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ANREIZ FUR I E Dr. Dirk Franke.pdf · 2015. 1. 28. · tent-und Ma rkenam t)seinen Sitz inMUnchen....

Date post: 23-Apr-2021
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156 titel thema •• ANREIZ FUR INNOV I E Neues Wissen entsteht nicht nur durch bffentliche, sondern auch private Forschung. Um den Erfinder vor Nachahmern zu sch.itzen bieten Rechtsstaaten die Mbglichkeit der Patentierung. Die Verfahren sind aber ge- rade bei Entwicklungen von grenzuberschreitender Bedeutung nicht immer einfach. Patentanwalt Or. Dirk Franke im Gesproch. Aka-Blatter: Die Piratenpartei Schwe- dens im Europaischen Parlament er- regte Aufsehen mit der Forderung nach ganzlicher Abschaffu ng des Patentwe- sens. Innovationen wurden gehemmt statt gefordert. Von horrenden Kosten fur Bu rokratie u nd Rechtsstreit ist die Rede. Hast Du bereits Angst um Deinen Job? Franke: Es gibt in jedem Parlament einige we- nige Parlamentarier, die durch sehr pr o vokante Forderungen versuchen, die Aufmerksamkeit der Offentlichkeit zu erregen. Da durch ein star- kes Rechtssystem, einsrhlietlkh des Patent- und Markenrechts, aber auch Wettbewerbsrechts, die Innovationsleistung einer Gesellschaft nachw eis- lich gelordert wird, bin ich zuversichtlich, da ss der Beruf des Patentanwaltes nicht abgeschafft werden wird. Worin besteht der entscheidende Mehr- wert von Patenten fu r eine Gesellschaft? Patente belohnen ihren Inhaber durch ein zeitlich befristetes und raumlkh begrenzt es Nu tzungs- monopol. Sie erfOllen gleichzeitig eine wichtige Informationsfunktion mit der Offenlegung der Erfindung als Anreiz fOr weitere Innovationen. Von der Innovationsforderung und dem Wissens- zuwachs profitieren Entwickler wie Verbraucher gleirhermaten. In der Praxis findet man immer wieder Berichte uber .Patentsrhlarhten", bei denen Wettbewerber versuchen, sich durch Patente gegenseitig zu blockieren, wodurch hohe Kosten und jahrelange Rechtsstreite entstehen konnen. Muss akademische Blatter man d iese Effekte als sozusagen .inhar- enten Systemfehler" hinnehmen? Sinn und Zweck eines technischen Schutzrechtes ist es, den unberechtigten Dritten daran zu hindern, das ge istige Eigentum des An- melders bzw. Erfinders zu plagiieren und ihn da- mit um die FrOchte seiner Entwicklungsarbeiten zu bringen. Hierdurch werden Raubkopierer und Plagiatoren in ihre Schranken verwiesen. Eine Gesellschaft, in der zeitlich begrenzte Monopol- rechte als Belohnung fur Innovationsleistung vom Gesetzgeber verunmogidu werden, haben nha- rente Wettbewerbsnachteile gegenOber Staaten mit entwickelten Rechtssystemen. Ais Beispiele fUr unregulierte Staaten, in denen Patentschutz nicht vorhanden ist, sind der Kosovo und auch zahlreiche afrikanische Staaten, z. B. Somalia, zu nennen. In diesen tandem ist keine Innovations- leistung erkennbar. In diesem Kontext fallt auch der Begriff der .Irviabatenre", bei denen Trivial- itaten patentiert werden, wie beispiels- weise die Geste zur Entsperrung des Touchscreens bei Apple-Geraten.ln den Medien werden derartige Faile gerne aufgegriffen. Handelt es sich dabei um Ausnahmen? Die Bezeichnung .Jrvialparent" ist ein politischer Ausdruck, der bisher zu Recht keinen Eingang in die Sprache des professionellen Patentwesens gefunden hat. Trivial ist das, was man ex post facto als naheliegend bezeichnen konnte. jedorh wird die Erfindungsleistung am Zeitpunkt der Vollendung des Schoptungsahes gemessen, da- mit erfinderische Tatigkeit vor den Patentamtern anerkannt werden kann. Triviale Gegenstande konnen deshalb nicht durch ein Patent geschUtzt werden. Wie sollte ich als kleiner Unternehmer oder Erfinder herangehen, um meine Erfindung mit einem Patent zu schutzen? Sofern Dein Unternehme n ei n innovatives Unter- nehmen ist, dessen wesentliche verrnogenswerte in einem fertig entwickelten innovativen P ro dukt oder neuartigen Prozess liegen, solltest Du vor der Veroffentlichung der Idee bzw. vor dem Inver- kehrbringen des innovativen Produktes einen Pa- tentanwalt aufsuchen, der Deine Idee durch das Einreichen geeigneter Schutzrechtsanmeldungen schUtzen kann. In Deutschland gibt es mehr als 2.500 zugelassene Patentanwalte in Kanzleien. Wie wahle ich den richtigen Patentan- walt fur mein Vorhaben aus? Die Auswahl des richtigen Patentanwaltes ist ein- fach, aber nicht leicht. Letztlich suchst Du einen Anwalt, der im Beruf tuchtig ist, kompetent in seinem Fachbereich und dabei gleichzeitig eine vernUnftige Preispolitik betreibt, d. h. bei seiner Arbeit nicht nur an sein Honorar denkt. Wie bei anderen Beratungsdienstleistungen empfiehlt es sich grundsanlkh. im Vorfeld Gesprsrhe mit anderen Mandanten des Anwaltes zu fUhren und insbesondere auch auf Empfehlungen zufriede- ner Kunden zu horen. Meide zudem Anwalte, die in teuren Glas- und Stahl-Architekturgebauden residieren, denn hier zahlst Du fUr die Buroraume und Reprasentanz bereits einen Premiumaufschlag. Eine Garantie dafUr, dass sie auch eine Premiumleistung erhal- ten, ist damit in aller Regel jedoch nicht verbun- den. a kadem ische -blatter.de
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Page 1: ANREIZ FUR I E Dr. Dirk Franke.pdf · 2015. 1. 28. · tent-und Ma rkenam t)seinen Sitz inMUnchen. die von chinesischen Unternehmen in Europa und Deutschla nd eingereicht werden.

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ANREIZ FUR INNOV I ENeues Wissen entsteht nicht nur durch bffentliche, sondern auch private Forschung. Um den Erfinder vor

Nachahmern zusch.itzen bieten Rechtsstaaten dieMbglichkeit der Patentierung. Die Verfahren sind aberge­

rade bei Entwicklungen vongrenzuberschreitender Bedeutung nicht immereinfach.

Patentanwalt Or. Dirk Franke im Gesproch.

Aka-Blatter: Die Piratenpartei Schwe­dens im Europaischen Parlament er­regte Aufsehen mit der Forderung nachganzlicher Abschaffu ng des Patentwe­sens. Innovationen wurden gehemmtstatt gefordert. Von horrenden Kostenfur Bu rokratie und Rechtsstreit ist dieRede. Hast Du bereits Angst um DeinenJob?Franke: Es gibt in jedem Parlament einige we­nige Parlamentarier, die durch sehr provokanteForderungen versuchen, die Aufmerksamkeitder Offentlichkeit zu erregen. Da durch ein star­kes Rechtssystem, einsrhlietlkh des Patent- undMarkenrechts, aber auch Wettbewerbsrechts, dieInnovationsleistung einer Gesellschaft nachweis­lich gelordert wird, bin ich zuversichtlich, dassder Beruf des Patentanwaltes nicht abgeschafftwerden wird.

Worin besteht der entscheidende Mehr­wert von Patenten fu reine Gesellschaft?Patente belohnen ihren Inhaber durch ein zeitlichbefristetes und raumlkh begrenztes Nutzungs­monopol. Sie erfOllen gleichzeitig eine wichtigeInformationsfunktion mit der Offenlegung derErfindung als Anreiz fOr weitere Innovationen.Von der Innovationsforderung und dem Wissens­zuwachs profitieren Entwickler wie Verbrauchergleirhermaten.

In der Praxis findet man immer wiederBerichte uber .Patentsrhlarhten", beidenen Wettbewerber versuchen, sichdurch Patente gegenseitig zu blockieren,wodurch hohe Kosten und jahrelangeRechtsstreite entstehen konnen. Muss

akademische Blatter

man diese Effekte als sozusagen .inhar­enten Systemfehler" hinnehmen?Ma~geblicher Sinn und Zweck eines technischenSchutzrechtes ist es, den unberechtigten Drittendaran zu hindern, das geistige Eigentum des An­melders bzw. Erfinders zu plagiieren und ihn da­mit um die FrOchte seiner Entwicklungsarbeitenzu bringen. Hierdurch werden Raubkopierer undPlagiatoren in ihre Schranken verwiesen. EineGesellschaft, in der zeitlich begrenzte Monopol­rechte als Belohnung fur Innovationsleistung vomGesetzgeber verunmogidu werden, haben nha­rente Wettbewerbsnachteile gegenOber Staatenmit entwickelten Rechtssystemen. Ais BeispielefUr unregulierte Staaten, in denen Patentschutznicht vorhanden ist, sind der Kosovo und auchzahlreiche afrikanische Staaten, z. B. Somalia, zunennen. In diesen tandem ist keine Innovations­leistung erkennbar.

In diesem Kontext fallt auch der Begriffder .Irviabatenre", bei denen Trivial­itaten patentiert werden, wie beispiels­weise die Geste zur Entsperrung desTouchscreens bei Apple-Geraten.ln denMedien werden derartige Faile gerneaufgegriffen. Handelt es sich dabei umAusnahmen?Die Bezeichnung .Jrvialparent" ist ein politischerAusdruck, der bisher zu Recht keinen Eingang indie Sprache des professionellen Patentwesensgefunden hat. Trivial ist das, was man ex postfacto als naheliegend bezeichnen konnte. jedorhwird die Erfindungsleistung am Zeitpunkt derVollendung des Schoptungsahes gemessen, da­mit erfinderische Tatigkeit vor den Patentamternanerkannt werden kann. Triviale Gegenstande

konnen deshalb nicht durch ein Patent geschUtztwerden.

Wie sollte ich als kleiner Unternehmeroder Erfinder herangehen, um meineErfindung mit einem Patent zu schutzen?Sofern Dein Unternehmeneininnovatives Unter­nehmen ist, dessen wesentliche verrnogenswertein einem fertig entwickelten innovativen Produktoder neuartigen Prozess liegen, solltest Du vorder Veroffentlichung der Idee bzw. vor dem Inver­kehrbringen des innovativen Produktes einen Pa­tentanwalt aufsuchen, der Deine Idee durch dasEinreichen geeigneter SchutzrechtsanmeldungenschUtzen kann.

In Deutschland gibt es mehr als 2.500zugelassene Patentanwalte in Kanzleien.Wie wahle ich den richtigen Patentan­walt fur mein Vorhaben aus?Die Auswahl des richtigen Patentanwaltes ist ein­fach, aber nicht leicht. Letztlich suchst Du einenAnwalt, der im Beruf tuchtig ist, kompetent inseinem Fachbereich und dabei gleichzeitig einevernUnftige Preispolitik betreibt, d. h. bei seinerArbeit nicht nur an sein Honorar denkt. Wie beianderen Beratungsdienstleistungen empfiehltes sich grundsanlkh. im Vorfeld Gesprsrhe mitanderen Mandanten des Anwaltes zu fUhren undinsbesondere auch auf Empfehlungen zufriede­ner Kunden zu horen.Meide zudem Anwalte, die in teuren Glas- undStahl-Architekturgebauden residieren, denn hierzahlst Du fUr die Buroraume und Reprasentanzbereits einen Premiumaufschlag. Eine GarantiedafUr, dass sie auch eine Premiumleistung erhal­ten, ist damit in aller Regel jedoch nicht verbun­den.

akadem ische -blatter.de

Page 2: ANREIZ FUR I E Dr. Dirk Franke.pdf · 2015. 1. 28. · tent-und Ma rkenam t)seinen Sitz inMUnchen. die von chinesischen Unternehmen in Europa und Deutschla nd eingereicht werden.

wissen &forschung

PATENTSCHRIFT

JOR ZELTNERll'l FlltMA: NlTRNBERGER UI.TRAMARIN·~·AnRIK.

VERFAHRE lUR HERSTELLUNG EINER ROTH ENULTRA ARINFARBE.

Das Patentrecht hat in Deutschland eine lange Tradition. Hiereine 1877 durch das Kaiserliche Patentamt ausgestellte Pa­tentschrift auf eine Methode zur Farbherstellung.

Wie kann sich ein Laie den grundlegen­den Prozess der Patentieru ng vorstel­len? Wie lange dauert ein solcher Pro­zess in etwa?Nach der Einreichung einer Patentanmeldungdurchlauft diese ein Erteilungsverfahren vor demjeweiligen Patentamt. Am Ende des Erteilungs­verfahrens wird dann, sofern bestimmte HUrdenUberwunden worden sind, insbesondere soferndie Erfindung neu ist undauf einer erfinderischenTatigkeit beruht, ein Patent erte ilt. Das Erteilungs­verfahren dauert in der Regel zwei bis vier Jahre,in Einzelfallen kann die Verfahrensdauer aucherheblich langer se in.

Das bisherige europasrne Patent wirdzwar zentral beim Iuropaisrhen Pat­entamt beantragt und dadurch erteilt,gilt allerdings nicht automatisch fur diegesamte EU. Die erforderliche Patentier­ung in mehreren tandem ist sehr teuer.Viele hoffen daher auf das lange geplan­te einheitliche EU-Patent mit Gultigkeitin der gesamten Iuropaschen Union.Fur wie wahrscheinlich haltst Du diebaldige Einfuhrung des .IuropaschenPatents mit einheitlicher Wirkung"?Das EU-Patent ist eine beschlossene Sache undwird den Anmeldern demnarist zur VerfUgungstehen. Allerd ings ist es le ider voraussichtlichnicht so, dass durch ein Einheitspatent im Ver­gleich zum bisherigen europaisrhen Patent mitVa lidierungsmoglichkeit in allen EU-Landern dieKosten gesenkt werden konnen.Da die nationalen Patentamter keinen GebUh­renabschlag fur ein Patent mit Einheitswirkungim Vergleich zu einem validierten europaisrhenPatent akzeptieren werden, wird das Einheitspa­tent um ein Vielfaches teurer als beispielsweise

116.Jahrgang Heft IV /2014

Durch ein zeitlich und raumlkh besrhrankes Nutzungsmo­nopol und die daraus erwarteten Gewinne soil dem Forscherder Anreiz geboten werden, Investitionen zu tatigen.

ein europaisdies Patent, welches lediglich inden wichtigsten Industriestaaten in Europa, d.h. in Deutschland, Frankreich und Gro~britanni ­

en, gegebenenfalls noch in Italien und Spanien,validiert wird. In der Regel werden europaisrhePatente nur in wenigen landern validiert, so dassspatestens seit Ratifizierung des Londoner llber­einkommens und dem Wegfall zahlreicher llber­setzungserfordernisse die Kosten Uberschaubarsind.

Wird ein EU-Patent den Patentier­ungsprozess nicht derart erschwerenund verteuern, dass kleine und mittlereUnternehmen kaum mehr Chancen ha­ben, ihre Anspruche gegenuber konkur­rierenden Konzernen zu behaupten?Aile Unternehmen werden nach wie vor die Mog­lichkeit haben, entweder ein europasches BUn­delpatent oder uber nationale Erteilungsverfah­ren meh rere nationa Ie Schutzrechte in Eu ropazuerhalten. Beide Varianten sind im Vergleich zumEinheitspatent kostengU nstiger. Da zudem auf­grund der einheitlichen Wirkung des EU-Patentesdieses Schutzrecht im Wege eines zentralisiertenNichtigkeitsverfahrens leichter vernichtet werdenkann, ist letztlich die Frage, ob gro~ere Unterneh­men das EU-Patent praterieren werden.Sofern letzteres nicht eintritt, wird das EU-Patentzwar existent werden, aber bedeutungslos blei­ben.

Zum Abschluss ein gewagter Blick in dieZukunft: Was wird die gro~te verande­rung im Patentwesen in den narhsten15-25 lahren sein?Eine Veranderung des Patentwesens in der narh­sten Zukunft (15-25 Jahre) sehe ich in der pro­gressiv steigenden Zahl an Patentanmeldungen,

DasEuropaisthe Patentamt hat (wieauch das Deutsche Pa­tent- und Markenamt) seinen Sitz inMUnchen.

die von chinesischen Unternehmen in Europaund Deutschland eingereicht werden. China istaus der Ro lle eines Plagiators inzwischen ent­schlUpft und ist invi el en Be re ichensogar Innova­tionsmotor. Viele miite lstandische Unternehmenhaben China leider vie l zulangeuntersrhant

Das Interview fuh rte Sebastian Grundstein alsRedakteur der Akadem ischen Blatter.

Jg. 1973, ist AH beim VDSt Bonn. Derpromovierte Chemiker und Patentanwaltmit langjahriger Erfahrung im Bereichdes gewerblichen Rechtschutzes ist

Partner der Kanzlei Franke &PartnerPatent- und Rechtsanwalte inMUnchen.

BESCHAFTIGU NGSZAH LENBeim Deutschen Patent- und Marken­amt sind derzeit ca. 2.500 Bedienstetebeschaftigt. Das Europaische Patentamtbeschaftigt ca. 3.900 Mitarbeiter alleine inMUnchen, nochmals ca . 2.900 Mitarbeiterin DenHaag, 290 in Berlin und etwa 110 inWien bzw. BrUssel.Insgesamt gibt es rund 11.000 registriertePatentarwate als zugelassene Vertreteram turooalsrhen Patentamt, wovon etwadrei Viertel in Kanz leien beschaftigt sindund ein Viertel in Unternehmen. Deutsch­land ist im europasthen Vergle ich mitknapp 4.000 Patentarwa lten das Land mitder am Abstand gro~ten Zah\ an Patentan­walten.


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