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arbeiter und Unternehmen Flexibilität als Leitmotiv...In der Korbacher Zentrale und den 30...

Date post: 28-Mar-2021
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Flexibilität als Leitmotiv FingerHaus: Individuelle Lösungen für individuelle Familienmodelle Von Malte Glotz Frankenberg. Der Wettbewerb um die besten Köpfe, um die ge- schicktesten Handwerker ist hart. „Deshalb ist das ema Fa- milienfreundlichkeit bei uns ein sehr bedeutsames“, sagt Andrea Richter, Personalleiterin beim Frankenberger Fertighaus-Her- steller FingerHaus. Das Unter- nehmen setzt auf junge Men- schen, frisch von der Schule oder der Uni. Die will es mög- lichst lange binden – und dann spielt das ema Familienpla- nung unweigerlich in das e- ma Personalplanung hinein. Offenbar mit Erfolg geht das Unternehmen an, was anderswo noch immer als Problem ange- sehen wird. „Wir haben in den vergangenen zwei Jahrzehnten alle zurückkehrenden Mütter wieder in das Unternehmen ein- gebunden – stets individuell“, sagt Richter. Dafür setzt Finger- Haus auf einen nicht abbrechen- den Kontakt zu den Eltern: Schon während der Elternzeit gebe es regelmäßig Gespräche. Gegen Ende der Pause würde dann gezielt über mögliche Fort- bildungen gesprochen. Wer frü- her, aber sanſt wieder einsteigen möchte, kann das über eine ge- ringfügige Beschäſtigung tun. „Alles, was heute bei anderen Firmen ein ema wird, betrei- ben wir schon seit Jahren“, sagt Andrea Richter. Es sei für das Unternehmen schlicht ein Wett- bewerbsfaktor. Wie flexibel der Fertighaus- hersteller agiert, kann etwa Jens Herkommer aus Battenfeld be- richten. Als er 2012 bei Finger- Haus begann, machte er an der Hans-Viessmann-Schule noch seinen Betriebswirt. Für zwei Monate durſte er die geleisteten Stunden bei FingerHaus dafür reduzieren. „Das fand ich nicht selbstverständlich“, sagt er heu- te. Ebensowenig selbstverständ- lich: Noch während seiner Pro- bezeit ging Herkommer für sein erstes Kind in Elternzeit. Etwas mulmig sei ihm vor dem ent- scheidenden Gespräch schon gewesen, berichtet er. Doch er hat gelernt: „Es lohnt sich, auf seinen Vorgesetzten direkt zu- zugehen“. „Wir sind total flexibel, dann ist es meist eine Win-Win-Situa- tion für beide Seiten“, sagt Rich- ter. Und gerade bei der Pflege sei Flexibilität noch wichtiger: „Denn Mutterschaſt und Eltern- zeit kann man planen. Bei Pflege ist das oſt anders“, sagt Richter. Erlebt hat das Daniela Grazer. Ein plötzlicher Notfall in der Fa- milie riss sie aus dem Berufsall- tag. An einem Mittwoch fragte sie, ob sie für die Pflege kürzer treten könne – „und am nächs- ten Montag konnte ich zu Hause arbeiten“, sagt sie. Sie war wei- terhin in Vollzeit tätig, erhielt ei- nen Laptop mit Zugriff auf das Firmennetzwerk. Viele der 610 Mitarbeiter nutzen zeitweise oder überwiegend die Heimar- beit, verrät Andrea Richter. Und so war es auch für Grazer keine Hürde, darum zu bitten: „Ich wusste von vornherein, dass das bei FingerHaus irgendwie mög- lich gemacht wird“. Viele Mitarbeiter des Frankenberger Fertighaus-Herstellers FingerHaus profitieren von den flexiblen Lösungsansätzen bei plötzlichen Notlagen, bei Familienplanung oder Pflegefällen. Foto: Malte Glotz
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Page 1: arbeiter und Unternehmen Flexibilität als Leitmotiv...In der Korbacher Zentrale und den 30 Geschäftsstellen der Sparkasse Waldeck-Franken-berg arbeiten 514 Mitarbeiter, davon 181

Waldeck-FrankenbergSonnabend, 8. November 2014 23

Die Firma Hewi liegt im Wettbewerb der familienfreundlichen Un-ternehmen vorn. Darüber freuen sich Geschäftsführer Thorsten Stute, Personalleiter Martin Krämer, Betriebsratsvorsitzender Ger-hard Liese und Personalreferentin Sabine Krohner. Foto: Schulten

Das „Regionale Bündnis Beruf und Familie Waldeck-Franken-berg“ hat es sich zum Ziel ge-setzt, Beruf und Familie besser zu vereinbaren. Deshalb ruft das Bündnis Unternehmen im Land-kreis zur Teilnahme an einem Wettbewerb auf. Gesucht wer-den Betriebe, die mit flexiblen Ar-beitszeitmodellen auch familiäre Belange berücksichtigen, Arbeit-nehmer bei der Kinder- und An-gehörigenbetreuung unterstüt-zen oder weitere Service-Ange-

bote bieten. Ein Preis von je 1000 Euro winkt den drei siegreichen Unternehmen, die in drei Katego-rien, gestaffelt nach der Anzahl der Mitarbeiter, öffentlich aus-gezeichnet werden. Wer gewinnt, entscheidet eine Jury mit Ver-tretern der Bündnispartner. Der „Award 2014“ wird im November bei einem Festakt verliehen. Heu-te stellen wir die drei nominierten Betriebe in der Kategorie „Unter-nehmen mit mehr als 250 Mitar-beiter/-innen“ vor.

HinTerGrUnD

Familienfreundliche Unternehmen

Hewi geht auf Mitarbeiterwünsche ein

Beruf und Familie lassen sehr wohl unter einen Hut bringen. Das beweist die Firma Hewi schon seit vielen Jahren mit flexiblen Regelungen, von denen Mit-arbeiter und Unternehmen gleichermaßen profitieren.

Von Elmar SchultEn

Bad Arolsen. Für die Teilnahme am Wettbewerb „familien-freundliche Betriebe“ musste sich die Firma Hewi keine neuen Projekte einfallen lassen. „Wir konnten die meisten geforderten Angebote auf dem Fragebogen einfach abhaken, weil wir das schon seit Jahren prak-tizieren“, stellt Personalrefe-rentin Sabine Krohner fest.

Die Ar-beitszeit für die rund 500 Beschäftigten von Hewi ist sehr flexibel geregelt. „Wir haben kei-ne Kernzeit, sondern haben für die meisten Beschäftigten einen völlig flexiblen Zeitrahmen“, er-läutert Krohner: Die Kollegen können das in ihren Arbeitsbe-reichen selber abstimmen. Aller-dings gilt: Je größer die Teams, desto größer ist die Flexibilität.

Sogar bei der Produktion im Schichtdienst, von der rund 100 Mitarbeiter betroffen sind, ist ein kurzfristiger Saldoausgleich möglich. Mit anderen Worten: Jeder Mitarbeiter führt ein Ar-beitszeitkonto, das bis zu 100 Stunden ins Minus fallen kann, wenn etwa kurzfristig Freizeit für die Pflege von Kindern oder nahen Verwandten nötig ist.

„Man meint immer, beson-ders Mütter von kleinen Kin-dern müssten kurzfristig freige-stellt werden, um die kranken Kinder zu Hause zu betreuen. Bei einem Durchschnittsalter von 46 Jahren werden aber auch immer häufiger Pflegezeiten für die eigenen Eltern benötigt.

Dem tragen wir Rechnung“,

unterstreicht Hewi-Geschäfts-führer Thorsten Stute. Die Ar-beitzeitkonten machen unbe-zahlten Urlaub unnötig. Die Mitarbeiter beziehen ihr Gehalt und bleiben sozialversichert.

Darüber hinaus werden bei Hewi Lebensarbeitszeitkonten geführt. Die Details regelt eine Betriebsvereinbarung von 2010 in Anlehnung an das Sozialge-setzbuch. Damit ist auch sicher-gestellt, dass die vorab geleistete und angesparte Arbeitszeit kri-sensicher angelegt wird und bei Bedarf, etwa beim vorzeitigen Ruhestand oder bei Besuch der Meisterschule, abrufbar ist.

Zur Familienfreundlichkeit des Unternehmens gehört auch die Gesundheitsvorsorge. Die umfasst bei Hewi das gesunde

Essen in der Kantine. Außer-dem gibt es täg-liche Bewe-gungspausen an den Arbeitsplät-zen, angeleitet von Ergo-Scouts. Kroh-

ner: „Untersuchungen beweisen, dass die tägliche Bewegung wichtiger ist, als sich nur einmal pro Woche zu verausgaben. Tat-sächlich haben wir auch Rück-meldungen von Mitarbeitern, die berichten, dass ihre Rücken-schmerzen verschwunden sind.“

Derzeit sind 50 Hewi-Mitar-beiter, überwiegend Frauen, in Teilzeit beschäftigt. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Mütter in Teilzeit hoch effiziente Mitarbeiterinnen für das Unter-nehmen sind“, schwärmt Ge-schäftsführer Stute und räumt ein: „Der einzige Punkt, bei dem Hewi keinen Haken auf dem Fragebogen des Frauenbüros machen konnte, war der firmen-eigene Kindergarten. Aber schließlich ist die Versorgung mit Kindergartenplätzen im Stadtgebiet hervorragend.“

Der Helser Kindergarten liegt gerade 150 Meter von der Hewi-Verwaltung entfernt. Und es kommt auch schon mal vor, dass Mütter ihre Kinder kurzfristig mit ins Büro nehmen, wenn zu Hause alle Stricke reißen.

Arbeitszeitkonten für jede Lebenslage

Flexibilität als LeitmotivFingerHaus: Individuelle Lösungen für individuelle Familienmodelle

Von Malte Glotz

Frankenberg. Der Wettbewerb um die besten Köpfe, um die ge-schicktesten Handwerker ist hart. „Deshalb ist das Thema Fa-milienfreundlichkeit bei uns ein sehr bedeutsames“, sagt Andrea Richter, Personalleiterin beim Frankenberger Fertighaus-Her-steller FingerHaus. Das Unter-nehmen setzt auf junge Men-schen, frisch von der Schule oder der Uni. Die will es mög-lichst lange binden – und dann spielt das Thema Familienpla-nung unweigerlich in das The-ma Personalplanung hinein.

Offenbar mit Erfolg geht das Unternehmen an, was anderswo noch immer als Problem ange-sehen wird. „Wir haben in den vergangenen zwei Jahrzehnten alle zurückkehrenden Mütter wieder in das Unternehmen ein-gebunden – stets individuell“, sagt Richter. Dafür setzt Finger-Haus auf einen nicht abbrechen-den Kontakt zu den Eltern: Schon während der Elternzeit gebe es regelmäßig Gespräche. Gegen Ende der Pause würde dann gezielt über mögliche Fort-bildungen gesprochen. Wer frü-her, aber sanft wieder einsteigen möchte, kann das über eine ge-ringfügige Beschäftigung tun. „Alles, was heute bei anderen Firmen ein Thema wird, betrei-ben wir schon seit Jahren“, sagt Andrea Richter. Es sei für das Unternehmen schlicht ein Wett-bewerbsfaktor.

Wie flexibel der Fertighaus-hersteller agiert, kann etwa Jens Herkommer aus Battenfeld be-

richten. Als er 2012 bei Finger-Haus begann, machte er an der Hans-Viessmann-Schule noch seinen Betriebswirt. Für zwei Monate durfte er die geleisteten Stunden bei FingerHaus dafür reduzieren. „Das fand ich nicht selbstverständlich“, sagt er heu-te. Ebensowenig selbstverständ-lich: Noch während seiner Pro-bezeit ging Herkommer für sein erstes Kind in Elternzeit. Etwas mulmig sei ihm vor dem ent-scheidenden Gespräch schon gewesen, berichtet er. Doch er

hat gelernt: „Es lohnt sich, auf seinen Vorgesetzten direkt zu-zugehen“.

„Wir sind total flexibel, dann ist es meist eine Win-Win-Situa-tion für beide Seiten“, sagt Rich-ter. Und gerade bei der Pflege sei Flexibilität noch wichtiger: „Denn Mutterschaft und Eltern-zeit kann man planen. Bei Pflege ist das oft anders“, sagt Richter. Erlebt hat das Daniela Grazer. Ein plötzlicher Notfall in der Fa-milie riss sie aus dem Berufsall-tag. An einem Mittwoch fragte

sie, ob sie für die Pflege kürzer treten könne – „und am nächs-ten Montag konnte ich zu Hause arbeiten“, sagt sie. Sie war wei-terhin in Vollzeit tätig, erhielt ei-nen Laptop mit Zugriff auf das Firmennetzwerk. Viele der 610 Mitarbeiter nutzen zeitweise oder überwiegend die Heimar-beit, verrät Andrea Richter. Und so war es auch für Grazer keine Hürde, darum zu bitten: „Ich wusste von vornherein, dass das bei FingerHaus irgendwie mög-lich gemacht wird“.

Viele Mitarbeiter des Frankenberger Fertighaus-Herstellers FingerHaus profitieren von den flexiblen Lösungsansätzen bei plötzlichen Notlagen, bei Familienplanung oder Pflegefällen. Foto: Malte Glotz

Karriere mit FamilieLebensphasen der Mitarbeiter als Maßstab: Personalentwicklung bei der Sparkasse

Die Sparkasse Waldeck-Frankenberg hat es zum zweiten Mal in die Final-runde des Wettbewerbs „Familienfreundliches Unternehmen“ geschafft.

von thomas kobbe

Korbach. „Der richtige Mitar-beiter am für ihn richtigen Ar-beitsplatz“: Was in der Theorie so einfach klingt, erweist sich in der betrieblichen Praxis oft als äußerst schwierig umzusetzen-de Strategie. Die Auswahl be-ginnt schon in der Ausbildung. „Wir möchten möglichst viele junge Leute aus der Region mit einem attraktiven Arbeitsplatz an unser Unternehmen binden“, betont Personalleiterin Sonja Klein. Auch aus diesem Grund wurde die Zahl der Ausbil-dungsplätze jüngst von zwölf auf 20 erhöht.

In der Korbacher Zentrale und den 30 Geschäftsstellen der Sparkasse Waldeck-Franken-berg arbeiten 514 Mitarbeiter, davon 181 (zirka 35 Prozent) in Teilzeit. Die Frauenquote im ge-samten Unternehmen beträgt 47 Prozent, in der Führungsebene 30 Prozent.

Steht bei einer Mitarbeiterin Nachwuchs ins Haus, werde sehr schnell damit begonnen, die Elternzeit und die Phase des Wiedereinstiegs nach der Fami-lienpause zu planen, berichtet Stellvertreterin Annegret Jan-dik. Zum Beispiel bei Ausbil-dungsleiterin Juliane Breucker. Sie wird ein Jahr Elternzeit neh-men und danach zunächst in Teilzeit (40 Prozent) weiterar-beiten. Damit sie in ihrer Füh-rungsposition up to date bleibt, wird sie das Auswahlverfahren des kommenden Bewerberjahr-

gangs und die Einführungsver-anstaltung für die neuen Azubis mit begleiten. „Vor allem, um die neuen Auszubildenden ken-nenzulernen, mit denen ich da-nach wieder intensiv zusam-menarbeiten werde“, sagt die werdende Mutter.

Zum familienfreundlichen Personal-Konzept der Sparkasse gehören außerdem Bausteine wie Jobsharing-, flexible Ar-beits- und Teilzeitmodelle, auch für Führungskräfte, eine syste-matische Personalplanung und die individuelle Personalent-wicklung bei Wiedereinstieg. Bei der Vermittlung von Kin-derbetreuungsplätzen, aber auch bei der Betreuung pflegebedürf-tiger Angehöriger können die Angestellten auf ihr Unterneh-men zählen.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter loben indes die Be-

reitschaft ihres Arbeitgebers, ih-nen die Vereinbarkeit von Fami-lie und Beruf zu ermöglichen. „Es stand bereits früh fest, dass ich nach meiner Rückkehr wie-der entsprechend meiner bishe-rigen beruflichen Qualifikatio-nen eingesetzt werde“, schildert es etwa Kundenberaterin Karina Vogel. „Es ist einfach unbezahl-bar, so viel Zeit mit meinem Kind zu verbringen...Die Eltern-zeit für Väter ist ideal, um Beruf und Familie miteinander zu ver-einbaren“, berichtet Vermögens-berater Ingo Richter.

„Die Zufriedenheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbei-ter ist uns ein besonders wichti-ges Anliegen. Unsere Personal-arbeit stellt deshalb den Men-schen in den Mittelpunkt und ist von gegenseitiger Wertschät-zung geprägt“, führt die Perso-nalleiterin weiter aus. Gefördert

werde eine Unternehmenskul-tur, „die Frauen und Männern gleiche Karrierechancen sowie eine gesunde und dauerhafte Vereinbarkeit von Beruf und Fa-milie bietet. “

Unternehmen seien immer häufiger gefragt, nicht nur für die Betreuung von Kindern Lö-sungen zu finden, sondern zu-nehmend auch für die Betreu-ung pflegebedürftiger Angehö-riger. Die Aufgabe, junge Füh-rungskräfte für diese Belange ihrer älteren Mitarbeiter zu sen-sibilisieren, gehöre ebenfalls zum „Lebensphasen-bezogenen Modell“ der Personalplanung. Auch aus diesem Grund haben Personalgespräche in der Spar-kasse auch einen hohen Stellen-wert, bekräftigt Sonja Klein: „Die positiven Effekte auf die Mitarbeiter spüren auch unsere Kunden.“

Personalleiterin Sonja Klein (Mitte) mit ihrer Stellvertreterin Annegret Jandik (l.) und Ausbildungslei-terin Juliane Breucker, die demnächst in Mutterschutz geht. Foto: Kobbe

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