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Arbeitsmarktflexibilisierung und wachsende Niedriglohnbeschäftigung in Österreich; Labour market...

Date post: 24-Jan-2017
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HAUPTBEITRÄGE Zusammenfassung: Die Flexibilisierung und Deregulierung von Arbeitsmärkten hat in den letz- ten Jahrzehnten in vielen westlichen Gesellschaften zu einer umfassenden Restrukturierung von Beschäftigungsverhältnissen und Entlohnungssystemen geführt. Im Ergebnis gewannen sowohl sogenannte atypische Beschäftigungsformen als auch Niedriglohnbeschäftigung an Bedeutung. Systematische Analysen zum Thema Flexibilisierung und Niedriglohn in Österreich liegen al- lerdings bisher kaum vor. Vor diesem Hintergrund untersucht der vorliegende Beitrag die Ent- wicklung der Niedriglohnbeschäftigung am österreichischen Arbeitsmarkt für unterschiedliche Risikogruppen im Zeitraum 1996 bis 2010. Grundlage des Beitrags sind die Daten des EU-SILC und ECHP. Die vorgenommenen empirischen Analysen zeigen u. a., dass Personen mit hoher Bildung immer besser vor Niedriglohnrisiken geschützt sind, während gering qualifizierte und atypisch Beschäftigte sowie Beschäftigte im Gastgewerbe und anderen Bereichen des Dienstleis- tungssektors in den letzten 15 Jahren steigenden Niedriglohnrisiken ausgesetzt sind. Schlüsselwörter: Arbeitsmarktflexibilisierung · Atypische Beschäftigungsverhältnisse · Niedriglohn · Risikogruppen Österreich Z Soziol (2014) 39:91–110 DOI 10.1007/s11614-014-0120-z © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014 Frühere Versionen des Beitrags wurden am DGS-Kongress in Bochum (2012) und der 20 th International Conference of Europeanists in Amsterdam (2013) präsentiert. Die Autoren danken den GutachterInnen und HerausgeberInnen der ÖZS für etliche hilfreiche Anmerkungen. Außerdem möchten wir uns bei Caroline Berghammer und Bernhard Riederer für ihre wertvollen Kommentare bedanken. N.-S. Fritsch () · R. Teitzer · R. Verwiebe Institut für Soziologie, Universität Wien, Rooseveltplatz 2, 1090 Wien, Österreich E-Mail: [email protected] R. Teitzer E-Mail: [email protected] R. Verwiebe E-Mail: [email protected] Arbeitsmarktflexibilisierung und wachsende Niedriglohnbeschäftigung in Österreich Eine Analyse von Risikogruppen und zeitlichen Veränderungen Nina-Sophie Fritsch · Roland Teitzer · Roland Verwiebe
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Page 1: Arbeitsmarktflexibilisierung und wachsende Niedriglohnbeschäftigung in Österreich; Labour market flexibilization and growing low-paid employment in Austria;

Hauptbeiträge

Zusammenfassung: Die Flexibilisierung und Deregulierung von Arbeitsmärkten hat in den letz-ten Jahrzehnten in vielen westlichen Gesellschaften zu einer umfassenden Restrukturierung von Beschäftigungsverhältnissen und Entlohnungssystemen geführt. Im Ergebnis gewannen sowohl sogenannte atypische Beschäftigungsformen als auch Niedriglohnbeschäftigung an Bedeutung. Systematische Analysen zum Thema Flexibilisierung und Niedriglohn in Österreich liegen al-lerdings bisher kaum vor. Vor diesem Hintergrund untersucht der vorliegende Beitrag die Ent-wicklung der Niedriglohnbeschäftigung am österreichischen Arbeitsmarkt für unterschiedliche Risikogruppen im Zeitraum 1996 bis 2010. Grundlage des Beitrags sind die Daten des EU-SILC und ECHP. Die vorgenommenen empirischen Analysen zeigen u. a., dass Personen mit hoher Bildung immer besser vor Niedriglohnrisiken geschützt sind, während gering qualifizierte und atypisch Beschäftigte sowie Beschäftigte im Gastgewerbe und anderen Bereichen des Dienstleis-tungssektors in den letzten 15 Jahren steigenden Niedriglohnrisiken ausgesetzt sind.

Schlüsselwörter: Arbeitsmarktflexibilisierung · Atypische Beschäftigungsverhältnisse · Niedriglohn · Risikogruppen

Österreich Z Soziol (2014) 39:91–110DOI 10.1007/s11614-014-0120-z

© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014

Frühere Versionen des Beitrags wurden am DGS-Kongress in Bochum (2012) und der 20th International Conference of Europeanists in Amsterdam (2013) präsentiert. Die Autoren danken den GutachterInnen und HerausgeberInnen der ÖZS für etliche hilfreiche Anmerkungen. Außerdem möchten wir uns bei Caroline Berghammer und Bernhard Riederer für ihre wertvollen Kommentare bedanken.

N.-S. Fritsch () · R. Teitzer · R. VerwiebeInstitut für Soziologie, Universität Wien,Rooseveltplatz 2,1090 Wien, ÖsterreichE-Mail: [email protected]

R. TeitzerE-Mail: [email protected]

R. VerwiebeE-Mail: [email protected]

Arbeitsmarktflexibilisierung und wachsende Niedriglohnbeschäftigung in ÖsterreichEine Analyse von Risikogruppen und zeitlichen Veränderungen

Nina-Sophie Fritsch · Roland Teitzer · Roland Verwiebe

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Labour market flexibilization and growing low-paid employment in Austria – An analysis of risk groups and changes over time

Abstract: Western societies have experienced an increasing flexibilization and deregulation of their labour markets in the last decades. These developments led to an expansion of non-standard work as well as low-paid employment. Nevertheless, there has been little systematic research on flexibilization and low-paid employment in Austria. Against this background, we discuss the growth of low-wages in Austria and analyse which social groups are especially affected by low-paid work, using data from EU-SILC as well as ECHP for the years 1996–2010. While we find that those with better qualification tend to be better protected against low-pay risks, our results underline that employees in personal services and hospitality industry as well as non-standard workers are increasingly exposed to low-pay risks in the last 15 years.

Keywords: Labour market flexibilization · Atypical employment · Low-paid wages · Risk groups

1 Einleitung

Die Flexibilisierung und Deregulierung von Arbeitsmärkten hat in den letzten Jahrzehn-ten in den meisten westlichen Gesellschaften zu einer umfassenden Restrukturierung von Beschäftigungsverhältnissen und Entlohnungssystemen geführt (Barbieri 2009; Lewis und Plomien 2009; Pernicka et al. 2005; Polavieja 2006; Storrie 2006). Im Ergebnis gewannen auf der einen Seite so genannte atypische Beschäftigungsformen zunehmend an Bedeutung (Houseman 1995; Kalleberg 2000, 2009), auf der anderen Seite nahm die Ungleichheit innerhalb der Lohnverteilung stark zu (DiPrete et al. 2006; Giesecke und Verwiebe 2008; Goos und Manning 2007; Mouw und Kalleberg 2007; Weeden et al. 2007). Diese Entwicklungen sind in internationalen Forschungen eingehend untersucht.

In Österreich stellt die zunehmende Verbreitung von atypischen Beschäftigungsformen und eine wachsende Ungleichheit der Einkommen und Löhne ein vergleichsweise junges Phänomen dar. Das überdurchschnittliche Wirtschaftswachstum in der Nachkriegszeit und die ausgeprägte Rolle der Gewerkschaften in sozialpartnerschaftlichen Verhandlungs- und Entscheidungsprozessen stellten eine hohe Beschäftigungsstabilität und überwiegende Voll-beschäftigung in Normalarbeitsverhältnissen sowie im Resultat eine geringe Lohnspreizung sicher (Hermann und Atzmüller 2009; Tálos 1985). Spätestens seit Ende der 1980er Jahre wird die Fortführung des „österreichischen Weges“ jedoch zunehmend schwieriger (Her-mann und Flecker 2009, S. 25f.). Neben der Privatisierung von staatlichen Betrieben zur Sanierung des Staatshaushalts und ersten Liberalisierungen im Bereich von Leiharbeit und Werkvertragsarbeit, üben insbesondere der EU-Beitritt Österreichs und die damit verstärkte Integration in die europäische und internationale Wirtschaft Druck auf den Arbeitsmarkt aus. In der Folge ist auch in Österreich eine Restrukturierung des Arbeitsmarktes, eine Ent-standardisierung von Beschäftigungsverhältnissen sowie eine Zunahme von Ungleichheit in den Löhnen und Einkommen zu beobachten.1

1 Die aktuelle Arbeitsmarktforschung zeigt, dass die Schere zwischen hohen und niedrigen Einkommen in den letzten Jahren auseinander gegangen ist (Guger und Marterbauer 2007;

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Es ist vor diesem Hintergrund überraschend, dass die Etablierung eines Niedriglohn-sektors in Österreich – ähnlich wie z. B. in Deutschland (Bosch et al. 2008, S. 423; Kalina und Weinkopf 2008, S. 448) – lange Zeit fast unbemerkt blieb und systematische Ana-lysen zum Thema Niedriglohn bisher nur selten zu finden sind (Ausnahmen sind z. B. Geisberger und Knittler 2010; Lutz und Mahringer 2010). Diese Forschungslücke grei-fen wir in unserem Beitrag auf, indem wir systematisch die Entwicklung des Niedrig-lohnsektors am österreichischen Arbeitsmarkt für den Zeitraum zwischen 1996 und 2010 untersuchen. Als Datengrundlage verwenden wir EU-SILC- und ECHP-Daten. Unsere zentralen Forschungsfragen lauten wie folgt: Wie hat sich die Niedriglohnbeschäftigung in Österreich in den letzten 15 Jahren entwickelt? Welche Risikogruppen sind besonders von den Dynamiken am österreichischen Arbeitsmarkt betroffen, und wie verändern sich ihre Risiken im Zeitverlauf?2

2 Konzeptionelle Überlegungen: Arbeitsmarktflexibilisierung, Niedriglohn und besondere Risikogruppen

Die theoretische Rahmung für unsere Analysen entnehmen wir sowohl ökonomischen als auch sozialwissenschaftlichen Arbeitsmarkttheorien. Diese Ansätze nehmen unterschied-liche Aspekte in den Blick und bieten in Ergänzung zueinander eine breite Erklärungs-basis. Während beispielsweise die Humankapitaltheorie Qualifikationsunterschiede als entscheidendes Kriterium für die Entlohnung hervorhebt, thematisieren sozialwissen-schaftliche Ansätze die wachsende Schere zwischen hohen und niedrigen Einkommen vor dem Hintergrund sozialer Macht- und Schließungsprozesse. In der Prekarisierungs-debatte wird wiederum auf die Schwächung erwerbsarbeitsbezogener Integrationspoten-tiale und die Ausweitung von sog. „Zonen der Verwundbarkeit“ durch die Ausbreitung atypischer Beschäftigung und geringer Entlohnung hingewiesen (vgl. Castel 2000; Castel und Sörre 2009). Wir wollen hier eine Synthese dieser aufschlussreichen Ansätze voran-stellen, um relevante Untersuchungsdimensionen unserer empirischen Analyse einzulei-ten. Wie lassen sich nun diese Ansätze auf unser Forschungsthema anwenden?

Von den Re-Strukturierungen am Arbeitsmarkt sind nicht alle Gruppen der Beschäftig-ten gleichermaßen betroffen. Humankapitaltheoretische Ansätze thematisieren ungleiche

Mayrhuber et al. 2010; Verwiebe und Fritsch 2011a, 2011b). Lohnsteuerdaten belegen z. B. einen Anstieg des Gini-Koeffizienten von 0,431 (1995) auf 0,452 (2010) für Bruttojahresein-kommen aus unselbständiger Tätigkeit; ähnliche Trends zeigen sich in den EU-SILC-Daten für die Nettoeinkommen (Gini-Koeffizienten 2004: 0,334, 2010: 0,350). Damit setzt auch in Österreich eine Entwicklung ein, die sich für andere westliche Gesellschaften (USA, Großbri-tannien, Deutschland) schon deutlich länger zeigt (Bluestone und Harrison 1988). Dabei haben z. B. Branchen, in denen ohnehin hohe Einkommen gezahlt werden (z. B. die Industrie), ihre vorteilhafte Position weiter ausbauen können, während Branchen wie z. B. die Land- und Forst-wirtschaft, in denen geringe Löhne schon lange typisch sind, weiter zurückgefallen sind (Guger und Marterbauer 2004, S. 268).

2 Als Niedriglöhne werden in diesem Beitrag Einkommen definiert, die unterhalb von zwei Drit-teln des Medianbruttostundenlohns liegen. Wir folgen mit dem Konzept internationalen Studien (Europäische Kommission 2004; Lutz und Mahringer 2010).

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Erwerbserträge vor allem über unterschiedliche Investitionen in Bildung (Becker 1964). In Übereinstimmung mit dieser theoretischen Argumentation belegen aktuelle internatio-nale Studien, dass vor allem Beschäftigte mit geringen Qualifikationen von Niedriglohn-beschäftigung betroffen sind (Kalina und Weinkopf 2008, S. 454; Lucifora et al. 2005, S. 267; OECD 2006, S. 175).3 Diese Personen tragen auch besondere Risiken, mittel- und längerfristig in solchen Beschäftigungsverhältnissen zu verbleiben (Andreß und Krüger 2006; Lutz und Mahringer 2010; Mosthaf et al. 2011; Uhlendorff 2006). Eine differen-ziertere Begründung dafür liefert die Literatur zum skill biased technological change (SBTC). Demnach hat sich durch den technologischen Wandel auf den Arbeitsmärkten westlicher Gesellschaften die Nachfrage nach hoch qualifizierten Arbeitskräften erhöht, während gleichzeitig jene nach gering qualifizierten Arbeitskräften gesunken ist (Ace-moglu 2002; Autor et al. 2003; Card und DiNardo 2002). Dies führt in der Konsequenz zu einer stärkeren Spreizung der Lohnverteilung.

Aus theoretischer Sicht sind differierende Risiken ebenfalls hinsichtlich des Ausmaßes an Berufserfahrung plausibel. Auch hier liefert der humankapitaltheoretische Ansatz den konzeptionellen Ausgangspunkt: In dieser Lesart sind vor allem junge Beschäftigte mit vergleichsweise wenig Humankapital und ältere Arbeitskräfte, deren Humankapital von Entwertung bedroht ist, besonders gefährdet, niedrigere Löhne zu erhalten (Becker 1964; Martins und Pereira 2004; McGuinness et al. 2009). Etliche Studien der letzten Jahre belegen diese Überlegung: Es zeigt sich, dass vor allem BerufseinsteigerInnen und ältere ArbeitsmarktteilnehmerInnen durch Flexibilisierungsmaßnahmen spezifischen Risiken ausgesetzt sind (Blossfeld et al. 2008; Blossfeld et al. 2005). So sind im internationalen Vergleich junge Berufstätige mehr als doppelt so häufig von Niedriglohnbeschäftigung betroffen als bereits etablierte ArbeitnehmerInnen (OECD 2006, S. 175). Geisberger und Knittler (2010) können auch für Österreich höhere Risiken von Niedriglohnbeschäftigung für junge ArbeitsmarktteilnehmerInnen feststellen: Mit den Daten der österreichischen Verdienststrukturerhebung 2006 zeigen sie, dass der Anteil der Niedriglohnbeschäftigten in der Altersgruppe der 15- bis 19-Jährigen mit knapp 55 % sogar fast viermal so hoch ist wie im Durchschnitt. Dieser Wert ist insofern bemerkenswert, da Lehrlinge in dieser Studie nicht erfasst werden. In den Altersgruppen ab 30 Jahren liegt der Anteil mit ca. 11 % unter dem Durchschnitt und steigt erst bei den älteren ArbeitsmarktteilnehmerInnen (60 plus) wieder an.

Neben der individuellen Qualifikation und der Berufserfahrung, die von ökonomi-schen Theorien als wesentliche Erklärungsfaktoren hervorgehoben werden, thematisie-ren sozialwissenschaftliche Ansätze die konkrete Positionierung der ArbeitnehmerInnen in unterschiedlichen Berufsgruppen bzw. Berufsklassen (Giesecke und Verwiebe 2009; Mouw und Kalleberg 2010; Weeden et al. 2007). Die Theorie offener und geschlossener Positionen (Sørensen und Kalleberg 1994) erklärt beispielsweise Lohndifferenziale nicht (nur) über Angebots- und Nachfragerelationen, sondern postuliert, dass Solidarisierungs-prozesse innerhalb und/oder Abgrenzung gegenüber anderen Arbeitsmarktgruppen eben-falls eine wichtige Rolle für Gratifikationsprozesse spielen. Lohnrenditen ergeben sich

3 Einige aktuellere Studien zeigen allerdings, dass Niedriglohnbeschäftigung zunehmend auch ein Phänomen mittlerer Qualifikationsgruppen wird (Bosch et al. 2008, S. 427). Dies halten wir für eine wichtige Ergänzung bestehender Wissensbestände zum vorliegenden Thema.

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hier in Folge verminderten Wettbewerbs um den Zugang zu attraktiven Positionen, der vor allem durch credentialistische Schließung (Zugangskontrolle über Zertifikate) und durch die Mitgliedschaft in bestimmten berufsständischen Organisationen erfolgt (Wee-den 2002). In Anlehnung an dieses theoretische Argument belegen aktuelle empirische Studien (vgl. Williams 2013), dass der Anstieg der Lohnungleichheit in den vergangenen Jahren insbesondere auf wachsende Unterschiede zwischen unterschiedlichen Berufs-klassen zurückzuführen ist. Vor diesem Hintergrund gehen wir auch für den österreichi-schen Arbeitsmarkt davon aus, dass neben den zu erwartenden Struktureffekten – hohe Niedriglohnrisiken in unteren Berufsklassen, niedriges Risiko in oberen Berufsklassen – auch mit einem Anstieg der Niedriglohnrisiken zwischen Berufsklassen im Untersu-chungszeitraum zu rechnen ist.

Ferner sind unterschiedliche Niedriglohnrisiken in Abhängigkeit vom Geschlecht zu erwarten, so sich internationale Trends auch in Österreich wiederfinden (z. B. Blau und Kahn 2001; Bluestone und Harrison 1988; Casali und Gonzales 2010; George 2011).4 Welche Begründung ließe sich für diese Annahme anführen? Die Erwerbsbeteiligung von Frauen nahm in den letzten Jahren stetig zu (1998: 58,8 %; 2010: 66,4 %), während jene der Männer (1998 und 2010: 77 %) nahezu unverändert blieb (Eurostat 2012; Jaumotte 2003). Gleichzeitig kam es zu einem Ausbau des Dienstleistungssektors und damit zu einer Ausweitung von vergleichsweise gering entlohnten Beschäftigungsverhältnissen, in denen häufig vor allem Frauen zu finden sind (Heitzmann 2002; Mairhuber 2002). Dass Frauen ein erhöhtes Niedriglohnrisiko aufweisen, wird in der sozialwissenschaftlichen Literatur auch mit dem vorherrschenden Familientypus begründet; in Österreich sind Frauen in der Regel immer noch Sekundärverdienerinnen (Mairhuber 2009; Schommer 2008). Vor diesem Hintergrund ist die Annahme für die vorliegende Studie forschungs-leitend, dass Frauen häufiger als Männer im Niedriglohnsektor beschäftigt sind.5 Ob diese Risiken in den letzten Jahren stärker gestiegen sind als bei den Männern, ist aus unserer Sicht empirisch zu klären. Ein Großteil der Argumente der Arbeitsmarktforschung, wie eben angedeutet, führt in diese Richtung. Andererseits zeigen jüngere Studien, dass Nied-riglohnbeschäftigung gerade unter niedrig qualifizierten Männern immer mehr Verbrei-tung findet (für Befunde aus Deutschland vgl. Bosch et al. 2008, S. 427).

Wir wollen in der vorliegenden Studie auch systematisch prüfen, wie sich der Zusam-menhang zwischen atypischer Beschäftigung und Niedriglohn am österreichischen Arbeitsmarkt darstellt. Die starke Ausweitung solcher Beschäftigungsverhältnisse – Cas-tel (2000; 2009) spricht hier von sog. „Zonen der Verwundbarkeit“ – legt dies nahe.6

4 Frauen sind im europäischen Vergleich überdurchschnittlich häufig in schlecht bezahlten Jobs vertreten, wenngleich hier auch Unterschiede zwischen einzelnen europäischen Staaten beste-hen. Relativ geringe Niedriglohnbeschäftigung für Frauen in Finnland, Dänemark und Schwe-den stehen deutlich höhere Anteile weiblicher Niedriglohnbeschäftigung z. B. in Großbritannien gegenüber (Casali und Gonzales 2010).

5 Für einige österreichische Regionen lässt sich dies auch bereits bestätigen, wie die Studie von Guger und Leoni zu Oberösterreich zeigt (Guger und Leoni 2008, S. 120).

6 Insbesondere die Teilzeitbeschäftigung ist zuletzt rasant angestiegen, von 14 Prozent im Jahr 1995 auf eine Quote von über 25 Prozent im Jahr 2010. Ähnliche Tendenzen sind bei Freien DienstnehmerInnen, Werkvertragstätigen bzw. Leih- und ZeitarbeiterInnen zu beobachten (Zunahme um 5 Prozent seit 2004). Bei befristet Beschäftigten ist ebenfalls ein Anstieg von

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Internationale Studien zeigen diesbezüglich, dass ArbeitnehmerInnen, die in atypischen Jobs beschäftigt sind, im Durchschnitt geringer entlohnt werden als ArbeitnehmerInnen in Normalarbeitsverhältnissen (Giesecke und Gross 2007; Mertens und McGinnity 2005). So waren etwa in Deutschland im Jahr 2006 rund zwei Drittel aller Niedriglohnbeschäftig-ten in atypischen Arbeitsverhältnissen – d. h. vor allem in Teilzeitanstellungen und befris-teten Jobs – tätig (Kalina und Weinkopf 2008, S. 462). Für Österreich liefern Befunde von Geisberger und Knittler (2010) ebenfalls erste Hinweise für eine ökonomische Schlecht-erstellung atypisch Beschäftigter: Diese verdienen demnach um fast ein Viertel weniger als Personen in einem Normalarbeitsverhältnis (untersucht wurden Stundenlöhne). Als theoretische Erklärung ziehen wir hier die Insider-Outsider-Theorie heran (Lindbeck und Snower 1988). Diese geht davon aus, dass weniger gut verankerte Beschäftigte (Outsider) über eine geringere Marktmacht verfügen als Personen in Normalarbeitsverhältnissen (Insider), was sich auch in unterdurchschnittlichen Löhnen niederschlägt. Diese empi-rischen und theoretischen Argumente lassen aus unserer Sicht letztlich die Hypothese plausibel erscheinen, dass atypisch Beschäftigte am österreichischen Arbeitsmarkt nicht nur häufiger im Niedriglohnsegment vertreten sind, sondern dass sich die Risiken dieser Beschäftigten innerhalb des Untersuchungszeitraums auch weiter erhöht haben.

Eine umfassende Analyse von Niedriglohnbeschäftigung in Österreich sollte außer-dem Charakteristika des Arbeitsplatzes nicht außer Acht lassen. So belegen zahlreiche Studien der Arbeitsmarktforschung die Relevanz der Betriebsgröße für Erwerbsein-kommen (Gerlach und Schmidt 1989; Giesecke und Verwiebe 2010; Weeden 2002). Als theoretischer Mechanismus für die geringere Entlohnung in Kleinbetrieben werden deren niedrigere Produktivität und eingeschränkte tarifliche Anbindung gesehen (Mesch 2005; Schwimmer 2007). Empirisch zeigt sich, dass die Gefahr, in Niedriglohnbeschäftigung zu geraten und/oder dauerhaft zu verbleiben, für Beschäftigte in Kleinbetrieben gegen-über Beschäftigten in größeren Firmen deutlich höher ist (Mosthaf et al. 2011, S. 246). Darüber hinaus ist die Berücksichtigung von Unterschieden nach Branchen zentral, die vor allem in Österreich traditionell sehr stark ausgeprägt sind (Brandl und Traxler 2008; Guger und Marterbauer 2004). Die einzelnen Branchen haben unterschiedlich auf die Restrukturierungen der Arbeitsmärkte und den technologischen Wandel reagiert: Zum Beispiel ist in der Landwirtschaft und im Dienstleistungssektor aufgrund der niedrigen Wertschöpfung die Vergütung gering und ein Zuwachs an atypischen Beschäftigungsver-hältnissen zu verzeichnen. Beschäftigte in diesen Branchen verbleiben auch häufiger in Niedriglohnbeschäftigung, wie Lutz und Mahringer (2010) anhand von Analysen vor-mals arbeitsloser Personen zeigen. In Betrieben, die produktionsnahe Dienstleistungen erbringen, sind die häufig hoch qualifizierten ArbeitnehmerInnen typischerweise nach wie vor gut entlohnt (Kaufmann 2005, S. 252 ff.). Eine mögliche theoretische Begrün-dung für diese Branchenunterschiede liefert Scharpf (1986; 2000) mit seinen Überlegun-gen zum Uno-actu-Prinzip.7

6,3 Prozent aller ArbeitnehmerInnen (1995) auf 10 Prozent (2010) zu verzeichnen (Basis: Mik-rozensus 1995–2010; Statistik Austria; eigene Berechnungen).

7 Scharpf geht davon aus, dass die Arbeitsproduktivität in den konsumorientierten und perso-nenbezogenen Dienstleistungen niedrig ist und sich nur begrenzt steigern lässt, was auf den Uno-actu-Zusammenhang von Dienstleistungsproduktion und Konsum zurückgeführt wird: Bei

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Schließlich ist in den letzten Jahren die prekäre Situation von Personen mit Migra-tionshintergrund am Arbeitsmarkt verstärkt in das Blickfeld der Forschung gerückt; den theoretischen Hintergrund hierzu liefert unter anderem die Diskriminierungstheorie und die Segmentationstheorie (Becker 1971; Diekmann et al. 1993; Doeringer und Piore 1971; Sengenberger 1978). Empirisch zeigt sich, dass MigrantInnen besonders von Arbeit in atypischer Beschäftigung betroffen sind (vgl. Gächter und Schober 2009). Darüber hin-aus weisen Personen mit Migrationshintergrund weniger stabile Erwerbsverläufe auf als andere Arbeitsmarktgruppen: So schaffen sie etwa den Übergang von einer atypischen Beschäftigung in ein Normalarbeitsverhältnis weit seltener (Fernández und Ortega 2008; Kogan 2011, S. 265). Zusätzlich werden Beschäftigte mit Migrationshintergrund im Schnitt schlechter entlohnt als einheimische ArbeitnehmerInnen (Stadler und Wiedenho-fer-Galik 2009; Verwiebe und Fritsch 2011a, b). Vor dem Hintergrund dieser Forschungs-befunde gehen wir von der These aus, dass die Niedriglohnrisiken von Beschäftigten mit Migrationshintergrund gegenüber den einheimischen ArbeitnehmerInnen höher ausfallen und zusätzlich im Verlauf der letzten Jahre auch weiter zugenommen haben.

3 Daten, Methoden, Variablen

Der empirische Teil des Beitrags untersucht Niedriglohnquoten in Österreich für den Zeitraum zwischen 1996 und 2010 mit Hilfe von EU-SILC- und ECHP-Daten.8 Als Niedriglohnschwelle wird in dem vorliegenden Beitrag, in Anlehnung an international vergleichende Studien, der Standard von zwei Drittel des Medianbruttostundenlohns her-angezogen (vgl. Europäische Kommission 2004; ILO 2009; Lutz und Mahringer 2010). Im Jahr 2010 liegt sie bei 8,77 € in Österreich (EU-SILC, eigene Berechnungen).

3.1 Methode

Neben deskriptiven Zeitreihenanalysen beruhen die vorgenommenen Auswertun-gen auf binären logistischen Regressionen für die Jahre 1996 und 2010. Mithilfe dieser statistischen Berechnungsmethode werden Chancenverhältnisse bzw. Wahr-scheinlichkeiten für verschiedene Risikogruppen bestimmt, niedriglohnbeschäftigt zu sein. Mathematisch kann dieser Zusammenhang wie folgt spezifiziert werden: ln P t P t x x x

n n( ) / ( ( )) · · · .1

0 1 1 2 2− = + + + … +β β β β

vielen konsumbezogenen Dienstleistungen setzt die Erbringung der Dienstleistung die Anwe-senheit und aktive Mitwirkung der KlientInnen voraus, weswegen Produktivitätssteigerungen begrenzt sind. Daraus und aus der zeitlich schwankenden Inanspruchnahme dieser Dienste folgt, dass Überkapazitäten auf der Anbieterseite erforderlich sind (Scharpf 1986, S. 15). Wegen der niedrigen Wertschöpfung in den konsumorientierten Dienstleistungen lässt sich vermuten, dass die Arbeitsnachfrage in diesem Bereich sehr stark auf Niedriglohnberufe beschränkt ist.

8 Wir verwenden als Startpunkt nicht die Daten aus dem Jahr 1995, da für diese erste Erhebungs-welle keine personen- bzw. haushaltsbezogenen Merkmale zur Verfügung stehen. Diese hätten, der Logik der Erhebung folgend, im Jahr 1994 erfasst werden müssen. Für methodische Details der Erhebung vgl. Heuberger 2003.

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Für die Analysen wurde das Statistik-Programm STATA 11.1 verwendet. Die Ver-änderungen in den für verschiedene Zeitpunkte separat geschätzten Parametern haben wir nicht nur „per Augenschein“ bewertet, sondern auch auf ihre statistische Signifikanz geprüft. Für die entsprechenden Signifikanztests wurde die in STATA implementierte Routine zur „seemingly unrelated estimation“ (suest) genutzt.

3.2 Abhängige Variable

Die abhängige Variable Niedriglohnbeschäftigung erfasst alle unselbständig beschäftig-ten Personen im erwerbsfähigen Alter zwischen 16 und 65 Jahren.9 Dabei werden sowohl Teilzeitbeschäftigte als auch Personen in befristeter Beschäftigung (mit Ausnahme von Lehrlingen) in die Analysen einbezogen. Als Bemessungsgrundlage dient der Bruttostun-denlohn zum Erhebungszeitpunkt.

3.3 Erklärende Variablen

Als erklärende Variablen dienen der Bildungsstand, die Zugehörigkeit zu einer Berufs-klasse, die Geschlechtszugehörigkeit, die Berufserfahrung, das Beschäftigungsausmaß (Teilzeitarbeit vs. Vollzeit) und die Beschäftigungssicherheit (Befristung ja/nein) sowie die Betriebsgröße, die Branchenzugehörigkeit und der Migrationshintergrund.

Hinsichtlich der Bildungsvariablen muss vor allem zwischen Personen mit geringer Bildung, die im internationalen Vergleich besonders hohe Niedriglohnrisiken aufweisen (Europäische Kommission 2004; OECD 2006, S. 175), und ArbeitsmarktteilnehmerInnen mit mittleren und hohen Bildungsabschlüssen unterschieden werden. Wir verwenden dazu eine reduzierte Variante der CASMIN-Klassifikation (Lechert et al. 2006). Unterschieden werden Personen mit einem mittleren Qualifikationsniveau (z. B. mit berufsbildendem Abschluss oder Meisterabschluss), HochschulabsolventInnen sowie ArbeitnehmerInnen, die höchstens einen Pflichtschulabschluss oder Lehrabschluss als höchsten Bildungstitel angeben. Um den Einfluss von Berufsklassen in den Modellen zu berücksichtigen, unter-scheiden wir in Anlehnung an Featherman und Hauser (1978) folgende Berufsgruppen: die obere Dienstklasse (UnternehmerInnen, PolitikerInnen, Personen in Führungsposi-tionen und wissenschaftliche ExpertInnen), qualifizierte Dienstklasse (z. B. technische Fachkräfte) und Hilfsarbeitskräfte. Grundlage dafür sind die ISCO-Hauptgruppen.

Die Geschlechtszugehörigkeit wird über eine binäre Variable (0 = Männer; 1 = Frauen) operationalisiert. Die Berufserfahrung wird in Jahren gemessen und zusätzlich als quad-rierter Term in die Berechnungen einbezogen. Diese Vorgehensweise wird in der Arbeits-marktforschung häufig angewandt (vgl. Abraham und Hinz 2008; Achatz et al. 2005; Pointner und Stiglbauer 2010) und bildet eine U-förmigen Beziehung zwischen Berufs-

9 Selbständig Beschäftigte sind besonders von den Flexibilisierungsmaßnahmen der letzten Jahre betroffen. Dennoch werden sie aus unseren Berechnungen ausgeschlossen, da für diese Per-sonengruppe einerseits weder die Erfassung der Bruttomonatslöhne vorliegt und andererseits wichtige erklärende Merkmale fehlen; beispielsweise werden hier Informationen zur Branchen-zugehörigkeit oder Betriebsgröße nicht erhoben. Zudem lassen die geringen Fallzahlen nur ver-einzelt statistisch gut abgesicherte Ergebnisse zu.

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erfahrung und Niedriglohnbeschäftigung ab. Dadurch wird berücksichtigt, dass jüngere ArbeitsmarktteilnehmerInnen mit wenig Berufserfahrung und ältere ArbeitnehmerInnen mit viel Berufserfahrung möglicherweise erhöhte Risiken haben, mit ihrem Einkommen unter die Niedriglohngrenze zu fallen.

Da in der internationalen Debatte um Niedriglohnbeschäftigung auch die Bedeutung von atypischer Beschäftigung zentral ist (Kalina und Weinkopf 2008; Lucifora et al. 2005; Mertens und McGinnity 2005), wird in den Analysen mit Hilfe der Variablen Teil-zeit und Befristung darauf eingegangen (beide Variablen sind binär gemessen und beru-hen auf Selbstangaben der Befragten). Damit werden die in Österreich am häufigsten zu findenden atypischen Beschäftigungsformen berücksichtigt.

Tab. 1: Niedriglohnquoten in Österreich und ausgewählten anderen europäischen Staaten (An-gaben in Prozent)Basis: ECHP Daten & EU-SILC Daten

1996 +  1997 + 2000 + 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010

(1) Bruttomonatslohn (Basis: Erwerbsfähige)

12,6 13,5 13,6 12,7 15,3 12,8 14,2 15,0 14,9 15,9

(2) Bruttostundenlohn* 12,6 14,6 11,2 11,3 13,6 13,1 15,1 14,6 15,3 13,9(3) Bruttostundenlohn Frauen*

19,3 22,8 19,2 17,6 21,8 21,1 23,1 21,5 21,5 19,4

(4) Bruttostundenlohn Männer*

7,3 8,0 4,7 6,3 7,1 6,6 8,7 9,0 10,0 9,4

(5) Bruttostunden-lohn – befristet Beschäftigte*

17,9 31,6 34,0 20,1 17,9 25,6 27,4 31,6 28,7 22,7

(6) Bruttostunden-lohn – Teilzeit Beschäftigte*

18,7 25,4 20,2 22,5 25,9 27,4 28,4 25,8 26,1 22,1

Basis: OECD Employ-ment Outlook

Europäische Niedriglohnquoten

Länder 1996 + 2000 + 2006 2007 2008 2009 2010Vereinigtes Königreich 20,6 19,4 21,0 20,5 21,2 20,6 20,6Deutschland 13,9 15,7 17,5 17,5 21,5 20,2 20,5Irland 21,7 18,7 21,2 21,7 21,1 20,2 20,1Finnland – 10,8 6,9 7,9 8,5 8,5 8,1Schweden 5,7 – 6,5 6,4 5,4 – –Ungarn 21,0 22,7 23,1 23,1 20,8 21,8 21,1Polen 18,4 – 23,5 23,5 17,3 21,1 19,6Spanien 18,5 15,6 16,2 16,2 17,0 15,7 15,6Portugal 13,6 10,9 – – 14,2 14,2 –Quelle: Statistik Austria, EU-SILC 2004–2010; eigene Berechnungen; gewichtete Analysen; ausgewiesen sind die prozentualen Anteile der unselbständigen ArbeitnehmerInnen im Alter von 16–65 Jahren (ohne Lehrlinge) mit einem Einkommen unterhalb der Niedriglohngrenze. * Bruttostundenlohnberechnung: alle Wochenstunden ohne Überstunden. Basis: Beschäftigte. Unterer Teil der Tabelle: OECD Employment Outlook 2007–2012; + Quelle: ECHP-Daten. Teilzeitbeschäftigung: Selbstangabe der Befragten

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100 N.-S. Fritsch et al.

Die Variable der Betriebsgröße unterscheidet zwischen Beschäftigten in Kleinbetrie-ben (unter fünf Beschäftigten) und Personen in Betrieben ab fünf Beschäftigten. Die Branchenvariable differenziert zwischen unterschiedlichen Zweigen des Dienstleis-tungssektors (z. B. Banken, Handel, Gastgewerbe), dem produzierenden Sektor und der Landwirtschaft. Die Operationalisierung des Migrationshintergrundes erfolgt über die Staatsbürgerschaft der Personen (vgl. Kalter 2008).

4 Trendergebnisse

Vor dem Hintergrund der konzeptionellen und methodischen Erörterungen sollen im Folgenden die Niedriglohnquoten der Beschäftigten in Österreich im Detail diskutiert werden. Tabelle 1 enthält dazu im oberen Teil eine Reihe von Indikatoren, mit denen quantitative Dimensionen und zeitliche Trends dargestellt werden können (Zeitraum 1996–2010). Der erste Indikator weist die Niedriglohnquote auf Basis des Bruttomonats-lohns aus, die übrigen Indikatoren beziehen sich auf Bruttostundenlöhne. Hierbei wird zudem zwischen dem Geschlecht, Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten und Personen in befristeten Beschäftigungsverhältnissen differenziert. Im unteren Teil der Tabelle werden die österreichischen Befunde mit europäischen Trends in Beziehung gesetzt.

Die ersten beiden Indikatoren belegen, dass das Ausmaß der Beschäftigung unter-halb der Niedriglohngrenze in Österreich in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat (Geisberger und Knittler 2010, S. 455). So ist die Niedriglohnquote, unter Berücksichti-gung der Bruttomonatslöhne der Beschäftigten (Indikator 1), in Österreich von 1996 bis 2010 von 12,6 % auf 15,9 % gestiegen. Etwa ein Sechstel der erwerbsfähigen Bevölke-rung erhält einen monatlichen Bruttolohn unterhalb der Niedriglohngrenze (2010 waren dies ca. 1320 €). Zudem sind die Niedriglohnquoten auf Basis des Bruttostundenlohns zum Erhebungszeitpunkt dargestellt (Differenzen zwischen Teilzeit- und Vollzeitbeschäf-tigten sind hier „heraus gerechnet“). Ähnliche Tendenzen wie bei den Monatslöhnen sind auch hier zu erkennen: Die Niedriglohnquote stieg von 12,6 % im Jahr 1996 auf 13,9 % im Jahr 2010.10

Die Werte in der Tabelle weisen auch auf eine erhöhte Niedriglohnbeschäftigung von Frauen am österreichischen Arbeitsmarkt hin (Indikator 3). Der Unterschied zu den Niedriglohnquoten der Männer beträgt teilweise deutlich über 10 Prozentpunkte. Dieser hat sich allerdings im Zeitverlauf etwas verringert, was interessanterweise hauptsäch-lich auf einen Anstieg der Niedriglohnbeschäftigung bei Männern zurückzuführen ist. Zudem werden die Niedriglohnquoten für Personen mit einem befristeten Arbeitsvertrag und für Teilzeitbeschäftigte ausgewiesen (Indikator 5 und 6). Als Bemessungsgrundlage dient auch hier der Bruttostundenlohn. Deutlich wird, dass atypisch beschäftigte Perso-nen auch in Österreich im Niedriglohnsegment überdurchschnittlich stark vertreten sind (vgl. Kalina und Weinkopf 2008 für Deutschland). Die Niedriglohnquoten dieser beiden Gruppen stiegen dabei im Zeitverlauf von unter 20 % – mit einigen Schwankungen – auf

10 Der Anteil von Beschäftigten mit einer Bezahlung unterhalb der Niedriglohnschwelle würde bei Betrachtung von tatsächlich verfügbaren Nettoeinkommen noch sehr viel höher sein, da Sozialabgaben und steuerliche Abzüge in Österreich auch bei Niedrigeinkommen anfallen.

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Arbeitsmarktflexibilisierung und wachsende Niedriglohnbeschäftigung … 101

deutlich über 20 %. Im Jahr 2010 erzielt damit knapp ein Fünftel der Teilzeitbeschäftig-ten und der Personen mit befristetem Arbeitsvertrag ein Einkommen, das Niedriglohn gleichkommt.

In Bezug auf internationale Trends (unterer Teil von Tab. 1) zeigt sich, dass insbe-sondere in Ländern wie Großbritannien oder Irland, die durch vergleichsweise schwach regulierte Arbeitsbeziehungen gekennzeichnet sind (Crouch 1993), eine im Vergleich zu Österreich höhere Niedriglohnbeschäftigung vorliegt. Etwas mehr als ein Fünftel der Erwerbstätigen fallen dort mit ihrem Einkommen unter die Niedriglohngrenze. Ähnlich hohe Anteile weisen nur noch postsozialistische Staaten wie Polen und Ungarn auf. Süd-europäische Länder (z. B. Spanien, Portugal) liegen mit Niedriglohnquoten um die 15 % im europäischen Mittelfeld und haben damit ähnliche Anteile an Niedriglohnbeschäfti-gung wie Österreich. Deutschland hat inzwischen durch den starken Anstieg an Nied-riglohnbeschäftigung in den letzen Jahren (vgl. Bosch et al. 2008) einen europäischen Spitzenplatz erreicht. Demgegenüber sind die Anteile niedrig entlohnter Beschäftigung in den skandinavischen Ländern deutlich kleiner als in Österreich: Die Länder, die die-ser Gruppe angehören, weisen die geringsten Anteile im europäischen Vergleich auf. Die Niedriglohnquote für Schweden liegt beispielsweise im Untersuchungszeitraum im Schnitt bei rund 6 %.

Die bisher vorgenommen Trendanalysen lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

1. Für Österreich ist in den letzten Jahren eine deutliche Ausweitung der Niedriglohnbe-schäftigung zu beobachten. Im internationalen Vergleich stellt dies eine fast singuläre Entwicklung dar, weil in den meisten OECD-Staaten die Niedriglohnbeschäftigung in den letzten 15 Jahren nicht gewachsen ist (Ausnahme Deutschland).

2. Arbeitnehmerinnen sind deutlich stärker von Niedriglohnbeschäftigung betroffen als Arbeitnehmer. Zudem ist die Niedriglohnbeschäftigung in Österreich stark mit atypi-schen Beschäftigungsverhältnissen verknüpft.

5 Strukturanalysen

Neben den quantitativen Dimensionen von Niedriglohnbeschäftigung sind wir vor allem an den strukturellen Unterschieden zwischen den verschiedenen Gruppen am österreichi-schen Arbeitsmarkt interessiert. Wir stellen hier die Frage, welche Beschäftigtengruppen besonders von der Ausweitung niedriger Löhne betroffen sind bzw. in welcher Weise sich deren Niedriglohnrisiken verändert haben. Dazu präsentiert Tab. 2 im nachfolgenden Abschnitt die Ergebnisse aus logistischen Regressionen für die Jahre 1996 und 2010 auf Basis der Bruttostundenlöhne.

Unsere Berechnungen verdeutlichen, dass die Investition in Bildung das Risiko der Niedriglohnarbeit erheblich reduziert. Personen mit mittleren oder höheren Bildungsab-schlüssen haben wesentlich geringere Risiken, in Niedriglohnbeschäftigung zu geraten, als Personen, die höchstens über einen Pflicht- oder Lehrabschluss verfügen (Kalina und Weinkopf 2008, S. 459). Beschäftigte mit mittleren Abschlüssen haben gegenüber der Referenzgruppe der gering Qualifizierten im Jahr 2010 beispielsweise ein um fast 40 % geringeres Risiko, einen Niedriglohn zu beziehen. Bei der Berufserfahrung lassen sich,

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wie theoretisch angenommen, höhere Niedriglohnrisiken für ErwerbseinsteigerInnen fest-stellen, während ein Mehr an Berufserfahrung diese Risiken tendenziell reduziert (vgl. Blossfeld et al. 2008; Geisberger und Knittler 2010). Allerdings zeigen unsere Analy-sen auch, dass bei Arbeitnehmern mit mehr als 30 Berufsjahren die Niedriglohnrisiken zwischen 1996 und 2010 angestiegen sind (vgl. Brenke 2012); darauf verweisen die sta-

Tab. 2: Multivariate Betrachtungen – Niedriglohnbeschäftigung in Österreich1996 + 2010 DifferenzExp(B) Exp(B) 1996–2010

Bildung (Ref. Pflicht-schulabschluss mit Lehre)

Mittlerer Abschluss (Meister, berufsbildende Schule, Matura)

0,656** 0,620*** ns

Hochschulabschluss 0,453* 0,282*** †Berufserfahrung Berufserfahrung 0,930*** 0,889*** s

Berufserfahrung quadriert 1,001* 1,002*** †Berufsklassen (Ref. Handwerker, qual. Industriearbeiter)

Obere Dienstklasse (Unter-nehmer, Politiker, Manager, Akademiker)

0,235*** 0,401*** ns

Qualifizierte Dienstklas-se (Technische Fachkräfte, Büroangestellte)

0,302*** 0,508*** †

Hilfsarbeitskräfte 1,427* 1,625*** †Geschlecht (Ref.: Männer)

Frauen 2,269*** 2,200*** ns

Beschäftigungsausmaß (Ref. Vollzeit)

Teilzeit 1,054 1,586*** s

Beschäftigungssicher-heit (Ref. Unbefristet)

Befristet 1,454 1,662*** ns

Betriebsgröße (Ref. Mit-tel- und Großbetriebe)

Kleinbetriebe unter 5 Beschäftigte

1,513** 1,661*** ns

Branchen (Ref. Indust-rie, Bergbau)

Landwirtschaft 0,778 3,607*** sBanken 1,239 0,516* (†)Unternehmensbezogene Dienste 0,805 0,922 nsÖffentlicher Dienst 0,549* 0,763† sBau 0,421* 0,692† nsHandel 0,708 1,060 nsGastgewerbe 0,299*** 3,156*** sSonstige personenbez. Dienste 0,508† 2,058*** s

Staatsbürgerschaft (Ref. Migrationshintergrund)

Österreicher 1,087 0,791 (†) ns

N 3250 5120Nagelkerkes R2 0,201 0,254Quelle: Statistik Austria: EU-SILC 2004–2010, + ECHP-Daten; eigene Berechnungen; Signifikanzniveaus: †p < 0.1, *p < 0.05, **p < 0.01, ***p < 0.001. Für die Interpretation verwenden wir die Exponentialwerte der geschätzten Parameter (Odds Ratios). Eine positive Wirkung des Exponentialwertes drückt sich in eβ > 1, eine negative Wirkung in eβ < 1 aus.

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Arbeitsmarktflexibilisierung und wachsende Niedriglohnbeschäftigung … 103

tistisch signifikanten Veränderungen jener Variablen mit denen die Berufserfahrung der Beschäftigten gemessen wurden.11

Zusätzlich zeigen sich auch Effekte der Klassenposition. So schützt die Zugehörigkeit zur oberen bzw. qualifizierten Dienstklasse relativ gut vor einer Beschäftigung im Nied-riglohnbereich. Im Gegensatz dazu tragen Hilfsarbeitskräfte erhöhte Risiken, mit ihrem Einkommen unter die Niedriglohngrenze zu fallen. Für die Gruppe der Hilfsarbeitskräfte nehmen diese Risiken zwischen 1996 und 2010 zu, was sich im umfangreichen Gesamt-modell allerdings nicht vollständig statistisch absichern lässt.12 Interessanterweise ver-ringern sich im Zeitverlauf die Vorteile der qualifizierten Dienstklasse gegenüber der Referenzgruppe der ArbeitnehmerInnen in Handwerks- und Industrieberufen. Eine Tätig-keit als Büroangestellte(r) oder technische Fachkraft schützt 2010 weniger gut vor Nied-riglohn als noch vor 15 Jahren.

Im Einklang mit unseren theoretischen Annahmen bestätigen unsere Berechnungen auch die spezifischen Entlohnungsbedingungen für Frauen am österreichischen Arbeits-markt. Diese haben mehr als doppelt so hohe Risiken unterhalb der Niedriglohngrenze beschäftigt zu werden wie Männer (eine Zu- oder Abnahme im Zeitverlauf lässt sich sta-tistisch nicht nachweisen). Diese Ergebnisse sind insofern von Bedeutung, da die Modelle für eine Vielzahl anderer Variablen kontrollieren.13 Die geringere Entlohnung von Frauen ist also nicht allein über die Beschäftigung in typisch weiblichen Branchen (z. B. Dienst-leistungen, Handel) (vgl. BKA 2010) oder durch andere Faktoren wie geringere Bildung oder verstärkte Teilzeitarbeit zu erklären (z. B. Macpherson und Hirsch 1995; O’Neill 2003). Die vorliegenden Befunde weisen damit auf systematische strukturelle Benach-teiligung und/oder Diskriminierungen von Frauen am österreichischen Arbeitsmarkt hin (vgl. Achatz et al. 2005 für ähnliche Tendenzen in Deutschland).14

11 Der Zusammenhang zwischen Berufserfahrung und Niedriglohnrisiken ergibt sich in der statis-tischen Modellierung aus der Berücksichtigung der Variablen „Berufserfahrung“ und „quadrier-ter Berufserfahrung“. Inhaltlich wird damit der Idee Rechnung getragen, dass jüngere und ältere Beschäftigte im Vergleich zu den Kernarbeitskräften erhöhten Arbeitsmarktrisiken ausgesetzt sind.

12 Betrachtet man allerdings die Veränderungen in einem reduzierten Modell, so zeigen sich sehr wohl deutliche statistisch signifikante Veränderungen für die Risiken der Hilfsarbeitskräfte. Dass eine Spreizung zwischen den Berufsklassen im Zeitverlauf zunimmt – z. B. Weeden et al. 2007 –, können wir mit unseren Ergebnissen für den österreichischen Arbeitsmarkt damit zumindest in Teilen bestätigen.

13 Weiterführende Analysen zeigen, dass Frauen in bestimmten Branchen (z. B. in personenbezo-genen Diensten) noch deutlich höhere und tendenziell sogar steigende Niedriglohnrisiken haben als hier dargestellt (entsprechende Interaktionsanalysen können leider aus Platzgründen nicht ausgewiesen werden).

14 Arbeitskräfte werden aufgrund von Erwartungen über ihre künftige Arbeitsproduktivität ein-gestellt und erreichen dadurch unterschiedliche Positionen (Littmann-Wernli und Schubert 2001). Erwartungen über die Produktivität von Frauen können dabei von kulturell geteilten Geschlechtsstereotypen (z. B. Antizipation von Betreuungsverpflichtungen oder höherer Risi-koaversion) geprägt sein (Deaux und LaFrance 1998). Diskriminierung erfolgt in dieser Lesart als Folge der Zuweisung von Frauen auf geringer entlohnte Arbeitsplätze.

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Unsere Analysen verdeutlichen auch, dass sowohl die Form als auch das Ausmaß der Beschäftigung einen Einfluss auf das Niedriglohnrisiko haben (vgl. Brehmer und Seifert 2008, S. 512). Sowohl Personen in Teilzeitarbeit als auch befristet Beschäftigte haben höhere Niedriglohnrisiken als ArbeitnehmerInnen in Normalarbeitsverhältnissen. Dies ist insofern bemerkenswert, da in der Studie der Stundenlohn untersucht wird. Unsere Ergebnisse bestätigen damit frühere Untersuchungen (Geisberger und Knittler 2010; Gie-secke und Gross 2007), welche die geringere Entlohnung und eine tendenziell wachsende strukturelle Benachteiligung vor allem von Teilzeitbeschäftigten hervorheben. Sowohl bei befristeter Beschäftigung als auch bei Teilzeitbeschäftigung zeigen unsere Berechnungen für den Zeitraum zwischen 1996 und 2010 einen Anstieg der Risiken; statistisch signifi-kant ist dieser jedoch nur für Teilzeitbeschäftigte. Für Castel (2000; 2009) wäre dies – um die aktuelle Prekarisierungsdebatte noch einmal anzusprechen – u. U. ein Beleg für die Expansion der „Zonen der Verwundbarkeit“ bzw. prekär organisierter Teilarbeitsmärkte.

Wirft man einen Blick auf die Betriebsgröße, so verweisen die Ergebnisse auch hier auf stark variierende Niedriglohnrisiken. Personen in Kleinbetrieben (unter fünf Beschäf-tigten) tragen 2010 ein um 60 % erhöhtes Risiko, im Niedriglohnbereich vertreten zu sein. Ähnliche Befunde erzielen Bosch und Kollegen (2008, S. 427) für Deutschland. Sie können zeigen, dass die Niedriglöhne vor allem in kleineren Betrieben ein Problem dar-stellen: In diesen Betrieben arbeiten mehr als die Hälfte der Vollzeitbeschäftigten unter-halb der Niedriglohngrenze, während in Großbetrieben (500 und mehr Beschäftigte) nur rund 3 % der Arbeitskräfte gering bezahlt werden.

Die in bisherigen Studien beobachteten Differenzen zwischen einzelnen Branchen werden auch bei Niedriglohnbeschäftigung stark sichtbar, und sie nehmen innerhalb der letzten 15 Jahre teilweise deutlich zu (vgl. Guger und Marterbauer 2004; Hermann und Flecker 2009). Vor allem Personen in der Landwirtschaft und im Gastgewerbe sind dabei häufig in niedrig entlohnten Jobs zu finden. Vor dem Hintergrund, dass Beschäftigte in diesen beiden Branchen zudem geringere Chancen haben, ihrer Niedriglohnbeschäfti-gung schnell wieder zu entkommen (vgl. Lutz und Mahringer 2010), erscheint dieses Ergebnis besonders relevant. Wir können auch zeigen, dass Beschäftigte im Bereich der personenbezogenen Dienstleistungen mit überdurchschnittlich hohen Risiken konfron-tiert sind, einen Stundenlohn unterhalb der Niedriglohngrenze zu erhalten. Damit erzie-len wir ähnliche Ergebnisse wie Geisberger und Knittler (2010, S. 455) auf Basis der Verdienststrukturerhebung. Die Niedriglohnrisiken für Beschäftigte in diesen Bereichen sind im Vergleich zu anderen Gruppen nicht nur erhöht, der Anstieg innerhalb der letz-ten Jahre ist auch statistisch signifikant: Im Jahr 2010 liegen die Niedriglohnrisiken für Beschäftigte in der Landwirtschaft, im Beherbergungs- bzw. Gaststättenwesen und in personenbezogenen Diensten um ein Mehrfaches höher als für die Referenzgruppe der Beschäftigten in der Industrie und im Bergbau. Zudem sind ArbeitnehmerInnen im Han-del ebenfalls teils überdurchschnittlichen Risiken ausgesetzt.

Die Ergebnisse zum Stellenwert des Migrationshintergrunds für die Platzierung am österreichischen Arbeitsmarkt stimmen (oberflächlich betrachtet) mit den Erkenntnissen anderer Studien nicht überein (z. B. Stadler und Wiedenhofer-Galik 2009). In Anlehnung an diese Studien hatten wir eingangs im konzeptionellen Teil argumentiert, dass Migran-tInnen mit höheren Niedriglohnrisiken konfrontiert sein dürften als einheimische Arbeits-kräfte. In unseren statistischen Analysen zeigt sich nun, dass dies nach Berücksichtigung

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einer Vielzahl anderer Faktoren (z. B. Qualifikationsniveau, Betriebs- und Branchenzu-gehörigkeit) nicht der Fall ist. Damit wäre aus unserer Sicht zu schlussfolgern, dass die Schlechterstellung von MigrantInnen am Arbeitsmarkt z. B. über die Positionierung in bestimmten (nachteiligen) Branchen und/oder über die zu geringen Qualifikationen die-ser Arbeitsmarktgruppe „vermittelt“ wird; dies sehen wir als eine wichtiger Ergänzung zu bestehenden Wissensbeständen der aktuellen Forschung.15

6 Fazit

Zwei übergeordnete Befunde der vorliegenden Studie sind aus unserer Sicht beson-ders bemerkenswert: Erstens konnten wir zeigen, dass der österreichische Niedriglohn-sektor in den letzten 15 Jahren deutlich gewachsen ist – inzwischen arbeitet mehr als jeder achte Beschäftigte für einen Bruttostundenlohn unterhalb der Niedriglohngrenze. Zweitens belegen unsere detaillierten Analysen, dass mit der generellen Zunahme von Niedriglohnbeschäftigung auch eine Verschärfung der Niedriglohnrisiken für bestimmte Arbeitsmarktgruppen, sprich eine weitere Zuspitzung bereits bestehender nachteiliger Strukturen, einhergeht. Die von uns hierzu vorgenommenen Berechnungen, mit denen wir auch eine statistische Absicherung für sich verändernde Risikostrukturen vornehmen konnten, sind für den österreichischen Arbeitsmarkt in der vorliegenden Studie erstmals umgesetzt worden.

Zu den besonders gefährdeten Gruppen gehören vor allem gering Qualifizierte, Per-sonen in niedrigen Berufsklassen und Frauen. Auch Personen mit vergleichsweise wenig Berufserfahrung, Arbeitskräfte in Kleinbetrieben, Beschäftigte in bestimmten Dienstleis-tungsberufen und in der Landwirtschaft sowie ArbeitnehmerInnen mit befristen Verträ-gen und Teilzeitbeschäftigte sind häufig von erhöhten Niedriglohnrisiken betroffen. Ein zentrales Ergebnis unserer Analysen besteht zudem in der Beobachtung, dass benach-teiligende Strukturen sich im Zeitverlauf verfestigen und in Teilen sogar zunehmende Benachteiligungen sichtbar werden. Es sind vor allem jene Beschäftigtengruppen mit Niedriglohnbeschäftigung konfrontiert, die bereits vielfältigen Arbeitsmarktrisiken (z. B. Beschäftigungsunsicherheit, schlechte Arbeitsbedingungen) ausgesetzt sind.

Welcher weitergehende Forschungsbedarf ergibt sich aus den hier dargestellten Ergebnissen? Unsere Studie legt den Fokus auf die Beschreibung der Entwicklung am österreichischen Arbeitsmarkt und deren Einbindung in gesamtgesellschaftliche Zusam-menhänge. Worüber wir allerdings noch wenig wissen ist, was es konkret bedeutet, mit einem Einkommen unter der Niedriglohngrenze auskommen zu müssen. Welche Folgen resultieren für die Betroffenen im alltäglichen Leben? Welche Einschränkungen werden in den einzelnen Teilbereichen des sozialen Lebens getroffen? Welche Familienmitglie-der sind besonders von den Einschnitten betroffen? Ein weiterer Themenbereich spannt

15 Ergänzend ist hier auf die niedrige und zuletzt sinkende Erwerbsquote von Personen mit Migra-tionshintergrund hinzuweisen (65 %, Einheimische: 73 %). Dieser Rückgang der Beschäftigung könnte u. U. als eine „positive Selektion“ am Arbeitsmarkt interpretiert werden, hinter der sich möglicherweise auch informelle, tendenziell prekäre Arbeitsverhältnisse verstecken – vgl. Sta-tistik Austria 2012; OECD 2004.

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sich um die Frage auf, wie es gelingen kann, aus Niedriglohnbeschäftigung wieder auszu-steigen. Welche Strategien braucht es hierfür? Bieten bestimmte Branchen dafür bessere Bedingungen als andere? Welche Rolle spielen Berufserfahrung oder spezielle Quali-fikationen von Beschäftigten? Kann ein solcher Ausstieg innerhalb einer Firma (z. B. durch Arbeitsplatzwechsel) gelingen oder ist dafür zwischenbetriebliche Mobilität nötig? Schwerpunkte weiterführender Studien könnten in diesen Bereichen der Auswirkungen von Niedriglohn und der Analyse möglicher individueller Bewältigungsstrategien liegen. Wir hoffen, mit der vorliegenden Studie dazu möglicherweise einige Anregungen gelie-fert zu haben.

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Mag.a Nina-Sophie Fritsch ist Doktoratsstudentin und Universitätsassistentin (Prae-doc), am Ins-titut für Soziologie der Universität Wien. Forschungsschwerpunkte: Arbeitsmarkt, Armut, soziale Ungleichheit, Genderungleichheiten.

Mag. Roland Teitzer ist Stipendiat der österreichischen Akademie der Wissenschaften (DOC) am Institut für Soziologie der Universität Wien. Forschungsschwerpunkte: Arbeitsmarktflexibili-sierung, soziale Ungleichheit, Demokratie, statistische Methoden.

Univ.-Prof. Dr. Roland Verwiebe ist Universitätsprofessor für Sozialstrukturforschung und quantitative Methoden am Institut für Soziologie der Universität Wien. Forschungsschwerpunkte: Ungleichheit, Europäisierung, Arbeitsmarkt, Migration.


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