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Anhaltisches Gesetz, betr. die Heranziehung der Beamten zur Gemeinde- und Kreissteuer. Vom 26. April...

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Anhaltisches Gesetz, betr. die Heranziehung der Beamten zur Gemeinde- und Kreissteuer. Vom 26. April 1909 Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 27. Jahrg., H. 2 (1910), pp. 363-370 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40905733 . Accessed: 18/06/2014 13:55 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 62.122.72.154 on Wed, 18 Jun 2014 13:55:33 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions
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Anhaltisches Gesetz, betr. die Heranziehung der Beamten zur Gemeinde- und Kreissteuer.Vom 26. April 1909Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 27. Jahrg., H. 2 (1910), pp. 363-370Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40905733 .

Accessed: 18/06/2014 13:55

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Anhaltisches Gesetz, betr. die Heranziehung der Beamten zur Gemeinde- und Kreissteuer.

Vom 2G. April 1909.

(Regierungsbl. f. d. Herzogtum Anhalt 1909 Nr. 1287.)

§ 1. Die Hof-, Staats-, Kreis-, Gemeinde-, Kirchen- und Schulbeamten, die Be-

amten der Landarmendirektion , die Reichsbeamten sowie die Beamten eines anderen deutschen Bundesstaats werden mit ihrem dienstlichen Einkommen in den Gemeinden und Kreisen zur Einkommensteuer gleich den übrigen dieser Steuer unterworfenen Personen herangezogen.

Werden in einer Gemeinde mehr als dreissig Einkommensteuereinheiten erhoben, so werden die vorbezeichneten Beamten für die überschiessende Anzahl Steuereinheiten nur mit ihrem ausserdienstlichen Einkommen zur Gemeindeein- kommensteuer herangezogen.

§2. Die Bestimmungen des § 1 gelten nur für diejenigen Beamten, welche

nach dem 31. März 1909 in das Amtsverhältnis eingetreten sind. Hinsichtlich der Militärpersonen und der schon vor dem 1. April 1909 in

das Amtsverhältnis eingetretenen Beamten sowie hinsichtlich der Wartegelder und Pensionen der Beamten und deren Hinterbliebenen bewendet es bei den bisherigen Bestimmungen.

§ 3. Dieses Gesetz tritt am 1. Juli 1909 in Kraft.

Begründung zum Gesetzentwurf. Durch § 9 des Ergänzungssteuergesetzes vom 24. April 1866 - Nr. 100 der

Gesetzsammlung - war der Steuereinheitssatz für die Gehalte, Wartegelder und Pensionen der Herzoglichen Zivil- und Militärbeamten, der Herzoglichen Diener, der im Inland angestellten Königlich Preussischen Post- und Telegraphenbeamten, der Kommunalbeamten und der inländischen Geistlichen, Kirchendiener und Schullehrer, sowie für die Witwen- und Waisenpensionen auf i/i 5 Proz. festgesetzt worden, wobei Beträge unter 50 Taler von der Steuer gänzlich befreit blieben. Der Steuersatz für das sonstige persönliche Einkommen aus Gewerbe- und Arbeits- verdienst sowie aus Zinsen betrug 1/s Proz.

Durch das Gesetz vom 1. März 1868 - Nr. 160 der Gesetzsammlung - wurden die Prozentsätze für die Steuer vom Gewerbe- und Arbeitsverdienst

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3(34 Anhalt. Gesetz, betr. die Heranziehung der Beamten zur Gemeinde- u. Kreissteuer.

und für die Zinsen- und Rentensteuer auf i/'2 Proz., für die Gehaltssteuer dagegen auf V24, also auf die Hälfte des für die übrigen Einkommen geltenden Satzes, ermässigt.

Diese bis zum 1. Juli 1888 für die Staatsergänzungssteuer in Kraft gebliebenen Steuereinheitssätze waren nach § 12 der Kreisordnung und § 26 der Gemeinde-, Stadt- und Dorfordnung auch für die Kreis- und Gemeindesteuer massgebend.

Durch das Gesetz, die Einführung einer Einkommensteuer und festen Grund- steuer betreffend, - Nr. 724 der Gesetzsammlung - wurde vom 1. Juli 1888 ab die steuerliche Bevorzugung des Gehaltseinkommens für die Staats Steuer infolge der Festsetzung gleich hoher Steuersätze für die aus verschiedenen Ein- kommensquellen fliessenden Einkommensteile beseitigt, anderseits wurde durch Art. 1 des gleichzeitig in Kraft getretenen Gesetzes vom 7. April 1887 - Nr. 747 der Gesetzsammlung - bestimmt, dass das Diensteinkommen von Herzoglichen, Kirchen-, Schul- oder Gemeindebeamten für Gemeindezwecke nur mit der Hälfte seines Betrags zur Steuer veranlagt werden kann. Diese Bestimmung fand auch durch das Abänderungsgesetz zur Kreisordnung vom 26. März 1887 - Nr. 742 der Gesetzsammlung - nach dessen Artikel II die Verteilung der Kreisabgaben auf die einzelnen Steuerpflichtigen in jedem Kommunalbezirke nach dem in demselben geltenden Kommunalsteuerfuss erfolgen sollte, auf die Kreissteuer Anwendung. Sachlich enthielt die Aufrechterhaltung des Steuerprivilegiums der Beamten für die Gemeinde- und Kreissteuer gegen den bisherigen Zustand trotz Erhöhung der Untergrenze der Steuerpflicht von 150 M. auf 600 M. eine nicht unwesentliche Erweiterung infolge der starken Degression der Steuerskala.

Durch die Gesetze vom 12. April 1890 - Nr. 828 und 829 der Gesetzsamm- lung - wurde das Steuerprivilegium der Beamten wieder insofern eingeschränkt, als das Diensteinkommen von Hof- und Staats-, Kirchen-, Schul- und Gemeinde- beamten, einschliesslich der Beamten des Deutschen Reichs oder eines anderen deutschen Bundesstaats, welche in Anhalt ihren dienstlichen Wohnsitz haben, nicht mehr wie bisher mit der Hälfte seines Betrags, sondern nur mit der Hälfte des dem Einkommen entsprechenden Steuersatzes zur Steuer veranlagt werden konnte. Die gleiche Vorschrift wurde für die - im Gesetze Nr. 742 nicht mit- erwähnten - Wartegelder und Ruhegehalte der Beamten sowie für die Pensionen der Witwen und Waisen derselben getroffen.

Der § 22 des Gemeindeabgabengesetzes vom 18. Mai 1905 - Nr. 1223 der Gesetzsammlung - brachte eine Aenderung hinsichtlich des Steuerprivilegiums der Beamten und deren Hinterbliebenen nicht.

Besondere Vorschriften bestehen bezüglich der Kommunalsteuerpflicht der Militärpersonen.

Auf Grund des Art. 61 der Verfassung des Norddeutschen Bundes waren durch Verordnung vom 22. Dezember 1868 - Bundesgesetzbl. S. 571 - die in Preussen geltenden Vorschriften der Verordnung vom 23. September 1867 hin- sichtlich der Heranziehung der Militärpersonen zu Kommunalauflagen im ganzen Bundesgebiet eingeführt. Hiernach waren von allen direkten Kommunalauflagen, sowohl der einzelnen bürgerlichen Stadt- und Landgemeinden als der weiteren kommunalen Körperschaften und der kreis-, kommunal- und provinzialstän- dischen Verbände, vollständig befreit:

1. die servisberechtigten Militärpersonen des aktiven Dienststandes, sowohl hinsichtlich ihres dienstlichen als sonstigen Einkommens, mit Ausnahme des aus Grundbesitz und stehendem Gewerbe fliessenden Einkommens sowie des Ein- kommens der Militärärzte aus einer Zivilpraxis.

2. Die auf Inaktivitätsgehalt gesetzten oder mit Pension zur Disposition gestellten Offiziere hinsichtlich ihrer Gehalts- und sonstigen dienstlichen Bezüge.

3. Die verabschiedeten, nicht zu der Kategorie unter Nr. 2 gehörigen Militär- personen hinsichtlich ihrer aus Staatsfonds oder sonstigen öffentlichen Kassen zahlbaren Pensionen und laufenden Unterstützungsbezüge, sofern der jährliche Betrag solcher Bezüge die Summe von 750 M. nicht erreicht.

4. Die hinterbliebenen Witwe» und Waisen der vorstehend genannten Per- sonen hinsichtlich ihrer aus Staatsfondes oder einer öffentlichen Versorgungs- kasse zahlbaren Pensionen und laufenden Unterstützungen.

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Anhalt. Gesetz, betr. die Heranziehung der Beamten zur Gemeinde- u. Kreissteuer. 3(55

Kommunalsteuerpflichtig war daher nur: a) das aus Grundbesitz und stehendem Gewerbe fliessende Einkommen

der aktiven Militärpersonen und das Einkommen aus der Zivilpraxis der Militär- ärzte.

b) das ausserdienstliche Einkommen der nichtaktiven Militärpersonen.- c) die den Betrag von 750 M. erreichenden dienstlichen Bezüge der verab-

schiedeten Militärpersonen mit Ausnahme der auf Inaktivitätsgehalt oder mit Pension zur Disposition gestellten Offiziere.

Hierbei sollte die nach c kommunalsteuerpflichtige Pension nur halb so hoch als anderes gleich hohes persönliches Einkommen der Steuerpflichtigen, d. h. nur mit der Hälfte seines Betrags, zur Steuer veranlagt werden.

An kommunalen Auflagen aller Art durften äusserstenfalls, je nach der Höhe der Besoldung , nicht mehr als 1 - 2 Proz. des Diensteinkommens erhoben werden.

Nachdem durch das Reichsgesetz vom 28. März 1886 - R.G.B1. S. 65 - die Verordnung vom 22. Dezember 1868 insoweit ausser Kraft gesetzt war, als dieselbe der Heranziehung des ausserdienstlichen Einkommens der im Offiziers- range stehenden Militärpersonen sowie der Pension der zur Disposition gestellten Offiziere zu den Gemeindeabgaben entgegenstand, ist die Steuerpflicht der Militär- personen durch das Gesetz vom 14. März 1887 - Nr. 739 der Gesetzsammlung - neu geregelt.

Es besteht nunmehr eine Steuerpflicht der Militärpersonen und deren Witwen und Waisen in nachstehendem Umfange:

I. Dienstliches Einkommen.

Das Diensteinkommen der aktiven Militärpersonen des Unteroffiziers- und Gemeinenstandes ist für die Staats-, Kreis- und Gemeindeeinkommensteuer gänz- lich steuerfrei.

Das Diensteinkommen der aktiven Militärpersonen des Offizierstandes ist zwar zur Staatssteuer voll steuerpflichtig - ausgenommen während der Zeit der Mobilmachung - jedoch für die Kreis- und Gemeindesteuer frei.

Das Diensteinkommen der zur Disposition gestellten Offiziere ist voll staats- steuerpflichtig, jedoch kreissteuerfrei und von 750 M. ab gemeindesteuerpflichtig mit der Hälfte seines Betrags. Es bleibt gänzlich gemeindesteuerfrei bei den vor dem 1. April 1886 ohne Pensionserhöhung zur Disposition gestellten Offizieren.

Das Diensteinkommen der verabschiedeten Offiziere und sonstigen in- aktiven Militärpersonen ist voll staatssteuerpflichtig, von 750 M. ab mit der Hälfte seines Betrags auch kreis- und gemeindesteuerpflichtig.

Das Diensteinkommen der Witwen und Waisen der Militärpersonen ist voll steuerpflichtig, dagegen ohne Rücksicht auf die Höhe seines Betrags kreis- und gemeindesteuerfrei.

Soweit das Diensteinkommen hiernach steuerpflichtig ist, darf dasselbe zu kommunalen Auflagen bei Besoldungen von 750 - 1500 M. ausschliesslich mit nicht mehr als 1 V2 Proz. und bei höheren Besoldungen mit nicht mehr als 2 Proz. des gesamten Diensteinkommens herangezogen werden.

II. Einkommen aus Grundbesitz und Gewerbebetrieb.

Dasselbe ist bei allen Militärpersonen und deren Witwen und Waisen gleich- massig Staats-, kreis- und gemeindesteuerpflichtig.

III. Sonstiges ausserdienstliches Einkommen.

Dasselbe ist bei den aktiven Militärpersonen des Unteroffizier- und Gemeinen- standes staatssteuerpflichtig, aber kreis- und gemeindesteuerfrei.

Bei den aktiven Militärpersonen des Offizierstandes ist es staatssteuerpflichtig, aber kreissteuerfrei. Für die Gemeindesteuer ist es voll steuerpflichtig, jedoch nicht über 30 Einkommensteuereinheiten hinaus, auch bleibt hinsichtlich der vor dem 1. April 1887 in den Ehestand getretenen Militärpersonen derjenigen

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3(3(3 Anhalt. Gesetz, betr. die Heranziehung der Beamten zur Gemeinde- u. Kreissteuer.

Chargen, welche bei Nachsuchung des Heiratskonsenses zur Führung eines ausser- dienstlichen Einkommens verpflichtet sind, der vorschriftsmässige Satz des letzteren von der Besteuerung ausgeschlossen.

Bei den zur Disposition gestellten Offizieren, bei den verabschiedeten Offi- zieren und sonstigen inaktiven Militärpersonen, sowie bei den Witwen und Waisen von Militärpersonen wird das sonstige ausserdienstliche Einkommen zur Staats-, Kreis- und Gemeindesteuer voll herangezogen.

Das Steuervorrecht der Militärpersonen ist also wesentlich anders gestaltet und sachlich weitergehend als das Steuervorrecht der Zivilbeamten. Das Steuer- vorrecht der Militärpersonen beruht in der Hauptsache auf Reichsgesetz und kann durch landesgesetzliche Bestimmungen nur in ganz beschränktem Umfange ge- ändert werden. -

Die Begründung für das Steuervorrecht der Beamten pflegt hauptsächlich darin gefunden zu werden, dass:

1. das genau bekannte Diensteinkommen der Beamten sich der Besteuerung weniger leicht entziehen kann als das Einkommen anderer Steuerpflichtigen,

2. der Beamte sich nicht beliebig seinen Wohnsitz wählen kann, sondern ein ihm dienstlich angewiesenes domicilium necessarium hat,

3. die Aufwendungen der Gemeinden in höherem Masse den dauernd an- sässigen Grundbesitzern und Gewerbetreibenden als den häufig nur vorüber- gehend in einem Orte wohnenden Beamten zugute kommen,

4. durch die Verschiedenheit der Höhe der Einkommensteuer in den ein- zelnen Gemeinden die Versetzungen der Beamten von einem nach dem anderen Orte erschwert werden.

Der erste Grund hat an Bedeutung verloren, seitdem für die Steuerveran- lagung die Selbsteinschätzung eingeführt ist und die Arbeitgeber verpflichtet sind, über die Bezüge der von ihnen beschäftigten Personen genaue Auskunft zu erteilen. Die Beschränkung in der Wahl seines Wohnsitzes ist keine ausschliess- liche Eigentümlichkeit der Beamtenstellung, sondern findet mehr oder weniger aus wirtschaftlichen oder anderen Gründen bis zu einem gewissen Grade auch bei Arbeitern, Gewerbetreibenden, Hausbesitzern und anderen Nichtbeamten statt. Bei Pensionären trifft der Grund überhaupt nicht zu.

Die Verschiedenheit des Interesses an den Gemeindeaufwendungen würde eine Vorausbesteuerung der Grundbesitzer und Gewerbetreibenden, nicht aber eine niedrigere Besteuerung der Beamten rechtfertigen, deren Interesse an den Gemeindeeinrichtungen im allgemeinen ebenso hoch als dasjenige der sonstigen Bewohner anzunehmen ist.

Das Steuervorrecht der Beamten entbehrt daher, wie auch in der Begründung zu § 22 des Gemeindeabgabengesetzes anerkannt ist, heute der ausreichenden inneren Berechtigung. Anderseits darf nicht verkannt werden, dass von einer Aufhebung des Steuervorrechts in der Hauptsache nur die durch den Sitz einer Behörde ohnehin bevorzugten Gemeinden, in Anhalt also namentlich die reichen Städte Dessau und Bernburg, Vorteil haben würden.

Bei Erlass des Gemeindeabgabengesetzes war für die Aufrechterhaltung des Steuervorrechts der Beamten nicht die Ueberzeugung von seiner inneren Berech- tigung, sondern der Umstand massgebend, dass das Vorrecht in Preussen und allen übrigen deutschen Bundesstaaten damals noch bestand, und zwar insofern sogar in einem erweiterten Umfange, als nicht, wie in Anhalt, die halbe Steuer vom ganzen Diensteinkommen, sondern nur die Steuer vom halben Dienstein- kommen zu entrichten war. Ausserdem würde die Aufhebung des Beamten- privilegiums in Anhalt, solange als dieses anderwärts besteht, den Interessen solcher Städte abträglich gewesen sein, welche, wie z. B. Dessau und Ballenstedt, Wert auf Zuzug von Pensionären aus anderen Staaten legen.

Der Landtag hat sich daher mit der Beibehaltung des bisherigen Steuer- vorrechts der Beamten einverstanden erklärt, aber eine Resolution angenommen, die Staatsregierung zu ersuchen, tunlichst auf Abschaffung des in den meisten Staaten bestehenden Steuerprivilegiums der Beamten hinzuwirken (Stenogr. Landtagsprot. von 1905, S. 65, 69 u. S. 637-641).

In Preussen ist jetzt im Anschluss an die geplante allgemeine Besoldungs- 864

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Anhalt. Gesetz, betr. die Heranziehung der Beamten zur Gemeinde- u. Kreissteuer. 357

aufbesserung eine Umgestaltung und Einschränkung des Steuervorrechts der Beamten durch einen dem Landtage vorgelegten Gesetzentwurf in Angriff ge- nommen1). Auch in Sachsen ist den Ständen ein Gesetzentwurf über Neuregelung des Kommunalsteuerprivilegiums zugegangen. Diesen Vorgängen werden sich andere deutsche Bundesstaaten anschliessen, und es ist deshalb auch für Anhalt der Zeitpunkt gekommen, im Anschluss an die Revision der Beamtenbesoldungs- tarife eine Neuregelung des Steuervorrechts der Beamten anzubahnen.

War schon bisher für die Beibehaltung des Steuervorrechts der Beamten der in den übrigen Bundesstaaten bestehende Rechtszustand massgebend, so muss für die Art der Ausgestaltung der Steuerpflicht der Beamten die in dem grossen Nachbarstaate Preussen geplante Neuregelung von entscheidender Be- deutung sein.

Der preussische Gesetzentwurf beseitigt das bisherige Steuerprivilegium nur für diejenigen Beamten, welche nach dem 31. März 1909 in das Amtsverhältnis eintreten, beschränkt aber auch für diese die Gemeindesteuerpflicht auf 100 Proz. Zuschlag zur Staatseinkommensteuer.

Das Steuerprivilegium wird aufrecht erhalten für die bereits vor dem 1. April 1909 angestellten aktiven Beamten, ferner für die in den einstweiligen oder dauern- den Ruhestand versetzten Beamten und die Witwen und Waisen der Beamten, ohne Unterschied, ob die Versetzung in den Ruhestand oder der Tod des Beamten vor dem 1. April 1909 eingetreten ist oder erst später eintritt.

In diesen Grundzügen folgt der vorliegende Gesetzentwurf dem preussischen Vorbilde. Der Entwurf unterscheidet sich jedoch von dem preussischen in zwei wesentlichen Beziehungen.

Soweit das Steuerprivilegium aufrecht erhalten bleibt, ist von dem ganzen Diensteinkommen wie bisher die halbe Steuer, nicht bloss, wie in Preussen, vom halben Diensteinkommen die entsprechende Steuer zu entrichten. Preussen be- schränkt den Genuss des Steuervorrechts auf die preussischen Beamten und die Reichsbeamten bzw. deren Witwen und Waisen, nach dem anhaltischen Ent- würfe soll das Vorrecht wie bisher auch den Beamten eines anderen Bundesstaats bzw. deren Hinterbliebenen zustehen.

Für die Abweichung des Entwurfs von dem preussischen und die Beibehaltung der geltenden Vorschriften in den gedachten beiden Beziehungen waren folgende Erwägungen massgebend:

Es würde der Aufgabe eines Gesetzentwurfs, welcher bezweckt, das Steuer- vorrecht der Beamten einzuschränken, widerstreiten, das Privilegium nach einer Richtung hin neu zu erweitern und durch Freistellung des halben Dienstein- kommens von der Steuer an Stelle der Halbierung der Steuer vom ganzen Ein- kommen einen Zustand wieder einzuführen, der als ein sachlich ungerechtfertigter bei der Steuerreform im Jahre 1890 erst beseitigt worden ist. Wegen der starken Degression der Steuerskala würde die Berechnung der Einkommensteuer nur vom halben Diensteinkommen zu einer gänzlichen Steuerbefreiung aller Dienstein- kommen bis 1200 M. und zu einer sehr niedrigen Besteuerung der höheren Dienst- einkommen führen.

Die Ausdehnung des Steuervorrechts auf die Beamten eines anderen Bundes- staats geschieht im Interesse der Förderung des den Gemeinden erwünschten Zuzugs auswärtiger Pensionäre und erscheint deshalb um so unbedenklicher, weil inhaltlich das Steuervorrecht in Anhalt infolge der Halbierung des dem ganzen Einkommen entsprechenden Steuersatzes für die Kommunen viel weniger un- günstig als in anderen Staaten ist und weil auch die Militärpersonen ein weiter- gehendes Steuervorrecht besitzen. Ferner kommt in Betracht, dass in Anhalt eine verhältnismässig sehr grosse Anzahl preussischer Eisenbahnbeamten ihren dienstlichen Wohnsitz hat, welche das Steuervorrecht bisher in Anhalt genossen hat und dasselbe bei einem Wohnsitz in Preussen sogar in einem erweiterten Umfang auch in Zukunft weiterbeziehen würde. Die Entziehung des bisherigen Steuervorrechts würde diesen Beamten gegenüber als eine Härte erscheinen, um so mehr, als den Reichspost- und Telegraphenbeamten nach § 19 des Reichs-

) Siehe jetzt das Gesetz vom 16. Juni 1909 im Finanzarchiv 26 (1909) S. 829. 856

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368 Anhalt. Gesetz, betr. die Heranziehung der Beamten zur Gemeinde- u. Kreissteuer.

bearatengesetzes das Vorrecht in demselben Umfange wie den anhaltischen Be- amten gewährt werden muss.

Die Beibehaltung der bisherigen Steuerbegünstigung bei den bereits an- gestellten Beamten entspricht dem preussischen Vorgang und rechtfertigt sich aus Gründen der Billigkeit insofern, als es nicht angemessen erscheint, die ge- planten Besoldungsaufbesserungen durch Mehrlasten auf steuerlichem Gebiete zu verringern, insbesondere auch denjenigen Beamten, die keine Gehaltserhöhungen erfahren, durch steuerliche Mehrforderungen neue Lasten aufzuerlegen.

Die Aufrechterhaltung des Steuervorrechts nicht nur der vorhandenen, sondern auch der zukünftigen Pensionäre und Beamtenwitwen und -waisen wird im preussischen Gesetzentwurfe damit begründet, dass die Genannten ihren Wohn- sitz oftmals in den am wenigsten belasteten und demnach auf die volle Steuer- leistung der Pensionäre und Beamtenhinterbliebenen am wenigsten angewiesenen Gemeinden nehmen und dass durch sie den Gemeinden im allgemeinen keine er- heblichen Ausgaben (z. B. keine Schullasten) erwachsen, hier und da aber gewisse Vorteile, wie Betätigungen im kommunalen Ehrendienst u. dgl. Ein weiterer Grund für die Aufrechterhaltung des Privilegs kann darin gefunden werden, dass mit der Pensionierung oder dem Tode eines Beamten sich in der Regel seine bzw. seiner Hinterbliebenen Einkommensverhältnisse verschlechtern.

Auch nach dem sächsischen Gesetzentwurfe soll für Pensionen und Warte- gelder das bisherige Steuervorrecht dauernd erhalten bleiben und es sollen solche Dienstbezüge bei der Gemeindebesteuerung nur mit vier Fünfteln in Anschlag gebracht werden.

Auch darin stimmt der sächsische Entwurf mit dem preussischen und dem vorliegenden Entwürfe überein, dass das Beamtenprivilegium für die bereits im Genuss desselben befindlichen Beamten beibehalten werden soll. -

Zu den einzelnen Bestimmungen des Gesetzentwurfs wird erläuternd folgen- des bemerkt:

§ 1- Während der preussische Entwurf nur von den unmittelbaren und mittel-

baren Staatsbeamten und den Beamten des Königlichen Hofes spricht, werden entsprechend der bisherigen Ausdrucks weise in der Kreis- und Gemeindeordnung die in Betracht kommenden Beamtenklassen einzeln aufgeführt im Interesse grösserer Deutlichkeit bei diesem vielfach von nicht rechtskundigen Beamten zu handhabenden Gesetze.

Nicht besonders erwähnt waren bisher die Beamten der Landarmendirektion, weshalb es nach dem Wortlaut zweifelhaft sein konnte, ob auf sie das Steuervor- recht Anwendung zu finden hatte. Solche Zweifel werden durch ausdrückliche Namhaftmachung dieser Beamtenkategorie beseitigt.

Einer Erwähnung der Reichsbeamten hätte es nicht bedurft, weil nach § 19 des Reichsbeamtengesetzes vom 17. Mai 1907 auf diese und deren Hinter- bliebene die für Staatsbeamte geltenden Vorschriften ohne weiteres Anwendung finden. Die Erwähnung der Reichsbeamten ist im Interesse grösserer Klarheit erfolgt.

Die Gründe, aus denen abweichend vom preussischen Gesetzentwurfe die Beamten eines anderen deutschen Bundesstaats in steuerlicher Beziehung den einheimischen Beamten gleichgestellt werden, sind bereits oben erwähnt. Die steuerliche Gleichstellung ergreift nicht nur die staatlichen Beamten eines anderen Bundesstaats, sondern auch die Hof-, Gemeinde- und sonstigen Beamten.

Für die in Zukunft der Kommunalsteuerpflicht voll zu unterwerfenden Diensteinkommen soll die Steuerlast eine bestimmte Höchstgrenze nicht über- schreiten, damit die Versetzung der Beamten von Orten mit geringem Steuer- bedarfe nach Orten mit sehr hohen Kommunalumlagen nicht erschwert wird. Wenngleich der Unterschied in der Höhe der kommunalen Steuerbelastung in Anhalt nicht so gross als in Preussen ist, wo die Zuschläge zur Staatseinkommen- steuer in einzelnen Gemeinden bis über 400 Proz. hinausgehen, so ist doch auch in Anhalt das Bedürfnis einer Höchstgrenze der Gemeindesteuerpflicht des Dienst- einkommens der Beamten nicht ganz von der Hand zu weisen. Namentlich werden in den ländlichen Gemeinden Anhalts, bisweilen behufs möglichst schneller Tilgung

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Anhalt. Gesetz, betr. die Heranziehung der Beamten zur Gemeinde- u. Kreissteuer. 3(59

der Kosten eines Wege-, Schul- oder Kirohenbaues, zeitweilig sehr viele Steuer- einheiten erhoben; im laufenden Jahre beträgt die Höchstzahl 70 Einheiten.

An Gemeindesteuereinheiten kommen im Jahre 1908/09 zur Erhebung: 0 Einheiten in 11 Gemeinden

1-10 „ „ 31 11-20 „ „ 110 21-30 „ „ 74 31-^M) „ „ 23 41-50 „ „15 51-60 „ „ 2 61-70 „ „ 2

Die Beschränkung der Gemeindesteuerpflicht der neuangestellten Beamten auf 30 Einkommensteuereinheiten ist gewählt worden, weil diese für die unteren und mittleren, also für die bei Beamten in der Regel zutreffenden Einkommen in ihrer Höhe der preussischen Begrenzung auf 100 Proz. Staatssteuerzuschlag annähernd gleichkommen. Auch in dem Gesetze vom 14. März 1887, betreffend die Heranziehung von Militärpersonen zu den Gemeindeabgaben - Nr. 739 der Gesetzsammlung - ist die Heranziehung des ausserdienstlichen, nicht aus Grund- besitz oder Gewerbebetrieb fliessenden Einkommens der im Offiziersrange stehen- den aktiven Militärpersonen auf 30 Steuereinheiten begrenzt.

Im Falle der Erhebung von mehr als 30 Gemeindeeinkommensteuereinheiten wird in entsprechender Anwendung der in Art. 44 der Ausführungsverordnung zum Einkommensteuergesetze - Nr. 1196 der Gesetzsammlung - ausgesprochenen Grundsätze bei Berechnung der von Beamten an den einzelnen Steuererhebungs- terminen zu zahlenden Steuersumme, sowie bei Berechnung der Steuer-Ab- und Zugänge zu verfahren sein.

Ein Bedürfnis für Begrenzung der Kreissteuerpflicht der Beamten liegt in Anhalt nicht vor, weil die Unterschiede in der Höhe der Kreiseinkommensteuer in den einzelnen Kreisen nicht wesentlich sind, die Kreissteuern auch bisher eine drückende Höhe noch nirgends erreicht haben.

§2. Hier wird der bereits im Eingang erörterte Grundsatz aufgestellt, dass das

bisherige Steuervorrecht erhalten bleiben soll: a) für die bereits angestellten Beamten, b) für die gegenwärtigen und zukünftigen Wartegeld- und Ruhegehalts-

empfänger, sowie für die Beamtenwitwen und -waisen. Wenngleich das Gesetz erst mit dem 1. Juli 1909, dem Beginne des nächsten

Steuerjahrs, in Kraft treten soll, so ist als massgebender Zeitpunkt, ob ein aktiver Beamter noch das bisherige Vorrecht geniessen soll oder nicht, nicht die Anstellung zum 1. Juli, sondern zum 1. April 1909 gewählt worden. Es ist dies geschehen, um eine gleichmässige steuerliche Behandlung der preussischen, anhaltischen und Reichsbeamten in Anhalt zu erreichen und zu ermöglichen, dass die aus Preussen versetzten und dort mit ihrem Diensteinkommen kommunalsteuerpflichtigen preussischen und Reichsbeamten auch in Anhalt der kommunalen Steuerpflicht voll unterliegen. Andernfalls würden die während der Zeit vom 1. April bis 30. Juni 1909 angestellten preussischen und Reichsbeamten in Anhalt noch das Privilegium geniessen, während sie in Preussen voll kommunalsteuerpflichtig sein würden. Es erleichtert die Steuerveranlagung, wenn die nach Anhalt versetzten preussi- schen und Reichsbeamten, welche in Preussen mit ihrem Diensteinkommen zur Kommunalsteuer herangezogen wurden , auch in Anhalt herangezogen werden können, weil es alsdann einer Ermittlung über den Zeitpunkt der Anstellung nicht erst bedarf.

In dem preussischen Entwürfe wird unterschiedslos gesprochen von Be- amten, die zum 1. April „angestellt", und solchen, die „in das Amtsverhältnis eingetreten" sind. In beiden Fällen soll nach der Begründung die Auslegung massgebend sein, welche der Beamtenbegriff durch die umfangreiche Judikatur des Oberverwaltungsgerichts gefunden hat.

Finanzarchiv. XXVII. Jahrg. 867 24

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370 Anhalt. Gesetz, betr. die Heranziehung der Beamten zur Gemeinde- u. Kreissteuer.

Der vorliegende Entwurf vermeidet eine verschiedene Ausdrucksweise für denselben Begriff und spricht nur von angestellten Beamten und stellt hierdurch zweifelsfrei, dass nur die vor dem 1. April 1909 mit fester Besoldung angestellten Beamten (vgl. § 22 Abs. 4 des Gemeindeabgabengesetzes), nicht auch die vor diesem Zeitpunkt in den Vorbereitungsdienst und insofern in das Amtsverhältnis eingetretenen Beamten das bisherige Steuervorrecht weiterbeziehen.

Im § 2 des preussischen Entwurfs wird die Befreiung der Beamten von den Naturaldiensten, wie solche im § 68 des Kommunalabgabengesetzes ausgesprochen ist, sowie die steuerliche Befreiung der Gnadenquartale und der nur als Ersatz der baren Auslagen dienenden Dienstbezüge ausdrücklich aufrechterhalten. Nach beiden Richtungen bedarf es für anhaltische Verhältnisse einer besonderen Be- stimmung nicht. Die Leistung von Naturaldiensten hat in Anhalt für Beamte keine praktische Bedeutung, weshalb im Gemeindeabgabengesetze auch keine Befreiung der Beamten ausgesprochen worden ist. Die Steuerfreiheit des zur Bestreitung des Dienstaufwandes bestimmten Teils des Diensteinkommens, sowie des Gnadenquartals ist durch § 22 des Einkommensteuergesetzes und Art. 33 der Ausführungsverordnung zu demselben für die Staatssteuer und damit auch für die Kreis- und Gemeindesteuer geregelt *).

i) Finanzarchiv 23 (1906) S. 234.

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