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Arbeits- und Umweltschutz bei Korrosionsschutzarbeiten...cyanate (MDI = Diphenylmethan-diisocyanat)....

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Mitteilungsblatt der Bundesanstalt für Wasserbau Nr. 83 (2001) 73 Arbeits- und Umweltschutz bei Korrosionsschutzarbeiten ORR DR. GÜNTER BINDER, BUNDESANSTALT FÜR WASSERBAU Zusammenfassung In der Vergangenheit wurden für den Korrosionsschutz im Stahlwasserbau überwiegend teerhaltige Produkte eingesetzt. Diese wurden zum Teil mit Faserstoffen in ihren Eigenschaften verbessert. Mittlerweile sind Teere wegen ihrer hohen Konzentrationen an Polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAKs), wie auch Asbestfasern, als krebserzeugend eingestuft. Bei übli- chen Entschichtungsmaßnahmen, wie z.B. Druckluft- strahlen, werden diese freigesetzt. Dementsprechend sind Belange des Arbeits- und Umweltschutzes zu be- rücksichtigen. Umfangreiche Messungen bei Entschichtungsmaßnah- men haben gezeigt, dass bei Wasserzugabe (Feucht- bzw. Nassstrahlen) sowie Hochdruckwasserstrahlen die Freisetzung von Asbestfasern und PAKs deutlich redu- ziert wird und somit die Sicherheitsmaßnahmen verrin- gert werden können. Die ersten positiven Erfahrungen bezüglich der PAK-Emission liegen zwischenzeitlich für Rotations-Höchstdruckwasserstrahlen mit Strahlgut- absaugung vor. Mittels Beizen und induktivem Erwärmen wird die Emis- sion der krebserzeugenden Stoffe vernachlässigbar gering. Allerdings ist bei Anwendung derartiger Verfah- ren ein Nacharbeiten der Oberfläche zur Erzielung des Normreinheitsgrades Sa 2 ½ erforderlich. Die höchste Freisetzung an Fasern und PAKs entsteht beim Luft- druckstrahlen. Hier sind die umfangreichsten Schutz- maßnahmen einzukalkulieren. Bei Reparaturmaßnahmen sind höchste Emissionen durch Schleifen und Schneidbrennen zu erwarten. Nadelhämmern führte zu uneinheitlichen Resultaten. Grundsätzlich empfiehlt sich hierbei, die betreffenden Flächen vorzubehandeln – z.B. mittels Abstoßen oder Beizen. Für derartige Kleinmaßnahmen sind auch Aus- nahmegenehmigungen möglich, wenn die Gesamtheit der Emissionen gering gehalten wird. 1. Einleitung Baustahl, welcher der Atmosphäre oder dem Wasser ausgesetzt wird, korrodiert. Stahlwasserbauten müssen deshalb vor Korrosion geschützt werden. Die vielfälti- gen Beanspruchungen der Bauwerke durch Betrieb und einwirkende Medien stellen besondere Anforderungen an die Korrosionsschutzstoffe. Beschichtungsstoffe für den Stahlwasserbau müssen diesen Beanspruchungen standhalten und müssen nahezu allen Anforderungen des Korrosionsschutzes genügen. Gewöhnlich werden Stoffe, über gezielte Anordnung von Schichten zu Sys- temen geformt. Die Stoffe bestehen aus Bindemitteln (meist Polymere), Füllstoffe, Pigmente, Lösemittel und Additiven. In der Vergangenheit wurden ausschließlich Steinkohleteerpeche oder Kombinationen davon als Kor- rosionsschutzstoffe eingesetzt (Bild 1). Steinkohleteer- peche hatten dabei, neben dem Preisvorteil, verschie- dene weitere positive Eigenschaften, wie z.B. einfache Verarbeitbarkeit, hohe Zähigkeit, Hydrophobie und gute Mischbarkeit mit Bindemitteln. Später wurden deshalb vor allem Teerepoxide (Ep-T) und Polyurethan-Teere (PUR-T) eingesetzt. Zur Verbesserung der Eigenschaf- ten reiner Steinkohleteerpechanstriche wurden, sozu- sagen als innere Bewehrung, Asbestfasern zugesetzt. Der Anteil lag gewöhnlich zwischen 5 und 20 M-%. Da- neben wurden diese mineralischen Fasern als Thixo- tropierungsmittel, mit geringeren Anteilen (< 1 M-%), zur Erzielung höherer Schichtdicken zugesetzt. Sowohl Steinkohleteerpeche (wegen der Anteile an Polycycli- schen Aromatischen Kohlenwasserstoffen, PAK) als auch Asbestfasern sind mittlerweile als gesundheitsge- fährdend und krebserzeugend eingestuft. Besonders kritisch ist deshalb die Situation während der Entschich- tung von Altanstrichen, wenn Asbestfasern und PAKs freigesetzt werden. Bild 1: Stoffentwicklung der letzten Jahrzehnte
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Mitteilungsblatt der Bundesanstalt für Wasserbau Nr. 83 (2001) 73

Arbeits- und Umweltschutz bei Korrosionsschutzarbeiten

ORR DR. GÜNTER BINDER, BUNDESANSTALT FÜR WASSERBAU

Zusammenfassung

In der Vergangenheit wurden für den Korrosionsschutzim Stahlwasserbau überwiegend teerhaltige Produkteeingesetzt. Diese wurden zum Teil mit Faserstoffen inihren Eigenschaften verbessert. Mittlerweile sind Teerewegen ihrer hohen Konzentrationen an PolyzyklischenAromatischen Kohlenwasserstoffen (PAKs), wie auchAsbestfasern, als krebserzeugend eingestuft. Bei übli-chen Entschichtungsmaßnahmen, wie z.B. Druckluft-strahlen, werden diese freigesetzt. Dementsprechendsind Belange des Arbeits- und Umweltschutzes zu be-rücksichtigen.

Umfangreiche Messungen bei Entschichtungsmaßnah-men haben gezeigt, dass bei Wasserzugabe (Feucht-bzw. Nassstrahlen) sowie Hochdruckwasserstrahlen dieFreisetzung von Asbestfasern und PAKs deutlich redu-ziert wird und somit die Sicherheitsmaßnahmen verrin-gert werden können. Die ersten positiven Erfahrungenbezüglich der PAK-Emission liegen zwischenzeitlich fürRotations-Höchstdruckwasserstrahlen mit Strahlgut-absaugung vor.

Mittels Beizen und induktivem Erwärmen wird die Emis-sion der krebserzeugenden Stoffe vernachlässigbargering. Allerdings ist bei Anwendung derartiger Verfah-ren ein Nacharbeiten der Oberfläche zur Erzielung desNormreinheitsgrades Sa 2 ½ erforderlich. Die höchsteFreisetzung an Fasern und PAKs entsteht beim Luft-druckstrahlen. Hier sind die umfangreichsten Schutz-maßnahmen einzukalkulieren.

Bei Reparaturmaßnahmen sind höchste Emissionendurch Schleifen und Schneidbrennen zu erwarten.Nadelhämmern führte zu uneinheitlichen Resultaten.Grundsätzlich empfiehlt sich hierbei, die betreffendenFlächen vorzubehandeln – z.B. mittels Abstoßen oderBeizen. Für derartige Kleinmaßnahmen sind auch Aus-nahmegenehmigungen möglich, wenn die Gesamtheitder Emissionen gering gehalten wird.

1. Einleitung

Baustahl, welcher der Atmosphäre oder dem Wasserausgesetzt wird, korrodiert. Stahlwasserbauten müssendeshalb vor Korrosion geschützt werden. Die vielfälti-gen Beanspruchungen der Bauwerke durch Betrieb undeinwirkende Medien stellen besondere Anforderungenan die Korrosionsschutzstoffe. Beschichtungsstoffe fürden Stahlwasserbau müssen diesen Beanspruchungen

standhalten und müssen nahezu allen Anforderungendes Korrosionsschutzes genügen. Gewöhnlich werdenStoffe, über gezielte Anordnung von Schichten zu Sys-temen geformt. Die Stoffe bestehen aus Bindemitteln(meist Polymere), Füllstoffe, Pigmente, Lösemittel undAdditiven. In der Vergangenheit wurden ausschließlichSteinkohleteerpeche oder Kombinationen davon als Kor-rosionsschutzstoffe eingesetzt (Bild 1). Steinkohleteer-peche hatten dabei, neben dem Preisvorteil, verschie-dene weitere positive Eigenschaften, wie z.B. einfacheVerarbeitbarkeit, hohe Zähigkeit, Hydrophobie und guteMischbarkeit mit Bindemitteln. Später wurden deshalbvor allem Teerepoxide (Ep-T) und Polyurethan-Teere(PUR-T) eingesetzt. Zur Verbesserung der Eigenschaf-ten reiner Steinkohleteerpechanstriche wurden, sozu-sagen als innere Bewehrung, Asbestfasern zugesetzt.Der Anteil lag gewöhnlich zwischen 5 und 20 M-%. Da-neben wurden diese mineralischen Fasern als Thixo-tropierungsmittel, mit geringeren Anteilen (< 1 M-%), zurErzielung höherer Schichtdicken zugesetzt. SowohlSteinkohleteerpeche (wegen der Anteile an Polycycli-schen Aromatischen Kohlenwasserstoffen, PAK) alsauch Asbestfasern sind mittlerweile als gesundheitsge-fährdend und krebserzeugend eingestuft. Besonderskritisch ist deshalb die Situation während der Entschich-tung von Altanstrichen, wenn Asbestfasern und PAKsfreigesetzt werden.

Bild 1: Stoffentwicklung der letzten Jahrzehnte

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2. GesundheitsgefährdendeBeimengungen in Korrosions-schutzstoffen

Grundsätzlich sind Anstrichstoffe aus spezifischen Stof-fen aufgebaut, welche generell belastend für die Verar-beiter und die Umwelt sind. Asbest und PAKs sind alsbesonders gefährliche krebserzeugende Gefahrstoffeeingestuft. Nach § 15a der Gefahrstoffverordnung(GefStoffV) dürfen Beschäftigte diesen Stoffen grund-

sätzlich nicht ausgesetzt werden (Expositionsverbot).Darüber hinaus darf entsprechend Anhang IV Nr. 1 derGefStoffV mit Materialien mit mehr als 0,1 M-% Asbestnicht umgegangen werden (Verwendungsverbot). Aus-nahmen für sogenannte ASI-Arbeiten (Abruch, Sanie-rung, Instandsetzung) sind in der TRGS (TechnischeRichtlinie Gefahrstoffe) 519 geregelt. Diese ist anzuwen-den, soweit die Einhaltung des Verbotes nach dem Standder Technik nicht möglich ist.

Bild 2: PAK-Verteilung von teerhaltigen Produkten

Tabelle 1: Toxische Komponenten und ihr Ersatz

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2.1 Schädliche Anteile inBeschichtungsstoffen

In Tabelle 1 sind Hauptanteile und Beimengungen vonBeschichtungsstoffen aufgelistet. Dabei ist von verschie-denen Stufen der Gefährdung auszugehen. Zunächstsind bei der Applikation freiwerdende organische Löse-mittel, welche z.T. in Verdacht stehen krebserzeugendzu sein, zu beachten. Diese werden überwiegend auchwährend des Aushärtevorgangs auf Grund ihrer leich-ten Verdampfbarkeit freigesetzt.

Gefährlich im nassen, nicht ausgehärteten Zustand (alsowährend der Verarbeitung) sind vor allem freie Iso-cyanate (MDI = Diphenylmethan-diisocyanat). Da dieseallerdings chemisch sehr schnell reagieren, sind sie nurim Augenblick des Sprühvorgangs hinsichtlich des Ar-beitsschutzes zu berücksichtigen. Darüber hinaus sindnoch niedrigmolekulare Epoxidgruppen (< 500) wegender Hautresorption sowie Amine als gesundheitsschäd-lich anzuführen. Dies gilt selbstverständlich auch fürTeerpeche, mit langwieriger Ausdampfung von Pheno-len und PAKs.

Eine weitere Stufe der Gefährdung für Arbeiter undUmwelt tritt bei Entschichtungsmaßnahmen ein. Hier-bei werden, hauptsächlich durch den Vorgang der Zer-kleinerung, bei abrasivem Abtrag, viele Beschichtungs-stoffanteile wieder freigesetzt. Dies trifft zunächst für allegiftigen anorganischen (Schutz) Pigmente zu. Die ge-fährlichsten Pigmente sind mittlerweile ersetzt (Tabelle1), bzw. im Stahlwasserbau selten eingesetzt worden(z.B. Chromate und Bleiverbindungen).

2.2 Steinkohlenteere und Teerersatz-stoffe

Verwendungs- und Expositionsverbot krebserzeugen-der Stoffe haben u.a. dazu geführt, dass die einzuset-zenden Steinkohleteerpeche modifiziert worden sind:Durch verfahrenstechnische Maßnahmen (z.B. Destilla-tion) beim Hersteller konnte der PAK-Anteil reduziertwerden (Bild 2). Der eingeführte Grenzwert von 50 mg/kg bezog sich auf das Leitmolekül der PAKs, dem Ben-zo(a)pyren (BaP). Diese modifizierten Teerkomponentenauf Basis von Anthrazenöl unterschritten diesen Grenz-wert und waren somit nicht mehr als krebserzeugendeingestuft. Sie wurden mit der Bezeichnung Teerersatz-stoffe (TE) eingeführt. Gleichzeitig wurden diese Pro-dukte wiederum durch sogenannte (synthetische)Kohlenwasserstoffharze (CH) ersetzt. Diese sind alspetrochemische Produkte nicht mehr steinkohleteer-pechstämmig und gänzlich frei an PAKs. In der Listeder geprüften Stoffe der Bundesanstalt für Wasserbau[1] sind generell keine „kennzeichnungspflichtigen“ Stof-fe, davon wenige TE-Produkte, und überwiegend Kom-binationen mit CH-Harzen vertreten.

Der Umgang mit teerhaltigen Stoffen ist unter anderemin der Technischen Richtlinie für Gefahrstoffe fürPyrolyseprodukte (TRGS 551) beschrieben [2]. Im Un-terschied zum ölstämmigen Bitumen enthalten Stein-kohlenteere hohe Konzentrationen (ca. 250.000 mg/kg)PAKs (Bild 3), welche in verschiedener Hinsicht als ge-fährlich einzustufen sind [3]. Der TRK-Wert liegt ent-sprechend bei 2 µg/m3.

2.3 Asbestfasern

Faserstoffe natürlicher Silikate, wie z.B. das Asbest(griech. asbestos = das Unbrennbare), waren in der Ver-gangenheit beliebte Rohstoffe, u.a. als Zusatz von Bau-materialien. Verschiedene Formen von Lungenkrank-heiten (Asbestose, Pleura, Lungenkrebs; Bild 4) warenbereits früher bekannt geworden: Auf Grund des lan-gen Zeitraumes bis zum Ausbruch der Krankheit (ca.20 Jahre) ist die Ursache oftmals schwer nachvollzieh-bar.

Bild 4: Asbestnadel im Lungengewebe, umgeben vonMakrophagen

Bild 3: Struktur von Bezo(a)pyren

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In der Bundesrepublik Deutschland wurde das Asbest-verbot für Beschichtungsstoffe erst 1980 durchgesetzt[4]. Das Verbot der Verwendung und der Exposition giltentsprechend der GeStoffV. Einsatz bzw. Umgang mitkrebserzeugenden Stoffen ist bei der zuständigen Lan-desbehörde anzuzeigen. Für Arbeitskräfte im öffentli-chen Bereich gilt, dass eine Berührung mit krebserzeu-genden Stoffen eine lebenslange medizinische Unter-suchung diesbezüglich zur Folge hat. Verschiedene Vor-schriften und Richtlinien sind in der Zwischenzeit ge-schaffen worden, um den Umgang mit asbesthaltigenStoffen im Bereich des Bauwesens zu regeln. Die ASI-Arbeiten (Abbruch-, Sanierungs- und Instandsetzungs-arbeiten) stellen grundsätzlich die Ausnahmen des Expo-sitionsverbots dar. Daher ist, auf Grundlage der TRGS519 [5, 6], der Stand der Technik z.B. für Entschich-tungsmaßnahmen, durch Einsatz und Auswertung neu-er, innovativer Verfahren ständig zu verbessern.

Für die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) wur-de das Asbestproblem nach dem Bekanntwerden vonMessungen der Faserfreisetzung bei Korrosionsschutz-arbeiten offenkundig: Beim Trockenstrahlen eines mitTeerpech (Inertol 82) beschichteten Wehrkörpers inDingolfing (Bayerische Wasserkraftwerke) im Jahre1994 wurden sechs Millionen Asbestfasern pro Raum-meter Luft nachgewiesen! Außerhalb der Abplanungwaren noch bis zu einer Million Fasern/m3 messbar.Faserfreisetzungen in diesen Konzentrationen erfordernbesondere Aufwendungen hinsichtlich des Arbeits- undUmweltschutzes. Dieser Umstand, wie auch die Nicht-berücksichtigung von abrasiven Verfahren in den gel-tenden Richtlinien, hat letztlich die Erstellung des Merk-blattes für die Entschichtung asbesthaltiger Altanstrichim Stahlwasserbau der Wasser- und Schifffahrts-verwaltung (WSV) [7] notwendig gemacht.

3. Bestimmung und Nachweis vonTeer und Asbestfasern

Die eindeutige Bestimmung von Teer und Asbest in Alt-beschichtungen ist in letzter Zeit offenkundig zum Pro-blem geworden, nachdem nach Abschluss von Ent-schichtungsarbeiten vom Ausführenden Nachforderun-gen wegen Asbestverunreinigungen gestellt wordensind. Die Arbeiten waren unter der Voraussetzung einerAsbestfreiheit mit entsprechend geringen Sicherheits-maßnahmen durchgeführt worden, da eine Vorabana-lyse Asbestfreiheit im Beschichtungsstoff diagnostizierthatte.

3.1 Korrosionsschutzdatei der WSV undListe der asbesthaltigen Stoffe

Mit Erlass vom Juli 1987 wurde vom Bundesministeri-um für Verkehr (BMV; heute: BMVBW) die Verpflich-tung zur zentralen Führung einer Korrosionsschutzdateieingeführt. Dabei werden Beschichtungsmaßnahmen

bauteilbezogen von den zuständigen Wasser- undSchifffahrtsämtern (WSÄ) in vorformulierten Karteikar-ten eintragen. Hierbei ist, neben dem Zeitraum derDurchführung der Arbeiten, u.a. auch der Systemauf-bau, die Produktbezeichung und die Stoffcharakteristikaufzulisten. Diese Daten werden bei der BAW zentralgeführt und können zur Suche bzw. Auswertung heran-gezogen werden.

Da die Füllstoffe (u.a. Asbestfasern) von Beschichtungs-materialien gewöhnlich nicht aufgelistet sind, kann dasSuchergebnis lediglich eine Prognose darstellen, wel-che sich derart untergliedern lassen:

- Teerhaltiger Stoff (mit ca. 50 % Wahrscheinlichkeitasbesthaltig)

- Teerhaltiger Stoff, vor 1982 verarbeitet (mit ca. 90 %Wahrscheinlichkeit asbesthaltig)

Ist die Produktbezeichnung zudem eindeutig bekanntund in Übereinstimmung mit Stoffen der Liste der bis-her bekannten asbesthaltigen Beschichtungsstoffe (An-lage 1 in [7]), so muss mit etwa 99-%iger Wahrschein-lichkeit von einer Asbestverunreinigung ausgegangenwerden.

Bild 5: Faseridentifikation mittels REM (oben)und EDX (unten)

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3.2 Analytischer Nachweis von Asbest

Der Nachweis von Asbestfasern erfolgt am besten miteinem kombinierten Messverfahren aus Rasterelektro-nenmikroskop (REM) und Energiedispersiven Röntgen-fluoreszenzanalyse (EDX). Mit Ersterem kann die Faser-form (Durchmesser < 3 µm; Länge > 5 µm) nachgewie-sen werden. Zur Absicherung des Mikroskopbildes istzusätzlich eine (qualitative) Bestimmung der chemi-schen Zusammensetzung mittels EDX durchzuführen(Bild 5). Das Verfahren ist sowohl in den VDI-Richtlini-en 3866, Blatt 1 (Feststoffe), als auch in der ZH 1/120.46beschrieben. Weitere Bestimmungsverfahren sind inZH1/120.30 (Infrarotspektroskopische Verfahren) undZH1/120.31 (Phasenkontrastlichtmikroskopie Methode)beschrieben. Beide Methoden stellen allerdings spezi-elle Anforderungen an die Kenntnisse des Analytikersund sind im Allgemeinen nicht zu empfehlen. Die Un-tersuchungen sollen bei zugelassenen Labors (Anlage2 in [7]) durchgeführt werden.

Unter dem Begriff Asbest sind faserförmige, gesteins-bildende Minerale zusammengefasst, die auf Grund ih-rer unterschiedlichen geologischen Entstehungsge-schichte bzw. Vorkommens verschiedenen Silikatgrup-pen zugeordnet werden können (Tabelle 2).

Bei den hauptsächlich eingesetzten Fasern (Weißasbestund Blauasbest) wird im Wesentlichen Silizium (Si),Magnesium (Mg) und Eisen (Fe) bei der EDX-Analysefestzustellen sein. Um Verwechslungen mit anderenSilikaten mit ähnlichem Chemismus (z.B. Glimmer) zuvermeiden, muss die Faserform bestimmt werden.Weitere Elemente, wie z.B. Platin (Pt) oder Gold (Au),stammen vom Bedampfungsmaterial und sind somitnicht dem silikatischen Füllstoff zuzuordnen.

Die Probennahme sollte zunächst gemeinsam von Auf-traggeber (AG) und Labor durchgeführt werden. Dabeigenügen pfenniggroße Beschichtungsstoffplättchen. UmFasern zu erkennen, müssen die Probeplättchen gege-benenfalls zweimal senkrecht zueinander angebrochenund untersucht werden. Da Fasern sich beim Anstrei-chen ausrichten, sind die Fasern am besten an Bruch-flächen senkrecht zur Einlagerungsrichtung zu erken-nen. Sind keine positiven Befunde am zu entschich-tenden Bauteil zu registrieren, so sollte dennoch sicher-heitshalber eine Gesamtprobe, bestehend aus allenEinzelproben, zusätzlich untersucht werden. Dabei musszur besseren Erkennbarkeit der mineralischen Füllstoffe,insbesondere Asbestfasern, die Teermatrix entfernt wer-den. Dies ist durch das sogenannte Kaltveraschen zuerreichen. In keinem Fall darf die Probe nennenswert(z.B. auf 500 °C und darüber) erhitzt werden, da sichdie Asbestfasern strukturell verändern, bzw. umgewan-

Tabelle 2: Liste der gesteinsbildenden Asbestminerale

Bild 6b: Asbestfasern in Umgebung anderer SilikateBild 6a: Schichtsilikat (Glimmer) , Asbest vortäuschend

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delt werden können [8]. Unsicherheiten ergeben sichdurch vorhandene Schichtsilikate, welche im AnschnittSpaltbarkeiten wie Faserminerale zeigen und zudemnoch einen identischen Chemismus zu Asbest aufwei-sen können. Darüber hinaus können auch (unschädli-che) Kunststofffasern eine Morphologie wie Asbestfa-sern aufweisen (Bilder 6a, b und c).

3.3 Analytischer Nachweis von Teer

Eine grundsätzliche Möglichkeit bietet auch hierzu dieKorrosionsschutzdatei. Die Sicherheit der Aussage er-höht sich bei Kenntnis des Produktnamens und desApplikationszeitraumes.

Teer kann zunächst visuell (schwarzer Farbton; Teer-epoxide können auch rot eingefärbt sein!) und organo-leptisch (Phenol- bzw. Naphtalingeruch) bestimmt wer-den. Darüber hinaus gibt es Farb- und Auflösungsreak-tionen beim Erhitzen in Aceton. Diese Verfahren sindallerdings unsicher.

Im Labor lassen sich PAKs mit verschieden Methodender organischen Analytik nachweisen. Die bedeutends-ten sind dabei die Flüssigkeits- bzw. Dünnschichtchro-matographie, bzw. die Kombination Gaschromatogra-phie mit Massenspektrometer (GC-MS) zur quantitati-ven Bestimmung. Die Infrarotspektroskopie (IR) nutzt

sogenannte Absorptionsbanden, hervorgerufen durchdie gesuchten Moleküle, zum Nachweis. Mit modernenMesszusätzen ist es möglich, die Probe direkt, ohneVorbereitung zu messen. Im Straßenbau wurde eineMethode zum Einsatz vor Ort entwickelt, in welcher dieFluoreszenz von PAKs bei UV-Lichteinwirkung zur Iden-tifikation genutzt wird [8].

3.4 Raumluftmessungen

Diese sind dann erforderlich, wenn Arbeiten an teer- undasbesthaltigen Materialien stattfinden. Der Nachweislungengängiger Fasern erfolgt messtechnisch entspre-chend den im Kapitel 3.2 erläuterten Verfahren. ZurRaumluftmessung muss lediglich eine Probennahmevorgeschaltet werden. Diese erfolgt an einem gold-bedampften Metallfilter, auf welchem, mit Hilfe einerPumpe, die in der Luft befindlichen Partikel angesaugtund abgelagert werden. Durch Bestimmung der Proben-nahmezeit und des Luftdurchsatzes pro Zeiteinheit kannauf das angesaugte Luftvolumen geschlossen werden.Edelmetallfilter und Probegut werden anschließend imLabor einer Kaltveraschung unterzogen, sodass nurnoch anorganische Stoffe (Füllstoffe, Strahlmittel) übrig-bleiben. Nun können unter dem REM die Fasern aus-gezählt und auf den Raummeter Luft umgerechnet wer-den. Hinsichtlich der Lungengängigkeit ist zur erwähn-ten Geometrie noch das Längen-/Durchmesserver-hältnis (> 3:1) zu beachten (s. VDI-Richtlinien 3492, Teil1(Raumluftmessungen) bzw. ZH1/120.46).

Der Nachweis an PAKs erfolgt prinzipiell nach den obenangeführten Verfahren. Für Messungen während lau-fender Entschichtungsmaßnahmen muss eine Proben-nahme vorgeschaltet werden. Hier wird ebenfalls miteiner Pumpe Raumluft angesaugt. Die flüchtigen PAKswerden dabei mit einem Sorptionsmittel festgehalten undanschließend für die Analytik eluiert.

4. Entschichtungsverfahren

Entscheidend für den Arbeits- und Umweltschutz ist dasVermeiden der Freisetzung krebserzeugender Stoffebzw. den entsprechenden Schutz vor Asbest und Teer.

Tabelle 3: Kategorien der ASI*-Arbeiten

Bild 6c: Kunststofffasern, Asbest vortäuschend

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Grundsätzlich ist gemäß den Regelwerken eine zerstö-rende oder abrasive Bearbeitung von asbesthaltigenBaumaterialien nicht vorgesehen. Aus einem „fest ge-bundenen Asbestprodukt“ wird dabei ein „schwach ge-bundenes Asbestprodukt“. Für derartige Ausnahmefäl-le gilt die TRGS 519. Hier werden u.a. die Kategoriender erlaubten Faserfreisetzung festgelegt. Arbeiten sindnur unter Einhaltung der jeweiligen Schutzbedingungenmöglich (für Asbest gibt es keine Technische Richtlini-en Konzentration (TRK), bzw. ist diese 0 Fasern/m3!).Die GefStoffV (§3(9)) weist auch deutlich auf die Anwen-dung „fortschrittlicher Verfahren“ hin, um den Schutz derBeschäftigten sicherzustellen (vgl. Tabelle 3).

Darüber hinausgehende Hygienemaßnahmen, z.B.Trennung in Schwarz-Weiß-Bereiche, Duschen, etc.sind zu berücksichtigen (s. TRGS 519).

Ist der Arbeitsschutz eingehalten, so sind natürlich auchdie Grenzwerte der Emission (obere Poissonschranke:1000 Fasern/m3) zu erfüllen. Dies ist nur mit einer ent-sprechenden Einhausung zu gewährleisten. Darüberhinaus darf auch bei der sog. Freigabemessung, nachBeendigung eines Entschichtungsvorganges, dieseNachweisgrenze bei der Faserbestimmung nicht über-schritten werden!

4.1 Trockenstrahlen

Beim herkömmlichen Druckluftstrahlen mit üblichenStrahlmitteln wird die Teer- bzw. Teerepoxidmatrix wei-testgehend zerkleinert und die Füllstoffe bzw. Asbestfa-sern vollkommen freigesetzt. Bei diesem Entschich-tungsverfahren werden Millionen von Fasern pro Raum-meter Luft freigesetzt und der BaP-Grenzwert ebenfallsum ein Vielfaches überschritten (s. [7], Anlage 6). Der

Arbeitsschutz ist dadurch nicht mehr einzuhalten. Darü-ber hinaus bedarf es enormen Aufwand um eine Strahl-halle bzw. Einhausung staubdicht zu gestalten, um dieEmissionsgrenzwerte einzuhalten. Zusätzlicher Aufwandentsteht zur Reinigung der Strahlhalle nach Abschlussder Arbeiten, damit die Grenzwerte der erforderlichen„Erfolgs- bzw. Freigabemessung“ eingehalten werdenkönnen.

4.2 Nass- bzw. Feuchtstrahlen

Hierunter werden Arbeiten mit Strahlmittel unter Zusatzvon Wasser verstanden. Das Strahlmittel kann dabeiüblicherweise sog. Kupfer- oder Eisenhüttenschlacke(jeweils Erstarrungsgläser) sein, oder auch Korund(Al2O3) und Granat (Inselsilikat), welche sich gut fürMehrwegverfahren eignen. Der Wasseranteil wird aufca. 5 M-% (Feuchtstrahlen) oder auf ca. 95 M-% (Nass-strahlen) eingestellt. Durch die Anwesenheit von Was-ser werden die beim abrasivem Abtrag freigesetztenstaubförmigen Teilchen und Partikel an die Strahlmitteladsorbtiv gebunden und mit zu Boden gerissen. Darü-ber hinaus werden freigesetzte, gasförmige Moleküle(PAKs) als Schleier zu Boden gedrückt. Der Strahldruckan der Düse liegt im Bereich von 9 bis 13 bar.

Die Messresultate bei bisher durchgeführten Arbeitenbestätigen die deutlich reduzierten Emissionswerte,sowohl für Asbest (Bild 7a) wie auch für BaP (Bild 7b).Die Durchführungen bei verschiedenen WSÄ könnenals erfolgreich bezeichnet werden. Vor allem die Reini-gung und das Erreichen der Freigabe war jeweils un-problematisch (auf gute Bodenabdichtung ist zu ach-ten!). Die Leistung (m2/h) war zufriedenstellend. DieGesamtkosten betragen etwa das 1,5 bis 2fache bishe-riger Entschichtungsmaßnahmen.

Bild 7a: Freisetzung von Asbestfasern beiStrahlverfahren

Bild 7b: Freisetzung von BaP bei Strahlverfahren

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4.3 Druckwasserstrahlen

Hierunter werden prinzipiell alle Verfahren subsummiert,für die ausschließlich Wasser als „Strahlmittel“ einge-setzt wird. Per Definition kann zwischen

- Niederdruckwasserstrahlen (< 700 bar)- Hochdruckwasserstrahlen (700 bis 1400 bar) und- Höchstdruckwasserstrahlen (> 1400 bar)

unterschieden werden.

Bei bisherigen Arbeiten wurden Drücke von 2000 bis2400 bar eingestellt (bei 850 bis 1200 bar wurde auchStrahlmittel zugesetzt). Die bisherigen Erfahrungen sindäußerst unterschiedlich. Zum Teil wurden von sehr ho-hen Arbeitsleistungen (bis 25 m2/h) berichtet und sehrgeringe Faserfreisetzung gemessen (häufig unter15.000 F/m2). Daneben liegen aber Messergebnisse vonmehr als 150.000 F/m2 vor. Gleiches gilt für die Freiset-zung von BaP, wobei die Konzentrationen teilweise un-ter dem Grenzwert (2µg/m³) liegen, zum Teil aber auchdarüber. Ein unmittelbarer Vergleich an derselben Be-schichtung eines Bauwerks (Wehranlage Regensburg)zeigt allerdings deutlich, dass bei Einsatz von Wassersowohl der PAK- als auch der Asbestfasergehalt in derRaumluft eindeutig abnimmt (Bild 7).

Kürzlich ist ein Höchstdruckwasserstrahlverfahren (3000bar) mit rotierenden Düsen mit integriertem Saugkopf(Fa. Hammelmann, Dortmund) erfolgreich getestet wor-den (PAK ~ 0,5 µg/m³, Flächenleistung ca. 7 m²/h).

Wie beim Feucht- bzw. Nassstrahlen muss davon aus-gegangen werden, dass zur Herstellung einer geeigne-ten Oberfläche mit Normreinheitsgrad Sa 2 ½, trockennachgestrahlt werden muss. Bei derartiger Nacharbei-tung wurde eine PAK-Konzentration von 0,36 µg/m³gemessen.

4.4 Sonstige Strahlverfahren

Kryoverfahren

Hierbei wird gasförmiges CO2 verdichtet, bzw. abgekühlt(unter -78 oC), dass es eine feste Form annimmt. Die-ses „Trockeneis“ wird als Strahlmittel mit einem Druckvon ca. 20 bar eingesetzt (Cold-Jet-Verfahren). Die Wir-kung ist allerdings weniger abrasiv zu sehen, sondernals Temperaturschockeffekt am Beschichtungsstoff,welcher ob der großen auftretenden inneren Spannun-gen zerbricht. Die Temperaturabsenkung hat allerdingszur Folge, dass am Bauteil sofortige Kondensatbildungmit Flugrostbildung auftritt. Der gerätetechnische undenergetische Aufwand ist gleichzeitig beträchtlich unddie Flächenleistung gering. Zudem sublimiert das Tro-ckeneis und wird als CO2 emittiert. Die gemessene PAK-und Faserfreisetzung ist extrem hoch, und liegt im Be-reich des Trockenstrahlens (Bild 7).

Saugkopfverfahren

Hier wird mit üblichen Strahlmitteln trocken gestrahlt,welche allerdings beim Rückprall mit dem entschich-tenden Stoff sofort wieder aufgefangen („eingesaugt“)werden. Damit lassen sich die Emissionen der krebser-zeugenden Stoffe auf unter 10 % relativ herabsetzen[9]. Exakte Emissionsmessungen liegen nicht vor.

4.5 Induktives Entschichten

Durch Einbringen von induktivem Strom mittels beweg-licher Induktionsspule („Induwä“-Verfahren, s. [9, 10]),kombiniert mit einer Spachtel, werden Wirbelströmeerzeugt, welche die Stahloberfläche und damit denBeschichtungsstoff erwärmen (ca. 150 oC). Kontroll-messungen bei Entschichtungsverfahren konnten kei-ne Faserfreisetzung nachweisen. Die gemessenen PAK-Konzentrationen lagen zwischen < 0,3 und 2,5 µg/m3.Das Verfahren eignet sich vorrangig bei feingliedrigenBauteilen, kann aber auch bei großen Flächen effizienteingesetzt werden (Bild 8). Zur Erzielung des Norm-reinheitsgrades Sa 2 ½ ist ein Nachstrahlen erforder-lich.

4.6 Beizen

Hier liegen unterschiedlichste Erfahrungen vor. Im Prin-zip lassen sich sowohl Teerpeche wie auch Teerepoxide,selbst mit methylenchlorid- bzw. FCKW-freien Beizmit-teln entschichten [11]. Die Ausgangssituation hat sichhinsichtlich der Messresultate mittlerweile geklärt: Eswerden weder Asbestfasern noch nennenswert BaP frei-gesetzt. Das heißt, dass man nahezu ohne besonderenSicherheitsaufwand entschichten kann (Bild 9). AufGrund der hohen Schichtdicken muss das Beizmittel ge-gebenenfalls mehrmals aufgetragen und abgeschabtwerden. Diese Umstände erfordern ein gewisses Maßan Arbeitsablaufplanung, welche oftmals gescheut wird.Unter anderem muss die Paste vor Eintrocknung durch

Bild 8: Praktische Durchführung des“Induktiven Entschichtens”

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Sonneneinstrahlung geschützt werden. Darüber hinausmuss gewöhnlich mittels Druckluftstrahlen nachgearbei-tet werden. Die Erfahrung zeigt, dass neben den Ein-sparungen an Sicherheitsmaßnahmen und Ausrüstungauch die Arbeitsleistung der Entschichtungsmaßnahme,bei angepasster Planung, ausreichend hoch sein kann.

4.7 Reparaturarbeiten

Durch Nutzung und Havarien kommt es häufig zu spon-tanen Schäden, welche schnell repariert werden müs-sen. Dabei kommen vor allem übliche Hilfsgeräte desStahlbaus und Geräte zur Handentrostung zum Einsatz.Zunächst wurde bei dem Versuch festgestellt, dass beimReinigen von teerbeschichteten Bauteilen mit Nieder-druckwasserstrahlen (130 bzw. 150 bar) keine Asbest-fasern freigesetzt werden, bzw. der BaP-Grenzwert un-terschritten worden ist. Bei der Demontage von Schrau-ben war ebenfalls keine Asbestfaserfreisetzung zu re-gistrieren.

Beim Entschichten mittels Schneidbrenner werden er-wartungsgemäß hohe Konzentrationen an BaP und As-best freigesetzt (Bild 10). Die niedrige Raumluftkonzen-tration an Asbestfasern (Bild 10a, erster Messwert) istangesichts der gleichzeitig hohen BaP-Konzentrationzweifelhaft. Beim Entschichten mit Nadelhammer undSchleifmaschine wurden stark schwankende Emissio-nen an Asbestfasern und überwiegend hohe Konzen-trationen an BaPs bestimmt.

Beim Abstoßen und Abschaben von Beschichtungenwurden die Grenzwerte für BaP und Asbestfasern un-terschritten.

Zum Erhalt der Korrosionsschutzwirkung sollten nachBeendigung der Reparaturarbeiten geeignete Aus-besserungsstoffe eingesetzt werden [12].

4.8 Entsorgungsmaßnahmen

Grundsätzlich sind schwach gebundene Asbestproduktedem Abfallschlüssel 170199 gemäß EAK (EuropäischerAbfallkatalog) zugeordnet; es wird eine Zuordnung ent-sprechend 120201 angestrebt. Mehrwegstrahlmittel sindüber Sondermülldeponien zu entsorgen. Kupferschlackewird hingegen von der Fa. Brümmer, Hamburg zurück-genommen und bei der Norddeutschen Affinerie wieder-verwertet.

Stahlbauteile müssen auf entsprechendes Format ge-bracht werden (0,3 x 0,3 x < 1m), damit sie z.B. bei derFa. Siempelkamp, Krefeld, eingeschmolzen werdenkönnen. Beim Trennen mit Scheren und Höchstdruck-wasserstrahlen kann von geringen bzw. vernachlässig-baren Emissionen ausgegangen werden.

Abbeizmaterial und Beschichtungsstoffreste können derWiederverwertung durch Verbrennen zugeführt werden.

Bild 9: Entschichten mittels Beizen Bild 10a: Freisetzung von Asbestfasern beiReparaturarbeiten

Bild 10b: Freisetzung von BaP bei Reparaturarbeiten

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Bei Druckwasserstrahlen konnte bei einer Maßnahmedas Wasser soweit durch Kies- und Sandfilter gereinigtwerden, dass es in den Vorfluter geleitet werden durfte.In besonderen Fällen musste noch ein Aktivkohlefilterzur Reinigung zwischengeschaltet werden.

5. Diskussion der Ergebnisse

Umfangreiche Messungen bei Entschichtungsmaß-nahmen von asbestbelasteten Stahlbauten haben ge-zeigt, dass je nach Methode unterschiedliche Emissio-nen an Asbest und BaPs auftreten. Beim Strahlen sindgenerell Wasserzugaben dazu geeignet, Emissionenherabzusetzen. Praktisch emissionsfrei ist das Beizen.Geringe Freisetzungen entstehen beim Rotationshöchst-druckwasserstrahlen und beim induktiven Entschichten(Tabelle 4). Allerdings muss bei allen genannten Ver-fahren, zur Erzielung von Sa 2 ½, nachgearbeitet wer-den. Die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen sinddann allerdings deutlich niedriger.

Eine festzuschreibende Methode, mit allen Vorteilen, gibtes derzeit nicht. Es wird von der jeweiligen Baustelleabhängen, welche Verfahren man wählt bzw. kombiniert.

Bei Maßnahmen vor Ort mit Vollerneuerung des Korro-sionsschutzes hat sich gezeigt, dass auch hier Einhau-sungen möglich sind, mit welchen die Sicherheitsvor-schriften eingehalten werden können. Selbstverständ-lich ist der Aufwand an die Staubdichtheit und an dieHygiene („Schwarz-Weiß-Bereiche“) insgesamt hoch.

Für bewegliche Bauteile hat es sich als vorteilhaft er-wiesen, eine Strahlhalle zu installieren, in welcher z.B.sämtliche Verschlussorgane eines geographisch über-geordneten Bereichs (hier: Wasser- und Schifffahrts-direktion) abgearbeitet werden können.

Vor Beginn jeglicher Korrosionsschutzmaßnahmenmuss eindeutig die Beschaffenheit der Altbeschichtun-gen ermittelt werden. Soll der Korrosionsschutz nichtvoll erneuert werden, so kann auch mit entsprechen-den, von der BAW getesteten, Ausbesserungsstoffenein mehrjähriger Schutz gesichert werden.

6. Literatur

[1] Liste der geprüften Stoffe; jährlicher Bericht d. Bun-desanstalt für Wasserbau (Internet: www.baw.de/B/projekt/prstbs.htm; Faxabruf-Nr.: 0721/973005-20)

[2] Binder, G.: Korrosionsschutz im Stahlwasserbau -Umgang mit teerhaltigen Altbeschichtungen; BAW-Brief (1999) Nr.3, 4-6

[3] Goergens, U.: Arbeits- und Gesundheitsproblemebei der Entfernung von asbest- und/oder teerhalti-gen Altbeschichtungen; HTG Sprechtag 2000, Ko-blenz

[4] Richtlinien für die Bewertung und Sanierungschwach gebundener Asbestprodukte in Gebäu-den (Asbest-Richtlinien), Mitteilungen DeutschesInstitut f. Bautechnik, Nr. 3, 1996

[5] Umgang mit Asbest bei ASI-Arbeiten - Erläuterun-gen zur neuen TRGS 519, Hamburg 1995 (Han-sestadt Hamburg, Amt für Arbeitsschutz)

[6] Asbest: Abbruch-, Sanierungs- und Instandhal-tungsarbeiten; BIA-Verzeichnis empfohlener Ar-beitsverfahren, BIA-Handbuch, Erich Schmidt Ver-lag

[7] Merkblatt über die Entschichtung von asbest-haltigen Altanstrichen im Stahlwasserbau der WSV;Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Woh-nungswesen, Bonn 1999

[8] Binder, G.: Empfehlungen zur Voruntersuchungschadstoffbelasteter Altbeschichtungen; BAW-Brief(2000) Nr. 1, 1-3

[9] Uhlendorf, H.-J.: Umweltfreundliche Entschichtung- Vorbereitung der Oberfläche; Hansa 135 (1998)Nr. 11, 72-76

[10] Schierk, H.F.: Korrosionsschutz von Morgen für dieBausanierung heute; das Bauzentrum (1994) 3,150-155

[11] Entschichtungsversuche alter Anstriche mit um-weltfreundlichen Abbeizmitteln; Untersuchungsbe-richt; BAW, Karlsruhe 1997 (unveröff. Bericht)

[12] Binder, G.: Instandsetzungsprobleme von Be-schichtungen im Stahlwasserbau; Hansa 137(2000) April, 54-59

Tabelle 4: Orientierende Beurteilung derEntschichtungsmethoden hinsichtlichder Emissionen


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