JG. 10 | 2018 | NR. 1
© Andreas Wendt, Monika Masłon ZEITSCHRIFT ÄSTHETISCHE BILDUNG (ISSN 1868-5099)
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ABC DDR PRL – Gestaltungsübungen für Grundschulkinder
Andreas Wendt, Monika Masłon
Fotos: Franziska Honigschnabel, Andreas Wendt, Anna Wójcik
Dieser Text stellt das Entstehen eines Buches mit Gestaltungsaufgaben für Grundschulkin-
der vor, welches dem spielerischen Üben und Erkennen von grundlegenden Gesetzen der
visuellen Gestaltung dient. Das Projekt ABC DDR PRL, dessen Ergebnis das Übungsbuch
ist, entstand durch die Mitarbeit von drei Institutionen: Stowarzyszenie Otwarte! – einer
Nichtregierungsorganisation, die sich mit informeller Bildung beschäftigt, dem Instytutu
Edukacji Artystycznej Akademii Pedagogiki Specjalnej im. Marii Grzegorzewskiej (Institut für
Kunstbildung an der Maria Grzegorzewska Akademie für Spezialpädagogik) in Warschau
und dem Institut für Kunstpädagogik der Universität Leipzig. An den einzelnen Seiten des
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Buches arbeiteten die Studierenden aus Warschau und Leipzig in deutsch-polnischen
Paaren. Die Arbeit wurde von den Pädagog*innen und Grafiker*innen Monika Masłoń,
Andreas Wendt, Lena Schrieb, Anna Wójcik begleitet. Neben der Erarbeitung des Buches
war ein wesentliches Ziel des zweiwöchigen Workshops die Integration der Studierenden der
künstlerisch-pädagogischen Institute aus Deutschland und Polen. Das Projekt wurde im
Oktober 2016 in Leipzig und Warschau realisiert und auf einer Website dokumentiert. Das
Buch wurde im Format A3 gedruckt und wird unter einer Creative Commons Lizenz zum
Download bereitgestellt.1
Warum ein Buch mit elementaren Gestaltungsübungen?
Angewandte visuelle Gestaltung wird im Unterricht der Schulen häufig nur am Rande
gestreift. Obwohl in den Lehrplänen, vor allem des Kunstunterrichts, verankert, gibt es viel
Missverständnisse beim Vermitteln des Themas. Diese beruhen häufig darauf, dass die
Gesetze visueller Gestaltung und vorbildliche Beispiele unbekannt sind und nicht beachtet
werden.
Gestalterische Fehlleistungen sind die Folge fehlender oder mangelhafter Wissensvermitt-
lung, Unachtsamkeit in der Pflege visueller Kultur und unzulänglicher visueller Erziehung.
Dies führt zur Unfähigkeit, unseren „Kulturtext“ auf dem Gebiet visueller Gestaltung lesen zu
können und damit zu einer lgnoranz gegenüber gestalterischen Ausdrucksgesetzen. Hinzu
kommt, dass Geschmacksfragen eine Rolle spielen.
Unter angewandter visueller Gestaltung wurden für das Buchprojekt folgende Bereiche
verstanden und ausgewählt: Industriedesign, Produktdesign, Typografie, Plakatgestaltung,
Illustration, Dokumentarfotografie, Architektur, Spielzeugdesign, Buchgestaltung, grafische
Zeichen (Signet, Logo), Mode- und Textilgestaltung, Comics und Magazingestaltung. Die
Aufzählung zeigt, wie unser Alltag mit gestalteten Dingen und gestalteter Umwelt durchdrun-
gen ist. Im Schulalltag kommt für die jungen Menschen hinzu, dass sie Wissen und
Fähigkeiten aus dem Gebiet der visuellen Kommunikation, des Grafikdesigns, selbst
anwenden müssen.
Unterrichtsfach übergreifend werden Vorträge vor einem selbstgestalteten Wissens-
/Lernplakat gehalten, Folien werden projiziert, Diagramme sind zu gestalten, auf Computern
und Smartphones geschriebene Texte werden formatiert oder es gilt, mittels Plakat, Flyer
und Webseite auf eine Veranstaltung hinzuweisen. Aber wer vermittelt die dafür notwendigen
Kompetenzen fachgerecht?
1 ABC DDR PRL
Herausgeber: Monika Masłoń, Andreas Wendt Verlag: IEA, Warszawa 2016 ISBN: 978-83-935075-1-1
Projektdokumentation und Download: http://studienart.gko.uni-leipzig.de/abc.
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Die Entscheidungen zu Form, Farbe, Motiv, Typografie und Medium werden oft nicht allein
von einem Gestalter, sondern von mehreren Beteiligten und unter den Maßgaben von
gegebenen Bedingungen getroffen. Will man Gestaltungs- und Medienproduktionsprozesse
verstehen und sich in ihnen einbringen, bedarf es heute – neben den obligatorischen
handwerklichen Fähigkeiten, künstlerischen Gaben und einem kritischen Blick – der perma-
nenten Beschäftigung mit den alltäglichen Erscheinungsformen der Medien und des
Designs. Leider wird Design von Lehrenden im Kunstunterricht oft ausschließlich als Teil der
Marketingindustrie verstanden und in diesem Sinn vermittelt – Logodesign, Gestaltung von
Produktetiketten, Produktverpackung, Werbeplakate etc. Produktdesign und Umweltgestal-
tung werden häufig auf das „schöne Äußere“ beschränkt. Das Augenmerk wird weniger auf
die Funktionalität, den Zuschnitt auf die Benutzung – also auf die Dinge, die uns das Leben
leichter machen – gelegt. Auch orientieren sich visuelle Präsentationen zu Fachthemen
zunehmend an den Mustern der Vermarktung. Designpädagogik kann hier gegensteuern,
indem sie Grundlagen für selbstbewusst-kritisches visuelles Kommunizieren und Gestalten
legt, ohne dabei der Logik des Marketings folgen zu müssen. Denn Design liegt im lnteres-
sensbereich von Kindern und Jugendlichen und hilft, sich mit der Welt kritischer
auseinanderzusetzen.
Warum die Rückbesinnung auf Design und Architektur der jüngeren Geschichte?
Lebt man in Polen und in Deutschland, begegnet einem die gestaltete Umwelt mit Versatz-
stücken aus der ehemaligen Volksrepublik Polen (PRL) und der DDR. Ob noch in
Verwendung befindliche Haushaltsgeräte, Möbel, Gebrauchsgegenstände, Wohnhäuser,
Fahrzeuge oder einfach nur Beschriftungen, sie alle prägen unsere Wahrnehmung und
formen den Blick auf unsere Umwelt. In beiden Ländern entwickelte sich eine gestalterische
Qualität, die an die Traditionen der Moderne anknüpfte. Ein hoher Standart in der Ausbildung
gestalterischer Berufe und prägende Persönlichkeiten auf dem Gebiet des Designs und der
Umweltgestaltung trugen letztlich dazu bei, dass gestalterische Leistungen dieser Zeit noch
heute Beachtung finden, weitergeführt, wiederentdeckt und gepflegt werden. So wird z.B. der
Elektroroller „Schwalbe“ nach historischem Vorbild des in der DDR erfolgreichen Kleinkraft-
rads Simson „Schwalbe“ wieder produziert. Die sinnfällige Formgestaltung ist einer der
wesentlichen Gründe. Rückblickend wird auch der Aspekt von nachhaltigem Design wertge-
schätzt. Das Küchengerät RG 28, ein unverwüstlicher, reparierbarer Mixer hat es aus diesem
Grund ins Kino geschafft. Im Film „Kommen Rührgeräte in den Himmel?“2 wird der Aspekt
nachhaltiger Produktgestaltung, damals auch durch ökonomische Zwänge begründet,
reflektiert. Im Typedesign sind heute wesentliche Schriften aus sozialistischer Zeit digitalisiert
2 Kommen Rührgeräte in den Himmel? Buch und Regie: Reinhard Günzler, Produzent: Bert Göhler.
www.rg28.de.
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und finden in zeitgemäßen Layouts, nicht nur als „Retroschriften“, vielfältige Verwendung.
Ein Beispiel ist die im Übungsbuch verwendete „Maxima“ von Gerd Wunderlich aus Leipzig,
eine der am häufigsten in der DDR verwendeten Typen. Die Gebrauchsgrafik, wie man das
Grafikdesign in dieser Zeit nannte, bietet heute Gestaltern ein Füllhorn voll mit Anregungen,
von dem in Polen und Deutschland sichtbar Gebrauch gemacht wird.
Nach wie vor, trotz zahlreicher Abrisse, leben große Teile besonders der städtischen
Bevölkerung in Gebäuden des industriellen Wohnungsbaus. Die gestaltetet Wohnumwelt in
diesen modernen Wohngebieten ist durch Parks, Promenaden und Plätzen mit „Kunst am
Bau“, Skulpturen und Brunnen charakteristisch. Diese Orte sind heute noch beliebt oder
werden neu belebt. Städtische Initiativen wie das Quartiersmanagment Grünau in Leipzig
oder künstlerisch-partizipative Ansätze wie der Skulpturenpark im Stadtteil Bródno in
Warschau dienen dazu,3 die Bevölkerung in diesen Wohngebieten zu halten, sie zurückzu-
gewinnen und das Leben an diesen Orten attraktiv zu gestalten.4 Bauten der 50er und 60er
Jahre stehen selbstredend inzwischen unter Denkmalschutz. Ist es nicht interessant, sich die
Menschen aus dieser Zeit an diesen Orten vorzustellen? Ein Blick auf die Dokumentar- und
Modefotografie macht es möglich. Und ein Blick in gedruckte Magazine gibt teilweise
sensible Einblicke in das Leben der Zeit. Die DDR-Modezeitschrift „Sybille“ ist sicher das
bekannteste Beispiel. Ihre Fotografinnen und Fotografen werden heute auch einer breiten
Öffentlichkeit zugänglich gemacht.5
Diese Aspekte sollten in einem Workshop für Studierende eine wesentliche Rolle spielen,
ohne in Nostalgie zu verfallen oder die teilweise ideologisch begründete Formensprache zu
ignorieren. Bei Stadtrundgängen in Leipzig und Warschau wurde dies bei der Betrachtung
sozialistischer Repräsentationsbauten und Stadtgestaltung im besonderen Maß reflektiert.
Aber auch Brüche zum heutigen Verständnis wurden sichtbar gemacht.
Das „Zurückschauen“ sollte den Blick auf die heutige Lebensrealität schärfen, Verbindungsli-
nien ziehen und die universelle, vom Gesellschaftssystem unabhängige Qualität von
Gestaltung sichtbar machen. Ein Aspekt, den Schülerinnen und Schüler mit dem realisierten
Übungsbuch selbst erkennen und üben können.
3 http://www.qm-gruenau.de 4 https://artmuseum.pl/en/wystawy/park-rzezby-na-brodnie 5 SIBYLLE – Die Fotografen. Kunst- und Kulturstiftung Opelvillen Rüsselsheim. 30. August bis 26. November
2017.
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Wie ist das Buch entstanden?
Das Übungsbuch entstand in folgenden Schritten:
• Kurzvorträge zum Design in der DDR und der Volksrepublik Polen
• Stadtrundgang in Leipzig (Architektur, Typografie, Kunst am Bau) und Museumsbesuch
(Grassi Museum für Angewandte Kunst – deutsches Möbel und Produktdesign nach 1945)
• Erarbeitung der Gestaltungsgrundlagen: „Das Wesen der Gestaltung“
• Konzeption der Übungen
• 1. Test in Grundschule – Arbeit mit den Schüler*innen
• Ausarbeitung der Übungen, Textarbeit und grafische Gestaltung
• Stadtrundgang in Warschau (Architektur, Typografie, Kunst am Bau, Neonreklame) und
Museumsbesuch (Technikmuseum: Muzeum Techniki i Przemysłu)
• Erläuterung und Übung der Illustrationstechnik
• 2. Test in Grundschule – Arbeit mit den Schüler*innen
• Digitalisierung und Layout
• Textarbeit: Überarbeitung und Verfeinerung
• Typografie
• Cover-/Innencovergestaltung
• Druckvorstufe und Druck
Als Ausgangs- und Bezugspunkt für unser Ziel, das Übungsbuch für Grundschulkinder,
diente also das Design in der DDR und der Volksrepublik Polen. Es sollte besser kennen
gelernt und der Charakter analysiert werden und außerdem für die weitere Arbeit inspirieren.
Der erste Schritt war die Suche nach Informationen über das künstlerische Schaffen in
diesem Zeitraum. Die Workshop-Teilnehmer*innen bereiteten Präsentationen über jeweils
einen Bereich vor – Industriedesign, Produktgestaltung, Typografie, Plakatgestaltung,
Illustration, Dokumentarfotografie, Architektur, Spielzeugdesign, Buchgestaltung, grafische
Zeichen (Signets, Logos), Mode- und Textilgestaltung, Comics und Magazindesign. Dadurch
konnten die Workshopteilnehmer*innen das historische Design des Nachbarlandes kennen-
lernen, Unterschiede und Ähnlichkeiten herausfinden. Ein Rundgang durch Leipzig mit dem
Focus auf Architektur, Typografie, Kunst am Bau und ein Museumsbesuch im „Grassi
Museum für Angewandte Kunst“ in der Abteilung für deutsches Produktdesign nach 1945
führten zur weiteren Veranschaulichung und Vertiefung des Gelernten. Die Betrachtung
historischer Beispiele diente im weiteren Fortgang des Projektes als Ausgangspunkt, um
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Antworten auf die Fragen nach dem Wesen des Entwerfens zu finden und die Schritte
herauszufinden, die bei der Arbeit an einer visuellen Botschaft zu gehen sind. Aus den
Beispielen in den Präsentationen entwickelte die Gruppe eine Liste von visuellen Aktivitäten
(z.B. Arrangieren, Gruppieren, Kombinieren, Skalieren oder Multiplizieren), die zur Grundla-
ge für den Aufbau der einzelnen Übungen wurden. Die entwickelten Strukturen und
Schemata der Übungsansätze wurde mit Kindern der 3. Grundschule in Leipzig getestet.
Dieses Treffen mit dem konkreten Adressatenkreis der Übungen half, die Vorstellungen über
den Schwierigkeitsgrad der Aufgaben und dem Spaß an ihrem Lösen zu überprüfen. So war
manches ganz anders, als es die Paare, die die Übungen entwickelten, erwartet hatten. Die
Ergebnisse wurden in der Gruppe vorgestellt und diskutiert, um sie im nächsten Schritt
weiterzuentwickeln.
Der zweite Teil des Projektes fand in Warschau statt. Hier wurde am grafischen Stil der
einzelnen Seiten, an den Anleitungen und der Reihenfolge der Übungen gearbeitet. Ebenso
wurde nach Wegen gesucht, visuelle Elemente, die für die VRP und die DDR charakteris-
tisch waren, in die Übungsstrukturen einzufügen. Auch hier halfen ein Stadtrundgang mit
dem Focus auf Architektur und Neonreklame, ein Besuch im Technikmuseum und ein Film
über das Alltagsleben in Polen im Jahr 1962.6 Im fertigen Buch kann man typische Gebäude
aus der Zeit oder Beispiele für das Industriedesign der beiden Länder finden. Die Buchseiten
wurden in Schwarz-Weiß gezeichnet, damit sie die Kinder selbst mit Farben füllen können.
Für alle Illustrationen wurde die Technik der Folienzeichnung genutzt. Das half, eine
zusammenhängende Stilistik des Ganzen zu erzielen. Und es vereinfachte die kleinen
Korrekturen vor der Digitalisierung. Die fertigen Übungen und Aufgaben wurden den
Schüler*innen der Cyprian-Kamil-Norwid-Grundschule in Warschau vorgestellt und die
Aufteilung der Seiten und die Verständlichkeit der Anweisungen überprüft. Durch das
Einarbeiten von Ratschlägen der Schüler*innen und Lehrer*innen sowie eigener Beobach-
tungen der Buchgestalter konnten die Aufgaben und Übungen verfeinert werden, bevor alles
digitalisiert wurde. Die digitale Retusche und das Layout wurde gemeinsam von den Paaren
realisiert. Die Feinarbeit am Layout und an den Texten wurde im Nachgang von den
Herausgebern übernommen. Für die Textarbeit wurde eine Dolmetscherin zu Hilfe genom-
men.
Die schwere und umfangreiche Aufgabe, die Übungen innerhalb von nur zwei Wochen zu
entwickeln und zu gestalten, war nur mit dem riesigen Engagement der Teilnehmer*innen
möglich. Die gemeinsame neben der eigentlichen Arbeit verlebte Zeit, der gegenseitige
Besuch der Heimatstädte, waren wichtige Faktoren, die die Zusammenarbeit der internatio-
nalen Gruppe positiv beeinflussten.
6 Jeden dzień w PRL / Ein Tag in der Volksrepublik Polen (2005) von Maciej Drygas http://www.polishdocs.pl/en/films/608/a_day_in_the_peoples_republic_of_poland
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Abbildung oben: erster Test der Übungsstruktur in einer Leipziger Grundschule Abbildung unten: Vorstellung und Diskussion der Testergebnisse
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Abbildung oben: Vertrautmachen mit der Illustrationstechnik Abbildung unten: Zweiter Test der Übungen in einer Warschauer Grundschule
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Bucheinband und drei Übungen 7
Die A3-Größe des geschlossenen Buches wurde gewählt, um den noch größtenteils
grobmotorischen Fähigkeiten der Grundschulkinder gerecht zu werden. Das feste Werk-
druckpapier verleiht dem Buch dazu die notwendige Stabilität und macht das Bearbeiten mit
verschiedenen Farben und Stiften möglich. Das Format, die Optik und die Haptik des
Papiers, die Titelgestaltung sowie die Druckqualität machen das Buch zu dem attraktiv.
Durch seine Größe, die Illustrationen in Schwarz-Weiß und die Griffigkeit des Papiers
erinnert das Buch an ein klassisches Malbuch. Versteht sich noch der Innentitel im Sinne
dieses Mediums, wird auf den folgenden Seiten durch die formulierten Übungen und
Handlungsanweisungen klar, dass das Buch eine didaktische Anleitung zum gezielten
gestalterischen Handeln und zur Förderung gestalterischer Fähigkeiten darstellt. Das Buch
ist dabei nicht linear aufgebaut. So können einzelne Übungen jederzeit herausgenommen
und isoliert bearbeitet werden. Der Umfang des Buches und die Anzahl der Übungen
ergaben sich durch die Anzahl der Projektteilnehmer*innen. Hier liegt auch die vielleicht
auffallende Unvollständigkeit in Bezug auf die in den Übungen integrierten gestaltungsspezi-
fischen Parameter. Die Abbildung und Einarbeitung aller Gestaltungsgesetze und Aspekte
visueller Kultur konnte nicht das Ziel des Projektes sein. Die Übungsaufgaben sind für die
heterogenen Gruppen angelegt, aus denen sich heute Schulklassen zusammensetzen. So
7 (Download komplettes Buch: http://studienart.gko.uni-leipzig.de/abc).
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gibt es leichter verständliche und zu realisierende Übungen wie z.B. die Übung mit den
Piktogrammen. Und es gibt Übungen z.B. zur Schulung von Größenverhältnissen, zur
Perspektive oder Aufgaben, die ein ausgeprägtes Vorstellungsvermögen von Spiegelung
voraussetzen. Einige Aufträge sind offen angelegt, die Mehrzahl jedoch zielt auf eine exakte
Ausführung der Aufgabenstellung ab. Jedoch bleibt häufig Raum, auch von den Vorgaben
abzuweichen. Neben der Entwicklung gestalterischer Fähigkeiten und Pflege visueller Kultur
eröffnen die Abbildungen und Übungen genügend Raum, um im schulischen Kontext
fächerübergreifend mit dem Buch zu Arbeiten. Es gibt Schnittstellen zu Mathematik, Physik,
Geschichte und zur Sprachförderung. Neben den deutsch-polnischen Texten sind es die
Abbildungen, z.B. bei der Übung mit den Piktogrammen, die genügend Stoff für Sprachan-
lässe bieten. Andere Übungen wie z.B. die Doppelseite mit den Balkonen geben Raum, die
Alltagserfahrungen der Kinder einfließen zu lassen.
Am Beispiel von Kleidungsstücken wird ornamentales Gestalten geübt. Die Lücken auf der Leine werden mit eigenen Kleidungsstücken behangen.
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Überblick über die Übungen
• Textil- und Modegestaltung: gestalterische Parameter und Aktivitäten: ornamentales
Gestalten durch Arrangieren, Gruppieren, Kombinieren und Multiplizieren
• Gestaltung von eigenem Spielzeug: gestalterische Parameter und Aktivitäten: Arran-
gieren, Gruppieren, Kombinieren und Multiplizieren, Farbgestaltung
fächerübergreifend: Sprachförderung und Geometrie im Mathematikunterricht
• Piktogramme: gestalterische Parameter und Aktivitäten: Kombinieren und Vereinfa-
chen fächerübergreifend: Sprachförderung
• Brücken: gestalterische Parameter und Aktivitäten: Arrangieren und Kombinieren
fächerübergreifend: Physik, Geometrie und Sprachförderung
• Farbmischung:gestalterische Parameter und Aktivitäten: Arrangieren und Kombinie-
ren, Farbgestaltung
• Neonschrift: gestalterische Parameter und Aktivitäten: Kombinieren und Gruppieren,
Gestaltung am Raster, Schrift als Gestaltungsmittel
fächerübergreifend: Geometrie und Sprachförderung
• Hochhaus (Kulturpalast): gestalterische Parameter und Aktivitäten: Spiegelung
fächerübergreifend: Geometrie
• Wohnungseinrichtung: gestalterische Parameter und Aktivitäten: Perspektive, Arran-
gieren, Kombinieren fächerübergreifend: Geometrie und Sprachförderung
• Wohnhaus: gestalterische Parameter und Aktivitäten: Arrangieren, Kombinieren,
ornamentales Gestalten fächerübergreifend: Sprachförderung, gesellschaftliches Le-
ben
• Konsumgüterprodukte: gestalterische Parameter und Aktivitäten: Arrangieren, Kom-
binieren, Gruppieren, Modifizieren fächerübergreifend: Geschichte
• Hausfassade: gestalterische Parameter und Aktivitäten: Skalieren, Arrangieren,
Farbgestaltung fächerübergreifend: Geometrie
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Die Kinder gehen unterschiedlich an die Übungen heran. Abbildung oben (beim zweiten Test in Warschau): Die rechte Gebäudehälfte wird ohne Lineal Freihand gezeichnet. Das Umfeld des Hochhauses ist dem Zeichner wichtig. Er bringt seine eigene Sicht auf die Großstadt ins Bild. Abbildung unten: exaktes Spiegeln unter Zuhilfenahme der gedruckten Hilfspunkte und eines Lineals.
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Unterschiedliche Herangehensweisen bei der Übung „Piktogramme“. Oben wird der gestellten Aufgabe gefolgt. Unten wird eine eigene Geschichte durch die Verbindung der Piktogramme erzählt.
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Abbildung oben: Die Aufgabe wird angenommen und es wird exakt gearbeitet. Abbildung unten: Eine eigene Geschichte wird erzählt.
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Autoren
Wendt, Andreas, Grafikdesigner und bildender Künstler; Professor für Design und Neue
Medien in der Kunstpädagogik an der Universität Leipzig.
http://www.awebfish.de
Masłon, Monika, Dr., bildende Künstlerin; Dozentin für bildende Kunst und Medien am Institut
für Kunstbildung an der Maria Grzegorzewska Akademie für Spezialpädagogik Warschau
http://www.monikamaslon.art.pl