhalten
Quelle: Becker, 2002
WieeffizientundzukunftsweisenddieDurchführungeinesgutorganisierten360°-FeedbacksinklusiveseinereigenenHinterfragungfürdiePersonalpolitikseinkann,sollimFolgendenvonThyssenKruppSteelRasselsteinvorgestelltwerden.
Beispiel 360° - Feedback – ThyssenKrupp Steel Rasselstein
DiewichtigstenZieledes360°-Feedbackskönnenwiefolgtzusammengefasstwerden:
DieEntwicklungeinerFeedbackkultur(konstruktiveKritikübenundannehmen)DieFörderungvonSozialkompetenzenEinesichereStandortbestimmungfürjedeFührungskraftDieHerausarbeitungeinesindividuellenFörderkonzeptsDieStärkungdesDialogsundderKommunikationuntereinanderDieUnterstützungvonVeränderungsprozessen,diedasPotentialdesEinzelnenunddamitauchdieUnternehmensleistunginsgesamtfördern
Dabei steht die Gewährleistung vonVertraulichkeit bei der Anwendung dieses Er-hebungsinstrumentsfürThyssenKruppSteelRasselsteinanersterStelle.Dieentwi-ckeltenMaßnahmenwerdeninderRegelzügigumgesetzt(derFeedback-ProzesseinesEinzelnenumfasstcirca3Monate).ZudemwirddieZuverlässigkeitdesInstrumentsdurchregelmäßigeWiederholungengemessen.
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360° - Feedback - der Prozess
EineFührungskraft legtzusammenmitVorgesetztenTeilnehmerinnenundTeilneh-merfestundmeldetdasStammblattbiszueinembestimmtenTerminandiePersonal-entwicklung(maximal15Teilnehmendeinkl.Führungskraft).
Die Personalentwicklung gibt das Stammblatt an dieBeraterweiter und verschicktdieFragebögenandieFührungskraft(diesebeinhaltensowohlFragenzurSelbstein-schätzungalsauchzurEinschätzungvonMitarbeitenden,VorgesetztenundKollegen).Die„Feedbackgeber“sendendieFragebögendirektandenBerater,derimAnschlusseinenErgebnisbericht erstellt.AusGründenderVertraulichkeit undderAkzeptanzdes360°-FeedbackswirdderBerichtsowohlanden„Feedbacknehmer“alsauchandieFührungskraftversendet.SomiterhaltenbeidedieMöglichkeitsich intensivaufdasGesprächvorzubereiten.
EserfolgteinAngebotvonEinzelcoachingsdurchdiePersonalentwicklungoderdenjeweiligenBerater.MitdemdirektenVorgesetztenwirddasErgebnisbesprochenunddieFördermaßnahmenfestgelegt.NacheinerÜbertragungderPersonalentwicklungs-Maßnahmenineine„persönlicheZielkarte“werdennacheinemJahrdieseMaßnah-menaufihreWirksamkeitüberprüft.
Feedback zum Feedback
BeiderÜberprüfungdesInstruments„360°-Feedback“wurdedasHauptaugenmerkaufdieKernbereiche„Verständlichkeit,AkzeptanzundUmsetzung“gerichtet.Eswur-denbeiderOnline-Befragung66Feedbacknehmerangeschrieben,wobei46vonih-nenanderBefragungaktivteilgenommenhaben(dieRücklaufquotebetrug70%).DieAngabenzurVerständlichkeitundAkzeptanzfielendurchwegpositivaus(hierlagendie entsprechendenWerte zwischen65%und94%).DasThemaUmsetzung lag imSchnittunterdenVorangegangenen(hier lagendieWertezwischen48%und59%).Allerdingswirddaraufhingewiesen,dassfürdieUmsetzungderverabredetenMaß-nahmen jeder selbst verantwortlich ist.Verbesserungenkönnendeshalbnicht durchVeränderungeninderBefragungerzieltwerden.DurchdieBeibehaltungderFragenkannevaluiertwerden,obsichdievereinbartenMaßnahmenauchinderpersönlichenZielvereinbarungverwirklichthaben.EineErfolgsmessungerfolgtimjährlichenMit-arbeitergespräch.
Handlungsempfehlungen und abschließende Bemerkungen
Die intensive Auseinandersetzung mit den Themen des Fachausschusses hat allenBeteiligtengezeigt,wieförderlicheingemeinsamerAustauschvonfach-undunter-nehmensspezifischenInformationenfürdenErhaltundzukünftigenErfolgderStahl-industrieseinkann.DieAktualitätdesvorliegendenBeitrageswirddurchdie„Berg-
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undTalfahrt“,insbesonderedurchdieEreignisse,diesichindenletztendreiJahrenbeschreibenlassen,bestätigt.WelcheFolgenfürdieStahlindustriemitderRezessionverbundenseinsollten,konntebeiderKonstitutiondesFachausschussesnochniemandahnen.
EbensokonntekeinerderBeteiligtenzudiesemZeitpunktvorhersehen,wiewertvollund lehrreich dieZusammentreffen seinwürden, denn durch die regelmäßigen Sit-zungenwaren alleBeteiligten trotz desWirtschaftseinbruchs angehalten, den lang-fristigen Kernproblemen „Alterung der Belegschaften“ und „Fachkräftemangel“kontinuierlichBeachtung zu schenken. Langfristigwird erkennbar, dass die beidenKernproblemebeiErholungderWirtschaftslageihreWirkungerneutentfaltenwerden;andieserStelledankenwirallenBeteiligten,denenesgelang,auchindieserschwie-rigenZeitdieKontinuitätdesFachausschusseszubewahren.
DerKonjunktureinbruchimJahr2008,dieDurchführungvonKurzarbeitrespektivedieWegeaus ihrheraus,derderzeitigeAufschwung,dasErreichenderKapazitäts-grenzezurJahreshälfte2010–dieseEntwicklungenzeigeneinmalmehr,wiewichtigeinelangfristigorientiertePersonalpolitikinnerhalbderUnternehmenist.
ZuletztsetztensichdieArbeitsdirektorenmitderFragenachdenHandlungsempfeh-lungenauseinander.GibtesBereiche,diebesondersförderungswürdigsind?Wokannmehrgetanwerden,umdemFachkräftemangelentgegenzuwirken?WiekönnenMit-arbeiterinnenundMitarbeitergezieltereingesetztwerden?DerfolgendeBeitragdo-kumentiert zumAbschlussHandlungsempfehlungen für die personelleZukunft derStahlindustrie.
Rekrutierung
Angesichts sinkender Geburtenzahlen, einem drohenden Missverhältnis zwischenoffenenStellenundzurVerfügungstehendenBewerberinnenundBewerbernsolltenbereitsimVorfeldkonkreterRekrutierungsbemühungenAktivitäteneinsetzen,umlei-stungsbereiteMenschenfürdieStahlindustriezubegeistern.Schul-undHochschul-marketinggewinnenweiteranBedeutung.
AlsbesonderswertvollwirddasdualeStudiumeingeschätzt.DiesesModellbietetzumeinendieMöglichkeitzukünftigeFachkräftefrühzeitigfürdasUnternehmenzube-geisternundzuintegrieren.ZumanderensammelnStudierendebereitswährendihresStudiumsBerufserfahrung.Studierende,diewährend ihrerStudienzeitkeineErfah-runginderBerufspraxiserwerben,habenbeideranschließendenSuchenachentspre-chenderArbeitgrößereSchwierigkeiten,diePersonalleiterundFachvorgesetztenvonihrenpraktischenKompetenzenzuüberzeugen;zumaldieVereinbarungvonTheorieundPraxisimdualenStudiumaufeinhohesOrganisations-undLeistungsvermögendieserStudierendengruppeschließenlässt.
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Für eine Imageverbesserung der Stahlindustrie bieten sich zudem häufigere Akti-vitäten inderRegionder jeweiligenUnternehmenan(insbesondereanSchulenundHochschulen).
DieChancenfürdieDurchführungentsprechenderMaßnahmensindsehrgut,dennHochschulenstehendurchdiezunehmendePluralisierunguntereinemenormenPer-formance-undWettbewerbsdruckundsindzumTeiloffenfürKooperationenmitUn-ternehmen.
Personalentwicklung
FlachereOrganisationshierarchienziehennebendenklassischenFührungsfunktionenzunehmendpluralisierteExpertenfunktionennachsichundeserfordertvielAufwandzuerkennen,weralsmöglicheNachfolge inFragekommt.AusdiesemGrundwirddieIdentifikationvonSchlüsselqualifikationenalsbesonderswichtigeingestuft.EinegutePersonalentwicklungsolltefürsämtlicheErwerbsgruppendesUnternehmensan-gestrebtwerden (von Führungskräften über Fachpersonal hin zumMeister und ge-werblichemPersonal).DieErmittlungdesBedarfskannübereinregelmäßigesMitar-beitergesprächund/odereinePotentialeinschätzungerfolgen.Somitkannerschlossenwerden,wergefördertwerdenkannundwerbesseraufwelchePositionpasst–zumTeilwerdenauchLehrgangskostenunterstützt.
DieKostenfürdenErwerbeinesMeistertitelsbetragenimDurchschnittrund7.000€.DieThyssenKruppSteelAGunterstütztbeispielsweiseihreArbeitnehmerinnenundArbeitnehmerbeidiesemProzessmit50%BeteiligungandenKosten.
ZahlreicheWeiterbildungsmöglichkeiten,sowohlinbetriebs-alsauchfachspezifischerForm,werdenangeboten,umMitarbeiterinnenundMitarbeiterndieChancezugeben,ihreKenntnissebeiThyssenKruppzuvertiefenund ihrePerspektivenaufdemAr-beitsmarktzuverbessern.
Nachfolgeplanung
Präventionsmaßnahmenwie eine frühzeitigeRisikoeinschätzung sowie eineAlters-strukturanalyse sindempfehlenswert.Mitdiesem Instrumentwirderkannt,wiedasPersonalportfolio im jeweiligenUnternehmen in Zukunft aussehenwird.Wie vielegehenindenRuhestand?WelchePersonenausdemeigenenUnternehmenkönnendieinZukunftvakanteStelleübernehmen?WelcheSchlüsselqualifikationenmüssenvor-handenseinundweristdafürdergeeigneteKandidat?ArbeitsplatzprofileundStellen-beschreibungensinddafüreinehilfreicheGrundlage.
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Fernermuss dieNachfolgeplanung vor allemunterBerücksichtigung des demogra-fischenWandelsundderdamiteinhergehendenAlterungderBelegschaftenZugangzurtariflichenEbenefinden.
DassauchdieentwickeltenStrategienzurNachfolgeplanungundPersonalentwicklungregelmäßigaufihreWirksamkeithinzuprüfensind,zeigtfolgendeaktuelleStudie:
NacheinerUmfrageeineramerikanischenUnternehmensberatung(veröffentlichtimHarvardBusinessManager/AusgabeJuli2010)würden25%der„HighPotentials“aneinen Unternehmenswechsel denken. Dieses Resultat lässt sich nach Angaben vonJeanMartinundConradSchmidt(Geschäftsführendeder„CorporateExecutiveBoardCompany“)primäraufzweiUrsachenzurückführen:ZumeinensindesdiezuhohenErwartungshaltungen derHigh Potentials (beispielsweise derWunsch nach interes-santerArbeit,nachAnerkennung,nachhoherVergütung)undzumanderengibteseinzugroßesRepertoireanderweitigerMöglichkeiten.DerEinbruchderKonjunkturunddiedamiteinhergehendeEnttäuschungderHighPotentialssindmaßgeblichandiesemErgebnisbeteiligt.FernerweisendieGeschäftsführendenderUnternehmensberatungdaraufhin,dassvieleUnternehmenmitihrenHighPotentialsfehlerhaftumgehen.AufdieIrrtümersollandieserStellenichtnähereingegangenwerden.Hierseiennuneini-geAspekteausdergenannten„ChecklistefürTalententwickler“,genannt,diesichimRahmenderdurchgeführtenErhebungbewährthaben:
EssindvorallemdieMerkmale„Fähigkeit,EinsatzundAmbitionen“,diegetestetundeingeschätztwerdenmüssen,dennnurdasguteZusammenspielallerdreiMerkmalelässteinvielversprechendesTalenterkennen.DarüberhinaussolltenindividuelleEnt-wicklungspläneherausgearbeitetwerden.DiepersönlichenZielederHighPotentialssolltenstattmitallgemeinenKompetenzmodellenmitdenWachstumsplänendesUn-ternehmensabgestimmtundinanspruchsvolleJobsverwirklichtwerden.DiessolltemiteinerhohenAnerkennungeinhergehen.MartinundSchmidt(2010)sprechensichauchdafüraus,dassesregelmäßigeTreffenzwischenHighPotentialsunddenMana-gerndesTalentförderungsprogrammsgebensollte,umdieEntwicklungunddieZu-friedenheitderHighPotentialszuerfahrenundzuüberprüfen.
DievorgestelltenModellelassenbeiallihrerSystematikeinesnichtvergessen:EsistnachwievorderFaktorMensch,derimFokusdesPersonalmanagementssteht,unddieseristebennichtimmerkalkulierbar.ErkannuntergewissenUmständenandershandelnalserwartetundsomiteinnichtvorhersehbaresResultaterzielen.
Wirhoffen,dassdieindiesemBeitragvorgestelltenRekrutierungs-,Personalentwick-lungs-,undNachfolgeplanungsmodelleguter PraxisdiepopulärgewordenenBegriffeder Nachhaltigkeit (in unserem Fall nachhaltiges Personalmanagement) sowie derlangfristigenOrientierungundihretatsächlicheUmsetzung–zumindestinnerhalbderStahlindustrie–mitLebenerfüllenkonnten.
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Abbildungsverzeichnis
Abbildung1: KonsequenzenderFachkräfteengpässe..............................................14Abbildung2: EntgangeneWertschöpfunginMillionenEuro...................................15Abbildung3: Bedarfsentwicklung...........................................................................16Abbildung4: EinsetzbarkeitvonBachelor-undMaster-Ingenieuren....................16Abbildung5: RelationaleGehaltsvergleichevonUnternehmeninProzent.............17Abbildung6: ZurAnerkennungvonQualifikationeninderStahlindustrie.............18Abbildung7: BewerbungenvonKooperationshochschulen.....................................27Abbildung8: SchulmarketingbeiderSalzgitterAG:MaßnahmenundEvents......33Abbildung9:AngebotederDEWzurNachwuchsförderung...................................36Abbildung10: AnbietervondualenStudiengängen..................................................40Abbildung11: DualeStudiengängenachFachbereichengruppiert...........................40Abbildung12: MöglicheKombinationendualerStudiengänge
beiderSalzgitterAG:..........................................................................45Abbildung13:AnteilandenIngenieure50plusbeschäftigendenUnternehmen
(indenletztenfünfJahren)–inProzentgewichtet...........................50Abbildung14:GründefüreineEinstellungältererIngenieure.................................51Abbildung15:Führungs-undExpertenlaufbahn......................................................56Abbildung16:DieintegriertePersonalentwicklungimKonzern...............................59Abbildung17:Einschätzungs-undEntwicklungsprozessbeiThyssenKruppSteel
EuropeAG..........................................................................................61Abbildung18:MitarbeiterportfoliobeiThyssenKruppSteelEuropeAG.................62Abbildung19:FünfStufenderPotentialerkennung....................................................67Abbildung20:DieNachfolgeplanungssystematikbeiderSalzgitterAG...................72Abbildung21:DieIntegrationderNachfolgeplanungindiePersonalentwicklungs-
konferenz.............................................................................................73Abbildung22:Bewertungsbogen................................................................................74Abbildung23:Führungsportfolio...............................................................................75Abbildung24:Aufbaudes360°-Feedbacks..............................................................76
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Tabellenverzeichnis
Tabelle1:Studieninhaltefür„AngewandteMaterialwissenschaften“.....................31Tabelle2:ExterneundinterneRekrutierungbeidenDEW....................................36Tabelle3:StudienförderungbeiDEW......................................................................37Tabelle4:ModelledualerStudiengänge...................................................................38Tabelle5:DualesStudiumbeiDillingerHütte........................................................44Tabelle6:DualesStudiumbeiTKRasselstein.........................................................46Tabelle7:DasinternationaleTraineeprogrammvonTKElevator...........................49Tabelle8:Personalentwicklungsziele.......................................................................54Tabelle9: DieTalent–Matrix..................................................................................68Tabelle10:Potentialindikatoren.................................................................................69Tabelle11: RedFlags.................................................................................................70
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Quellenangaben
Der vorliegendeBericht bezieht seineQuellen primär aus denSitzungsinhalten desFachausschusses„Rekrutierung,PersonalentwicklungundNachfolgeplanung“under-fasstfolgendePräsentationen:
Präsentation zur Einleitung–Einführung, Fragen und Ziele des FachausschussesMartinaNeuhäuser,SalzgitterFlachstahlGmbH,23.08.2007.
Präsentationen zum Kapitel Rekrutierung wurden vorgelegt von: MartinKrone,ThyssenKruppElevatorCENEGmbHJan-PaulGiertz,DeutscheEdelstahlwerkeMartinaNeuhäuser,SalzgitterFlachstahlGmbHCorneliusWendlerundHelmutKestenbach,DillingerHütteJulianFuchs,DeutscheLufthansaAGVizepräsidentProf.Dr.Vöth,TFHGeorgAgricola
Präsentationen zum Kapitel Personalentwicklung wurden vorgestellt von:SusanneWolny,ThyssenKruppSteelEuropeAGMartinaNeuhäuser,SalzgitterFlachstahlGmbH
Präsentationen zum Kapitel Nachfolgeplanung wurden vorgestellt von:RalfPetermann,VodafoneMartinaNeuhäuser,SalzgitterFlachstahlGmbH
Präsentationen über aktuelle Daten der Stahlindustrie und Trends in der Personalar-beit wurden vorgestellt von: Prof.Dr.GernoldFrank,FHTWBerlinDr.AxelPlünnecke,InstitutfürdeutscheWirtschaftKöln(IWKöln)RAMartinKunkel,VereinigungStahl-Zentrum
Weitere Präsentationen oder Dokumente, die für die thematische Aufbereitung recher-chiert und ergänzend hinzugezogen wurden:GerhardWink,Stahlzentrum:Rahmenbedingungen–Nachwuchsbedarf,2010.Fuchs, Julian,DeutscheLufthansaAG:Werpasstzumir?AuswahlphilosophieunddigitaleUnterstützungderPersonalauswahlbeiLufthansaAG,2008.InstitutsderdeutschenWirtschaftKöln:BachelorundMaster.VonwegenIngenieurezweiterKlasse.Nr.54(AnlagezurPressemitteilung),2009.
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Arbeitspapier�190��│�kidipedia
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Über die Hans-Böckler-Stiftung
Arbeitspapier 210 │ Studium und Beruf
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Über die Hans-Böckler-Stiftung
Dezember 2009
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Über die Hans-Böckler-Stiftung
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